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Rob Kenius ist diplomierter Physiker und freischaffender Autor. 1968 war er an den Studentenunruhen als leitender Redakteur des „aachener prisma“ beteiligt. Es folgte Mitarbeit beim WDR Fernsehen zusammen mit Jean Pütz. Danach arbeitete er als Sachverständiger für die Sicherheit von Atomkraftwerken. Als man ihn an das Innenministerium weitervermitteln wollte, um Einwände der Atomkraftgegner mit publizistischen Mitteln zu bekämpfen, lehnte er aus Überzeugung ab. Er eröffnete Musik-Clubs in Köln und wirkte mehr als 25 Jahre in der Musikbranche, wo er neben Kritiken auch deutsche Songs schrieb, die international veröffentlicht wurden, unter anderem einen Song mit dem Refrain:

Jetzt oder nie

Direkte Demokratie!

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1.Guido Eckert: Zickensklaven. Wenn Männer zu sehr lieben Solibro 2009; ISBN 978-3-932927-43-0; (eBook:) 978-3-932927-59-1

2.Peter Wiesmeier: Ich war Günther Jauchs Punching-Ball!
Ein Quizshow-Tourist packt aus
. Solibro 2010 (vgl. Nr. 7)

3.Guido Eckert: Der Verstand ist ein durchtriebener Schuft.
Wie Sie garantiert weise werden
. Solibro 2010
ISBN 978-3-932927-47-8 (Druck) 978-3-932927-60-7 (eBook)

4.Maternus Millett: Das Schlechte am Guten. Weshalb die politische Korrektheit scheitern muss. Solibro 2011
ISBN 978-3-932927-46-1 (Druck) 978-3-932927-61-4 (eBook)

5.Frank Jöricke: Jäger des verlorenen Zeitgeists.
Frank Jöricke erklärt die Welt
. Solibro 2013
ISBN 978-3-932927-55-3 (Druck) 978-3-932927-62-1 (eBook)

6.Burkhard Voß: Deutschland auf dem Weg in die Anstalt.
Wie wir uns kaputtpsychologisieren
. Solibro 2015
ISBN 978-3-932927-90-4 (Druck) 978-3-932927-91-1 (eBook)

7.Peter Wiesmeier: Steh bei Jauch nicht auf dem Schlauch!
Survival-Tipps eines Quizshow-Touristen

Solibro 2016 (überarb. Aufl. des Reihentitels Nr. 2)
ISBN 978-3-932927-09-6 (Druck) 978-3-932927-99-7 (eBook)

8.Ralf Lisch: Inkompetenzkompensationskompetenz
Wie Manager wirklich ticken. Geschichten
. Solibro 2016
ISBN 978-3-96079-013-6 (Druck) 978-3-96079-014-3 (eBook)

9.Yvonne de Bark: Mamas wissen mehr
Das geheime Wissen cooler Mütter
. Solibro 2017
ISBN 978-3-932927-00-3 (Druck) 978-3-96079-000-6 (eBook)

10.Rob Kenius: Neustart mit Direkter Digitaler Demokratie
Wie wir die Demokratie doch noch retten können
. Solibro 2017
ISBN 978-3-96079-011-2 (Druck) 978-3-96079-012-9 (eBook)

ISBN 978-3-96079-012-9 (epub)

verlegt. gefunden. gelesen.www.solibro.de

Demokratie heißt Entscheidung durch die Betroffenen.

Carl Friedrich von Weizsäcker

Inhalt

Worum geht es?

