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Umschlag- und Buchgestaltung sowie grafische Umsetzung:
Judith Eberharter, Eine Augenweide, www.eine-augenweide.com
Bildnachweis:
Alle Fotos Rupert Pessl, außer:
Arche Noah: 10, 12, 13r, 15, 17, 23, 24, 25r, 29u, 30, 32, 49, 54, 66l, 70l, 75, 77, 79r, 84, 92, 95, 96r, 97l, 98r, 103r, 111, 112, 116r, 119l, 121, 124o, 125, 126, 141,
146, 149, 152o, 155, 157, 158, 169o, 171, 179, 193l, 195, 196, 197, 203, 204, 208, 211, 215, 216l, 217, 236r, 239, 240r, 242r, 245l, 249u, 254r, 255, 260, 273,
287, 288r, 316, 333, 339r, 340, 341, 347, 348, 353l, 354, 359, 362l, 369o, 327, 370, 371, 373, 378, 379, 380m, 381o, 382r, 383, 386, 387, 388, 389l, 390r, 393,
395l, 395o, 400, 403, 409, 410l, 411r, 414, 415, 417, 421l, 423l, 432, 436, 445, 451o, 452l, 464r, 465, 473, 477, 479, 484, 485, 491, 492, 495, 497
Johannes Maurer: 11, 16, 18, 25l, 26, 27, 31, 60, 64, 65, 66r, 67, 68, 70r, 71, 72, 73, 74, 78, 80l, 83r, 87, 88, 89, 94, 109r, 110, 113l, 114, 115, 116l, 117, 119r, 120,
122, 127, 128, 129, 130l, 139, 145, 147r, 150, 152u, 156, 162, 163, 164l, 164ru, 167r, 168, 169u, 173r, 183, 194l, 198, 199, 209u, 212, 219o, 234, 236l, 237r,
238, 240l, 241, 242l, 243, 244, 248, 248o, 250, 251, 253, 288l, 313, 314r, 315u, 317, 353r, 360, 361, 362o,m, 364, 365, 366, 372, 380, 382l, 389r, 390l, 392, 394u,
394r, 395u, 396, 405, 437, 441o, 452r, 453, 456, 461, 462, 463, 466, 467, 469, 470, 478, 480, 481, 486, 487, 493l, 494, 496, 499
Andrea Heistinger: 164rm, 166, 167l, 226, 227, 231, 338, 352, 362u, 368, 369u, 377, 454, 455, 458, 459, 472, 474, 476, 482, 488, 490, 500, 502u, 506, 507,
508, 509, 511
Doris Steinböck: 289, 301, 334, 335, 336, 337, 349, 350, 351, 357, 358, 367, 376, 391, 402, 408, 412lo, 412lu, 416, 418, 419, 424, 426, 434, 446, 447, 460, 464l, 471
Johannes Hloch: 223, 331
Bernd Kajtna: 69, 237l, 406u, 448, 449
Hans-Thomas Bosch: 104, 113r
Walter Kaindl: 173l
BIO AUSTRIA/Michaela Theurl: 257
Bundesamt für Obstbau: 276
Naturpark Obst-Hügel-Land: 261
Richard Dietrich: 265, 266
Obst- und Gartenbauverein Bramberg/Toni Lassacher: 267
Fructus: 276
Sissi Markovec: 201
Stockfotos: 468, 503, 504, 505
Umschlagabbildungen:
vorne: Rupert Pessl
hinten: Freisteller und Marillen: Doris Steinböck; Aronia: Andrea Heistinger; Birnen: Rupert Pessl
Illustrationen:
Katharina Heistinger, außer:
Stefan Emmelmann: 79l, 89l, 91o, 410, 421, 429l, 456, 457
Sylvia Steinhauer: 96l, 97r, 98l, 107o, 108l, 109l
Rudolf Stoll: 278, 279, 280, 281, 282, 283, 284, 285, 286
ISBN 978-3-7066-2841-9
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Vorwort von Beate Koller
Einen Obstgarten planen und anlegen
Kriterien für die Auswahl der Obstarten und -sorten sowie Anzahl der Bäume und Sträucher und Baumformen
Welchen Standort habe ich und welche Obstarten gedeihen an meinem Standort?
Welche Obstarten möchte ich nutzen?
Wie sind meine Lagermöglichkeiten für Obst?
Bei einem gemieteten Garten/Selbsterntefeld:
Wie viele Jahre kann ich den Garten nutzen?
Welche Anbaumöglichkeiten habe ich in meinem Garten und welche muss ich neu errichten?
Mit welchen Baumformen kann ich meinen verfügbaren Platz ausnutzen?
Wie viele Bäume bzw. Sträucher brauche ich, um meinen Bedarf zu decken?
Grundsätze für den Selbstversorgergarten
Einen Obstbaum einkaufen
Einen Obstbaum richtig pflanzen
Nachpflege
Fruchtfolge bei Obstgehölzen
Pflege und Düngung von Obstgehölzen
Düngung
Bewässerung von Obstpflanzen
Stammanstriche als Schutz vor Hitze und Frost
Leimringe schützen vor Blattläusen
Pflege der Fläche unter Obstbäumen
Tiere im Obstgarten
Obstbäume richtig schneiden
Das Geheimnis des Obstbaumschnitts
Notwendiges und sinnvolles Werkzeug
Warum Obstbäume geschnitten werden müssen
Was Sie über das Wachstum eines Baumes wissen müssen
Wann wird was geschnitten?
Die richtige Schnittführung
Wuchsgesetze
Die Vision für den Schnitt des Baumes
Aufbau einer Öschbergkrone
Schnittphasen während des Lebens eines Baumes
Pflanzschnitt
Erziehungsschnitt
Erhaltungsschnitt
Verjüngungsschnitt
Schnitt ungepflegter Kronen
Schnitteigenheiten der einzelnen Obstarten
Besondere Baumformen
Literatur
Pflanzengesundheit im Obstgarten
Pflanzenschutzmaßnahmen
Wichtige Krankheiten und Schädlinge im Porträt
Abiotische Schäden
Physiologische Erkrankungen
Krankheiten
Schädlinge
Literatur und Links
Obstgehölze vermehren
Befruchtungsbiologie von Obstgehölzen
Generative Vermehrung – Anbau von Samen
Vegetative Vermehrung – Vermehrung über Pflanzenteile
Vermehrung „auf fremde Wurzel“ – Das Veredeln
Voraussetzungen für das Gelingen von Veredelungen
Veredelungsarten
Stammerziehung veredelter Bäume
Umveredeln größerer Bäume
Vermehrung „auf eigene Wurzel“
Obst lagern
Lagerfähigkeit der einzelnen Obstarten
Kernobst – Lagerverhalten und Lagertechnik
Kiwis lagern
Walnüsse lagern
Nützliche Websites
Literatur
Obst konservieren
Einkochen/Einwecken
Trocknen und Dörren
Marmelade
Chutney
Dampfentsaften
Schnaps
Literatur
Streuobstbau
Was ist Streuobst?
