Zum Titel

Der Buchtitel stammt aus einem Märchen der Gebrüder Grimm: Der treue Diener des Königssohns muss miterleben, wie der Prinz in einen Frosch verwandelt wird, und schützt sein Herz mit Eisenbändern, „damit es ihm nicht vor Weh und Traurigkeit zerspränge“. Nach der Erlösung des Prinzen ist lautes Krachen zu hören, und der „eiserne Heinrich“ erklärt ihm:

Es ist ein Band von meinem Herzen,
das da lag in großen Schmerzen,
als Ihr in dem Brunnen saßt
und in einen Frosch verwandelt wart.

Auch mein Herz war wie in Eisenringen gefangen, jetzt aber kann es leben und lieben.

 

 

 

Teil 5

 

Wir verstehen das Leben nur rückwärts,
aber gelebt werden muss es vorwärts.

Sören Kierkegaard

 

Im Rückspiegel

Wozu schreibt man seine Lebensgeschichte auf? Ich denke, jeder hat eine Geschichte, die erzählt werden will und die es wert ist, erzählt zu werden. Den größten Nutzen davon habe ich zunächst ganz persönlich: Indem ich sie erzähle, beginne ich zu verstehen. Dinge werden klarer. Aussöhnung findet statt. So habe ich es erlebt.

Am Anfang stand die furchtbare Zeit in der Gruppe mit Magda. Vor allem das wollte ich erzählen. Doch dadurch bekam ich einen besseren Zugang zu all den anderen, tief verborgenen Teilen meiner Persönlichkeit. Erinnerungen, die wie unter einem Schleier verborgen waren, kamen mir wieder, auch die guten, fröhlichen Erinnerungen. So manches Puzzleteil meines Lebens habe ich wiedergefunden und konnte es einordnen.

Auch deshalb habe ich selbst wohl am meisten davon.

Mein Mann und meine Kinder ermutigten mich zum Weiterschreiben, aber auch Freunde, die Teile meiner Lebensgeschichte kennen; sie haben keinen Zweifel, dass meine Erfahrungen manchem helfen können. Deshalb lasse ich auch so tief in meine „Herzensfalten“ hineinschauen. Es soll deutlich werden: Missbrauch „kommt nicht einfach so über mich“; Beziehungen zerbrechen nicht einfach deshalb, weil ich immer die falschen Menschen treffe; und auch ein „böser“ Mensch wird nicht böse geboren. Alles hat eine Geschichte, hat Ursachen. Und die gute Nachricht ist: Eben deshalb sind Veränderung und Korrektur möglich.

Hinter alldem sehe ich natürlich auch Gott, der genau wusste, was alles ins Rollen kommt, wenn ich mich meiner Geschichte auch auf diese Weise stelle.

Bei allem Zurückschauen war mir aber stets wichtig, nicht im Vergangenen hängenzubleiben. Es ist wie beim Rückspiegel: Zum sicheren Autofahren ist er absolut notwendig. Ich schaue hinein, um mir einen Überblick über die Verkehrslage zu verschaffen, um sicherer voranzukommen. Aber ich lasse mich nicht fesseln oder ablenken von diesem Blick in den Spiegel!

So ist es mit all den Schritten, die ich gerade auch in der Seelsorge gegangen bin: Obwohl das sehr intensive Zeiten waren, habe ich doch stets vorwärts gelebt; nur die wenigsten Menschen wussten um meine Kämpfe, meine Siege und Niederlagen. Nur selten habe ich mich für ein paar Tage ganz herausgenommen aus meinem Alltag, um Zeit und Ruhe zu haben für das, was Gott in mir aufrührte, anstieß, bewirkte.

In meinem „Rückspiegel“ kann ich verschiedene „rote Fäden“ erkennen, die sich durch mein Leben ziehen und die vielfach miteinander verwoben sind, Lebensthemen, die je und dann unterschiedlich stark in Erscheinung traten: zum Beispiel die Suche nach erwecklichem Christsein, die Frage nach dem Heiligen Geist, der Nationalsozialismus und die Folgen für unser Land allgemein in geistlicher Hinsicht und für mein ganz persönliches Leben sowie – rauf und runter und rundherum – das ganze Thema „Seelsorge“.

Erweckliches Christsein und der Heilige Geist

Wie froh bin ich, dass Gott dieses Thema nach den Irrwegen mit Magda mir wieder zugänglich gemacht hat! Ich erinnere den Leser an die Szene, als wir mit Peter zusammensaßen und er fragte: „War denn dann wirklich alles verkehrt, was wir geglaubt haben, wonach wir uns so gesehnt haben?“

Damals konnten wir noch nicht klar sehen; es war uns unmöglich, darauf eine Antwort zu finden.

