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Nr. 95

– Im Auftrag der Menschheit Band 93 –

 

Der Mann, der aus der Tiefe kam

 

Auf den Spuren des Kriegskalenders – ein Kampf in der Tiefsee

 

von Kurt Mahr

 

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Die Ereignisse des Jahres 2842, die in den weltenzerstörerischen Aktivitäten des Redbone- und des Suddenly-Effekts gipfeln – und in der Entführung Lordadmiral Atlans, des Chefs der USO –, haben, wie bereits ermittelt wurde, ihren Ursprung in der fernen Vergangenheit.

Die Verantwortlichen der USO, der galaktischen Feuerwehr, sind darüber informiert, dass eine bislang unbekannte verbrecherische Organisation mit Hilfe altlemurischer Unterlagen Psi-Materie zu gewinnen sucht, mittels derer sich die geistige Unterjochung ganzer Planetenbevölkerungen bewerkstelligen lässt.

Das eigentliche Ziel der Verbrecher bleibt noch im dunkeln, ebenso der Ort, von dem aus sie ihre galaxisweiten Aktionen unternehmen.

Für Kenner der galaktischen Geschichte ergeben sich jedoch gewisse Anhaltspunkte, die in die Zeit zurückreichen, da die »Meister der Insel« herrschten.

Ein Mann, der bereits für tot gehalten wird, bleibt den alten Geheimnissen der MdI hartnäckig auf der Spur. Die Rache treibt ihn zum Kämpfen. Er ist Baggo Arnvill, DER MANN, DER AUS DER TIEFE KAM ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Baggo Arnvill – Ein Totgeglaubter nimmt die Spur seiner Rache wieder auf.

Mantun, Dr. Fritz Reinheimer, Hos Sangrene und Eela-Eela – Baggo Arnvills Retter und Helfer.

Der »Graue« – Ein Monstrum wird angegriffen.

Genghor, Charron, Hangaj und Spiff – Gefolgsleute des »Grauen«.

1.

 

Der Mann war ein Ungeheuer.

Genghor schauderte jedes Mal von neuem, wenn er sich in seine Nähe begeben musste, und doch hing Genghors Leben alleine von der Gnade und dem Wohlwollen des Ungetüms ab.

Es war über zwei Meter groß. Der in seinen Grundzügen humanoide Körper ruhte auf zwei mächtigen Säulenbeinen, die das Gewicht der Körpermasse mühelos zu tragen vermochten. Die Haut des Monstrums war grau, dick und grobporig wie die eines Elefanten. Grau war auch das Gewand, das er trug. Das Gesicht bestand aus einem Konglomerat von Wülsten. Mund und Nase wirkten wie hässliche Geschwüre, die eine bösartige Krankheit hinterlassen hatte. Die Augen verschwanden fast zwischen Hautfalten. Die wulstige Hautstruktur setzte sich über die Schädeldecke hinweg fort.

Das Ungeheuer stand auf einem Podest, zu dem drei flache Stufen hinaufführten. Genghor, in demütiger Haltung, stand am Fuße des Podests und erwartete die Befehle des Grauen.

»Rufe die Männer herein, Genghor!«, dröhnte die gewaltige Stimme des Monstrums.

»Ich gehorche, Faktor!«, sagte Genghor.

Er war ein hoch aufgeschossener, schlanker Mensch von unbestimmbarem Alter. Er war ein Eiferer, und in seinen großen, dunklen Augen brannte das Feuer des Eifers. Genghor stand seit geraumer Zeit im Dienste des Grauen. Genghor, nicht der Graue selbst, leitete die Organisation, die sich das Monstrum auf der Erde errichtet hatte, und Genghor war der Schrecken aller, die für den Grauen arbeiteten.

Der Hagere hatte einen kleinen Pulsgeber aus der Tasche gezogen und drückte einen Knopf. Die Tür am anderen Ende des Raumes öffnete sich. Eine Gruppe von Männern trat ein, allen voran ein breiter, stiernackiger Mensch, in dessen Augen ein ängstlicher Ausdruck trat, als er das graue Ungetüm erblickte. Er schien unter der Tür zu zögern. Aber Genghor herrschte ihn an:

»Weiter!«

Da überwand er seine Scheu und trat näher. Auch den anderen schien es so zu ergehen wie dem Stiernackigen: Beim Anblick des Grauen empfanden sie Angst. Von dem grauen Ungeheuer schien eine suggestive Aura auszugehen, die die Männer in ihren Bann schlug.

