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Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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Kommentar

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PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 2722

 

Altin Magara

 

In den Kavernen von Istanbul – der Spieler setzt auf Sieg

 

Michael Marcus Thurner

 

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Seit die Menschheit ins All aufgebrochen ist, hat sie eine wechselvolle Geschichte hinter sich: Die Terraner sind längst in ferne Sterneninseln vorgestoßen. Immer wieder treffen Perry Rhodan und seine Gefährten auf raumfahrende Zivilisationen – und auf kosmische Mächte, die das Geschehen im Universum beeinflussen.

Im Jahr 1514 Neuer Galaktischer Zeitrechnung, das dem Anfang des sechsten Jahrtausends entspricht, gehört die Erde zur Liga Freier Terraner. Tausende von Sonnensystemen, auf deren Welten Menschen siedeln, haben sich zu diesem Sternenstaat zusammengeschlossen.

Doch die Galaxis ist unruhig: Auf der einen Seite droht ein interstellarer Krieg, auf der anderen Seite ist das Atopische Tribunal in der Milchstraße aktiv. Seine ersten Repräsentanten sind die Onryonen, die die Auslieferung Perry Rhodans und Imperator Bostichs fordern. Die beiden Männer sollen wegen angeblicher Verbrechen vor Gericht gestellt werden.

Ronald Tekener, Stellvertretender Kommandant der United Stars Organisation, wird Bostich als Leibwächter zur Seite gestellt, und gemeinsam nehmen die beiden Kurs auf Terra. Ihr Ziel ist ALTIN MAGARA ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Ronald Tekener – Der Galaktische Spieler spielt um das Leben eines Unsterblichen.

Bostich – Der vom Atopischen Tribunal gesuchte Imperator versucht sich seinen Häschern zu entziehen.

Die vier Eroberer – Das tefrodische Mutantenkorps geht in den Einsatz im Heimatsystem der Menschheit.

Caraner – Der Geheimagent der Tu-Ra-Cel dient seinem Herrscher.

1.

Satafar

3. September 1514 NGZ

 

»Du solltest meine Fragen beantworten«, sagte Satafar sanft. »Es könnte sonst schmerzhaft werden.«

»Aber ich weiß doch nichts ...«

»Das soll ich dem Datenrevisor im Rang eines Obersten Prokurekten glauben? Einem, der den gesamten Personenschiffsverkehr des Terrania Space Port überwacht und regelt?«

»Ich bin bloß ein Kontrolleur!«, rief Barnabeau Jasco. »Die eigentlichen Arbeiten erledigen Maschinen für mich, Positroniken! Die Blechdinger verwalten fünfhundert kleine und fünfzig große Landebewegungen in der Stunde, und ich zeichne sie ab. Ich bin ein winziges Rad in einem riesigen Getriebe.«

»Du würdest also nicht davon erfahren, sollte, sagen wir mal, ein Zellaktivatorträger auf dem Gelände des TSP landen?« Satafar bemerkte zu seiner Zufriedenheit, dass der füllige Beamte zusammenzuckte.

Unmittelbar nach seiner Entführung hatte Barnabeau erschrocken, dann hochnäsig und selbstgefällig gewirkt. Nun, da er sich des Ernstes seiner Situation bewusst wurde, fürchtete er sich und verlegte sich aufs Betteln.

Wann würde er zu handeln beginnen? Alle wollten feilschen, alle wollten ein Geschäft um ihre erbärmliche Existenz machen. Die Terraner waren so leicht zu durchschauen! Einer funktionierte wie der andere.

In unzähligen Kursen während seiner Ausbildungsjahre hatte Satafar vermittelt bekommen, welche Schrauben er drehen musste, um bestmögliche Resultate zu erzielen. Sobald man sie ihrer Technik und ihres gewohnten Umfelds beraubte, sobald man sie mit dem Fremden und Ungewöhnlichen konfrontierte, knickten die Terraner ein.

»Ich habe in der Kantine etwas gehört, was dich interessieren könnte«, sagte Barnabeau zögernd.