Heute bin ich dankbar dafür, dass ich nicht das „Kind mit dem Bad ausschütten“ musste. Und mehr denn je bin ich davon überzeugt: Der Wunsch nach mehr Nähe zu Jesus, nach mehr von der Kraft Gottes, der Wunsch, dass das Bild und Wesen Jesu in uns Gestalt gewinnt und durch uns sichtbar wird – die Bibel nennt das Heiligung –, all das gehört zum Christsein dazu, ganz selbstverständlich, das ist gar nichts Besonderes. Auch in der Barnabas-Gemeinde gab es Geschwister, die aufrichtig mit Jesus lebten, sie folgten seiner Leitung und lebten ihm zu Ehre, auch wenn wir das vielleicht nicht wahrnahmen, weil wir andere Maßstäbe anlegten. Und ich weiß, dass es der Heilige Geist ist, der in uns dieses Werk tun will – wenn wir es wollen und zulassen.

Heute kann man hervorragende Lehre darüber hören, dass Gott mit uns zusammenarbeiten will; er tut nichts ohne unsere Zustimmung. Gott wirkt nicht „automatisch“ oder gar „über unseren Kopf hinweg“.

Das ist ein Spannungsfeld: einerseits „Alles ist Gnade“, andererseits tragen wir eine Mitverantwortung für unser geistliches Wachstum. Rainer Harter, der Gründer des Gebetshauses Freiburg, beschreibt das sehr anschaulich in seinem Buch Brannte nicht unser Herz?:

Und ja – es liegt zu einem guten Teil an Ihnen selbst, wie nahe Sie ihm kommen werden und wie hell das Feuer Ihrer Leidenschaft für Jesus brennt.

Manchmal treffe ich Christen, die nach einer Anleitung dafür suchen, Gott näherzukommen, ohne etwas dafür tun zu müssen. Ihre Sehnsucht nach Gott und ihre Bereitschaft, sich aktiv auf die Suche zu machen, sind noch im Ungleichgewicht. Sie rechtfertigen ihren Stillstand damit, dass man doch nichts tun müsse, weil Jesus bereits alles für uns getan habe.

Diese Aussage klingt schön und ist in gewisser Hinsicht auch richtig, aber sie entspricht nicht den Realitäten der persönlichen Beziehung zwischen Gott und Mensch. Ohne unsere aktive Suche nach Gott wird unsere Leidenschaft nicht wachsen.

Auch wenn es heute nicht mehr gern gehört wird: Christ zu sein bedeutet Selbstaufgabe, Opferbereitschaft und Kompromisslosigkeit. Es gibt ein Kreuz zu tragen. Es gibt einen Lauf zu vollenden. Es gibt ein partnerschaftliches Miteinander zwischen uns und dem lebendigen Gott.

Fangen Sie an, direkt aus der Quelle zu trinken anstatt vom abgepackten Wasser der Erfahrungen mit Gott, die andere gemacht haben. Werden Sie ein Selbstversorger.

Es ist völlig richtig, dass Leistung vor Gott nichts zählt – dann nämlich, wenn es um unseren Wert für ihn und seine Liebe zu uns geht. Aber das bedeutet nicht, dass wir nichts dafür tun können, Gott näherzukommen.

Zwar liebt uns Gott in genau dem gleichen Maße, ob wir „aus der Ferne“ an ihn glauben oder ihm ganz nahe sind, denn seine Liebe lässt sich nicht verdienen. Doch sie lässt sich finden und erleben.

Distanz muss und kann überwunden werden – aber dies erfordert einen aktiven Aufbruch, unser Handeln.

Es mag sein, dass die damalige Leitung der Barnabas-Gemeinde unser Anliegen tatsächlich für falsch, unbiblisch und übertrieben hielt. Das will ich nicht beurteilen. Wogegen sie sich allerdings mit Recht wandten, das war die Art und Weise, wie sie uns erlebten: zunehmend abhängig von Magda und keineswegs in gesunden Wachstumsprozessen, sondern bedrückt und unfroh, wie ich es von mir persönlich ja beschrieben habe. Meine damalige Verfassung bestätigte das Bild durchaus, das die Gemeindeleitung von uns hatte.

An dieser Stelle möchte ich ganz klar und nachdrücklich sagen: Kein Ziel, und sei es noch so hoch und heilig, richtig und wichtig, kein Ziel kann jemals rechtfertigen, dass wir Menschen entmündigen, ihnen ihre Freiheit oder Würde nehmen!

Jesus hat das nicht getan. Nie! Das ist nicht Gottes Art.

Aber leider erlebe ich es bis heute, dass Christen Erkenntnisse über bestimmte Glaubensinhalte, die ihnen persönlich wichtig geworden sind, zur alleinigen Richtschnur erheben. Und plötzlich liegen alle anderen falsch; es entstehen Kämpfe, Verletzungen, Trennung und Rechthaberei – bis hin zu Fanatismus.

Bei allem, was mir wichtig geworden ist, will ich mich immer fragen:

Worauf kommt es an?

Was ist Gott wichtig?

Was dient zum Guten?

