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Claus Beckenbach
Dr. Arnold Zilly

Das Gottesphänomen

Weitere Bücher von Claus Beckenbach bei Waldkirch erschienen:

Der Herr Verleger aus Heidelberg

Aufstieg und krimineller Niedergang einer Tageszeitung.

ISBN 978-3-927455-78-8

MAMMON, MACHT & MAUSCHELEIEN

Abgesang auf die skandalöse Spendenaffäre einer christlichen Partei

ISBN 978-3-927455-96-2

Schreißheim

Die Begierde. Der Untergang. Im Namen des Volkes!

ISBN 978-3-86476-025-9

Die Connection Heidelberg - Konstantinopel

Ein Familienepos. Voller Liebe. Und Gefahren.

ISBN 978-3-86476-042-6

Schreißheim 2

Lust und Geld im Sumpf der deutschen Justiz

ISBN: 978-3-86476-041-9

Schreißheim 3 – Ziemlich große Gauner

Mit einem Prolog: Die Geschäftsmoral der Deutschen Bank

ISBN: 978-3-86476-055-6

Kastaniensommer

Eine Geschichte, die Sie vielleicht ins Herz trifft...

ISBN: 978-3-86476-064-8

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek:

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte Daten sind im Internet

abrufbar unter: http://dnb.ddb.de

Gottesphänomen

ISBN Taschenbuch978-3-86476-080-8
ISBN E-Book EPUB978-3-86476-640-4
ISBN E-Book PDF978-3-86476-641-1

Satz & Gestaltung: Verena Kessel

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Seit 1542

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68259 Mannheim

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Claus Beckenbach
Dr. Arnold Zilly

GENESIS ALPHA

oder das

GOTTESPHÄNOMEN

Die Existenz Gottes ist unbezweifelbar

Aber: Ist der Gott der Kirchen vielleicht eine Eigenschöpfung?

Verlag Waldkirch

Inhalt

Prolog

Gespräch mit Professor Dr. Peter Leins zur Evolutionsbiologie

Ob der Mensch vom Affen abstammt?

Theismus, Atheismus, Chaos

(Gespräche in Zermatt)

Kriege führen im Namen Gottes?

Platons Gastmahl

(Gespräche in Zermatt)

Gibt es einen Erster-Klasse- und einen Zweiter-Klasse-Himmel?

Die Relativistik

(Gespräche in Zermatt)

Was ist denn alles relativ?

Das Multiversum.

(Gespräche in Zermatt)

Ist das die Unendlichkeit?

Die Gottesfrage und die Kirche

(Gespräche in Zermatt)

Haben die Kirchen einen eigenen Gott kreiert?

Die Barnabas-Bibel

(Gespräche in Marinella di Sarzana)

Sie ist unter Verschluss in Ankara. Weshalb denn das?

Kleine Kosmologie

(Gespräche in Marinella di Sarzana)

Wo und was ist der Kosmos?

Das Wetter

(Gespräche in Marinella di Sarzana)

Weshalb werden wir dauernd hinters Licht geführt?

Die Schönheit

(Gespräche in Carrara)

Schönheit – eine analytische Sicht des Schönen

Der Urknall

(Gespräche in Carrara)

Das muss der Beginn gewesen sein. Wer hat Zweifel?

Die Paläoontologie

(Gespräche in Genua)

Sie ist nur ein Stück der Evolution.

Nur ein paar hundert Millionen Jahre alt.

Warum nicht?

Die Wanderjahre von Jesus

(Gespräche in Santa Maria Maggiore)

Wurde er wirklich gekreuzigt? Oder nicht?

Rückblick und die Frage nach Parallelwelten

ANHANG

Epilog und Wissenswertes:
Wir wissen zu wenig und werden nie alles wissen…

Reinkarnationstherapie

Kleines Lexikon der Heilpflanzen

(Phytotherapie)

Es gibt dieses Buch und es gibt die Geschichten, die nach bestem Wissen sorgfältig recherchiert wurden.

Die Orte der Gespräche und Diskussionen sind Zermatt, Carrara, Ascona, Marinella di Sarzana, Genua, Santa Maria Maggiore und natürlich Heidelberg.

