...


 

Deutsche Erstausgabe (ePub) April 2016

 

Für die Originalausgabe:

© 2011 by Andrew Grey

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

»Love Means… Family«

 

Originalverlag:

Published by Arrangement with Dreamspinner Press LLC, 5032 Capital Circle SW, Ste 2, PMB# 279, Tallahassee, FL 32305-7886 USA

 

Für die deutschsprachige Ausgabe:

© 2016 by Cursed Verlag

Inh. Julia Schwenk

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,

des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung

durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile,

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit

Genehmigung des Verlages.

 

Bildrechte Umschlagillustration

vermittelt durch Shutterstock LLC; iStock

Satz & Layout: Cursed Verlag

Covergestaltung: Hannelore Nistor

 

ISBN ePub: 978-3-95823-593-9

 

Besuchen Sie uns im Internet:

www.cursed-verlag.de


 

Liebe Leserin, lieber Leser,

 

vielen Dank, dass Sie dieses eBook gekauft haben! Damit unterstützen Sie vor allem den Autor des Buches und zeigen Ihre Wertschätzung gegenüber seiner Arbeit. Außerdem schaffen Sie dadurch die Grundlage für viele weitere Romane des Autors und aus unserem Verlag, mit denen wir Sie auch in Zukunft erfreuen möchten.

 

Vielen Dank!

Ihr Cursed-Team

 

 

 

 

Klappentext:

 

Nachdem seine Schwester zusammen mit ihrer restlichen Familie bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen ist, ist Aries Leben nicht mehr dasselbe: Seine Eltern wollen ihn zu einer Heirat und der Zeugung eines Erben drängen, obwohl sie um seine Homosexualität wissen. Als Arie dem Druck nicht mehr standhält, flieht er zu seinem besten Freund Robbie auf die Laughton-Farm. Dort erwartet er vor allem Ruhe und Entspannung, trifft stattdessen jedoch auf den äußerst attraktiven Officer Duane Keenan, der ihm schon bald nicht mehr aus dem Kopf gehen will...


 

...

 

Aus dem Englischen
von Bianca Srubar


 

Für meine eigene liebevolle Familie


 

Kapitel 1

 

 

»Robert Edward Hawkins!«, rief seine Mutter von unten. Arie legte seine Violine weg, bevor er die Tür seines Zimmers öffnete, in dem er geübt hatte.

»Ja«, rief Arie, als er Schritte auf der Treppe hörte und Junes Kopf erschien.

»Ihre Mama ruft Sie seit zehn Minuten«, sagte June mit ihrer lieblichen Stimme, während sie die Treppe hinunterblickte. »Ich bin nur hochgekommen, damit sie mir nicht auch noch meinen letzten Nerv raubt.« June, die leidgeprüfte Haushälterin von Aries Mutter, war einer der wenigen Menschen, die Suzanne Hawkins gewachsen waren.

»Ich habe geübt«, sagte Arie mit leiser Stimme, als würde das alles erklären. Während der letzten sechs Monate war das Spielen zu einer Zuflucht von seiner neuen Realität geworden.

»Ich weiß, Liebling, und das hab ich ihr auch gesagt, aber sie hört auf nichts, das sie nicht hören will. Das tut sie schon nicht mehr seit…« June ging an ihm vorbei ins Zimmer und begann aufzuräumen, ohne ihren Satz zu beenden, als müsste ihr Gedanke nicht ausgesprochen werden.

»Du musst das nicht tun. Ich werde später aufräumen«, sagte Arie, aber sie scheuchte ihn nur weg und Arie kam zu dem Schluss, dass er ebenso gut runtergehen konnte, um herauszufinden, was seine Mutter wollte.

Arie fand sie auf der hinteren Veranda, wo sie mit hochgelegten Füßen und einem Glas Eistee auf dem Tisch neben sich auf einem der gepolsterten Korbstühle saß. Und da es nach fünf war, vermutete er, dass da nicht nur Tee in ihrem Tee war.

