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Jorge Zepeda Patterson

Die Korrupten

Roman

Aus dem mexikanischen Spanisch von Nadine Mutz

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Für Clara, Sergio und Camila

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Anmerkungen des Autors

1

Dienstag, 19. November, 17.00 Uhr

Pamela

In einem ersten Reflex wollte sie sich den Rock richten, der ihr bis zur Hüfte hochgerutscht war. Da spürte sie die Stricke um ihre Handgelenke. Der dumpfe Schmerz im Unterkiefer erinnerte sie daran, wo sie war. Der Dicke, der sie ruhiggestellt und geknebelt hatte, war noch da und legte sich gerade auf der Kommode seine Werkzeuge zurecht. Pamela erkannte eine schwere Decke, einen stumpfen Hammer und eine Art kurzen Baseballschläger aus Metall. Sie wandte den Blick ab.

Sie schlug die Beine übereinander, soweit die Fesseln es ihr erlaubten, um den Blick auf ihre berühmten Oberschenkel freizugeben. Trotz ihrer dreiundvierzig Jahre war sie immer noch eine der begehrtesten Frauen des Landes. Kritiker behaupteten, den Erfolg im nationalen Filmbusiness habe sie allein ihren Beinen zu verdanken. Hoffentlich helfen sie mir auch hier aus der Klemme, dachte sie. Sie setzte auf eine Verführung in letzter Not. Mehr konnte sie mit dem Knebel im Mund auch nicht tun.

Der Mann war völlig in seine Aufgabe vertieft, als wäre sie überhaupt nicht da. Akribisch und mit stoischer Gelassenheit spazierte er zwischen dem Koffer und der Kommode hin und her wie ein Ladenbesitzer, der seine Auslagen für den bevorstehenden Tag vorbereitete. Pamela begriff, dass ihre aufreizende Pose den Mann völlig kaltließ. Er hatte nicht das geringste Interesse, sie zu vögeln. Was eine gute Nachricht hätte sein können, verwandelte sich schnell in eine furchtbare Erkenntnis. Ihr Bauch verkrampfte sich, und Panik stieg in ihr auf. Sie fragte sich, ob man den Kerl geschickt hatte, um Informationen aus ihr herauszupressen. Verzweifelt ging sie in Gedanken alles durch, was womöglich von Interesse sein könnte, all die kleinen Staatsgeheimnisse, von denen sie im Laufe ihres bewegten Lebens erfahren hatte. Ihrem Peiniger, wer auch immer er war, mochte vielleicht ihr Körper gleichgültig sein, doch ihre Geheimnisse, sagte sich Pamela, hatten zweifellos einen gewissen Marktwert. Sie legte sich die Informationen zurecht, die sie anzubieten hatte: das Flugzeug, die Videos, der Deal.

Doch als sich der Dicke schließlich zu ihr umdrehte, ließ sie alle Hoffnung fahren. Er hatte sich einen Lederschurz umgebunden und hielt in der Hand den Hammer. Sein Blick war völlig ungerührt. Er machte auch keine Anstalten, ihr den Knebel aus dem Mund zu nehmen, um sie auszufragen. Er sah sie einfach nur an, als überlegte er, wie die bevorstehende Aufgabe am besten zu bewerkstelligen sei.

Pamela stellte die Beine gerade hin und zupfte sich, so gut sie konnte, den Rock zurecht. Dann schloss sie die Augen.

2

Montag, 25. November, 10.30 Uhr

Tomás

Britney Spears sah lüstern zu Tomás herauf, das Kinn auf ein Schambein gestützt. Und das Geilste daran war, dass es sein Schambein war, dachte Tomás. Sie lagen zwischen zerwühlten Laken in seinem Bett, über dessen Kopfende die getragenen Hemden der letzten Woche hingen. Ein Teller mit Edamame-Schalen auf dem Schreibtisch verbreitete einen unangenehmen Geruch. Nichts davon schien Britney zu stören, zumindest ließ der Ausdruck von Verzückung auf ihrem Gesicht das vermuten. Er richtete den Blick zur Decke, als sie den Kopf wieder senkte und sich zwischen seinen Beinen zu schaffen machte. Tomás ließ sich von der Lust mitreißen, während er über die begnadete Kehle der Sängerin sinnierte. Die Wonne verwandelte sich in Bestürzung, als Britney anfing, sonderbare Laute auszustoßen, als würde sie jeden Moment krepieren.

Schweißgebadet schrak er auf, den erigierten Penis in der Hand. Jemand klingelte hartnäckig an seiner Wohnungstür. Er warf sich den Morgenmantel über und schlurfte den kleinen Flur entlang zum Eingang. Kurz darauf blickte er in Marios hochrotes, verschwitztes Gesicht.

»Was ist denn? Du hast mich aus dem Schlaf gerissen, ich war gerade kurz davor, Britney Spears zu vögeln«, beschwerte sich Tomás und ließ Mario herein, verwirrt und sauer über den vereitelten Fick.

»Mit oder ohne Kondom?«

»Wer vögelt im Traum schon mit Kondom?«

»Na, dann hättest du dir ohne mich vielleicht noch einen Tripper eingefangen«, erwiderte Mario.

Tomás, der am liebsten gleich wieder zu Britney ins Bett gekrochen wäre, tröstete sich mit dem Gedanken, dass man sich im Traum auch nicht anstecken konnte. Aber in einem Punkt musste er Mario recht geben: Meine niederen Instinkte könnten durchaus einen besseren Geschmack haben.

»Ich versuche seit Stunden, dich anzurufen. Hast du noch überhaupt nichts mitgekriegt?«, fragte Mario mit gequälter Miene und ließ den Blick auf der Suche nach dem Handy seines Freundes durchs Zimmer schweifen.

»Was ist denn los, Mann? Brennt’s irgendwo?«

Das Problem mit Mario ist, dachte Tomás, dass er es mit seiner Sorge um andere immer übertreibt, vor allem, wenn es um mich geht. Man merkt, dass er nicht besonders viele Freunde hat.

»Kann ich noch nicht sagen, aber wie’s aussieht, kann’s ein Flächenbrand werden.«

»Jetzt sag endlich, was los ist, da kriegt man ja Angst.« Im Grunde glaubte Tomás nicht, dass Mario in der Lage war, jemandem Angst zu machen, aber er konnte einen in den Wahnsinn treiben.

»In den Nachrichten gibt es heute Morgen kein anderes Thema als deine Kolumne. Der Staatsanwalt hat sie als heiße Luft abgetan, aber jemand von der PRD hat in der Sendung von Carmen Aristegui bestätigt, dass sie gegen den Innenminister ein Verfahren einleiten wollen.«

Tomás war noch zu verschlafen, um sich zu erinnern, was er am Tag zuvor geschrieben hatte. Doch die Erwähnung des Staatsanwalts und des einflussreichen Innenministers ließen bei ihm die Alarmglocken schrillen und vertrieben den letzten Hauch seiner Nacht mit Britney. Allmählich erinnerte er sich an die eine oder andere Zeile der eilig getippten Kolumne, die er am Vorabend an die Zeitung geschickt hatte.

