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Deutsche Erstausgabe

 

2019

 

© Mystic Verlag

 

Text: Emma Piepenbrink

 

Umschlagskonzept/Gestaltung/Illustration:

Jessi Homann / Helga Sadowski

 

 

Satz: Helga Sadowski

Lektorat: Timo Arnold

Korrektur: Christine Jurasek

 

ISBN: 978-3-947721-33-7

 

Interessierte Leser und Autoren finden weitere

Informationen auf unserer Website.

 

www.mysticverlag.de

 

Geschäftsführer: Timo Arnold

Adolf-Ludwig-Ring 69

66955 Pirmasens


Inhaltsverzeichnis
7 Freunde in Sidor
Magische Wesen
Prolog
Die Brüder
Die Zwillinge
Wasserdrache Magnus
Hilfe für Magnus?
Im Dunkelwald
Aaron, der Weise
Ein guter Plan
Überredungskünste
Ein anstrengender Marsch
In der Oase
Warten
Neue Pläne
Im Dunkelwald
Ritt zum Zwergenreich
Bei den Zwergen
Vespera
Alles vergeblich?
Im Dunkelwald

Karte

 

Für Ben und Nils

und alle Kinder, die spannende Geschichten mögen.

 

 

7 Freunde in Sidor

Mika

Lebt mit seinem jüngeren Bruder Leif und seinen Eltern Edda und Hagen in Castellum. Er ist 10 Jahre jung, sehr abenteuerlustig und ein schneller Läufer. Mika hat grüne Augen und blondes Haar, das ihm meist ein wenig in die Augen hängt. Mit einem gekonnten Schwung wirft er es nach hinten und schon hat Mika wieder freie Sicht.

Leif

Ist zwar drei Jahre jünger als Mika, aber nur unwesentlich kleiner als sein großer Bruder. Er hat dunkle Augen und braunes welliges Haar, das ihm bis zur Schulter reicht. Auch er liebt Abenteuer mit seinen Freunden, allerdings sollte hierbei immer für ausreichend Proviant gesorgt sein.

Eve

Seeprinzessin und drei Minuten ältere Zwillingsschwester von Liv. Sie hat dunkelblaues langes Haar und ebensolche Augen. Wie alle Seemenschen besitzt sie eine delfinähnliche hellblaue Haut und Schwimmhäute zwischen Fingern und Zehen. Wenn man genau hinsieht, entdeckt man hinter den Ohren kleine Kiemen. Damit können die Seemenschen an Land und im Wasser atmen. Meist trägt Eve Kleidchen aus Seetang und Muscheln. Sie liebt es, mit ihrer Schwester und dem Wasserdrachen Magnus den See zu durchstreifen.

Liv

Temperamentvolle Zwillingsschwester von Eve. Gewinnt gegen Eve beim Armdrücken und spielt Unterwasserfußball. Sie hat türkisfarbene Locken und helllila Augen, die zornig funkeln, wenn etwas nicht nach ihrem Kopf geht. Zusammen mit ihrer Schwester und ihren Eltern König Lacus und Königin Lacuna lebt sie im See der Mitte.

Filiola

Zwergenprinzessin! Sie lebt mit ihrem siebenjährigen Bruder Torben und den Eltern König Thoralf und Königin Undina im östlich gelegenen Zwergenreich. Filiola hat die feuerroten Haare und smaragdgrünen Augen ihrer Mutter geerbt. Das Temperament hat sie vom Vater mitbekommen. Daher diskutiert sie mit jedem, der ihr einen Grund dazu bietet. Vor allem mit ihrem Vater kommt es regelmäßig zu hitzigen Diskussionen.


Torben

Der Kleinste der sieben Freunde; sanftmütig, aber äußerst mutig. Torben hat dunkles Haar und große braune Augen. Er schwärmt für seine große Freundin Liv, was bei ihm regelmäßig zu roten Ohren führt. Die Riesenfledermaus Vespera singt er mit seiner schönen Stimme gerne in den Schlaf.

Kenan

Zwölfjähriger Sohn von Fürstin Lhea. Die zwei leben mit ihrem Stamm im Süden des Landes Sidor in der Wüste, genauer gesagt in einer herrlich grünen Oase mit Palmen, weißen Zelten und einem Teich. Kenan ist großgewachsen und reicht seiner Mutter schon bis zur Schulter. Er hat pechschwarze Locken und dunkle Augen. Meistens wird er von Sina, der stolzen Löwin, begleitet.


Magische Wesen

 

Magnus

Er ist ein Wasserdrache und lebt schon seit ewigen Zeiten im See der Mitte. Dort streift er mit den Zwillingen umher und bewacht den Perlenschatz der Seemenschen. Magnus’ Schuppen schimmern in den schönsten Blau-, Grün- und Türkistönen. Fliegen kann er mit seinen kleinen Flügeln nicht, aber zusammen mit dem flossenförmigen langen Schwanz machen sie ihn zu einem geschickten und schnellen Taucher. Seine grünen Augen funkeln freundlich, aber wenn Gefahr droht für die Bewohner des Sees, ist nicht mit ihm zu spaßen. Statt Feuer speit Magnus funkelnden Wasserdampf aus seinen kreisrunden Nüstern.

Vespera

Die geiergroße Fledermaus lebt im Höhlensystem des Zwergenreichs. Sie ist nicht besonders zwergenfreundlich, nur bei dem kleinen Torben macht sie eine Ausnahme und freut sich über seine regelmäßigen Besuche in der Amethysthöhle. Dort schläft Vespera tagsüber, in der Nacht jagt sie Insekten, Mäuse oder zur Abwechslung auch gerne mal einen saftigen Frosch. Die Riesenfledermaus ist, ebenso wie Magnus, eines der drei magischen Wesen Sidors und beschützt die Bewohner des Ostufers.

Sina

Die dritte im Bunde der magischen Wesen. Eine stolze stattliche Löwin, die es liebt, alleine oder zusammen mit Kenan durch die Wüste zu ziehen. Mit ihrem guten Instinkt für Gefahren wacht Sina über Fürstin Lheas Wüstenstamm.

Prolog

Zwischen den Bäumen trat eine Gestalt hervor. Sie war in einen dunklen Umhang gehüllt, ein Rabe saß auf ihrer Schulter. Lautlos bewegte sie sich auf das Ufer des Sees zu. Dort angekommen, holte die Kreatur einen kleinen Weidenkorb hervor und legte dessen Inhalt im Gras ab. Zufrieden blickte sie über den im Mondschein schimmernden See.

»Bald ist das friedliche Leben Sidors vorbei«, sagte die hagere Gestalt mit heiserer Stimme und stieß ein unheimliches Lachen aus. Kurz darauf verschwand sie in der Finsternis des Waldes.

 

 

Die Brüder

Das kleine Dörfchen Castellum lag friedlich in der Nachmittagssonne. Es war umgeben von sanften grünen Hügeln, kleinen Bächen, Wiesen, Feldern und Weiden. Das fröhliche Vogelgezwitscher wurde plötzlich von einer energischen Frauenstimme übertönt: »Moment bitte, ihr Rabauken! Wo soll es denn hingehen? Mika, du hast deine Rechenaufgaben noch nicht erledigt und Leif, in deiner Geschichte sind so viele Rechtschreibfehler wie Haare in Großvaters Nasenlöchern!« Schuldbewusst legten die Brüder eine Vollbremsung hin und blickten flehend zu ihrer Mutter Edda auf.