Multifunktioneller Wert von Streuobstflächen
Anlage einer Streuobstwiese
Erntemethoden
Fördermöglichkeiten
Von der Selbstversorgung zur Produktion – Arbeitsaufwand und Kalkulation
Literatur
Pomologie – Geschichte und Grundlagen der Obstsortenkunde
Die Anfänge der Obstsortenkunde
Verfügbare Sortenbeschreibungen und Pomologien
Sprechen Sie Pomologisch?
Die Klassifizierung von Obstsorten – Historische Systeme
Die Klassifizierung von Obstsorten nach der Reifezeit
Die Klassifizierung nach dem primären Verwendungszweck
Sortenbestimmung für Einsteigerinnen und Einsteiger
Literatur und Quellen
Artenporträts Kernobst
Apfel
Birne
Quitte
Steinobst
Marille/Aprikose
Pfirsich und Nektarine
Zwetschke, Pflaume, Mirabelle, Ringlotte/Reneklode, Kriecherl und andere Verwandte
Kirsche und Weichsel/Sauerkirsche
Beerenobst
Der Beerenobstgarten
Erdbeere
Brombeere
Himbeere
Japanische Weinbeere
Ribisel/Johannisbeere, Jostabeere und Stachelbeere
Kamtschatka-Heckenkirsche, Maibeere®
Kultur-Heidelbeere
Wein
Kiwi/Chinesische Stachelbeere und Kiwai/Mini-Kiwi/Japanische Honigbeere
Maulbeere
Schisandra
Sanddorn
Seltenes Obst und Wildobst
Kornelkirsche/Dirndl
Mispel/Asperl
Eberesche, Vogelbeere
Apfelbeere/Aronia
Nüsse und Feigen
Walnuss
Maroni/Edelkastanie/Esskastanie
Haselnuss
Mandel
Feige
Serviceteil
Arbeitskalender
Über die Herausgeber
Quellen und Literatur
Bezugsquellen
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Symbole: |
Hauptschnitt |
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Schnitt bei Bedarf |
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Wichtige Pflegearbeit, die Sie nicht verpassen sollten: Jäten, Mulchen, Binden, Abdecken |
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Gießen |
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Haupternte |
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Nebenernte |
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Hauptgenusszeit, Früchte im Überfluss |
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Genusszeit |
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Früchte nur bei guter Lagerung oder bei früh- und spätreifenden Sorten |
Obstfrüchte machen einen besonders köstlichen und für die Erhaltung unserer Gesundheit bedeutenden Teil unserer Ernährung aus. Eine wahrhaft paradiesische Fülle an Obstarten und -sorten steht uns zur Verfügung. Diese Vielfalt ist aber seit über 100 Jahren von einem dramatischen Rückgang betroffen. Ein besonders augenscheinliches Beispiel ist der Apfel – denken Sie an die kleine Auswahl an (Plantagen-)Sorten, im Vergleich zu den geschätzt 800 bis 2000 Sorten, die noch auf den Streuobstwiesen, in Gärten und Hecken in Österreich überleben. Aber wie lange noch? Jahr für Jahr sterben wieder alte Bäume ab oder werden umgeschnitten – mit ihnen verschwinden Lokalsorten, oft ohne noch entdeckt und beschrieben worden zu sein, und auch ihr genetischer Reichtum verschwindet, der in Zukunft immer wichtiger wird, da ein Großteil der modernen Apfelzüchtungen auf eine Handvoll Apfelsorten zurückgeht.
Menschen für diese gefährdete Vielfalt zu begeistern, ist seit über 25 Jahren die Mission der Arche Noah. Die Arche Noah-Handbücher, die Dank der wunderbaren Zusammenarbeit mit der Gartenbuchautorin Andrea Heistinger und dem Löwenzahn Verlag seit 2004 erschienen sind, haben hoffentlich einen nützlichen Beitrag dazu geleistet, Gärtnerinnen und Gärtner zu Anbau, Pflege, Nutzung und Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt zu inspirieren und sie dabei auch zu unterstützen.
Das Erscheinen des „Handbuch Bio-Obst“ markiert für uns einen weiteren Meilenstein. Ich freue mich sehr, dass es nach jahrelangen Vorarbeiten nun so weit ist, dass Sie das Buch in Händen halten können. Unser Anspruch war es, mit diesem Handbuch einen umfassenden und fundierten Ratgeber für den vielfältigen, ökologischen Obstbau anzubieten, und wir hoffen und denken, dass dies auch gelungen ist. Ihre Rückmeldungen, Anregungen und Kritik sind herzlich willkommen, und ich wünsche Ihnen ganz viel Freude bei der Arbeit mit alten Obstsorten – und beim Entdecken und Genießen der unzähligen Aromen.
Großer Dank gilt meinen Kollegen Bernd Kajtna und Johannes Maurer, die ihr in vielen Jahren aufgebautes Wissen in diesem Buch für Sie gebündelt haben – eine Herausforderung neben den zahlreichen Projekten, der pomologischen Arbeit der Forschung, Sammlungserhaltung, Sortenbestimmung und Beratung. Dank auch an unseren ehemaligen Kollegen Roland Gaber für die Vorarbeiten für dieses Buch. Dank an die engagierte und professionelle Betreuung des Buches durch das Team im Löwenzahn Verlag und an die Grafikerin Judith Eberharter fürs gekonnte Umsetzen der umfangreichen Inhalte. Dank an Rupert Pessl für seinen fotografischen und an Katharina Heistinger für ihren zeichnerischen Einsatz sowie an alle, die uns Bildmaterial oder Zeichnungen überlassen haben.
Die Erfahrungen vieler Menschen aus dem Arche Noah-Netzwerk sind in das Buch eingeflossen. Wir danken euch allen für diese überaus großzügige Weitergabe vieler wertvoller Tipps und Anregungen. Mögen die Pflanzen-Vielfalt und das Wissen frei bleiben, sich vermehren und entfalten, zum Wohl von Mensch und Natur. Dafür wollen wir uns auch weiterhin einsetzen,
mit besten Grüßen
Beate Koller
Arche Noah-Geschäftsführerin
Ein reich fruchtender Obstgarten ist sowohl faktisch wie symbolisch ein paradiesischer Zustand. Ein Ort des Überflusses und der süßen Früchte, der Verlockung und des Genusses. Die Perser nannten ihn Pardes, die Römer Paradisus und im Christentum wurde daraus das Paradies. Doch während in diesen Bildern der paradiesischen Zuschreibung die Arbeit ausgeblendet scheint, beschäftigt sich dieses Kapitel mit den handfesten Schritten, wie ein Obstgarten entstehen kann: Wie plant man einen Obstgarten? Was ist wichtig für die Anlage? Nach welchen Kriterien wählt man passende Arten und Sorten aus? Das folgende Kapitel soll Ihnen helfen, einen für Sie passenden Obstgarten zu planen und anzulegen. Alle Überlegungen sollten vom eigenen Standort, der eigenen verfügbaren Zeit für Anlage und Pflege und den eigenen Vorlieben ausgehen. Die Details zu den Standortbedingungen der einzelnen Obstarten finden Sie bei den → Artenporträts.
