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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

Epilog

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 2528

 

Transmitter-Roulette

 

Sie suchen die TRAITOR-Jäger – und stoßen auf dunkle Geschäfte der Akonen

 

Christian Montillon

 

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Auf der Erde und den zahlreichen Planeten in der Milchstraße, auf denen Menschen leben, schreibt man das Jahr 1463 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – das entspricht dem Jahr 5050 christlicher Zeitrechnung. Seit über hundert Jahren herrscht in der Galaxis weitestgehend Frieden: Die Sternenreiche arbeiten daran, eine gemeinsame Zukunft zu schaffen. Die Konflikte der Vergangenheit scheinen verschwunden zu sein.

Vor allem die Liga Freier Terraner (LFT), in der Perry Rhodan das Amt des Terranischen Residenten trägt, hat sich auf Forschung und Wissenschaft konzentriert. Sogenannte Polyport-Höfe stellen eine neue, geheimnisvolle Transport-Technologie zur Verfügung. Gerade als man diese zu entschlüsseln beginnt, greift die Frequenz-Monarchie über die Polyport-Höfe nach der Milchstraße. Zum Glück kann der Angriff aufgehalten werden.

Während Reginald Bull die Milchstraße zu schützen versucht, folgt Perry Rhodan einem Hilferuf der Terraner in das in unbekannter Ferne liegende Stardust-System. Dort erhält er eine Botschaft seines alten Mentors ES: Die Superintelligenz scheint akut bedroht.

Atlan wiederum begibt sich in die Galaxis Andromeda. Dort will der Arkonide direkt gegen die Frequenz-Monarchie antreten. Dazu spielt er TRANSMITTER-ROULETTE ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Ronald Tekener – Der Smiler geht in einen gefährlichen Einsatz.

Jarstog – Der Ganschkare gibt einige wichtige Informationen preis.

Belar tan Picas – Der Sicherheitsbeauftragte muss sich zwischen Loyalität und Integrität entscheiden.

Monkey – Der Chef der USO befiehlt den Einsatz gegen die TRAITOR-Jäger.

Simul tan Harol – Ein erfolgreicher akonischer Unternehmer gerät ins Zwielicht.

»Da ist ein Loch in deiner Seele, Tekener, und du kannst es nicht stopfen, so sehr du es auch versuchst.«

»Glaubst du das wirklich?«

»Du etwa nicht? Dann – spiel mit!«

Und das Roulette beginnt sich zu drehen. So schnell, dass es unwirklich erscheint.

 

 

Prolog

Etwas, das nie geschah

 

»Ich habe einige Transmitter gekauft, ehe die Leiche gefunden wurde.« Die braunen Augen des Tefroders wichen dem Blick des Ermittlers aus. »Oder sagen wir besser: Ich habe einige Transmitter bestellt. Leute wie du, Egrega, wollen ja alles immer ganz genau wissen und drehen einem dann hinterher einen Strick aus den eigenen Aussagen.«

»Einen Strick drehen?«

»Eine alte terranische Redensart. Sie bedeutet so viel wie ...«

»Ich weiß«, unterbrach Aerga Egrega. Sein Nacken schmerzte, und er hatte keine Lust, sich über Nichtigkeiten zu unterhalten. »Ich frage mich nur, wer auf die Idee kommen sollte, ich wolle irgendjemandem, verstehst du, auch nur irgendjemandem das Wort im Mund herumdrehen. Warum so misstrauisch?«

Der Geschäftsführer einer mittelgroßen Import- und Exportfirma nahm im Gehen die Brille von der Nase, indem er die Bügel aus den schwabbelnden Fettmassen seiner Schläfen und Wangen zog. Jeder Schritt hallte von den metallenen Wänden. »Ist ein gewisses grundlegendes Misstrauen etwa nicht angebracht, wenn man des Mordes verdächtigt wird?«

»Ich verdächtige niemanden«, stellte Egrega klar. »Zumindest noch nicht.«

Wenn aber doch, ergänzte der Ermittler in Gedanken, wärst du der erste auf der Liste, Fettsack. Er zeigte ein zuckersüßes Lächeln. »Du weißt, dass mich die planetare Regierung mit besonderen Vollmachten ausgestattet hat. Es besteht großes Interesse daran, diesen ... Vorfall aufzuklären. Wegen den, sagen wir, interkulturellen Verwicklungen könnten leicht übergeordnete Stellen mit einbezogen werden.«

Eine dicke Hand begrub den Sensor unter sich, der die Tür vor den beiden Tefrodern öffnete. Die Enge des unterirdischen, metallverkleideten Korridors wich einem Büro von verschwenderischer Größe.

