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CAROLINE FINK | KARIN STEINBACH

ERSTE AM SEIL

ALLEN, DIE AUF BERGE STEIGEN.
UND DENEN, DIE DAVON TRÄUMEN.

CAROLINE FINK | KARIN STEINBACH

ERSTE

am SEIL

PIONIERINNEN IN FELS UND EIS

Wenn Frauen in den Bergen ihren eigenen Weg gehen

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Fast unsichtbar schlüpfte sie den Hang hinauf.
Man ahnte nur, dass sich da etwas Entschlossenes
und Selbstständiges bewegte,
etwas, was so unabhängig war,
dass es sich nicht aufzuspielen brauchte
.

Tove Jansson

VORWORT

Noch heute ziehen Alpinisten und Alpinistinnen in Ehrfurcht die Augenbrauen hoch und nicken anerkennend, wenn sie vom Teufelsgrat am Walliser Täschhorn reden hören. Lang, elegant und brüchig zieht er sich als scharfe Linie hoch zum 4491 Meter hohen Gipfel. Davon, wie Mary Mummery 1887 mit ihrem Mann, dem Bergführer Alexander Burgener und einem Hilfsführer als Erste über diesen Grat hochkletterte, wissen wir einiges. Zum Beispiel, dass der Hilfsführer nach einem Sturz dank Champagner wieder zu Kräften kam, dass Mary ihm dank ihrer medizinischen Kenntnisse die Diagnose «verdattert, aber nicht verletzt» stellte und auf dem Gipfel so stolz war, dass sie selbst das aufziehende Gewitter nicht störte.

Wir erfahren dies alles, da Mary im Buch ihres Mannes «My Climbs in the Alps and Caucasus» den Bericht über das Täschhorn geschrieben hat – sofern wir das Buch auf Englisch oder Französisch lesen. In der deutschen Version nämlich fehlt ihr Text, was gleichbedeutend damit ist, dass ihre Geschichte im deutschen Sprachraum nicht existiert. Geschichte ist eben das, was wir wissen. Das, was wir nachlesen und weitererzählen, worauf wir uns berufen, wenn wir uns die Vergangenheit vorstellen, um darauf basierend die Gegenwart zu deuten und die Zukunft zu denken.

Bloß: Was wird aufgeschrieben? Was wird weitererzählt, und was dem Ozean des Vergessens übergeben?

Seit Anbeginn des Alpinismus steigen Frauen auf Berge. Doch lange Zeit blieben ihre Geschichten im Verborgenen. Das Bergsteigen war – und ist teils bis heute – eine Domäne der Männer und damit eine Domäne mit einer männlichen Geschichte.

Nichts weniger, als dies zu ändern, haben wir uns vor einigen Jahren vorgenommen. Denn dank großartiger älterer Bücher zum Frauenbergsteigen, dank Recherchen früherer Autoren und Autorinnen, dank Originaltexten und Erzählungen von Bergsteigerinnen wussten wir: Es gibt sie, die Geschichte des Frauenalpinismus. Und so saßen Karin und ich eines Nachmittags auf der Aiguille du Midi oberhalb von Chamonix, in der Hoffnung, uns trotz schlechten Wetters beim Kaffee auf knapp 3800 Meter Höhe ein wenig für den Montblanc zu akklimatisieren. Saßen da und begannen Namen und Daten zu notieren, Epochen zu gliedern und Kapitel zu skizzieren, und mit jedem Kaffee wurde der Konzeptberg vor uns höher. So hoch, dass wir uns abends während der Talfahrt mit der Gondel diesem Buchprojekt gegenüber so klein fühlten wie zwei Nächte später, als wir um ein Uhr morgens das Refuge des Grands Mulets verließen, die Flanken des Montblanc, des Königs der Alpen, über uns.

Die Arbeit an «unserem Frauenbuch» – so hieß es unter uns – begleitete uns drei Jahre lang. Eine Arbeit, eine Reise, die uns manchmal in die Tiefen von Archiven führte, manchmal nach Schottland und China, Österreich, Frankreich oder Italien. Mit Ausnahme von Steph Davis haben wir alle lebenden Frauen getroffen, um uns ihre Geschichten erzählen zu lassen. Geschichten, die uns mal zum Lachen brachten, mal nachdenklich stimmten und immer wieder berührten.

Nun ist es da, dieses Buch über die «Ersten am Seil»: über die ersten Frauen, die sich vor 200 Jahren an das Seil eines Bergführers banden, und über jene, die als Seilschaftsführerinnen und Vorsteigerinnen auf die Berge dieser Welt stiegen und steigen. Insgesamt 26 Frauen aus elf Ländern sind darin porträtiert, und in den Hintergrundtexten, die zwischen diesen Porträts den roten Faden der Alpingeschichte aufzeigen, sind mehr als 200 weitere erwähnt. Um die 230 Namen sind eine Menge, doch sind es längst nicht genug: Je länger unsere Arbeit dauerte, desto mehr begriffen wir, wie viele Frauen Alpingeschichte schrieben und wie wenige von ihnen in diesem Buch Platz finden. In diesem Sinn ist es uns wichtig, an dieser Stelle auch all jenen unseren größten Respekt auszusprechen, deren Namen nicht im vorliegenden Buch stehen können. Jede für sich hat in der Vergangenheit Großartiges geleistet und damit Gegenwart und Zukunft geprägt.

Wir haben dieses Buch gern geschrieben. Ja noch mehr: Es ist uns eine Ehre, die Geschichten inspirierender Frauen erzählen zu dürfen. Wir hoffen, dass es unseren Leserinnen und Lesern Unterhaltung und Freude bereitet. Und überdies dazu beiträgt, zu zeigen, dass die Geschichte des Alpinismus nicht eine Geschichte der Männer ist. Sondern eine Geschichte von Männern und Frauen. Oder vielmehr: eine Geschichte von Menschen, die auszogen und bis heute ausziehen, in Fels und Eis ihr Glück zu finden.

Caroline Fink, für beide Autorinnen

Zürich, im Juli 2013

INHALT

WARUM NICHT AUF DEN EVEREST?

Die US-Amerikanerin Meta Brevoort stieg als eine der ersten Frauen auf hohe Alpengipfel – und träumte von noch Höherem

DIE ENTDECKUNG DES ABENTEUERS: VON FRÜHEN BERGFAHRTEN ZUR GOLDENEN ZEIT DES ALPINISMUS

FRISCH, FRECH UND FREI

Elizabeth Burnaby-Main-Le Blond fotografierte, schrieb und stieg auf Berge – und befreite sich von der Fessel viktorianischer Konvention

«BY FAIR MEANS»: NEUE FORMEN DES BERGSTEIGENS IN DEN WESTLICHEN ALPEN

DEN BERGEN VERFALLEN – UND REICH VON IHNEN BESCHENKT

Eleonore Noll-Hasenclever kletterte nicht nur führerlos, sie führte auch andere

SCHAUPLATZ DOLOMITEN: SCHWIERIGKEITSALPINISMUS AN DER WENDE ZUM 20. JAHRHUNDERT

FURCHTLOS IN DEN SECHSTEN GRAD

Paula Wiesinger kletterte in den Dreißigerjahren extreme Routen nicht nur in den Dolomiten