Wenn ich recht haben will, kann ich nicht gleichzeitig beziehungsorientiert sein. Jesus hat uns etwas anderes gelehrt und vorgelebt. Obwohl er mehr Erkenntnis hatte, als wir je haben werden, legte er uns doch vor allen Dingen das ans Herz:

Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.

Johannes 13,35 (elb)

Deshalb glaube ich heute, dass es die Liebe Gottes ist, die Menschen zusammenhalten kann; sie ist das „Band der Vollkommenheit“, wie Paulus in Kolosser 3,14 schreibt.

Im Laufe meiner geistlichen Entwicklung habe ich verschiedene Konfessionen, Gruppen und Denominationen kennengelernt, erlebt und dann wieder verlassen; doch heute weiß ich im Rückblick alles, was mich in meinem Glauben vorangebracht hat, sehr zu schätzen. Alles – und ich bin Gott so dankbar dafür.

Heute glaube ich, dass alles nur Stückwerk ist, auch die verschiedenen christlichen Denominationen, theologischen Schwerpunkte und Lehrgebäude; wir haben immer nur einen Teil der Erkenntnis. Wichtig ist der „gemeinsame Nenner“: das Bekenntnis, dass Jesus Christus der menschgewordene Sohn Gottes ist, der Erlöser und Retter der Welt und der, der die Gemeinschaft mit Gott wiederherstellt.

Wer auch immer dieses Bekenntnis lebendig und klar im Herzen hat, mit dem kann ich Gemeinschaft haben – wenn er es möchte. Auf dieser Grundlage kann ich, können wir gemeinsam Gott anbeten und die Einheit des Leibes Christi leben. Deshalb bin ich noch immer begeistert von der Arbeit des Gebetshauses Freiburg, in dem alle Denominationen vertreten sind und wo in Anbetung und Fürbitte Einheit gelebt wird.

Natürlich bleibt die Frage, wie ich mit anderen (meiner Meinung nach zweitrangigen) geistlichen Themen und Ansichten umgehe. Da wurde mir in den letzten Jahren wichtig: „Prüfet aber alles, und das Gute behaltet“ (1. Thessalonicher 5,21).

Das verstehe ich momentan so: Das, was ich heute als gut, hilfreich, fördernd erlebe, das darf ich auch übernehmen, ausprobieren. Und das, was mir (noch) nicht einleuchtet, das lasse ich weg, aber ohne es zu verurteilen; Menschen, die anders leben, glauben, beten, brauche ich deshalb noch lange nicht zu attackieren – was leider oft geschieht.

Ebenso will ich auch den anderen zugestehen, dass meine Themen – obwohl ich sie natürlich für wichtig erachte – für sie momentan nicht unbedingt wichtig sind: zum Beispiel die Aufarbeitung der Vergangenheit, Seelsorge, Versöhnungsarbeit …

Es kann immer nur ein Angebot sein – manche greifen zu, andere nicht.

Und wo sind nun all die großen Träume geblieben? Die Sehnsucht nach Erweckung? Der Wunsch, dass die Christenheit in unserem Land noch einmal aufwacht und erkennt, was für einen starken, wunderbaren Gott wir haben?

All das brennt immer noch in meinem Herzen; ich bewege es oft im Gebet. Und vielleicht geschieht es auf diesem Weg: indem Beziehungen heil werden, indem wir wieder liebesfähig werden, barmherzig, mitfühlend – eben so, wie Jesus es vorgelebt hat.

Immer noch glaube ich, dass Gott gerne mehr von seiner Kraft, von der übernatürlichen Welt, sichtbar machen will, auch in unserer Zeit. Gott ist Gott, er verändert sich nicht, er ist immer noch durch und durch gut und er ist heute so souverän wie eh und je, immer noch so allmächtig wie damals, als er Himmel und Erde schuf. Wenn er nur das tun könnte, was ich mir vorstellen kann – wäre er dann Gott?

An dieser Stelle möchte ich noch einmal auf das Thema „Heiliger Geist“ zurückkommen. Ich habe ja ausführlich berichtet, welche Wege ich da gegangen bin, wie ich nach und nach verstand, dass er viel mehr ist als der Tröster und Beistand. Er ist die dritte Person Gottes, die in diesem Zeitalter nach der Himmelfahrt Jesu wirkt; er ist lebendig, kraftvoll, gibt uns Autorität und Würde.

Wenn wir ihn dämpfen, fehlen nicht nur seine übernatürliche Kraft und Gaben; auch die „Frucht“ des Geistes – Liebe, Freude, Friede, Geduld, Sanftmut (Galater 5,22) – ist oft nur spärlich vorhanden. Ohne das Wirken des Heiligen Geistes bleibt uns nur ein anstrengendes Christsein in eigener Kraft.

Hierher gehört auch das Bild vom Segelboot, das die Segel nicht gesetzt hat. Der Wind ist da, die Segel sind da – aber sie sind zusammengerollt und festgezurrt, man rudert lieber.