Das Buch ist sicher schwierig, dafür aber sehr spannend. Die Inhalte sind wissenswürdig; viele Informationen sind auf relativ wenige Seiten komprimiert. Moderne Forschung und hochkarätige Wissenschaft stehen oft gegen uralte Überlieferungen, die unzählige Male verändert und oft zum Eigenzweck kanonisiert worden sind.

Liebe Leserinnen und Leser, noch ein kurzer Hinweis: Lassen Sie sich bitte nicht abschrecken von einigen lateinischen Ausdrücken oder Formeln, die manchmal unumgänglich sind – Sie werden trotzdem sehr schnell im Thema sein. Es wird spannend!

Prolog

Lesen Sie am Ende dieses Prologs das Gespräch mit dem Evolutionsbiologen Professor Dr. Peter Leins,
Universität Heidelberg.

Im Anhang dieses Buches finden Sie einen Hinweis auf die vieldiskutierte Reinkarnationstherapie sowie ein kleines Lexikon zur Phytotherapie (Pflanzenheilkunde). Es kann Ihnen ganz sicher helfen, die Entwicklung mancher Erkrankungen auszubremsen.

Da haben sich vor 30 Jahren zwei gleichaltrige Männer zufällig getroffen; der eine ein Doktor der Inneren Medizin, Naturheilkundler und Physiker, der andere ein Journalist. Sie sind gute Freunde geworden und nutzen jede Gelegenheit, nicht nur über Alltägliches wie Politik und Wirtschaft, sondern auch über Gott und die Welt, im wahrsten Wortsinne, zu diskutieren.

Zwangsläufig kam der Tag, dass der Medizindoktor Matthias Zollinger während einer der nicht enden wollenden Diskussionen zu seinem Freund Nikolas Becker sagte, dass man die Substanz der Gespräche, die schließlich nicht nur flaches Geschwätz sei, eigentlich festhalten müsse, am besten zwischen zwei Buchdeckeln. Das war gewissermaßen die Geburtsstunde dieses Buches. Es war nie daran gedacht worden, ein atheistisches oder religiöses Werk zu erarbeiten, allerdings wurde eine eigene Darstellung daraus; das Ganze wurde ein spannender Roman mit teilweise unglaublichen Facetten, die allerdings auf wissenschaftlichen Wahrheiten und Erkenntnissen beruhen. Die zwei Männer haben sich in der Schweiz und in Italien mit Menschen intensiv unterhalten und festgestellt, dass man überall offene Ohren hat für das Generalthema, das in diesem Buch behandelt wird.

Leider wird uns seitens derer, die vielleicht mehr darüber wissen, als sie zugeben können, sehr viel vorenthalten. Allerdings aus naheliegenden und verständlichen Gründen: Das ganze seit unzähligen Jahren aufgebaute Gebäude des Glaubens, des Himmels und der Hölle, würde zusammenstürzen. Um genau das zu verhindern, wird geschwiegen. Es sollen, trotz wissenschaftlicher exakter Feststellungen, einige Dinge niemals das Licht der Welt erblicken können.

Ein weiterer Grund für die Geburt dieses Buches aber war dann ein Artikel von Professor Dr. Heribert Prantl (Chefredaktion Süddeutsche Zeitung): „Wann bist du lieb, lieber Gott?“ Die Fragestellungen in diesem Artikel sind von einer unglaublichen Substanz. Prantl fragt auch, weshalb lässt Gott, wenn er denn existiert, Vernichtung, Ausrottung oder Kriege zu? Weshalb hindert er die Bösen nicht daran? Es ist eine Frage, die sich durch die ganze Menschheitsgeschichte zieht – die Frage, mit der sich Luther, Leibniz und Kant bereits gequält haben. Es wird versucht, in diesem Buch zumindest eine Teilerklärung zu geben. Frage: Ist die Einteilung in Gut und Böse nicht Bestandteil einer sehr naiven Ethik?