»Und Los Pinos? Haben die in der Residenz des Präsidenten schon was von sich hören lassen? Wie spät ist es?«, fragte Tomás und blickte zum Fenster.

Der schmale Streifen Sonnenlicht, der durch den Spalt zwischen den Vorhängen drang, machte lediglich den im Zimmer schwebenden Staub sichtbar und gab kaum Hinweise darauf, wie weit fortgeschritten der Tag schon war, an dem es, glaubte man Mario, einen Flächenbrand geben würde. Tomás versuchte, sich an die Einzelheiten seiner Kolumne zu erinnern, aber der Kater machte es ihm schwer. Er war stolz auf seine gesunde Einstellung, sich über einen Text, unter den er einmal einen Schlusspunkt gesetzt hatte, keine weiteren Gedanken mehr zu machen. Es war schon lange her, dass er sich über die Wirkung seiner Kolumne den Kopf zerbrochen hatte. Doch nach dem, was Mario berichtete, würde sein gestriger Artikel nicht so schnell im Reich des Vergessens versinken wie die anderen.

Während Tomás in der Hoffnung auf Antworten in seinem Gedächtnis kramte und den Computer hochfuhr, zog Mario die Vorhänge auf und durchsuchte die Küchenschränke nach Kaffee.

Der erste Blick auf den Bildschirm bestätigte seine schlimmsten Befürchtungen. Normalerweise schrieb er über Politik, nicht über Polizeimeldungen, aber diesmal hatte er spontan ein paar exklusive Informationen verwertet, nebensächliche Details über den Fund von Pamela Dosantos’ Leiche vor fünf Tagen. Er hatte ansonsten lediglich zusammengefasst, was über den Fall bekannt war, und ein paar vage Bemerkungen hinzugefügt, um auf die neunhundert Wörter zu kommen, die der Meinungsredakteur verlangte. Wie so viele seiner letzten Artikel hatte er auch diesen einfach runtergetippt, beflügelt von der Aussicht, anschließend seine Freunde im La Nueva Flor del Son zum Salsatanzen zu treffen.

Mario riss ihn aus seinen abschweifenden Gedanken. »Jetzt geh schon Duschen und zieh dir eine Krawatte an, die Journalisten werden dir heute die Bude einrennen.«

Die Bemerkung lenkte Tomás’ Gedanken auf ein anderes, wenngleich im Moment nebensächliches Problem: den erbärmlichen Zustand seiner insgesamt vier Krawatten, die er so gut wie nie trug.

»Woher hast du eigentlich die Informationen?«, wollte Mario wissen.

»Welche Informationen? Was soll die ganze Aufregung überhaupt? Ich habe doch nur den Fall Dosantos zusammengefasst, von dem sowieso die halbe Welt redet«, verteidigte sich Tomás und begann laut vom Bildschirm abzulesen:

Medienberichten zufolge betraten Alfonso Estrada, von Beruf Maurer, und Ricarda Pereda, Hausfrau, für ein romantisches Tête-à-tête das verlassene Brachgelände in der Calle Filadelfia in der Colonia Del Valle. Eine große Teppichrolle im Gestrüpp, vom Bürgersteig aus nicht sichtbar, schien ihnen für ihr Vorhaben gerade recht: »Ein kuscheliger Plausch«, wenn es nach Ricarda ging – »eine schnelle Nummer«, hätte man Alfonso gefragt. Wie auch immer die Entscheidung ausgefallen wäre, das Stelldichein war beendet, als sie den Fuß entdeckten, der an einem Ende aus dem aufgerollten Teppich ragte.

»Im restlichen Text beschreibe ich nur den beruflichen Werdegang der Dosantos, ihre ruhmreiche Karriere, ihren gefeierten Auftritt in der Telenovela La Reina del Sur und als Geliebte großer Potentaten und einflussreicher Männer. Außerdem weise ich noch darauf hin, dass sie kürzlich ein Restaurant in Polanco eröffnet hat, mit großem Erfolg, und lege nahe, dass man vielleicht unter den Unternehmern und Politikern ermitteln sollte, die dort regelmäßig verkehren. Aber Namen habe ich keine genannt, keinen einzigen«, beendete Tomás erschöpft sein langes Plädoyer.

»Das war auch gar nicht nötig«, erwiderte Mario. »Es weiß auch so jeder, von wem die Rede ist.«

Und da fiel bei Tomás endlich der Groschen. In dem Artikel behauptete er, die Polizeikräfte gingen davon aus, dass man die Leiche auf dem Brachgelände deponiert habe, zumal das Fehlen von Blut darauf hindeute, dass die Dosantos an einem anderen Ort verstümmelt und ermordet worden sei. Zu allem Überfluss hatte er dann noch geschrieben, dass die Aufmerksamkeit der Behörden einer alten Villa mit der Hausnummer 18 in ebenjener Calle Filadelfia gelten sollte, vierzig Meter vom Fundort des Opfers entfernt.

Tomás musste einräumen, dass ein seriöser Journalist das Gebäude zuerst überprüft hätte, bevor er es in einem Zeitungsartikel erwähnte; er selbst hätte genau das vor ein paar Jahren noch getan. Aber er war schon seit einiger Zeit ziemlich frustriert wegen seiner Kolumne, die niemand zu lesen schien – außer Mario und vielleicht einem Dutzend Bekannter, und die auch nicht immer mit dem größten Wohlwollen.

Er verspürte wieder das unangenehme Stechen, das ihn schon am Vortag heimgesucht hatte, als er die Hausnummer erwähnt hatte, ohne den Bewohner des Hauses zu kennen. Noch hatte er genügend Skrupel, dass die Alarmglocken läuteten, wenn er gegen journalistische Grundregeln verstieß, doch manchmal überwog sein Zynismus. Jedenfalls führten die Gewissensbisse nicht mehr zwingend zur Selbstzensur. Tomás erinnerte sich jetzt, dass es in demselben Artikel noch eine weitere Stelle gab, die ihm Bauchschmerzen bereitet hatte. Er hatte geschrieben: »… so würde es am Ende doch niemanden überraschen, wenn wir nach erfolgreichem Abschluss der Ermittlungen feststellten, dass das Leben wieder einmal die Kunst nachahmt.« Ihn hatte nicht nur das alberne Klischee gewurmt, sondern auch die Andeutung, Dosantos’ Filme hätten etwas mit Kunst zu tun. Dennoch hatte er den Satz stehen lassen und den Text abgeschickt.

»Wem gehört denn das Haus?«, fragte Tomás inzwischen doch nervös.

»Du weißt es wirklich nicht?«, erwiderte Mario ungläubig und stellte die Geduld seines Freundes einmal mehr auf die Probe.

»Raus damit, wer wohnt da?«, bellte Tomás verärgert, weil Mario ihn so lange hinhielt.

»Wie zum Teufel konntest du eine Adresse veröffentlichen, ohne vorher zu überprüfen, wer da wohnt?«, gab Mario zurück und rächte sich für die jahrelange Demütigung, immer nur das fünfte Rad am Wagen zu sein.