Noch eine Nachbemerkung zum Thema „Okkultismus und Dämonen“. Manchem Leser mag die Vorstellung von Gott und seinem Gegenspieler (Satan und seine finsteren Mächte = Dämonen) befremdlich scheinen. Ich mute es meinen Lesern dennoch zu, weil ich beide Seiten für real und existent halte. So finde ich es in der Bibel, und ich sehe keinen Grund, es anders hinzubiegen. Wer diese Vorstellung für wahr halten kann, dem liefert sie eine Menge Erklärungen, auch für vieles, was heute in der Welt vor sich geht.

Überhaupt ist das mit Gott und dem Glauben an Jesus Christus eine sehr logische und schlüssige Sache; ich kann nur ermutigen, sich damit zu befassen.

Der Nationalsozialismus und seine Folgen

Das Thema „Nationalsozialismus“ wurde mir zum ersten Mal bewusst, als ich 15 Jahre alt war. Zu Hause wurde darüber geschwiegen, aber meine Geschichtslehrerin fuhr mit uns nach Ihringen am Kaiserstuhl; und dort im Rathaus hörten wir etwas zu der Geschichte der Juden des Ortes und auch von ihrer Deportation. Anschließend besichtigten wir den jüdischen Friedhof des Dorfes, und so begann ein erstes Ahnen, dass diese Geschichte nicht nur „irgendwo in Deutschland“ stattgefunden hatte, sondern nahe an meinem Zuhause.

Dann die Zeit in Berlin, die Gebete in der Zeit mit Magda und die Bitten um Vergebung für Kriegsschuld und den Völkermord an den Juden – auch das waren Erfahrungen, die Spuren hinterließen und die durchaus mit dazu beitrugen, dass ich offen wurde für Gottes Wahrheit.

Dankbar bin ich auch für spätere Begegnungen mit Menschen, die mir eine Liebe zu Gottes Volk und dem Land Israel ins Herz legten wie einen Samen, zum Beispiel die Beterinnen im Gebetshaus.

Immer wieder beschäftigte ich mich mit den geistlichen Auswirkungen der NS-Ideologie: Welche Position hatten die Kirchen eingenommen, welche meine Gemeinde? Man weiß von einzelnen, tapferen Widerstandskämpfern bis hin zum Märtyrertod, und wie viele haben „nicht mitgemacht“ und bekamen vielleicht von dem neuen Mächtigen im Dorf zu hören: „Nach dem Endsieg kommt ihr nach Sibirien, für solche wie euch ist bei uns kein Platz!“

Aber wie stand es um die vielen Gemeinden in den Dörfern und Städten – in dieser dunklen Zeit der Einmischung des Staates, der Gleichschaltung bis ins kirchliche Leben hinein, als die Einheitstheologie der „Deutschen Christen“ Geltung erlangen sollte? Wo war die Gabe der Geisterunterscheidung, die rechtzeitig hätte warnen können, so dass man Orientierung gehabt hätte und Stellung hätte beziehen können? Und wo sie vorhanden war: Fehlte es dort vielleicht an Kraft oder Mut oder Verantwortungsbewusstsein, dass man die Stimme nicht lauter erhob?

Die Spannung zwischen den Christen, die sich zur „Bekenntnisfront“ hielten, und denen, die mit den „Deutschen Christen“ sympathisierten, war auch in den landeskirchlichen Gemeinschaften und den Freikirchen zu spüren; das geht auch aus der Festschrift zum hundertjährigen Bestehen der Barnabas-Gemeinde hervor.

Ich habe es ja am Anfang meines Berichtes erwähnt, dass ich keinen offenen, ehrlichen Umgang mit diesen Fragen erlebte, weder zu Hause noch in der Gemeinde. Und so manches, was ich dann als bedrückend, unfroh und unfrei erlebte, sehe ich heute als Folgen an – Folgen von Trauma, Schuldgefühlen und Scham. Eine schwere Bürde!

Ohne Verdrängung kann das wohl kaum funktionieren; oder wie kann man damit leben, wenn man weiß oder auch nur ahnt, dass es nicht recht war, wegzuschauen, zu schweigen, mitzulaufen? Und wenn man heute, im Nachhinein weiß: „Ich hätte es trotzdem nicht anders machen können“? Und wenn man gleichzeitig bekennen muss: „Ich hätte es aber anders machen müssen!“?

Auch das soll keine Anklage sein. Wer bin ich, dass ich behaupten könnte, ich wäre mutiger gewesen angesichts der Gewalt der Herrschenden in jenen finsteren Jahren?

Aber auch hier gilt: Die Wahrheit wird euch frei machen. Ein ehrliches Bekenntnis wäre heilsam: „Ja, ich ahnte – oder wusste –, was richtig gewesen wäre, aber ich hatte Angst. Ich brauche Vergebung – und Trost.“ Ein solches Wahrwerden wäre heilsam, es würde uns an das Herz des Gottes führen, der in Jesus Mensch wurde, um all unsere Schwachheiten verstehen zu können und sie zu tragen.