EIGENVERANTWORTLICH IN DIE BERGE: FÜHRERLOSE UND FRAUENSEILSCHAFTEN IM FRÜHEN 20. JAHRHUNDERT

AUF AUGENHÖHE MIT DEN BESTEN MÄNNERN

Die Westschweizerin Loulou Boulaz beteiligte sich am Wettlauf um die großen Nordwände

«SESTOGRADISMO» UND BERGSTEIGEN FÜR DIE NATION: DIE POLITISIERUNG DES ALPINISMUS IN DER ZWISCHENKRIEGSZEIT

DIE FRAU VOM SALBIT-WESTGRAT

Betty Favre kletterte als Erste über den schönsten und längsten Felsgrat der Schweiz

IM VORSTIEG NUR BEI NEBEL

Gegen viele Widerstände ging Helma Schimke bergsteigen – und es hat ihr immer Kraft gegeben

AUSGRENZUNG UND GRENZENLOSE FREIHEIT: FRÜHE EXPEDITIONEN UND FRAUENCLUBS

AFTERNOON TEA MIT EINER PIONIERIN

Die Britin Monica Jackson pflegt bis heute das Understatement und organisierte im Jahr 1955 die erste Frauenexpedition in den Himalaja

OHNE WENN UND ABER

Silvia Metzeltin suchte die Freiheit und fand die Berge

DIE RUSSISCHE MEISTERIN DES ALPINISMUS

Im Westen kaum bekannt, gehörte Elvira Shataeva Anfang der 1970er-Jahre zu den stärksten Bergsteigerinnen der Welt

VON SCHMERZ UND GLÜCK

Wanda Rutkiewicz ging ihren Weg an den Achttausendern – bis zum letzten Schritt

DIE FRAU, DIE BERGE VERSETZEN KANN

Denali, Annapurna, Green Science Policy Institute: Arlene Blum mag Herausforderungen am Berg und im Beruf

«LA NOUVELLE ATTITUDE FEMININE»: SELBSTBESTIMMT DURCH DIE SCHWIERIGSTEN WÄNDE DER ALPEN

DAS GLÜCK IST AUS GRANIT

Für Renata Rossi, erste Bergführerin Italiens, sind die Gipfel des Bergells der beste Platz der Welt

MIT DEM LAUF DES LEBENS

Die erste Schweizer Bergführerin Nicole Niquille kennt trotz Schicksalsschlägen nur einen Weg: mit voller Kraft voraus

BERGSTEIGEN JENSEITS DER HOCHGLANZMAGAZINE

Unterwegs zu sein ist Barbara Hirschbichler wichtiger, als anzukommen

GANZ OBEN: FRAUEN AUF DEN HÖCHSTEN GIPFELN DER WELT

KLEINE EXPEDITIONEN ZU GROSSEN BERGEN

Nives Merois poetische Geschichten von ihren Kleinstexpeditionen an den höchsten Gipfeln der Welt

DER LEBENSTRAUM VON ALLEN ACHTTAUSENDERN

Ganz oben findet die Höhenbergsteigerin Gerlinde Kaltenbrunner die Freiheit vom Unten

LEBEN AN DEN FINGERSPITZEN – UND IN BUNTEN HOSEN: FREI- UND SPORTKLETTERN

EINS WERDEN MIT DEM FELS

Mit der Französin Catherine Destivelle trat der Frauenalpinismus an die Öffentlichkeit

AUF DER NASE HERUMGEKLETTERT

Wie die US-Amerikanerin Lynn Hill am El Capitan Klettergeschichte schrieb

DURCH DEN OZEAN AUS FELS

Sílvia Vidal eröffnet neue Bigwalls durch wilde, unbekannte Wände am Ende der Welt

DIE HERAUSFORDERUNG, ERSTE ZU SEIN

Bisher kletterte keine Frau schwierigere Routen als die Baskin Josune Bereziartu

HÖHER, STEILER, SCHWIERIGER: PROFESSIONALISIERUNG UND DIVERSIFIZIERUNG DES ALPINISMUS

EINE SCHWÄCHE FÜR STEILEIS UND EISCREME

Als bisher einzige Frau erhielt die Japanerin Kei Taniguchi für eine außergewöhnliche Erstbegehung den Piolet d’Or

FELS UNTER DEN HÄNDEN, LUFT UNTER DEN FLÜGELN

Die amerikanische Kletterin und Basejumperin Steph Davis braucht nicht viel – außer ihrer Freiheit

VON DER EISPRINZESSIN ZUR ERSTBEGEHERIN IM ALPINSTIL

Für Ines Papert sind Grenzen dazu da, sie zu überwinden

DIE INTENSITÄT DES AUGENBLICKS

Im Granit von Patagonien oder im Kalk der Dolomiten – beim Klettern ist Dörte Pietron vollig fokussiert

VOLLGAS DIE WÄNDE HOCH

Nina Caprez gehört zu den besten Felskletterinnen der Welt und erfüllte sich, mit knapp 25 Jahren, ihren bisher größten Klettertraum

NACHWORT: ROCK AND ROLE WAS KLETTERN MIT WEIBLICHEM SELBSTVERSTÄNDNIS ZU TUN HAT

Dank

Quellen

Register der Bergsteigerinnen und Kletterinnen

WARUM NICHT AUF DEN Everest?

Die US-Amerikanerin Meta Brevoort stieg als eine der ersten Frauen auf hohe Alpengipfel – und träumte von noch Höherem

Es ist der 2. Oktober 1865, ein Montag, als Meta Brevoort den Gipfel des Montblanc erreicht. Mit ihr Frau Denise Sylvain-Couttet, zwei Führer und zwei Träger. Sie stehen im Sonnenschein unter einem tiefblauen Himmel, doch es ist bitterkalt. Dennoch nehmen sie sich Zeit für die Gipfelrast. Als Erstes lassen sie den Korken einer Champagnerflasche knallen. Danach setzen sie Metas Vorschlag um: Sie tanzen eine Quadrille und singen die Marseillaise. Diese Hymne der Republik galt damals in Frankreich – es war die Zeit des zweiten Kaiserreichs – als Affront gegen den regierenden Napoleon III. Umso mehr dürfte sich die US-Amerikanerin Meta, eine überzeugte Republikanerin, amüsiert haben, das Lied auf dem höchsten Gipfel der Alpen zu schmettern.

Die Tour auf den Montblanc ist eine der ersten alpinen Taten Metas. Kurz zuvor ist sie mit ihrem Neffen William Coolidge, einem rundlichen Jungen, in die Schweiz gereist. Dies, nachdem ein Pariser Arzt dem kränklichen William zur Kur etwas Bergluft empfohlen hat. Tante Meta setzte den ärztlichen Ratschlag um: Zunächst steigt sie mit ihrem Neffen im Berner Oberland auf den 2362 Meter hohen Niesen, dann reisen die beiden nach Zermatt und besteigen die 3803 Meter hohe Cima di Jazzi. Für den Montblanc ist der Junge zu schwach, doch die Berge werden ihn nicht mehr loslassen. William Augustus Brevoort Coolidge sollte in den folgenden Jahrzehnten einer der wichtigsten Bergsteiger seiner Zeit werden.