Tomás war inzwischen so aufgebracht, dass er unwillkürlich Marios versehrtes Bein anstarrte, über das nie gesprochen wurde. Als er ihm wieder in die Augen sah, war dessen Blick wie gewohnt ausweichend.

Immerhin lieferte Mario ihm jetzt die gewünschte Information. »Wie es aussieht, befindet sich in dem Haus seit Kurzem das Ersatzbüro des Innenministers. Du hast also praktisch Salazar öffentlich an den Pranger gestellt.«

Das saß. Augusto Salazar war der meistgefürchtete Mann der neuen Regierung. Die PRI war nach zwölf Jahren in der Opposition unter einer schwachen, ineffizienten PAN-Regierung wieder in Los Pinos eingezogen. Der deutliche Sieg des neuen Präsidenten Alonso Prida war in den Augen vieler ein Zeichen dafür, dass das Land sich nach einer starken Führung sehnte. Die Opposition sowie zahlreiche Politikbeobachter waren der Auffassung, Salazar, als rechte Hand des Präsidenten, sei entschlossen, den Volkswillen als Vorwand zu missbrauchen, um ein autoritäres Regime aufzubauen und der PRI über mehrere Amtszeiten hinweg eine stabile Herrschaft zu garantieren.

Tomás klopfte Mario auf die Schulter und ließ sich auf einen Sessel sinken. Er brauchte jetzt einen Freund und keinen Sparringspartner. Er konnte sich zwar nicht denken, was Salazar mit dem Mord an Dosantos zu tun haben könnte, aber ihm war klar, dass er sich mit der Andeutung eines Zusammenhangs eine hübsche Grube gegraben hatte.

»Vielleicht sollte ich für eine Weile ins Ausland gehen, bis sich alles geklärt hat«, sagte Tomás wenig überzeugt. Mit den achthundert Dollar, die er zurückgelegt hatte, würde er nicht weit kommen.

»Jetzt warte erst mal ab«, erwiderte Mario. »Du bist im Moment der Einzige, der vermeintlich über den Tatort Bescheid weiß. Wenn du jetzt abhaust, könnte die Polizei annehmen, dass du selbst in die Sache verwickelt bist. Als Flüchtiger machst du dich verdächtig.«

»Mach keine Witze, ich hab mit der Sache nichts zu tun. Das Detail hab ich von einem Freund, und ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, es in meinen Artikel einzubauen, das ist alles«, verteidigte sich Tomás.

»Und wer ist dieser ominöse ›Freund‹?«, erkundigte sich Mario und malte Anführungsstriche in die Luft.

»Kennst du nicht«, antwortete der Journalist düster. Bei dem Gedanken an seinen Informanten wurde Tomás klar, dass es sich bei der Grube wohl eher um einen Abgrund handelte.

»Man hat dir eine Falle gestellt. Wir müssen uns mit Amelia und Jaime treffen.«

3

1984

Gefangen im Überschuss der Hormone scharwenzelten die drei Jugendlichen um Amelia herum. Seit der Grundschule war sie die Anführerin der Gruppe, die sich die Blauen nannte. Der Name rührte von der Farbe der französischen Notizbücher her, die ihnen Jaimes Vater von seinen Reisen mitbrachte.

Tomás und Jaime versuchten gelegentlich, Amelia die Führung streitig zu machen, doch deren Schlagfertigkeit war nach wie vor konkurrenzlos. Jaime hatte einen reichen Vater, eine Riesenvilla mit Swimmingpool im Garten und immer die neuesten Sachen aus dem Ausland auf seiner Seite, und Tomás punktete mit seiner Sanftmut und Warmherzigkeit. Mario hatte nichts vorzuweisen, aber er war ein treuer Freund und machte bei allen Schandtaten mit, die seinen Kameraden so einfielen. Amelia war diejenige, die sie alle als Gruppe zusammenhielt. Im Schutz ihrer schlagfertigen Antworten, mit denen sie ihnen so manchen Typen an der Schule vom Leib hielt, verbrachten sie ihre Kindheit. Mit ihrer Begabung, Lehrern und Schülern bleibende Spitznamen zu verpassen, verschaffte sie sich allgemeinen Respekt. Mit vierzehn kam ein weiteres schlagendes Argument hinzu: ihr Körper, der sich schneller entwickelte als der ihrer Freunde.

Damals redeten die vier über kaum etwas anderes als Liebe und Sex, und auch auf diesem Gebiet war Amelia den anderen um Längen voraus. Als Tochter einer feministischen Sexualwissenschaftlerin wuchs Amelia in einem Haushalt auf, in dem die Kinder so offen über ihren Penis beziehungsweise ihre Vagina redeten wie andere über eine Halsentzündung oder das rasante Wachstum der Fingernägel. Anfangs war sie überrascht über die verärgerten und manchmal sogar aggressiven Reaktionen ihrer Mitschüler, wenn sie über diese Dinge sprach. Doch als sie in die Pubertät kamen, wurde ihr zunehmend bewusst, welche Vorteile ihr die Ungezwungenheit und das Wissen auf einem Gebiet verschafften, das alle faszinierte. Sie hielt Vorträge und schüchterte ihre Kameraden ein, für die sie zu einer Art Orakel wurde, das ihnen offenbarte, was sie von den dunklen, unbekannten und unwiderstehlichen Gefilden ihres zukünftigen Sexuallebens zu erwarten hatten.

Aber die Rolle brachte sie mitunter auch in Schwierigkeiten. An einem Freitagmittag zwischen zwei Unterrichtsstunden sahen die vier Freunde ihren Klassenkameraden bei einem leidenschaftlich ausgetragenen Basketballspiel zu. Die Blauen verstanden sich selbst als kultivierte Intellektuelle. Ein paar Monate zuvor hatte sich Tomás mit seiner Auffassung durchgesetzt – vor allem gegen Jaime –, Sport zu treiben sei widernatürlich. Tomás selbst war durchaus athletisch, doch er entwickelte eine Vorliebe fürs Lesen und war zu dem Schluss gekommen, dass er mit seinen sachkundigen und provokativen Aussagen mehr punkten konnte als mit gelegentlichen Korbwürfen.

»Habt ihr jemals eine Kuh gesehen, die wie bekloppt herumrennt, nur damit sie ins Schwitzen kommt? Der Sport ist wider die Natur«, konfrontierte er die anderen mit einem Argument, das diese kaum widerlegen konnten.

»Aber es ist gesund, Sport zu treiben«, entgegnete Jaime, der von allen am sportlichsten war und jeden Nachmittag in einem Karateverein trainierte.

»Klar, aber nur so lange, bis du dir den Knöchel verstauchst oder dir jemand mit einem Kopfstoß die Nase bricht, dann wird es ungesund«, konterte Amelia, die zwar gut im Volleyball war, sich aber über den immer deutlicher hervortretenden körperlichen Nachteil gegenüber ihren männlichen Spielgefährten ärgerte.

»Für den Mann ist der Sport ein Weg, seine Fähigkeiten als Jäger und Krieger zu trainieren und bei Gefahr reagieren zu können«, verteidigte sich Jaime mit einem Satz, den er von seinem Karatelehrer gehört hatte.