Seit dem Krieg gab und gibt es immer wieder Männer und Frauen des Glaubens, die stellvertretend Buße taten für all das Schreckliche, das in unserem Land geschah. Mit Sicherheit trugen sie dazu bei, dass seit Ende des Zweiten Weltkriegs und nach dem Holocaust vieles wieder gut wurde in unserem Land, ja, dass geistliche Aufbrüche stattfinden konnten. Aber in meinem persönlichen Umfeld erlebe ich bis heute nur wenig Bereitschaft, sich aufrichtig mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen.

Wie dankbar bin ich trotzdem, dass heute eine Auseinandersetzung mit diesen Themen möglich ist und dass nicht mehr nur Schweigen herrscht. Es gibt inzwischen ausgezeichnete Literatur über Kriegsschuld und Kriegstrauma und auch zu den weitreichenden Folgen des nationalsozialistischen Gedankenguts. Man kann darüber reden, fragen, denken und gründlich umdenken – wenn man will.

Ich glaube, dass Gott unserem Volk und Land vergeben hat, was wir verbrochen haben. Unserem Land geht es gut; auch die sichtbaren Kriegsfolgen sind verschwunden – Deutschland ist kein geteiltes Land mehr.

Und doch tragen viele noch die inneren Trümmer in sich; die Folgen der „Anleitung zur Beziehungsunfähigkeit“ à la Johanna Haarer sind zumindest in meiner Generation noch sichtbar und spürbar. Viele wundern sich oder leiden darunter, dass tragfähige und dauerhafte Beziehungen so schwierig, wenn nicht sogar unmöglich sind. Sie leiden vielleicht auch an tief sitzenden Lebensängsten.

Wenn es Sie berührt, das zu lesen, dann möchte ich Ihnen ans Herz legen: Lesen Sie die Bücher, die ich unter „Buchtipps“ zusammengestellt habe, und schauen Sie Ihre eigene Geschichte an. Tun Sie das behutsam, und wenn es Ihnen möglich ist, tun Sie es betend. Denn es soll Ihnen nicht eine Maske vom Gesicht reißen und Sie nackt dastehen lassen, es soll Ihnen nicht weitere Schuldgefühle aufbürden, Sie nicht im Vergangenen festhalten, sondern es soll Ihnen zum Guten dienen – zu einem befreiten Leben im Jetzt und Hier.

Kummer und andere Gefühle

Aber zurück zu meiner eigenen Geschichte, zu den Folgen, die das nationalsozialistische Gedankengut für mein Leben hatte. Meine Mutter ist früh gestorben, ich kann sie nicht mehr fragen und habe auch sonst keine „Beweise“ für die Vermutung, dass ihr Erziehungsstil einen Nazi-Unterbau hatte. Ich kann mich nur auf die Signale meines Herzens stützen, die es mir gab, besonders wenn ich Bücher zu diesem Thema las. Zitate, Familienbeschreibungen, Erziehungspraktiken und Stimmungen sowie die Spätfolgen bei den Erzählern fanden in mir mitunter starken Widerhall, und so manches wurde mir schlagartig klar.

Viele Jahre hatte ich die melancholische Grundstimmung meines Lebens nur auf die Krankheit und den frühen Tod meiner Mutter zurückgeführt – und auf die große Last, die dadurch auf unserer Familie ruhte. Sicher spielt das auch eine Rolle; was dabei aber am schwersten wog, das kann ich nicht sagen: Waren es die Krankheit, die Abwesenheit und der Tod der Mutter? Waren es ihre Erziehungsmethoden, gespeist aus dem Gedankengut der Nazizeit, mit dem sie sich nie kritisch auseinandergesetzt hatte? War es die „Gewitterstimmung“, die bei uns herrschte, sobald die Mutter zu Hause war? Oder war es, weil sie die Personen, die sich um mich kümmerten – Papa, Esther und auch Klaus – immer wieder unter Druck setzte und beschimpfte, oft sogar meinetwegen?

Eines kann ich sicher sagen: Meine Antwort auf unsere Familiensituation war Kummer.

Aber in den Köpfen und Herzen der Nachkriegszeit klangen noch die Parolen vom „stahlharten Deutschtum“, und sie wurden unerkannt übernommen von der Nachfolge-Generation. Sollte man denn Trauer und Gefühle überhaupt zulassen – sollte man denn womöglich „auf den Trümmern sitzen und heulen“?

So verschloss ich meine Not in meinem Herzen, denn ich hatte bald verstanden, dass Kummer nicht weiterbringt. Das Leben wurde schwer und traurig für mich, aber das fiel keinem auf. Ja, mein inneres Kind „saß auf den Trümmern und heulte“, aber es verstand die Botschaft: „Stell dich nicht so an, was willst du denn, dir geht es von uns allen doch noch am besten!“ (Diese unterschwellige Botschaft klingt bis heute in mir.)