Schließlich standen sie vor dem Podest. Sie hielten die Köpfe gesenkt. Sie wagten es nicht, zu dem Grauen aufzublicken. Genghor stand seitwärts und musterte die ängstliche Schar mit spöttischem Blick. Solange sie selbst vor Angst zitterten, würden sie nicht merken, dass auch er nicht ohne Furcht war.

Der Graue begann zu sprechen. Auch in der Stimme lag eine hypnotische Kraft, der die Männer nicht zu widerstehen vermochten.

»Wir treten in eine entscheidende Phase unseres Unternehmens«, sagte der Graue. »Zur Stärkung unserer Macht benötigen wir Informationen. Besonders sind wir an weiteren Bruchstücken des alten lemurischen Kriegskalenders interessiert. Es ist uns gelungen, eine Lizenz für Forschungen und Grabungen in den beiden unterseeischen Städten der Lemurer zu erhalten. Die Suche wird sofort beginnen. Ihr seid meine Suchmannschaft. Auf dem Weg zu den beiden Städten wird eine Gruppe von Experten euch das Wissen vermitteln, das ihr braucht, um eure Forschungen mit Erfolg betreiben zu können. Geht jetzt und macht euch bereit zum Aufbruch!«

Sie wandten sich um und trotteten hinaus. Hangaj, ein Mann mongolischer Herkunft, der sich im Gefolge des Stiernackigen befand, fragte sich, warum der Graue ständig im Plural gesprochen hatte. War er so von sich und seiner Macht überzeugt, dass er sich den Gebrauch des majestätischen Plurals zubilligte? Oder gab es tatsächlich mehrere Personen, die an diesem Unternehmen beteiligt waren? Denn dass der Graue, der Mächtige, die Mehrzahl gebraucht habe, um anzudeuten, dass eine Gemeinschaft zwischen ihm und seinen Befehlsempfängern bestand, davon wagte weder Hangaj noch einer der anderen aus seiner Gruppe zu träumen.

 

*

 

Baggo Arnvill hatte jegliches Gefühl für die Zeit verloren. In einem zu drei Vierteln defekten Tiefsee-Tauchanzug trieb er durch die endlose Einöde des Ozeans. Die schimmernden Energiewände, die die einzelnen Tanks der Fischfarm voneinander trennten, waren längst hinter ihm zurückgeblieben. Er trieb durch eine dämmernde, unwirkliche Welt, und die einzigen Geräusche, die er vernahm, waren das Zischen der Atemluft, die aus dem Druckbehälter in seinen Anzug strömte, und das Gluckern der Blasen, die aus dem Auslassventil aufstiegen.

Nur eines wusste er noch: Der Graue, dessen Männer ihn in diesen Anzug verpackt und in die Weite des Ozeans hinausgestoßen hatten, hatte ihm erklärt, sein Tank enthielte für weniger als eine Stunde Atemluft. So völlig jedoch war Baggo Arnvill das Zeitbewusstsein noch nicht abhanden gekommen, als dass er nicht hätte sagen können, dass er nun mindestens schon seit fünf Stunden unterwegs war.

Es war nicht möglich, dass der Graue sich geirrt hatte. Es war weitaus wahrscheinlicher, dass er seinem Opfer mit dieser Behauptung eine weitere Tortur, zugedacht hatte. Baggo Arnvill ertappte sich immer öfter dabei, wie er besorgt dem Zischen der einströmenden Luft lauschte. Die Stunde, die der Graue ihm geschenkt hatte, war längst vorüber. Jetzt konnte es jeden Augenblick geschehen, dass aus dem ständigen, beruhigenden Zischen ein zögerndes Blubbern wurde – und dann nichts mehr. Wenige Sekunden später würde Arnvill ein toter Mann sein, erstickt in seinem engen Gefängnis.

Er bemühte sich bewusst, seine Gedanken andere Wege zu leiten. Jedes Mal, wenn er sich beim Lauschen ertappte, zwang er das Bewusstsein, sich an etwas Vergangenes zu erinnern. Er wusste nicht, wie lange sein Luftvorrat noch reichen würde. Nur indem er den Verstand beschäftigt hielt, konnte er sich vor dem Wahnsinn retten, der bereits nach ihm zu greifen begann.