»Schwachsinn«, hielt Amelia dagegen. »Die Zivilisation hat mit der Entwicklung des Gehirns zu tun, nicht mit der der Muskeln. Auf Bäume klettern zu können, ist kein zivilisatorischer Vorteil.« Und damit war die Diskussion beendet.

Das Basketballspiel zog die Aufmerksamkeit der Blauen auf sich, als Möhre – so hatte Amelia den Mitschüler einige Monate zuvor treffend getauft – dem Nazi, dem größten Angeber der Schule, einen Schubs verpasste. Sie wussten, dass das Konsequenzen haben würde. Möhre blickte ungeduldig zur Uhr, die auf einer Seite des Sportplatzes hing, und es war nicht zu übersehen, dass er das erlösende Läuten der Schulglocke herbeisehnte. Die Retourkutsche des Nazis ließ nicht lange auf sich warten: Bei der nächstbesten Gelegenheit stürzte er sich auf sein Opfer und verpasste ihm einen Ellbogenstoß gegen den Kopf. Möhre ging wie ein Mehlsack zu Boden, sein Schädel machte beim Aufprall auf den Bodenplatten ein merkwürdiges Geräusch.

»Idiot«, sagte Amelia.

»Mann, Möhre!«, rief Mario entsetzt, unterdrückte aber den Impuls, hinzurennen, als er sah, dass seine Freunde sich nicht rührten.

»Man müsste ihm das Handwerk legen«, sagte Tomás leise und wünschte sich, er hätte die Muskeln und den Mumm, um sich mit dem Nazi anlegen zu können. Wie in den meisten Fällen war seine Einstellung edler als seine Taten.

»Keine Sorge, in dem Muskelpaket steckt nur ein armer kleiner Wicht. Er wird sich sein eigenes Grab schaufeln«, warf Amelia verächtlich ein.

Jaime war sich da nicht so sicher. In mehr als einer Situation hatte er den Nazi um seine breiten Schultern und die Autorität beneidet, die ihm sein Körperbau bei den Mitschülern verschaffte. »Na ja, unter der Dusche ist er alles andere als ein Wicht. Und auf der Toilette weiß man nicht, ob er pinkelt oder eine Kobra in die Tränke hält«, entgegnete er.

Die drei Jungs feierten den Kommentar unter dem kritischen Blick Amelias.

»Der Witz ist alt und grottenschlecht. Immer diese Märchen. Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen, die besagen, je größer der Penis, umso wahrscheinlicher ist es, dass der Kerl schwul ist«, setzte sie noch einen drauf.

Die drei protestierten und waren sich einig, dass sie sich das ausgedacht hatte. Mario jedoch überlegte insgeheim, dass er sich, wenn das stimmte, wenigstens keine Gedanken mehr über seinen winzigen Penis machen musste.

»Im Ernst, das hab ich in einem Buch von meiner Mutter gelesen«, behauptete Amelia im Brustton der Überzeugung. In Wahrheit erinnerte sie sich nicht mehr genau, ob, und wenn ja, wo sie es gelesen hatte, aber da musste sie jetzt durch. Zurückrudern kam für sie nicht infrage.

Ihre Freunde wollten jedenfalls nichts davon wissen und verlangten Beweise. Sie versicherte ihnen, Beweise seien überhaupt kein Problem, sie würde sie am nächsten Tag zu Jaime mitbringen, wo sie sich wie jeden Samstag zum Schwimmen und gemeinsamen Mittagessen verabredet hatten.

Es würde das letzte Treffen sein, bevor sie sich die ganzen Sommerferien über nicht sahen. Amelia würde die nächsten Wochen im Haus der Familie in Malinalco verbringen, keine zwei Stunden von Mexiko-Stadt entfernt. Jaime würde mit seiner Mutter und seinen zwei Brüdern nach Miami reisen und Tomás die Ferien mit seinen Cousins und Cousinen in Puerto Vallarta verbringen. Mario, dessen Eltern weniger wohlhabend waren, würde in der Stadt bleiben, obwohl er den Blauen erzählt hatte, dass ihn ein Onkel auf eine Rinderzuchtfarm in Tamaulipas mitnehmen wollte.

Amelia hoffte auf einen raschen Themenwechsel, aber die Schulglocke, die sie zurück ins Klassenzimmer rief, machte ihr einen Strich durch die Rechnung.

Jaime machte jede Ausflucht unmöglich. »Morgen zeigst du uns die Stelle, okay?«

»Klar. Aber ihr werdet es bereuen«, behauptete Amelia mit ungetrübtem Selbstvertrauen.

Die anderen drei lachten nervös, machten aber deutlich, dass sie sie nicht davonkommen lassen würden.

Am Abend studierte Amelia aufmerksam die Abbildungen in den Anatomie- und Aufklärungsbüchern im Arbeitszimmer ihrer Mutter, fand aber nichts, was ihre Theorie gestützt hätte. Jetzt hatte sie ein echtes Problem: Sie wollte nicht als Lügnerin dastehen, schon gar nicht am letzten Tag vor den Ferien. Dann hätte sie nicht einmal die Möglichkeit, das Ganze zeitnah auszubügeln. Ihre Autorität würde einen Knacks bekommen – und das ausgerechnet beim Thema Nummer eins.

Sie suchte nach einem Ausweg. Ihr fiel ein, dass auch ihr Vater eine Reihe von Büchern über Sexualität besaß. Vor einiger Zeit hatte sie mal darin geblättert, aber es gab keine Abbildungen und die Texte waren voll von Freud’schem Kauderwelsch. Damals hatte sie das Versteck der Bücher interessanter gefunden als ihren Inhalt. Im Gegensatz zu ihrer Mutter, die völlig ungezwungen über alles sprach, was den Körper betraf, wirkte die Gelassenheit ihres Vaters bei solchen Gesprächen eher aufgesetzt. Amelia hatte schon als kleines Mädchen durchschaut, dass er sich hinter seiner psychoanalytischen Fachsimpelei nur verschanzte, um das Thema möglichst abzukürzen.

Sie öffnete die dritte Schublade des Schreibtischs, der kaum benutzt wurde, weil ihr Vater die moderne Ausstattung seines Büros in Santa Fe bevorzugte, dem »mexikanischen San Diego«. Wie beim letzten Mal nahm sie die schweren Aktenmappen heraus, die die drei Bücher mit festem Einband verbargen. Eins war in englischer Sprache, und Amelias Hoffnungen, darin etwas Brauchbares zu finden, hielten sich in Grenzen. Während sie die Bücher aus dem hinteren Teil der Schublade fischte, fiel ihr auf, dass deren Boden mit einem kaffeebraunen Fotokarton ausgelegt war. Darunter fand sie in einem improvisierten Versteck zwei Zeitschriften. Erst verwundert, dann fasziniert, sah sie sich die Hefte genauer an und stellte fest, dass es sich um pornografische Zeitschriften mit ausschließlich männlichen Protagonisten handelte.

