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Widerstandsfähigkeit ist entscheidend, damit die verwundbarsten

Menschen der Welt endlich eines ihrer grundlegendsten Menschenrechte umsetzen können: ein Leben frei von Hunger.

 

VORWORT

Eine Krise ist eine Chance, mit gefährlichem Wind zu segeln.
– Chinesisches Sprichwort

Im Jahr 2012 wurde Haiti von dem Sturm Isaac und dem Hurrikan Sandy heimgesucht. Ernten wurden beschädigt, Straßen überflutet und Gemeinden von der Außenwelt abgeschnitten. Als dann die Lebensmittelpreise stiegen und viele Menschen sich immer mehr verschulden mussten, blieb für arme Haitianer kaum noch ein Ausweg: Einige wanderten aus. Andere nahmen weniger Mahlzeiten zu sich und verkauften ihr Land oder Vieh. Jeden Sommer fürchten die Haitianer aufs Neue den Zorn der Natur.

Im selben Jahr trieb eine Dürre in der Sahelzone 18 Millionen Menschen in den Hunger. Extreme Wetterereignisse, steigende Lebensmittelpreise und politische Unruhen erschüttern nach wie vor das Leben vor allem der armen und verwundbarsten Bevölkerungsgruppen. Gerade jene Menschen, die ohnehin wenig haben, werden noch tiefer in die Armut hineingetrieben und leiden dauerhaft an Mangelernährung und Hunger.

Es reicht nicht, im Krisenfall kurzfristig das Überleben zu sichern. Menschen, die wiederkehrenden Krisen kaum etwas entgegenzusetzen haben, können ihre Situation erst recht nicht dauerhaft verbessern. Es ist daher von zentraler Bedeutung, Menschen dabei zu unterstützen, ihre Widerstandsfähigkeit gegen Krisen aufzubauen; insbesondere durch eine Verbesserung der Ernährungssituation. Der Zugang zu ausreichender und angemessener Nahrung ist ein grundlegendes Menschenrecht. Regierungen, Nichtregierungsorganisationen, Geber und internationale Organisationen müssen Menschen stärker dabei unterstützen, widerstandsfähiger und weniger anfällig gegenüber Ernährungskrisen zu werden.

Resilienz, das heißt Widerstandsfähigkeit, ist das zentrale Thema des Welthunger-Index-Berichtes 2013, der gemeinsam vom Internationalen Forschungsinstitut für Ernährungs- und Entwicklungspolitik (IFPRI), Concern Worldwide und der Welthungerhilfe herausgegeben wird. Angesichts der Tatsache, dass die globale Hungersituation laut Index weiterhin „ernst” ist und 19 Länder „sehr ernste” oder „gravierende” Hungerwerte verzeichnen, sind Anstrengungen zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit dringend notwendig, um schnellere Fortschritte bei der Hungerbekämpfung zu erzielen.

In Kapitel 3 wird beschrieben, wie das Leitbild der Resilienz dazu beitragen kann, dass Maßnahmen der humanitären Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit wirksamer und besser integriert gestaltet und umgesetzt werden können. Außerdem diskutiert das Kapitel, wie die Widerstandsfähigkeit gegenüber Ernährungskrisen gemessen werden kann. Kapitel 4 berichtet von den Erfahrungen mit mehreren Programmen von Concern und der Welthungerhilfe, die entwickelt wurden, um die Widerstandsfähigkeit von Gemeinden zu stärken.

IFPRI hat dieses Jahr zum achten Mal den Welthunger-Index berechnet und analysiert. Die Berichte dieser Serie dokumentieren jeweils die Hungersituation auf globaler, regionaler und nationaler Ebene. Ein Schwerpunkt wird auf jene Länder und Regionen gelegt, in denen der Handlungsbedarf am dringendsten ist.

Der Welthunger-Index 2013 basiert auf den aktuellsten verfügbaren Daten von Regierungen und internationalen Organisationen. Aufgrund von Zeitverzögerungen bei der Erhebung, Verarbeitung und Veröffentlichung der Daten erfasst der Bericht jedoch nicht die Auswirkungen der jüngsten Ereignisse. Wir hoffen, dass Regierungen und internationale Einrichtungen in Zukunft enger zusammenarbeiten werden, um zeitnähere und umfassendere Daten zur Hungersituation zu erheben.