»Übergeordnete Stellen? Du sprichst von ...«

»Die gesamte Galaxis ist immer noch höchst sensibel, wenn es um die Akonen geht.« Aerga Egrega legte eine genau bemessene Pause ein. »Und da der fragliche Transmitter nun einmal von den Akonen stammt, wird sich nur schwer verhindern lassen, dass dieses Volk bald durch die Medien geistert.«

Hurgac Eylia erbleichte. Wahrscheinlich stellte er sich gerade vor, wie der Name seiner Firma – Tiquerst'Cin – die besten Früchte dies- und jenseits von Neu-Tefa – in einem Atemzug mit einem Todesfall und Vorwürfen gegen das akonische Volk genannt wurde.

Seit die Heimatwelt der Akonen von der Terminalen Kolonne zerstört und damit ein ganzes Volk seiner Wurzeln beraubt worden war, hatte sich in der galaktischen Öffentlichkeit das Bild festgesetzt, man hätte den Akonen helfen müssen – selbst wenn eigentlich jeder wusste, dass dies nicht möglich gewesen war. Aber man war sich im Klaren: Jedes Volk hätte das gleiche Schicksal treffen können.

Und genau auf dieser Betroffenheit gedieh eine Art universelles Mitleid und Schuldbewusstsein. Wo die samthäutigen Bewohner des Akonsystems früher wegen ihrer sprichwörtlichen Unnahbarkeit, Arroganz und oft genug Hinterlist misstrauisch beäugt worden waren, schien ihr Bild einen tiefgreifenden Wandel durchlaufen zu haben: Sie waren Opfer geworden und sehr schnell als heimatloses Volk zu einem Symbol des galaktischen sozialen Gewissens. Von daher vergriff sich seit einigen Jahren jeder, der schlecht über einen Akonen oder gar über die Akonen als Gruppe redete, an einem Tabu erster Güte.

»Die Opfer TRAITORS«, »die Heimatlosen«, »die Vertriebenen«, all das waren Begriffe für die Akonen geworden, und jede Äußerung, die das dadurch erzeugte Gefühl gefährden konnte, wurde tabuisiert.

Durch eine Panoramaglaswand am anderen Ende des Büros fiel das orange-blaue Licht der untergehenden Abendsonne und überstrahlte das Gebirge und den davor liegenden kristallklaren Hochplateau-See mit unwirklichem Glanz.

Nein, verbesserte sich Egrega selbst in Gedanken, es gibt diesen Ausblick nicht. Wir befinden uns knapp hundert Meter unter der Erdoberfläche. Vor mir erstreckt sich eine raffinierte Projektion, die indirekt aus zahllosen Quellen beleuchtet wird, mehr nicht.

Aus der bis dahin glatten Oberfläche des Sees stießen in diesem Augenblick drei silbern glänzende Fischleiber. Unter den tropfenden Flossen entfalteten sich Flughäute. Die Tiere trieben im sanften Abendwind dicht über dem Wasser, näherten sich von außen der Scheibe immer mehr und drehten im letzten Augenblick ab.

Egrega rieb sich den schmerzenden Nacken, von dem diffuser Schmerz bis in den Hinterkopf ausstrahlte. »Ein erstaunlich realistisches Holo.«

»Ich glaube, wenn man schon den größten Teil des Tages unter der Erde verbringen muss, sollte man wenigstens dafür sorgen, dass ...«

»Dein Glaube interessiert mich nicht«, unterbrach der Ermittler barsch. »Um dein Seelenheil mögen sich andere kümmern. Mich interessieren Fakten.«

»Du hast mich falsch verstanden, ich ...«

»Ich verstehe sehr wohl!« Es konnte nichts schaden, ein wenig den harten, unnachgiebigen Schnüffler zu spielen, der für den Humor in etwa so wichtig war wie Wüstensand für einen fliegenden Fisch. Paarte man dieses Verhalten mit einer knochentrockenen Ironie, erzielte es oft eine erstaunliche Wirkung. »Ich werde dir nun einige Fragen stellen. Fangen wir mit der wichtigsten an.«

Eylia wirkte erleichtert. Sie betraten das Terrain, auf das er sich zweifellos bestens vorbereitet hatte. »Bitte.«

»Warum trägst du diese Brille?«

Die Worte genügten, die Erleichterung in tausend Stücke zu schlagen. Eylia schnappte nach Luft. Sein feistes Dreifachkinn geriet in Wallung. »Meine ... Brille?«

So ist's recht. Je verwirrter du bist, umso besser gefällst du mir. Aerga Egrega ließ sich ungefragt auf einem der offenbar sündhaft teuren Luxussessel nieder.