1 Regieren und falsch informieren

1.1 Parlamentarische Demokratie

1.2 Das Modell von 1790

1.3 Massendemokratie

1.4 Medien und Diktatur

1.5 Wer hat Meinungsfreiheit?

1.6 Verdächtiger Konsens

1.7 Reden und Schweigen

1.8 Freiheit ist relativ

1.9 Der deutsche Flohmarkt

2 Ist das Demokratie?

2.1 Ein Bit pro Jahr

2.2 Macht macht Privilegien

2.3 Wie man die Wahl gewinnt

2.4 Ein ganzes Buch

2.5 Demokratie im Angebot

2.6 Neofeudalismus

2.7 Begrenzung der Macht

2.8 Auswahl durch Los

2.9 Krieg oder Frieden

3 DDD – Direkte Digitale Demokratie

3.1 So sollte es nicht sein

3.2 Direkte Demokratie der Schweiz

3.3 Die Vision Neuropa

3.4 Zur Frage der Sicherheit

3.5 Qualifizierte Mehrheiten

3.6 Verwaltungsrat und Regierung

3.7 Meinungsbildung in einem Forum

3.8 Wie Diskussionen im Rahmen bleiben

3.9 Politik ohne Anonymität

3.10 DDD aus der Sicht der Bürger

3.11 Liquid Democracy

4 Direkte Digitale Demokratie auch in Europa

4.1 Die Piratenpartei

4.2 Einstieg in ein Forum

4.3 Demokratie in der EU?

4.4 Das Europa der Politiker

4.5 Realisierung einer Idee

4.6 Entscheidung in 24 Sprachen

4.7 Ende der undemokratischen EU

4.8 Italien: Die 5-Sterne-Bewegung

5 Pro und contra

5.1 Befürchtungen und Fakten

5.2 Geldverschwendung im großen Stil

5.3 Verantwortung für alles

5.4 Repräsentation des Volkes

5.5 Schnelligkeit von Entscheidungen

5.6 Sensationeller Rückschritt

5.7 Politik im Dschungel Europas

5.8 Wer garantiert Sicherheit?

5.9 Frust und Freude

5.10 Friedenspolitik durch das Volk

6 Gegen Widerstand und Hindernisse

6.1 Wie die idyllische Schweiz

6.2 Das Grundgesetz ist schwach

6.3 Regierungsparteien als Gegner

6.4 Die Machenschaften der Macht

6.5 Keine Angst vor der Zukunft!

6.6 Postkutsche und I-Phone

6.7 M5S, ein Schritt in Richtung DDD

7 Neustart in die Realität

7.1 Konkrete Forderungen hier und jetzt

7.2 Struktur des Agora-Forums

7.3 Wie gehen wir vor?

7.4 Piraten an die Ruder!

7.5 Parteien sind out

7.6 Moral, Wahrscheinlichkeit und Politik

7.7 Ein Programm und ein Team

7.8 Wer ermöglicht den Diskurs?

7.9 Was jeder kann

Worum geht es?

Direkte Demokratie ist etwas anderes als eine sensationell angelegte Volksbefragung, die in einem Akt der Großzügigkeit oder Unsicherheit von der Regierung veranlasst wird. Direkte Demokratie bedeutet, dass solche Abstimmungen die Regel sind und dass die Entscheidungen der Bürger über den Entscheidungen anderer Staatsorgane stehen, auch über denen des Parlaments und der Regierung.

So ist es seit Jahrhunderten in der Schweiz und die Schweiz ist dank ihrer Verfassung eins der erfolgreichsten und beliebtesten Länder der Welt. In der Schweiz haben wir eine Kombination von parlamentarischer und Direkter Demokratie. Dieses Modell ist historisch gewachsen und so nicht auf andere Länder übertragbar. Es hat seine Schwächen, ist aber besser als alles andere, was an Demokratie geboten wird. Die Realisierung der Direkten Demokratie, wie sie in der Schweiz praktiziert wird, entspricht jedoch nicht den Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts. Das ist leicht erklärbar, die zentralen Bestimmungen der eidgenössischen Verfassung sind beinahe 170 Jahre alt.

Jetzt, nach der digitalen Revolution, gibt es die Chance einer Direkten Digitalen Demokratie, kurz DDD, in der permanent Sachentscheidungen von den Bürgern getroffen werden und Delegierte nur erforderlich sind, um die Entscheidungen vorzubereiten und auszubalancieren. Dazu bietet die digitale Technik ausreichende Möglichkeiten entweder in Form besonderer Terminals, ähnlich den Wahllokalen, oder über das Internet mit gesicherten persönlichen Eingaben wie beim Onlinebanking. Ideal wäre ein öffentliches Netz unter Kontrolle des Staates, der dann von den Bürgern kontrolliert wird.