Wenn Sie, verehrte Leserinnen und Leser, das Buch in der Hand halten: Bitte denken Sie daran, dass es keine Chronologie geben kann. Zum besseren Verständnis wird empfohlen, das Buch tatsächlich komplett zu lesen. Da es sich insgesamt um einen spannenden Komplex mit vielen interessanten Begleiterscheinungen handelt, wird es Ihnen sicher nicht langweilig. Eines ist sicher: Sie werden aus dem Staunen nicht herauskommen. Einige werden sagen, dass das alles nicht sein kann und das, was seit Tausenden von Jahren Bestand hatte, ohne Zweifel stimmen müsse. Sie werden viele Aussprüche von hochkarätigen Menschen finden mit der Quintessenz, dass Theologie und Naturwissenschaft sich durchaus vertragen, allerdings nicht immer.

Auf der Suche nach weiteren Antworten kommt man auf die Varianten, die Epikur, der übrigens Atheist war, vor über 2000 Jahren entwickelt hat: „Entweder will Gott die Übel beseitigen und er kann es nicht, oder er kann es nicht und will es nicht, oder er kann es und will es. Wenn er es nun will und nicht kann, so ist er schwach, was auf Gott nicht zutrifft. Wenn er kann und nicht will, so ist er missgünstig, was Gott fremd ist. Wenn er nicht will und nicht kann, dann ist er sowohl missgünstig wie auch schwach, und dann auch nicht Gott. Wenn er aber will und kann, was allein für Gott sich ziemt: Woher kommen dann die Übel, warum nimmt er sie nicht weg?“

Soweit einige Zitate aus Heribert Prantls Artikel, den unsere Leserinnen und Leser komplett lesen sollten. Er ist über die Süddeutsche Zeitung zu erhalten. Für die beiden Freunde Matthias Zollinger und Nikolas Becker war dieser Artikel Grund genug, die schon oft angefachte Diskussion wieder in größerem Stil fortzuführen.

Zu Epikur muss man noch ein paar Bemerkungen machen: Er war ein genialer und lebensintensiver Mensch, der mit den Göttern nicht viel im Sinne hatte. Er ging mit seinem Götterglaube gerade soweit, dass ihn die Athener Gesellschaft nicht ablehnen konnte. Sein Motto: Der Tag zählt, und was er mir bringt an lustvoll Entspannendem, ist gut. Zeus sei noch nicht bei ihm gewesen, deshalb könne er auch nicht viel über ihn sagen. Jedenfalls war Epikur ein bewusstseinsstarker Philosoph, allerdings vermutlich mit Nierensteinen behaftet, die ihm das Leben zur Hölle machten.

In einer Badewanne mit warmem Wasser bekam er mitunter Erleichterung von seinen kolikartigen Schmerzen. Als Epikur bemerkte, dass sowohl seine Koliken als auch sein Leben zu Ende gingen, versammelte er um die Badewanne herum seine Anhänger und mahnte sie an, genussvoll zu leben. Er zeigte keinerlei Furcht vor dem Tod und war wohl so gelassen wie Sokrates, nachdem dieser den Schierlingsbecher getrunken hatte; das einzige, was Sokrates beunruhigt hatte, war der Umstand, dass er seinem Freund Croton noch einen Hahn schuldete, den man ihm bringen möge. So zu sterben, schaffen nur starke Geister.

Epikurs Äußerungen zeigen allerdings deutlich, dass er die Karmalehre nicht kannte. Übel, die uns begegnen, haben zwei Funktionen: Wir haben in Vorinkarnationen Rechnungen aufgemacht, die wir nun bezahlen müssen.

Und: Jeder Widerstand, den Lebewesen erfahren, kann als Evolutionsbeschleuniger gesehen werden, und jeder Fortschritt, den wir in unserer Inkarnation erfahren, macht uns freier und stärker. Je öfter Gras geschnitten wird, desto stärker werden dessen Wurzeln…

„Wie alt ist eigentlich das Universum und die Erde? Du wirst das doch wissen“, Nikolas Becker schaute Matthias Zollinger fragend an.

