Britta Kummer

 

Mein Leben mit MS

 

Für meine Eltern

 

Danke, dass ihr für mich immer

der Fels in der Brandung seid.

Und mir damit helft,

all meine Höhen und Tiefen

zu überwinden.

 


Impressum:

1. Auflage

Mail: karina.bookoffice@gmail.com

www.karinaverlag.at

Text © Britta Kummer

Layout, Überarbeitung, Covergestaltung © Karin Pfolz

Coverfoto © Bettina Böhm

Lektorat © Romy Baumann

Mai 2015, Karina Verlag, Vienna, Austria,

 

Print: ISBN 978-3-903056-42-8

E-Book: 978-3-903056-43-5

 

Bibliografische Information der Nationalbibliotheken:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Die Österreichische Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Österreichischen Nationalbibliothek.

 

Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung der Verlage, Herausgeber und Autor unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

 


Liebe Leser,

 

in diesem Buch nehme ich Sie mit auf die Reise in mein MS-Leben.

Sie erfahren, wie alles begann. Ich lasse Sie teilhaben an meinen Gefühlen und Gedanken - ganz ehrlich und ungeschminkt.

Dieses Buch ist kein Fachbuch oder Ratgeber über die Krankheit MS (Multiple Sklerose), sondern meine ganz eigene Lebensgeschichte.

Trotz dieser tückischen Krankheit habe ich bislang nicht aufgegeben und werde das auch in Zukunft nicht tun.

Mein Ehrgeiz an das Leben: Nach vorne schauen und die gesetzten Ziele nicht aus dem Blickwinkel verlieren.

Dieses Buch ist ein „MUTMACHERBUCH“.

Es soll MS-Betroffenen, deren Angehörigen sowie Interessierten zeigen, dass es trotz einer unheilbaren Krankheit weitergeht … eben nur anders.

 

Ihre Britta Kummer

 

Wie alles begann

 

Ich war gerade süße 21 Jahre alt, als mir die endgültige Diagnose Multiple Sklerose (kurz MS) den Boden unter den Füßen wegriss. Aber was hatte dieses Wort MS überhaupt für mich, meine Familie und für unsere Zukunft zu bedeuten?

Ich war ein absoluter Sportfreak und in der vollen Blüte meines Lebens. Ich wollte mein Leben genießen und kennenlernen und dann kam alles anders. Auf einmal wollten meine Beine nicht mehr so, wie ich es mir wünschte. Das Laufen fiel mir immer schwerer. Ich hatte Gleichgewichtsstörungen und schwankte durch die Gegend, als wenn ich zu viel Alkohol getrunken hätte. Meine Augen zeigten mir Doppelbilder, die ich bisher auch noch nie gesehen hatte. Erst ignorierte ich diese Signale. Man könnte auch sagen, ich wollte mir nicht eingestehen, dass irgendetwas in meinem Körper vor sich ging, was nicht normal war, so wie bei den meisten anderen Menschen meines Alters.

Wo wir bei dem Wort „normal“ wären. Was ist eigentlich normal? Aber es nutzte alles nichts. Die Symptome wurden nicht besser, sogar eher schlechter, also blieb mir nichts anderes übrig, als einen Arzt aufzusuchen.

Zu dieser Zeit wusste ich noch nicht, dass meine Eltern heimlich mit unserem Nachbarn, der Arzt war, über mich gesprochen hatten. Gut, dass ich das nicht wusste, denn ich hätte ihnen bestimmt die Hölle dafür heiß gemacht. Das ging den Nachbarn doch wirklich nichts an! Meine Eltern erzählten mir von seinen Vermutungen, dass ich vielleicht an „Multiple Sklerose“ erkrankt sei. Mit dieser Erkrankung sei nicht zu spaßen. Aber das interessierte mich wirklich nicht. „Multiple Sklerose - MS? Noch nie gehört“, schoss es mir in den Kopf und damit war für mich die Sache erledigt.

Auf Drängen meiner Eltern ging ich dann zu unserem Hausarzt, da immer noch leichte Einschränkungen in meinem Bewegungsablauf vorhanden waren. Ein Arzt des Vertrauens. Wer, wenn nicht er, konnte mir helfen? Das war für mich ganz klar. Er nahm sich viel Zeit für mich und auf mein Bitten und Drängen überwies er mich zu einem Orthopäden. Denn für mich als Sportler lag ganz klar auf der Hand, dass meine derzeitigen Defizite nur von einer Sportverletzung herführen konnten. Eine stumpfe Verletzung, vielleicht einfach eine Überbelastung oder was auch immer es war, das mich daran hinderte, wieder hundert Prozent zu geben. Halt nichts Schlimmes, was mit etwas Ruhe schnell wieder in den Griff zu bekommen war. Wie falsch ich da doch lag.

Dieser Arzt nahm mir Blut ab und stellte fest, dass ich einen hohen Entzündungswert im Körper hatte. Er testete noch meine Reflexe in den Beinen und damit war für ihn die Sache in Ordnung. Er meinte, dass Ruhe für mich gut ist. Ruhe? Gut und schön, aber was hatte das nun zu bedeuten? So ein Wert kommt doch nicht von alleine. Jedoch wurde mir diese Frage hier und jetzt nicht beantwortet, denn dieser Arzt war der Meinung, dass ich bei einem Kollegen, einem Neurologen, besser aufgehoben bin. Alles wirklich sehr verwirrend.