»Ach ja?« Satafar lächelte. Er wusste, dass sein Grinsen die meisten irritierte. Kinder, die Greisengesichter trugen, erschütterten grundlegende Vorstellungen des Menschen.

»Wenn ich euch sage, was ich weiß –lasst ihr mich dann gehen?«

Langweilig. Laaangweilig ... Satafar tat, als müsste er nachdenken. »Ich befürchte, das geht nicht. Du würdest mit deinen Vorgesetzten reden. Du würdest uns verraten.«

»Warum sollte ich?« Der Dicke klang verzweifelt. »Mir ist es völlig einerlei, wozu ihr die Informationen benötigt. Ich weiß nichts von euch, ich interessiere mich nicht für eure Ziele. Ich bin bloß ein einfacher Beamter, der seine Ruhe haben möchte. Ich will mich nach Dienstschluss in einen Gleiter setzen und zum Lake Tan fliegen, um mich an meinem Lieblingsangelplatz zu erholen. Alles andere ist unwichtig für mich, ich will mit dem großen Weltgeschehen nichts zu tun haben.«

Tränen kullerten aus Barnabeau Jascos Augen. Aus den Tränen wurde rasch ein dünnes Rinnsal. Die Nase des Dicken begann ebenfalls zu tropfen. »Ich rede mit niemandem über euch, versprochen!«

Barnabeau bat, bettelte und jammerte auf höchstem Niveau. Es fehlte nur noch, dass er vor Satafar auf die Knie fiel und sich einnässte.

»Du wirst verstehen, dass ...«

»Bitte!« Der Dicke warf sich vor seine Füße.

Wie oft hatte Satafar derartige Situationen bereits mitmachen müssen, wie oft hatte er über die Leichtgläubigkeit anderer nachgedacht?

»Also schön«, sagte er. »Aber du musst versprechen, dass du während der nächsten vierzehn Tage weder mit dem internen Sicherheitsdienst des TSP Kontakt aufnimmst noch mit der Stadtpolizei Terranias oder mit dem Terranischen Liga-Dienst ...«

»Natürlich nicht! Ich verspreche es, bei allem, was mir heilig ist! Du kannst mir vertrauen, hundertprozentig.«

»Sehr schön. Es macht Freude, mit einem vernünftigen Menschen wie dir Geschäfte zu machen. Und nun erzähl, was du weißt.«

Barnabeau Jasco kam wieder auf die Beine. Er sah sich nach allen Richtungen um, als befürchtete er, belauscht zu werden. Dann flüsterte er: »Es ist ein ganz besonderes Schiff gelandet. Eines, über dessen Kennung nur die wenigsten Leute Bescheid wissen.«

»Und zwar?«

»Es handelt sich um die ARGO. Um das Schiff Ronald Tekeners. Man munkelt, dass er hochrangigen Besuch mit an Bord hat. Bostich, den Herrscher über das arkonidische Imperium.«

 

*

 

Sie hatten ein Substandard-Gemeinschaftsheim in Altai High gemietet, in einer Umgebung, die, wie die verbliebenen Bewohner meinten, selbst von terranischen Ratten und Läusen weitläufig gemieden wurde.

Satafar sah sich im Raum um. Er ignorierte Lan Meota und Barnabeau Jasco. Seine Blicke blieben unweigerlich an Toio Zindher hängen, der Frau, die er liebte, verehrte und begehrte. Sie rekelte sich auf einem Sofa, dessen Reinigungsautomatik längst den Geist aufgegeben hatte und nur noch leise vor sich hin ächzte.

Das Trividgerät stammte aus dem vorigen Jahrhundert und hatte seine Macken, die Heißluftdüsen der beiden Nasszellen brachten kaum ausreichend Druck zustande, die Selbstorganisation der Kücheneinheit funktionierte mangelhaft und lieferte meist falsche und verdorbene Lebensmittel. Es war Satafar schleierhaft, wie man unter derart primitiven Bedingungen existieren konnte.

Toio wirkte dennoch entspannt. So als würden ihr die äußeren Umstände nichts ausmachen. Obwohl Satafar ahnte, dass ihr jene Vitalimpulse, die sie rings um sich sah und fühlte, Unwohlsein bereiteten.