Über Jahrhunderte waren die Obstgärten dem Adel und Klerus vorbehalten, doch längst stehen sie jedem offen, der ein Stück Erde bewirtschaften kann. Jede und jeder kann sich dort sein eigenes kleines Paradies schaffen. Ein wenig Wissen und Planung braucht es jedoch, um erfolgreich die unterschiedlichen Obstarten zu kultivieren. Wer regelmäßig aus seinem Garten Obst ernten möchte oder diesen sogar zur Selbstversorgung nutzen will, ist gut beraten, möglichst viele und möglichst unterschiedliche Obstarten zu pflanzen. In kleinen Gärten kann das durchaus eine Herausforderung sein. Wen einmal die Obstlust gepackt hat, der stößt dann rasch an die Grenzen des Gartens, denn die Vielfalt an Obst- und Wildobstarten ist beinahe unüberblickbar groß. Ganz zu schweigen von der Sortenvielfalt, die einige Kulturarten zu bieten haben. Für (fast) jeden Standort und für (fast) alle Wünsche gibt es daher Sorten und Arten, die gut passen. Zudem ist es möglich, viele Baumobstarten als kleine Bäume zu kultivieren, so dass die Möglichkeiten auch in kleinen Gärten enorm sind.
Bevor die Planung des Obstgartens beginnen kann, sind mehrere Fragen zu klären:
• Welchen Standort habe ich und welche Obstarten gedeihen an meinem Standort? → rechts
• Welche Obstarten möchte ich nutzen? → Seite 23
• Wie sind meine Lagermöglichkeiten für Obst? → Seite 23
• Bei einem gemietetem Garten/Selbsterntefeld: Wie viele Jahre kann ich den Garten nutzen? → Seite 24
• Welche Anbaumöglichkeiten habe ich in meinem Garten und welche muss ich neu errichten? → Seite 24
• Mit welchen Baumformen kann ich meinen verfügbaren Platz ausnutzen? → Seite 25
• Wie viele Bäume bzw. Sträucher brauche ich, um meinen Bedarf zu decken? → Seite 29
Alle Obstarten stellen spezielle Ansprüche an die Temperatur, das Licht sowie die Wasser- und Nährstoffverfügbarkeit, um optimal zu gedeihen. Alle natürlichen Gegebenheiten, die Temperatur, Licht, Wasser- und Nährstoffverfügbarkeit beeinflussen, werden „Standortfaktoren“ genannt (→ Tabelle, Seite 12). Vor der Planung eines Obstgartens sollten Sie sich daher vergegenwärtigen, wie Ihr Standort beschaffen ist. Kaum ein Grundstück ist vollkommen einheitlich. Speziell auf Hanggrundstücken gibt es meist Bereiche, die trockener sind, und andere, die feuchter sind. Genauso kann es Stellen am Grundstück geben, die zugig und damit kälter sind, und Stellen, die windgeschützt sind. Egal, wie groß oder klein der Garten ist: Eine Skizze des Grundstückes, in der die unterschiedlichen Standortbedingungen eingezeichnet sind, hilft, die verschiedenen Obstarten an die richtigen Stellen zu pflanzen. Je länger Sie Ihren Garten beobachten und kennen, desto besser und differenzierter werden Sie Bescheid wissen. Noch genauer als eine Skizze ist ein dreidimensionales Modell: Ein kleines Modell aus Halmen und Zweigen hilft bei der Planung, um sich die Verhältnisse der einzelnen Obstpflanzen besser vorstellen zu können. Im Modell werden dann die Bäume, Sträucher oder Rankpflanzen in ihrer endgültigen Größe dargestellt. Bevor das „Wunschmodell“ angefertigt wird, sind einige grundlegende Überlegungen wichtig. So brauchen Kiwi-Pflanzen immer eine Befruchter-Pflanze. Das bedeutet, dass man auch mindestens für drei Kiwi-Pflanzen Platz haben muss. Oder: Wenn ich gerne einen Pfirsich setzen möchte, aber es in meiner Region viel regnet, muss ich mich eher für einen Zwetschkenbaum entscheiden.
Standortfaktoren, die Temperatur und Licht beeinflussen |
Seehöhe |
Neigung des Hangs |
Ausrichtung des Hangs nach S/W/O/N (Exposition) |
Staulage und Schattenlage |
Standortfaktoren, die Wasser- und Nährstoffverfügbarkeit beeinflussen Niederschlagssumme |
Niederschlagsverteilung |
Wasserspeicherkapazität, Regenverdaulichkeit |
Grundwasserstand |
Bodenart |
Humusgehalt |
Gründigkeit |
Nährstoffgehalt |
pH-Wert („Kalkgehalt“) |
Sonstige Standortfaktoren, die das Wachstum und die Ertragssicherheit beeinflussen |
Hagelwahrscheinlichkeit |
Wind und Windstärke |
Spätfrostanfälligkeit |
Temperaturminimum im Winter |
Bodenverdichtungen |
Viele Obstgehölze und Beerensträucher haben eine große Anbaubreite, sie können von sehr warmen Lagen bis auf über 1.000 Meter Seehöhe kultiviert werden. Die Anpassung an unterschiedliche Klimagebiete erfolgt vor allem über die Sortenvielfalt. Jede Obstart und jede Obstsorte benötigt eine gewisse Anzahl an Tagen mit Temperaturen über 5 °C, um auszureifen. Beim Apfel etwa gibt es Sorten, die in rauen Lagen gut gedeihen und deren Früchte sogar besser als in warmen Lagen schmecken. Es gibt aber auch Apfelsorten, die nur im Weinbauklima ausreifen (über 250 Tage mit Temperaturen über 5 °C). Ein anderes Beispiel: Für Mispeln reicht in Mitteleuropa in vielen Lagen die Wärmesumme nicht vollkommen aus. Sie reifen aber am Lager nach und werden so im November reif.
Aus der Sicht der Pflanze ist es weniger entscheidend, wie hoch die Temperaturen an den heißesten Tagen klettern, sondern wie groß die Wärmesumme über das Jahr ist. Generell brauchen Obstarten und -sorten, die spät im Jahr reifen, eine höhere Wärmesumme, frühreifende Sorten kommen mit weniger Wärme aus. Eine Ausnahme bilden besonders wärmebedürftige Arten wie z. B. Marille oder Pfirsich.