»Deine Brille«, wiederholte er langsam, als spreche er mit einem begriffsstutzigen Kind. »Mich interessieren solche Details. Warum lässt du deine Augen nicht richten und quälst dich stattdessen tagein, tagaus mit diesem Gestell aus Metall und Kunststoff? In 99 Prozent aller bei Tefrodern diagnostizierten Sehschwierigkeiten hilft eine simple Linsenkorrektur.«

»Was hat das mit dem Mord zu tun?«

Der Ermittler grinste. »Nichts. Aber es könnte mich und damit auch die Regierung unseres schönen Planeten Neann Ocis misstrauisch machen, wenn du die Auskunft auf eine solch einfache Frage verweigerst.«

Zwischen den wulstigen Lippen tauchte für einen Augenblick, kaum sichtbar, die Zungenspitze auf. »Familienerbstück. Mein Vater trug die Brille, und dessen Vater ebenso, seit dem Tag, an dem er die Firma gründete.« Hurgac Eylia schlurfte zu seinem Schreibtisch und stützte sich dort mit der Linken ab. In der Rechten hielt er nach wie vor die Brille und schlenkerte sie nervös hin und her. »Und was meine Augen angeht, mach dir keine Sorgen. Sie funktionieren bestens. Die Brille erfüllt keine optische Funktion. Fensterglas, du verstehst?«

»Also ein Markenzeichen.« Egrega winkte einem Servorobot, der bislang reglos in einer Ecke des Raumes gestanden hatte. Zu seiner Überraschung setzte sich die Maschine tatsächlich in Bewegung. »Durchaus nachvollziehbar. Jeder Chef sollte eine Marotte haben, über die seine Untergebenen Sprüche reißen können. Dann müssen sie nicht nach echtem Dreck suchen.«

Der Robot blieb vor dem Ermittler stehen.

»Den würden sie bei mir auch nicht finden«, sagte Eylia. Mit einem Blick auf den Robot ergänzte er: »Kann ich dir etwas anbieten?«

Egrega lehnte sich im Sessel zurück. »Nichts, was der Robot erledigen könnte. Ich möchte den Toten sehen.«

Die Frage stand überdeutlich in den Augen des Geschäftsführers: Warum hast du dann die Maschine zu dir gerufen?

Eine Antwort darauf würde Eylia nicht erhalten. Es sollte ihn getrost zusätzlich verunsichern.

»Nun?«, fragte der Ermittler.

»Folge mir. Ich bringe dich in die Lagerhalle.«

 

*

 

Die Haare waren noch vorhanden, aber das Gesicht konnte man kaum mehr als solches erkennen. Nichts wies darauf hin, dass sich der Tote in seinen letzten Minuten gegen einen Angreifer zur Wehr gesetzt hatte.

»Er hat das Transmitterfeld durchschritten, ohne dass es einen Hinweis auf eine Fehlfunktion gegeben hätte«, sagte Hurgac Eylia. »Als er im Empfangsfeld materialisierte, sah er ... so aus.«

Wucherungen drückten die Fingernägel nach oben. Kleidung und Fleisch waren miteinander verschmolzen.

Auf Eylias Stirn perlte Schweiß. »Er fiel sofort in sich zusammen. Wir haben ihn seitdem nicht angerührt.«

»Ein Transmitterunfall?« Aerga Egrega schaffte es, die offensichtliche Schlussfolgerung wie eine Frage klingen zu lassen. »Wahrscheinlichkeit bei all den hochkomplexen Sicherungsmaßnahmen geradezu mikroskopisch gering.«

Eylia stimmte eifrig zu. »Eine Vermischung auf molekularer Ebene bei der Rematerialisierung ist so unwahrscheinlich, dass ...«

»Dass man geradezu an eine bewusste Manipulation denken muss.« Egrega bückte sich neben den Überresten des bedauernswerten Tefroders, dem eine alltägliche Technologie zum Verhängnis geworden war.