Zur Direkten Demokratie gehört aber, was häufig nicht beachtet wird und auch in der Schweiz noch nicht vorhanden ist, die Möglichkeit einer breit gefächerten öffentlichen Kommunikation gleichberechtigter Teilnehmer.

Das Internet, von Natur aus interaktiv, bietet dazu die Möglichkeit.

Wer behauptet, dass das Land, in dem er lebt, dazu nicht qualifiziert sei, hält sich selbst für unqualifiziert und sei aufgefordert, wie alle anderen, dieses Buch aufmerksam zu lesen, um sich für Direkte Digitale Demokratie als Gegner, Befürworter oder Teilnehmer fit zu machen.

Köln, im März 2017, Rob Kenius – http://kritlit.de

1Regieren und falsch informieren

1.1 Parlamentarische Demokratie

Es scheint, dass unser System der Parlamentarischen Demokratie, wie sie in den westlichen Ländern, einschließlich Japan, Australien und Neuseeland praktiziert wird, schon seit etlichen Jahren, vielleicht Jahrzehnten, nicht mehr dem vollen Sinn der Demokratie entspricht. Diese Form der Demokratie ist auf dem globalen Markt der Politik inzwischen ein Ladenhüter geworden. In einigen Ländern wird sie wieder eingeschränkt oder abgeschafft. Und dafür gibt es ganz konkrete, nicht nur religiöse, egoistische, psychologische, nationale, sondern auch eindeutige technische Gründe.

Die Parlamentarische Demokratie, auch repräsentative Demokratie genannt, entstand nach der Französischen Revolution und der Amerikanischen Unabhängigkeitserklärung. Sie wurde in den USA als Präsidialsystem verwirklicht. Eine dritte Entwicklung, kombiniert mit konstitutioneller Monarchie, hat sich in England vollzogen. Dort war der Prozess langsamer, begann früher, entwickelte sich kontinuierlich und führte zu einem ähnlichen Ergebnis: Parlamentarischer Demokratie.

Die Grundidee dabei ist die, dass nicht ein König oder Diktator, keine Clique von Oligarchen, auch keine heimlichen Verschwörer, erst recht kein Gouverneur, kein fremder Machthaber, sondern das Volk des Landes über ein Land herrschen soll. Das ist das erste Merkmal der Demokratie.

Seit der Neuzeit soll die Demokratie durch ein gewähltes Parlament realisiert werden. Dies ist nicht die einzige Möglichkeit, sie stammt aus der Zeit Ende des 18. Jahrhunderts. Das Modell ist also deutlich älter als 200 Jahre.

Wie sieht diese Parlamentarische Demokratie als eine Konstruktion des 18. Jahrhunderts aus?

1.2 Das Modell von 1790

Vom Volk werden in lokalen Wahlkreisen Abgeordnete gewählt, die für drei, vier oder fünf Jahre, je nach Land verschieden, in die Hauptstadt reisen und dort ein Parlament bilden, welches im Namen des Volkes die Entscheidungen fällt. Es scheint, dass vor zweihundert Jahren diese Konstruktion in räumlich großen Ländern wie USA und Frankreich die beste Möglichkeit war, Demokratie zu verwirklichen.

Die Bürger wählen ihre Abgeordneten durch Ankreuzen auf einem Wahlzettel, den sie durch einen Schlitz in eine Kiste, genannt Wahlurne, werfen. Dadurch werden die abgegebenen Stimmen anonymisiert. Dann werden die Stimmen ausgezählt und der Abgeordnete, der die meisten Stimmen erhält, ist gewählt (relative Mehrheitswahl).

Es besteht ferner die Möglichkeit zur Listenwahl, bei der die starre Liste einer Partei angekreuzt wird und die Abgeordneten in einer von der Partei vorgegebenen Reihenfolge, gemäß der Zahl der erreichten Stimmen, ins Parlament rücken.