In diesem sterbenden Stadtteil Terranias hauste Abschaum. Wesen, die an der großen Stadt gescheitert waren und die nur noch ein Wunder aus ihrer Tristesse befreien konnte. Es handelte sich um Bürger der Liga Freier Terraner, die von der Wohlfahrt lebten, von illegalen Geschäften, vom Drogenhandel, vom Schmuggel ...

Die vier Eroberer hatten ihre Nachbarn routinemäßig überprüft:

Das Gewerbe der beiden Damen gesetzten Alters links von ihrer Wohneinheit war leicht zu erraten. Mehrmals am Tag drangen heftige Geräusche durch die Wände, gelangweiltes Keuchen und Stöhnen. Der junge Mann im Appartement rechts von ihnen saß rund um die Uhr bewegungslos in seinem Stuhl und gab sich einem Spiel hin, das seinen Weg aus dem arkonidischen Einflussbereich nach Terra gefunden hatte. Frau Nierlich und ihre testosteronübersättigten Kinder von Tür 12 prügelten sich für Geld durchs Leben. Die Mutter galt als noch gemeiner und noch niederträchtiger als ihre Zöglinge. Im Appartement oberhalb wartete eine verbitterte Matrone auf ihren Mann, der vor acht Jahren eine Pastronio-Stange holen gegangen war, und im Erdgeschoss wurden ertrusische Hanfstauden kultiviert, ohne dass die hiesigen Sicherheitskräfte irgendein Interesse daran zeigten.

Es klopfte.

Toio runzelte die Stirn, eine bezaubernde Falte entstand über ihrer Nasenwurzel. Sie nickte. Sie hatte das Vitalbild Trelast-Pevors identifiziert. Lan Meota stand auf und öffnete. Der Techniker, dem Satafar zutraute, aus einem Luftballon und etwas Bindemasse ein funktionstüchtiges Kugelraumschiff zu basteln, trat grußlos ein. Er schleppte sich mit zwei Boxen ab. Es wäre in dieser Umgebung verfänglich gewesen, hätte er Antigrav-Gepäckschweber genutzt.

»Ich hab alles bekommen«, sagte der Techniker.

Er bedeutete Lan Meota, ihm in einen Nebenraum zu folgen.

Die beiden vervollständigten ihre Ausrüstung. Sie bestand aus Paketen, die vom tefrodischen Geheimdienst an sicheren Adressen platziert worden waren, sowie aus banal wirkenden Artikeln, mit denen Trelast-Pevor wohl ein Kugelraumschiff fertigen konnte.

»Es läuft alles nach Plan«, sagte der Techniker zerstreut, bevor er sich zurückzog und Satafar mit Toio Zindher allein zurückließ. Ach ja: Barnabeau Jasco war auch noch da. Doch der saß bloß ruhig in einer Ecke und stierte vor sich hin.

Toio lächelte Satafar an, auf diese unverfängliche Art und Weise, die er zugleich liebte und hasste. Die Frau war sich ihrer Ausstrahlung und ihrer Schönheit bewusst, sie strotzte vor Selbstvertrauen. Und sie mochte ihn. Aber nicht so sehr, dass sie jemals etwas mit ihm angefangen hätte.

»Du siehst müde aus«, sagte Satafar. Und dennoch atemberaubend gut ...

»Es macht wenig Spaß, stunden- und tagelang durch die Straßen zu spazieren und nach den Vitalimpulsen Bostichs zu suchen.«

»Ich könnte dich heute begleiten«, schlug Satafar vor.

»Du meinst: als mein Kind? An meiner Hand?« Toio schüttelte energisch den Kopf. »Du müsstest eine weitere Dosis Gholen nehmen, und du weißt ganz genau, dass dir das Zeug nicht guttut.«

Aber ich könnte in deiner Nähe bleiben. Dich spüren. Und das Gholen hat, so schlecht es für meinen Metabolismus auch sein mag, eine ungemein anregende Wirkung. Es macht die Welt rings um mich schöner.

