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Nachhaltigkeit in Handwerksbrauereien

Katharina Landerer, Manfred Mödinger

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© 2014 Fachverlag Hans Carl GmbH, Nürnberg
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ISBN 978-3-418-00906-3

Vorwort Präsident Bierconvent International

Noch am Anfang des vorigen Jahrhunderts war eine Brauerei in jeder Kleinstadt eine Selbstverständlichkeit. Doch wurde gegen Ende des Jahrhunderts auch die Braubranche von einer Welle von Fusionen erfasst, so dass transnationale Konzerne den entscheidenden Marktanteil für sich sichern konnten.

Allerdings löst jede Entwicklung auch Gegenentwicklungen aus. Den ersten Sprung wagten in den 1980er Jahren einige mutige Unternehmer an der Westküste der USA, die Gasthausbrauereien mit einem breit gefächerten Angebot von Biersorten gründeten. Die Neuinterpretation traditioneller Bierstile und die Wiederentdeckung der Vielfalt traditioneller Brauweisen führte zu einer Erfolgsgeschichte dieser Pioniere und ihrer Nachfolge die ihresgleichen sucht.

Diese Entwicklung setzt sich ungehindert fort, so dass neue Gasthausbrauereien mittlerweile überall auf der Welt gegründet werden und viele zunehmend zu beachtlichen Betriebsgrößen herangewachsen sind. Die Anlagenhersteller reagierten mit einer Vielzahl neuer Angebote und Entwicklungen, um eine große Vielfalt der Biere brauen zu können.

Der Weg eine Gastbrauerei zu gründen und sie erfolgreich zu einer größeren Handwerksbrauerei zu machen, erfordert jedoch mehr als engagiertes Brauen außergewöhnlicher Bierspezialitäten. Wenn diese begrüßenswerte weltweite Entwicklung dauerhaft erfolgreich sein soll, muss sie nachhaltig werden. Die Gesellschaft stellt heute an Unternehmen jeder Größe die Frage nach ihren Beiträgen zum Umweltschutz und zur sozialen Entwicklung. Die heute international zentrale Frage nach dem nachhaltigen Wirtschaften darf bei Handwerksbrauereiprojekten nicht mehr ausgeblendet sein.

Der leitende Gedanke des BCI ist es, die ehrwürdige Tradition des Bieres zu pflegen und seine gesellschaftliche Wertschätzung zu fördern. Diese Förderung der weiteren Entwicklung von Gasthaus- und Handwerksbrauereien führte uns dazu, diese Arbeit zu unterstützen und somit die erste, umfassende Definition nachhaltigen Handelns in Handwerksbrauereien zu ermöglichen.

Ich danke hiermit allen, die an der Entstehung dieses Leitfadens beteiligt waren, zuerst den beiden Autoren Katharina Landerer und Manfred Mödinger sowie unseren Projektpartnern, der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf und dem Verband der Privaten Brauereien Bayern e.V. Stellvertretend für alle, die die Entwicklungsarbeit kritisch begleiteten und kommentierten, sei Herrn Professor Dr. Ludwig Narziss herzlich gedankt.

Ich wünsche dem Leitfaden eine weite Verbreitung, so dass weltweit viele Braumeister und Brauereiinhaber bei ihren Bemühungen um eine nachhaltige Entwicklung ihrer Betriebe Anregung und Unterstützung finden mögen.

Prag, im Juli 2014 Stanislav Procházka

Vorwort Private Brauereien Bayern

Das Thema Nachhaltigkeit ist in unserer Gesellschaft mit Nachdruck angekommen. Zwar gibt es für Nachhaltigkeit noch unterschiedliche Definitionen, jedoch besteht Einigkeit darüber, dass wir bei unserem Wirtschaften einen wesentlich stärkeren Blick auf die Folgen unserer ökologischen und ökonomischen Rahmenbedingungen richten müssen. Wichtig ist hierbei, dass die Betrachtungsweise nicht am Tor des Unternehmens endet, sondern die gesamten Prozesse der Beschaffung und des Vertriebes mit einzubeziehen sind. Bei ersten Analysen wird deutlich, dass nachhaltiges Wirtschaften in Brauereien nicht durch 2 oder 3 wenige Entscheidungen erreichbar ist, sondern nachhaltiges Arbeiten erfordert eine Vielzahl von Maßnahmen, es sind zahlreiche Stellschrauben in der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen. Naturgemäß wird hierdurch die Komplexität enorm erhöht.