In der Anfangszeit der parlamentarischen Demokratie begaben sich die gewählten Parlamentarier dann mit der Postkutsche oder einem eigenen Pferd, kurze Zeit später auch schon mit der Eisenbahn, in die Hauptstadt, bildeten ein Parlament und vertraten nach bestem Wissen und Gewissen die Meinungen und die Interessen ihrer Wählerschaft. Das war in erster Linie die Wahl der Regierung und deren Kontrolle und das Beschließen von Gesetzen die dann für alle Bürger gelten.

Die Kommunikation zwischen Abgeordneten und Wählern war während der Wahlperiode eingeschränkt. Daher war das Vertrauen so wichtig, das die Bürger in ihre Vertreter setzen mussten. Es gab keinen Rundfunk und kein Fernsehen, auch keine schnellen Reisemöglichkeiten mit Auto oder Flugzeug. Der Telegraf wurde gerade erst erfunden und die erste Eisenbahn fuhr 1804 in England. Man kann sagen, dass Abgeordnete und Wähler in den Anfängen der Parlamentarischen Demokratie weit voneinander getrennt waren, nicht aus Prinzip, sondern aus räumlichen und technischen Gründen.

Diese informelle Situation ist kennzeichnend, um das Prinzip der parlamentarischen Demokratie zu verstehen. Das Parlament sollte das Volk repräsentieren, das fast unerreichbar fern im Lande lebte.

Für die Parlamentarier gab es höchstens die Möglichkeit, einen Brief mit Informationen nach Hause zu schicken, der dann mehrere Tage, wenn nicht Wochen, unterwegs war. In größeren Städten existierte vielleicht eine gedruckte Zeitung, welche über Vorgänge in der Hauptstadt zeitverzögert berichten konnte. Selbst Regierungen hatten kaum die Möglichkeit, ihr Volk aktuell zu informieren und von der Richtigkeit ihrer Arbeit zu überzeugen. Auch hier war Vertrauen angesagt und Kontrolle nicht durchführbar.

Die Regierenden handelten in dem Bewusstsein, dass das Volk hinter ihnen steht. Das alles war deshalb so, weil es keine besseren Möglichkeiten gab; moderne Kommunikationstechnik und schnelle Verkehrsmittel existierten 1790 noch nicht.

1.3 Massendemokratie

Inzwischen aber ist die Situation eine völlig andere.

Es beginnt vor ungefähr hundert Jahren damit, dass Radiosender Nachrichten ohne Zeitverzögerung verbreiten. Die Stimmen der Regierenden dringen bald bis ins hinterste Dorf. Mikrofone und Lautsprecher machten es möglich, dass Politiker vor großen Versammlungen von Tausenden Menschen reden. In Wochenschaufilmen wurden zusätzlich die wichtigsten Ereignisse über Land verbreitet und jeder, der in so einer Woche ins Kino ging, wurde von diesen Filmbeiträgen erreicht.

Schon die frühe Phase des Rundfunks hat gezeigt, dass die neue Technik auf Seiten der Regierenden nicht automatisch zum Guten führte. Im Gegenteil, gerade in dieser Phase der ersten Massenmedien und Kommunikationstechnik mit größerer Reichweite haben sich die europäischen Diktaturen entwickelt.

Dieser Prozess, wie aus einer Demokratie eine Diktatur wird, scheint sich jetzt in der Türkei, hundert Jahre später, noch einmal zu wiederholen. Erst Reden im demagogischen Stil vor riesigen Versammlungen, dann Beeinflussung der Wahlen durch die staatlichen Medien, dann Ausschalten der Opposition, Kontrolle der Justiz, Verhaftung von Oppositionellen.

Revolutionäre und Putschisten, aber auch legal an die Macht gekommene Kanzler, Präsidenten und Parteiführer bemächtigen sich gerne des Films, des Rundfunks und der Zeitungen und können die Demokratie durch Propaganda, Lügen und Demagogie aushebeln. Die mediale Situation, in der die Masse stumm bleibt und die Machthaber täglich über die Medien zu ihnen sprechen, ist eine der Ursachen für die Fehlentwicklung zum Totalitarismus, bis hin zum Mörderstaat des Dritten Reiches.