Umgekehrt wird in warmen Lagen die Hitze für manche Obstarten zum Problem werden. In heißen Lagen „zerkochen“ Sommeräpfel beinahe am Baum und werden rasch mehlig. Ribiseln und Stachelbeeren gedeihen in solchen Lagen besser im Halbschatten anderer Gehölze. In sommertrockenen Regionen lässt der Holunder – der ein Flachwurzler ist – bei monatelangem völligem Ausbleiben von Regen alle Blätter fallen und bildet dann auch keine Beeren mehr aus.
Das Klima – und damit die Wärmeverhältnisse – ist allerdings kleinräumig sehr variabel. An einem Spalier vor einer südseitigen, ungedämmten Steinmauer gedeihen selbst in ungünstigen Lagen noch feinste Winterbirnen, die im Freistand nicht ausreifen würden. Ein Innenhof in rauen Lagen ist meist ausreichend geschützt, um die empfindlichen Blüten eines Marillenbaums gegen Spätfröste zu schützen. In kühlen und kalten Gegenden muss daher viel Augenmerk darauf gelegt werden, wo die geschütztesten Plätze am Grundstück sind. Hier können meist auch noch empfindlichere Arten und Sorten genutzt werden.
Wintertemperaturen von -20 °C und darunter werden von den meisten Obstarten problemlos vertragen. Empfindlich gegen Winterkälte sind Marille, Mandel, Pfirsich, Feige, Quitte, Maroni und Weinreben. In besonders kalten Wintern außerhalb des Weinbaugebiets erfrieren diese Pflanzen ohne Winterschutz regelmäßig. Bei Kirschen verursachen Winterfröste unter -20 °C Schäden am Stamm und an den Trieben. Daher sind dem Anbau von Kirschen in Höhenlagen Grenzen gesetzt. Hingegen sind Weichseln etwas frosthärter.
Für viele Obstarten problematisch sind hingegen starke Temperaturschwankungen im Spätwinter, wenn etwa tagsüber die Sonne die Stämme aufheizt und es nachts wieder zu starkem Frost kommt. Dadurch entstehen Spannungen im Holz, die zum Aufreißen der Rinde führen. Diese Risse sind Eintrittspforten für Schaderreger, die Gummifluss, Wucherungen und das Absterben der Bäume nach sich ziehen können.
Mit einem Kalkanstrich oder dem Abdecken des Stammes (→ Seite 65) im Herbst kann der Stamm vor diesen Frostrissen geschützt werden. Die helle Farbe reflektiert die Sonne und verhindert so eine zu starke Erwärmung.
Die Ausrichtung des Hanges beeinflusst die verfügbare Wärmesumme und den Zeitpunkt des Austriebes im Frühling. Besonders warme und frühe Lagen sind Südhänge (sie sind Richtung Süden ausgerichtet). Gleichzeitig sind sie oft auch trocken, da einerseits das Wasser am Hang abfließt und andererseits die Sonneneinstrahlung sehr stark ist. Auf Südhängen werden daher oft Kirschbäume gepflanzt, denen diese besonderen Bedingungen sehr entsprechen. Leichte Nordhänge sind günstig für spätfrostgefährdete, aber wärmebedürftige Arten wie Marille oder Pfirsich. Im Winter ist hier die Sonneneinstrahlung durch die tief stehende Sonne gering, was zu einer verzögerten Blüte führt. Im Sommer, wenn die Sonne hoch steht, erhalten die Bäume aber ausreichend Wärme.
Bei steilen Hängen ist zu beachten, dass das Regenwasser sehr rasch abfließt. Durch Längsgräben quer zum Hang oder durch Terrassen kann der Wasserabfluss verlangsamt werden, mehr Wasser versickert und ist damit für die Pflanzen verfügbar.
Spätfröste schädigen meist nicht die Bäume, zerstören aber die Blüte. Vor allem bei Marillenbäumen bringt das regelmäßig Ertragsausfälle. Wo die wärmsten Stellen am Grundstück sind, lässt sich bei Spätfrösten ganz gut beobachten. Dort, wo kein Reif am Morgen zu sehen ist, ist der beste Platz für die Frühblüher.
Spätfröste treten auf, wenn es spät im Frühling noch einmal – meist in der Nacht – friert. Berühmt für sehr späte Frostnächte ist die Zeit um die drei Eisheiligen Mitte Mai. Aber auch früher oder später können sie Probleme bereiten. Gefährdet sind besonders Tal- und Muldenlagen, da die kalte Luft immer zum tiefsten Punkt absinkt. Dort bilden sich Kaltluftseen, in denen Frost auftritt, während es auf den Hängen darüber wärmer ist. Der gleiche Effekt tritt auch bei Gebäuden auf, die am Hang stehen und bei denen die kalte Luft durch seitliche Gebäude nicht abfließen kann. Im dicht bebauten Gebiet ist das besonders zu beachten. Auch entlang von Bächen ist die Spätfrostgefahr oft erhöht.
Obstgehölze sind lichthungrig und die Fruchtqualität sinkt mit einem Mangel an Sonne rapide. Im dunklen Schatten von Gebäuden sind die Pflanzen krankheitsanfälliger, da die Luftfeuchtigkeit höher ist, und sie versuchen immer in das Licht zu wachsen. Das führt vor allem bei Bäumen oft zu Problemen mit ungünstigen, zu dichten Kronenformen. Etwas besser ist der Schatten von Laubbäumen, da dieser lichtdurchlässiger ist. Einige Beerensträucher, Dirndl, Mispel und Haselnuss gedeihen auch im Halbschatten.
Während das Großklima einer Region vom Einzelnen nicht beeinflussbar ist, kann das Kleinklima am Grundstück mit vielerlei Maßnahmen verändert werden. Ziel ist es, den Wind zu bremsen und damit die Einwirkungen von kalten Winden zu verringern oder Wärmespeicher zu schaffen. Hierzu gibt es verschiedene Möglichkeiten.
Hecken als Windbremse: Wind hat einen stark abkühlenden Effekt. Eine dichte Hecke an der Nordostseite windexponierter Grundstücke bremst den Wind. In sehr exponierten Lagen – etwa auf einer Hügelkuppe – sollte immergrünen Pflanzen der Vorzug gegeben werden, da sie auch im Winter und während der Blüte einen guten Schutz bieten. Gut geeignet sind Eibe, Fichte, Scheinzypresse oder Thuje. Für mäßig windige Lagen reichen Hecken aus Laubgehölzen aus.
Bei Grundstücken in Muldenlagen sollten Hecken im oberen Bereich des Hangs gepflanzt werden. Sie reduzieren während der Blüte die Gefahr von Spätfrösten, da sie das Absinken der kalten Luftschicht in die Mulde bremsen.
Andererseits kann eine Hecke aber auch Nachteile bringen: So dürfen am Hang oberhalb einer Hecke keine spätfrostgefährdeten Bäume gepflanzt werden.
Steine als Wärmespeicher: Steinmauern können als Windbremse und Wärmespeicher für kleinere Obstgehölze genutzt werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie trocken verlegt oder gemauert sind.