Nach diesem Sommer entschied Meta, sich mit ihrem Neffen in Europa niederzulassen. Sie kennt den Alten Kontinent bestens: Als junge Frau hat sie die Schule des Couvent Sacré-Cœur in Paris besucht, und mit ihren Eltern ist sie im Sommer oft durch die Schweiz gereist. Vielleicht war es auch ihre Familie, die ihr eine gewisse Abenteuerlust mit auf den Weg gegeben hatte: Ihre Mutter besaß ein Bergpanorama der Berner Alpen mit der Bestätigung, im August 1835 von Grindelwald auf das Faulhorn gestiegen zu sein, und in der kanadischen Arktis liegt bis heute die unbewohnte Brevoort Island, benannt nach Metas Onkel, einem Geografen und Historiker.

Den ersten Winter in Europa verbringen Meta und William in Florenz. In dieser Zeit lesen sie «Peaks, Passes, and Glaciers», die Vorgängerpublikation des britischen «Alpine Journal» – und es ist um sie geschehen. Sie wollen ihr Leben künftig den Bergen widmen. In den zwei folgenden Bergsommern sind sie noch zurückhaltend: Zu ihrem Tourenprogramm gehören Routen wie die Haute Route von Chamonix nach Zermatt oder der 3234 Meter hohe Beichgrat in den Walliser Alpen. Doch dann gibt es kein Halten mehr. In den Sommern 1868 und 1869 reiht Meta ein alpines Glanzlicht ans nächste: Sie steigt als erste Frau auf die Grandes Jorasses, unternimmt Erstbegehungen der hochalpinen Pässe des Col du Moine und des Col de la Bérangère, steigt auf den 4314 Meter hohen Grand Combin und den 4634 Meter hohen Monte Rosa. Zudem versucht sie von der italienischen Seite her als erste Frau auf das Matterhorn zu klettern. Und dies nur vier Jahre nach Edward Whympers tragischer Erstbesteigung des Gipfels. Meta macht keine halben Sachen. Sie hat eine «unglaubliche Vitalität und die große Gabe, alles mit Freude zu tun», schreibt Chronistin Cicely Williams über die Amerikanerin.

Mit von der Partie ist nebst Neffe William meist der Grindelwaldner Bergführer Christian Almer, der dafür verantwortlich ist, dass die Seilschaft ein weiteres Mitglied erhält: den Hund Tschingel. Denn er ist es, der nach einem Misserfolg am Eiger mit dem untröstlichen William Mitleid hat und ihn fragt, ob er sich über einen Hund freuen würde. Als dieser begeistert ist, schenkt Christian Almer ihm tags darauf die dreijährige Hündin Tschingel, einen braunroten Mischling mit kurzem Haar und weißen Pfoten, der bereits als Welpe vom Lötschental über den vergletscherten Tschingelpass ins Berner Oberland gewandert ist. Almer selbst würde fortan Tschingels Sohn Bello als Wachhund haben.

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(aus: Ronald W. Clark: An Eccentric in the Alps. Museum Press, London 1959)

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Ein starkes Team: Meta Brevoort mit ihrem Neffen William Coolidge, den Führern Christian Almer (ganz links) und Ulrich Almer (ganz rechts) sowie der Hündin Tschingel, die mit einem eigenem Porträt geehrt wurde (Bild links).

(aus: Ronald W. Clark: An Eccentric in the Alps. Museum Press, London 1959)

William ist entzückt von der Hündin, die mit auf Berge steigt. Er lässt eigens für sie Lederstiefelchen nähen, die Tschingel aber verschmäht, und fertigt für jeden Gipfel der Vierbeinerin ein silbernes Medaillon, das er an ihr Sonntagshalsband hängt. Bald wird Metas Neffe in Alpinistenkreisen bekannt als «the young American who climbs with his aunt and his dog» – der junge Amerikaner, der mit seiner Tante und seinem Hund klettert. Und Tschingel sollte zum bekanntesten Hund der Alpingeschichte werden: Im Lauf ihres Hundelebens unternimmt sie mehrere Hundert Wanderungen und mehr als dreißig große Bergtouren, darunter elf Erstbesteigungen. Sie wird sogar Ehrenmitglied – und damit das einzige weibliche Mitglied – des britischen Alpine Club. Aufgenommen per Akklamation, als Vertreter des Clubs sie auf der Riffelalp antreffen, nachdem sie mit Herrchen und Tante auf dem Monte Rosa gestanden hat.

Ist die Seilschaft Brevoort/Coolidge mit ganzem Anhang in abgelegenen Bergdörfern unterwegs, gibt der Trupp ein seltsames Bild ab: Eine schlanke, große Dame in langem Rock, einen langen Alpenstock in der Hand, ein rundlicher Amerikaner, blass und mit Brille, ein Hund, ein paar bärtige Bergführer und einige mit Seil und Pickeln bepackte Träger. Manche Einheimische halten sie für Goldgräber, andere für Landstreicher. Einmal, im Dorf Vallouise in der Dauphiné, befürchtet ein Gastwirt, sie wären Zauberer, und gewährt ihnen vorsichtshalber keinen Einlass. Coolidge schreibt später dazu: «Man hielt mich schon oft für einen Vagabunden, Arbeiter, Brillenverkäufer, Spion oder Minenarbeiter. Doch dies ist das erste Mal, dass man mich für einen Magier hält!» Obwohl sie in der Dauphiné nicht immer mit offenen Armen empfangen werden, kehren Tante und Neffe immer wieder in dieses Gebiet der französischen Alpen zurück. Besonders die 3983 Meter hohe Meije mit ihren steilen Felsgipfeln lässt Meta nicht mehr los. Den höchsten Punkt dieses Massivs will sie besteigen – nicht als erste Frau, sondern als erster Mensch.

Es ist Ende Juni 1870, als Meta die Erstbesteigung des anspruchsvollen Gipfels in die Tat umsetzen möchte. Zusammen mit William, Vater und Sohn Almer sowie einem weiteren Führer ist die Seilschaft unterwegs. Sie geben alles und mehr: Metas Fersen schmerzen, Vater Almer wird schneeblind, und alle haben sie üble Sonnenbrände. Doch sie schaffen es auf den Gipfel. Allerdings: auf den falschen. Als sie um 12.10 Uhr auf dem sogenannten Pic Central stehen, blicken sie hinüber zum Grand Pic. «Stellen Sie sich den Horror vor, als wir merkten, dass der Gipfel zu unserer Rechten ungefähr gleich hoch ist wie unserer. Christian schätzte, er wäre um die sechs Meter höher», schreibt William. Vater Almer hatte recht: Der Grand Pic ist zehn Meter höher als der Pic Central, auf dem die Erstbesteiger dennoch einen Steinmann errichten, bevor sie absteigen.

Nach diesem Erlebnis lässt der Berg Meta erst recht nicht mehr los. Jahrelang bleibt es ihr Wunsch, auf den Hauptgipfel zu steigen. Als William Jahre später ohne seine Tante in die Dauphiné reist, schreibt sie ihm: «Lieber Will, richte all den lieben, alten Freunden, die du sehen wirst, liebe Grüße von mir aus. Ganz besonders dieser prächtigen Meije und bitte sie, sich für mich aufzuheben.» Ihr Traum bleibt unerfüllt: Im Jahr 1877, acht Monate nach Metas Tod, stehen der Franzose Emmanuel Boileau de Castelnau und die Führer Vater und Sohn Pierre Gaspard auf dem Grand Pic.