Aus diesen Gründen begrüßen die Privaten Brauereien Bayern e.V. diesen Leitfaden mit zahlreichen Praxishinweisen gerade für kleine und mittelständische Brauereien. Strukturiert werden die verschiedenen Bereiche nacheinander erläutert. Damit ist der Entscheider vor Ort in der Lage, die wesentlichen relevanten Hebel sowie die Zusammenhänge zu erkennen, um in seiner Brauerei Nachhaltigkeit umzusetzen.

München, im Juli 2014 Dr. Werner Gloßner Hauptgeschäftsführer

Vorwort Hochschule Weihenstephan-Triesdorf

Das Wort Nachhaltigkeit stammt von dem Verb nachhalten mit der Bedeutung „längere Zeit andauern oder bleiben“. Damit ist nachhalten ein Synonym für die klassische handwerkliche Brauerei. Lange Zeit war in der Branche Brauereisterben das große Thema und eigentlich ist bei den herrschenden Preiskämpfen kein Platz für Werte, die nichts mit Gewinn und Wirtschaftlichkeit zu tun haben. Genau da ist aber eine immer erfolgreichere Gegenbewegung entstanden. Brauer, die „den Bräu“ darstellen, die die Handwerkskunst betonen, regional agieren und ihre Mitarbeiter wertschätzen. Der Kunde „fühlt“ diese Qualität und ist bereit den Preis dafür zu zahlen.

Für die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf freue ich mich, dass wir auch Wissen einbringen durften und eine unserer Studentinnen bei der Ausarbeitung im Rahmen ihres Praxissemesters beteiligt war.

Weihenstephan, im Juli 2014 Prof. Dr.-Ing. Winfried Ruß

Vorwort der Autoren

An wen wendet sich dieser Leitfaden? Das war im Vorfeld eine häufig an uns gerichtete Frage. Was ist eine Handwerksbrauerei? Eine Gasthausbrauerei? Eine kleine, mittlere oder größere Brauerei? Was bedeuten solche Größenbeschreibungen in Europa, in USA, in anderen Ländern? Sind damit 6.000, 60.000 oder 6 Mio. hl Jahresausstoß als Obergrenze gemeint?

Oder ist die Handwerksbrauerei inhaltlich zu definieren, als Brauer charaktervoller Biere mit natürlichen Rohstoffen und ohne Hilfsstoffe?

Wir wollen an dieser Stelle diese Definition nicht vornehmen. Wir wenden uns an Alle, die sich selbst als „Handwerksbrauerei“ verstehen und Nachhaltigkeit praktizieren wollen. Wir hoffen, dass in diesem Leitfaden für Jeden hilfreiche Hinweise zu finden sind, im sicheren Wissen, dass nicht alle Ideen für alle Brauereien nutzbar sind.

Wir wollen Impulse setzen für nachhaltiges Bierbrauen. Darum geht es.

Siegsdorf, im Juli 2014 Katharina Landerer und Manfred Mödinger

Einführung

Der Begriff „Nachhaltigkeit“ ist logisch und scheint somit leicht erfüllbar zu sein.

Er beinhaltet aber nicht nur effizientes Wirtschaften wie bestmögliche Ausnutzung der Rohstoffe sowie geringen Energie- und Wasserverbrauch als Kennzeichen einer ordnungsgemäßen Betriebsführung, sondern es muss auch bei der Beschaffung der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe auf genau diese Punkte bei den jeweiligen Lieferanten geachtet werden. Hierbei ist der CO2-Ausstoß als bedeutendste Klimakomponente eine gute Maßzahl. Augenscheinlich ist dabei der Transport sowohl für den Bezug der Verbrauchsmaterialien als auch zur Bedienung der eigenen Kundschaft.