Zwar sagte sie sich, dass der Fund auch mit einem homosexuellen Klienten zu haben könnte, aber sie wusste, dass ihr Vater keine Patientenakten oder sonstiges Material aus den Therapiesitzungen mit nach Hause brachte. Allmählich dämmerte es ihr, und ihr kamen immer mehr Bilder in den Sinn, die sie vorher nicht bewusst wahrgenommen hatte: die grellbunten Hemden, die er trug, der übertrieben gespitzte Mund beim Trinken und der kühle Umgang zwischen ihm und ihrer Mutter.

Amelia sank auf dem Schreibtischstuhl zusammen. Nie hatte sie sich ihrem Vater näher gefühlt als in diesem Moment. Ihr rebellisches Wesen hatte über die Jahre allzu viele Reibungen mit einem Menschen verursacht, der von Ordnung und Ästhetik wie besessen zu sein schien. Er war nicht wirklich streng, ließ aber doch keine Gelegenheit aus, seine Tochter sanft, aber bestimmt für die Spuren zu tadeln, die sie in ihrem kindlichen Übermut auf der Tischdecke oder den Wohnzimmermöbeln hinterließ. Der Waffenstillstand bestand schließlich darin, dass sie einander friedlich aus dem Weg gingen.

Die Entdeckung warf Amelia dennoch ziemlich aus der Bahn. Sie ermahnte sich, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen; sie wollte die Sache erst bestätigt wissen, bevor sie sich mit den emotionalen Konsequenzen der Entdeckung auseinandersetzte, dass ihr Vater schwul war. Sie unterdrückte den Schauder, der sie überkam, als sie sich ihren Vater nackt vorstellte, und wandte sich schnell wieder den Zeitschriften zu. Doch ihr war die Lust vergangen, das Verhältnis von Penisgröße und Homosexualität zu untersuchen.

Am nächsten Tag opferte Tomás seine alte Jeans und funktionierte sie zu einer Badehose um. Angesichts von Jaimes stylischen kurzen Streifenshorts hatte er sich in seiner altmodischen Badehose zunehmend unwohl gefühlt. Er zog sich sein weites Dallas-Cowboys-T-Shirt an und beschloss, es nur zum Schwimmen auszuziehen. Sooft er auch in den Spiegel schaute, seine Brust- und Bauchmuskeln wollten sich einfach nicht entwickeln – im Gegensatz zu Jaimes.

Amelia hatte er sich schon immer enger verbunden gefühlt als den anderen Blauen. Bei ihr spürte er eine besondere Komplizenschaft, die sich nicht zuletzt auf ihrer beider Überzeugung gründete, die Intelligentesten der Klasse zu sein. Was nicht hieß, dass sie die besten Noten hatten – Tomás war zu faul und Amelia zu rebellisch –, aber sie brachten es ohne viel Mühe auf Achten und Neunen. Sie hatten eine deutlich schnellere Auffassungsgabe als ihre Mitschüler und stellten die klügsten Fragen – im Unterricht, aber auch sonst. Selbst innerhalb der Gruppe glaubte Tomás, dass seine Verbindung zu Amelia etwas Besonderes war. Angesichts Jaimes Übertreibungen, seiner mitunter heftigen Ausbrüche oder Marios Missgeschicken und Irrtümern wechselten sie verschwörerische Blicke und verstanden sich auch ohne Worte. Vielleicht gab es zwischen ihnen auch eine Art Seelenverwandtschaft, an der Mercedes ihren Anteil hatte. Amelias Mutter hatte nie einen Hehl daraus gemacht, dass ihr Tomás der liebste von Amelias Freunden war.

Doch in den letzten Wochen hatte er zunehmend Zweifel bekommen. Sowohl Jaime als auch Amelia hatten eine körperliche Wandlung durchlaufen wie sich häutende Schlangen, die plötzlich in noch schillernderen Farben erschienen. Ihr langer flacher Bauch bildete das perfekte Pendant zu seinem elastischen, muskulösen Rücken. Die ausgedehnten samstäglichen Sonnenbäder hatten auf ihren Körpern einen verführerischen Bronzeschimmer hinterlassen, während Mario und Tomás nur puterrot wurden. Die Hormone wirkten sich bei ihnen ganz unterschiedlich aus: Während seine beiden Freunde von einer sinnlichen Aura umgeben zu sein schienen, die ihren Bewegungen eine natürliche Eleganz verlieh, hatte er mit einer hartnäckigen Akne und einem noch immer kindlichen Körper zu kämpfen.

Als Tomás bei seinem Freund in der exklusiven Wohnsiedlung in Las Lomas ankam, teilte ihm Rámon, der Gärtner, mit, dass sich die anderen bereits am Pool befanden.

Das perfekte Bild, das Amelias knapper Bikini und Jaimes gestreifte Shorts zusammen abgaben, bestätigte seine schlimmsten Befürchtungen. Beide schienen sich in ihrem halb nackten Zustand absolut wohlzufühlen, als hätten sie die lästigen Kleider endlich hinter sich gelassen und könnten sich jetzt richtig entfalten, Amelia völlig ungezwungen, Jaime stolz und mit unverhohlenem Vergnügen. Tomás beschloss, das weite Dallas-Cowboys-T-Shirt für den Rest des Tages anzubehalten.

»Richard Burton wird mit fortschreitendem Alter immer attraktiver«, behauptete Amelia, ohne zu ahnen, dass Jaime ihr ihre Vorliebe für ältere Männer ein Leben lang vorwerfen würde.

»Du hast den Film doch noch gar nicht gesehen. Burton ist inzwischen alt und hässlich.«

»Welchen Film?«, fragte Tomás anstelle einer Begrüßung.

»1984, ich war letztes Wochenende im Kino. Der nach diesem Science-Fiction-Roman«, sagte Jaime.

»Von George Orwell«, präzisierte Tomás. Seine Miene hellte sich augenblicklich auf, das weite T-Shirt und die improvisierten Badeshorts waren vergessen. Er hatte 1984 vor weniger als einem Monat gelesen und war immer noch beeindruckt.

»Ja, genau. Aber der Film ist besser«, erwiderte Jaime.

»Woher willst du das wissen? Hast du das Buch denn überhaupt gelesen?«

»Nein, aber der Film ist sehr gut.«

»Weißt du noch, in Englisch? Als wir Romeo und Julia durchgenommen haben? Da hieß es, dass Literaturverfilmungen zwar manchmal ziemlich gut sind, dass sie aber, wenn das Buch ein Meisterwerk ist, nie an die Romanvorlage heranreichen«, dozierte Tomás.

»Ein Film verfügt über Schauspieler und Sound, das Buch nicht.«

»Ein Film dauert ungefähr eineinhalb Stunden. Für ein Buch brauchst du viel länger. Wenn du 1984 liest, lebst du am Ende in der Welt des Großen Bruders.«

»Hast du es gelesen?«, fragte Amelia.

»Ja, vor einer Weile«, antwortete Tomás beiläufig, als wäre es nur ein Buch von Tausenden.