Und noch ein Wunsch bleibt Meta verwehrt: jener, die erste Frau auf dem Matterhorn zu sein. Zwar scheinen ihre Sterne gut zu stehen, als sie ein Jahr nach der Meije erneut plant, auf diesen Berg zu steigen. Doch als sie Ende Juli in Zermatt ankommt, ist ihr Traum geplatzt. Die Engländerin Lucy Walker ist ihr zuvorgekommen. Unmittelbar vor Metas Ankunft in Zermatt, am 21. oder 22. Juli – die Quellenlage ist unsicher –, hat die junge Britin als erste Dame den Gipfel des Matterhorns erreicht. Meta ist enttäuscht, lässt sich aber nicht unterkriegen. Am 5. September traversiert sie als erste Frau das Horn von Zermatt ins italienische Breuil, und in den folgenden zwei Wochen steht sie als erste Frau auf dem 4506 Meter hohen Weißhorn und der 4357 Meter hohen Dent Blanche sowie auf der wuchtigen Felspyramide des Bietschhorns.

Über ihre Tour auf das Bietschhorn schreibt sie einen Text, den sie unter dem Namen von Coolidge – eine Publikation als Frau ist zu ihrer Zeit undenkbar – im britischen «Alpine Journal» veröffentlicht. Ein Text voller Anekdoten und Geschichten, in dem sie beschreibt, wie sie auf einem Pferd ins Lötschental reitet und spät abends «halb verhungert» ankommt. Wie der Gastwirt dort «ein ganzes Eichhörnchen» serviert und sie einen lieben Hund treffen, der ganz wie Tschingel aussah, «außer dass er viel dümmer war». Und auch den Aufstieg erzählt sie in all seinen Facetten. Schreibt von alten Nadelwäldern, durch deren Geäst die Sonnenstrahlen fließen, und vom eisigen Wind im Gipfelaufstieg, der ihnen «gnadenlos in die Nase, Ohren und Finger beißt».

Auf dem Gipfel angelangt, ist sie tief beeindruckt davon, was sie zwischen Wolkenfetzen sieht: «Überall Felszacken, zerborsten in alle möglichen Formen, mal ineinander gestapelt, mal nebeneinander geworfen in einem fantastischen Durcheinander.» Doch damit nicht genug. «Die Sonne schimmerte grell durch den Nebel, wie ein glimmender Feuerball. Dann, auf einmal entdeckten wir einen runden Regenbogen vor uns, in dessen Mitte wir selbst projiziert waren. Es schien nicht von dieser Welt zu sein, als wir die gigantischen Schattenfiguren sich genau so bewegen sahen, wie wir uns bewegten.» Meta hatte ein Brockengespenst gesehen, einen optischen Effekt im Nebel.

Dank Metas Text wissen wir auch, dass danach keine Zeit mehr bleibt, die hochalpine Umgebung zu betrachten. Im Abstieg holt das schlechte Wetter die Seilschaft ein. Nachdem sie den Grat abgeklettert sind, stapfen sie in Sturm und Schnee über den Nestgletscher. Frei von Heldenpathos schildert die Alpinistin diesen Moment und betont, wie sie einzig dank der Almers am Rand des Gletschers eine Felsgrotte finden. In dieser übernachten sie. Ohne Decken und ohne Proviant, dafür mit Christian Almer, der die ganze Nacht lang jodelt, damit keiner im Schlaf zu erfrieren droht.

Sie muss zäh gewesen sein, diese frühe Pionierin der Alpen. Je mehr Erfahrung sie hat, desto anstrengendere Touren unternimmt sie. So gehört sie drei Jahre nach ihrer Bietschhorn-Besteigung zu jener Garde, die den Winteralpinismus vorantreibt. Eine Spielart des Bergsport, die damals neu war und als besonders verwegen galt. Meta steigt als erster Mensch im Winter auf das Wetterhorn bei Grindelwald und eine Woche später auf die Jungfrau. Als sie im Sommer 1876 auf der Belalp weilt und Williams kränkliche Schwester Lil pflegt, beginnt Meta gar vom Everest zu träumen. Dies dank eines Ehepaars namens Walker, das im selben Hotel weilt, in Indien lebt und ihr eine Menge vom höchsten Berg der Erde erzählt.

Für Meta ist der Everest kein Hirngespinst, sie erwägt tatsächlich eine Expedition in den Himalaja. Von den Walkers will sie jedes Detail zum Berg erfahren und schreibt ihrem Neffen in einem Brief: «Mr. Walker meinte, die Geographical Society würde uns unterstützen, falls wir einen Versuch am Everest unternehmen.» Sie ist mit dieser Idee ihrer Zeit weit voraus. Es sollte 46 Jahre dauern, bis die Briten 1922 eine erste erfolglose Everest-Expedition unternehmen, und 77 Jahre, bis Sir Edmund Hillary und Tenzing Norgay 1953 schließlich auf dem Dach der Welt stehen – ob die Briten George Mallory und Andrew Irvine 1924 vor ihrem Tod den Gipfel erreichten, bleibt bis heute offen. Doch im Dezember 1876 aber finden alle Pläne Metas ein Ende. In ihrem Haus im englischen Dorking erkrankt sie an akutem rheumatischem Fieber, infolge einer Streptokokkeninfektion. Die Entzündung greift ihr Herz an, und fünf Tage später stirbt sie. Hündin Tschingel wird sie um drei Jahre überleben, bevor auch sie – alt, mit grauer Schnauze und blind – vor dem Küchenfeuer für immer entschläft. William wird die beiden Seilgefährtinnen zeit seines Lebens vermissen, das Erbe seiner Tante aber jahrzehntelang fortführen. Als einer der wichtigsten Bergsteiger der viktorianischen Zeit wird er in die Geschichte des Alpinismus eingehen, bevor er als alter Mann, kauzig und stur, im Jahr 1926 die Welt verlässt. fin

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(aus: Les Femmes Alpinistes, Annuaire du CAF, Paris 1899)

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Margaret Claudia Brevoort, Meta genannt, wurde am 4. November 1825 in New York als fünftes von acht Kindern und drittes Mädchen geboren. Ihre Vorfahren waren um 1630 aus der holländischen Stadt Bredevoort nach New Amsterdam, später New York, ausgewandert. Dort kam die Familie dank Landbesitz in der Stadt zu einem Vermögen.

Meta wuchs an der Fifth Avenue Nr. 21 auf. In ihrem familiären Umfeld fanden sich mehrere namhafte Persönlichkeiten. So war etwa ihr Vater Henry Brevoort eng mit dem Buchautor Washington Irving befreundet; ihr Bruder James Carson Brevoort präsidierte die Long Island Historical Society und führte die Astor Library in New York; eine Nichte heiratete den Schriftsteller Charles Astor Bristed, einen Nachkommen der schwerreichen Handelsfamilie Astor.

