WELT AUS DEN FUGEN 

Pax Britannia – Band 1

  

Jonathan Green


übersetzt von Rona Walter

  





This translation is published by arrangement with Rebellion. www.Abaddonbooks.com
Pax Britannia: Unnatural History © 2007, 2013 Rebellion.
All rights reserved. First Published by Abaddon Books, 2007. Pax Britannia, Abaddon Books and the Abaddon Books Logo are trademarks or registered trademarks of Rebellion Intellectual Property Limited. The trademarks have been registered or protection sought in all member countries of the European Union and other countries around the world. All rights reserved.

Impressum


Deutsche Erstausgabe
Originaltitel: UNNATURAL HISTORY
Copyright Gesamtausgabe © 2019 LUZIFER-Verlag
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

 

Cover: Michael Schubert
Übersetzung: Rona Walter

 

Dieses Buch wurde nach Dudenempfehlung (Stand 2019) lektoriert.

 

ISBN E-Book: 978-3-95835-427-2

 

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Einleitung

 

Der widernatürliche Ursprung
Ein Traktat der Ursprünge in der Welt von Pax Britannia,

oder

Woher die Ideen stammen

von Jonathan Green

 

Was Sie hier in Ihren Händen halten, ist die Kulmination aus beinahe drei Jahren Arbeit und etwas, worauf ich sehr stolz bin. Falls Sie neu sind in der Welt von Pax Britannia, der Steampunk-Fassung der uns bekannten Welt, in welcher alle Geschichten dieser Reihe angesiedelt sind, so ist nun wohl der angemessenste Zeitpunkt, Sie auf den neuesten Stand zu bringen:

In den abschließenden Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts sind die Normen des Britischen Empire noch immer so weitverbreitet wie eh und je. Königin Victoria ist kurz davor, ihr 160. Jubiläum zu zelebrieren, da sie mittels hochentwickelter Dampftechnologie am Leben erhalten wird. London hat eine wunderliche Ausweitung des Stadtrandes zu verzeichnen, wo Luftschiffe den Himmel durchstreifen, Roboter-Bobbys das Gesetz vertreten und Dinosaurier im Zoo bewundert werden können.

Willkommen in Magna Britannia, der dampfbetriebenen Welt voller wunderlicher Kreationen und dubioser Bösewichte. Hier kämpfen schneidige Dandys und schnurrbärtige Gauner um die Vorherrschaft, während unterhalb der Stadt lebende Kuriositäten die überfluteten Tunnel des alten Londoner Untergrundes aufmischen.

Man fragte mich regelmäßig, wie lange mir die Ideen für die Pax Britannia Reihe schon im Kopf umherschwirrten, bevor ich sie Abaddon Books (Originalverlag, Anm. der Übersetzerin) anbot. Anfänglich gab ich an, dass ich in der Nähe unterwegs war, ein paar Minuten entfernt. Ich erinnere mich, dass ich über eine Anzeige von Abaddon gestolpert war, die Mitwirkende für die vier Serien suchten, die sie damals in Bearbeitung hatten. Woran ich mich allerdings klammerte, war die Andeutung, dass der Verlagsleiter bereit wäre, auch neue Serien aufzunehmen. Es war diese Hoffnung, die mich anspornte, und so setzte ich mich hin und verfasste folgende E-Mail, die ich hier zum ersten Mal wieder hervorbringen möchte:

Es ist das Ende des zwanzigsten Jahrhunderts und Queen Victoria regiert noch immer an oberster Stelle, am Leben erhalten von einer Charles Babbage-artigen Schöpfung. Das Britische Empire bedeckt noch immer große Teile der bekannten Welt, ebenso wie den Mond und die umliegenden Planeten. Unterdessen wachsen Aufwiegelungen und die Unzufriedenheit mit den separaten Entwicklungen der Marsbewohner und deren ständigem Streben nach Macht und Einfluss. Alles, was Sie bisher in den viktorianischen Gothic-Novellen gelesen haben, ist wahr: Menschen können vom Tod wiedergebracht werden, Dinosaurier leben in abgelegenen Bereichen der Welt (und im Londoner Zoo!), und Darwins Evolutionstheorie wurde korrekt nachgewiesen – von etlichen labilen, aber erfahrenen Wissenschaftlern.

Aristokratische Stammbaumhalter der Vampire setzen sich in Osteuropa durch und graben ihre Klauen in die königliche russische Familie (Russland ist ein Prinzenstaat von Magna Britannia), Dampf- und Uhrwerkbetriebene Robotersklaven arbeiten neben den unterdrückten Unterklassen, während logisch denkende Maschinen der Führungsschicht helfen, ihren Machtanspruch in dieser überbevölkerten Welt aufrechtzuerhalten. Eisenbahnen beherrschen die Welt, und es gibt Städte mitten im Ozean. Weltweit haben sich die meisten Völker unter den britischen Maßstäben zusammengetan. Wissenschaftliche Arbeiten wurden in einer retrowissenschaftlichen Art und Weise wieder aufgenommen, abseits der unverrichteten Dinge unserer eigenen Welt. Nachdem die Weltraumreisen gemeistert werden konnten, bastelt man nun an den Zeitreisen.

In diese Kulisse setzen wir nun den höflichen Dandy und Galgenvogel Ulysses Lucian Quicksilver, gelegentlicher Abenteurer und Agent im Dienste des Thrones, der für schattenhafte Herren arbeitet, welche verzweifelt ein Regime zu erhalten versuchen, das seit 150 Jahren andauert und nun von innen heraus einzustürzen droht – also keineswegs mehr das ist, was es zu sein scheint.

Er bekämpft die Schurken in den zylindrischen Gewölben der Unterwelt mit raffinierter Eleganz, modischer Stilsicherheit und Schnauzbart. Unterstützung findet er dabei in seinem unerschütterlichen Hausdiener Nimrod, während die Uhr des Big Ben das Jahr 2000 ankündigt … und damit das Ende der Welt.

Wie Freunde der Serie erkennen können, änderte sich nur wenig an den anfänglichen Voraussetzungen; dem Original wurde seit damals eher noch mehr hinzugefügt als fortgenommen.

Um ehrlich zu sein, vernachlässigte ich die Idee etwas, wie ich selbst feststellte, als ich nach den Ursprüngen von Pax Britannia gefragt wurde. Für lange Zeit hatte ich sie in einer dunklen Ecke meiner Gedanken aufbewahrt – aber nicht völlig vergessen, denn als ich erneut mit der ersten Geschichte von Pax Britannia begann, brachen all diese Ideen wieder hervor und wollten gar nicht mehr aufhören.