»Und wovon handelt es?«

»Von der Kontrolle der Regierung über die Bevölkerung. Der ›Große Bruder‹ ist so was wie der Präsident. Er verlangt von seinem Volk die totale Verehrung. Ein Mann aber rebelliert aus Liebe zu einer Frau, und von da an geht alles den Bach runter.«

»Und der Roman spielt 1984? Warum das?«, fragte Amelia fasziniert.

»Genau«, erwiderte Tomás. »Der Autor hat das Buch vor ungefähr vierzig Jahren geschrieben und sich vorgestellt, dass es in der Zukunft, also heute, so sein könnte.«

»Na, da war dein Autor aber ganz schön auf dem Holzweg«, bemerkte Jaime spöttisch. »Miguel de la Madrid ist zwar sterbenslangweilig, aber kein bisschen wie der Große Bruder.«

»Es geht darin ja auch nicht um Mexiko. Ich glaube, er bezieht sich auf die kommunistischen Länder«, erklärte Tomás seinen Freunden, die Jaimes Vater zuwinkten, der vom Haus zu ihnen herüberkam.

Carlos Lemus war achtunddreißig, attraktiv und selbstbewusst, und er hatte die gleiche sonnengebräunte Haut wie Jaime und strahlend weiße Zähne. Er trug einen kurzen Schnurrbart, wie es gerade Mode war, und maßgeschneiderte Hemden und Anzüge. Er war Staatssekretär im Finanzministerium, nachdem er zuvor jahrelang die Leitung der mexikanischen Zollbehörden innegehabt hatte, eine Position, die ihm zu immensem Reichtum verholfen und durch die er sich mit gelegentlichen Gefälligkeiten in Sachen Einfuhrgenehmigungen mehr als ein paar dankbare Freunde gemacht hatte.

Während Carlos auf die Gruppe zuging, würdigte er mit einem diskreten Blick Amelia, die sich mehr und mehr in eine Schönheit verwandelte. Er hatte die Freundin seines Sohnes schon immer gerne gemocht. Seit sie mit sieben oder acht Jahren zum ersten Mal in sein Haus gekommen war, mit Zahnlücken und roten, abgewetzten Schuhen, hatte ihm das widerspenstige Mädchen gefallen. Aber jetzt, im Badeanzug, kam sie ihm plötzlich viel älter vor als ihre vierzehnjährigen Freunde.

»Na, Jungs, hallo, Amelia, worüber redet ihr?«, fragte er, während er sich mit einem Bier in der Hand auf einem der Liegestühle niederließ.

»Über den Roman von George Orwell, 1984«, antwortete Tomás.

Jaimes Vater wurde von den jungen Leuten sehr geschätzt, nicht so die Mutter, die aufgrund ihres stets vollen Terminkalenders nie ansprechbar war. Die mit Hotdogs oder Sandwiches und Limonade beladenen Tabletts, mit denen die Hausangestellte sie an deren Stelle jeden Samstagmittag reichlich versorgte, wurden allerdings mit großem Jubel in Empfang genommen. Don Carlos unterhielt sich gerne mit den Freunden seines Sohnes, während er zu Hause auf einen geschäftlichen Anruf oder Besuch wartete. Er hörte ihnen zu und provozierte sie gelegentlich, um sie zu hitzigen Diskussionen anzustacheln. Ihre Jugend weckte in ihm Erinnerungen an seine eigene Kindheit, die im Verlauf seiner hart erarbeiteten politischen Karriere fast in Vergessenheit geraten war.

»Ich habe mir den Film am Wochenende angeschaut«, sagte Jaime, aber sein Vater hörte ihm nicht zu. Don Carlos liebte seinen Sohn, aber der war so sehr darum bemüht, in seine Fußstapfen zu treten, dass der Vater es inspirierender fand, sich mit Amelia, Tomás oder selbst Mario auszutauschen.

»Habt ihr den Roman gelesen?«

»Ich ja«, antwortete Tomás. »Man kann ihn doch als Kritik am Kommunismus verstehen, oder?«, fügte er etwas weniger selbstbewusst hinzu, nun, da er sich in der Gegenwart eines Politikers befand.

»Mehr oder weniger«, sagte Carlos. »Eigentlich handelt es sich um eine Allegorie auf die individuelle Freiheit und den autoritären Staat. Orwell hat den Roman kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs geschrieben, als das Gespenst der gerade erst besiegten faschistischen Mächte noch allgegenwärtig war, und sicher mit einem besorgten Fingerzeig in Richtung der Gefahr, die von den kommunistischen Diktaturen ausgeht.«

Amelia lauschte Carlos’ Worten voller Bewunderung, aber sie hatte zu viele der politischen Lieder auf den Schallplatten ihrer Mutter gehört, um die Kritik am Sozialismus unkommentiert stehen zu lassen.

»Wenn es in dem Roman darum geht, ein System infrage zu stellen, dann handelt es sich doch eher um politische Propaganda, oder?«

»Gute Literatur, ganz egal, wovon sie handelt, ist nie Propaganda«, entgegnete der Hausherr mit einem Lächeln. »Ich mache euch einen Vorschlag«, fuhr er fort. »Ich schenke jedem von euch, der das Buch nicht in seinem Regal stehen hat, ein Exemplar, ihr lest es, und wenn wir uns das nächste Mal sehen, sagt ihr mir, ob ihr es für Propaganda haltet. Abgemacht?«

Die drei, die das Buch noch nicht kannten, willigten ein. Eine Hausaufgabe, und das in den Ferien.

»Ich lasse euch die Bücher besorgen. Wartet hier auf mich«, rief er, auf dem Weg zum Haus.

»Dein Vater ist echt klasse«, verkündete Mario, während Jaime vor Stolz auf seinen Vater fast platzte und Tomás in seinem Innern bedauerte, dass sein intellektueller Triumph so kurzlebig gewesen war.

»Für einen Politiker ist er nicht schlecht«, sagte Amelia und blickte ihm noch nach, als er bereits im Haus verschwunden war. »Mein Vater ist schwul«, bemerkte sie dann beiläufig.

4

Montag, 25. November, 7.00 Uhr

Amelia ist nicht Kirchner

Was hat Cristina Kirchner, was ich nicht habe?, fragte sich Amelia, während sie sich vor dem Spiegel die linke Augenbraue nachmalte. Es kostete sie von Tag zu Tag mehr Zeit, den Schminkplan ihrer Stylistin zu befolgen, alle Cremespuren zu beseitigen und die letzte fettige Hautstelle abzudecken.

Am Vorabend hatte sie an einem exklusiven Empfang zu Ehren der argentinischen Präsidentin in Los Pinos teilgenommen. Da sich der Generalstab zur Einhaltung der Frauenquote verpflichtet gefühlt hatte, war sie sogar am zentralen Tisch platziert worden, wo sich die ranghöchsten Politiker um die südamerikanische Staatschefin versammelten. Als Vorsitzende der PRD, der derzeit größten Oppositionspartei, war Amelia die wichtigste Frau in der mexikanischen Politik, aber das hieß noch nicht, dass sie bei Präsidialangelegenheiten in die erste Reihe gebeten wurde. Mit dem Einzug der PRI ins Parlament war auch die Frauenfeindlichkeit dorthin zurückgekehrt, obwohl die Institution in Amelias Augen davon noch nie völlig frei gewesen war. Normalerweise wurde die Frauenquote durch die Ehegattinnen der Minister erfüllt – die Anwesenheit einer ausländischen Präsidentin hatte endlich zum Bruch dieser Tradition geführt.