In der Erinnerung glitt er über die verworrenen Pfade zurück, über die das Schicksal ihn im Laufe der vergangenen Jahre bewegt hatte. Er erinnerte sich an den ersten Zusammenstoß – nicht mit dem Grauen selbst, sondern mit seinen Häschern, damals, als er behauptete, ein zweites wichtiges Bruchstück des altlemurischen Kriegskalenders in der Hand zu haben. Des Kalenders, der die galaktischen Koordinaten jener Planeten angab, auf dem die Lemurer während des Krieges gegen die Haluter Psi-Materie deponiert hatten, um den Angreifern den Angriffswillen zu nehmen und dadurch die wichtigen Anlagen, die sich auf diesen Planeten befanden, zu schützen. Das Unternehmen war ihm schlecht bekommen. Er wäre um ein Haar getötet worden. Seine Laufbahn als Spezialist der United Stars Organisation war damit vorläufig zu Ende. Er suchte auf Fee III, einer abgelegenen Siedlerwelt, Zuflucht. Er tauchte in der Menge der Siedler unter, indem er einer von ihnen wurde, und heiratete Amjana, die Tochter des Mannes, dem er durch seine Vorgabe, ein Stück des Kriegskalenders zu besitzen, so argen Schaden zugefügt hatte.

Neun Jahre vergingen. Tregiro wurde geboren, sein Sohn. Die Schatten der Vergangenheit schienen sich aufzuhellen. Der Graue schien die Spur seines Opfers verloren oder gar die ganze Angelegenheit vergessen zu haben. Baggo begann, sich sicher zu fühlen. Aber dann, als er am wenigsten damit rechnete, schlug der Graue von neuem zu.

Sein Opfer war Amjana. Baggo fand sie tot, als er eines Tages nach Hause zurückkehrte, ermordet von den Häschern des unerbittlichen Feindes. Tregiro war verschwunden. Baggo setzte den Verbrechern nach. Er tötete sie und befreite seinen Sohn. Seit Amjanas Tod war er ein anderer Mensch geworden. Früher hatte der Drang zur Selbsterhaltung sein Denken bestimmt, jetzt war es nur noch die Lust nach Rache, die ihn antrieb. Er kam zur Erde. Er brachte Tregiro in Sicherheit, verschaffte sich Geldmittel und rüstete eine kleine Expedition aus, die das Gebiet der beiden unterseeischen Lemurer-Städte durchforschen und das finden sollte, was er neun Jahre zuvor fälschlich in seinem Besitz zu haben vorgegeben hatte: ein weiteres Bruchstück des lemurischen Kriegskalenders.

Die Häscher des Grauen hatten ihn gefunden, noch bevor er mit der Suche richtig begonnen hatte. Unter dem Vorwand, sie hätten Tregiro in ihrer Gewalt, hatten sie ihn veranlasst, sich nicht gegen die Gefangennahme zu wehren. Er war vor den Grauen gebracht worden. In einem Anfall rasenden Zornes hatte er den Grauen angegriffen. Aber der Mächtige hatte ihn wie eine leichtgewichtige Puppe beiseite geschleudert und behauptet: »Selbst wenn du es fertig brächtest, könntest du mich nicht oft genug töten.« Das war eine Feststellung, über die sich Baggo Arnvill, seitdem er hilflos durch die Wasserwüste trieb, immer und immer wieder den Kopf zerbrochen hatte, ohne ihre Aussage ergründen zu können.

Er erinnerte sich an den Überfall, den die Häscher des Grauen gegen das unterseeische Lager seiner kleinen Expedition geführt hatten. Er hatte zwei Begleiter gehabt: Dr. Reinheimer, den archäologischen Experten, und Mantun, den Mann, der wie der heruntergekommenste Beachcomber aussah und doch in Wirklichkeit ein hervorragender Fachmann für unterseeische Expeditionen war. Reinheimer war von den Häschern getötet worden. Aber Mantun hatte sich im Augenblick des Überfalls im Innern der Space-Jet befunden, die Arnvill als Tauchfahrzeug erworben hatte. Was aus Mantun geworden war, wusste er nicht.

 

*

 

Mantun war bereit, aufzugeben. Seit einem halben Tag hatte er die Tiefen der See nach Baggo Arnvill durchsucht, ohne auch nur eine Spur von ihm zu finden. Die Finsternis der Tiefsee schien die Fahrzeuge der Fremden, die Arnvill überfallen und festgenommen hatten, verschlungen zu haben.