Meta selbst erhielt als junge Frau eine ausgezeichnete Ausbildung in Paris und verbrachte in diesem Rahmen mehrere Jahre in Europa. Nach dem Tod ihrer Mutter 1845 und ihres Vaters 1848 kehrte sie nach New York zurück und zog ins Haus ihrer Schwester, verheiratete Coolidge, die unter einer schwachen Gesundheit litt. Deshalb kümmerte sich Meta von dessen Geburt an oft um den Sohn der Schwester, William Augustus Brevoort Coolidge. Daneben arbeitete sie in einem Spital New Yorks innerhalb einer protestantischen Gemeinde.

Wieder zurück in Europa, unternahm sie gemeinsam mit dem jungen William größere Touren und startete ihre Karriere als Alpinistin. Unter anderem stand sie 1869 als erste Frau auf der Grandes Jorasses (4208 m), 1871 auf der Dent Blanche (4357 m), dem Weißhorn (4506 m) und dem Bietschhorn (3934 m) und traversierte als erste Frau das Matterhorn (4478 m), einige Wochen nachdem Lucy Walker ihr die erste Frauenbegehung des Matterhorns weggeschnappt hatte. Im Jahr 1870 gelang ihr die Erstbesteigung des Pic Central der Meije (3973 m) sowie 1874 die Winter-Erstbesteigung des Wetterhorns (3692 m) und der Jungfrau (4158 m). Nach kurzer Krankheit starb sie am 19. Dezember 1876 im englischen Dorking.

ALPINGESCHICHTE

DIE ENTDECKUNG DES ABENTEUERS:
VON FRÜHEN BERGFAHRTEN ZUR
GOLDENEN ZEIT DES ALPINISMUS

In der Antike und im Mittelalter hatten die Alpengipfel eine andere Bedeutung für die Menschen als heute. Eine Terra Incognita waren sie, ein Land, das den Bewohnern so wild und fremd schien wie der Nordpol oder die Antarktis. Bergbewohner lebten mit den Bergen, nicht aber auf ihnen, und Reisende suchten sich den kürzesten Weg über Pässe wie den Septimer oder den Simplon, um das Gebirge möglichst schnell hinter sich zu lassen. Dennoch gab es immer wieder Menschen, die hinaufstiegen, die Gipfel zu entdecken. Die meistzitierte frühe Überlieferung einer Bergfahrt ist jene von Petrarca, wonach dieser 1336 auf den 1912 Meter hohen Mont Ventoux in der Pro vence gestanden hat. Erster dokumentierter weiblicher Gipfelerfolg ist jener der Adligen Regina von Brandis und deren Tochter Katharina Botsch, die zusammen mit Jakob von Boymont zu Payrsberg im Jahr 1552 auf der 2434 Meter hohen Laugenspitze in Südtirol standen.

DIE KRAFT DER NEUGIER: WISSENSCHAFTER STEIGEN AUF BERGE

Im 18. Jahrhundert dann stand bei Bergfahrten oft die von aufklärerischen Ideen geprägte Neugier im Vordergrund, die Welt wissenschaftlich zu verstehen. Ein Zugang zum Gebirge, der das Frauenbergsteigen nicht eben förderte: Frauen aus gehobenen Schichten waren vor gut 200 Jahren zwar durchaus gebildet, der Zugang zu akademischer Forschung und Lehre an den Universitäten blieb ihnen jedoch verwehrt. Gelehrte wie der Zürcher Johann Jakob Scheuchzer oder der Genfer Horace-Bénédict de Saussure beschäftigten sich derweil mit Paläontologie und Botanik, Geologie und Klima und wurden so zu frühen Bergsteigern. Fasziniert vom Montblanc, den er von Genf aus sehen konnte, schrieb de Saussure 1760 eine beträchtliche Summe für jenen aus, der als Erster den Gipfel des Berges erreichen oder zumindest eine passable Aufstiegsroute entdecken sollte. Im Jahr 1786 war es so weit: Der Führer Jacques Balmat und der Arzt Michel Gabriel Paccard, beide aus Chamonix, erreichten den Gipfel. Ein Jahr später stieg de Saussure auf den Berg und führte barometrische Messungen durch, die ihm bestätigten, dass er auf dem höchsten Gipfel der Alpen stand.

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Henriette d’Angeville in ihrem Mantel mit Pluderhosen, den sie eigens für den Montblanc schneidern ließ.

(Jules Hébert, Aquarell)

Gut zwanzig Jahre später, im Juli 1808, erreichte die erste Frau den Gipfel des Montblanc: Marie Paradis (1778–1839) aus Les Houches, einem Nachbardorf von Chamonix. Im Gegensatz zu den männlichen Bergsteigern dieser Zeit, die meist aus einer gebildeten Schicht stammten, Ärzte, Gelehrte oder Pfarrer waren oder aber als Bergführer arbeiteten, war Marie ein Bauernmädchen. Gemäß der Überlieferung war es denn auch nicht ihre Idee, auf den Berg zu steigen, weshalb ihre Leistung später von Kritikern geschmälert wurde. Dennoch: Die junge Frau war verwegen genug gewesen, sich zu diesem Abenteuer überreden zu lassen. Und wenngleich sie angeblich stellenweise getragen und gezerrt wurde – sie hielt durch bis zum Gipfel. Wieder im Tal, wusste sie zudem ihren Gipfelerfolg zu vermarkten: Sie eröffnete in Les Houches ein Café, erzählte Gästen ihre Geschichte und ermöglichte sich damit ein besseres Leben.

FRAUENBERGSTEIGEN: DER STARTSCHUSS FÄLLT 1838

Vielleicht weil Marie Paradis nicht ganz aus eigenem Willen und eigener Kraft den höchsten Alpengipfel erreicht hat, gilt die zweite Besteigung des Montblanc durch eine Frau bis heute als eines der wichtigsten Daten im Frauenalpinismus: jene durch Henriette d‘Angeville (1794–1871), eine französischschweizerischen Alpinistin, die sich selbst als Bergsteigerin bezeichnete und klare Gipfelambitionen hegte. Mit dem Ziel vor Augen, den höchs ten Punkt des Montblanc um jeden Preis zu erreichen, stellte sie eine Equipe zusammen und erfüllte sich am 3. September 1838 ihren Traum. Anders als spätere Alpinistinnen, die sich mit ihren langen Röcken abmühten, war sie von gesellschaftlichen Konventionen offenbar noch weniger geprägt gewesen und hatte sich eigens für den Montblanc ein Gewand schneidern lassen: eine Art lange Pluderhose, kombiniert mit einem langen Mantel.

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Beliebter Bergtourismus: noble Gäste auf der Mer de Glace in den späten 1870er-Jahren.

(aus: Ronald W. Clark: The Victorian Mountaineers. B. T. Batsford, London 1953)

Im selben Jahr, 1838, gelang der Engländerin Anne Lister (1791–1840) die erste touristische Besteigung – Führer und Vermesser waren vorher schon oben gestanden – des 3298 Meter hohen Felsgipfels des Vignemale in den französisch-spanischen Pyrenäen. Dass es ihr dabei wichtig war, für ihre Leis tung anerkannt zu werden, zeigt das juristische Nachspiel der Tour: Nachdem ihr der französische Militär und Politiker Napoléon Joseph Ney den Erfolg streitig gemacht hatte, ließ sie juristisch beglaubigen, dass sie vier Tage vor Ney den Gipfel erreicht hatte.