Während des ganzen Abends hatte sie die Witwe und Nachfolgerin von Néstor Kirchner aus nächster Nähe unter die Lupe genommen und es nicht vermeiden können, Vergleiche zwischen sich und der Präsidentin anzustellen. Die Kirchner verfügte über die nötige Erfahrung und Führungsqualitäten, aber ihre mangelnde Schlagfertigkeit und ihr spärlicher Sinn für Humor gaben Amelia das Gefühl, sich geschickter auf der politischen Bühne zu bewegen. Sie überlegte sich eine Reihe von möglichen Spitznamen für Doña Cristina, aber am Ende dachte sie, dass »die Stute«, wie man die Argentinierin in ihrer Heimat nannte, doch am besten zu ihr passte. Die für ihre schmale Statur viel zu breiten Hüften – und das wiehernde Lachen – erinnerten tatsächlich an ein Pferd.

Das Einzige, was sie hat und ich nicht, ist ein toter Ehemann, der ihr die Macht vererbt hat, resümierte Amelia am Ende des Abends. Sie empfand sich selbst als eloquenter, belesener und versierter im Umgang mit der Öffentlichkeit als die Frau, die ihr da gegenübersaß. Und obendrein auch hübscher.

Das bestätigte sie in ihrer Entscheidung, in der Politik aktiv geworden zu sein, eine Aufgabe, die sie im Großen und Ganzen eher frustrierte.

Doch schon am folgenden Tag, ohne Kirchner direkt vor Augen, war sie sich ihrer selbst wieder weniger sicher. Die politischen Zeiten waren nicht gerade die besten, um Oppositionsführerin zu sein. Die PRI war im Kongress die stärkste Fraktion und offenbar immer weniger an einer Einigung mit den anderen Parteien interessiert. Ihr Sieg war so deutlich gewesen, dass sie die Stimmen der anderen nicht brauchte.

Die haben mehr Angst vor einem kritischen Hashtag als vor der PRD und der PAN zusammen, sagte sich Amelia, während sie sich ein letztes Mal mit dem Pinsel über das Gesicht strich. Sie begegnete der bevorstehenden Schlacht mit einem entschlossenen Blick, der zu ihrem Markenzeichen geworden war, seit sie sich in ihren frühen Tagen als Aktivistin wegen ihrer Unbeugsamkeit einen Namen gemacht hatte. Ihr »Powerpuff-Girl-Gesicht« hatte die regierungskritische Presse es getauft, nach den drei Superheldinnen aus der Cartoonserie, worüber sie sich insgeheim freute.

Nach einem letzten Blick auf ihren straffen, anmutigen Körper ging sie durch die Wohnung in ihr Schlafzimmer, einen kämpferischen Slogan auf den Lippen: Höchste Zeit, sie zu stoppen, bevor Salazar aus dem Präsidenten einen mexikanischen Putin macht. Und damit fielen ihr die Nachrichten über den amtierenden Innenminister wieder ein: Seine riesenhafte, eiserne Gestalt schien endlich Risse zu bekommen, irgendetwas im Zusammenhang mit dem Tod von Dosantos hatte in dem Pressespiegel gestanden, den sie wie fast immer morgens noch vor dem Aufstehen im Bett überflogen hatte. Sie musste dringend ein paar Anrufe tätigen, dachte sie, während sie zügig in ihre Kleider schlüpfte.

»Alicia, verbinde mich bitte mit Tomás«, bat sie ihre Assistentin von ihrem Bürohandy aus.

»Tomás Arizmendi?«

»Wen sonst?«, antwortete Amelia ungeduldig. Für sie gab es keinen anderen Tomás als den Freund, mit dem sie so viele prägende Phasen ihres Lebens verband, von denen manche auch Spuren hinterlassen hatten. Als ihr jedoch bewusst wurde, dass es schon ein paar Jahre her war, seit sie zuletzt mit Tomás gesprochen hatte, bereute sie ihren gereizten Ton.

»Warte, Alicia! Nehmen wir doch lieber die sichere Verbindung mit Mario Crespo. Tomás’ Leitung ist bestimmt schon angezapft.«

Der gute Mario, dachte Amelia. Er war der Einzige der vier Blauen, der versucht hatte, ihre Freundschaft am Leben zu halten, selbst dann, als sie und Jaime sich durch ihr obsessives Studium mehr und mehr von ihm entfernt hatten. Nur Tomás ließ ihn noch an seinem Leben teilhaben, obwohl das wohl mehr mit dem gutmütigen Charakter des Journalisten zu tun hatte als mit ehrlichem Interesse.

»Auf dem Handy geht niemand ran, und zu Hause hatte ich nur seinen Sohn am Telefon. Anscheinend ist Mario heute ganz früh aus dem Haus. Soll ich dir den Wagen schicken? Dein Frühstück mit Senator Carmona ist in fünfzehn Minuten.«

»Versuche es weiterhin bei Mario und stell ihn zu mir durch, sobald du ihn am Apparat hast. Ich breche gleich auf.«

Die Fahrt durch die Colonia Roma hatte diesmal nicht den gewohnten Effekt. Normalerweise schätzte sie das chaotische Straßenbild mit den baumbewachsenen Grünstreifen, die herrschaftlichen Villen im französischen Stil, zwischen denen sich winzige Kramläden und bescheidene Wohnhäuser drängten, ein getreues Abbild der glücklichen und weniger glücklichen Zeiten, die die Colonia seit ihrer pompösen Gründung hundert Jahre zuvor erfahren hatte. Die Gegend erschien ihr wie ein Symbol für das ganze Land. Doch mehr noch als den Anblick der Gebäude genoss Amelia den der vielen verschiedenen Menschen. Es verging nicht eine Woche, in der sie nicht Zeugin einer neuen Geschäftsidee wurde, die sich auf der Straße darbot. Der Einfallsreichtum, mit dem sich die Leute aus dem Nichts eine Beschäftigung suchten, überraschte sie immer wieder aufs Neue.

An diesem Morgen aber fehlte ihr jeglicher Sinn für soziologische Betrachtungen. Die Sorge um Tomás beherrschte ihre Gedanken. So wie sie den Innenminister kannte, würde der den Angriff auf seine Person nicht tatenlos hinnehmen. Sie musste mit ihrem Freund sprechen, um die Gefahr abzuschätzen, in der er sich befand. Und gleichzeitig musste sie die Gelegenheit nutzen, die ihr ein Skandal dieses Ausmaßes auf politischer Ebene bot. Das ganze Land sprach vom Tod der Schauspielerin. Die Welle der Erschütterung könnte der Moment sein, auf den sie alle gewartet hatten, um die neue Regierung zumindest in die Defensive zu drängen. Amelia konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Das Frühstück mit Carmona würde interessanter werden als gedacht.