Spaliere am Haus: Hausmauern bieten für viele Obstgehölze einen besonders günstigen Platz, vor allem, wenn die Wände ungedämmt sind. Denn dann kann das Gemäuer untertags Wärme speichern, die es in der Nacht wieder abstrahlt. Diese Stellen sind meist auch windberuhigt und der Dachvorsprung schützt die Pflanzen vor zu viel Nässe. Genutzt werden sollte dieser Effekt vor allem für die Gehölze, denen es, wenn sie frei und ungeschützt stehen, zu kalt wäre. In regenreichen Gebieten sollte vor allem das Steinobst (Marille, Pfirsich, Zwetschke) an die Wand gepflanzt werden, um den Befall mit dem Feuchtepilz Monilia zu verringern.
Genutzt werden können alle Seiten eines Gebäudes. Am wärmsten wird es an der Südund der Westseite. Frühblühende Arten wie Marille sollten in spätfrostgefährdeten Lagen an die Ostoder sogar an die Nordwand gepflanzt werden. Dort treiben sie später aus und fruchten zuverlässig bei ausreichender Qualität. An der Südwand gepflanzt, würden sie noch früher blühen und die Gefahr für Frostschäden würde steigen.
Viel Niederschlag oder eine hohe Luftfeuchtigkeit durch Nebel fördern Pilzkrankheiten besonders. Beim Kernobst tritt hier Schorf sehr stark auf, bei Steinobst Monilia und andere Krankheiten. Die einzelnen Obstsorten sind unterschiedlich anfällig für diese Krankheiten, durch geschickte Sortenwahl können daher Probleme auf ein erträgliches Maß verringert werden. Gleichzeitig ist es unerlässlich für das Gedeihen der Obstgehölze, dass die Niederschläge regelmäßig über die Vegetationsperiode verteilt sind. Besonders, wenn nicht bewässert werden kann. Kritische Punkte in der Wasserversorgung sind dabei teilweise die Blütezeit und vor allem die Fruchtreifezeit. Kommt es in diesen Entwicklungsphasen der Bäume zu einem Wassermangel, fallen im Extremfall die Früchte ab oder bleiben sehr klein und geschmacklos.
Der Wassergehalt im Boden ist ein weiterer wichtiger Faktor für das Pflanzenwachstum. Er hängt von Bodenart, Niederschlagsmenge und dem Grundwasserstand ab. Alle Pflanzen lieben eine gleichmäßige Wasserversorgung. Die Toleranz der Obstgehölze gegenüber einem Zuviel oder Zuwenig an Wasser ist jedoch unterschiedlich. Kirsche, Marille, Birne und Mandel leiden unter einem Zuviel an Wasser, vertragen Trockenheit aber gut. Hingegen gedeihen Apfel und Zwetschke auf feuchteren Böden sehr gut. Beerensträucher und Kiwis sind im Allgemeinen anspruchsvoll und lieben gleichmäßige Bodenfeuchte.
Allgemein sehr schlecht vertragen wird Staunässe, also wenn die Pflanzen über einen längeren Zeitraum mit ihren Wurzeln im Wasser stehen. Staunässeböden sind meist daran zu erkennen, dass nach der Schneeschmelze im Frühling oder nach starken Regenfällen sich ein kleiner „See“ bildet, der tagelang bestehen bleibt. Häufig ist eine lehmige Sperrschicht im Boden dafür verantwortlich, die das Versickern des Wassers verhindert oder stark verlangsamt. Staunässe kann auch tief liegende Bodenverdichtungen als Ursache haben, die durch Bauarbeiten, Lagerung von schweren Gütern, Befahren bei Nässe oder falsche Bodenbearbeitung entstanden sind. Besonders bei neu gebauten Häusern muss der Boden daher tief gelockert und eine mehrjährige Gründüngung (→ Kapitel „Der Beerenobstgarten“, Seite 404) angebaut werden, bevor man Bäume und Sträucher setzt.
Wenn diese Sperrschicht im oberen Teil des Bodens ist, können Sie mit Punktdrainagen diese durchbrechen, damit das Wasser abfließen kann. Graben oder bohren Sie dazu Löcher mit mindestens 40 cm Durchmesser, die bis unter die Sperrschicht reichen. Diese füllen Sie mit Rollkies 8/16 mm oder 16/32 mm bis 30 cm unter den Oberrand auf. Darauf legen Sie eine Lage Bauvlies und füllen den Rest mit normalem Boden auf. Bei flächigen Drainagen müssen Sie eventuell eine Bewilligung einholen, fragen Sie daher zuvor bei der zuständigen Behörde nach.
Bodenverdichtungen lassen sich am besten durch eine Kombination aus mechanischer Lockerung (Spaten, Grubber ...) und dem anschließenden Anbau einer Gründüngung beheben. Das reine Lockern hat keine nachhaltige Wirkung. Erst die Durchwurzelung mit tief wurzelnden Pflanzen wie zum Beispiel mehrjährige Luzerne, Raps oder Wicken stabilisiert den gestörten und verdichteten Boden. Der Anbau einer Gründüngung über zwei Jahre zur Sanierung von Bodenverdichtung ist unbedingt zu empfehlen: Wenn im Frühjahr eine mehrjährige Gründüngung angebaut wird, können die Bäume dann im Herbst des folgenden Jahres angebaut werden.
Der Wassergehalt im Boden hängt nicht nur von der Menge an Niederschlägen ab, sondern auch von der Fähigkeit des Bodens, das Wasser zu halten und für die Pflanzen zu speichern. In leichten (= sandigen) Böden versickert das Wasser rasch in tiefere Schichten und bei Wind und Sonne verdunstet die Bodenfeuchte schneller als in schweren Böden. In solchen trockenen Böden hilft selbst Gießen oft wenig. Mulchen ist sehr zu empfehlen.
Boden setzt sich aus Sand (Teile mit einer Größe von 0,06–2 mm), Schluff (2–63 μm) und Ton (kleiner als 2 μm) zusammen. Zwischen diesen Teilen befindet sich Humus, der den Boden locker macht und als Nährstoffspeicher dient. Kennt man ungefähr das Verhältnis von Sand, Schluff und Ton zueinander, können verschiedene Bodeneigenschaften abgeleitet werden. Mit Hilfe der Fingerprobe kann dieses Verhältnis grob abgeschätzt werden.
Dazu wird eine walnussgroße Probe des feuchten, aber nicht nassen Bodens zwischen den Handtellern zu einer Kugel geformt und anschließend zu einer dünnen Walze von halber Bleistiftstärke ausgerollt.
• Zerbröckelt die Walze beim Ausrollen, ist ein hoher Sandanteil im Boden, je besser der Boden dabei formbar ist, umso mehr Lehm ist darin.
• Lässt sich eine Walze formen, die nicht zerfällt, ist der Tonanteil recht hoch. Verreibt man einen Teil der Erde zwischen den Finger-spitzen, fühlt und sieht man, wie viel Sand dem Ton beigemischt ist. Sind keine Sandkörner spürbar, ist der Tongehalt sehr hoch.