Das Volk kannte vor hundert Jahren, als der Rundfunk zu senden begann, noch nicht den Unterschied zwischen dem persönlichen Wort einer vertrauenswürdigen Person und einer Rede im Radio, die ein Volksverhetzer vor Millionen von Bürgern hält. Man glaubte der Stimme aus dem Lautsprecher, so wie man einem Menschen zu glauben bereit ist, der vor einem steht und eine klare und selbstbewusste Aussage macht.

Doch die Situation im Massenmedium ist grundverschieden im Vergleich zum persönlichen Gespräch. Einer Person, die vor mir steht und mich anspricht, kann ich in die Augen sehen, ich spüre einen direkten Kontakt und habe dabei ein Empfinden für ihre Glaubwürdigkeit. Ich kann Gegenfragen stellen, nachhaken, anzweifeln, Beweise verlangen und vor allen Dingen, ich kann einem, der auf gleicher Höhe vor mir steht, widersprechen:

Das stimmt nicht,

das glaube ich nicht,

ich weiß, dass es ganz anders ist.

All das ist bei einer Rede im Sportpalast oder im Radio vor Tausenden oder Millionen von Zuhörern unmöglich.

1.4 Medien und Diktatur

Genau diese, bis dahin unbekannte Situation von Millionen Bürgern gegenüber einem Massenmedium wurde von totalitären Herrschern ausgenutzt, allen voran Adolf Hitler mit seinem Propagandaminister Joseph Goebbels. In der Sowjetunion war es Stalin, der die Massenmedien über mehrere Jahrzehnte zur Bevormundung vieler Länder und Völker einsetzte.

Zu den Möglichkeiten von Rundfunk und Film kamen noch riesige Plakatwände hinzu, die an allen Straßen sichtbar die Parolen der Zentrale verkündeten. Auch dies war eine technische Neuerung. Solche Druckverfahren und den schnellen Transport von Plakaten und Flugschriften über weite Distanzen gab es noch nicht, als die Parlamentarische Demokratie in Frankreich, USA und England geschaffen wurde.

Gegen Ende des Sowjetreichs wurde Stalin für den Totalitarismus allein verantwortlich gemacht, aber Stalin war nicht der erste; die Entwicklung geht schon auf den Staatsgründer Lenin zurück. Er hat die erhoffte Demokratie nach der Oktober-Revolution nie eingeführt; sie existierte nur in der Propaganda-Maschine, die Lenin schon früh in Gang setzte, zuerst mittels des Mediums Film.

Panzerkreuzer Potemkin von Sergei Eisenstein ist einer der berühmtesten Filme der Filmgeschichte, aber es ist auch eindeutig ein Propagandafilm, der Mythen und Ideologie verbreitet. Es gab keine Grenze zwischen Kunst und Propaganda. Auch im Dritten Reich existierte so eine Grenze zwischen Kunst und Nazi-Propaganda nicht. Leni Riefenstahl, Gustav Gründgens und Heinrich George sind Namen von Künstlern, die auf beiden Seiten agierten.

Ohne Propaganda und Falschinformationen in den Massenmedien wäre die Mobilisierung der Völker für den größten Krieg aller Zeiten kaum möglich gewesen. Die deutschen Rundfunkanstalten haben dazu ihren nicht unwesentlichen Beitrag geleistet.

Die innere Struktur der Rundfunk- und Fernsehanstalten ist aber immer noch recht hierarchisch und kann relativ leicht wieder für Propaganda von oben nach unten ausgenutzt werden. In jüngster Zeit wurde das bei ARD und ZDF sehr deutlich. Der langjährige Kulturjournalist beim ZDF Wolfgang Herles äußerte sich so:

In besonderen Zeiten aber wird das ZDF zum Gesinnungssender. Sagen wir es netter: Die Tendenz bricht durch. […] Zweifel und Einwände an der Willkommens-Euphorie wurden und werden moralisch abqualifiziert. Auf dem Sender und hinter den Kulissen des Senders auch. Lange gab es nirgends Berichte zu sehen über Gewalt gegen Christen und Übergriffe gegen Frauen in Flüchtlingslagern. Das Positive sehen, das Negative übersehen! Ausgesprochen und unausgesprochen war es die Direktive. Es bedurfte gar keiner direkten Zensur von oben. Obwohl die Missstände längst evident waren.