Weltweit wurden seit den frühen 1990er-Jahren Fortschritte bei der Bekämpfung des Hungers erzielt. Wenn der Rückgang des Hungers, der sich in den letzten Jahren verlangsamt hat, wieder beschleunigt wird, könnte das Millenniumsentwicklungsziel, den Anteil der Hungernden zwischen 1990 und 2015 zu halbieren, noch erreicht werden. Das deutlich anspruchsvollere Ziel des Welternährungsgipfels, die Anzahl der Hungernden im selben Zeitraum zu halbieren, wird jedoch verfehlt. Eine Milliarde Menschen hungerten 1990–92. Heute sind es immer noch rund 870 Millionen Menschen weltweit; das heißt, jeder achte Mensch leidet an Hunger.

Es gibt keinen Grund zur Selbstzufriedenheit. Während der Rio+20-Konferenz im Jahr 2012 hat Ban Ki-moon, Generalsekretär der Vereinten Nationen, vorgeschlagen, auf der Arbeit zum ersten Millennium-Entwicklungsziel aufzubauen und ein noch ehrgeizigeres Ziel anzustreben: die weltweite „Zero Hunger Challenge” („Null-Hunger-Herausforderung”), den Hunger noch zu unseren Lebzeiten zu besiegen. Solange Menschen hungern, muss der Kampf gegen den Hunger weitergehen.

Viele Krisen, denen arme und hungernde Menschen ausgesetzt sind, haben ihre Ursachen im Handeln reicherer Regionen und Länder. Wir hoffen, dass dieser Bericht uns alle – in Industrie- ebenso wie in Schwellen- und Entwicklungsländern – daran erinnert, Verantwortung zu übernehmen und gemeinsam zu handeln, um Risiken zu mindern und Widerstandsfähigkeit aufzubauen, um die Ernährungssicherheit auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene zu verbessern.

Dr. Wolfgang Jamann

Generalsekretär und Vorstandsvorsitzender Welthungerhilfe

Dr. Shenggen Fan

Direktor Internationales Forschungsinstitut für Ernährungs- und Entwicklungspolitik

Dominic MacSorley

Direktor

Concern Worldwide

INHALT

ZUSAMMENFASSUNG

KAPITEL

KAPITEL 01

01   Das Konzept des Welthunger-Indexes

KAPITEL02

02   Globale, regionale und nationale Trends

KAPITEL 03

03   Resilienz verstehen, Ernährungssicherheit schaffen

KAPITEL 04

04   Widerstandsfähigkeit auf Gemeindeebene stärken: Aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen

KAPITEL 05

05   Politische Handlungsempfehlungen

ANHANG

A   Datenquellen und Berechnung der Welthunger-Index-Werte 1990, 1995, 2000, 2005, 2013

B   Zugrunde liegendes Datenmaterial der Welthunger-Index-Werte 1990, 1995, 2000, 2005, 2013

C   Ländertrends der Welthunger-Index-Werte 1990, 1995, 2000, 2005, 2013

LITERATUR

PARTNER

ZUSAMMENFASSUNG

Die globale Hungersituation hat sich seit 1990 verbessert, wie der Welthunger-Index 2013 anhand von Daten aus dem Zeitraum 2008–2012 zeigt. Der WHI ist um ein Drittel gesunken. Dennoch ist die weltweite Hungersituation nach wie vor „ernst”. 870 Millionen Menschen hatten laut Schätzungen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) im Mittel der Jahre 2010–2012 nicht genug zu essen.

Südasien und Afrika südlich der Sahara haben die höchsten WHI-Werte. Südasien hat seinen WHI-Wert zwischen 1990 und 1995 deutlich verbessert, vor allem durch einen großen Rückgang des Untergewichts bei Kindern. Der schnelle Fortschritt in dieser Region konnte jedoch nicht aufrechterhalten werden. Soziale Ungleichheit und der schlechte Ernährungszustand, das geringe Bildungsniveau und der niedrige gesellschaftliche Status von Frauen tragen nach wie vor zu einem hohen Anteil von Untergewicht bei Kindern unter fünf Jahren bei.

Afrika südlich der Sahara konnte in den 1990er-Jahren den Hunger nicht so stark reduzieren wie Südasien. Seit der Jahrtausendwende hat die Region jedoch deutliche Fortschritte gemacht; ihr WHI-Wert liegt nun unter dem von Südasien. Größere politische Stabilität in den Ländern, die in den 1990er- und 2000er-Jahren von Bürgerkriegen betroffen waren, ermöglichte wirtschaftliches Wachstum. Fortschritte im Kampf gegen HIV und AIDS, Erfolge bei der Malariabekämpfung und höhere Impfraten trugen zu einer Senkung der Kindersterblichkeit bei.