Fingerprobe |
Bodenklasse |
Eigenschaften |
Eignung |
Rolle zerbröselt stark |
Sandboden |
nährstoffarm, trocken, Boden erwärmt sich rasch und kühlt rasch aus |
für Obst geeignet, wenn die Wasserversorgung sichergestellt ist, regelmäßige Düngung erforderlich |
Rolle zerbröselt, aber lässt sich einigermaßen formen |
lehmiger Sandboden |
gut mit Nährstoffen versorgt, Boden kann Wasser gut speichern und erwärmt sich ausreichend schnell, guter Gasaustausch |
optimaler Boden für alle Obstarten |
Rolle zerbröselt nicht, Sand ist deutlich zwischen den Fingern zu spüren |
sandiger Lehmboden |
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Rolle zerbröselt nicht, Sand ist nicht oder kaum fühlbar |
Tonboden |
sehr nährstoffreich, sehr gute Wasserversorgung, aber schwer zu befeuchten, wenn einmal trocken, Gefahr der Staunässe, schlechter Gasaustausch, erwärmt sich langsam = kalter Boden, schwer zu bearbeiten |
problematisch für viele Obstarten, da der Gasaustausch erschwert ist, Sand in Pflanzlöcher beimischen (50 %) |
Mittelschwere, lehmige Sandböden oder sandige Lehmböden bieten für alle Obstgehölze günstige Wachstumsverhältnisse.
Sandige, leichte Böden sind zumeist trocken und nährstoffarm. Sie können Nährstoffe und Wasser nicht gut halten. Ohne Bewässerung sind solche Böden noch geeignet für Weichsel, Kirsche, Marille, Birne (eingeschränkt auf anspruchslosere Sorten), Dirndl und Felsenbirne. Um bessere Bedingungen zu erhalten, sollte der Boden mit Kompost und Mulchen langsam verbessert werden. Mit einer ausreichenden Bewässerung können auch die restlichen Obstarten gepflanzt werden. Aufgrund des Nährstoffmangels sollten die Gehölze regelmäßig mit Kompost oder mit anderen organischen Materialien gedüngt werden.
Tonige, schwere Böden sind zwar meist nährstoffreich, aber für viele Obstgehölze problematisch, da sie schlecht durchlüftet und schwer durchwurzelbar sind. Vor allem Gewächse, die luftige Bodenverhältnisse bevorzugen – Birne, Kirsche, Mandel, Marille, Pfirsich, Quitte und Felsenbirne –, leiden unter solchen Bedingungen und reagieren oft mit Gelbfärbung der Blätter und verstärkten Frostschäden sowie höherer Krankheitsanfälligkeit. Will man dennoch auf diese Arten nicht verzichten, muss man den Boden großflächig mit Sand aufbereiten, um die Luft- und Wasserverhältnisse zu verbessern. Bei tonigen Böden sollte das Pflanzloch für Bäume zumindest einen Meter im Durchmesser umfassen und einen halben Meter in die Tiefe reichen. Beim Ausfüllen des Pflanzloches kann die ausgehobene Erde verwendet werden, der 50 % Sand (idealerweise Quarzsand) zugefügt ist.
Am besten gedeihen auf solchen schweren Böden Apfel, Dirndl, Haselnuss und Zwetschke.
In Österreich gibt auch die elektronische Bodenkarte „eBod“ einen Überblick über die Bodenverhältnisse auf landwirtschaftlichen Flächen; oft kann damit auch auf benachbarte Gartengrundstücke rückgeschlossen werden.
www.bodenkarte.at
Neben dem Bodengefüge sind der Kalkgehalt und der Säuregrad eines Bodens bedeutsam bei der Pflanzung von Obst. Ist ein Boden sauer, so ist sein Kalkgehalt gering. Ist ein Boden hingegen basisch, so ist sein Kalkgehalt in der Regel hoch. Ein Maß für den Säuregehalt ist der pH-Wert. Er kann bei Werten von 0 bis 14 liegen, wobei 0 extrem sauer bedeutet, 14 extrem basisch und 7 neutral.
Der pH-Wert des Bodens kann mit einfachen Bodentests gemessen werden, die im Handel erhältlich sind. Kern- und Steinobst gedeiht optimal bei einem pH-Wert von 6,0–6,5, also in leicht saurem Boden. Beerenobst hat es gerne noch ein wenig saurer und bevorzugt einen pH-Wert von 5,5–6,0. Heidel- und Preiselbeeren brauchen einen sehr sauren Boden. Bei pH-Werten über 4,5 leben sie meist nicht lange. Mit speziellen Substraten können Heidelbeeren aber auch in kalkreichen Regionen gezogen werden (→ Artenporträt „Kultur-Heidelbeere“, Seite 450).
Gegen hohen Kalkgehalt sind viele Obstgehölze empfindlich. Bereits ab einem pH-Wert von 7 können Birne (allerdings auch nur, wenn sie auf Quitte veredelt wurde, → Kapitel „Obstgehölze vermehren“, Seite 160), Ribisel, Himbeere, Pfirsich, Wein und Kiwi mit der sogenannten Kalkchlorose reagieren. Sie äußert sich durch Gelb- bis Weißwerden der jüngsten Blätter und einem Kümmern der ganzen Pflanze (→ Kapitel „Pflanzengesundheit im Obstgarten“, Seite 128).
Bei der Pflanzenauswahl stehen heute bei Obst und Wein kalkverträglichere Veredelungsunterlagen zur Verfügung, womit eine gewisse Anpassung möglich ist. Auch durch Mulchen mit sauren Materialien wie Rindenmulch, Nadelstreu oder Eichen- und Nusslaub lässt sich der pH-Wert langfristig leicht senken. Kurzfristig verschärfen sich die Symptome allerdings dadurch. Auf gute Bodenlockerung sollte jedenfalls geachtet werden. Grasunterwuchs sollte bei starker Ausprägung entfernt werden. In kalkreichen Regionen sollte zum Gießen nur Regenwasser verwendet werden, da dieses leicht sauer ist.
Grundsätzlich lässt sich der natürliche pH-Wert des Bodens nur unter großem Aufwand in die eine oder andere Richtung verändern. Böden sind meist gut „gepuffert“, das bedeutet, Säuren werden sozusagen abgefangen und der natürliche pH-Wert eines Bodens bleibt trotz Zugabe von Säuren konstant.
Die in Rindenmulch und Eichen- bzw. Nusslaub enthaltenen Gerbstoffe schädigen zu einem gewissen Grad auch die Wurzeln. Daher sollten sie nur bei Bäumen oder größeren Sträuchern zum Mulchen verwendet werden. Eine andere Möglichkeit ist, frischen Rindenmulch ein Jahr auf den Wegen aufzubringen. Dort verhindert er das Aufkommen von Gras und gleichzeitig wird ein großer Teil der Gerbstoffe und anderer Schadstoffe ausgewaschen. Danach kann er gut als Mulch verwendet werden.