Dieser antwortete: „Wahrscheinlich knapp 14 Milliarden Jahre. Sagt man. Aber genau weiß ich es auch nicht, es wird niemand wissen. Aber so ungefähr kann das aufgrund der ernsthaften Forschungen hinkommen.“

„Dann ist Gott jedenfalls älter als das Universum. Muss er ja sein. Wie sonst hätte er es wachrufen können“, Nikolas Becker wollte es jetzt genau wissen, „und die ganzen anderen Planeten, die Sonne, den Mond oder den Mars? Wie soll das alles gegangen sein? Demnach ist Gott kein abgegrenztes Wesen, sehe ich das richtig? Er hat auch keinen weißen Bart und sitzt auf keinem goldenen Sessel?“

„Das siehst du richtig“, Matthias Zollinger schaute sehr nachdenklich und fuhr fort, „Gott ist weitaus mehr als ein lebendiges Wesen. Er ist die für uns Menschen unfassbare manifestierte Energie, die alles umfasst. Wir Menschen sind ein Teil dieser Energie, in und um uns herum ist Energie, also sind wir ein Teil Gottes und können über diese Energie gewissermaßen im Kontakt sein mit der Urenergie, mit Gott.

„Und wie alt ist die Menschheit?“ Nikolas schaute seinen Freund Matthias listig an weil er glaubte, dass jetzt eine ausweichende Antwort käme. Der antwortete ohne mit der Wimper zu zucken: „Ungefähr knapp vier Millionen Jahre.“

………………………………………………………...

> Ich habe niemals die Existenz Gottes verneint. Ich glaube, dass die Entwicklungstheorie absolut versöhnlich ist mit dem Glauben an Gott. Die Unmöglichkeit des Beweisens und Begreifens, dass das großartige und über alle Maßen herrliche Weltall ebenso wie der Mensch zufällig geworden ist, scheint mir das Hauptargument für die Existenz Gottes <

Charles Darwin, britischer Naturforscher

………………………………………………………

Nikolas nickte sinnend: „Vier Millionen Jahre. Man kann es einfach nicht fassen. Und da gibt es Menschen, die glauben, dass das alles zufällig abgelaufen sein soll. Gott, Allah, Jehova oder Yaweh, immerhin gibt es ungefähr 7000 Sprachen auf dieser Welt, also bestimmt auch die gleiche Anzahl von Namen für Gott. Yaweh übersetzt heißt schließlich soviel wie andauernde Energie, die Energie des Lebens oder auch die mystischste Energie der ganzen Galaxis. Die Übersetzung wundert mich nicht mehr. Ich habe gelesen dass wir die Räume sind, in denen sich diese Energie manifestieren kann. Kann das so sein?“

Matthias Zollinger hörte interessiert zu und antwortete: „Natürlich kann das sein, ich bin da ziemlich sicher. Aber wir müssen es auch wollen“, jetzt wurde Zollinger von seinem Freund unterbrochen: „Vielleicht kann man die Energie in Form von intensiven Gebeten zusammenführen?“ Matthias Zollinger antwortete: „Vermutlich ist das so. Die schon angesprochene Urenergie ist so stark, dass wir sie überhaupt nicht begreifen und schon überhaupt nicht verstehen können. Wenn du dir vorstellst, dass vor 14 Milliarden Jahren, die Wissenschaft sagt, 13,7 Milliarden Jahre seien es gewesen, der sogenannte Urknall, der ja eigentlich kein einfacher Knall war, stattgefunden hat, dann müssen einem die Worte fehlen.

Innerhalb Bruchteilen einer Sekunde ist aus einer kosmischen Energieeinheit das Universum entstanden. Es muss sich eine Energie entwickelt haben in diesem Moment, die wir Menschen nie begreifen werden, die Kapazität unseres kleinen Gehirns ist viel zu schwach. Alles nur Zufall? Völlig ausgeschlossen. Aber zu diesem Thema habe ich dir noch vieles zu erzählen. Du kannst dir vielleicht vorstellen, dass es nichts, aber auch überhaupt nichts gibt, dessen diese Energie nicht fähig ist zu tun, zu verändern oder zu bewegen. Das ist Gott. Und da gibt es nur einen.“

Jetzt schwiegen beide Freunde sehr nachdenklich, jeder hing seinen Gedanken nach.