Später stolperte ich über einige Notizen, die ich nicht mehr gesehen hatte, seit ich sie zehn Jahre zuvor aufgeschrieben hatte. Dazwischen befand sich eine Seite mit schwer lesbarem Gekritzel über einen Charakter namens Mandeville Sachs, Gentleman Abenteurer. Die Dinosaurier in den Kampfgehegen des Zoos im Regent’s Park wurden dort ebenso erwähnt, wie Queen Victoria in einem lebensspendenden Thron. Da wurde auf Basen auf dem Mond und dem Mars hingewiesen, zudem war da ein Absatz über einen Wissenschaftler, der die DNA-Stränge herausarbeitet, oder – wie er es nennt – den Krempel des Lebens. Fünf Jahre später stahlen sich diese Ideen in mein Bewusstsein zurück, während ich meine Mail an Abaddon schrieb. Mandeville Sachs entkam meinem Unterbewusstsein bei einer günstigen Gelegenheit und nannte sich nun Ulysses Quicksilver.

Woher genau der Name kam, weiß ich nicht. Ich erinnere mich, dass ich dachte, für den Moment würde er wohl taugen, und dass ich ihn später immer noch ändern könnte – nur, dass ich es dann doch nie tat.

Bis zu dem Zeitpunkt, da ich die ersten Abschnitte zur widernatürlichen Zeitgeschichte der Pax Britannia Reihe schrieb, war Ulysses noch nicht wirklich präsent. Er kristallisierte sich schließlich während des Prologes heraus, der auch als Vorwort für die gesamte Serie gilt. Wer also ist er? Ulysses Quicksilver ist ein Patriot, ein Frauenheld, ein feiner Pinkel, ein Aufschneider, ein fachkundiger Fechter, ein verdammt präziser Schütze, ein Genießer, stets modebewusst, ein Gefahrensucher, ein Mann des Volkes, ein Liebhaber, ein Kämpfer, gewöhnlich der Herausforderer der Autoritäten, ein Mann der Tat, ein scharfer Verstand, ein wandelnder Widerspruch, ein Lebemann – aber noch wichtiger: Er ist ein Held.

Aber wer ist er wirklich?

Zwangsläufig ist er vor allem ein Geschöpf meiner Vorstellungskraft. In der Tat ist er zu einem gewissen Anteil Ich. Wie dem auch sei, ein wenig James Bond steckt wohl auch in ihm, eine Prise Sherlock Holmes und ein Hauch Oscar Wilde. Am Ende des Tages dann, nachdem eine halbe Million Wörter über ihn und seine Abenteuer zu Papier gebracht wurden, gehört er wieder nur sich selbst; vor allem als Pax Britannia zu etwas mehr wurde, als nur die Summe seiner Einzelteile.

Pax Britannia trägt seine Einflüsse offensichtlich zur Schau. Ja, es ist Steampunk – womit gemeint ist, dass deutlich viktorianische Einflüsse erkennbar sind, als die Technologien des späten neunzehnten Jahrhunderts die Basis für gesamtwirtschaftliche Entwicklungen begründeten, sodass wir Computern aus Uhrwerken, Robotern und dampfbetriebenen Kraftfahrzeugen begegnen, die eine Ehe mit der kompromisslosen Einstellung der viktorianischen Ansichten eingingen. Die Gedanken, dass es in dieser Welt rein gar nichts überdreht Wissenschaftliches geben sollte, dass Männer, die sich nach Kräften bemühen, an keine realen Grenzen stoßen könnten, brachte ich nicht fertig. Zudem musste einfach alles in Teak und Messing gefertigt sein. (Man kann gar nicht genug von Teak und Messing in meinem Buch bekommen.)

Innerhalb Pax Britannias weitläufigen Grenzen stößt man auf die Schrecken des Krieges, Agatha Christie, James Bond, Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen, Dinosaurier, Darwinismus, Sir Arthur Conan Doyle, Groschenromane, 1950er B-Movies, Jules Verne, H. G. Wells und auch ein wenig Doctor Who (der sich meiner Meinung nach in seinen aktuellsten Inkarnationen selbst mehr und mehr zum Steampunk entwickelt).

Es ist eine vollständige Welt, eine so gewaltige Kulisse, dass beinahe jedwede Geschichte hier untergebracht werden könnte, von Spionagethrillern und Kriminalgeschichten, bis zu Liebesgeschichten und unverfälschtem Horror.

Währenddessen schreibe ich gerade an meiner sechsten Ulysses Quicksilver Pax Britannia-Geschichte mit dem Titel Dark Side (engl. Originaltitel, Anm. der Übersetzerin), worin unser Held und seine ganz eigene Art der Verwegenheit auf dem Mond landen. Eine siebte wurde ebenfalls bereits in Auftrag gegeben und ich hätte auch noch Ideen für einige mehr – denn Totgesagte leben ja bekanntlich länger.

Nun denn, erhebt eure Brandygläser und begleitet mich und Ulysses Quicksilver, den Held des Empire, nach Magna Britannia.

Lang lebe die Queen!

 

Jonathan Green
London, MMX

 

 

 

 

 

Für Mattie

fürs Zuspätkommen.

 

Prolog

 

Die Rückkehr

 

Das Schellen der Türglocke gellte penetrant durch die Eingangshalle. Sein Echo drang durch mit abgedeckten Möbelstücken vollgestellte Räume, hallte von Säulen aus Marmor und Alabaster wider und prallte gegen altertümliche Familienerbstücke und antike Vasen. Dennoch störte es keineswegs den Schlaf der Ahnen, welche, auf ewig festgehalten in Porträts, die dunklen, mit Papiertapeten verkleideten Wände zierten. Irgendwann verlor sich dieses unschöne Geräusch in dem gefliesten Durchgang zwischen Küche und Bediensteten-Trakt; nicht mehr wirklich ein Echo, nur mehr eine Erinnerung daran. Frieden kehrte in das Londoner Stadthaus zurück und das einzige Geräusch in diesem ansonsten totenstillen Haus war das regelmäßige mechanische Ticken der Standuhr in einer Nische im Treppenhaus. Sie war unverhangen, die Devise Tempus Fugit deutlich sichtbar in die glatte Oberfläche graviert. Das vornehme Ticken zeigte die Zeit in einem Haus an, in dem Zeit schon lange keine Bedeutung mehr hatte.

Ein Knarzen gesellte sich zu dem stetigen Ticken der Uhr; das Knarzen von Ledersohlen auf glänzend weißen Bodenfliesen. Der Hüter des Hauses lief entschlossen und dennoch gemächlich auf die Vordertür zu. Er durchschritt den Korridor, den Rücken gerade, mit erhobenem Kopf, die adlerhaften Züge seines Gesichts teilnahmslos und ernst, die stechend saphirblauen Augen starr geradeaus gerichtet.

Die Porträts folgten ihm ungerührt mit ihren apathischen Leinwandaugen, als er an ihnen vorüberschritt. Elektrisches Licht tauchte alles in eine gelbe Lumineszenz.

Er passierte einen gewaltigen goldgerahmten Spiegel, der die gesamte Wand einnahm, ohne sein Spiegelbild auch nur eines Blickes zu würdigen, geschweige denn den gestärkten Kragen seines Hemdes und den Knoten seiner Krawatte zu überprüfen oder ob sein graues Haar ordentlich gescheitelt war.