Die Tabelle gibt einen Überblick über die Ansprüche der wichtigsten Obstarten an den Boden und das Klima. Zu beachten ist, dass vor allem beim Baumobst auch die einzelnen Sorten spezielle Standortansprüche haben können. Das führt dazu, dass einzelne Sorten auch auf „schlechteren“ Standorten noch gedeihen. Details zu den Ansprüchen der Sorten finden Sie in den einzelnen → Artenporträts.
Wenn Sie bereits eine Liste der Arten haben, die bei Ihnen gedeihen, hängt diese Frage vor allem von Ihren Vorlieben ab. Lassen Sie sich dabei ruhig auch manchmal auf Experimente ein und pflanzen Sie Obstarten, die Sie noch nicht kennen. Vieles wird Sie positiv überraschen, und für dasjenige Obst, das dann doch nicht Ihren Geschmack trifft, findet sich normal im Familien- und Freundeskreis ein dankbarer Abnehmer.
Für alle Obstarten, die im Sommer reifen, gilt, dass eine Lagerung nur sehr kurz möglich ist. Relevant sind die vorhandenen Lagerbedingungen vor allem bei spätreifenden Sorten von Apfel und Birne und bei Arten, die in unserem Klima nicht ausreifen, wie Kiwi oder Mispeln.
Bei der Lagerung müssen zwei Parameter beachtet werden. Das Obst soll einerseits bei niedriger Temperatur gelagert werden, um die Reife zu verzögern, und andererseits bei einer hohen Luftfeuchtigkeit, die ein Eintrocknen der Früchte verhindert. Details dazu finden Sie im Kapitel → „Obst lagern“, Seite 206.
Wenn Sie gute Lagermöglichkeiten haben, können Sie bei Apfel Sorten wählen, die bis in den folgenden Sommer haltbar sind. Hier gelingt eine Ganzjahresversorgung sehr gut. Winterbirnen sind im Naturlager längstens bis März lagerfähig.
Sollten Sie keine Lagermöglichkeiten haben, ist Ihre Sortenauswahl bei diesen beiden Arten beschränkt auf Sorten, die im Sommer oder Herbst reifen. Auch Arten, die bei Ihnen nicht am Baum ausreifen und nachgelagert werden müssen, werden dann ausscheiden.
Als grobe Faustregel gilt: Je größer ein Gehölz wird, umso länger braucht es, bis es in Ertrag kommt. Für Gärten, die nicht langfristig gemietet sind, empfiehlt es sich daher, vor allem kleinere Gehölze zu pflanzen, die bald beerntet werden können. Die klassischen Beerenobstarten – Erdbeere, Johannisbeere, Himbeere und Brombeere, aber auch Kamtschatka Heckenkirsche, Japanische Weinbeere und Aronia – tragen alle schon im Pflanzjahr einige Früchte und im Folgejahr bereits sehr gut. Diese Arten können Sie auch jederzeit, selbst nach zehn und mehr Jahren, wieder ausgraben und in einen neuen Garten übersiedeln. Ebenfalls lassen sie sich einfach und ohne großen Aufwand vermehren (→ „Obstgehölze vermehren“, Seite 160). Bei den Kletterpflanzen beginnt Wein im zweiten Jahr zu tragen, Kiwi brauchen vier bis fünf Jahre. Auch bereits im Pflanzjahr tragen manchmal Quitte und Mispel.
Beim Baumobst trägt Apfel auf schwachwüchsigen Unterlagen (meist als Spindel oder Buschbaum im Verkauf) sehr früh, zum Teil bereits im zweiten Jahr. Je nach Unterlage und Sorte kann es jedoch auch vier bis fünf Jahre dauern. Kirschen, vor allem auf kleinen Baumformen, und Pfirsiche tragen meist auch bereits im zweiten Jahr. Birnen und Marillen brauchen teilweise etwas länger, Pflaumen meist noch länger. Möchten Sie trotz unsicherer Zukunft einen Hochstamm als potentiellen Schattenbaum setzen, empfiehlt sich die Kirsche, die auch aus starkwachsenden Unterlagen oft nach drei bis vier Jahren trägt.
Obstbäume können Sie relativ problemlos noch drei bis vier Jahre nach dem Pflanzen wieder umsetzen – dazu die Krone kräftig zu rückschneiden.
Auch wenn Sie glauben, Ihr Garten ist schon voll, ein Plätzchen findet sich immer noch. Vor allem die Wände sind oft noch frei und bieten sich für Rankpflanzen oder für Spalierbäume an. Auch der Zaun lässt sich für Brombeeren oder Wein nutzen und eine Feige passt vielleicht im Topf noch auf die Terrasse.
Manche Arten brauchen Unterstützungsgerüste, es empfiehlt sich dabei, bereits bestehende Strukturen zu nutzen. Ein bestehender Zaun und etwas Draht reicht, und Sie können Himbeeren unkompliziert anbinden. Ein alter, absterbender Baum kann noch über Jahre als Rankunterlage für Kiwi oder eine robuste Weinsorte genutzt werden, ohne dass Sie aufwendig ein Stützgerüst bauen müssen. Ernten werden Sie dort genauso.
Unterstützungsgerüste eignen sich aber auch sehr gut, um den Garten zu gestalten und „Gartenzimmer“ zu erschaffen – dadurch wird der Garten gefühlt größer. Ein frei stehendes Birnenspalier kann zum Beispiel den Nutz- vom Spielgarten abtrennen, der Durchgang kann von Kiwi umrankt werden. Selbst Laubengänge lassen sich mit Obstbäumen bepflanzen, hier kommen Sie vielleicht der Vorstellung vom Paradies am nächsten.
Für ältere oder in ihrer Beweglichkeit eingeschränkte Menschen kann Beerenobst auch auf Hochbeeten gepflanzt werden, Heidelbeeren bieten sich dafür besonders an, da sie meist nicht in der normalen Gartenerde gedeihen (→ Artenporträt). Kurz, nutzen Sie den Garten und nutzen Sie das Obst, den Garten zu gestalten und dadurch in der Wahrnehmung zu vergrößern.
Wie groß ein Obstbaum wird, wird in erster Linie von der Wuchskraft der Wurzeln bestimmt. Da Obstbäume nicht sortenecht über Samen vermehrt werden können (→ Kapitel „Obstgehölze vermehren“, Seite 160), müssen sie veredelt werden. Dabei wird ein Teil eines Triebes einer guten Muttersorte auf ein junges Bäumchen (dieses wird Unterlage genannt) „gesteckt“. Der Trieb und das Bäumchen verwachsen zu einer Einheit und bilden zukünftig einen Baum, der die gleichen Früchte trägt wie der Mutterbaum.