Inzwischen völlig genervt, sollte bzw. durfte ich den nächsten Arzt kennenlernen. Als ob ich nichts Besseres zu tun hätte, als mir die Wartezimmer der umliegenden Arztpraxen anzuschauen. Es gibt wirklich Besseres und Sinnvolleres, was man mit seiner Zeit anfangen kann. Dieser Arzt nahm mich überhaupt nicht für voll. Er machte Untersuchungen, die mir wie eine Ewigkeit vorkamen und ich musste stark mit mir kämpfen, mein Nervenkostüm in den Griff zu bekommen. Denn dieser Arzt und ich waren wie Feuer und Wasser.

Als dann endlich das Ergebnis vorlag, wurde ich von ihm wieder völlig ignoriert. Er bestand sogar darauf, alles nur mit meinem Vater zu besprechen. Dieser verwies ihn aber in die Schranken und machte dem ‚lieben Doktor‘ unmissverständlich klar, dass das ja wohl nicht ging. So saß Familie Kummer dann zusammen dicht gedrängt in dem kleinen Arztzimmer und lauschte seinen Worten. Ihre Tochter hat MS - Multiple Sklerose. „Mmh! MS? Schon mal gehört, aber wo?“ Die restlichen Worte des Mediziners hörte ich gar nicht mehr, weil es mich überhaupt nicht weiter interessierte, was er da noch so alles von sich gab. Außerdem waren ja meine Eltern da, die sich sein „BlaBla“ anhörten. Brauchte ich ja dann nicht. Sollte es etwas Wichtiges geben, wusste ich, würden sie mir das schon mitteilen. Ich wurde erst wieder aus meinem Dämmerzustand gerissen, als ich ein Rezept für Medikamente und eine Überweisung ins Krankenhaus in die Hand gedrückt bekam. Ich bekam noch mit, dass ich diese Tabletten unbedingt nehmen sollte.

Zu Hause klärten meine Eltern mich über das Gespräch auf, aber auch hier hörte ich nicht richtig zu. Als das Wort Krankenhaus fiel, war ich aber wieder wach. Der liebe Arzt wollte mich noch gerne zu einem Kollegen überweisen, weil man in einer Klinik viel mehr Möglichkeiten für die Diagnostik hat. Okay, dann eben ins Krankenhaus. Wie man sich sicher vorstellen kann, erzeugte das Wort Krankenhaus nicht gerade Glücksgefühle bei mir.

Im Krankenhaus angekommen fragte ich mich, was ich hier überhaupt mache. Denn meine Beschwerden waren auf einmal wie durch Geisterhand fast weg. Lag das vielleicht an den neuen Medikamenten, die ich pflichtbewusst einnahm? Was machte ich also noch hier? Da die Beschwerden, wie bereits erwähnt, schnell wieder verschwanden, und auch keine größeren und neuen Entzündungswerte zu ermitteln waren, wurde ich ohne größere Untersuchungen nach Hause geschickt. Die Worte: „Wir müssen abwarten“, waren nicht gerade beruhigend. Da es mir aber soweit wieder gut ging, strich ich einfach alles aus meinem Kopf und dachte nicht mehr an das Wort „MS“. Ich löschte dieses Wort einfach aus meinem Kopf, da es mir bis dahin sowieso nichts sagte. Warum sich Gedanken über Dinge machen, die von alleine verschwinden? Und so genoss ich mein Leben wieder in vollen Zügen. Nur meine Eltern machten sich große Sorgen, aber ich konnte sie nur belächeln und verstand den ganzen Wirbel nicht, den sie veranstalteten. Heute weiß ich, sie haben sich verrückt vor Sorge gemacht und mit meiner Ignoranz habe ich es ihnen noch schwerer gemacht, als es sowieso schon für sie war.

Wieder zu Hause ging das normale Leben weiter. Es war eine gewisse Zeit ruhig, doch auf einmal, waren die besagten Symptome wieder da. Aber diesmal so schlimm, dass ich kaum einen Fuß vor den anderen setzen konnte. Ich hätte jedem Säugling im Krabbeln Konkurrenz gemacht. Die Goldmedaille der Babyolympiade wäre mir sicher gewesen. Also landete ich wieder schneller im Krankenhaus, als es mir lieb war.

Diesmal wurden die Ärzte flott und überschlugen sich fast. Nach zahlreichen, teilweise sehr unangenehmen und nicht empfehlenswerten Untersuchungen erhielt ich dann die endgültige Diagnose „Multiple Sklerose“, womit ich nach wie vor nicht viel anfangen konnte, oder besser gesagt nicht wollte. Ich wurde mit Cortison vollgepumpt und wie durch Wunderhand war der Alptraum, so gut wie gar nicht mehr laufen zu können, vorbei. Und wieder kam es mir nicht in den Sinn, mich mit dem Wort „MS“ auseinander zu setzen. Warum auch? Der Alptraum war doch schon wieder vorbei, bevor er richtig angefangen hatte. Sicher hatte ich einen kurzen Moment Angst, nie wieder richtig laufen zu können, aber dank dem Wundermittel Cortison war doch alles wieder gut. Warum sich also weiter verrückt machen?