Die Türglocke schellte noch einmal, just als er seine Hand auf den Türknauf legte und die Haustür öffnete. Ein kurz geratener, stämmiger Mann trat draußen ungeduldig von einem Fuß auf den anderen und zuckte sogleich zurück, aufgeschreckt vom plötzlichen Erscheinen des Hausdieners.

Der Mann sah an dem Butler empor und direkt in die kalten Augen, die ihn unter dichten Brauen drohend anblickten. Unangenehm berührt entzog er sich dem Augenkontakt, indem er die einschüchternde Erscheinung des Hausdieners von Kopf bis Fuß betrachtete.

Der Butler war ein Mann ohne wirkliches Alter, obgleich er wohl keinesfalls jünger als fünfundvierzig sein konnte, ebenso gut aber auch bereits die sechzig erreicht haben mochte. Seine distanzierte Ausdrucksweise verriet Geringschätzung, die kantigen Gesichtszüge verliehen ihm etwas Aristokratisches; allerdings war seine Nase mit Sicherheit bereits an mehr als einer Stelle gebrochen gewesen. Sie ließ ihn wie einen in die Jahre gekommenen Preisboxer mit dem Benehmen eines überaus loyalen Gefolgsmanns erscheinen.

»Ah, Nimrod.«

»Mr. Screwtape, Sir«, entgegnete der Hausdiener. Sein Akzent klang ebenso geschliffen und kultiviert, wie sein Kragen frisch gestärkt und makellos war. »Sie werden schon erwartet. Bitte treten Sie ein.«

Rein gar nichts in Nimrods Tonfall und seiner teilnahmslosen Ausdrucksweise deutete an, dass der Anwalt willkommen war. Tatsächlich fühlte sich Screwtape in der Rolle als Besucher eher wie ein unerwünschter Eindringling.

»Mr. Quicksilver erwartet Sie in seinem Studierzimmer.«

Der Butler machte einen Schritt zur Seite und schloss die Tür vor der Kälte und der Nacht. Screwtape nahm seine Melone mit einer Hand ab – einen Aktenkoffer hielt er fest in der anderen – und enthüllte dabei seinen schwachen Versuch, mittels einiger dünner, offensichtlich schwarz gefärbter Strähnen eine beginnende Glatze zu verdecken. Kleine Schweinsäuglein inmitten wabbeliger Gesichtszüge spähten hinter den dicken Gläsern seines Kneifers hervor, der sich beinahe in seinen kurzen, buschigen Schnauzbart schmiegte.

»Darf ich Ihnen den Mantel abnehmen, Sir?«

»N-nein, das ist nicht nötig. Ich werde ihn selbst nehmen.« Nimrod machte ihn immer äußerst nervös.

»Sehr wohl, Sir.«

Nimrods Tonfall klang geradezu mühselig. »Wenn Sie nun die Güte hätten, mir zu folgen.«

Der Butler führte den Anwalt durch einige Räume, in denen diverse mit staubigen Tüchern bedeckte Möbelstücke standen und finster dreinblickende Porträts von Urahnen hingen, durch eine modrig riechende ehemalige Bibliothek und geradewegs zu der einzigen mit Eichenholz vertäfelten Tür. Dort hielt er inne und klopfte behutsam.

»Kommen Sie herein«, erklang eine aristokratisch anmutende Stimme dahinter. Der Butler öffnete die Tür und bedeutete dem Besucher vorzutreten.

Screwtape fand sich in einem großräumigen Studierzimmer wieder. Die Wände waren mit Bücherregalen gesäumt, und dazwischen, wo man einen kleinen Blick auf die Paisley-Tapete erhaschen konnte, hingen Aquatinta-Radierungen; Tuschätzungen in Nussbaumrahmen sowie getönte Fotografien, eingefasst in Lichtspektren, auf denen exotische Orte aus allen Teilen des Globus zu sehen waren. Ebenso standen dort allerlei kuriose Artefakte; zweifellos Ansammlungen aus ebenjenen Reisezielen auf den Bildern. Dazwischen konnte Screwtape den Speer eines Massai-Kriegers und einen Schild aus Antilopenhaut erkennen, ebenso eine birmanische Dämonenmaske und – am verstörendsten von all den Seltsamkeiten – einen dunklen, fleckigen Menschenschädel, verziert mit seltsamen Feuersteinkieseln und dem Gefieder eines Paradiesvogels. Der Anwalt konnte sich nicht vorstellen, woher dieses überaus spezielle Objekt gekommen sein mochte, wollte er aber auch nicht wirklich.

Einiges an Mobiliar war auch in dem Zimmer untergebracht worden. Ein beachtlicher Mahagonischreibtisch stand direkt vor ihm, dahinter ein mächtiger Ledersessel. Er zählte noch einen weiteren solchen Stuhl und eine Chaiselongue. In einer Ecke hatte sich jemand in der Gartenbaukunst geübt und eine Schusterpalme in einen tönernen Topf gesetzt, der nun auf einem umgedrehten Pflanzensockel aus Ebenholz thronte. Der gesamte Raum war in Mahagoni und weinrotem Samt gehalten. Hinter dem Schreibtisch verdeckten schwere Vorhänge die großen Fenster und über einem schwarzen eisernen Kaminsims hing das imposante Porträt eines grauhaarigen und schnauzbärtigen Mannes. In seinem Tweed Jackett, der senffarbenen Weste und den Jagdhosen sah er exakt wie ein englischer Landadeliger aus, der gerade eine nachmittägliche Quengelei genoss. Zudem trug er eine Büchse in der rechten Hand; nur dass die Szene hinter ihm die afrikanische Savanne zeigte und sein Fuß auf dem Kadaver eines wilden Löwen ruhte.

Screwtape blickte von dem Heldenporträt auf den darunter stehenden jungen Mann. Die Ähnlichkeit in der Familie war bemerkenswert.

Papierschnipsel aus der Times bedeckten die abgenutzte grüne Lederoberfläche des Schreibtisches. Einige der Artikel waren wohl von besonderem Interesse für den jungen Mann, denn er las sie wieder und wieder, während er den Inhalt eines Kristallglases in seiner rechten Hand umherwirbelte. Als der Anwalt durch die Gläser seines Kneifers auf die Schnipsel spähte, erkannte er in den größeren Abschnitten der Schlagzeilen, dass es sich stets um dieselbe Bewandtnis handelte. Eine Überschrift schrie: Millionär und Lebemann im Himalaja vermisst, eine andere: Abenteuer mit Heißluftballon endet in Tragödie. Der jüngste Report trug die Aufschrift Quicksilver vermisst, vermutlich tot. Das Datum dieses Reports lautete auf den 3. April 1996.

Die mit Bronze verzierte Uhr auf dem Kaminsims schlug zehn. Sekunden später wurde deren Echo von einer schweren Standuhr andernorts im Haus zurückgeworfen. Es lag etwas Verstohlenes in diesem Treffen und im Zusammenspiel mit Nimrods nachhaltiger Präsenz fühlte sich Screwtape unbehaglich. Warum sich zu solch später Stunde treffen, um eine Abmachung zu besiegeln, wenn doch nichts Schändliches bei dieser Unternehmung im Spiel war? Die nachtschlafende Zeit war den kriminellen Bruderschaften vorbehalten, die dann ihren gesetzeswidrigen Geschäften frönten.