»Arie, setz dich«, sagte sie und klopfte auf den Sessel neben sich. »Dein Vater und ich wollen mit dir reden.« Das Eis klirrte gegen das Glas, als sie es an ihre Lippen führte, und Arie schüttelte den Kopf. Seine Mutter war vorher auch keine Trinkerin gewesen.

Arie setzte sich und versteckte sein Seufzen hinter dem leichten Knarren, das der alte Korbstuhl dabei von sich gab. Das war es also – das Gespräch, eins der Dinge, die er versucht hatte aufzuschieben. Arie wartete einfach ab und lauschte den Klängen des späten Nachmittags: dem Zwitschern der Vögel und dem Zirpen der Insekten, wie sie es immer taten. Alles sah und hörte sich gleich an, aber nichts war wie vorher und würde es auch nie wieder sein.

»Arie.« Die dröhnende Stimme seines Vaters verkündete seine Anwesenheit und bald schritt der große Mann auf die Veranda hinaus und nahm seinen gewohnten Platz ein. »Deine Mutter und ich wollen schon seit einer Weile mit dir reden und wir denken, dass wir es nicht mehr länger aufschieben können, egal wie schwer es ist, darüber zu sprechen.« Sein Vater war immer ein stereotypischer Südstaaten-Gentleman gewesen – beständig, verlässlich, übertrieben ehrlich und direkt. Dinge, die Arie an ihm liebte, aber jetzt schien viel seiner Ausstrahlung verschwunden zu sein, so wie bei ihnen allen. »Wir glauben, es ist Zeit, dass du häuslich wirst und heiratest.«

Arie verkniff sich ein lautes Schnauben und sah seinen Vater ernst an. »Ich bezweifle, dass das je passieren wird. Ich bin schwul und ihr beide wisst das. Ich habe nicht die Absicht, jemanden zu heiraten, außer meine Heirat mit einem anderen Mann wird in Mississippi plötzlich legal, und wir alle wissen, dass Schweinen eher Flügel wachsen und sie fliegen werden, bevor das passiert.« Das war nicht das Gespräch, das er erwartet hatte. Um ehrlich zu sein, hatte er Fragen erwartet, die karriereorientierter waren.

»Sieh mal, mein Sohn«, begann sein Vater. Robert Edward senior schrie oder erhob seine Stimme nie – das musste er nicht. Man erkannte allein an seinem Tonfall, wie er über etwas dachte, und diesen hier benutzte er, wenn er keine Auseinandersetzung zuließ. »Du bist unser einziger Sohn und wenn die Familie fortbestehen soll, dann musst du einen Erben produzieren.«

Arie wusste, dass die Trauer aus ihnen sprach, und versuchte, nicht allzu wütend zu werden. »Wir leben nicht im achtzehnten Jahrhundert, Dad. Ich muss keinen Erben produzieren und wenn der Familienname ausstirbt, dann ist es eben so. Das ist nicht das Ende der Welt.« Arie stand auf, um zu gehen, aber sein Vater erhob sich ebenfalls. Der große Mann sagte nichts, das tat sein finsterer Gesichtsausdruck für ihn. Arie erwiderte den Blick seines Vaters. Diese Unterhaltung musste eine der unglaublichsten in seinem ganzen Leben sein. Das Leben von allen war auf den Kopf gestellt worden, aber das war definitiv nicht die Lösung.

»Arie, komm mit«, sagte sein Vater und Arie folgte ihm ins Haus, durch das Wohnzimmer und in den großen Flur, der sich durch den Hauptteil der Vorkriegsvilla zog, in der er aufgewachsen war. »Das sind alles deine Vorfahren, die fast dreihundert Jahre zurückgehen. Hier wird dein Porträt hängen und dort sollte das deines Sohnes hinkommen.« Sein Vater deutete auf die Gemälde, die seinen Familienstammbaum darstellten. »Hört das alles mit dir auf? Was wird mit Arbor House und alldem hier passieren, wenn du nicht mehr da bist? Du musst an die Zukunft denken.«

