Lieben, leben und sterben in
CARNUNTUM
Die Kaiserstadt mit den Augen des
Bernsteinhändlers Livinius Cordinus Rutilius
Antiker Reiseführer
Plus: Historisches Pannonien heute
Von Imre Kusztrich
Impressum
IGK-Verlag, 7100 Neusiedl/Österreich
www.igk-verlag.com
Lieben, leben und sterben in CARNUNTUM
Antiker Reiseführer
März 2012
Imre Kusztrich
Copyright: © 2012 IGK-Verlag
Carnuntum-Fotos, Carnuntum-Logo: © Archäologischer Park Carnuntum
ISBN 978-3-9503215-1-7
Mit der erlaubten Freizügigkeit der Schriftstellerei entsteht vor unseren staunenden Augen auf den folgenden Seiten ein Abbild jener Stadt, in der sich das Schicksal des Römischen Reiches fortwährend entschied. Nirgendwo drängten die Völkerstämme des Nordens vehementer nach Süden als da, wo an der Donau der alte Handelsweg für Bernstein auf den Limes stieß. Denn zum lockenden Reichtum Norditaliens war keine Route kürzer und besser als jene über Carnuntum.
In den uns von seinem Schreibsklaven überlieferten Briefen und Aufzeichnungen des Bernsteinhändlers Livinius Cordinus Rutilius spiegeln sich der Scharfblick eines Chronisten, die Weitsicht eines Philosophen, aber auch die Demut eines Menschen im Bewusstsein seiner Begierden und Schwächen wider.
Zur Beschreibung der Legionsstadt nimmt er uns an die Hand an jenem Novembertag anno 308, der vier Imperatoren – einen abgedankten, zwei herrschende und einen durch sie ins höchste Amt zu berufenden - nach beschwerlicher Anreise von ihren Domizilen aus Ost und West zu einer auf vier Wochen angesetzten Konferenz zusammenführt. In den Beschlüssen von Carnuntum wird es um nichts Geringeres gehen, als durch weise Maßnahmen die Macht wieder in starke Hände zu legen und den Fortbestand des Römischen Reichs zu sichern.
Auch diese Frage interessiert den Chronisten: Was wird die Zukunft den hier Lebenden bringen? Geprägt wird sie zweifellos sein von der Religion der Christen, zu der sich immer mehr Bürger bekennen, trotz der Androhung von Folter und Tod. Bedroht wird sie durch raffinierte und überraschende Kampfmethoden neuer Gegner zu Lande und zur See. Und gefährdet durch die versuchte Assimilierung von Nomaden und das gleichzeitige Gegeneinander-Ausspielen fremder Völkerstämme.
Schon heute, an ihren Bürgern, können die Imperatoren warnende Zeichen der Zeit erkennen. Das unleugbare Fortschreiten der Verweichlichung ihres Volkes kann auf der Kaiser-Konferenz nicht unbeantwortet bleiben. Sonst ist für ihre Untertanen der Weg vorgezeichnet in den Worten auf der Gedenktafel für Tiberius Claudius Secundus. Dieser Freigelassene aus dem Hofstaat jenes Kaisers, dessen Namen er in Dankbarkeit angenommen hat, verstarb mit zweiundfünfzig Jahren. Seine Gefährtin Merone ließ diese Lettern in den Stein schlagen: BALNEA VINA VENUS CORRUMPUNT CORPORA NOSTRA SED VITAM FACIUNT B V V (Bäder, Weine, Liebe richten unseren Körper zu Grunde, aber sie machen das Leben aus)
Bei Iuppiter! Wenn sich schon ehemalige Sklaven zu einem solchen Lebenswandel bekennen …