Normalerweise hätten solche Dinge den Anwalt gar nicht beunruhigt. Jeden Tag musste er sich mit dem Gesetz auseinandersetzen, und das Gesetz mit ihm. Ein Auge zudrücken, sich mit konfusen und verwirrenden Klauseln Sittenwidrigkeiten entgegenstellen und geheime Paragrafen verschleiern. Die Firma von Mephisto, Fanshaw & Screwtape war bereits seit fünf Generationen bei der Quicksilver-Familie beschäftigt; seit der Zeit des Krimkrieges, um genau zu sein. Sie verfügte über eine langanhaltende historische und erbschaftsbedingte Geschichte.

»Screwtape, wollen Sie nicht Platz nehmen?«, fragte der junge Mann und deutete in Richtung des gepolsterten Lederstuhles.

Der Anwalt betrachtete den ungemütlichen Armsessel und drehte dabei unruhig die Krempe seiner Melone in den Händen. »Nein, ist schon gut. Ich bevorzuge es, stehenzubleiben.«

Der junge Mann schaute zum ersten Mal, seit der Anwalt das Studierzimmer betreten hatte, auf den Lederstuhl. Ein distanziert wirkender, wehmütiger Blick vernebelte seine Miene. »Ja, ich weiß, was Sie meinen.«

Es schien, als strahle der leere Sitz eine beunruhigende Dominanz aus.

»Wenigstens einen Drink?«, fragte Quicksilver, das Glas wie zu einem Trinkspruch erhoben.

»Sehr gerne«, nahm der Anwalt erleichtert das Angebot an. Ein harter Drink war genau das, was er nötig hatte. »Whisky bitte.«

»Ich befürchte, es wird wohl Cognac sein müssen. Es hat den Anschein, die Vorräte meines Bruders sehen eher mau aus.« Er warf dem Hausdiener, der noch immer in der offenen Tür des Studierzimmers stand, den Blick eines Verdurstenden zu und drückte Screwtape ein Brandyglas in die Hand. Dieser legte seinen Hut und die Aktentasche sorgfältig auf dem Schreibtisch ab und nahm den angebotenen Drink entgegen.

»Auf die Zukunft«, tat Quicksilver kund und ließ sein Glas gegen das von Screwtape klirren. Der junge Mann leerte den Inhalt in einem Zug. Screwtape nippte an dem seinen. Das weiche Aroma des Cognacs füllte seinen Mund und rann die Kehle hinab, um sein Magengeschwür etwas zu besänftigen.

»Allerdings«, brummte er.

»Also, die Papiere?«

»J-ja, natürlich«, der Anwalt wandte seine Augen endlich mit einiger Mühe von dem leeren Armsessel ab. »Ich habe sie gleich hier.«

Nach einigem Herumfummeln gelang es ihm schließlich, die kostbaren Dokumente aus ihrem Umschlag zu fischen. Er reichte sie über den Schreibtisch und Quicksilver griff begierig danach, doch Screwtape wollte sie noch nicht aus den Händen geben.

»Wenn diese Papiere erst einmal unterzeichnet sind«, sagte er mit einer Stimme, die plötzlich ruhig und gesetzt klang, »wird Ihr älterer Bruder Ulysses offiziell für tot erklärt sein und all das gehört dann Ihnen.« Mit einer allumfassenden Geste seiner Hand bezog er das Studierzimmer und folglich auch das ganze Haus mit ein.

»Als der einzig verbliebene Erbe Ihres Bruders wird er Ihnen alles hier hinterlassen. Das verstehen Sie, nicht wahr?«

»Natürlich verstehe ich das.« Quicksilver zerrte an den Unterlagen und schließlich lockerte Screwtape seinen Griff.

»Es schmerzt mich ebenso sehr, dies hier zu tun«, sagte der junge Mann, ohne auch nur eine Spur von aufrichtiger Traurigkeit in der Stimme. »Und wie es mich schmerzt, dass mein Bruder seit über einem Jahr vermisst wird. Nicht ein einziges Wort habe ich von ihm gehört, seit er zu dieser verhängnisvollen Unternehmung aufbrach. Die Überreste seines Ballons wurden in den unteren Gefällen des Mount Manaslu gefunden. In dieser Höhe und bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt könnte ein Mann nicht einmal eine Nacht überleben, selbst wenn er den Absturz überstanden hätte. Leider muss ich sagen, dass diese Eishölle wohl nun zu seiner letzten Ruhestätte geworden ist.«

Stille breitete sich zwischen den beiden Männern aus, bleischwer von dutzenden unbehaglichen Gedanken. Erneut erklang die Türglocke und erschütterte die spannungsgeladene Atmosphäre. Sowohl der Anwalt als auch der Erbe spähten durch die offene Tür des Studierzimmers hinaus, direkt in die undurchdringlichen Schatten der geisterhaft bedeckten Möbel in der Bibliothek.

»Wer kann das zu dieser Zeit noch sein?«, fragte Screwtape mehr zu sich selbst.

»Tatsächlich, wer wohl?«, wunderte sich auch der junge Quicksilver und schielte argwöhnisch in Richtung des Anwalts.

»Wenn Sie mich wohl entschuldigen würden, meine Herren. Ich werde mich nach Kräften bemühen, es herauszufinden«, meinte Nimrod, der schwere Bariton seiner Stimme bar jeglicher Emotion.

»Gern.« Quicksilver winkte ihm mit seinem leeren Glas hinterher, die Augen erneut starr auf die Papierschnipsel gerichtet.

Der Blick des Anwalts wanderte zurück zu den Bildern und dem kuriosen Krimskrams, der die Wände zierte – die persönliche Ausbeute eines Mannes, den sie in Bälde in sein Grab verdammen würden. Screwtape wurde auf einmal auf eine Ansammlung kleiner Fotografien aufmerksam. Stets derselbe Mann war auf jeder davon abgelichtet; tatsächlich der Einzige, der gleich mehrmals in den eingefangenen Szenen auftauchte. Geschichtliche Momente, auf ewig für die Nachwelt festgehalten. Einmal stand er inmitten einer halbnackten Sippe von Pygmäen des Äquators, ein anderes Mal schüttelte er die Hände eines Turban tragenden Maharadschas und auf einer weiteren Abbildung trug er die Garderobe eines amerikanischen Grenzansiedlers, Arm in Arm mit einem sündhaft aufgetakelten Exemplar von Frau am Pokertisch eines Schaufelraddampfers auf dem Mississippi. Es handelte sich hier nicht um denselben europäischen Jäger wie auf dem Porträt über der Feuerstelle – dieser Mann war jünger – doch es offenbarte mehr als nur eine simple Ähnlichkeit mit Screwtapes Klienten. »Sicherlich hatte er bereits die ganze Welt bereist, Ihr Bruder«, gestattete sich der Anwalt einen Kommentar.