Seit 1990 haben 23 Länder deutliche Fortschritte gemacht und ihre WHI-Werte um 50 Prozent oder mehr gesenkt. 27 Länder konnten die Kategorien „gravierend” und „sehr ernst” verlassen. Die folgenden zehn Länder haben seit 1990 die größten absoluten Fortschritte erzielt: Angola, Äthiopien, Bangladesch, Ghana, Kambodscha, Malawi, Niger, Ruanda, Thailand und Vietnam.

In 19 Ländern ist die Hungersituation nach wie vor „sehr ernst” oder „gravierend”. Alle Länder, in denen der Hunger als „gravierend” eingeschätzt wird, liegen in Afrika südlich der Sahara: Burundi, die Komoren und Eritrea. Die im Vergleich zu 1990 verschlechterte Hungersituation in Burundi und auf den Komoren kann auf langwierige Konflikte und politische Instabilität zurückgeführt werden. Die Lage in der Demokratischen Republik Kongo wurde im WHI-Bericht 2011 als „gravierend” eingestuft; seither liegen nicht genug Daten vor, um den WHI-Wert zu berechnen. Aktuelle und verlässliche Daten sind auch notwendig, um die WHI-Werte weiterer Länder zu berechnen, in denen vermutlich großer Hunger herrscht; etwa Afghanistan und Somalia.

Es überrascht nicht, dass viele der Länder mit „sehr ernsten” oder „gravierenden” Werten als instabil gelten. Von Menschen verursachte und natürliche Katastrophen können Individuen und Gemeinschaften, die ohnehin schon arm sind, in noch tiefere Armut und Hunger stürzen. Ernährungssicherung ist daher ein wesentlicher Aspekt jeglicher Bemühungen, die eine Stärkung der Widerstandsfähigkeit gefährdeter Menschen (Resilienz) zum Ziel haben. Gleichermaßen müssen Ernährungssicherungsprogramme so geplant und umgesetzt werden, dass sie zu einer Stärkung der Widerstandsfähigkeit beitragen.

Arme Menschen sind seit jeher verwundbar gegenüber saisonalen Hunger-Perioden, Dürren und anderen natürlichen oder von Menschen verursachten Katastrophen. In jüngeren Jahren wurde ihre Vulnerabilität noch verschärft: Sowohl die globale Nahrungsmittelpreis- und die Finanzkrise als auch große humanitäre Krisen wie die wiederkehrenden Dürren in der Sahelzone und am Horn von Afrika trugen dazu bei, dass die Widerstandskräfte vieler Menschen weiter dahinschwanden. Solche kurzfristigen Schocks haben langfristige Folgen.

Konzeptionell wurde der Resilienz-Ansatz erweitert: Er beinhaltet nicht nur die Fähigkeit, leichten Krisen standzuhalten, sondern auch die Fähigkeit von Krisen mittlerer Intensität zu lernen und sich daran anzupassen, sowie wirtschaftliche, soziale und ökologische Strukturen als Reaktion auf schwere Krisen zu verändern.

Dieses Verständnis von Resilienz könnte dazu beitragen, die Gräben zwischen Nothilfe und Entwicklungszusammenarbeit zu überwinden. Indem dieses Konzept kurzfristige Krisen mit langfristigem Systemwandel verknüpft, gibt es uns ein umfassenderes Bild der Faktoren, die dazu führen, dass Menschen in Armut oder Ernährungsunsicherheit abgleiten. Es verdeutlicht außerdem, wie entscheidend es ist, soziale Dynamiken und Verhaltensmuster verwundbarer Bevölkerungsgruppen besser zu verstehen.

In der Praxis stellt die Umsetzung des Resilienz-Konzeptes allerdings eine Herausforderung dar. Zunächst müssen sich die Akteure der Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe auf eine gemeinsame Definition von Resilienz einigen. Des Weiteren sind Resilienz, Vulnerabilität und Bewältigungs- und Anpassungsstrategien schwer messbare Phänomene: Krisen sind per se oft kurzfristige, unvorhersehbare Ereignisse, die häufig schwer erreichbare Bevölkerungsgruppen an abgelegenen Orten treffen. Zudem sind die Bewältigungs- und Anpassungsstrategien häufig äußerst komplex.

Concern und Welthungerhilfe sind überzeugt, dass Bemühungen zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit auf Gemeindeebene gute Erfolge erzielen können. Sie greifen auf Erfahrungen mit ihren eigenen Programmen im Kampf gegen Unterernährung, meist in ländlichen Gebieten, zurück. Haushalte im Norden Haitis etwa konnten ihre Ernährungssicherheit verbessern, indem die grundlegenden strukturellen Ursachen der Vulnerabilität angegangen wurden und ergänzend Nothilfemittel flexibel und zielgerichtet eingesetzt wurden. Erfahrungen aus der Sahelzone und dem Horn von Afrika zeigen einige Voraussetzungen auf, die gegeben sein müssen, um die Widerstandsfähigkeit auf Gemeindeebene zu stärken.