»Danke, Herr Senator, dass Sie mich in meinem Viertel besuchen«, begrüßte Amelia einen eleganten und – trotz seines fortgeschrittenen Alters von über siebzig – sehr stattlichen Mann, der vom Tisch aufgestanden war und ihr die Hand gab.

»Um mit der schönsten meiner Kolleginnen zu frühstücken, würde ich bis nach Timbuktu reisen«, erwiderte Carmona.

Eigentlich ließ sich Amelia von Politikern nicht umgarnen, nicht einmal mit Worten. Im Laufe ihrer Karriere hatte sie schon unzählige Kübel kaltes Wasser über Männer ausgeschüttet, die versucht hatten, sie in geschäftlichen Angelegenheiten um den Finger zu wickeln oder durch geschicktes Bezirzen herabzuwürdigen. Natürlich wusste sie, dass sie attraktiv war, und spielte auch gern damit: Ohne sich provokant zu kleiden oder zu schminken, setzte sie ihre Schönheit gekonnt ein, wenn sich ein dafür empfänglicher Gesprächspartner durch ihr Auftreten einschüchtern ließ. Die Verhandlungen verliefen in solchen Fällen in der Regel zu ihrem Vorteil. Dennoch achtete sie konsequent darauf, dass ihr Äußeres in ihren Geschäftsbeziehungen lediglich ein Subtext war und nicht die Basis, auf der sich diese Beziehungen entwickelten.

Ramiro Carmona hingegen hatte ein beinahe geschlechtsneutrales Auftreten. Mit seiner förmlichen, fast schon übertrieben zuvorkommenden Art war er alles andere als ein Verführer-Typ. Er gehörte nicht zu der Sorte von Politikern, die sich von einem tiefen Ausschnitt blenden ließen, und auch nicht zu den noch zahlreicheren, die eine sexuelle Anspielung mehr oder minder geschickt in einem höflichen Lob versteckten. Amelia schätzte ihn dafür, dass er sie so behandelte wie alle anderen Kollegen auch; außerdem war er ein aufmerksamer Zuhörer, was unter Männern des öffentlichen Lebens selten genug vorkam.

Für sie war es ein echter Glücksfall, dass Carmona zum Vorsitzenden der PAN, der zweiten großen Oppositionspartei, gewählt worden war.

»Allerdings frühstückt man hier besser, Herr Senator, das versichere ich Ihnen.«

»Das ist auch meine Befürchtung, Doña Amelia. Es ist mir absolut unmöglich, den Chocolate Conchas hier zu widerstehen.«

Sie hatten sich im Mario’s verabredet, einem etwas altmodischen Restaurant, das über eine tadellose Küche und eine hervorragende Auswahl an Konditoreiwaren verfügte. Amelia hatte den Ort wegen der günstigen Lage ausgesucht; zudem gefielen ihr die kleinen abgetrennten Bereiche im Innenraum, die es erlaubten, vertraulich miteinander zu sprechen.

»Wie stehen die Dinge in der PAN, Don Ramiro?«, erkundigte sich Amelia, nachdem sie Grapefruitsaft, Kaffee und Gebäck bestellt hatten.

Es war keine rhetorische Frage: Achtzehn Monate zuvor hatte die tendenziell konservative Partido Acción Nacional die Präsidentschaft an die PRI verloren. Carmona führte die Gegenreaktion auf Felipe Calderón an, den früheren Machthaber, der seine Partei für seine Zwecke instrumentalisiert hatte.

»Nicht so prickelnd. Ich hatte gehofft, Calderón würde nach unserer demütigenden Niederlage in eine Art freiwilliges politisches Exil gehen, so wie Zedillo, als er 2000 die Präsidentschaft an uns abgegeben hat.«

Sie hatten vereinbart, so offen wie möglich miteinander zu sprechen. Es war das zweite Mal, dass sie sich in ihrer Eigenschaft als Vorsitzende ihrer jeweiligen Parteien privat trafen. Amelia nahm an, dass ihre Wahl zur Anführerin der Partido de la Revolución Democrática auch für Carmona eine gute Nachricht war. Bei einer vorangegangenen Frühstücksverabredung waren sie beide der Meinung gewesen, dass die triumphale Rückkehr der PRI, die nach ihrem Erdrutschsieg beide Kammern zu dominieren drohte, beide Oppositionsparteien in die Pflicht nahm, miteinander zu kooperieren, soweit die jeweiligen Verpflichtungen und Parteiprogramme es zuließen.

»Meine Aufgabe ist es, den PANisten ihren Stolz wiederzugeben, sie zu ihren Wurzeln zurückzuführen«, fuhr Carmona fort.

»Na, da haben Sie doch gute Aussichten, wenn Sie es schaffen, Ihre Mitglieder davon zu überzeugen, dass die Niederlage Calderón und weniger dem PANismus zuzuschreiben ist.«

»Das liegt auf der Hand, meine liebe Amelia. Aber der Schlag gegen den Calderonismus wird nicht einfach sein, da einige Senatoren nach wie vor auf seiner Seite sind und eine Hexenjagd auf den ehemaligen Präsidenten mit ihnen nicht zu machen ist.«

Amelia verstand das Problem. Der größte Teil der Parteibudgets stammte aus unrechtmäßigen Finanzspritzen der Gouverneure. Da die PAN den Staatsapparat nun nicht mehr kontrollierte, hing sie mehr denn je von den wenigen Bundesstaaten ab, die ihr noch geblieben waren.

»Nun, wenn wir etwas für Sie tun können, lassen Sie es mich wissen. Wir haben bekanntlich in zwei der von Calderonisten dominierten Staaten ein bedeutendes Gewicht im Regionalkongress, und dann gibt es auch immer noch unsere Bauernbewegung in den Bergen von Puebla, um die Dinge in die gewünschte Richtung zu lenken.«

»Danke, das wird nicht nötig sein«, erwiderte Carmona trocken.

Die Parteiführerin begriff, dass sie zu weit gegangen war: Sie hatte sich von der Offenheit Carmonas über seine Sorgen mit dem Ex-Präsidenten mitreißen lassen. Aber die Hilfe eines Rivalen anzunehmen, um einen Gouverneur aus den eigenen Reihen zu destabilisieren, ging über die Grenzen dessen, was der alte PAN-Kämpfer unter Realpolitik verstand, doch hinaus.

Amelia hatte in der Absicht, Carmona für das, worum sie ihn bitten wollte, auch etwas anzubieten, das nötige Feingefühl vermissen lassen. Sie versuchte, das Vertrauen wiederherzustellen, indem sie das Gespräch auf eine persönlichere Ebene verlagerte.

»Ich bin sicher, Sie finden einen Weg. Und ich sage es in aller Aufrichtigkeit: Ihre Ernennung zum Parteivorsitzenden war für viele innerhalb und außerhalb der PAN die beste Nachricht für die Partei seit Langem.«

»Ich danke Ihnen für die freundlichen Worte. Meine Frau sieht das allerdings ganz anders. Wenn es nach ihr ginge, sollte ich längst meine Memoiren schreiben und unsere Enkelkinder verhätscheln.«