»Ja. Und sehen Sie, wohin es ihn gebracht hat!«

Quicksilver fuhr fort, die eng beschriebenen Vertragsseiten nach etwaigen Nebenklauseln und fachlich unverständlichem Kauderwelsch zu durchsuchen, welche klipp und klar festlegten, dass nach dem Tod von Ulysses Lucian Quicksilver auch wirklich alles an ihn übergehen würde.

»Diese Artefakte …« Der Anwalt nahm eines davon in die Hände. »Sie dürften doch sicher für Sammler einen gewissen Wert haben.«

»Andenken, Schnickschnack, Nippes und nicht mehr. Ich werde sie dem Pitt-Rivers-Museum in Oxford vermachen. Und warum auch nicht? Immerhin ist das Haus die einzige Anlage, die mir mein Bruder hinterlassen hat.«

»Und wie wollen Sie mit dem Verkauf des Anwesens verfahren?«

»Ich ziehe in eine der Mondstädte um. Ich bin London leid und ich spüre, dass auch London meiner überdrüssig ist. Hier gibt es jetzt nichts mehr für mich.«

»Wie ich hörte, soll das Transquillity ganz nett sein«, bot Screwtape an. »Oder das Luna Prime. Es soll eine recht erquickliche Atmosphäre haben.«

»Sehen Sie, Screwtape, ich denke wir haben genug an Nettigkeiten ausgetauscht. Also lassen Sie uns wieder mit dem vorliegenden Fall beschäftigen. Wollen wir?«

Nur wenig später hatte Quicksilver die Begutachtung des Dokuments abgeschlossen. »Gut, ich unterschreibe also hier und hier«, er deutete mit dem Finger auf die Zeilen, »und die Tat ist vollbracht?«

»Ja, Sir. Dann ist’s gewiss getan«, meinte der Anwalt resigniert.

»Spricht etwas dagegen?«

»Wissen Sie denn, was Sie tun, Mr. Quicksilver?«

»Oh, Sie haben Ihre Rolle gut gespielt, Screwtape. Und in völligem Einvernehmen hinsichtlich der Konsequenzen. Sagen Sie nicht, Sie hätten nun ein schlechtes Gewissen. Das wäre nicht hilfreich für einen Mann Ihres Faches.«

»Ihr Bruder war sehr angesehen, ebenso wie der gute Name Ihrer Familie seit vielen Jahren schon. Ich würde es nur nicht begrüßen, wenn sich das ändern würde.«

»Oh, ebenso wenig wie ich, Screwtape. Ebenso wenig wie ich. Sie sprechen darüber, als ob es sich nicht um den guten Namen meiner Familie handeln würde.«

»D-das war nicht respektlos gemeint, Mr. Quicksilver, seien Sie versichert.«

»Und ich versichere Ihnen, dass man des guten Namens meiner und meines Bruders Familie noch lange Jahre gedenken wird. Ich verspreche Ihnen, sobald wir das hier hinter uns haben, ist das Erste, was ich morgen in aller Frühe tun werde, einen Grabstein in Auftrag zu geben, damit er auf unserem Familiengrab auf dem Highgate-Friedhof aufgestellt werden kann. Und ich arrangiere einen Gedenkgottesdienst zu seinen Ehren in der St.-Paul‘s-Cathedral.«

»St.-Paul‘s, hm … überaus prächtig. Und womit verdiene ich diese Darstellung öffentlichen Gejammers?«, wollte eine Stimme wissen, süffig wie Rotwein und schneidend wie ein Rasiermesser zugleich.

Quicksilver blickte von seinem Durcheinander aus Papierschnipseln und juristischen Dokumenten auf. Jegliche Farbe wich ihm aus dem Gesicht, als er – von blankem Entsetzen geradezu überwältigt – die Gestalt auf der Türschwelle anstarrte. Screwtape wandte sich mit offenem Mund dem Neuankömmling zu. Das Bersten von Glas auf den polierten Eichenholzdielen zerriss die Stille, als des Advokaten Cognac ihm aus den schweißnassen Fingern rutschte.

»U-Ulysses?« Der junge Mann stützte sich schwer mit einer Hand auf den Schreibtisch. Er sah aus, als würde er sogleich einer schweren Krankheit erliegen. »Ulysses … Gott sei Dank, du bist wohlauf! M-meine Gebete wurden erhört.«

»Mir war gar nicht aufgefallen, dass du mit dem lieben Gott eine so freundschaftliche Beziehung pflegst, Barty.«

Der Mann in der Tür war eine ungleich größere und kräftiger gebaute Version des jungen Mannes, den nur noch der große Mahagonitisch am Umfallen hinderte. Von der wohldefinierten Kinnpartie bis zu dem dichten, an den Schläfen bereits ergrautem Haar und dem funkelnden Glanz in seinen tiefbraunen Augen, war er zudem auch der Stattlichere von beiden. In jedem Fall war er ein lässig-eleganter Herr in braunem samtenem Gehrock und paisley-gemusterter Weste, die in herbstlichen Farben hervorstach – zudem trug er Moleskinhosen nach der neuesten Mode, dazu eine senfgelbe Seidenkrawatte mit diamantener Anstecknadel. Er stützte sich lässig auf einen schwarzen Gehstock, in dessen Heft ein Blutjaspis eingefasst war.

Der Hausdiener stand ihm zur Seite, das faltenreiche Gesicht noch immer eine kalte Maske des Gleichmutes, nun jedoch mit dem Hauch eines Lächelns in seinen Augen.

»Es scheint, es ist doch ein wenig spät für ein Treffen mit dem familiären Rechtsbeistand, Bruder«, bemerkte Ulysses Quicksilver.

»Ulysses, ich kann noch immer nicht glauben, dass du es bist«, stammelte Bartholomew Quicksilver, während die Farbe nicht nur in seine Wangen zurückkehrte, sondern ihnen sogleich eine heftige Schamesröte verlieh.

»Und das hier?« Ulysses durchschritt die wenigen Meter bis zum Schreibtisch und griff sich die Papiere aus Bartholomews Händen. Mit schiefem Lächeln auf den Lippen überflog er beiläufig deren Inhalt.

»So, ihr beide wolltet mich also offiziell für tot erklären? Sieht aus, als wäre ich gerade im rechten Moment angekommen … wie gewöhnlich.«

Gelassen bahnte sich Ulysses gemessenen Schrittes seinen Weg um den Schreibtisch und lehnte sich gegen den Kaminsims. Er blickte kurz auf das Porträt seines Vaters an der Wand über sich und warf dann die Dokumente ganz nebenbei ins Feuer hinein. Der Advokat schnappte nach Luft und Bartholomew machte einen plötzlichen Schritt nach vorn, riss sich aber sogleich zusammen.

»Nun, ich bin noch am Leben. Damit hätte sich das erledigt. Dieser Wohnsitz ist noch immer das Eigentum von Ulysses Lucian Quicksilver, bis ich es anders erachte. Und falls ich mich dazu entschließen sollte, es als meinen letzten Willen dem Katzenschutzverein zu vermachen, sobald ich wirklich und wahrhaftig tot bin, so ist das allein meine Sache.«

Bartholomew öffnete den Mund, als wollte er etwas sagen.