Ich war schließlich die Kleine, die sich hinter den anderen verstecken konnte, die man vielleicht aus dem Zimmer schob, wenn es bösartig wurde; all das Schlimme bekam ich ja nicht wirklich mit, das meinten sie jedenfalls. Und ausgerechnet ich wollte weinen?

Das alles verwirrte mein Herz; zum Schmerz gesellten sich Schuld- und Schamgefühle, ein Sich-Verstecken-Wollen, das bis heute in mir „abrufbar“ ist.

Während meine Geschwister enorme Fähigkeiten entwickelten, sich nicht unterkriegen zu lassen, sondern immer wieder aufzustehen und tüchtig anzupacken, habe ich bis heute in Krisensituationen das Gefühl: Hier müsste erstmal geweint und getrauert werden! Oft bin ich wie erstarrt – in mir „weint es“, aber es fällt mir nichts Hilfreiches ein, was ich tun könnte.

Und ich entwickelte Sensoren für jeglichen Kummer in meiner Umgebung; immer wieder fühlte ich mich verantwortlich dafür, ihn zu tragen, wenn ich ihm schon nicht abhelfen konnte.

Gehorsam und Anpassung

Mit meiner Entscheidung, um jeden Preis ein gehorsames Kind zu sein, stellte ich die Weichen für den Missbrauch in späteren Jahren: Immer wieder suchte ich mir starke Personen, die mir ganz klar sagten, was zu tun ist, worauf es ankommt. Alles Eigene konnte ich fast vollständig unterdrücken, wenn ich dafür Anerkennung und Wohlwollen erntete.

Ich habe dieses Thema bewusst unter die Überschrift „Nationalsozialismus“ gestellt, auch wenn ich wohl weiß, dass in anderen Systemen natürlich genauso Missbrauch geschieht. Aber gerade dieses Ziel – Gehorsam bis zur Selbstaufgabe – war Kernstück der Erziehung im Dritten Reich. Mein Herz hatte sich früh entschieden, solch ein gehorsames Kind zu sein, und auch später entschied ich mich für den Weg der Selbstaufgabe.

Natürlich kam ich damit auch an meine Grenzen, und dann packte mich die Wut: Wut auf die Menschen, die mein Leben bestimmten – obwohl ich ihnen ja selbst die Erlaubnis dazu gegeben hatte! –, Wut auf meine scheinbare Ohnmacht, dass ich mich nicht wehren konnte gegen Dinge, die ich nicht wollte. Doch dann gewann wieder der Wunsch die Oberhand, das Richtige zu tun, das, was eine starke Person mir sagte.

Magda war solch eine starke Person; sie trat zu einem Zeitpunkt in mein Leben, den man früher „Adoleszenz“ nannte, das ist das Alter zwischen18 und 21. In dieser Zeit wird die Persönlichkeitsentwicklung abgeschlossen; man wird erwachsen.

Bis dahin hatte ich ja immer wieder vorsichtig versucht, Freundschaft zu leben, und während meiner Ausbildung erlebte ich mit meinen Kolleginnen tatsächlich unbeschwerte, fröhliche Zeiten; natürlich gab es dabei auch Konflikte, doch konnte ich Lösungen dafür finden.

Nun aber entschloss ich mich, Magda zu folgen, und begab mich unter ihre starke Führung, die meinen Wunsch nach Sicherheit bediente, meinen Wunsch nach klaren Vorgaben und großen Zielen. Die unbekümmerte Lebensfreude und Freiheit, die ich „auf der anderen Seite“ eine Zeit lang erlebt hatte, blieben dabei auf der Strecke; offensichtlich wusste ich sie nicht genügend zu schätzen.

Mit dieser Entscheidung zementierte ich meinen bis dahin gewachsenen Lebensstil: Ich versteckte die kleine Elke und versuchte, nach außen zu funktionieren. Das Ergebnis ist bekannt.

Warum Magda diese Prozesse, die uns mehr und mehr in die Abhängigkeit von ihr führten, nicht erkannte und beendete, weiß ich nicht. Auch ihr letzter Brief, den ich erst in diesem Jahr bekam, dem Jahr von „Wie einen eine Mutter tröstet“, gibt keine Hinweise darauf, dass sie es je erkannt hat. Dass sie von Herzen Jesus liebte und ihm dienen wollte, das spreche ich ihr auch heute nicht ab.

Ich würde sagen: Sie hat die Schattenseiten ihrer starken, „charismatischen“ Persönlichkeit nie erkannt. Mit dem, was ich heute weiß, ahne ich tief verborgene Defizite, die wir bedienen mussten; ich denke an unerkanntes Machtstreben, das sich mit der Faszination verband, die von ihr ausging, und uns so in blinden Gehorsam führte.

Damals war ein Reflektieren der eigenen Person weder üblich noch den meisten Menschen möglich.