»Ich weiß, Dad. Aber ich werde nicht irgendein Mädchen heiraten, um unser beider Leben zu ruinieren. An diesem Punkt in meinem Leben habe ich kein Interesse daran, Kinder zu haben. Vielleicht eines Tages in der Zukunft, wenn ich jemanden finde, mit dem ich mich niederlasse, werden wir Maßnahmen für Kinder ergreifen, aber ich denke, du und Mama müsst verstehen, dass das vielleicht nie passiert.« Arie hatte selten so mit seinem Vater gesprochen. Tatsächlich redeten sie überhaupt selten miteinander. »Ich weiß, dass dich das enttäuscht, aber ich bin schwul. Ich denke, du und Mama müsst das endlich akzeptieren.«

»Du weißt, dass wir dich zwingen könnten«, sagte sein Vater, jedoch ohne Nachdruck in der Stimme oder Streitlust in der Körperhaltung, und Arie dachte, dass er die Antwort darauf schon kannte.

Arie lachte. »Eigentlich kannst du das nicht. Du könntest versuchen, mich zu enterben, und das wäre in Ordnung, aber du kannst mich zu nichts zwingen, nicht wirklich.« Arie seufzte, da ihm auch nicht gerade nach dieser Unterhaltung zumute war. »Ich sage das nicht, um euch zu verletzen, weil ich euch beide sehr liebe, aber ihr müsst mich mein eigenes Leben leben lassen.«

Für ein paar Minuten dachte Arie, sein Vater würde etwas einwenden, aber dann sah Arie etwas an seinem Vater, das er selten gesehen hatte: Resignation mit einem Hauch Enttäuschung. Oh, er hatte diesen Gesichtsausdruck schon zuvor gesehen, aber nie an ihn gewandt, und es brach Aries Herz. Er liebte seine Eltern und wie die meisten Kinder wollte er, dass sie stolz auf ihn waren, und er wollte, dass sie glücklich waren, genauso wie er zur Abwechslung mal glücklich sein wollte und musste. Arie wusste nicht, was er sonst noch sagen sollte, und hoffte, sein Vater würde das für ihn übernehmen, aber der drehte sich einfach um, ging den Weg zurück, den er gekommen war, und gesellte sich zu Aries Mutter auf die Veranda. Arie blieb, wo er war, und versuchte, sich darüber klar zu werden, ob er noch mal das Gespräch mit ihnen suchen sollte, aber er war nicht sicher, ob das etwas bringen würde. Er drehte sich um und ging zur Treppe, da er fand, dass er genauso gut weiterüben könnte, aber er war nicht mehr in Stimmung dazu.

Oben an der Treppe angekommen, sah er den Flur hinunter, in dem er als Kind mit Charlotte Verstecken gespielt hatte. Beinahe konnte er das Lachen seiner älteren Schwester hören, das von dem Wind durch die offenen Fenster getragen wurde. Er wusste, dass die Worte seines Vaters von Verlust und Trauer herrührten, und bezweifelte, dass sie wirklich von ihm erwarteten zu heiraten.

»Was ist los, Liebling?«, fragte June, als sie aus seinem Schlafzimmer kam. »Sie sehen so aufgewühlt aus.«

»Mom und Dad wollen, dass ich heirate«, erwiderte Arie und Junes Augen wurden groß, bevor sie zu lächeln begann. »Ich meine es ernst«, fügte Arie hinzu und Junes Lächeln verschwand.

»Ich kenne Sie und Ihre Schwester, seit Sie Windeln getragen haben, Gott hab ihre Seele gnädig, und ich kenne Ihre Mutter, seit sie eine junge Lady gewesen ist, also kenne ich diese Frau beinahe so gut wie mich selbst. Und ich kann Ihnen sagen, dass die beiden seit dem Unfall nur ihre Sterblichkeit spüren und wollen, dass Sie glücklich sind. Sie verheiraten zu wollen, ist wahrscheinlich nicht der Weg, um das zu erreichen, aber sie wissen nicht, wie sie ihre Hoffnung ausdrücken sollen, dass Sie jemanden kennenlernen, sesshaft werden und Babys bekommen.« June nahm seine Hand in ihre von der Arbeit schwieligen Hände. Das fühlte sich so tröstend wie eine Schmusedecke an. »Geben Sie ihnen einfach Zeit und sie werden einlenken. Sie stehen beide an einem Scheideweg und wissen nicht wohin.«

»Danke, June«, sagte Arie, schüttelte den Kopf und war ein wenig verstört, als seine eigene Trauer an die Oberfläche kam. Nachdem er die Tür zu seinem Schlafzimmer geöffnet hatte, sah er seine Violine, die in ihrem Koffer auf dem jetzt gemachten Bett lag. Er hob sie auf und ließ seine Hände über das Instrument gleiten, das beinahe so sehr ein Teil von ihm war wie seine Arme und Hände. Arie hob den Bogen, legte das Instrument unter sein Kinn und stoppte den Bogen genau über den Saiten. Die Musik, die normalerweise seine Gedanken flutete, wollte nicht kommen. Arie verlor jegliches Zeitgefühl, wie lange er einfach nur gedankenverloren dastand, und dann begann die Musik zu spielen, langsam und tief, und seine Trauer verschmolz mit dem Lied in seinem Kopf.

Ohne nachzudenken ließ Arie das Instrument sinken und nahm es mit sich, als er das Schlafzimmer verließ und die Treppe hinunterstieg. Er ging durch den Flur und das Wohnzimmer und sah, dass seine Eltern immer noch auf ihren Stühlen saßen. Was ihn überraschte, war, dass sie ihre Stühle so gedreht hatten, dass sie Seite an Seite saßen, und sich an den Händen hielten, ohne etwas zu sagen. Arie hob die Violine an sein Kinn, zog den Bogen über die Saiten und ließ zu, dass das Lied, das in seinem Kopf und Herzen spielte, aus ihm herausbrach. Sobald er die erste Note gespielt hatte, nahm Arie nichts um ihn herum mehr war.

Die Musik war kraftvoll genug, um ihn in seine Gedanken zu versetzen. Er spielte den Verlust, der sich seit Monaten in ihm aufgebaut hatte. Selbst als er nach draußen ging, spielte er weiter. Er sah seine Eltern auch nicht wirklich, wusste aber, dass sie da und erstarrt waren.

Arie spielte weiter und weiter und hörte nicht auf, da die Musik in seinem Kopf auch nicht aufhörte. Als er seine Augen öffnete, schien die Welt verschwommen zu sein. Nachdem Arie erkannt hatte, dass er weinte, spielte er sich durch die Tränen und den Kloß in seinem Hals, der so groß war, dass er ihn erwürgte, spielte immer weiter und ließ alles raus, das er für sich behalten hatte. Er hatte seine Musik als Zuflucht benutzt, aber jetzt benutzte er sie zur Befreiung.

Als das Lied endete, ließ Arie den Bogen sinken und sah auf den gepflegten Rasen hinaus, auf dem er als Kind gespielt hatte. Für eine Weile rührte sich niemand von ihnen, dann drehte sich Arie zu seinen Eltern und sah die Tränenspuren auf ihren Wangen. Noch nie in seinem Leben hatte Arie seinen Vater weinen gesehen und er war nicht sicher, ob er erleichtert oder besorgt sein sollte. Während allem, was sie durchgemacht hatten, hatte Senior nie geweint. Seine Mutter hatte es getan – monatelang. In letzter Zeit saß sie nur noch da, sah sich um und trank zu viel. »Das war wunderschön, Arie«, sagte sie und ihre Stimme brach. »Wer hat das geschrieben?«

»Niemand, Mom. Das war nur, was ich fühle«, erklärte Arie und sah weg, um ihnen ein wenig Privatsphäre zu geben, während er wieder zu spielen begann. Dieses Mal spielte er anstatt seiner Gefühle Erinnerungen; die glücklichen Zeiten, die er mit Charlotte erlebt hatte, als sie Kinder gewesen waren; das erste Mal, als er seinen Neffen gehalten hatte; Charlottes Hochzeitstag – alles schmolz ineinander. Als er diesmal seinen Bogen sinken ließ, war Arie erschöpft. Ohne seine Mutter oder seinen Vater anzusehen, ging er zurück ins Haus und hinauf in sein Zimmer, wo er sein Instrument in den Koffer legte, bevor er auf dem Bett zusammenbrach, sein Gesicht im Kissen vergrub und seinen Tränen freien Lauf ließ.