„Die Meinungen zu diesem Thema sind weltweit grundverschieden. Und Religionen in ihren verschiedenen Interpretationen haben direkt mit Gott vielleicht nur wenig zu tun, sondern nur mit Vorstellungen, die man für Gott hält. Ganz einfach deshalb, weil die meisten Menschen von Gott eine eigene oder oktroyierte Meinung haben. Trotzdem ändert sich am Ursystem nichts. Wir sollten, um unsere eigene Meinung zu vertiefen, noch mit einigen besonders ausgewählten Menschen verschiedenen Gedankengutes sprechen. Was hältst du davon?“

Nikolas Becker fragte seinen Freund um dessen Meinung. Der antwortete ohne eine Diskussion zu beginnen, wie eigentlich meistens: „Gute Idee. Machen wir. Dann plane mal etwas.“

Claus Beckenbach im Gespräch mit Prof. Dr. Peter Leins, Evolutionsbiologe Universität Heidelberg

Claus Beckenbach:

Herr Professor Leins, man geht zunehmend davon aus, dass unser Universum seit 13,7 Milliarden Jahren besteht. Die sogenannte Urknalltheorie wird weitgehend von der Wissenschaft als gültig anerkannt. Wann wuchsen die ersten Pflanzen und welche? Was geschah in der Zeit, bis die ersten Lebewesen sich „bildeten“?

Professor Leins:

Zuerst „musste“ einmal die Erde entstehen, und dies geschah aus heutiger wissenschaftlicher Sicht vor etwa 4,5 oder 4,6 Milliarden Jahren. Bei dieser Abschätzung spielen 100 Millionen Jahre keine Rolle.

Ungefähr eine Milliarde Jahre verstrichen, bis die ersten Lebewesen entstanden. Natürlich nicht von heute auf morgen! In einer „Ursuppe“ – vielleicht an mehreren Stellen unserer Erde – bildeten sich komplexe organische Substanzen und schließlich solche, die die Fähigkeit hatten, sich selbst zu reduplizieren, wie die RNA und die DNA, die für sich genommen noch keine Lebewesen sind. Erst wenn diese von einer Biomembran gegen ihre Umgebung abgegrenzt sind, beginnt das Leben und die Vermehrung der Lebewesen durch Zellteilung.

Wir sprechen von Prokaryonten, zu denen die Bakterien zählen, von denen ein Teil, nämlich die Cyanobakterien, schon früh durch den Besitz von Chlorophyll a zur Photosynthese befähigt sind. Sie begannen damit, den in der Atmosphäre zuvor fast völlig fehlenden Sauerstoff mehr und mehr anzureichern. Zu den ältesten grünen Prokaryonten zählen die heute noch an der Westküste Australiens vorkommenden Stromatolithen, die durch ihre mächtigen Kalkausscheidungen die vormals enorm hohe CO2-Konzentration der Luft reduzierten.

Früher hat man die Cyanobakterien als sogenannte „Blaualgen“ bereits den Pflanzen zugerechnet. Aus heutiger Sicht beginnt das Pflanzenleben erst vor etwa einer Milliarde Jahren nach der Einverleibung grüner Prokaryonten in eine Eukaryontenzelle – entsprechend der Endosymbionten-Theorie. Die ersten Pflanzen waren zunächst begeißelte oder unbegeißelte Einzeller, später mehrzellige fadenförmige grüne Algen.

Claus Beckenbach:

Irgendwann gab es auch Tiere, sicherlich in verschiedenen Evolutionslinien. Die Wissenschaft behauptet, dass die ersten Menschen vor 3,7 Millionen Jahren auf unserem Planeten waren; einig ist man sich über diese Zahl allerdings nicht. Welche Tiere kann man hier gleichstellen? Oder wann kamen die ersten Tiere und vor allen Dingen welche?

Professor Leins:

Die Frage, wann die ersten Menschen auftraten, hängt von der Frage ab: Ab wann ist der Mensch ein Mensch? Man muss also die Frage etwas differenzierter angehen. Ich werde versuchen, es kurz zu machen. Nach heutigem Kenntnisstand erfolgte vor etwa 20 Millionen Jahren eine Aufspaltung der Menschenaffen im weitesten Sinne in zwei Entwicklungsäste, nämlich in die Gibbon-Verwandtschaft und die eigentlichen oder höheren Menschenaffen, aus denen vor etwa 13 Millionen Jahren die Gattung Pongo (Orang-Utan) und vor etwa 8 Millionen Jahren der Gorilla hervorging.