Der Biervertrieb, seine Ausdehnung, die Verkaufsarbeit, die Werbemaßnahmen sind ebenfalls unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit zu beurteilen. Schon die Konzeption des Betriebes vom Flächenbedarf her, von der Güte der Gebäude (Wärme-, bzw. Lärmdämmung) ist eine der Grundvoraussetzungen für die Erfüllung der Anforderungen der Nachhaltigkeit. Der sozialen Seite wird ebenfalls eine große, ja entscheidende Bedeutung wie z.B. dem „Betriebsklima“ im weitesten Sinne, beigemessen. Schließlich spielt auch der Auftritt des Unternehmens, sein Geschäftsgebaren eine große – auch ethisch zu sehende – Rolle.

Die in diesem Leitfaden sehr eingehend und doch sehr übersichtlich dargestellten Erfordernisse einer nachhaltigen Arbeitsweise gelten nicht nur für die zunächst angesprochenen Handwerksbrauereien, sondern auch für Industriebetriebe aller Größenordnungen.

Es zeigt sich aber auch, dass das Thema „Nachhaltigkeit“ nicht nur dem Techniker zur Bearbeitung auferlegt werden kann, sondern, dass Unternehmer – bzw. in Kapitalgesellschaften Vorstand und Aufsichtsrat – eine Geschäftsphilosophie repräsentieren, die den Spielraum gibt, die Anforderungen für dieses „Gesamtwerk“ zu erfüllen.

In diesem Sinne wünsche ich diesem Leitfaden eine verdiente, gute Aufnahme in der Fachwelt.