Er fühlte sich wie ein Baby, als er sich dermaßen die Augen ausheulte, aber er konnte nichts dagegen tun. Er hatte Trauer und Verlust so lange in sich behalten, dass er nicht länger so tun konnte, als wäre alles in Ordnung. Ein leises Klopfen an seiner Tür drang durch seine Tränen zu ihm durch und Arie hob den Kopf. »Es ist Zeit fürs Abendessen.« Junes Stimme kam durch die Tür und dann hörte er das vertraute Knarren der Dielen davor, als sie wegging. Arie wischte sich über die Augen und zwang sich aufzustehen. Er wusste, dass er wahrscheinlich furchtbar aussah, und wollte nicht, dass seine Familie ihn so sah, also legte er einen Zwischenstopp im Badezimmer ein, um sich Wasser ins Gesicht zu spritzen, bevor er die Treppe nach unten ging.

Seine Eltern saßen immer noch auf der Veranda, auf der der Tisch gedeckt worden war. Arie setzte sich und legte seine Serviette über seinen Schoß, während seine Mutter und sein Vater sich stumm von ihren Stühlen erhoben. Für Arie sah es nicht so aus, als hätte einer von ihnen einen Muskel bewegt, seit er nach oben gegangen war, und selbst als sie zum Tisch kamen, schienen sie mechanisch einen Schritt vor den anderen zu setzen, die Augen leicht glasig.

June stellte das Abendessen auf den Tisch und ging. Zu dritt aßen sie in fast totaler Stille. So ging es seit Monaten, es gab nur ein paar Momente, in denen sie miteinander zu reden schienen, und dann wieder Stille.

»Wir müssen damit aufhören«, sagte Arie, als seine Mutter ihren Stuhl hervorzog. Er konnte das nicht länger ertragen. »Wir suhlen uns seit Monaten nur in unserer Trauer.«

»Was sollen wir deiner Meinung nach tun? Sie vergessen?«, schnappte seine Mutter, bevor sie nach ihrem frisch gefüllten Glas Tee griff. »Dazu bin ich weder bereit noch gewillt.«

»Suzanne, das sagt Arie doch gar nicht. Ich denke, er meint, dass wir miteinander reden sollten.« Sein Vater drehte sich zu ihm. »Du hattest letzte Woche ein Vorspiel und hast gar nicht erzählt, wie es gelaufen ist.«

Arie legte seine Gabel weg und schluckte. »Ich denke, es ist gut gelaufen. Sie haben gesagt, dass es viele Bewerber gibt, was bedeutet, dass sie niemandes Hoffnungen zunichtemachen wollten, aber sie schienen beeindruckt, und die Tatsache, dass ich in der Nähe bin, schien sie zu interessieren. Ich werde warten müssen. Sie haben gesagt, dass sie die Entscheidung in ein paar Wochen treffen. Ich habe ein paar Empfehlungen von der Highschool und wie es aussieht, kann ich im Herbst mit ein paar von den Orchesterstudenten arbeiten.« Arie hatte herauszufinden versucht, wie er seine Liebe zur Musik zum Beruf machen konnte. »Ich habe während der letzten sechs Monate ziemlich oft vorgespielt. Ich wünschte nur, ich könnte mal eine Pause machen.«

Senior war ausgebildeter Anwalt, aber er hatte auch eine Menge Geld geerbt und es sich zum Beruf gemacht, die Familienhinterlassenschaften zu vergrößern. Er war auch Partner in einer Anwaltskanzlei in Natchez, aber ging nicht mehr oft ins Büro. Sein Name stand an der Tür und das reichte aus, um Klienten anzuziehen. »Ich weiß und ich bin sehr stolz auf dich.«