Vor etwa 6 Millionen Jahren kam es dann zur Trennung von Schimpanse und der Gattung Homo (Mensch), die sich in der Folgezeit in verschiedene mittlerweile ausgestorbene Arten aufteilte, bis schließlich, noch während der Neandertaler-Mensch auf unserer Erde lebte, der moderne Mensch, Homo sapiens, vor 190.000 Jahren – wie die anderen Homo-Arten in Afrika – entstand, und von dort aus sich in alle Welt ausbreitete. Mit dem Homo sapiens und seinem unter den Säugetieren höchst entwickelten Gehirn kam zur organismischen die kulturelle Evolution hinzu, welche mit zunehmender Beschleunigung abläuft.

Zu Ihrer Frage, Herr Beckenbach, wann und welche Tiere auf der Erde zuerst entstanden, scheint heute die Antwort unklarer denn je. Wenn wir es uns einfach machen wollen, können wir postulieren, eben solche Eukaryonten, die keine grünen Prokaryonten „abbekommen“ haben, wenn auch diese Aussage nicht uneingeschränkt gilt. Die ersten mehrzelligen tierischen Organismen, der sogenannte fossilen Ediacara-Fauna, lebten vor etwa 580–540 Mio. Jahren am Meeresboden. Sie glichen im Aussehen (ohne dass dies als Verwandtschaft gedeutet werden kann!) etwa heutigen Seefedern oder Schwämmen.

Claus Beckenbach:

Es gibt Leute, die behaupten, der Mensch stamme vom Affen ab. Das aber ist widerlegt - es gab offensichtlich zwei Evolutionslinien. Wobei Tiere wohl eine dauernde Verbindung zum Energiefeld Gott haben und die Menschen diese suchen sollen. Sie können es tun oder auch nicht. Was sagen Sie dazu?

Professor Leins:

Die Aussage „Der Mensch stammt vom Affen ab“ ist nicht gerade falsch; sie ist einfach „schnodderig“. In der modernen Abstammungslehre (Phylogenetik) werden Stammbäume in sogenannten Kladogrammen dargestellt: Das sind dichotome „Gabelsysteme“. Danach sind Schimpanse – insbesondere der Zwergschimpanse, der Bonobo – und Mensch, der Homo sapiens, Geschwister, also aus einem gemeinsamen Vorfahren hervorgegangen, und letzterer ist wiederum zusammen mit einem Gorilla aus einem Vorvorfahren entstanden. Dass diese Reihe von Vorfahren im Rückgang immer affenähnlicher war, liegt auf der Hand.

In Ihrer Frage taucht der Begriff Gott auf. Was ich dazu zu sagen hätte, wäre ein eigenes Buch, und mit dieser Frage beschäftige ich mich schon seit mehreren Jahren in einem Studenten-Seminar „Evolution und Gottesglaube“. In aller Kürze: Der eine Gott der monotheistischen Religionen ist das „reduktionistische“ Ergebnis kultureller Evolution vorausgegangener Vielgötter-Mythen. Mythos, geboren aus Ängsten und menschlichen Bedürfnissen, und Realität oder „Wahrheit“ sind natürlich zweierlei.

Das wohl bedeutendste Ereignis, mythisch- beziehungsweise religionszentrierter kultureller Entwicklung, ist die Propagierung der Nächstenliebe durch Jesus von Nazareth, und die wohl weltbewegendste Erkenntnis der Naturwissenschaft geht auf Charles Darwin zurück, der die geniale Anregung dazu gab, die „Schöpfung“ der Lebewesen zu verstehen. Sucht man – falls man will – nach einem möglichst entmythologisierten Gott, so lässt er sich, naturwissenschaftlich-philosophisch zentriert, vielleicht umfassend als die Ursache von allen im Universum sich abspielenden Prozessen definieren; das sind nicht nur die energiebezogenen Naturgesetze, sondern vielmehr, was beispielsweise die organismische (und kulturelle) Evolution betrifft, in der der Zufall wohl die größte Rolle spielt, die kanalisierende Selektion, beherrscht vom ökonomischen beziehungsweise Optimierungsprinzip, vor dessen Hintergrund sich eine „gnadenlose“ Konkurrenz abspielt. Evolution ist Massensterben! Dieses Prinzip aber ist das einzige, das zur organismischen Höherentwicklung führt.