»Und falls du den Wohnanspruch, wie er in Vaters aktuellem Nachlass steht, behalten willst, Barty …«, Ulysses bedachte ihn mit einem scharfen Blick, »… so empfehle ich dir, ab jetzt zu schweigen. Verstanden?«

Der jüngere Mann nickte, die Niederlage stand ihm ins bleiche Gesicht geschrieben.

»Nimrod, mein Bruder wird uns nun verlassen. Würdest du wohl freundlicherweise seinen Mantel holen?«

»Umgehend, Sir.« Der Hausdiener neigte seinen Kopf und mit ausgestrecktem Arm bedeutete er Bartholomew Quicksilver, zu gehen.

»Mr. Screwtape wird uns nun ebenfalls verlassen«, fügte Ulysses missmutig hinzu.

»M-Mr. Quicksilver …« Screwtape hatte endlich seine Stimme wiedergefunden. »Sie verstehen sicher, dass ich lediglich mein Bestes tun wollte, um der Familie Quicksilver zu helfen, und dass ich Bescheid wusste über …«

»Bescheid wussten? Über was? Dass ich noch am Leben bin?«

»Na ja, Sir. Wenn ich doch nur …«

»Was versuchen Sie mir zu sagen, Screwtape? Hätten Sie gewusst, dass ich noch am Leben bin, hätten Sie sich geeilt, um diese verachtenswerte Intrige zu Ihren Gunsten und denen meines Bruders zum Abschluss zu bringen?«

»Nein, Sir. Ganz und gar nicht.«

»Nimrod?«

»Ja, Sir?« Der Hausdiener stand noch immer abwartend auf der Türschwelle zum Studierzimmer.

»Es war ein langer Tag und ich habe eine mühselige Reise hinter mir. Ich werde mich also so bald wie möglich für die Nacht zurückziehen. Wenn du wohl so nett wärst, mir einen Cognac als Schlaftrunk zu bringen, sobald du meinen Bruder und unseren ehemaligen Familienanwalt von meinem Anwesen geleitet hast.«

»Mit Vergnügen, Sir.« Nimrod führte beide, Bartholomew und Screwtape, aus dem Raum.

»Mr. Quicksilver, ich muss doch protestieren«, beharrte der Anwalt und wirkte lächerlich in seiner Verzweiflung.

»Ja, Mr. Screwtape, so mag es Ihnen erscheinen. Aber ich bestehe darauf. Und ich kann sehr nachdrücklich sein, ebenso Nimrod hier. Also schlage ich vor, Sie gehen einfach, bevor mein Wohlwollen erschöpft ist. Denken Sie auch nicht einen Augenblick daran, dass ich Ihnen dieselbe Gnadenfrist gewähre, wie ich es für meinen missratenen Bruder tue, die er lediglich allein durch die Tatsache verdient, mein Blutsverwandter zu sein, um Himmels willen. Und nun noch einmal, gute Nacht, Mr. Screwtape.«

Der Anwalt brachte es dennoch fertig, in wütendes Gezeter auszubrechen, bis eine starke Hand ihn mehr oder weniger freiwillig dazu ermutigte, das Studierzimmer zu verlassen.

Ulysses Quicksilver blieb allein zurück. Das erste Mal, seit er vor einem Jahr fortgegangen war, um sich in den Himalaja und noch weiter zu wagen; zu einem Unternehmen, das ihn beinahe das Leben gekostet hätte.

Er lehnte seinen Gehstock an den Schreibtisch und ließ sich in dem gepolsterten Lederstuhl dahinter nieder; er lächelte, als seine Augen über dieselben Papierschnipsel wanderten, die sein Bruder zuvor durchgegangen war. Himalaja-Abenteuer endet mit Doppeltod, lautete einer. Immerhin hatte es Davenports Leben gekostet – der arme Unglückswurm. Suche nach vermisstem Millionär vertagt, lautete ein anderer, und Quicksilver: Entkommen oder tot?

Nun, diese Frage würde offensichtlich beantwortet werden. Ulysses Quicksilver war zurückgekehrt. Und gleich morgen würde London daran erinnert werden, was ihm so lange entgangen war.

 



Erster Akt 

Der Darwin Code

 

April 1997

 

Kapitel 1

 

Über die Entstehung der Arten

 

Die Nacht, in der Alfred Wentwhistle starb, begann wie jede andere auch. Die kühle Scheibe des Mondes schien durch die Rundbogenfenster des Museums und tauchte die unzähligen Vitrinen in bleiches Licht. Die elektrischen Straßenlampen in der Cromwell Road waren nicht mehr als ein orangefarbenes Flackern, das durch die Fenster schimmerte.

Alfred Wentwhistle, seit sechsunddreißig Jahren Nachtwächter des Museums, fegte mit dem Schein seines Punktstrahlers über die glänzenden Schränkchen. Schimmernde Augen, hakenförmige Schnäbel und ausgebreitete Schwingen materialisierten sich für einen kurzen Moment unter dem harten weißen Lichtstrahl seiner Lampe. Der Weg über den Querbalken war ihm vertraut, die immer wiederkehrenden Bewegungen des ewigen Balletts stroboskopischen Lichtes. Der gewundene Pfad führte Alfred durch unendlich lange Korridore, Hallen und Galerien, die er nur allzu gut kannte, schließlich machte er die Runde bereits seit sechsunddreißig Jahren. Auf diese Route hatte ihn einst Suttleworth mitgenommen, als er ein Junge von gerade einmal sechzehn Jahren und der alte Suttleworth nur noch zwei Monate von seinem Ruhestand entfernt gewesen war. Eine Route, wie sie der Alte selbst fünfundvierzig Jahre lang gegangen war. Nie war es nötig gewesen, den Weg zu ändern. Nachtwächter des Natural History Museum in South Kensington zu sein, war nun einmal kein anspruchsvoller Beruf.

Alfred trug seinen Schlagstock und die Taschenlampe jede Nacht, doch Gebrauch machen musste er von Ersterem noch nie in all den Jahren und Zweitere benötigte er wohl auch nicht wirklich. Selbst in mondlosen Nächten und während eines Stromausfalles hätte er seinen Weg durch die Galerien mit geschlossenen Augen gefunden, das zumindest erzählte er Mrs. Wentwhistle gerne mit einem Kichern.

Die Taschenlampe trug er einfach aus Macht der Gewohnheit. Es hatte auch noch nie ein Einbruch stattgefunden, seit es das Museum gab. Und abgesehen von den gelegentlichen Umbauten der sonderbaren Schränkchen hie und da oder dem Stellplatzwechsel eines Artefaktes ab und an … die altbekannte Gestaltung des Museums hatte sich kaum bedeutsam verändert, seit der Ankunft des Diplodocus carnegii im Jahre 1905, vor zweiundneunzig Jahren also.