Aries Blick flog von seinem Teller zu seinem Vater. Er konnte kaum glauben, was er da gehört hatte. Senior war nie sehr großzügig mit Lob gewesen. »Vielen Dank. Ich habe hart gearbeitet, aber in dieser Gegend gibt es nur begrenzte Möglichkeiten.«

»Dann musst du vielleicht etwas weiter weg suchen«, sagte sein Vater und Arie hörte ein dumpfes Geräusch, dann einen Schrei und das Brechen von Glas, gefolgt von dem Kratzen des Stuhls seiner Mutter über den Boden. June war beinahe sofort da, wischte den von Aries Mutter verschütteten Tee auf und die bekleckerte Tischdecke ab, bevor sie davoneilte, nur um mit einem weiteren Glas, einem Besen und einem Kehrblech zurückzukommen, um das Chaos aufzuräumen.

»Ich werde kein weiteres Kind verlieren.« Seine Mutter kreischte fast, die Augen aufgerissen, während ihr Tränen über die Wangen liefen. »Das kann ich einfach nicht.«

Arie sah seinen Vater an, der den Kopf schüttelte, und sie ließen das Thema für den Moment fallen. Sie verfielen wieder in Schweigen, das nur von dem Klirren des Bestecks gegen die Teller unterbrochen wurde.

Als Arie fertig gegessen hatte, verließ er den Tisch und seine Eltern und kehrte in sein Zimmer zurück. Er musste für eine Weile aus dem Haus, aber er war nicht sicher, wohin. Er nahm das Telefon, sah seine Kontaktliste durch und stoppte, als eine Nummer herausstach. Er drückte den Anrufknopf, wartete und hoffte auf eine Antwort.

»Arie«, sang die Stimme seines Freundes Robbie beinahe durch die Leitung. »Ich bin so froh, dass du anrufst.«

Normalerweise war Robbies Enthusiasmus ansteckend, aber für Arie heute nicht. »Ich habe mich gefragt, ob du mir einen Gefallen tun kannst. Ich brauche eine Auszeit. Würde es euch was ausmachen, wenn ich zu euch komme und dich und Joey besuche?«

»Läuft es nicht gut?« Robbie hielt inne, als hätte er die Antwort auf seine eigene Frage erkannt. »Entschuldige, natürlich tut es das nicht. Ist irgendwas passiert?«

»Nichts Neues. Ich brauche dringend einen Tapeten- und Perspektivwechsel. Mom und Dad blasen im Haus Trübsal, verdammt, das tun wir alle. Es fühlt sich fast tot an. Und ich könnte ein wenig… Ich weiß nicht. Ich schätze, ich könnte meinen besten Freund gebrauchen.« Arie war nicht sicher gewesen, ob er fragen sollte. Letztendlich besaßen Joey und Robbie kein eigenes Haus. Sie arbeiteten beide auf der Farm und lebten dort, also war es eigentlich Geoffs Haus und seine Entscheidung.

»Warte mal kurz«, sagte Robbie und Arie hörte für ein paar Sekunden gedämpfte Stimmen, bevor Robbie wieder ins Telefon sprach. »Wie bald kannst du hier sein und wie lange willst du bleiben?«

»Ich sag dir Bescheid, sobald ich meine Reisevorbereitungen getroffen habe.«

»Geoff sagt, es gibt genug Platz, und er hat eine Liste mit Aufgaben für dich.« In Robbies Stimme schwang ein Lachen und Fröhlichkeit mit, etwas, das Arie seit einer Weile nicht mehr gehört hatte, und er fühlte, wie sie seinen Geist erreichten.

Er und Robbie unterhielten sich eine Weile und als Arie auflegte, wusste er, dass er das Richtige getan hatte. Eine halbe Stunde mit Robbie und schon schien er sich ein wenig leichter ums Herz zu fühlen und ein kleiner Teil der Trauer war verschwunden. Jetzt musste er nur noch herausfinden, wie er das seiner Mutter sagen sollte.