Die Empfehlungen in diesem Bericht bieten der internationalen Gemeinschaft, den Gebern und Entscheidungsträgern in ernährungsunsicheren Ländern sowie Fachleuten aus Entwicklungszusammenarbeit und humanitärer Hilfe eine Orientierung, wie Menschen dabei unterstützt werden können, widerstandsfähiger zu werden und Hunger zu überwinden.

Es ergibt nicht nur mehr Sinn, die Ursachen wiederkehrender Krisen anzugehen, anstatt nur auf die Auswirkungen zu reagieren, es ist auch wesentlich günstiger.

Europäische Kommission, 2012

 

01
DAS KONZEPT DES WELTHUNGER-INDEXES

Der Welthunger-Index (WHI) ist ein Instrument, mit dem die weltweite Hungersituation umfassend berechnet und dargestellt wird.1 Er wird jährlich vom Internationalen Forschungsinstitut für Ernährungs- und Entwicklungspolitik (IFPRI) berechnet, zeigt Erfolge und Misserfolge bei der Hungerbekämpfung auf und bietet Erklärungen für die Ursachen von Hunger und Ernährungsunsicherheit. Das Ziel des WHI ist es, die Öffentlichkeit für das Hungerproblem zu sensibilisieren und das Verständnis für regionale und nationale Unterschiede von Hunger zu steigern, um Initiativen zur Hungerbekämpfung anzustoßen.

BOX 1.1   KONZEPTE VON HUNGER

Der Begriff „Hunger” wird nicht einheitlich verwendet, was zu terminologischen Unklarheiten führen kann. Im allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnet „Hunger” ein Unbehagen, das von einem Mangel an Nahrung erzeugt wird. Die FAO definiert Hunger als eine Kalorienaufnahme von weniger als etwa 1.800 Kilokalorien am Tag; das ist das Minimum, das die meisten Menschen für ein gesundes und aktives Leben benötigen.* Der Begriff „Unterernährung” geht über die reine Kalorienzahl hinaus und bezeichnet eine unzureichende Versorgung mit Energie, Proteinen oder wichtigen Vitaminen und Mineralstoffen. Unterernährung ist das Ergebnis einer unzureichenden Nahrungsmittelaufnahme – entweder hinsichtlich der Menge oder der Qualität – oder einer mangelhaften Nährstoffverwertung aufgrund von Infektionen oder anderen Krankheiten, beziehungsweise einer Kombination dieser Faktoren. Die unzureichende Nahrungsaufnahme oder -verwertung wird ihrerseits durch mangelnde Verfügbarkeit oder mangelnden Zugang zu Nahrung auf Haushaltsebene, durch unzulängliche Gesundheitsfürsorge für Mütter und Kinder sowie durch einen nicht ausreichenden Zugang zu Gesundheitsdiensten, zu sauberem Wasser und zu Abwasserentsorgung verursacht. Der breiter angelegte Begriff „Fehlernährung” bezieht sich sowohl auf Unterernährung (Probleme des Mangels) als auch auf Überernährung (unausgewogene Ernährung, etwa durch die Aufnahme zu vieler Kalorien im Vergleich zum Bedarf, mit oder ohne eine zu geringe Aufnahme vitamin- und mineralstoffreicher Nahrungsmittel). Im vorliegenden Bericht bezieht sich der Begriff „Hunger” auf den Index, der auf den drei auf dieser Seite beschriebenen Indikatoren basiert.

* Die FAO berechnet den durchschnittlichen Mindestenergiebedarf einer Bevölkerung auf der Grundlage von deren Zusammensetzung nach Alter und Geschlecht. Der Bedarf ist von Land zu Land unterschiedlich (von ca. 1.650 bis über 2.000 Kilokalorien pro Person und Tag für 2010–2012 nach FAO 2013a). Die Unterernährung wird anhand des durchschnittlichen Mindestenergiebedarfs eines Landes geschätzt (FAO 2012).

Um verschiedene Dimensionen des Hungers widerzuspiegeln, fasst der WHI drei gleichwertige Indikatoren zu einem Index zusammen:

1. Unterernährung: der prozentuale Anteil der Unterernährten an der Bevölkerung (Indikator für den Anteil der Menschen, die ihren Kalorienbedarf nicht decken können);

2. Kindliche Unterernährung: der Anteil von Kindern unter fünf Jahren, die untergewichtig sind (Indikator für den Anteil der Kinder, die an Untergewicht oder Wachstumsstörungen oder beidem leiden); und

3. Kindersterblichkeit: die Sterblichkeitsrate von Kindern unter fünf Jahren (Indikator, der zum Teil das fatale Zusammenwirken von mangelnder Nährstoffversorgung und einem ungesunden Umfeld widerspiegelt)2.