Mantun kehrte an den Ausgangspunkt seiner Irrfahrten zurück, an den Ort, an dem er mit Arnvill und Reinheimer nach Bruchstücken des alten lemurischen Kriegskalenders gesucht hatte. Er hatte inzwischen gelernt, mit dem Fahrzeug, das eigentlich für den Raum zwischen den Sternen bestimmt war, umzugehen, als wäre es ein Bodengleiter.

Noch immer fuhr er mit den Infrarotscheinwerfern. Er wollte sicher sein, dass ihn niemand bemerkte. Ab und zu sah er in der Ferne ein Fahrzeug vorüberziehen, dessen Lichter gleißende Bahnen durch die Finsternis zeichneten. Wenn sich eine geeignete Deckung bot, ging er nahe genug heran, um zu sehen, ob es sich etwa um das Fahrzeug der Leute handeln könnte, die Baggo Arnvill entführt hatten. Aber meistens waren es Polizeiboote, die das Gebiet der unterseeischen Städte abpatrouillierten und nach Amateurarchäologen suchten, die sich hier ohne Lizenz betätigten. Mantun hatte eine recht genaue Vorstellung von den Fahrzeugen, die bei dem Überfall verwendet worden waren. Er hatte ihre Abdrücke im Boden gesehen. Es waren längliche Tauchboote, die den U-Booten vergangener Jahrhunderte äußerlich glichen. Jedes Boot hatte Raum für ungefähr achtzig Mann, und die Reichweite der Fahrzeuge war nahezu unbegrenzt.

Als er jetzt die Space-Jet auf der Stelle absetzte, an der sie den Boden abgesucht hatten, erinnerte er sich traurig an Fritz Reinheimer, den verschrobenen Archäologen, den die Gangster rücksichtslos zusammengeschossen hatten. Reinheimer war ein merkwürdiger Mensch gewesen, über einhundert Jahre alt, launisch, aber ein Fachmann ersten Ranges auf dem Gebiet der lemurischen Archäologie. Jetzt lag seine Leiche in einem der Vorratsräume der Space-Jet, und irgendwann würde Mantun auftauchen müssen, um dafür zu sorgen, dass ihr ein angemessenes Begräbnis zuteil wurde.

Er saß im Sessel des Piloten und starrte nachdenklich auf den Bildschirm, auf dem in den unwirklichen Farben, die die Infrarotbeleuchtung erzeugte, die Überreste der alten lemurischen Stadt glänzten. Er war mit seiner Weisheit am Ende. In der Unbesonnenheit des ersten Zorns hatte er sich gelobt, die Suche nach Baggo Arnvill so lange zu betreiben, bis ihn der Hunger oder der Mangel an Treibstoff zum Auftauchen zwang. Jetzt jedoch, da die Fähigkeit der kühlen Überlegung zurückgekehrt war, begann er zu zweifeln, ob er damit sich oder Arnvill einen Nutzen bringe. Er wusste nicht, wohin Arnvill verschleppt worden war.

Plötzlich schrak Mantun auf. Über den Trümmern der unterseeischen Stadt war ein Licht erschienen, der Scheinwerfer eines Tiefseefahrzeugs. Mantun schaltete die Infrarotscheinwerfer aus. Auf dem Bildschirm wurde es dunkel bis auf den Lichtkreis, den das fremde Boot um sich herum verbreitete. Ein zweiter Leuchtpunkt kam hinzu, dann ein dritter. Die Fahrzeuge näherten sich der Stelle, an der Mantuns Space-Jet lag.

Er setzte das flache Raumboot in Bewegung. Er wusste nicht, wem die drei fremden Fahrzeuge gehörten, aber er hatte es sich in den vergangenen Stunden zum Prinzip gemacht, sich von niemand sehen zu lassen. Die Space-Jet glitt ein paar hundert Meter weiter in die alte Stadt hinein. Im Schutz einer riesigen Mauer setzte Mantun sie von neuem ab. Das Fahrzeug verfügte über optische Sonden, die aus der Ferne gesteuert werden konnten. Es handelte sich um winzige Kamera-Bildsender-Kombinationen, die mit einem kleinen Triebwerk ausgerüstet waren. Mantun schickte eine der Sonden auf die Reise. Fünfzig Meter über dem Platz, an dem die Space-Jet vor wenigen Minuten noch gelegen hatte, ließ er sie anhalten.