Freising, im Mai 2014 Prof. Dr. Ludwig Narziss

Inhaltsverzeichnis

Vorwort Präsident Bierconvent International

Einführung

1. Einführung

1.1 Problemstellung

1.2 Wert der Handwerksbrauereien

1.3 Projektziele

2. Nachhaltigkeit – Die Agenda 21 als Leitbild der Welt

2.1 Geschichte der Nachhaltigkeit 1713-2013

2.2 Missverständnisse

2.3 Nachhaltigkeit als Teil internationaler Unternehmensstrategien

2.4 Bestandteile nachhaltiger Konzepte

3. Nachhaltigkeit in der Brauerei – die wichtigsten Bereiche

3.1 Landwirtschaftliche Rohstoffe

3.1.1 Anforderungen des Brauers und des Landwirts

3.1.2 Anforderungen an nachhaltige Landwirtschaft

3.1.3 Der konventionelle Landbau

3.1.4 Der ökologische Landbau

3.1.5 Biodiversität

3.1.6 Transporte

3.2 Wasser

3.2.1 Nachhaltige Wassernutzung

3.2.2 Wasserschutz

3.2.3 Brunnenpflege

3.2.4 Wasseraufbereitung

3.2.5 Kreislaufsysteme

3.3 Energie

3.3.1 Energiebedarf

3.3.2 Regenerative Energieversorgung

3.3.3 Energiesysteme, Anlagentechnik

3.3.4 Emissionen

4. Der nachhaltige Brauprozess

4.1. Hopfen und Malz

4.1.1 Malz

4.1.2 Hopfen

4.2. Sudhaus

4.3 Gär- und Lagerkeller

4.3.1 Gärkeller

4.3.2 Lagerkeller

4.4 Filtration und Drucktankkeller

4.5. Abfüllung und Verpackung

4.5.1 Bierverpackungen

4.5.1.1 Fassbier
4.5.1.2 Flaschen- und Dosenbier
4.5.1.3 Transportgebinde
4.5.1.4 Die Zukunft der Verpackungswelt?

4.5.2 Abfüllung

4.5.2.1 KEG-Abfüllung
4.5.2.2 Flaschenabfüllung

4.6. Umweltmanagement

5. Nebenprozesse der Brauerei

5.1. Reinigung und Desinfektion

5.2. Abfallwirtschaft

5.3. Boden

5.4. Gebäude

5.5. Verwaltung, Büros, Werkstätten

6. Der Biervertrieb

6.1 Distribution

6.1.1 Regionalvertrieb

6.1.2 Überregionaler Transport und Export

6.1.3 Fahrzeuge

6.1.4 Innerbetrieblicher Transport

6.2 Verkaufsarbeit

6.3 Kommunikation und Werbemittel

6.3.1 Kommunikation als Einbahnstraße

6.3.2 Kommunikation als Zweibahnstraße

6.3.3 Werbemittel

7. Soziale Nachhaltigkeit in der Brauerei

7.1 Mitarbeiter

7.1.1 Beschäftigungswirkung nachhaltiger Strategien

7.1.2 Bezahlung und Gewerkschaft

7.1.3 Förderung von Frauen, Behinderten, Auszubildenden, Studenten

7.1.4 Vorbeugung vor Krankheit, Arbeitsschutz, Förderung der Gesundheit

7.1.5 Führungsverhalten; Mitarbeiterintegration in Entscheidungsprozesse

7.2 Umfeld

7.3 Gesellschaftliches und kulturelles Engagement

8. Ethische Anforderungen an nachhaltige Betriebe

8.1 Transparenz

8.2 Einkaufsverhalten

8.3 Finanzierungsregeln

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einführung

1.1 Problemstellung

Überall auf der Erde wird es wärmer, Naturkatastrophen werden heftiger, Hitzewellen, Überschwemmungen, Stürme und Dürren richten nicht nur mehr Schaden an als je zuvor, sie entwickeln sich zunehmend zu Alltagsereignissen. Zehn Millionen Tonnen Erdöl, fast 13 Millionen Tonnen Steinkohle und acht Millionen Kubikmeter Erdgas verfeuert die Menschheit Tag für Tag und trotz immer wieder neuer aufgefundener Vorräte ist doch das Ende der fossilen Energien absehbar.

Der durch die Verfeuerung dieser fossilen Vorräte der Erde wesentlich mit verursachte Klimawandel gilt als nur noch schwer zu stoppen.

Neben dem aktuell am stärksten medial präsenten Thema des Klimawandels stehen jedoch noch viele weitere Themen, vom Wassermangel bis zur Sicherung der Ernährung, auf der Agenda der weltweiten Politik. Es ist das vor allem von 1987-1992 entwickelte Konzept der „sustainability“, deutsch eher unzureichend mit „nachhaltiger Entwicklung“ übersetzt, das als weltweiter Lösungsansatz für die Fülle der Weltprobleme gilt.

Die Schwierigkeit ist, dass nachhaltiges Verhalten sowohl des Einzelnen als auch von Unternehmen nur wenig Belohnung generiert. Selbst wenn der einzelne Bürger seinen Ausstoß an Klimagasen auf 0 reduzieren würde, ist das global nicht messbar. Nachhaltigkeit ist bisher nur selten ein Thema mit dem allein sich eine Brauerei derart von der Konkurrenz abheben könnte, dass die Kunden dafür signifikant mehr Geld für die Produkte bezahlen würden. „Nachhaltigkeit wird aber gleichzeitig für Marken zunehmend zum Risiko. Wer sie zukünftig nicht erfüllt, wird vom Kunden bestraft.“1

Andererseits sitzen die Zweifel an den bisherigen Verhaltensweisen der Wirtschaft selbst bei den 1.000 Chefs der führenden Unternehmen der Welt inzwischen tief. „Die Weltwirtschaft ist auf dem falschen Kurs, und die Unternehmen tun zu wenig für eine nachhaltige Zukunft“, lautet das überraschende Fazit aus der weltweit größten Umfrage der Vereinten Nationen bei Firmenchefs zur Nachhaltigkeit.2

„corporate social responsibility“, „sustainability“, „corporate citizenship“ das sind heute Schlagworte moderner, die gesamte Umwelt integrierender Unternehmensführung geworden. Beim Blick auf die internationale Brauereilandschaft stellt man fest, dass sich deutsche Brauereien bezüglich nachhaltiger Unternehmensführung allerdings deutlich im Hintertreffen befinden, wie es beispielhaft die europ. Verbraucherinitiative Rank a brand feststellte.