Bei der Messung von Hunger bietet dieser multidimensionale Ansatz mehrere Vorteile. Er berücksichtigt sowohl die Versorgungslage der Bevölkerung insgesamt als auch die Ernährungslage der Kinder, für die Mangelernährung ein besonderes Krankheits- und Todesrisiko darstellt und eine fortdauernde Gefährdung der körperlichen und geistigen Entwicklung bedeutet. Darüber hinaus kann durch die Kombination unabhängig voneinander gemessener Indikatoren der Einfluss zufallsbedingter Messfehler verringert werden.3

Der WHI 2013 wird für 120 Länder ermittelt, für die Daten zu allen drei Indikatoren verfügbar sind und für die eine Berechnung des Hungers relevant erscheint. Einige einkommensstarke Länder wurden bei der Ermittlung des WHI nicht mit einbezogen, da die Verbreitung von Hunger dort sehr gering ist.

Der WHI kann nur so aktuell sein wie die Daten der drei Indikatoren, auf denen er beruht. Der WHI 2013 im vorliegenden Bericht berücksichtigt Daten aus den Jahren 2008 bis 2012 und damit die aktuellsten verfügbaren Zahlen auf Länderebene zu den drei WHI-Indikatoren. Damit ist er eine Momentaufnahme der jüngsten Vergangenheit und nicht der Gegenwart. Für einige Länder, wie Afghanistan, die Demokratische Republik Kongo, Irak, Myanmar, Papua-Neuguinea und Somalia, kann der WHI nicht errechnet werden, weil keine ausreichenden Daten zur Unterernährung vorliegen.

BOX 1.2   WIE DIE WHI-WERTE BERECHNET WERDEN

Der WHI-Wert eines Landes wird berechnet, indem der Mittelwert aus dem Prozentsatz der Unterernährten in der Bevölkerung, dem Prozentsatz der untergewichtigen Kinder unter fünf Jahren und dem Prozentsatz der Kinder, die vor ihrem fünften Geburtstag sterben, gebildet wird. Diese Berechnung ergibt eine 100-Punkt-Skala, auf der 0 (kein Hunger) der beste und 100 der schlechteste Wert ist, wobei keiner der Extremwerte in der Praxis erreicht wird. Ein Wert von 100 käme nur dann zustande, wenn alle Kinder vor ihrem fünften Geburtstag sterben würden, die gesamte Bevölkerung unterernährt und alle Kinder unter fünf Jahren untergewichtig wären. Ein Wert von Null würde bedeuten, dass in einem Land keine unterernährten Menschen und keine untergewichtigen Kinder unter fünf Jahren lebten und kein Kind vor seinem fünften Geburtstag sterben würde. Die Skala auf der rechten Seite zeigt den Schweregrad des Hungers – von „wenig” bis „gravierend” – verbunden mit dem Spektrum der möglichen WHI-Werte.

Die Basisdaten des WHI werden kontinuierlich von den Vereinten Nationen (UN) überarbeitet, und diese Überarbeitungen werden in den jährlichen WHI-Berichten berücksichtigt. Während die Korrekturen zu einer stetigen Verbesserung der Datenqualität führen, haben sie gleichzeitig zur Folge, dass die WHI-Werte aus Berichten verschiedener Jahre nicht miteinander vergleichbar sind. Der vorliegende Bericht führt neben dem aktuellen WHI noch WHI-Werte für vier weitere Referenzjahre auf – 1990, 1995, 2000, 2005 – und erweitert somit den Spielraum der Trend-Analyse im Vergleich zu früheren Berichten.

Die vorliegenden Werte für den WHI 1990, 1995, 2000, 2005 und den WHI 2013 wurden auf Grundlage der aktuellsten überarbeiteten Daten für die drei Indikatoren des Indexes errechnet.2 Soweit keine Originaldaten vorlagen, wurden auf Grundlage der aktuellsten Werte, die verfügbar waren, Schätzungen für die WHI-Indikatoren vorgenommen. Detailinformationen über die Datenquellen und die Berechnung der Werte des WHI 1990, 1995, 2000, 2005 und des WHI 2013 finden sich in Anhang A.

Die Daten der drei Indikatoren, aus denen die WHI-Werte im vorliegenden Bericht berechnet werden, stammen aus den folgenden Quellen: