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MARTINA SADLER

UNTER PEITSCHE UND STOCK

Das Titelbild steht in keinem Zusammenhang mit dem Inhalt des Buches.

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ISBN 9783798604100
0190802 0000

Inhalt

Einleitung

1. Mehr Hiebe als Essen

2. Miss Cummings, die junge Gouvernante

3. Erinnerungen einer Zofe

4. Das Klosterinternat

5. Wer nicht hören will …

Nachwort

EINLEITUNG

In einer großen Stadt steht ein Mann vor einem Hochhaus und drückt auf eine Klingel mit der Aufschrift „Körperpflege“. Aus einem Lautsprecher ertönt eine dunkle Frauenstimme:

„Ja?“

„Ich bin’s“, antwortet der Mann.

Der Türöffner summt, der Mann betritt das Haus und fährt mit dem Fahrstuhl in die fünfte Etage, wo er an einer Wohnungstür erneut klingelt. Eine schwarz behandschuhte Frau öffnet. Sie trägt ein durchsichtiges Top, einen kurzen Lederrock, Netzstrümpfe und hochhackige Stiefel. Die Frau blickt den Mann streng an und dirigiert ihn mit einer Kopfbewegung in die Wohnung. Für kurze Zeit erhascht man einen Blick in ein von Kerzen erleuchtetes, schwarz tapeziertes Zimmer. Dort hängen Peitschen, Reitgerten, Teppichklopfer und anderes mehr an der Wand und man vernimmt eine leise, sakral anmutende Musik. Dann wird die Tür geschlossen.

Wenn der Mann zwei Stunden später die Wohnung wieder verlässt, ist sein Gesicht stark gerötet und er atmet schwer. Er drückt der Frau mehrere Geldscheine in die Hand und verabschiedet sich mit den Worten: „Bis zum nächsten Mal.“ Dann geht er federnden Schrittes zum Fahrstuhl.

Dies könnte der Beginn eines „Aufklärungsfilms“ der siebziger Jahre sein, in dem es um das Thema S/M geht. Solche Filme wurden ja damals vielfach in den Kinos gezeigt – auf den heutigen Zuschauer wirken sie eher belustigend. Natürlich ist klar, was sich abgespielt hat: Ein „Sklave“ – ein Stammkunde – hatte eine Session bei seiner Domina. Was sich bei einer solchen Session abspielt, weiß man aus vielen Filmen und Büchern: Der Sklave wird gefesselt, beschimpft, gepeitscht, mit heißem Wachs beträufelt, ins Verlies geworfen und was sonst noch alles. Der unbedarfte Kinozuschauer dieses fiktiven Films hätte sich dann die Frage gestellt: Was treibt den Mann nur immer wieder zu dieser Frau? Und der Film hätte ihm pseudowissenschaftliche Antworten gegeben. In Wirklichkeit ging es in einem solchen Film ja auch gar nicht um Aufklärung, sondern die Schaulust des Publikums sollte befriedigt werden.

Der Mann aus unserem Film ist glücklich verheiratet, hat wohlgeratene Kinder und bekleidet eine leitende Stellung in einem großen Konzern. Er ist eloquent, gebildet und durchsetzungsstark, er sieht gut aus – er ist das, was man einen „Erfolgsmenschen“ nennt. Weder seine Bekannten und Freunde, schon gar nicht seine Frau und Kinder wissen oder ahnen etwas von seiner dunklen Seite. Auch in seinem alltäglichen Verhalten deutet nichts darauf hin.

Ich glaube, dass die Frage „Was treibt den Mann zur Domina?“ niemand wirklich beantworten kann. Wir müssen akzeptieren, dass es Menschen mit solchen Neigungen gibt, ich selbst, als passionierte Flagellantin, gehöre auch dazu.

Was sich im Dominastudio in mehr oder weniger spielerischer Form abspielt, war in der Vergangenheit einmal grausame Realität. Es gab die Streckbank, den Pranger und den Strafbock. Und „Erziehung“ hieß allzu oft „Bestrafung“. Dazu wurde auch der Segen Gottes bemüht. Im alttestamentarischen Sinn bedeutet Strafe lediglich Vergeltung und Rache, nach dem Motto „Auge um Auge und Zahn um Zahn“. Erst mit dem Christentum entstand die Idee der Vergebung; mittels Beichte, Absolution durch den Priester und Kirchbuße konnte ein Sünder wieder in den Zustand der Unschuld versetzt werden.

Nehmen wir an, der Mann aus unserem Film besucht seine Domina aus einem echten Strafbedürfnis heraus. Dann wäre diese Frau nicht nur seine Zuchtmeisterin, sondern auch seine Beichtmutter, die ihn nach der Züchtigung mit tröstenden Worten und Liebkosungen „absolviert“. In aller Regel endet eine Session im Dominastudio mit dem Orgasmus des Gastes, und dieser Orgasmus erlöst ihn nicht nur aus seiner hochgradigen Erregung – er symbolisiert auch Verzeihung und Versöhnung. Der Gast verlässt das Studio mit federnden Schritten, weil er sich erleichtert und befreit fühlt. Eine Last – eine Schuld –, was auch immer, wurde von ihm genommen. Eine wirklich begabte und fähige Domina – ich fürchte, dass es nicht viele gibt – erfüllt insofern eine wichtige therapeutische Funktion.

***

Die Körperstrafen haben eine lange Tradition und es gab und gibt eine Vielzahl von Methoden und Strafinstrumenten. Zur Zeit des römischen Imperiums wurden die Sklaven und Sträflinge mit dem „Flagellum“ gezüchtigt – einer dreisträngigen Geißel. Die Spuren im „Turiner Grabtuch“ – so es denn echt ist – lassen vermuten, dass Christus vor seiner Kreuzigung mit dem Flagellum gepeitscht wurde. Im Mittelalter war es die „Karbatsche“ (schwere Lederpeitsche), die bei den Hexenverhören eingesetzt wurde. In Spanien, zur Zeit des „Heiligen Officiums“ – so wurde die Inquisition von der katholischen Königin Isabella genannt –, bekehrte man Ketzer mit dem „gedrehten Ochsenziemer“, einer armlangen Peitsche, die aus dem Penis eines Bullen gefertigt wurde. Auch Zigeunerinnen, die verbotene Tänze aufführten, erhielten damit Schläge auf den nackten Rücken. Bereits auf den Galeeren und später auf den großen Segelschiffen gab es die „neunschwänzige Katze“, die gnadenlos auf die Rücken der Sklaven und Matrosen niederpfiff. In den Spielfilmen „Ben Hur“ oder „Meuterei auf der Bounty“ gibt es dafür eindrucksvolle Beispiele. In Russland war es die „Knute“, vor der vor allem die Häftlinge in den Zuchthäusern zittern mussten. Die schwarzen Sklaven auf den Plantagen wurden mit der „Dragonard“ – einer großen Dressurpeitsche – bestraft, wenn sie ihr Arbeitspensum nicht geschafft hatten. Und bereits in orientalischen Märchen wird die „Bastonade“ erwähnt, eine wahrhaft furchtbare Strafe und Foltermethode: Bis zu 200 Stockhiebe wurden den Gefangenen auf die nackten Fußsohlen verabreicht. In Deutschland und England ist es der Rohrstock, der aus der Erziehung nicht wegzudenken ist – von den einen gehasst aufgrund schmerzlicher Erinnerungen, von den anderen verniedlichend „Mädchentröster“ oder „gelber Onkel“ genannt – von den Flagellanten jedoch heiß geliebt.

Die bevorzugte „Erziehungsfläche“ ist das Hinterteil. Dies ist unter anderem dadurch begründet, dass dabei die Gefahr ernsthafter Schäden am geringsten ist – vorausgesetzt, die Schläge werden gekonnt platziert. Die zuvor beschriebenen Strafmethoden bargen immer die Gefahr schwerer Verletzungen in sich. Der Delinquent konnte in vielen Fällen nicht einmal sicher sein, dass er die Züchtigung überlebte. Wenn Knute und Ochsenziemer mit voller Wucht auf Rückenwirbel trafen, konnte eine Lähmung die Folge sein. Die Bastonade konnte bewirken, dass der Gefolterte vor Schmerzen wahnsinnig wurde. Nicht umsonst gibt es den zynischen Spruch: „Du bekommst Hiebe, bis du lachst.“ Auch wenn es wenig glaubhaft klingt: Die Prügelstrafe konnte und kann eine größere Abschreckungskraft haben als die Todesstrafe.

Dagegen ist das Hinternversohlen, vor allem, wenn es maßvoll und mit Liebe vollzogen wird, vergleichsweise harmlos. Es gibt allerdings eine Komponente dabei, die ich für sehr wichtig halte: Sich über einen Bock zu legen oder auf alle viere zu gehen und den nackten Hintern zu präsentieren, ist immer auch eine Geste der Unterwerfung. Nicht von ungefähr gleicht diese Körperstellung der, die eine Frau beim „Coitus a tergo“ – dem Geschlechtsakt von hinten – einnimmt. Mit den gespreizten Schenkeln und dem herausgestreckten Po signalisiert sie ihre Hingabebereitschaft. Zweifellos spielen beim Schlagen auf das nackte Gesäß auch sexuelle Motive eine Rolle. Solche Gefühle können deutlich empfunden, aber auch stark verdrängt werden. Hinzu kommt, dass diese Form der Bestrafung ein Ausdruck absoluter Dominanz ist – Dominanz und Herrschaft über ein wehrloses Wesen, das Erniedrigung, Scham und Schläge auf eine intime und erogene Körperzone ertragen muss – oder will.

Zurück zu unserer Domina: Der entscheidende Unterschied zwischen ihr und den Schergen der Vergangenheit ist, dass sie mit den Grausamkeiten nur spielt. Ihr Sklave erlebt das Gefühl des totalen Ausgeliefertseins als lustvoll – ein merkwürdiger Umdeutungsprozess, der da im menschlichen Gehirn stattfindet. Dieses lustvolle Ausleben von S/M- und Flag-Phantasien hat absolut nichts mit Gewaltverherrlichung zu tun – ein Vorwurf, der immer wieder auch gegenüber Flag-Literatur erhoben wird. Flagellanten, die ihre Rituale in verantwortungsvoller Form praktizieren, sind in meinen Augen auch nicht pervers. Mit „verantwortungsvoll“ meine ich, dass alles einvernehmlich geschieht, keine minderjährigen Personen und auch keine Tiere ins Spiel kommen.

***

Wirklich pervers waren zum Beispiel die Aufseher und Mägde im Arbeitshaus (1. Kapitel des folgenden Berichtes), denen auch die Zofe Bridget Hill vorübergehend ausgeliefert war (3. Kapitel). Durch und durch pervers ist für mich die Schwester Oberin, von der die ehemalige Klosterschülerin Sylvia B. mir berichtete (4. Kapitel), und auch die Erzieherschaft in der Besserungsanstalt, wo der Schüler Thomas Lange schwerste Demütigungen und sexuelle Misshandlungen ertragen musste (5. Kapitel). Diese beiden letzten Kapitel verdeutlichen zudem, wie dicht religiöser und sexueller Wahnsinn beieinanderliegen.

Ich gebe offen zu, dass manches, auf das ich bei meinen Recherchen zu diesem Buch gestoßen bin, mich nicht nur schockiert, sondern auch stimuliert hat. Zuweilen empfand ich ein starkes Gefühl der Entrüstung und gleichzeitig spürte ich, wie ich körperlich erregt wurde. Ich glaube, dass das legitim ist, und ich schäme mich nicht dafür. Und natürlich bin ich mir darüber im Klaren, dass die folgenden Berichte über ihren Informationsgehalt hinaus eine anregende Lektüre für Flag-Freunde darstellen. In der Phantasie – wie auch im Traum – ist alles erlaubt! Entscheidend ist, dass wir im realen Leben respektvoll und verantwortungsbewusst miteinander umgehen.

Martina Sadler

1.

MEHR HIEBE ALS ESSEN

Besichtigung eines englischen Zucht- und Arbeitshauses

Die erste englische Zeitung, die London Gazette, war eine Art Staatszeitung, sie wurde 1665 auf Anordnung der Regierung herausgegeben. Die damaligen Zeitungsleute befassten sich hauptsächlich mit der Kommentierung politischer Ereignisse. Die Sozialkritik – zum Beispiel die Bekanntmachung gesellschaftlicher Skandale – war noch kaum entwickelt.

Umso wirkungsvoller waren Ende des 18. Jahrhunderts die Betrachtungen des Schriftstellers William Jones, die viele Gemüter heftig erregten. Das Magazin Titbits, das wöchentlich erschien, könnte man als Vorläufer der modernen Nachrichtenmagazine bezeichnen. Es war eine Fundgrube des Klatsches, der Skandale und Enthüllungen. Hier profilierte sich Jones als Meister des Dialoges und auch als treffsicherer Berichterstatter des Grotesken und Absurden. Wenn er über Kuppler und Diebe, Huren und Giftmischerinnen schrieb, schien er erleuchtet zu sein. Jones fügte mit seinen Artikeln dem englischen Journalismus eine „ätzende Schärfe“ hinzu, die gewiss manches geißelte, was geißelnswert war.

Natürlich ging Jones manchmal zu weit, genau wie seine Nachfolger in unseren Tagen. Er schrieb, um Geld zu verdienen, und er machte aus seiner etwas zweifelhaften Berufsmoral keinen Hehl. Er zitierte oft seinen Kollegen Ned Ward, der einmal geschrieben hatte: „Die Bedingungen eines Autors sind denen einer Hure ähnlich. Das Bedürfnis nach einem kümmerlichen Glück zwingt uns, für unseren Unterhalt manchmal etwas zu tun, was uns schamrot macht.“

Jones’ folgender Bericht erschien 1799. Er ist nicht sehr tiefschürfend, aber er verdeutlicht die tragische Lage, in der sich die Zuchthaushäftlinge damals befanden, und er geißelt die Unsitte, kleine Leute wegen geringfügiger Vergehen einzusperren und erbarmungslos durchprügeln zu lassen.

Jones hatte die besagte Anstalt auf Einladung eines Freundes, der früher dort als Aufseher tätig war, besucht, um einen persönlichen Eindruck zu gewinnen. Der Wahrheitsgehalt seiner Beobachtungen dürfte außer Zweifel stehen.

Eine Anzeige im Daily Mirror brachte mich in Kontakt mit einem Londoner Privatmann, der einige Titbits – Originalausgaben ersteigert hatte. Ich informierte ihn brieflich über mein Buchvorhaben und mein Interesse an flagellantischen Berichten, darauf ließ er mir Fotokopien zukommen.

Titbits wurde 1808 wegen seiner gewagten und pikanten Inhalte durch richterliches Dekret verboten.

Nach ein paar einleitenden Sätzen heißt es in William Jones’ Report:

Wir betraten ein stattliches Gebäude. Mir schien es eher der Palast eines Fürsten als ein Besserungshaus zu sein. Mein Freund führte mich zunächst in den Männer-Trakt, wo wir durch einen langen Gang an den vergitterten Zellen, die wie Affenkäfige aussahen, entlang spazierten.

Einer der Häftlinge hielt lautstark eine Rede gegen die königliche Regierung, so heftig, wie ein Bruder der Common-Wealth-Sekte auf die Abartigkeiten des Lebens schilt.

Ich warnte ihn: „Du verdienst für solch verräterische Reden aufgehängt zu werden!“

„Ihr seid ein Esel“, ereiferte sich der Mann, „wir Sträflinge können in diesen Mauern so viel und so frei reden wie ein Tyrann, der seinen Unsinn munter durch die Gegend posaunt. Ich bitte Euch, werter Herr, kommt nur hierher und quartiert Euch hier ein, und Ihr könnt reden, was Ihr wollt – kein Mensch wird Euch danach fragen. Draußen wird die Wahrheit verfolgt – aber hier drin sitzt sie so sicher wie ein Schurke in der Kirche und eine Hure im Nonnenkloster, ha, ha, ha! Ich kann den großen Leuten die Wahrheit sagen, dass sie sich die Ohren zuhalten – ich laufe nicht Gefahr, dafür die Peitsche zu schmecken.“

„Du wirst die Peitsche schmecken, mein Freund, und zwar sehr ausgiebig, sei dessen nur gewiss!“, antwortete ihm mein Begleiter.

„Wenn Ihr jemals einen Verrückten am Galgen gesehen habt, weil er die Wahrheit gesagt hat, oder die Peitsche auf dem Rücken eines Richters für seine vielen Lügen, dann will ich Euch beweisen, dass mein Hut eine Schubkarre ist!“

„Wahrscheinlich gehörst du eher in ein Tollhaus als hierher!“, gab ich zurück.

Alsdann gingen wir in die Frauenabteilung, um zu sehen, was es dort für Absurditäten zu unserer Unterhaltung gab. Wir kamen in einen großen Saal und erblickten eine Anzahl von Mädchen, die wie Heumacher bis aufs Hemd ausgezogen waren und irgendein Kraut zerstampften. Wie die meisten Sklaven hatten sie einen barschen Aufseher, der diejenigen hanfgekleideten Werkfrauen, die von der Faulkrankheit ergriffen waren, wirksam mit dem Ochsenziemer kurierte.

„Dies sind wohl die Missetäterinnen bei der Arbeit“, sagte ich zu meinem Freund, „was meinst du, was sie ausgefressen haben?“

„Offen gestanden“, erwiderte mein Freund, „ich kann es dir nicht sagen. Aber frage sie nur selbst, sie werden dich schon zufriedenstellen.“

„Ich bitte dich, Mädchen“, sagte ich zu einem pausbäckigen Geschöpf, „was hat dich zu dieser Arbeit gebracht?“

„Wenn Ihr es unbedingt wissen müsst, Mr. Kitzelschwanz“, antwortete sie – ich nehme an, dass sie mich für einen Landpädagogen hielt, weil ich in Schwarz war –, „Richter Kloßschädel hat mich hierher verfrachtet, weil ich lieber eine Amsel einen Dreher flöten höre als einen Pfarrer in der Kirche Unsinn reden oder Latein schwätzen. Sagt selber, der Ihr ein Mann von Gerechtigkeit seid, habe ich dafür die Peitsche verdient?“

Vom Arbeitssaal gingen wir in den Flur und an den Zellen vorbei, in denen sie nachts eingesperrt wurden, vorbei an den Gittern, bei deren Anblick mir ein Schauer über den Rücken lief.

In einer der Zellen sahen wir eine Frau im grauen Kittel – offenbar eine Magd –, die damit beschäftigt war, das nackte, striemenüberzogene Hinterteil eines Mädchens mit einer Salbe zu behandeln. Das Mädchen kniete auf einer Pritsche, die Kehrseite brav herausgereckt. Als die Magd uns erblickte, erklärte sie: „Dieses Früchtchen ist seit heute Morgen hier und hat eben den ‘Willkomm’ gekostet.“

Ich wusste bereits, dass es in den Erziehungshäusern einen ‘Willkomm’ und einen ‘Abschied’ gibt, jeweils zu Beginn und zum Ende der Haftzeit – beides bedeutet nichts anderes als eine gehörige Tracht Prügel.

Das Mädchen drehte den Kopf zu uns und warf mir einen Blick zu, unschuldig und bescheiden wie eine Heilige in einem Sonntagskalender. „Nun, verehrter Herr“, sagte sie, „Ihr schaut mich so nachdenklich an – was haltet Ihr von mir?“

„Um die Wahrheit zu sagen“, versetzte ich, „ich nehme an, du hast einiges ausgefressen, denn sonst wärst du ja wohl nicht hier!“

„Wenn Ihr mir glaubt und nicht errötet wie ein kleiner Knabe, will ich Euch die Wahrheit sagen. Ich lebte bei einem alten Schurken von Krämer, und wenn meine Herrin fort war, pflegte er mich zu zwicken und zu kneifen und zu kitzeln – ich sage lieber nicht, wo. Schließlich wurden wir erwischt und meine Herrin brachte mich hierher, wo ich mehr Hiebe auf den Po bekam, als ich wahrlich verdiente.“

„Und der sieht jetzt aus wie ein Gitterfenster, durch das die Sonne scheint“, meinte die Magd lachend und setzte sich auf einen Schemel. Sie zog ihren Kittel hoch und befahl der Sünderin sich mit der Kehrseite nach oben über ihren linken Oberschenkel zu legen.

„Glaubt ihr kein Wort“, rief sie uns zu und massierte dabei die wulstigen Striemen, „sie ist eine ganz durchtriebene Hure, die in ihrem Leben höchstens zwei Pence ehrlich verdient hat. Sie ist nur hierher geschickt, weil sie so lange auf dem Rücken gelegen hat, bis ihr der Arsch am Bett festgewachsen ist. Da konnte sie nicht mehr aufstehen!“

Die Magd lachte schallend und verpasste dem dicken Hintern des Mädchens ein paar tüchtige Klatscher mit ihrer kräftigen Hand, dass die Backen munter bebten.

Mein Freund zeigte mir dann den Keller des Gebäudes, wo aus der geräumigen Waschküche lautes Gekeife zu vernehmen war. Wir erblickten dort eine junge Frau vor einem großen Bottich, aus dem Dampf aufstieg. Vor ihr standen zwei Mägde und etwas weiter entfernt zwei uniformierte Aufseher, die ihre Ochsenziemer drohend hin- und herbogen.

„Wirst du jetzt endlich gehorchen?“, sagte eine der Mägde streng zu der Frau, „auf der Stelle ziehst du dich aus und steigst in den Bottich!“

„Ich will aber nicht!“, kam kreischend die Antwort. Darauf rissen ihr die Aufseher mit Gewalt die Kleider vom Leibe, die Frau geiferte dabei so schrill, dass ich mir die Ohren zuhalten musste. Als sie splitternackt war, ergriff einer der Aufseher seinen Ochsenziemer und zog ihn der Widerspenstigen ein paar Mal mit Verve über den Rücken. Die Hiebe nahmen ihr zunächst die Luft, bevor sie erneut ohrenbetäubend kreischte. Doch die Maßnahme zeigte Wirkung: gehorsam stieg das Weib in den Bottich.

„Wozu das?“, fragte ich meinen Freund.

„Straßenhuren sind meistens unglaublich verdreckt und verlaust“, erklärte er mir, „der Trog ist mit heißer Schmierseifenlauge gefüllt, und die beiden Mägde schrubben die Schöne jetzt erst einmal mit Wurzelbürsten gründlich ab. Anschließend bekommt sie ihre Haare kurz geschoren und die Achsel- und Schamhaare abrasiert. Bei starker Behaarung wird auch die Pospalte ausrasiert. Dann wird sie mit einer Desinfektionslösung, die gegen Läuse wirkt, behandelt. Schließlich erhält sie noch mehrere Einläufe mit Sauermilch in die Vagina und den After, das eliminiert üble Odeurs.“

„Und das alles wird von den Mägden durchgeführt?“, wollte ich wissen.

„So sollte es sein“, versetzte mein Freund, „doch die Aufseher greifen herzhaft ein. Besonders auf das Rasieren und Verabreichen der Einläufe sind sie erpicht. Die Mägde lassen das so gut wie immer zu, erst recht, wenn sie im Gegenzug Geschenke bekommen, und sie gestatten auch allerlei Schabernack, den die Männer allzu gerne mit den Dirnen treiben.“

„Nämlich?“, fragte ich.

„Sie lassen sie nackt vor sich tanzen, auf allen vieren laufen, bizarre Körperstellungen einnehmen und noch einiges mehr. Besonders gerne legen sie die Frauen übers Knie und schlagen mit der flachen Hand aufs Hinterteil. Sie schließen Wetten ab, wer die schönsten Muster auf die Backen zeichnen kann. Manchmal kommt es auch zu Vergewaltigungen. Das ist streng verboten, doch die Männer werden durch das stundenlange He rumspielen mit den nackten Weibern heftig erregt und können sich schließlich nicht mehr beherrschen.“

„Und das geschieht im Beisein der Mägde?“, fragte ich ungläubig.

„Die sehen dabei gar nicht ungern zu, sie leisten sogar Hilfestellung. Sie werden allerdings für ihr Stillschweigen mit Geld bestochen.“

Indessen waren die Mägde dabei, die Dirne im Bottich mit den derben Wurzelbürsten zu bearbeiten. Sie ließ es widerstandslos geschehen, sie wusste, dass ihr bei Aufsässigkeit weitere Ochsenziemerhiebe drohten.

„Was geschieht nach dieser ganzen Prozedur mit der Frau?“, fragte ich dann.

„Sie kommt morgen vor den Richter, wird mit Sicherheit verurteilt, und dann spürt sie die Peitsche.“

Wir gingen in den Hof zurück und eine Treppe hinauf, oben angekommen durchschritten wir einen Gang und gelangten in einen geräumigen Saal, in dem das Gericht steif und würdig saß – über alle anderen erhoben ein gesetzter Herr, dessen gestrenger Blick seine Autorität auswies. Er saß auf dem Sessel des Richters und war mit einem Hammer bewaffnet wie der Makler in „Lloyds Kaffeehaus“.

Im Nebenraum sahen wir eine Frau unter der Peitsche. Die Schiebetüren waren weit geöffnet, damit das hohe Gericht und an die 100 Zuschauer, die im Saale waren, die Bestrafung genau verfolgen konnten. Die Frau war völlig nackt und mit hochgezogenen Armen an ein leiterartiges Gestell gefesselt, so dass ihre Zehen gerade noch den Boden berührten. 50 Hiebe hatte ihr der Richter zudiktiert als Strafe für Prostitution und Diebstahl. Ein Aufseher mit schwarzem Vollbart vollzog die Züchtigung, um seine wulstigen Lippen spielte ein süffisantes Grinsen. Er trug eine Uniform mit Stiefeln und Schirmmütze, die Jacke hatte er abgelegt und die Hemdsärmel hochgekrempelt. Das Pfeifen und Klatschen der Peitschenhiebe hallte schaurig durch den Saal, doch vermisste man das übliche Geschrei und Gezeter der Delinquentin, denn dieses wurde durch die „Maulbirne“ (Knebel, der die Mundhöhle ganz ausfüllt) unterdrückt. Mein Freund erklärte mir, dass die Maulbirne weniger eingesetzt wird, um das Schreien zu unterdrücken, sondern immer dann, wenn die Gezüchtigte den Richter oder das Publikum unflätig beschimpft.

Nach dem zwölften Hieb fiel der Hammer des Richters, die Züchtigung wurde unterbrochen, weil das Gesicht und der Hals der Dirne blau angelaufen waren. Eine der bereitstehenden Mägde sprang herbei, entfernte rasch die Maulbirne und begann unentwegt mit der flachen Hand auf den Rücken der nach Luft ringenden Frau zu schlagen, um so die Atmung wieder zu normalisieren. Nach einem nicht enden wollenden Hustenanfall stieß die Malträtierte schließlich einen langen, wütenden Schrei aus, dies wurde vom Publikum mit Applaus begrüßt.

Als Nächstes trat der Anstaltsarzt in Aktion, ein Greis, der mit zittrigen, gierigen Händen den Körper der jungen Frau untersuchte. Er presste sein Ohr auf ihren Rücken, um Kreislauf und Atmung zu überprüfen – dabei begrapschte er ihre Brüste. Dann fuhr er mit beiden Daumen an den Peitschenstriemen entlang und krallte seine Finger immer wieder in ihre Hinterbacken. Die Prozedur entlockte der Delinquentin ein ununterbrochenes und verzweifeltes Stöhnen. Schließlich beendete der Arzt die „Untersuchung“ mit einem kräftigen Schlag aufs Gesäß der Frau, dies war für den Aufseher das Signal, dass die Strafprozedur fortgesetzt werden konnte. Der brutale Mann zog genüsslich und mit breitem Grinsen die Peitsche durch seine Finger, die Zuschauer reagierten darauf mit Seufzern der Vorfreude.

Doch nun begann die Delinquentin zu schimpfen wie ein Rohrspatz, sie hatte wohl insgeheim gehofft, dass der Arzt die Bestrafung vorzeitig beenden würde, und sie schrie den Richter an: „Warum lasst Ihr mir gnadenlos das Fell gerben, seid Ihr nicht mein bester Kunde? Und dieser wildschweinsköpfige Lump, der mir jetzt die Seele aus dem Leib drischt, hat mich gestern in der Waschküche vergewaltigt!“

Das Lamentieren hatte nur eine Konsequenz: Auf Befehl des Richters bekam die Aufmüpfige wieder die Maulbirne in den Mund geschoben. Der Aufseher stellte sich in Position, holte aus und pfeifend sauste die Peitsche erneut auf den bereits schwer gezeichneten Körper der Delinquentin.