Wolfgang Herles auf: http://www.tichyseinblick.de/dailiessentials/meinungsfreiheit-anordnung-zur-anpassung/

(2.2.2016)

1.5 Wer hat Meinungsfreiheit?

Die Organisation der Medien wurde genau wie der Mechanismus der parlamentarischen Demokratie nach dem zweiten Weltkrieg nicht völlig neu erfunden. Sie blieben weiterhin hierarchisch organisiert. Nur die direkte Unterstellung des Rundfunks unter ein Ministerium des Staates wurde von den Besatzungsmächten aufgehoben.

Man war wachsam gegenüber Faschisten und Ideologien, besonders gegenüber der des Kommunismus. Der Antikommunismus wurde in der Adenauerzeit zum Katalysator zwischen ehemaligen Nazis und Christdemokraten.

Vor etwa 60 Jahren geht die Medienmaschine durch die Entwicklung des Fernsehens mit neuer Wucht an den Start. Die Wochenschau wird zur Tagesschau, jeden Abend in alle Haushalte. Regierungspolitiker erscheinen täglich auf dem Bildschirm und sagen, was sie für richtig halten. Besonders intensiv nutzte dies in der Frühzeit des Fernsehens Charles de Gaulle in Frankreich. Man sprach damals von de Gaulles Telekratie.

Seit dem zweiten Weltkrieg haben wir freie Rundfunk- und Fernsehanstalten und eine freie Presse. Um zu beurteilen, was das bedeutet, muss man den Begriff Freiheit genauer untersuchen. Freiheit bedeutet noch lange nicht überall in jedem Zusammenhang das Gleiche.

Freiheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bedeutet nicht frei von Einfluss der Regierenden. Es bedeutet nur, dass die Regierung keine direkte Befehlsgewalt über die Anstalten hat.

Die öffentlich-rechtlichen Medien unterscheiden sich inhaltlich von staatlichen Medien kaum; es ist eher ein juristischer Unterschied wie der Name schon andeutet. Doch gegenüber den Medien in totalitären Staaten gibt es einen klaren Unterschied; sie sind nicht direkt der Regierung unterstellt, sondern nur indirekt.

Sie unterstehen der Kontrolle des Rundfunkrats und die mächtigste Gruppierung im Rundfunkrat sind die Parteien. In den ersten Jahren der Bundesrepublik waren das CDU, SPD und FDP. Das bedeutet, auch die jeweilige Opposition hatte einen starken Einfluss auf die staatlichen Medien.

So kam es, dass die Anstalten den ersten Parteienwechsel in der Regierung der Bundesrepublik von CDU zur SPD nicht nur zugelassen, sondern, salopp gesagt, ein wenig unterstützt haben. Viele Journalisten haben sich damals mehr oder weniger offen für den Wechsel in der Regierung und für die Kanzlerschaft von Willy Brandt engagiert.

Einen wesentlichen Beitrag zum Richtungswechsel leistete auch die 68er Studentenbewegung. Die intelligente studentische Jugend dachte nicht mehr totalitär, sie glaubten nicht wie ihre Eltern, dass man am besten diejenigen wählt, die sowieso an der Macht sind. Die 68er Generation wollte Bewegung in die Politik bringen. Sie überzeugten sich und andere davon, einmal SPD zu wählen; progressive Liberale waren der gleichen Meinung und so kam der erste Regierungswechsel zustande.

So ein Regierungswechsel ist nicht selbstverständlich für eine junge Demokratie. Viele Länder schaffen es nicht. Besonders krass ist das in Afrika. Das Land Zimbabwe zum Beispiel wird seit seiner Unabhängigkeit im Jahre 1980 bis heute (2017) von seinem ersten Präsidenten Mugabe regiert. Man hat den Afrikanern das System der Parlamentarischen Demokratie übergestülpt, aber es funktioniert nicht.

Auch im Freistaat Bayern ist ein Wechsel der Regierungspartei seit 60 Jahren nicht mehr vollzogen worden