»Na gut«, sagte Satafar laut. »Dann geh halt allein. Du hältst dich an die üblichen Sicherheitsvorkehrungen und rührst dich bei mir zu den vorgegebenen Zeiten. Und du bist vorsichtig. Verstanden?«

»Wie immer«, sagte Toio kühl. »Du brauchst mir unser Gewerbe nicht jeden Tag aufs Neue zu erklären.« Sie stand mit einer eleganten, fließenden Bewegung auf. Ihre Beine, lang und fest und perfekt gebaut, ragten vor ihm hoch, eine einzige Verlockung.

Satafar hätte sich auf sie werfen und sie überwältigen können. Sie war keine Gegnerin für ihn, hatte seiner Körperkraft nichts entgegenzusetzen. Vielleicht würde es Toio gefallen, wenn er sie mit Gewalt nahm? Vielleicht wartete sie bloß darauf?

Sie griff nach ihrem Kommunikator, warf einen prüfenden Blick darauf und nickte Satafar dann zu. »Bis später.«

Toio verließ den Raum ohne ein Wort des Grußes. Mit einem Mal kam er sich einsam und verlassen vor.

Aus dem Nebenraum drangen gedämpfte Stimmen; Trelast-Pevor und Lan unterhielten sich über eine noch ausstehende Lieferung.

Satafar blickte auf Barnabeau Jasco, seinen letzten im Raum verbliebenen Gesprächspartner. »Ich mag es, wenn du ruhig bist, Terraner.«

Er stand auf und trat nahe an sein Gegenüber. Er stupste den Mann mit einem Finger an, drückte fester und fester zu, bis ein hässliches Geräusch erklang. Dort, wo er Barnabeau berührt hatte, blieb ein Loch im Fleisch zurück, das die darübergespannte Haut nicht mehr abzudecken vermochte.

»Ich war großzügig zu dir, Jasco«, sagte Satafar. »Ich habe dir die schlimmsten Schmerzen erspart. Auch aus Eigennutz, denn ich hasse diese Schreierei. Sie ödet mich an.« Er seufzte. »Ich könnte dir viel darüber erzählen. Über Wesen, die sich in einen unglaublichen Diskant steigern, sodass man sich die Ohren zustöpseln muss. Über andere, die glauben, tapfer sein zu müssen, und sich letztlich doch in die Hose pissen. Über die Jammerlappen, die Grunzer, die Zittrigen, die Schwitzer und jene, die verrückt werden. Aber ich sehe, dass du gar nicht richtig zuhörst. Also sollten wir uns um dich kümmern, bevor du anfängst zu müffeln.«

Satafar wandte sich um und rief: »Lan, kannst du bitte schön den Unrat entsorgen?«

Der Paradoxteleporter betrat das Wohnzimmer. Angewidert blickte er auf Barnabeau. »Du hättest ihn nicht gar so sehr zurichten müssen, Satafar. Du weißt, dass ich ihn mir während des Transports über die Schulter legen muss.«

»Es tut mir leid; aber er ging mir schrecklich auf die Nerven.« Satafar zuckte die Achseln. »Sei so lieb und bring ihn zum Lake Tan. Du findest sicherlich ein lauschiges Plätzchen. Eine Bucht, in der du ihn im See versenken kannst. Einem begeisterten Angler wie ihm hätte der Gedanke gefallen, dass er als Fischfutter endet.«

2.

Ronald Tekener

Noch zwölf Tage

 

Cai Cheung wirkte entspannt, doch Ronald Tekener erkannte die Anzeichen ihrer Nervosität. Eine derartig hochkarätige Runde, wie sie an diesem Tag zusammengefunden hatte, war auch für die Solare Premier ungewöhnlich.

»Es freut mich, dass ihr es gesund und unverletzt nach Terra geschafft habt«, sagte sie steif.

Nacheinander nickte sie Perry Rhodan, Bostich und ihm zu, ganz nach Protokoll, ganz nach ihrer persönlichen Wertschätzung. Rhodan stand ihr nahe, Bostich war als Botschafter des Galaktikums in politischer Hinsicht ein Schwergewicht.