Oder zumindest eine Technologie, die nach dem Hyperimpedanz-Schock von 1331 NGZ langsam wieder zu etwas Alltäglichem wurde, vor allem wenn es nach dem Willen der Akonen ging, die mit dem Transmitterhandel ein Vermögen verdienten. Ein weiterer Grund, diesen Vorfall geheim zu halten. Egrega fragte sich, wie sehr er sich die Finger verbrennen konnte, wenn er weiterwühlte.

Der Tote stank. An den Augenhöhlen klebte verkrusteter Schleim, wohl die Überreste der ...

»Es gibt natürlich Präzedenzfälle«, riss Eylia ihn aus den Gedanken. »Solche Zufälle ereignen sich tatsächlich. In höchstem Maß bedauernswerte Unfälle. Ich bin zutiefst überzeugt, dass es in diesem Fall ebenso ...«

Der Ermittler hob die Hand: Sei still! In der weitläufigen geräumten Halle war kein einziger Laut mehr zu hören. »Nenn mir ein einziges Beispiel.«

Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. »Alaska Saedelaere, der berühmte Terraner, kollidierte während eines Transmitterdurchgangs mit einem Cappin und ...«

Egrega ließ sich nicht beeindrucken. »Akzeptiert. Liegt lange zurück.« Er zog eine kleine Flasche aus der Tasche seiner viel zu weiten Hose, schraubte sie auf und roch daran. Der Alkoholdunst vertrieb den Gestank des Todes auf wohltuende Weise.

»Medizin«, murmelte er wie beiläufig und nahm dabei einen großen Schluck.

Der Geschäftsführer sah ihm unbehaglich zu. Vielleicht speicherte er den Alkoholgenuss gerade auf seiner imaginären Liste-die-gegen-Agrega-verwendet-werden-kann ab.

Der Ermittler schraubte seelenruhig die Flasche wieder zu. »Alaska Saedelaere ist ein Punkt für dich. Ein weiteres Beispiel, und ich werde mich zufrieden zurückziehen. Wenn ich Unfall über die Datei schreiben kann, ist es für uns alle leichter. Die Wahrheit werde ich deswegen jedoch nicht verleugnen.«

Der andere stotterte einige Silben, rang nach Worten und fuhr sich dann durch die kurz geschorenen Haare. Im Nacken verschwanden die Finger zwischen Fettwülsten.

»Du kennst kein weiteres Beispiel.«

»Es genügt ein Beispiel. Alaska Saedelaeres Schicksal ist ein ausreichender Beweis dafür, dass es möglich ...«

»Alaska Saedelaere«, unterbrach Egrega und fragte sich, ob er sich ein Mittel gegen die Kopfschmerzen injizieren sollte, »ist ein Beweis dafür, dass kosmischer Zufall existiert. Obwohl viele Philosophen in seinem Schicksal gerade das Gegenteil sehen wollen. Bestimmung. Auserwählung.« Die letzten beiden Worte quälten sich hörbar mühsam über seine Lippen.

Eylia wandte der Leiche vor dem Empfangstransmitter den Rücken zu. »Was wirst du tun?«

Der Ermittler ließ die Flasche wieder verschwinden. Er hielt die Luft an, als er sich über den Toten beugte und mit einem Glasröhrchen und einer altertümlichen Pinzette eine Gewebeprobe entnahm. »Halt dich für weitere Fragen bereit. Du und jeder Einzelne, der Zugang zu dieser Halle hatte.«

»A... aber das sind nahezu alle unserer Mitarbeiter!«

Mit einem winzigen Ortungsgerät suchte Egrega nach Reststrahlung. Die Ergebnisse passten nicht ins Bild. Aber das erstaunte ihn keinesfalls. Er speicherte die Daten ab. In wenigen Stunden würde nichts mehr nachweisbar sein.

»Vier-, vielleicht fünfhundert Personen.« Eylia seufzte.