Claus Beckenbach:

Die Evolution kennt sicher keinen Abschluss - sie nimmt ständig ihren Lauf. Menschen, Tiere und Pflanzen befinden sich fortwährend in Veränderung. Kann man das so sehen? Kann man etwa eine Prognose geben, wie es weitergeht?

Professor Leins:

Wir befinden uns mitten in der organismischen und kulturellen Evolution. Sie wird auf unserem Planeten in weit entfernter Zukunft, wenn dieser für Lebewesen nicht mehr bewohnbar ist, zu Ende gehen. Vielleicht wird sie andernorts im Weltall ihr Spiel weitertreiben oder neu entflammen. Eine Voraussage, welchen Lauf die Evolution nimmt, lässt sich nicht machen, da Evolution vom Zufall begleitet ist: Wann und wo Erbänderungen (Mutationen) stattfinden und wie diese durch die Sexualität neu kombiniert werden, ist nicht vorhersehbar, also in diesem Sinne zufällig.

Claus Beckenbach:

Kann es sein, dass die Pflanzenwelt im Laufe ihrer Evolution auch Einfluss auf Größe und Art der Tiere genommen hat?

Professor Leins:

Ohne Pflanzen gäbe es keine Tiere. Nur Pflanzen sind als sogenannte Primärproduzenten in der Lage, aus anorganischen Stoffen mit Hilfe der Sonnenenergie organische Stoffe aufzubauen und dienen damit sowohl Pflanzen konsumierenden Tieren als auch indirekt Tiere fressenden Tieren als Nahrungsquelle. Die zunehmende Biomasse der Pflanzen ermöglicht einerseits eine enorme, unüberschaubare Artenvielfalt unter den Tieren (vor allem Insekten), andererseits eine Zunahme an Körpergröße bestimmter höherer Tiere (Elefanten, Wale, ausgestorbene Saurier).

Dabei ist zu beachten, dass nach grober Abschätzung unter allen auf der Erde lebenden Organismen-Arten die Konsumenten, im Wesentlichen also Tiere, mit mehr als 80% die artenreichste Gruppe darstellen. Die Pflanzen-Arten belaufen sich gerade mal auf etwa 4%. Die restlichen etwa 15% betreffen die abbauenden sogenannten Destruenten, Mikroorganismen, die die „toten“ organischen Substanzen wieder zu anorganischen abbauen. Demgegenüber sind es die Pflanzen, die mehr als 90% der gesamten Biomasse „auf die Waage“ bringen. Die Konsumenten schaffen es auf etwa 5%, und der Rest fällt den Destruenten zu.

Claus Beckenbach:

Zum Schluss: Vielen Dank für Ihre Ausführungen, Herr Professor Leins. Und als allerletzte Frage: Glauben Sie, dass das Hochenergiefeld Gott irgendwann einen Anfang hat und ob es im Laufe der Zeit ebenfalls sich quasi „entwickelt“ hat?

Professor Leins:

Jetzt bringen Sie mich, lieber Herr Beckenbach, zum Schluss noch auf ein sehr spekulatives Feld, auf dem ich – zugegeben, nicht ohne ein gewisses Vergnügen – ein wenig zu „spielen“ wage: „panta rhei“ – alles fließt – ist eine Aussage, die Heraklit von Ephesus zugeschrieben wird, dem man auch, soweit ich mich an mein Philosophie-Studium erinnere, den Begriff „logos“ in den Mund gelegt hat. „Logos“, ein mehrdeutiger Begriff, lässt sich vielleicht im Sinne eines „unbewegten Bewegers“ interpretieren. Unbewegt heißt: ohne Faktor Zeit! Schwer vorstellbar zwar, aber doch plausibel, wenn wir es als Prinzip wahrnehmen wollen, das weder Anfang noch Ende hat. Es ist einfach da: das wahre Sein? Eine andere Deutungsmöglichkeit: „Das wahre Sein ist Werden“. Im Werden ist ständige Energie. Nennen wir sie göttlich, dann hat auch sie weder Anfang noch Ende. Auf Urknall folgt Ausdehnung folgt Kompression folgt Urknall folgt Ausdehnung folgt Kompression … und wir, als „Spielbälle“ geboren, winzig klein wie ein Sandkorn in der Sahara, staunend und ängstlich und freudig und liebend, dürfen bei diesem Riesenspektakel nur vorübergehend dabei sein.