Seelsorge

Auf diesem Gebiet hat sich in den letzten Jahrzehnten so viel bewegt! Zu der erst kürzlich erschienenen Autobiografie von Reinhold Ruthe Mit Gott für den Menschen heißt es: „[Er] gilt als Wegbereiter der psychologisch fundierten Seelsorge im deutschsprachigen, protestantischen Bereich … Unermüdlich arbeitete er daran, psychologische Erkenntnisse für die christliche Seelsorge nutzbar zu machen“ – und ich füge hinzu: sofern sie der Wahrheit der Bibel nicht widersprechen.

Wie dankbar bin ich, dass ich durch die Arbeit von ICL in Berührung gekommen bin mit solcher Art von Seelsorge. Hier kann ich rückblickend nur staunen über die liebevolle Fürsorge Gottes.

Er hat so wunderbare Gesetzmäßigkeiten in uns geschaffen. Leib, Seele und Geist funktionieren untereinander so wunderbar komplex, wahrlich unbegreiflich. Wenn etwas aus dem Gleichgewicht geraten ist – wer könnte besser verstehen, helfen und heilen als unser liebender, weiser, allmächtiger Schöpfer?

Der Weg, den ich in Begleitung durch ICL gegangen bin, war für mich die wesentliche Hilfe, um in die Freiheit zu kommen. Ich fand Zugang zu tiefen, verborgenen Lebenswunden, kam meinen Lebenslügen auf die Spur und schuf so Raum für Gottes Wahrheit, die mich verändern kann und die zerbrochenen Anteile meiner Persönlichkeit wiederherstellt. All das geschah „auf Augenhöhe“ zwischen meiner Seelsorgerin und mir, in Gleichwertigkeit und Würde, das war Balsam für meine Seele. Auf dieser Grundlage konnte ich dann auch andere Angebote ausprobieren: Heilungsgebet, Lossagegebete, Handauflegen, Proklamieren von Bibelversen …

Die säkulare Psychologie hat vieles erkannt, wie der Mensch funktioniert, wie er „verdrahtet“ ist. Für die Schlussfolgerungen, die sie daraus zieht, und die Therapien, die sie anbietet, gilt, was ich weiter oben bereits erwähnt habe: „Prüfet alles, und das Gute behaltet“; wenn das geschieht, können Erkenntnisse darüber, wie der Mensch funktioniert, mit einbezogen werden in Seelsorge und Gebet. Schade, dass viele Christen sich bis heute damit schwertun.

Als ich Anfang der 1970er-Jahre meinen Weg der bewussten Nachfolge Jesu begann, da steckte das alles noch in den Kinderschuhen. Auch die Erkenntnisse über Kindererziehung und die emotionale Entwicklung eines Kindes mit allem, was dazugehört, das alles bahnte sich erst allmählich einen Weg ins Bewusstsein. So wurde das Erziehungsbuch von Johanna Haarer erst Mitte der 1980er-Jahre „entlarvt“.

Als frischgebackener junger Christ hörte ich die Botschaft: „Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen …“(2. Korinther 5,17).

Dem war doch nichts hinzuzufügen, oder?

Ich schmetterte im Jugendkreis die Lieder, dass Jesus frei macht, dass er alles neu macht, dass ich nie mehr einsam oder traurig bin; und diese Lieder taten mir durchaus gut. Aber ich erlebte es nicht, fühlte mich nicht so. Dann kam die für mich verhängnisvolle Botschaft: „Auf die Gefühle kommt es doch überhaupt nicht an.“ Also, so schloss ich daraus, geht es mir gut, egal, wie ich mich fühle; das passte hervorragend zu meiner Lebenslüge, die ich ja schon verinnerlicht hatte.

elb)

Und noch eine andere Stelle fällt mir dazu ein:

[Du hast] mein Klagen in Tanzen verwandelt, hast mir das Trauergewand ausgezogen und mich mit Freude umgürtet.

Psalm 30,12 (eü)

Während ich das schreibe, tanzt mein Herz, weil ich es genau so erlebt habe. Es ist schon einige Jahre her, aber ich erinnere mich noch gut an jene Lobpreiszeit auf einer Seminarwoche; wir sangen das Lied, in dem es heißt: „Stiller Begleiter meiner einsamen Stunden; Freund bist du mir.“

Ich sah mich als Kind allein oben am Fenster sitzen; ich schaute den anderen im Hof zu, wie sie spielten – und fühlte mich einsam. Da kam Jesus herein und trat zu mir ans Fenster, nahm mich bei den Händen und fing an, mit mir durchs Zimmer zu tanzen! Er fand mich in meiner Einsamkeit und brachte mich zum Tanzen!

So ist Gott! Er sagt nicht: „Reiß dich zusammen, das ist doch nicht so schlimm …“ Von ihm habe ich das nicht ein einziges Mal gehört!

Heute weiß ich, dass nicht alles vollkommen anders wird, wenn Gott heilt und befreit. Ich verfolgte oft Ziele, die unrealistisch waren. Ja, Jesus bricht Ketten und „es bricht ein Band von meinem Herzen“, viele Bänder; aber ich bin ich, und die Menschen sind unterschiedlich. Ich werde wohl nie ein Beziehungslöwe werden, nie ein Initiator großer Taten, ein Stimmungsmacher, ein Anpacker.