Traditionell wurden die Unterlagen aus Samen gezogen. Diese Sämlingsunterlagen zeichnen sich durch ein starkes Wachstum aus, sind sehr robust, brauchen etwa sieben bis zehn Jahre, bis sie Früchte tragen, und werden dafür 100 Jahre alt.
Alternativ dazu werden schon lange sogenannte Typenunterlagen als Bäumchen zum Veredeln verwendet. Dabei werden Triebe von speziellen Selektionen zum Bewurzeln gebracht. Da die Wurzelbildung am Trieb nur eine Notmaßnahme ist, bleiben die Wurzeln schwächer und dadurch der ganze Baum. Je nach Typenunterlage erreichen solche Bäume eine Höhe von zwei bis sieben Metern.
Die Einteilung von Obstbäumen erfolgt primär nach der Höhe des Astansatzes. Aus den verschiedenen Bezeichnungen kann aber auch auf die Wuchskraft und die Endgröße geschlossen werden. In guten Baumschulen steht die verwendete Unterlage auf dem Etikett und das Personal informiert darüber, was das für die Größe des Baumes bedeutet.
Folgende Baumformen werden unterschieden (nähere Infos dazu → Kapitel „Obstgehölze vermehren“, Seite 160):
Hochstamm: Der Kronenansatz liegt bei über 160 cm. Es ist die traditionelle Form für Streuobstwiesen in der Landwirtschaft. Die Sorten werden in der Regel auf Sämling veredelt. Der Vorteil ist, dass die Wiese unter dem Baum gut genutzt und maschinell gepflegt werden kann. Für die Saftproduktion ist es die übliche Baumform. Nachteile sind die schlechte Pflückbarkeit und dass die Bäume erst mit 7–10 Jahren die ersten Früchte tragen. Pflanzabstand 8–12 m.
Halbstamm: Der Kronenansatz liegt zwischen 120 und 160 cm. Ein Halbstamm kann auf einen Sämling veredelt sein, dann ist er genauso starkwüchsig wie ein Hochstamm. Lediglich das Pflücken ist etwas einfacher. Halbstämme sind aber besonders sinnvoll, wenn sie auf speziellen, mittelstark wachsenden Typenunterlagen veredelt sind. Bei diesen Bäumen bleibt die Krone etwas kleiner und der Ertrag setzt früher ein. Die Lebensdauer ist trotzdem mit 50 Jahren und mehr hoch. Fragen Sie beim Kauf von Halbstämmen gezielt nach, wie groß der Baum wird. Grasunterwuchs ist bei Halbstämmen möglich, die Unternutzung allerdings kaum, auch das Mähen ist erschwert. Pflanzabstand 4–8 m.
Buschbaum (heute manchmal auch als Viertelstamm bezeichnet): Der Kronenansatz liegt bei 50 bis 70 cm. Die mittelgroßen Bäume zeichnen sich durch frühen Ertragsbeginn (2–4 Jahre) und mittlere Lebensdauer aus (30–50 Jahre). Sie werden auf mittelschwach wachsenden Unterlagen veredelt. Wegen ihrer schwachen Wurzeln brauchen sie meist zeitlebens einen Pflock als Stütze und eine gute Wasser- und Nährstoffversorgung. Grasunterwuchs ist nur bedingt möglich (bei entsprechendem Wasserangebot). Für niedrige Spaliere geeignet. Pflanzabstand 3–4 m.
Spindel oder Spindelbusch: Der Kronenansatz liegt bei 50 bis 70 cm. Die auf schwach wachsenden Unterlagen veredelten, kleinen Bäume bestechen durch sehr frühen Ertragsbeginn (oft schon im zweiten Jahr). Sie brauchen zeitlebens einen Pflock als Unterstützung, guten, offenen Boden und jährlichen Schnitt. Spindelbäume werden durch Schnitt in der Breite auf das gewünschte Maß begrenzt und wurzeln meist nicht sehr tief. Dadurch sind Spindelbäume ideal als Abgrenzung zwischen Gärten oder Gartenteilen geeignet. Ein Spalier ist hilfreich, um Äste flach zu binden. Pflanzabstand 2–3 m (1 m bei intensiver Kulturführung).
Säulenbäume: Bei Säulenbäumen wächst nur der Stamm immer weiter, während sich kurze Seitenverzweigungen bilden. Dadurch sind sehr enge Pflanzabstände von 50 cm möglich. Die Bäume werden 2–3 m hoch. Der Säulenwuchs ist nur bei speziell gezüchteten Sorten möglich, alte Sorten können nicht so gezogen werden. Bei Apfelsäulenobst ist kaum Schnitt notwendig, alle anderen Obstarten müssen 1–2-mal im Jahr geschnitten werden, damit der Wuchs erhalten bleibt. Aufgrund des sehr eingeschränkten Sortenspektrums dort empfehlenswert, wo Spindelbäume schon zu groß werden. Interessant vor allem für Topfkulturen auf Balkonen oder Terrassen.
Will man den Baum als Spalier ziehen, stehen verschiedene Möglichkeiten bei der Baumwahl zur Verfügung;
• Das Spalier steht an der Hauswand und soll mehrere Meter bis zum Dach reichen: Hier wird ein Baum benötigt, der auf Sämling oder einer stark wachsenden Typenunterlage veredelt ist. Kaufen Sie dafür einjährige Veredelungen, das sind Bäumchen, die noch keine Seitenäste haben. Diese Bäumchen können Sie nach dem Pflanzen in der Höhe abschneiden, in der die erste Etage des Spaliers sein soll. Im folgenden Sommer wird sich ein Trieb bilden, der weiter nach oben wächst, und Seitentriebe, die Sie waagrecht binden können (Anleitung zum Schnitt von Spalierobst → Seite 122).
• Das Spalier dient zur Abgrenzung und der einfachen Beerntung und soll nur rund 2 m hoch werden: Hier können Sie Buschbäume oder Spindelbüsche kaufen. Achten Sie beim Kauf darauf, dass Sie zwei Seitenäste in Höhe der gewünschten ersten Etage haben.
Im nicht zu kleinen Selbstversorgergarten ist der Hochstamm nach wie vor eine interessante Baumform, da er sehr wenig Platz „verbraucht“. Da die Äste erst in Kopfhöhe beginnen, kann der Raum unter der großen Krone für andere Nutzungen herangezogen werden. Hühnerhaltung zum Beispiel ist interessant, da Hühner gerne im Schutz von Bäumen scharren und sie dabei gleich potentielle Schädlinge aufpicken. Aber auch schattentolerierende Gehölze wie Johannisbeere können zwischen den Stämmen gezogen werden oder die Fläche überhaupt als Waldgarten genutzt werden. Die Freizeitnutzung ist genauso möglich: Die Sandkiste steht im Schatten, eine Schaukel lässt sich auf ausgewachsenen Bäumen montieren und beim Spielen von Kindern sind Baumstämme äußerst beliebt.