Vorwort des Herausgebers

Jane Austen starb im Jahre 1817, ein Jahr nach der Geburt von Charlotte Brontë (*1816), und ein Jahr vor der Geburt von Emily Brontë (*1818). So unterschiedlich die Werke dieser Frauen auch scheinen, so verwoben sind doch die literarischen Schicksale. Sowohl Austen als auch die Brontë-Schwestern entstammten protestantischen Pfarrersfamilien im ländlichen England. Jane Austen wuchs in Steventon, im Süden des Landes, etwa 100 Kilometer südöstlich von London auf, die Brontës lebten im Norden, etwa 100 Kilometer nordwestlich von Liverpool. Als die Brontë-Schwestern (als dritte im Bunde Anne Brontë) heranwuchsen, galt Jane Austen bereits als literarischer Superstar. Sie war für die Brontë-Schwestern nicht unbedingt ein Vorbild – aber eine Schriftstellerin, an der man sich abarbeiten konnte; eine, die Maßstäbe setzte. Aber auch eine, die man mit dem eigenen geschliffenen Verstand, der den Brontë-Schwestern zu eigen war, übertreffen wollte.

Das Rennen geht aus heutiger Sicht knapp zu Gunsten von Jane Austen aus, obwohl ihr Emily Brontë mit ›Wuthering Heights‹ (›Sturmhöhe‹) knapp auf den Fersen ist. In einer denkwürdigen Live-Debatte (Jane Austen vs. Emily Brontë: Who's the Queen of English Literature?)[1] konnte am 26. Februar 2014 das englische Publikum darüber entscheiden, wer die ›Königin‹ der englischen Literatur sei. Vertreten von ›Anwälten‹ – einem Literaturprofessor und einer Schriftstellerin – die die Vorzüge der jeweiligen Autorin priesen, und mit Schauspielern, die markante Textstellen vorlasen, ergab sich am Ende ein knappes Publikumsvotum von 51 zu 47 Prozent zu Gunsten von Jane Austen. Erstaunlich aber: Die Probeabstimmung vor der Debatte hatte ergeben: Austen: 55 Prozent; Brontë: 24 Prozent; unentschieden: 21 Prozent. Die gesamte Wechselwählerschaft war also zu Gunsten Emily Brontës ausgefallen.

Brillant sind sie beide. Austen ist die unbestrittene Königin der charmanten, süffisanten und ironischen Dialoge, Emily Brontë aber die Meisterin des inneren Monologs und der düsteren Beschreibungen.

Sonne und Schatten, Spielerei und Todesahnung – Gründe für die jeweils unterschiedlichen Wege, die das Talent sich suchte, sind nicht schwer zu finden. Jane Austen wuchs viel behüteter auf, sie war der Augapfel ihres Vaters, der sie förderte und sie nach Lust und Laune in seiner umfangreichen Bibliothek stöbern ließ – während die Brontë-Schwestern eine Kindheit ohne jeden Zuckerguss durchlebten. Sie galten als Mädchen nicht viel, wurden kujoniert und schikaniert, und was für ihren Vater zählte, war alleine die »Schicklichkeit«. Kleinliche bigotte Pedanterie beherrschte das Leben, unbeschwertes Spielen ›verderbe den Charakter‹, das Leben hatte ernst zu sein. Zwei der fünf Schwestern starben im Kindesalter, auch die Mutter starb früh, und die Tante konnte kein echter Mutterersatz sein. Die literarische Phantasiewelt wurde für die Brontë-Schwestern zum Überlebensraum, während sich Jane Austen – literarisch nicht weniger gekonnt, aber existentiell auf ganz anderem Niveau – am Luxusproblem der Partnerfindung abarbeitete.

Sowohl die Bücher Jane Austens, als auch jene der Brontë-Schwestern sind über die Jahre zu phänomenalen Longsellern geworden, die ihresgleichen suchen. Und zu Recht, denn sie sind heute genauso lesenswert, wie vor zweihundert Jahren. Das ist umso bemerkenswerter, als den dreien in diesem eBook versammelten Schriftstellerinnen nur eine recht kurze Schaffensperiode beschieden war. Jane Austen starb im Alter von 41 Jahren, Emily Brontë sogar schon mit 30, und Charlotte Brontë wurde 39 Jahre alt.[2]

© Redaktion eClassica; 2. Auflage, 2017

 

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Anmerkungen:

[1] Podiumsdiskussion mit Abstimmung, live im Internet übertragen, ausgerichtet von ›Intelligence2 The world of Debate‹

›Jane Austen vs. Emily Brontë – The Queens of English Literature‹

Debatte, mit den ›Anwälten‹ John Mullan (Prof. für Englische Literatur) und Kate Mosse (Autorin) und als Vorleser/Sprecher die Schauspieler Dominic West, Sam West, Mariah Gale und Eleanor Tomlinson