Kapitel 1

„Wer sollte nicht durch die Beobachtung und den
sinnenden Umgang mit der von der göttlichen
Weisheit geleiteten herrlichen Ordnung des
Weltgebäudes zur Bewunderung des allwirkenden
Baumeisters geführt werden!“

Nikolaus Kopernikus (1473-1543), Domherr,
Astronom, Mathematiker und Kartograph

Matthias und Nikolas hatten endlich einen Termin gefunden, um die längst geplante Reise nach Zermatt anzutreten. Sie saßen jetzt im Mercedes GL, einem nicht mehr ganz neuen Diesel, der vor sich hin schnurrte; Nikolas hatte das Steuer übernommen, weil Matthias schlafen wollte. Sie hatten Basel bereits passiert, als Matthias aufwachte mit dem schmerzlichen Ruf, dass er Hunger habe und eigentlich in Basel das Frühstück hätte stattfinden sollen. Immerhin sei es schon neun Uhr. Die Tachonadel zitterte bei 120 km/h herum und es ging gut vorwärts.

Auf den Schmerzensruf reagierte Nikolas überhaupt nicht, er sagte lediglich, dass sie gleich an eine Mövenpick-Rastanlage kämen; Rühreier seien bereits gerichtet. Und auf die Frage, weshalb die Tachonadel so zittere, meinte Matthias: „Weißt du das nicht? Das ist die starke Energie, die von uns ausgeht und auch die hier im Raum“, dabei lachte er und fügte noch an, dass die Nadel schon immer zittere.

Auch während der Frühstückspause wurde wieder diskutiert über Energie, das Universum und natürlich über Gott. Die Fahrt ging weiter via Bern, Fribourg hinunter nach Montreux am Genfer See. Jetzt fuhren sie hinein ins Rhônetal, und es dauerte nicht lange, dann kam Visp in Sicht. Den Berg hinauf bis zur Weggabelung war es nur noch eine knappe Stunde: Geradeaus führte die Straße ins Saastal, rechts ab in Richtung Zermatt.

„Wir können nur bis Täsch fahren, da ist ein Parkhaus, Zermatt ist autofrei, die restlichen fünf Kilometer werden wir laufen müssen“, Nikolas informierte seinen Freund Matthias.

„Mit unseren Gepäcktaschen? Niemals“, Matthias warf einen bösen Blick in Richtung Nikolas. Der lachte und löste das Rätsel, in sehr kurzen Abständen würde der Glacier-Express in Täsch halten und in zehn Minuten seien sie in Zermatt. Was schließlich auch so war. Noch am Bahnhof rief Nikolas seinen alten Freund Pirmin Taugwalder an. Der kam auch nach ein paar Minuten mit seinem Elektrowagen. Nach einer überschwänglichen Begrüßung, in die auch sofort Matthias Zollinger integriert wurde, fuhren sie auf Vorschlag von Nikolas die Bahnhofstraße hinauf zur Edward-Whymper-Stube, um, wie Pirmin Taugwalder meinte, zuerst einmal einen Begrüßungstrunk zu nehmen. Fast kamen die drei Männer nicht zum Essen und Trinken, es gab unglaublich viel zu erzählen. Nikolas Becker hatte Pirmin Taugwalder bereits am Telefon über den Grund der Reise informiert. Und dass eine oder zwei Übernachtungen im kleinen Taugwalder-Hotel, das sich außerhalb des Dorfkerns befindet, eingeplant waren, grenzte an Selbstverständlichkeit.

Es war bereits 15 Uhr, als sie mit dem Elektrowagen leicht beschwingt losfuhren Richtung Ortsausgang. Nach der letzten kleinen Kurve erstrahlte plötzlich in voller Pracht und Größe das Matterhorn, das Horu, wie die Walliser sagen, in strahlender Sonne vor stahlblauem Himmel. Es gibt sicher keinen Menschen, der von diesem grandiosen Bild nicht überrascht ist.