Alfred Wentwhistle hatte Freude an seinem Job. Ihn entzückte es, zahlreiche Stunden zwischen Exponaten wie den ausgestopften Bestien und Dinosaurierknochen zu verbringen. Natürlich konnte man sich diese heutzutage auch real ansehen, seit der Eröffnung des eingezäunten Kampfgeheges des Londoner Zoos, aber es lag doch etwas Zeitloses und Magisches auf all den fossilen Gestalten, ausgegraben von Hobbyarchäologen, gewissermaßen die ersten Paläontologen; als Beweisstücke für die Existenz von Meeresungeheuern, Drachen oder gar dem Zyklopen.

Von Zeit zu Zeit, ungestört von all dem regulären Publikum, hatte Alfred seine Freude daran, die handgeschriebenen Etiketten zu studieren, auf denen Erklärungen zu jedem Objekt angegeben waren; wo es entdeckt und ausgegraben worden war, wer es zu einem Ganzen wiederherstellte und einige andere sachdienliche Informationen, die der Beschaffer des Exponats mitzuteilen für nötig befunden hatte. Nach sechsunddreißig Jahren gab es nicht viele Etiketten, die Alfred noch nicht gelesen hatte.

Das Wissen um seine Rolle als Hüter des bedeutsamsten Museums für Volksgeschichte des Landes – und infolgedessen des ganzen Königreiches und demnach, faktisch, der gesamten Welt! – bereitete ihm große Befriedigung. Und auch wenn er sich seit seinem Amtsantritt noch keiner Herausforderung in seinem friedvollen Wächteramt im Dienste der unzähligen Schätze von Mutter Natur hatte stellen müssen, Alfred Wentwhistle war zur Stelle, jede Nacht des Jahres – sogar am Weihnachtsabend – nur für den Fall, dass das Museum ihn jemals brauchen würde.

Hin und wieder stieß er auf einen der Museumsforscher, die noch bis spät in die Nacht arbeiteten. Sie tauschten dann einige Nettigkeiten aus und manchmal wurde ihm sogar ein warmes Getränk angeboten. Sie alle kannten den alten, zuverlässigen Alfred, und auch er kannte sie alle beim Namen. Über die Jahre hatte Alfred Professoren kommen und gehen sehen – Botaniker, Zoologen, Naturforscher und Kryptozoologen – doch manche Dinge blieben stets dieselben, wie das Waterhouse-Gebäude selbst und sein nächtlicher Hüter.

Alfred wusste, wo sein Platz war. Die Wissenschaftler waren hochgradig intelligente und gelehrte Berühmtheiten der Museumseinrichtung und er nicht mehr als ein einfacher Wachmann. Ihm reichte es vollkommen aus, sich stundenlang zwischen den Ausstellungsstücken in den Vitrinen aufhalten zu dürfen. Es wurde das Haus der Naturkunstwerke genannt; Sir Richard Owens nachhaltiges Vermächtnis an die Welt.

Alfreds langsame, unaufhaltsame Schritte trugen ihn zurück in die Haupthalle und zum Museumseingang. Er verweilte kurz neben dem gereckten, skelettierten Hals eines Diplodokus, um im Schein der Lampe seine Taschenuhr zu lesen, so wie in jeder vorangegangenen Nacht, fünf Minuten, nachdem er seinen Gang begonnen hatte – pünktlich wie ein Uhrwerk.

Er sah auf. Der Strahl seiner Lampe traf direkt in das Innere der Augenhöhle eines Giganten. Der glotzte teilnahmslos direkt auf den Museumseingang, um dort täglich 20.000 Besucher unter dem Torbogen hervorkommen zu sehen.

Alfred hörte Metall an Metall schlagen, bemerkte aus dem Augenwinkel einen Lichtschimmer und realisierte zu spät, dass eine der Türen offen stand. Zweifellos war die Tür zuvor verschlossen gewesen. Es war stets das Erste, was er bei Dienstantritt tat. Falls einer der Wissenschaftler oder Katalogisierer noch zu nächtlicher Zeit arbeitete und auch erst zu später Stunde das Museum verließ, schloss Alfred stets eigenhändig für sie auf – und verriegelte die Tür sogleich wieder hinter ihnen.

Nein, er hatte keinen Zweifel, dass hier etwas nicht in Ordnung war. Er durchschritt die Tür und konnte sogleich erkennen, dass sie aufgebrochen wurde.

Das Geräusch von berstendem Glas schallte von einer der oberen Galerien durch die Museumshalle. Da lief ganz eindeutig etwas gehörig schief! Zum ersten Mal seit sechsunddreißig Jahren wurde er von seinem Museum gebraucht.

Der Wachmann watschelte geschwind von der Tür aus durch die Eingangshalle und flog geradezu an dem fünfundzwanzig Meter langen Diplodokus vorbei auf die Haupttreppe zu. Dort angelangt, warf er einen raschen Blick über seine Schulter, direkt in den Schlund des gewaltigen Gewölbes zum ersten Stockwerk, in das der prunkvolle Treppenaufgang führte. Über ihm hüpften geschnitzte Affen in den oberen Teilen der Rundbögen hinauf in die Dunkelheit, mitten hinein in das mit Schnörkeln verzierte, eiserne Dachgebälk.

Definitiv kam der Lärm aus der Galerie, gleich dort, wo auch die privaten Büros des Museumspersonals lagen. Eine Hand auf der polierten Steinbalustrade tat Alfred Wentwhistle einen tiefen Atemzug und erklomm die Stufen – immer zwei auf einmal. Auf dem ersten Absatz, unter dem strengen, bronzenen Blick von Sir Richard Owen, wandte er sich nach rechts. Er eilte die Galerie parallel zur Eingangshalle entlang, passierte ausgestopfte Dreifinger-Faultiere und die drapierten Skelette von prähistorischen Meeresreptilien und sprang den dritten Treppenabsatz hinauf. Völlig außer Atem nahm er sich einen Moment, um zu verschnaufen. Er spitzte die Ohren, um auszumachen, von wo genau das Geräusch gekommen war. Plötzlich tönte ein Krachen durch die verhältnismäßige Stille des schlafenden Museums, als wenn ein Tisch umgestoßen würde. Der Lärm kam von irgendwoher aus diesem Stockwerk, aus dem westlichen Flügel, der allein Darwin zustand.

Alfred wandte sich den Galerien zu und lief unter einem geschnitzten Bogengang hindurch, auf dem Der Aufstieg des Menschen geschrieben stand. Er beschleunigte seine Schritte, als er die mondbeschienene Galerie betrat, in der sich einige aus Wachs gefertigte Nachbildungen der zahlreichen Vorfahren des Menschen befanden. Für alle Zeiten starr und in den buckeligsten Posen, konnte man hier die verschiedenen Arten bestaunen, vom Australopithecus afarensis bis zum Homo Neanderthalensis. Der schweifende Strahl der Lampe wurde von gebleckten Zähnen, verzerrten Mäulern, gläsernen Knopfaugen und schwarz geränderten Feuersteinklingen zurückgeworfen.