»Aber wir wollten doch nur einen kleinen Abstecher zum See machen, um Eve und Liv zu besuchen«, meinte Mika, der ältere der beiden Jungen. Er hatte blonde Haare, die ihm stets ein wenig in seine grünen Augen hingen und die er in solchen Fällen mit einem gekonnten Schwung nach hinten warf. Sein Bruder liebte es, sich darüber lustig zu machen. Leif hatte braunes schulterlanges Haar und dunkelbraune Augen, umrahmt von langen schwarzen Wimpern.

»Ja genau, es hat tagelang geregnet und wir haben genug in der Stube gesessen. Liebstes Mamilein, bitte gib dir einen Ruck. Wir sind auch pünktlich zum Abendessen zurück. Danach werden wir wieder deine strebsamen Söhne sein und uns an die Schulaufgaben machen.«

Leif grinste und schaute seine Mutter mit geübtem Hundeblick aus seinen großen, fast schwarzen Augen hoffnungsvoll an. »Meine Gehirnzellen sind bereits völlig vertrocknet, denn die Lehrerin hat uns wieder viel zu viel aufgegeben«, unterstützte Mika seinen Bruder und nickte heftig. Edda schmunzelte. Die Lehrerin war sie selbst und möglicherweise hatte sie es heute wirklich etwas übertrieben mit den Hausaufgaben.

»Also gut«, gab Edda schließlich nach, »aber wehe ihr seid nicht zeitig zum Abendbrot zurück, dann brumme ich euch morgen die doppelten Aufgaben auf. Ihr wisst genau, euer Vater ist äußerst hungrig, wenn er am Abend aus der Werkstatt kommt.«

»Mach dir da mal keine Sorgen, Mama. Du kennst doch meinen Bruder, die Fressbacke!«, erwiderte Mika verschmitzt.

Im nächsten Moment flatterte eine Elster durchs Fenster und setzte sich auf Leifs Schulter. Es war Audax, der bei den Brüdern lebte. Mika und Leif hatten ihn als jungen Vogel, der gerade lernte zu fliegen, vor einem angriffslustigen Raben gerettet.

»Wohin, wohin?«, krächzte Audax und flatterte aufgeregt mit seinen schwarzweißen Flügeln.

»Zum See, auf geht’s, Audax!«, rief Mika freudig.

Nachdem sie ihre Mutter stürmisch umarmt hatten, rannten die Brüder unter lautem Gejohle den Hügel hinauf.

Die Elster flog frech krächzend voran. »Lahme Schnecken!«

Edda strich sich ihre langen dunkelblonden Haare aus dem Gesicht und ging zurück ins Haus. Sie setzte sich an den Küchentisch, um die Kartoffeln fürs Abendessen zu schälen. Es fiel ihr nicht immer leicht, die Jungs im Zaum zu halten. Aber trotz ihrer gelegentlichen fantasievollen Streiche konnte man sich auf die beiden verlassen und daher ließ sie ihnen so manches durchgehen. Abgesehen vom morgendlichen Unterricht, hatte sie für ihre Söhne nur wenig Zeit. Neben ihrer Arbeit als Lehrerin war sie vor einigen Monaten zur Dorfchefin gewählt worden. Ihr Mann Hagen versuchte sie stets tatkräftig zu unterstützen, aber die Werkstatt, in der er für die Bewohner von Castellum alles Mögliche reparierte, beschäftigte ihn ebenfalls voll und ganz.

 