Und Tekener, den kaum jemand mit seinem Vornamen ansprach, war ... nun ja, ein Agent. Immer gewesen. Einer, der einen Zellaktivator an sich genommen und so die Jahrtausende überdauert hatte. Ein Mann, vor dessen Lächeln man sich fürchtete und der selbst gute Freunde auf Distanz hielt.

»... haben sich die Onryonen am neunten August unter den Repulsor-Wall des Mondes zurückgezogen und sind gemeinsam mit ihm verschwunden«, sagte Cai Cheung, um dann nachdenklich hinzuzufügen: »Gleichzeitig sind nach der Aktivierung des Kristallschirms zehntausend Schiffseinheiten unserer Gegner aufgetaucht. Sie verhalten sich völlig passiv und hindern niemanden daran, ins Sonnensystem vorzudringen oder es zu verlassen. Es ist, als warteten sie auf etwas Bestimmtes.«

»Womöglich auf einen Atopen wie Chuv. Auf jemanden, der den Truppen des Tribunals mit seinem Schiff den Weg ins Innere des Kristallschirms ebnet«, führte Bostich den Gedankengang weiter. Seine Hände öffneten und schlossen sich. Der Imperator gab sich ungewöhnlich emotional. Kein Wunder, hatte er doch eben das heimatliche Arkon-System an den Feind verloren.

»Ich weiß nicht so recht.« Rhodan stand auf und berührte sacht die Blüten einer Rose, die Cai Cheung vor sich auf dem Schreibtisch stehen hatte. »Die Umstände haben sich geändert, und die Onryonen wissen das. Sie müssen davon ausgehen, dass Terra sich auf eine ähnliche Taktik wie im Arkon-System einstellt. Sie haben bislang großen Einfallsreichtum bewiesen, wenn es darum ging, unseren Strategien etwas entgegenzusetzen.« Er schüttelte den Kopf. »Sie sind herausfordernde Gegner. Schlau. Berechnend. Selbstsicher und zielbewusst.«

»Schwärmst du etwa für die Onryonen, Rhodan?« Bostich schüttelte verärgert den Kopf. »Wollen wir uns nicht gleich ihrem Tribunal ausliefern und um ein mildes Urteil winseln, für Verbrechen, die wir angeblich in der Zukunft begehen werden?«

Tekener lauschte nur mit halbem Ohr der lebhaft geführten Unterhaltung zwischen Cheung, Rhodan und Bostich. Er sah sich um. Suchte nach Hinweisen auf die zweifellos aktivierten Sicherheitsvorrichtungen im Raum. Er entdeckte winzig kleine Pünktchen an der Decke. Mikrofone und Kameras. Sie zogen die Blicke eines erfahrenen Mannes auf sich – und lenkten von all den anderen Gimmicks ab, die diesen Raum zu einem der bestbeschützten auf Terra machten.

Der Augenhaarteppich aus den Plejaden, der hinter der Solaren Premier an der Wand hing, ein handwerkliches Meisterstück, mochte in Wirklichkeit eine Mikropositronik in sich tragen. Vielleicht verwandelte er sich bei Bedarf in ein Robotgeschöpf, das sich auf einen Verdächtigen stürzte und ihn ergriff.

Ein inaktiver Holotransponder, dezent im Schreibtisch Cai Cheungs geparkt, wirkte wie ein getarnter Schutzschirmprojektor aus TLD-Fertigung. Der Schreibstift, den die Frau vor sich liegen hatte und den sie niemals anfasste, war gewiss eine multifunktionale Schusswaffe mit ausreichend Energie, um aus einem Ertruser ein überdimensioniertes Grillsteak zu machen.

An der Wand rechts von Bostich klebende Kräuselfolien, deren lange Fasern verlangend nach dem Imperator tasteten und dabei leise Töne von sich gaben, waren in avantgardistischen Kunstkreisen derzeit besonders beliebt. Dieses Modell allerdings wirkte wie aus dem Musterkatalog des Terranischen Liga-Dienstes gefertigt.

»Was meinst du dazu, Tek?«

Er richtete seine volle Aufmerksamkeit auf Rhodan und Bostich. Beide wünschten sie eine Beurteilung ihrer Situation.