In jeder anderen Nacht hätte Alfred innegehalten, um durch die Musterstücke und die dazugehörigen Erklärungen zu schmökern, die den Besucher durch die Evolution vom primitiven Affenmenschen bis hin zur Entwicklung des denkenden Menschen führten. Er wäre ebenso fasziniert und verblüfft gewesen wie damals, als er das erste Mal Die Entstehung der Arten gelesen hatte; die unglaubliche Geschichte über den Aufstieg der menschlichen Rasse, um die mächtigste und am meisten verbreitete Spezies der Welt – und darüber hinaus – zu werden.

Als Charles Darwin die Entstehung der Arten erklärte, ihre natürliche Selektion und das Überleben des Stärkeren, wurde er zuerst von den weltbesten wissenschaftlichen Gehirnen jener Tage verspottet und als Scharlatan und Ketzer dafür denunziert, dass er sich gegen die einst weltweit verbreitete christliche Kirche und deren Kernglauben aussprach, dass allein Gott sowohl alles Leben, als auch die schlussendliche Version der Welt am Anbeginn der Zeit erschaffen hatte.

Mit der Wiederentdeckung der verlorenen Welten in den Tiefen des kongolesischen Dschungels, oberhalb des Tafelbergplateaus des südamerikanischen Binnenlandes und auf halbversunkenen Inseln inmitten des Indischen Ozeans, traten jedoch auch andere – viele davon Männer der Kirche – zum Vorschein, um Darwins Behauptungen erneut anzufechten. Lautstark untermauerten sie die Annahme, dass die Theorie von der Entwicklung einer Spezies in eine völlig andere haarsträubend und aberwitzig war, schließlich existierten Dinosaurier und andere prähistorische Kreaturen ja immerhin bis in die gegenwärtige Zeit. Und diese tosende Debatte hielt sich hartnäckig und zornig – wie eh und je – unermüdlich über viele Jahrzehnte.

Doch mehr als einhundert Jahre nach seinem Tod wurde Darwin dann posthum von allen Anschuldigungen der bestialischen Ketzerei und wissenschaftlichen Idiotie entlastet und zu jenem Punkt erhoben, an dem man ihn praktisch als den Vater des Wissenschaftszweigs der Evolutionsbiologie vergötterte, und so erhielt er einen eigenen Flügel im Natural History Museum; seinen Fortschritten und Entdeckungen gewidmet, die er seit seiner Veröffentlichung im Jahre 1859 machte. Tatsächlich arbeiteten Wissenschaftler bis heute in diesem Fachgebiet, wie die Professoren Galapagos und Crichton.

Bei mehreren vorangegangenen Gelegenheiten hatte Alfred Wentwhistle so manche Zeit durch das Anstarren seiner Vorfahren vertrödelt, während sich sein Antlitz im Glas der Vitrine spiegelte, die eingesunkenen Augen von den ausgeprägten Brauen überdeckt. In solchen Augenblicken wunderte er sich über Darwins Vermächtnis für die menschliche Rasse und welche Implikation eine solch anerkannte Theorie wohl für Ihre Majestät, Königin Victoria, gehabt haben mochte, da doch durch diese Hypothese vorausgesetzt wurde, dass die britische Monarchin ebenfalls vom urzeitlichen Affenmenschen abstammte.

Der vertraute Geruch von Kampfer und Bodenpolitur drang durch Alfreds Nasenhaare. Mondlicht tauchte die Galerie in ein monochromes Licht und enthüllte die grauen Umrisse von ausgestellten Säugetieren, Reptilien und Amphibien, die so angeordnet waren, dass sie deutlich den Evolutionsweg des Menschen aufzeigten, von dem Moment an, da sie aus dem steinzeitlichen Morast gekrochen kamen, bis zum heutigen Tage, an dem er den Globus dominierte. Der Mensch als die herrschende Rasse, welche die Erde und die näheren Planeten des Sonnensystems beinahe vollständig bevölkerte.

Angrenzend an diese Galerie befanden sich die Arbeitsbereiche der Wissenschaftler. Eine große Anzahl von Türen auf jeder Seite erstreckte sich vor Alfred und auf jeder einzelnen befand sich ein Messingschildchen mit den Namen wichtiger Menschen.

Alfred konnte nun klar und deutlich die Geräusche einer Auseinandersetzung hören. Im Strahl seiner Taschenlampe sah er Glasstücke auf dem Boden glitzern wie Wolfsmilch an einem ersten Wintermorgen. Der flackernde Schein einer elektrischen Lampe schien von einem Büroraum in die Galerie, bis es plötzlich erlosch. Da erklang das brachiale Bersten von noch mehr Glas und umstürzenden Möbeln. Am nächsten Morgen würde er Mrs. Wentwhistle bei Ei und Speck sicherlich eine äußerst dramatische Geschichte erzählen können, dachte Alfred plötzlich unpassenderweise.

Als der Wachmann sich dem Büro näherte, fielen ihm schwache Rauchfähnchen oder eine Art Gas auf, die unter dem Türspalt hervor sickerten. Ein Geruch – ähnlich dem von Anis mit einer unerquicklichen Note verrotteten Fleisches – machte sich breit und ließ ihn die Nase rümpfen.

Mit einem Mal brach die Tür auf. Es hagelte Glasstücke in die Galerie, die gegen die Schaukästen prasselten. Eine männliche Gestalt sprang aus dem Büro, prallte gegen den in die Jahre gekommenen Nachtwächter und stürzte zu Boden. Alfred taumelte zurück und konnte rein gar nichts dagegen tun, dass er in die Szene einer Familie wächserner Neandertaler stolperte, die um ein lebloses Feuer kauerte. Die Taschenlampe glitt ihm aus der Hand. Ihr Strahl erstarb.

»Sie da! Was glauben Sie eigentlich, was Sie da tun!« Alfred schaffte es gerade noch, dem Eindringling hinterherzurufen, bevor dieser sich aufrappelte und mit einem Satz in die Galerie sprang. Er hielt etwas in seinen Armen, das von Umriss und Größe her einem Umzugskarton glich. Bevor Alfred wieder auf die Beine kommen konnte, war er bereits verschwunden.

Alfreds Herz raste, hämmerte in seiner Brust. In all den sechsunddreißig Jahren hatte er so etwas noch nicht erlebt. Adrenalin durchflutete seinen Körper und er hätte beinahe die Verfolgung aufgenommen und die Bobbys zur Unterstützung gerufen, als ihm bewusst wurde, dass der Dieb sich ja nicht allein in dem Büro aufgehalten hatte. Alfred hatte mehr als eine Stimme ausmachen können, deren Tonfall bei seinem Näherkommen immer ärgerlicher wurde, und er hatte eindeutige Anzeichen einer Auseinandersetzung wahrgenommen.

Behutsam näherte er sich dem Zugang zum Büro. Der ranzige Dunst hatte sich fast verflüchtigt. Alfreds Schuhsohlen zermahlten zerbrochene Glassplitter. Innerhalb des stockfinsteren Büros hörte er ein raues Atmen, das an das Schnauben eines Tieres erinnerte. Dann, plötzlich, war es still.