Die Freiheit, die ich heute erlebe, heißt: Ich darf die sein, die ich bin. Ich muss nicht „anders“ sein, niemandem zuliebe muss ich das. Ich darf spüren, was in meinem Herzen lebt, und entdecken, welche Stärken da noch schlummern.

Und auch das, was aus tiefem Kummer geboren wurde, gehört zu mir, ist Teil von mir.

So behalte ich meine Fähigkeit, Kummer und Leid anderer Menschen tief mitzuempfinden, und diese Fähigkeit weiß ich zu schätzen. Aber heute stöhne ich nicht mehr über meine Unfähigkeit, tüchtig anzupacken, sondern ich sehe sie als „Gabe“, die mich motiviert, Fürbitte zu tun: Wenn ich nicht helfen kann, Gott kann! Deshalb sind Gebetszeiten keine Last für mich.

Auch die Art und Weise, wie ich Beziehung lebe bzw. als wie anstrengend ich Beziehung erlebe, ist zutiefst Teil meiner Persönlichkeit, wie Gott sie geschaffen hat und wie sie sich entwickelte; auch damit habe ich mich ausgesöhnt.

Ich bin ein introvertierter Typ, ich bin Melancholiker, und das ist gut so. Ich muss nicht mehr gegen mich selbst kämpfen; die Schuldgefühle sind weniger geworden, und ich sehe die gute Seite: Ich habe Zeit für anderes, und auch das braucht die Welt.

Über so manche Anteile meiner Persönlichkeit, deren ich mich früher schämte oder die ich überspielte, kann ich heute schmunzeln. Wenn wir zum Beispiel ein Restaurant betreten, kann es sein, dass in mir die altvertraute Frage hochkommt: Wo gibt es einen Platz, an dem mir niemand beim Essen zuschauen kann? Dann wende ich mich meinem Inneren zu und kontere mit einem Schmunzeln: Na, heute ist wohl wieder mal Verstecken dran?

Was ist, darf sein – und was sein darf, verändert sich!

Dieser Satz ist mir kostbar.

Heute kann ich sagen: Ich bin angekommen und trotzdem weiterhin unterwegs; ich befinde mich in Prozessen, in der Veränderung. Das ist spannend und wohltuend zugleich. Dass ich all das mit Kuno teilen, mich mit ihm darüber austauschen kann und bei ihm Verständnis und Ergänzung finde (auch bei meinen jetzt erwachsenen Kindern erlebe ich das), dafür bin ich sehr dankbar.

Ein Lied von Andrea Adams-Frey fasst das alles sehr schön zusammen:

Du machst mich frei von kranker Religion,
von Angst und Menschenfurcht.
Du machst mich frei von meiner Illusion,
von meiner Lebensflucht.
Du machst mich frei, zu staunen wie ein Kind,
das aus Vertrauen lebt.
Du machst mich frei, zu tanzen wie der Wind, von deinem Geist bewegt.

Das ist die Freiheit der Kinder Gottes,
das ist die Freiheit, die du uns gibst.
Das ist die Freiheit der Kinder Gottes,
so ist die Freiheit, weil du uns liebst.

Du machst mich frei, Versagen zu gestehen,
zu weinen, wenn es schmerzt.
Du machst mich frei, meine Fehler einzusehen,
zu lachen über mich selbst.
Du machst mich frei, zu tun, was mein Herz sagt,
auch wenn’s andern nicht gefällt.
Du machst mich frei von dem, der mich verklagt,
vom Urteil dieser Welt.

Du lässt uns Freiheit, selbst zu entscheiden:
Tod oder Leben, Fluch oder Segen.
Du lässt uns Freiheit, selbst dich zu meiden,
doch deine Liebe kommt uns entgegen.

Wo der Geist ist, da ist Freiheit,
wo der Geist ist, ist keine Furcht.

Mehr als alles

Alle diese Lebensthemen beschäftigen mich bis heute. Ich staune darüber, wie sie miteinander zu tun haben: Wo ich Einblick und Erkenntnis zu einem Thema bekam, da hatte es oft direkt Auswirkungen auf die anderen Bereiche.

Aber was mir vor allem bleibt, ist die Überzeugung, dass Gott unser Herz wichtiger ist als alles andere; das sieht man auch daran, dass er uns auffordert, darauf acht zu haben:

Mehr als alles hüte dein Herz,
denn in ihm entspringt die Quelle des Lebens.

Sprüche 4,23 (elb)

Wahrscheinlich hat er dieses Bestreben von Anfang an in uns hineingelegt. Am Anfang meines Lebens versuchte ich, mein Herz zu hüten, indem ich es fest verschloss, damit es nicht vor Kummer zersprang. Aber Gott sei Dank, er hat diese Eisenringe weggenommen; nicht mit Gewalt, sondern sanft und geduldig, und jetzt kann mein Herz wieder fühlen, mitfühlen – einfach leben.