Innerhalb Deutschlands sind es Töchter internationaler Braukonzerne und einige mittelständische Brauereien mit entsprechend engagierten Inhabern und Geschäftsführungen, die mit ihrer nachhaltig ausgerichteten Unternehmensführung herausragen. Es besteht die Gefahr, dass die kleinen und mittelständischen Brauereien in der Breite die Herausforderungen nachhaltiger Unternehmensführung nicht bzw. zu spät erkennen und sowohl Nachteile in ihrer Wettbewerbsfähigkeit als auch in ihrer gesellschaftlichen und politischen Akzeptanz erleiden.

1.2 Wert der Handwerksbrauereien

Gleichzeitig mit dem Boom des Themas Nachhaltigkeit läuft eine neue Gründerwelle im weltweiten Brauwesen ab. Angetrieben vom Wunsch außergewöhnliche Bierspezialitäten zu brauen und einen, an Qualität und Geschmack ausgerichteten, neuen Markt aufzubauen, gründen junge Brauer und branchenfremde Bierliebhaber und Investoren neue Brauereien und erfahren oftmals zügig Akzeptanz der Konsumenten. Hier zeichnet sich weltweit eine Entwicklung ab, wie sie seit Jahren in Ländern wie USA, Italien, Tschechien und zunehmend auch in Deutschland zu beobachten ist.

Der Wert der Vielfalt ist an sich ein Wert für gutes Leben. Vielfältige Geschmackserlebnisse sind ebenso begrüßenswert wie die Vielfalt interessanter neuer Arbeitsplätze und die gesellschaftlichen Vorteile dezentraler Unternehmen. Das sind Bestandteile nachhaltiger Entwicklung und sprechen sehr für einen weiteren Ausbau der craftbeer Bewegung. Aber das ist nicht genug.

Die heute international zentrale Frage nach der Nachhaltigkeit, also dem nachhaltigen Wirtschaften der Unternehmen wird in diesen jungen Unternehmen nahezu überall ausgeblendet. Die Gefahr ist groß, dass gerade diese Brauereien ein Chancen-Thema der Zukunft nicht besetzen. Es fehlt ein positives Leitbild für „sustainability in craftbreweries“. Es hat noch niemand definiert, was ein solches Verständnis nachhaltigen Handelns in einer Handwerksbrauerei eigentlich umfassend bedeutet, wonach zu streben sinnvoll ist.

1.3 Projektziele

Um diese Lücke zu schließen wurde dieser Leitfaden entwickelt:

1. Abgeleitet von den internationalen Konzepten der Nachhaltigkeit mit ihren Bestandteilen ökologischer, regionalökonomischer, sozialer und ethischer Aspekte, waren diese allgemeinen Konzepte zunächst theoretisch auf alle Bereiche des Handelns und Agierens einer Mittelstands-, bzw. Handwerksbrauerei herunter zu brechen. Es wurden umfangreich und im Detail die Kriterien nachhaltigen Handels in allen Arbeitsbereichen der Brauerei definiert.

Dazu gehören Rohstoffbeschaffung und -verarbeitung, Hilfs- und Betriebsstoffe, Energieversorgung, Technik und Technologie, Verpackung, Distribution, Konsumententransparenz und Kommunikation.

2. Es wurden Brauereien als Beispielunternehmen identifiziert, die in einzelnen Bereichen dieses Gesamtkonzepts „nachhaltige Handwerksbrauerei“ besonders aktiv und als Branchenführende bekannt sind.Das Handeln dieser Betriebe und die erzielten Ergebnisse wurden analysiert, um für jeden Einzelaspekt nachhaltigen Wirtschaftens Best-Practice-Beispiele zu definieren und die theoretisch erarbeiteten Konzepte an ihrer Praxistauglichkeit auszurichten und zu guten Tipps für alle Handwerksbrauereien zu kommen.