»Wir haben bei Arkon erlebt, wie souverän die Onryonen mit kritischen Situationen umgehen«, analysierte er. »Sie besitzen einen punktuellen technischen Vorsprung, den sie geschickt ausnutzen. Ihr größter Vorteil scheint zu sein, dass sie sich sehr lange und sehr gezielt auf die Auseinandersetzung mit uns vorbereiten konnten, während wir nichts von ihnen ahnten. Sie blieben im Dunkeln verborgen, haben die politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen Strukturen in der Milchstraße analysiert und ihre Lehren gezogen. Seit sie erstmals offen in Erscheinung getreten sind, haben sie stets das Richtige getan. Und sie lassen sich durch kleine Rückschläge nicht aus dem Konzept bringen.«

»Jetzt klingst du auch schon so, als würdest du die Onryonen bewundern«, warf Bostich wütend ein.

»Ich bewundere sie nicht. Ich sehe sie als Gegner, denen man Respekt entgegenbringen muss.«

»Wenn die Fremden so gut sind, wie du annimmst: Würdest du mir dann empfehlen, auf Terra zu bleiben, um mich vor ihnen zu verbergen? Oder sollte ich woanders untertauchen?«

»Wir haben darüber bereits ausgiebig auf der ARGO diskutiert, Imperator. Terra steht nach wie vor im Fokus der Onryonen. Sie werden ganz genau beobachten, was hier vor sich geht.« Tek lächelte. »Andererseits halte ich die Erde für den perfekten Ort, um sich zu verstecken, direkt unter den Augen unserer Feinde. Uns steht die geballte Macht des TLD zur Verfügung. Die USO besitzt ebenfalls gut getarnte und noch besser ausgerüstete Stützpunkte auf Terra.«

»Ich bin sicher, dass auch einige Celistas auf der Erde tätig sind«, sagte Rhodan lächelnd. »Arkonidische Geheimdienstler, die sich nicht nur zum Vergnügen herumtreiben.«

»Was wären die großen galaktischen Spielchen ohne die kleinen der Agenturen, der Liga-Dienste und der diversen anderen Büros?«, blieb Bostich gelassen. »Natürlich könnte ich mit dem einen oder anderen heimattreuen Arkoniden Kontakt aufnehmen und um Hilfe bitten. In den ... Kulturabteilungen der arkonidischen Gesandtschaften wird man mir sicherlich weiterhelfen.«

»Ob das ratsam ist?« Tekener musterte sein Gegenüber. »Je weniger Leute von deinem Aufenthalt auf Terra wissen, desto sicherer bist du hier.«

»Ich bleibe.« Bostich war ein Mann schneller Entschlüsse. Sein Blick traf Cai Cheung. »Sofern mir Asyl gewährt wird.«

»Selbstverständlich.« Die Solare Premier nickte und sagte dann in offiziellem Ton: »Terra steht seinen Verbündeten stets zur Seite. Allerdings ...«

»Ja?«

»Sobald die Onryonen-Krise überwunden ist, würde ich gern auf diplomatischer Ebene über eine Reduzierung der Kulturabteilungen arkonidischer Gesandtschaften verhandeln.«

»Gern. Sofern Terra bereit ist, ebenfalls seine Nachbesetzungspolitik in den diplomatischen Vertretungen der Welten meines Imperiums zu überdenken.«

»Müssen wir uns denn ausgerechnet jetzt über irgendwelche Kuhhandel unterhalten?« Rhodan schlug einen Ton an, den wohl nur er sich erlauben konnte. »Fakt ist, dass die Onryonen uns beide in die Hände bekommen möchten. Wir können auch nicht von einer hundertprozentigen Rückendeckung durch die terranische Bevölkerung ausgehen, nachdem ein funktionstüchtiger Zellaktivator für denjenigen ausgelobt wurde, der dich und mich an das Atopische Tribunal ausliefert.«

»Wir wissen nicht mit hundertprozentiger Sicherheit, ob dieses Gerät funktioniert«, gab Cai Cheung zu bedenken. »Die Untersuchungen von Hyperwissenschaftlern blieben mehr als oberflächlich. Wir wissen zu wenig von der exakten Funktionsweise eines Zellaktivators.«

»Das ändert nichts an der Tatsache, dass der Zellaktivator auf viele Erdbewohner einen starken Reiz ausübt«, sagte Rhodan. »Wir müssen uns ganz genau überlegen, wo du unterkommst, Imperator, und wie wir dich beschützen. Du benötigst darüber hinaus eine Scheinidentität. Und du wirst Maske machen müssen.«

»Wirst du gemeinsam mit mir untertauchen?«, fragte Bostich.