Quellen: • http://www.intelligencesquared.com/events/jane-austen-vs-emily-bronte/

• http://www.theguardian.com/books/2014/feb/28/jane-austen-v-emily-bronte-queen-english-literature

[2] Die dritte der literarisch produktiven Brontë-Schwestern, Anne, wurde sogar nur 29 Jahre alt. Ihr bekanntestes Werk ist ›Agnes Grey‹

 

 


Inhalts-Übersicht

Klappentext Stolz & Vorurteil (Jane Austen)

Die Zukunft Elizabeth Bennets hängt, so zumindest sind die gesellschaftlichen Spielregeln der Zeit, davon ab, eine ›gute Partie‹ zu machen. Denn das Erbe der Familie wird damals nur in männlicher Linie weitergegeben und fällt mangels eines direkten Nachfahren der Bennets einem entfernten Cousin zu.

Elizabeths Selbstvertrauen bleibt davon unberührt: Einen gönnerhaft gestellten Heiratsantrag ihres Cousins weist sie salopp ab. Aber gleichzeitig verstellt ihr ihr Stolz auch den Blick auf den wahren Charakter ihrer Mitmenschen. Als drei Junggesellen das Nachbaranwesen der Bennets, Netherfield, beziehen, fällt ihre Wahl zunächst auf den prahlerischen Offizier Mr. Wickham.

Die zurückhaltende Art des vermögenden Mr. Darcy dagegen deutet sie als kühle Arroganz. Als Darcy auf dem Ball in Netherfield dann auch noch einen Tanz mit ihr ausschlägt, kennt Elizabeths Wut keine Grenzen ...

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Klappentext Emma (Jane Austen)

Emma Woodhouse, eine schöne, intelligente und etwas arrogante junge Frau von 21 Jahren, lebt mit ihrem Vater in Highbury, einem Dorf in der Nähe von London. Die Woodhouses gehören zu den ersten Familien im Ort. Emma hat sich geschworen, niemals zu heiraten, aber sie findet höchsten Gefallen daran, die Liebesdinge der Menschen in ihrer Umgebung zu manipulieren und in Bahnen zu lenken.

Bei all dem erkennt Emma sehr wohl die Liebe als mächtiges Bindungsmittel zwischen den Menschen an, betrachtet sie aber, je nachdem, als Mittel zum Zweck, um bestimmte Ziele zu erreichen – oder gar als störendes, albernes Beiwerk. Als ein Mr. Elton ihr seine Liebe gesteht, fühlt sie sich regelrecht angewidert. Und dass sie sich von Frank Churchill angezogen fühlt, hat weniger mit Liebe, als mit der Sehnsucht nach Abenteuer zu tun ...

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Klappentext Sturmhöhe (Emily Brontë)

›Sturmhöhe‹ gehört zu den großen epischen Familienerzählungen, und ist in eine Reihe mit ›Vom Winde verweht‹ oder ›Doktor Schiwago‹ zu stellen. Die Geschichte ist so bewegend, weil sie – wie jeder dieser großen Romane – archaische menschliche Gefühle zur Triebfeder macht: Liebe, Hass, Schmerz, Sehnsucht, Ehrgeiz, Stolz.

In ›Doktor Schiwago‹ ist es die Liebe, in ›Vom Winde verweht‹, sind es Sehnsucht und Stolz, doch in ›Sturmhöhe‹ ist es das zerstörerischste aller Gefühle, der Hass. Heathcliff heisst der (Anti-) Held, in dem sich dies kristallisiert, und der miterleben lässt, wie der Hass sich Bahn bricht ...

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Klappentext Jane Eyre (Charlotte Brontë)

›Jane Eyre‹ ist eine moderne Aschenputtelgeschichte. Das Ringen zwischen Fremdbestimmung und Autonomie ist das Spannungsfeld, in dem sich Jane Eyre von der ersten Seite des Buches an bewegt. Zunächst als Waisenkind fast völlig entrechtet, im Lauf der Entwicklung immer mehr Möglichkeiten gewinnend, und am Ende frei und unabhängig.

Der Roman ist keine Autobiographie, wie der Untertitel suggeriert, aber er trägt durchaus autobiographische Züge der Autorin Charlotte Brontë. Die Protagonistin Jane Eyre wird als »einfaches, ruhiges und intelligentes Mädchen mit einer leidenschaftlichen Seele und einer Neigung zu unangebrachter Direktheit und Ausbrüchen« beschrieben, und dürfte damit auch charakterlich ihrer Schöpferin wesensverwandt sein.

Jane ist in ihrem Denken, Auftreten und Handeln eine für die damalige Zeit sehr unkonventionelle Frau, für die man im Laufe der Lektüre immer mehr Sympathien entwickelt.

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© Redaktion eClassica, 2. Auflage, 2017