Und gleich noch eine weitere wichtige Frauenbergtour fand 1838 statt: jene von Marie Karner, die in Südtirol beinah auf den 3905 Meter hohen Ortler stieg. Anders als Henriette d‘Angeville und Anne Lister war Marie Karner eine einfache Magd aus Prad am Stilfser Joch. Wie die Publizistin Ingrid Runggaldier recherchierte, hatte die damals Sechzehnjährige den Gipfel zwar knapp verfehlt; in vielen Quellen gilt sie dennoch bis heute als «erste Frau auf dem Ortler».

Eine Entwicklung, die unter anderem zum Aufschwung des Bergsteigens in den Alpen führte, war der aufkommende Alpentourismus in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Besonders wohlhabende Briten aus der sogenannten leisure class – jener Schicht, die sich Freizeit leisten konnte – entdeckten die Westalpen als Reiseziel. In der Folge entwickelten sich einfache Bergdörfer wie Chamonix, Grindelwald oder Zermatt zu wichtigen Tourismusorten, in denen mit der Zeit Gasthäuser und Hotels entstanden.

Ein Buch, das einen schönen Einblick in diese Epoche der Alpenreisen gibt, ist das 1859 publizierte Buch «A Lady‘s Tour Round Monte Rosa» der Engländerin Eliza Robinson Cole. Unter dem Namen Mrs. H. W. Cole – britische Frauen traten öffentlich oft unter dem Namen ihrer Ehemänner auf – fand sie in ihrer Heimat eine breite Leserschaft und inspirierte manche Leser und Leserinnen zu einer Reise in die Berge. Wenn auch nicht eine Alpinistin im engeren Sinne, beschrieb sie in amüsanter und kurzweiliger Weise, wie sie etwa auf das Walliser Eggishorn stieg und alpine Pässe wie die Gemmi, den Griespass oder den Monte-Moro-Pass traversierte.

DAS GOLDENE ZEITALTER DES ALPINISMUS

Vorangetrieben vom Tourismus und mehrheitlich englischen Alpinisten, begann in der Zeit von Mrs. Cole der Aufschwung des Alpinismus: das sogenannte Goldene Zeitalter. Hohe und technisch anspruchsvolle Alpengipfel wie der Eiger wurden in dieser Zeit einer um den anderen erstbestiegen, wobei das wissenschaftliche Interesse langsam von Pioniergeist und Abenteuerlust abgelöst wurde. Im Jahr 1865 erreichte die Goldene Ära ihren Kulminationspunkt und gleichzeitig ihr Ende: mit der Erstbesteigung des Matterhorns durch Edward Whymper.

In diesen Jahren wurden die ersten Alpenclubs gegründet, so etwa der Alpine Club in London im Jahr 1857, der Oesterreichische Alpenverein OEAV 1862 sowie der Club Alpino Italiano und der Schweizer Alpen-Club SAC im Jahr 1863. Im Alpine Club waren Frauen von Beginn an ausgeschlossen. In der Schweiz debattierten die Männer über dreißig Jahre lang darüber, ob Frauen zugelassen sein sollten oder nicht. Erst 1907 wurden sie ausdrücklich ausgeschlossen.

AUCH BEI DEN FRAUEN: DER TANZ UMS MATTERHORN

In dieser Goldenen Zeit betraten ambitionierte Bergsteigerinnen die Bühne des Alpinismus, die bekanntesten von ihnen die Britin Lucy Walker (1836–1916) und die US-Amerikanerin mit britischer Wahlheimat Meta Brevoort (1825–1876; siehe Seite 11f.). Sie waren nicht minder interessiert daran als die Männer, als Erste auf einem namhaften Gipfel zu stehen. Für manche Erstbesteigung waren sie indes ein paar Jahre zu spät dran: Bei vielen Gipfeln waren ihnen die männlichen Kollegen zuvorgekommen. Während der Goldenen Ära konzentrierten sich die Damen deshalb in erster Linie darauf, die großen Gipfel der Alpen als erste Frau zu besteigen.

Wie bei den Herren auch, galt das Matterhorn dabei als schönste aller Trophäen. In der zweiten Hälfte der 1860er-Jahre waren denn auch verschiedene Frauen am bekannten Berg unterwegs, unter anderem Meta Brevoort, Isabella Straton (1838–1918) und deren Freundin Emmeline Lewis Lloyd (1827–1913). Am 22. Juli 1871 war es so weit: Ein Telegramm aus Zermatt erreichte die Zeitungsredaktionen. Lucy Walker hatte es geschafft. In weißem Flanellkleid war sie wahrscheinlich gleichentags, allenfalls einen Tag zuvor – die Quellenlage ist uneinheitlich – als erste Frau auf dem Gipfel gestanden. Meta Brevoort reiste einen Tag später in Zermatt an und hörte die «shocking news». Am selben Abend trafen Lucy und Meta sich zum ersten und einzigen Mal in ihrem Leben. Noblesse oblige: «There were congratulations», heißt es in den Quellen dazu.

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Lucy Walker und ihr Führer Melchior Anderegg in Zermatt, als ihre alpinistischen Karrieren längst beendet waren.

(aus: Cicely Williams: Women on the Rope. The Femsdinine Share in Mountain Adventure. George Allen & Unwin, London 1973)

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Im Jahr 1870, ein Jahr vor Lucy Walkers Erfolg am Matterhorn, lässt sich die Familie Walker ablichten: Lucy mit Alpenstock steht in der hinteren Reihe, rechts von ihr Führer Melchior Anderegg, ganz links Führer Jakob Anderegg. Sitzend vor ihr posieren ihr Bruder Horace Walker sowie ihre Eltern Frank und Jane Walker.

(aus: The Alpine Journal, Vol. 31, 1917)

Während die Blicke vieler auf das Matterhorn gerichtet waren, fanden nicht weit davon stillere Pioniertaten von Frauen statt. Etwa jene der Schwestern Ellen Pigeon (1836–1902) und Anna Pigeon (1832–1917), die zwischen 1869 und 1876 insgesamt 63 große Bergtouren unternahmen. In die Geschichtsbücher eingegangen sind die beiden vor allem durch ihre Überschreitung des Seserjochs im August 1869, einer 4296 Meter hoch gelegenen Scharte im Monte-Rosa-Massiv, die sie als Erste von Zermatt her kommend Richtung Alagna überwanden. Dabei waren sie durch ein Versehen ihres Führers überhaupt erst in dieses hochalpine Abenteuer geraten – dieser hatte das Seserjoch mit dem Lisjoch verwechselt. Nachdem der Führer im Abstieg weiter versagte, übernahm Ellen die Führung. Eine Rolle, die sie vielleicht gewohnt war, sollen sie und ihre Schwester doch – sehr ungewöhnlich für diese Zeit – teils führerlos im Gebirge unterwegs gewesen sein und anstatt langer Alpenstöcke als erste Damen moderne Eispickel verwendet haben. Nach ihrer fast 18-stündigen Tour de Force am Seserjoch zweifelten viele männliche Kollegen an ihrer Leistung und mutmaßten, sie hätten sich im Joch getäuscht. Erst nachdem Giuseppe Farinetti, Pfarrer und Bergsteiger aus dem nahen Alagna, in mehreren Schreiben bezeugt hatte, dass es sich um keine andere Route handeln konnte, erhielten die Pigeon-Sisters die gebührende Anerkennung für die Tour.

DEM GESELLSCHAFTLICHEN ANSEHEN ZULIEBE: SCHWEIGEN STATT SCHREIBEN

Was das Verfassen eigener Tourenberichte anging, so traten die Frauen selten ans Licht: Einerseits fürchteten sie um ihren Ruf als Damen, andererseits verweigerten Zeitschriften wie jene des Alpine Club teils Publikationen von Frauen. Oft publizierten sie gar nicht oder unter falschem, männlichem Namen, was dazu führte, dass viele ihrer Leistungen vergessen gingen oder zumindest schwieriger zu rekonstruieren sind als bei ihren Kollegen.

Offener publizierten jene Frauen, die sich beim Schreiben stärker auf das Reisen konzentrierten und deren alpinistische Erfolge nicht im Vordergrund standen: etwa die Britin Emma Catherine Forman (geb. 1832), die als erste Frau im August 1857 auf die Dufourspitze stieg und den Band «Journals of Trips in Switzerland and Letters from John Ruskin, 1853–1857» mit veröffentlichte. Oder aber Jane Crawford Freshfield (1814–1901), die Mutter des späteren Präsidenten des Alpine Club, Douglas Freshfield, die den Band «A Summer Tour in the Grisons and the Italian Valleys of the Bernina» publizierte.

Nebst den vielen Britinnen waren während des Goldenen Zeitalters auch einheimische Frauen an den höchsten Gipfeln der Alpen unterwegs. Über Maria Cathrein aus Brig etwa, die hoch über Zermatt das Hotel Riffelhaus führte, liest man in der Chronik von Zermatt, dass sie «die schwierigsten Hochgebirgstouren» unternommen und gemeinsam mit Lucy Walker 1862 auf der Dufourspitze gestanden hatte. Leistungen, die ihr die Ehre einbrachten, als eine der ersten Frauen in der SAC-Sektion Monte Rosa Mitglied zu werden, in jener Zeit, als Frauen im SAC noch nicht explizit ausgeschlossen waren.

In den Berner Alpen war zur selben Zeit Elise Brunner (1831–1890) aus Bern unterwegs. Sie stand 1865 auf dem Finsteraarhorn, 1866 auf dem Wetterhorn, 1867 auf der Dufourspitze und 1869 auf dem Schreckhorn, einem der anspruchsvollsten Viertausender überhaupt. Bemerkenswert ist dabei, dass Elise Brunner im SAC-Jahrbuch 1869 unter dem Titel «Schreckhorn-Reminiscenzen» einen ausführlichen Tourenbericht veröffentlichte, allerdings nur gekennzeichnet mit ihren Initialen. Der Herausgeber vermerkte dazu: «Die Verfasserin, deren Namen voll zu bezeichnen uns nicht gestattet wurde, ist auf Grund ihrer zahlreichen und heroischen Bergfahrten s. Z. von der Sektion Bern des S.A.C. zum Ehrenmitgliede ernannt worden.»

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Lange unbekannt, gehörte die Bernerin Elise Brunner zu den stärksten Alpinistinnen ihrer Zeit.

(aus: Die Alpen, 1942)

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Alpinistinnen der Goldenen Ära – anders als oft dargestellt – zwar häufig, aber längst nicht immer wohlhabende Britinnen waren. Und entgegen gängiger Thesen waren sie nicht nur im Familienverbund mit Vätern, Ehemännern oder Brüdern unterwegs. Herausragende Alpinistinnen wie die Pigeon-Schwestern, Isabella Straton oder Meta Brevoort suchten sich auf eigene Initiative hin Führer, um Touren zu unternehmen. Was die Damen indes verbindet, ist die Tatsache, dass die meisten von ihnen zur Zeit ihrer großen Bergfahrten ledig waren und es in manchen Fällen bis an ihr Lebensende blieben. fin

FRISCH, frech UND frei

Elizabeth Burnaby-Main-Le Blond fotografierte, schrieb und stieg auf Berge – und befreite sich von der Fessel viktorianischer Konvention

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Für das Bergsteigen gab Elizabeth Burnaby-Main-Le Blond gern ihren vornehmen Teint auf: Hier mit Führer Christian Schnitzler aus Pontresina bei der Winter-Erstbesteigung des Piz Morteratsch am 13. Januar 1898.

(aus: Felicitas von Reznicek: Von der Krinoline zum sechsten Grad. Verlag das Bergland-Buch, Salzburg/Stuttgart 1967)

An einem Sommerabend sitzt Elizabeth Burnaby mit ihrem Lieblingsführer Josef Imboden im Felsbiwak auf der Westseite des Dom. Tags darauf, es ist ein Julitag im Jahr 1884, wollen sie auf den 4545 Meter hohen Walliser Gipfel steigen. Von ihrem Lager aus betrachten sie die umliegenden Viertausender im Abendlicht, als Josef Imboden die junge Engländerin auf einen besonderen Berg aufmerksam macht. «Sehen Sie, Madame, den schönen Gipfel rechts des Weißhorns?», sagt er und deutet auf eine weiße Kuppe auf der anderen Talseite. Dies sei das mehr als 4100 Meter hohe Bishorn. «Dieser Gipfel ist gut hundert Meter höher als der Piz Bernina, und dennoch war noch nie jemand oben.» Elizabeth stutzt. Ein unbestiegener Viertausender? Das ist ganz nach ihrem Geschmack.

Dass dieses Bishorn im Schatten der wuchtigsten Pyramide der Walliser Alpen, des 4506 Meter hohen Weißhorns, steht, ist ihr egal. Sie will auf Gipfel steigen und am besten als Erste. Dies, obwohl sie erst drei Jahre zuvor die Berge entdeckt hat. Damals ist sie zur Kur nach Chamonix gefahren und hat als Touristin eine Wanderung zum Gletscherrand unternommen. Dort angekommen, baten sie und eine Freundin ihre Führer, sie weiterzuführen. Durch Gletscher, ins Hochgebirge, bis zur Grands-Mulets-Hütte. Die Führer sind einverstanden, und so binden sich die zwei Frauen erstmals an ein Seil, kraxeln über Felsblöcke, steigen an Eisabbrüchen vorbei und erreichen schließlich die Hütte am Montblanc, dem höchsten Berg der Alpen. Elizabeths Stiefelchen sind feuchte Klumpen und ihre Strümpfe nass wie Schwämme. Doch die Führer leihen den Kundinnen trockene Filzpantoffeln aus, und bald klettern die Freundinnen weiter auf einen Felszahn, von wo aus sie den Sonnenuntergang betrachten.

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Elizabeth Burnaby-Main-Le Blond während einer ihrer Bergfahrten in Norwegen.

(aus: Josef Imboden, Mountaineering in the Land of the Midnight Sun, T. F. Unwin, London 1908)

Allzu gern würde Elizabeth tags darauf zum Gipfel des Montblanc steigen, doch die Führer meinen, dazu brauche man richtiges Schuhwerk. Als sie am nächsten Morgen ihre Stiefelchen sieht, versteht sie den Einwand: Sie sind völlig zerschrumpelt und würden den Gipfelaufstieg kaum intakt überstehen. Zudem vermisst Elizabeth eine Bedienstete: Es ist das erste Mal in ihrem Leben, dass sie ihre Schuhe selbst anzieht, und sie ist nicht ganz sicher, welcher Schuh an welchen Fuß gehört.

Doch alle Mühe schreckt die noble Britin nicht ab. Im Gegenteil: Ein Jahr später besucht sie erneut Chamonix, steigt zweimal auf den Montblanc, einmal auf die Grandes Jorasses und unternimmt wenige Monate später die erste Winterbesteigung der 3842 Meter hohen Aiguille du Midi. Ihre Familie in England ist darüber entsetzt. «Haltet sie vom Bergsteigen ab. Sie stößt ganz London vor den Kopf und sieht schon aus wie eine Indianerin!», lässt eine Großtante verlauten. Elizabeth kümmert sich nicht darum. Sie, die sonst in hochgeschlossenem Kleid mit Spitzenkräglein in englischen Salons diniert, schreibt stattdessen ein Buch über ihre Abenteuer: «The High Alps in Winter; or, Mountaineering in Search of Health».

Ein Faible fürs Abenteuer muss die zierliche Frau aus bürgerlichem Adel indes schon immer gehabt haben. So mochte sie es als Kind, wenn die Mutter Texte von Edward Whymper über die Erstbesteigung des Matterhorns vorlas. Und mit siebzehn Jahren verliebt sie sich in den zwanzig Jahre älteren Fred Burnaby, einen Colonel, der gern durch ferne Länder reist und als Reisejournalist tätig ist. Wenig später heiratet sie ihn, zieht mit ihm nach Algier und wird wenig später Mutter. Der gemeinsame Sohn kommt jedoch bald in die Obhut von Elizabeths Mutter in Großbritannien, was die junge Mrs. Burnaby nicht zu stören scheint. Sie findet ihre Erfüllung beim Bergsteigen, was wiederum ihren Mann nicht kümmert, der fern seiner Gattin in Afrika für die Queen in den Krieg zieht. Lizzie, so nennt Elizabeth sich selbst, bleibt in den Alpen und genießt die Freiheit, die sie im Bergsport findet. Einzig schade findet sie, dass die großen Berge allesamt bereits bestiegen und nicht mehr für Pioniertaten zu haben sind. Aus diesem Grund dürfte ihr das Winterbergsteigen besonders behagt haben: In dieser neuen Sparte des Bergsports gab es noch Neuland zu entdecken.

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Nicht nur als Alpinistin, auch als Fotografin machte sich Elizabeth Burnaby-Main-Le Blond einen Namen: eine ihrer unzähligen Aufnahmen aus dem Hochgebirge.

(Elizabeth Burnaby-Main-Le Blond)

Im März 1883, wenige Monate nach ihren ersten alpinistischen Taten, plant sie nichts Geringeres als die Winter-Erstbesteigung des zweithöchsten Massivs der Alpen, des mehr als 4600 Meter hohen Monte Rosa. Als sie in Zermatt erfährt, dass Vittorio Sella – erfolgreicher italienischer Bergsteiger und gleichzeitig einer der bedeutendsten Bergfotografen der Geschichte – zur selben Zeit dieselbe Absicht hegt, ist sie alles andere als erfreut. Sie schlägt vor, die beiden Teams zusammenzuschließen, und Vittorio Sella ist einverstanden. Zwei Tage später sind die beiden «Caravans» gemeinsam unterwegs am Monte Rosa.

Doch das Wetter ist der italienisch-britischen Seilschaft nicht wohlgesinnt. Bald quälen sie sich auf 4200 Meter durch einen Schneesturm und entscheiden, den Gipfelversuch abzubrechen. Ein weiser Entscheid, wobei die Tour für Elizabeth auch so beinah in einer gesellschaftlichen Katastrophe geendet hätte: Noch während sie diskutieren, ob ein Abstieg wirklich sinnvoll sei, schreit einer der Führer auf einmal: «Die Nase von Madame, die Nase von Madame!» Und nur Sekunden später stürzen sich die anderen Führer auf sie, um ihre Nase mit vereisten Handschuhen zu reiben. Elizabeth ist perplex, doch die Führer lassen nicht von ihr ab, bis ihr Hauptführer Eduard Cupelin zufrieden ist und bemerkt: Jetzt sei die Nase wieder schön. Als Elizabeth erstaunt fragt, was er damit meine, antwortet er, sie werde gerade «ziemlich schwarz». Die Alpinistin selbst merkt aufgrund der Kälte nichts von ihrer Erfrierung. Erst als sie wieder im Tal ist, schmerzt ihre Nasenspitze tagelang, «als ob sie über einem Feuer geröstet würde».

Anders als beim Monte Rosa, läuft bei der Besteigung des Bishorns – des schönen Gipfels rechts des Weißhorns – alles rund. Nach dem Abstieg vom Dom haben Josef Imboden und Elizabeth die Tour im Geheimen vorbereitet und Zermatt am 6. August 1884 verlassen. Es ist schönes Sommerwetter, als sie vormittags zusammen mit einem weiteren Führer Richtung Biwakplatz aufsteigen. Unterwegs rasten sie bei ein paar Holzhäusern, blicken auf den nahen Dom und das Täschhorn, auf das Bietschhorn und die Viertausender der Berner Alpen und lassen einige ihrer Feldflaschen mit Milch füllen. Doch danach bricht ein Sommergewitter über sie herein. Immer schneller hasten sie deshalb bergwärts, um endlich unter dem Schutz einiger Felsen, am Rand des Abberggletschers, ihr Biwak einzurichten.

Dennoch kriecht Elizabeth abends zufrieden in ihren Schlafsack. «Ich stellte fest, dass es aufgehört hatte zu regnen und der Himmel immer klarer wurde», wird sie in ihrem Bericht festhalten. Um 2.30 Uhr bereiten sie gemeinsam das Frühstück vor, um 3.45 Uhr bricht die Dreierseilschaft auf. Steigt über Gletscher und Felsen – sie erfordern laut Elizabeth «beachtliche Gymnastik» – und erreicht um 6.40 Uhr das Bruneggjoch, einen vergletscherten Übergang, von dem aus sie über den weiten Kessel des Brunegggletschers blicken, hinüber zum Bishorn, das in der Morgensonne weiß leuchtet. Sie frühstücken nochmals, Josef Imboden inspiziert die Route, Elizabeth macht mehrere Fotografien. Danach deponieren sie eine Flasche Wein und die schwere Kameraausrüstung im Joch und queren den Gletscherkessel Richtung Bishorn.

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Den Monte Disgrazia fotografierte Elizabeth Burnaby-Main-Le Blond vom Sissone aus – beide Gipfel bestieg sie im Winter als Erste.

(Elizabeth Burnaby-Main-Le Blond)

Es war nicht das einzige Mal, dass die Britin ihre Kamera mit ins Hochgebirge schleppte – oder schleppen ließ. Im Gegenteil. Sie gehörte zu den Ersten, die Bilder aus dem Hochgebirge mit ins Tal brachte. Darüber hinaus dokumentierte sie während ihren Aufenthalten im Engadin den aufkommenden Wintersport, fotografierte und filmte Eisläufer, Skifahrer und Rodler, porträtierte auf dem schwarzen Eis des Silsersees den Maler Giovanni Segantini und den Schriftsteller Sir Arthur Conan Doyle, verkaufte Bilder für wohltätige