Die drei Boote hatten inzwischen ihr Ziel fast erreicht. Durch eine der alten Straßen glitten sie, eines hinter dem anderen, herbei. Es war derselbe Bootstyp, der Mantuns Ansicht nach auch bei dem Überfall auf Baggo Arnvill verwendet worden war. Mantun beobachtete, wie die Boote niedergingen und mit automatisch ausschießenden Tiefseeankern festmachten. Sie lagen im Kreis um die Stelle, an der auch Arnvill, Mantun und Reinheimer gegraben hatten. Niemand sonst konnte von dieser Stelle wissen. Reinheimer war tot, Baggo Arnvill verschwunden.

Nur einer ...!

Der Gegner selbst!

 

*

 

Auf der Fahrt zu den beiden unterseeischen Städten hatten Charron, der Stiernackige, und seine Begleiter mehr über die Kultur der alten Lemurer gelernt, als sie je zu wissen begehrt hatten. Die Experten, die ihnen der Graue mitgegeben hatte, arbeiteten mit modernsten Mitteln. Im Zustand der Hypnose wurden die Gehirne der Männer mit Kenntnissen so vollgestopft, dass sie aus den Nähten zu gehen drohten.

Aber nicht nur Sachwissen musste Charron sich aneignen, sondern auch taktische Kenntnisse. Er erfuhr, dass Baggo Arnvill, der jetzt wahrscheinlich schon längst tot war, bei seiner Suche nach Bruchstücken des alten Kriegskalenders einigermaßen erfolgreich gewesen war. Das bewiesen die Aufnahmen, die er gemacht und die die Spezialisten des Grauen ausgewertet hatten. Es war daher geplant, mit der Suche in eben der Gegend zu beginnen, in der auch Arnvill schon gesucht hatte.

Schließlich lernte Charron über die Gefahren der Tiefsee. Die beiden lemurischen Städte lagen 3100 Meter unter der Oberfläche des Pazifischen Ozeans. Der Wasserdruck betrug mehr als zweihundertundfünfzig Atmosphären. Die Tauchanzüge, deren sich Charron und seine Männer bedienen würden, vermochten nur einen Teil dieses Druckes mit Hilfe individueller Schutzschirme zu neutralisieren. Im Innern der Monturen würde immer noch ein Druck von mehr als zwanzig Atmosphären herrschen. Das war im Grunde nicht schlimm. Der menschliche Körper konnte sich solchen Bedingungen anpassen. Es kam nur darauf an, den Übergang von normalem zu hohem Druck nicht zu schnell zu vollziehen, und umgekehrt.

Das alles lernte Charron auf der Fahrt zu den unterseeischen Städten. Sein Trupp bestand aus achtundzwanzig Mann, aber der Graue hatte ihm weitere fünfzig Mann an technischen Experten und Helfern mitgegeben. Charron kannte sie nicht, und da er selbst auf dem Gebiet der modernen Technologie alles andere als bewandert war, betrachtete er sie mit Misstrauen. Dafür kam er mit seinen eigenen Leuten, mit denen er schon seit Jahren zusammenarbeitete, um so besser aus. Seine engsten Vertrauten waren Hangaj, der Mongole, ein mittelgroßer Mann, dessen hervorstechendstes Merkmal die Schweigsamkeit war, und Spiff, Charrons eigener technischer Fachmann, ein altes Männchen mit grauen Haaren und flinken schwarzen Augen.

Charron sah dem bevorstehenden Unternehmen ohne sonderliche Begeisterung entgegen. Es war eine Arbeit, die verrichtet werden musste, und je besser er sie verrichtete, desto heller würde die Gnade des Grauen, den Genghor, der Hagere, den Faktor nannte, über ihm leuchten. Charron hatte die feste Absicht, seine Sache so gut wie möglich zu machen.

 

*

 

Mantuns Plan stand fest. Er würde sich einen der Männer, die dort draußen den Boden durchwühlten, schnappen und ausfragen. Der Gefangene musste ihm verraten, wohin Baggo Arnvill gebracht worden war. Die Sache wollte wohl überlegt sein. Da draußen waren an die achtzig Männer beschäftigt, wie Mantun durch überschlägiges Zählen ermittelt hatte. Er konnte nicht einfach einen aus ihrer Mitte gefangen nehmen. Das Opfer musste zur Seite gelockt werden, damit die anderen den Überfall nicht sofort bemerkten. Und danach kam es darauf an, die Gegend so rasch und so unauffällig wie möglich zu verlassen. Er musste weit weg sein, bevor der Gefangene von seinen Leuten vermisst wurde.