»Das verspricht ein lustiger Tag zu werden. Oder eine lustige Woche.«

»Aber meine Firma – die Früchte ... Tiquerst'Cin kann die Produktion nicht so lange einstellen! Seit mein Großvater die ersten Jülzii-Birnen mit auf diesen Planeten gebracht hat, haben der Import und die genetische Veredelung und Züchtung nicht mehr gestockt! Der unterirdische Anbau und die Lagerung sind genauestens ausgeklügelt! Wenn ich den sorgsam aufgestellten Arbeitsplan unterbreche, wird der normale Ablauf nicht mehr weitergeführt werden können und deshalb ...«

»Jülzii-Birnen«, wiederholte Egrega nachdenklich, als interessiere ihn die weitere Litanei nicht im Geringsten. »Ist das Blues-Obst? Hat es samtig flaumige Schalen?«

»Du begreifst nicht, was ...«

»Du begreifst nicht«, verbesserte der Ermittler. »Seit diese Leiche aufgetaucht ist, läufst du direkt Richtung Konverterkammer. Und seit es so aussieht, als seien die Akonen und ihre Transmittertechnologie darin verwickelt, stehst du direkt davor und tippst auch noch selbst den Entsicherungskode ein.«

»Unsinn! Dieser unschöne Zwischenfall muss geklärt werden, und ...« Die weiteren Worte blieben Hurgac Eylia offenbar im feisten Hals stecken, als er verstand, was Egrega soeben gesagt hatte. »Was hat das alles zu bedeuten? Was willst du von mir?«

Egrega wusste, dass er den Geschäftsführer genau da hatte, wo er ihn haben wollte. »Ich muss alles über dein Geschäft mit den Akonen wissen. Alles, verstehst du?«

Der Tefroder wischte sich Schweiß aus dem Gesicht – eine hoffnungslose Geste, da die Hautfalten geradezu in Feuchtigkeit schwammen. Er stank salzig und nach vermoderndem Gras. »Alles begann, als die LEMCHA OVIR einen stationären Orbit über Neann Ocis einnahm. Du hast von der LEMCHA gehört? Ein wahres Wunderwerk. Ein Blick darauf, und du weißt, was die Akonen können. Die verstehen es, sich zu präsentieren.«

»Gehen wir zurück in dein Büro«, forderte Egrega. »Es gibt dort sicher einiges an Daten- und Bildmaterial, das du mir präsentieren willst. Diesmal werde ich von deinem Servo-Robot auch etwas annehmen. Jülzii-Birnen ... klingt interessant.«

»Sie sind köstlich«, versicherte Eylia mechanisch.

Die beiden entfernten sich. Zurück blieb die Leiche eines Tefroders, der im Leben stets unauffällig geblieben war, dessen Tod jedoch gewaltige Entwicklungen anzustoßen schien. Egrega hatte alles andere als ein gutes Gefühl.

 

*

 

Gefühlte 500 Befragungen und ebenso viele Stunden später wurde sogar Aerga Agrega müde. Sein Kopf schwirrte von den vielen Gesichtern, Namen und Zeugenaussagen.

Ein wenig ärgerte er sich darüber, dass all die Gespräche mit den Mitarbeitern der Früchte-Firma nichts genutzt hatten – von der überaus großzügigen Bewirtung abgesehen. Agrega hatte mehr exotische Früchte genossen als je zuvor in seinem Leben.

Die Gesundheit spross ihm inzwischen wahrscheinlich sprichwörtlich aus den Ohren; die Vitamine, die er zu sich genommen hatte, würden seine Körper monatelang versorgen. Und sie machten so manches Fläschchen mit Hochprozentigem wieder wett.

Am Abend kam Eylia zurück in sein unterirdisches Büro, das er Agrega für die Dauer der Befragung zur Verfügung gestellt hatte. »Bist du zu einem Ergebnis gekommen?«

Der Ermittler tippte mit dem Knöchel des Zeigefingers gegen die angebliche Panoramascheibe. Der holografische Vogel, der sich mit winzigen Saugnäpfen zwischen den Krallen auf der anderen Seite niedergelassen hatte, stob davon. Agrega grinste amüsiert. »Interaktiv. Was würde wohl geschehen, wenn ich meinen Strahler ziehe und die Scheibe zerschieße?«

»Nichts«, antwortete der Geschäftsführer mürrisch. »Weil die Programmierung die Möglichkeit nicht mit einbezieht, dass jemand in meinem Büro eine solch unnötige Gewalttat begeht.«

Agrega schnippte mit den Fingern. »Unnötig – das ist der Punkt! Ich danke dir. Denn dass es in deiner Firma zu Gewalt kommen kann, steht ja inzwischen fest. Die Frage ist nur: Wer hält sie für nötig? Und warum?«

Gewalt