Cheung und Rhodan wechselten einen Blick. »Nein«, sagte der Terraner dann. »Ich habe einige ... Dinge zu erledigen.« Rhodan räusperte sich. »Reden wir darüber, wo wir dich unterbringen.«

»Ich schlage einen der geheimen Stützpunkte der USO vor«, meldete sich Tekener zu Wort. Er zögerte. Nicht alle Informationen über die Ressourcen der galaxisumspannenden Organisation waren für die Ohren Außenstehender gedacht. Auch nicht für jene dieser hochrangigen Runde. »Es existieren drei sichere Häuser auf Terra. Eines befindet sich in Terrania City, unweit von hier. Eines in Chicago. Eines in Istanbul.«

»Istanbul!«, sagte Bostich rasch.

Zu rasch für Tekeners Empfinden.

»Manche Dinge, die hier und heute besprochen werden, gefallen mir nicht so recht«, meinte Cheung. Sie rutschte unruhig auf ihrem Stuhl hin und her. »Ich fühle mich unwohl bei dem Gedanken an diese vielen Parallelgesellschaften, die die diversen Geheimdienste auf der Erde errichtet haben.«

»Du weißt nicht, was auf deinem Heimatplaneten so alles vor sich geht?« Bostich musterte die Solare Premier von oben bis unten, mit jenem herablassenden Blick, den er so gut beherrschte.

»Natürlich bin ich informiert. Aber diese ganze Geheimniskrämerei geht mir schrecklich auf die Nerven.«

Sie spielt ihre Rolle ausgezeichnet, dachte Tekener. Wenn ich nicht wüsste, wie sehr sie selbst in das Netz der diversen Sicherheitsorganisationen eingewebt ist und wie straff sie die Zügel in der Hand hält – ich würde sie ihr glatt abkaufen.

Bostich ließ sich nicht anmerken, ob er Cai Cheung durchschaute. Er galt als unnahbar, mitunter launenhaft – und nicht unbedingt als Freund Terras. Doch er war andererseits Pragmatiker. Einer, der längst vom Herrschaftsgedanken der Arkoniden Abstand genommen und die Ideen des Galaktikums aufgegriffen hatte.

Aus dem feudalistischen Herrscher Arkons war ein verantwortungsvoller Diener aller Völker der Milchstraße geworden, der höchst selten zu alteingefahrenen Verhaltensweisen zurückkehrte. Bostich hatte bewiesen, dass er den Zellaktivator und damit die Unsterblichkeit verdiente.

Diese verflixten Dinger verändern uns alle, dachte Tekener. Manchmal habe ich den Verdacht, dass sie uns unsere Körperlichkeit bewahren und dafür unser Wesen nach den Wünschen des Erzeugers umformen.

Laut sagte er: »Ich wurde von Monkey beauftragt, für die Sicherheit des Imperators zu sorgen. Ich möchte meine Arbeit weiterhin erledigen und ihn nach Istanbul begleiten.«

»So?« Bostich gab sich amüsiert. »Deine bisherigen Bemühungen waren nicht sonderlich erfolgreich.«

Tekener schluckte die Beleidigung hinunter und sagte gelassen: »Ich lerne rasch. Hab bitte ein wenig Geduld mit mir. Ich bin noch ziemlich neu in diesem Geschäft.«

Rhodan grinste, die Solare Premier ebenso. Nur der Imperator blieb ernst. »Ich verstehe. Ich soll beschützt, aber auch bewacht werden. Zumal ich in die Obhut der USO übergeben werde. In einer Stadt, die ich nicht kenne und in der ich auf eure Ortskenntnisse angewiesen bin.«