Nach wenigen Minuten waren Mika und Leif völlig außer Atem auf der Kuppe des Hügels angekommen. Dort standen sie eine Weile und ließen den Blick über die Umgebung schweifen. Der riesige See lag dunkelblau glitzernd vor ihnen und kleine weiße Wellen kräuselten sich auf der Oberfläche. Im Seenreich lebten die Zwillingsmädchen Liv und Eve mit ihren Eltern König Lacus und Königin Lacuna. Gegenüber, an der Ostküste des Sees, stieg das Gebirge steil nach oben. Den mächtigen Wasserfall, der den Eingang zum Zwergenreich darstellte, konnte man aufgrund der Entfernung nur erahnen. In den Gängen und Höhlen des Zwergenreiches waren ihre Freunde Filiola und Torben zu Hause, die Kinder des Zwergenkönigs Thoralf. Mika und Leif schauten zum Nordufer des Gewässers. Die unzähligen Bäume des Dunkelwaldes, um den sich viele gruselige Legenden rankten, bescherten ihnen auch heute eine Gänsehaut. Soweit die Brüder wussten, hatte noch nie ein Bewohner ihres Dorfes den Wald betreten. Und wenn es nach dem Willen ihrer Mutter ging, sollte das auch bis in alle Ewigkeit so bleiben. Im Süden begann die Wüste. Hier lebte der Wüstenstamm, dessen Anführerin die wunderschöne Witwe Lhea war. Sie hatte einen Sohn namens Kenan. Er war ebenfalls mit dem Geschwisterpaar befreundet. Mika und Leif mochten das Dorf, in dem sie mit ihren Eltern lebten. Von Zeit zu Zeit erkundeten sie jedoch abenteuerlustig die anderen Teile Sidors und besuchten dort ihre Freunde.

»Lass das!«, schrie Leif ärgerlich und verscheuchte Audax von seiner Schulter. Die Elster hatte ihm ins Ohr gezwickt, wie sie das häufig tat, wenn es ihr langweilig wurde.

»Na los, du Baby, wer zuerst am Ufer ist!«, rief Mika seinem Bruder zu. Dieser war zwar drei Jahre jünger, aber nur unwesentlich kleiner als sein älterer Bruder. Leif kam ganz nach seinem überdurchschnittlich großen Vater.

Die Jungen stürmten los, und da Mika flink wie ein Wiesel war, hängte er den Jüngeren mit einem Riesenvorsprung ab und erreichte als Erster den Kieselstrand des Westufers.


Die Zwillinge

Noch ehe Leif richtig angekommen war, begann Mika bereits Steine zu sammeln. Sie hatten als Zeichen vereinbart, drei Steine gleichzeitig in den See zu werfen. Daraufhin informierte einer der Unterwasserbewohner die Zwillingsmädchen über ihren Besuch. Es dauerte wie immer nur wenige Minuten und schon tauchten die beiden prustend und mit einem Grinsen im Gesicht auf. Selbstverständlich ließen sie es sich nicht nehmen, die Jungs ordentlich nass zu spritzen, bevor sie sich auf die großen Steine am Ufer setzten. Audax bekam ebenfalls einige Tropfen ab und schlug empört mit den Flügeln. »Freche Seehühner!«

Mika beschwerte sich lachend: »Hey, es ist heute eindeutig zu kühl, um uns nass zu spritzen. Wir haben nämlich keine Seemädchen-Spezialhaut«.

Die Mädchen hatten, wie alle Seemenschen, eine hellblaue, delfinartige Haut und Schwimmhäute zwischen Fingern und Zehen. Hinter den Ohren besaßen sie kleine Kiemen und konnten somit an Land und im Wasser atmen. Eve war die Ältere der Zwillingsschwestern und man erkannte sie an ihrem dunkelblauen Haar und ihren ebenso dunklen Augen. Ihre Schwester hatte türkisfarbene Locken und Augen, die in einem hellen Lila schimmerten.

»Wir haben uns riesig auf den Besuch bei euch gefreut. Wegen des tagelangen Regens hat Mama uns nur selten aus dem Haus gelassen«, erklärte Leif.

»Mit einem trockenen Plätzchen hätten wir euch leider auch nicht dienen können«, sagte Eve grinsend, aber dann nahm ihr Gesicht einen besorgten Ausdruck an. »Es gibt schlechte Nachrichten. Magnus ist krank und es geht ihm überhaupt nicht gut. Unsere Eltern sind ratlos.«

»Was fehlt denn dem alten Seedrachen?«, wollte Mika wissen.