3. Aus der Summe der praktischen Erkenntnisse wurde dieses Gesamtleitbild „Nachhaltige Handwerksbrauerei“ beschrieben. Für die erkannten Probleme nachhaltigen Handelns sollten Lösungsvorschläge benannt werden.

Dieses Forschungsprojekt wurde unter Federführung der Unternehmensberatung m.mödinger in Siegsdorf bearbeitet. Die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf und der Verband der Privaten Brauereien Bayern e.V. unterstützten das Vorhaben tatkräftig. Der Bierconvent International hat es mit seiner finanziellen Unterstützung überhaupt erst ermöglicht.

2. Nachhaltigkeit – Die Agenda 21 als Leitbild der Welt

2.1 Geschichte der Nachhaltigkeit 1713 - 2013

Der Begriff „nachhaltig“ wurde erstmals von Hans Carl von Carlowitz (1645 bis 1714) in seinem im Jahr 1713 veröffentlichten Werk „sylvicultura Oeconomica“ verwendet Dort beschreibt er das Konzept der Nachhaltigkeit aus der Sicht der Forstwirtschaft.

In seinem Werk geht es um die Waldbewirtschaftung. Er schreibt, dass nur eine solche Menge an Holz geschlagen werden soll, als auch in gleicher Zeit nachwachsen kann. Zu seiner Zeit herrschte eine Energiekrise. Es herrschte eine „Holznot“, da nur Holz als Energiequelle genutzt wurde. Mit seinem Werk wollte er dem Raubbau am Wald entgegenwirken und sicherstellen, dass nachhaltig mit der Natur umgegangen wird.

Durch den Ansatz der Forstwirtschaft formte sich der Leitgedanke „von den Zinsen zu leben und nicht vom Kapital“.3 Mit diesen Worten wird nachhaltiges Handeln auf den Punkt genau beschrieben.

Durch die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung, die „Brundtland-Kommission“ und deren veröffentlichten Bericht „Our Common Future“ 1987 erlangte der Begriff „Nachhaltigkeit“ auch internationale Bekanntheit.

Die Kommission verwendete folgende Definition: „Sustainable development is development compromising the ability of future generations to meet their own needs.“4Damit verknüpfte sie zwei Schlüsselkonzepte, das Konzept der Bedürfnisse der Armen der Welt mit der Idee der Begrenzung, die sich aus der Fähigkeit der Umwelt ergibt, gegenwärtige und zukünftige Bedürfnisse zu erfüllen.

Ziel der Nachhaltigkeit soll es also sein, die Erde vor Übernutzung zu bewahren, damit auch kommende Generationen ihre Grundbedürfnisse stillen können.

Da sich die Brundtland-Kommission weitestgehend auf den Bereich Ökologie stützt, wurde auf dem Weltgipfel in Rio de Janeiro 1992 das Prinzip der „drei Säulen“ ausgearbeitet. Dabei stützt sich Nachhaltigkeit gleichmäßig auf die Säulen Ökonomie, Ökologie und Soziales. Insgesamt 178 Teilnehmerstaaten unterzeichneten in Rio die Beschlüsse und verständigten sich auf ein gemeinsames und nachhaltiges Wirtschaften, bei gleichzeitigem Bekämpfen der Armut in Entwicklungsländern. Die Verwirklichung der Agenda 21 solle auf lokaler Ebene der Staaten stattfinden. Die Bundesrepublik Deutschland verankerte das Prinzip der Nachhaltigkeit im Grundgesetz in Art. 20a:

„[Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen] Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“5

Damit die Ziele der Konferenz erfüllt werden können, müssen die drei Säulen als ein miteinander in Wechselwirkung stehendes System angesehen werden. Jeder einzelne Bereich kann nur funktionieren, wenn auch an den anderen Bereichen gearbeitet wird.

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