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STEFAN SODER

Die

TOUR

ROMAN

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
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1. Auflage 2019

Coverfoto: © Shutterstock/makasana photo, Bildbearbeitung Braumüller

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Von allen Geschenken, die uns das Schicksal gewährt, gibt es kein größeres Gut als die Freundschaft – keinen größeren Reichtum, keine größere Freude.

Epikur von Samos

True friends stab you in the front.

Oscar Wilde

Inhalt

Eins

Zwei

Drei

Vier

Fünf

Sechs

Sieben

Acht

Neun

Zehn

Elf

Zwölf

Dreizehn

Vierzehn

Fünfzehn

Sechzehn

Siebzehn

Achtzehn

Neunzehn

Zwanzig

Einundzwanzig

Zweiundzwanzig

Dreiundzwanzig

Vierundzwanzig

Fünfundzwanzig

Sechsundzwanzig

Siebenundzwanzig

Achtundzwanzig

Neunundzwanzig

Dreißig

Einunddreißig

Zweiunddreißig

Eins

Wie bloß.

Wie hatte er sich bloß dazu überreden lassen können.

Das war die Frage, die Franz in den ersten Stunden dieses Tages wachhielt und zur einzig verbliebenen Frage wurde. Dabei handelte es sich längst um keine Frage mehr. Es war zu einer Feststellung geworden, in der mit zunehmender Deutlichkeit der Unterton eines Selbstvorwurfs mitschwang. Er hatte seinen Willen, vielmehr seinen Unwillen nicht durchgesetzt und sich überrumpeln lassen. So lag er da, in unruhiger Erwartung des Unvermeidbaren, das dieser Tag bringen würde.

Um sich abzulenken, las er flüsternd einen Satz aus dem Heft.

»Jeder ist seines eigenen Glückes Dieb.«

Franz konnte sich nicht erinnern, diese Worte geschrieben zu haben. Doch es war zweifelsohne seine Handschrift, in dem alten Notizheft, auf das er in der hintersten Ecke der Nachttischlade zwischen abgelaufenen Kondomen gestoßen war. Das Heft war undatiert, fast bis zur Hälfte mit Bleistift vollgekritzelt, kurze, oft wieder durchgestrichene Gedanken, Ideen, kleine Beschreibungen, unfertige Liedtexte, zum Teil mit Akkorden versehen. Es musste über zehn Jahre her sein, als er mit dem Schreiben aufhörte, nachdem er sich in einer durchwachten Nacht wie dieser die Frage gestellt hatte, was er damit anfangen wollte, wohin es führen sollte. Auch dabei handelte es sich eigentlich um keine Frage, denn an ihre Stelle trat das Gefühl, dass es lächerlich und peinlich war, zu fantasieren, zu musizieren, nur für sich, ohne Gleichgesinnte, ohne Ergebnis oder Ziel.

Wonach hatte er in der Lade überhaupt gesucht?

Nicht nach Kondomen, so viel stand fest.

Er legte das Heft zurück. Sonderbar, dass er erst jetzt darauf gestoßen war, nach so vielen Nächten der Schlaflosigkeit.

Als Jugendlicher war es das sexuelle Verlangen, das ihm ähnlich zusetzte, ihn lockte und doch auf quälende Art unerreichbar blieb und nicht zu befriedigen war. Knochenharte, sinnlose Erektionen, denen er ausgeliefert und mit denen wenig anzufangen war. Geheime, schamhafte Fantasien, die seinen Alltag durchschnitten, seine Gedanken tränkten. Dann endlich erste Erfolge, die nicht zu stillen vermochten, was ihn umtrieb. Schnee von gestern.

Der verfluchte Schlaf. Je mehr er ihn ersehnte, desto beharrlicher entzog er sich ihm. Franz fühlte sich ständig müde. Franz fühlte sich alt. Er war in seiner Lebensmitte und mühte sich mit Problemen alter Menschen ab.

Irgendwo am Anfang der Nacht hatte der Schlaf sich erbarmt, ihm ein, eineinhalb Stündchen gegönnt. Seitdem lag er wach, stierte in die Schattierungen der Dunkelheit, bis er die Nachttischlampe anknipste, um es mit einem Buch zu versuchen.

Nach wenigen Zeilen zerrten Gedanken an die Gartenarbeit, eine überfällige Reparatur am Wagen, einen schwierigen Schüler und weitere Nebensächlichkeiten ihn aus der eigentlich trivial-spannenden Geschichte. Zwei Seiten, fünf Versuche, Kapitulation. Das Letzte, was er sich aus einem Buch gemerkt hatte, war eine Empfehlung von Nietzsche: Allen aus dem Wege gehen, die schlecht schlafen und nachts wachen.

Tiefes Atmen, bewusste Entspannung.

Der Motor der Gefriertruhe, unten, am Absatz der Treppe, sprang an. Wie lange schon wollte er den alten Kasten durch ein neues Gerät ersetzen?

Der umherwandernde Blick aus der Waagerechten in ein Schlafzimmer zählte zu seinen ersten Kindheitserinnerungen. Die Langeweile, zwischen seinen Eltern liegend in den Raum zu starren, wenn sie am Wochenende ausschliefen.

Er konnte sich nicht mehr an alle Details jenes Schlafzimmers erinnern, aber nichts war ihm so vertraut wie dieser Raum hier, seine Nachtzelle, im Licht der kleinen Lampe.

Die Tapete, an einer Stelle etwas eingerissen, weil die Katze ihre Krallen daran ausprobiert hatte, bevor sie vor ein paar Jahren in die Speichen eines vorbeifahrenden Mopeds geraten war und mit einem Satz in die falsche Richtung ihre sieben Leben verwirkt hatte.

Der mächtige Kleiderschrank, dessen eine Tür sich nicht ganz schließen ließ, schon seit dem Tag, an dem er sie eingebaut hatte, vor zehn Jahren oder fünfzehn.

Der Lampenschirm an der Decke, immer etwas schief, der, aus der richtigen Position betrachtet, als lachende Fratze auf ihn herabgrinste.

Die schlampig zugezogenen Vorhänge, die sich wie stumme Wasserfälle auf den Boden erbrachen.

Die Stöße von Büchern neben ihm, die niemals kleiner wurden und über den Nachttisch wucherten, in fast jedem Band ein Eselsohr, irgendwo im ersten Drittel.

Der zarte Riss in der Farbschicht an der einen Wand, der schleichend an Länge zunahm und sich wie ein Fluss auf einer Landkarte nach unten schlängelte.

Bisweilen erschien ihm das ganze Leben als der von vornherein verlorene Kampf gegen den um sich greifenden Verfall, er selbst im Zentrum des Geschehens.

Jeder ist seines eigenen Glückes Dieb.

Was war das für ein überheblicher, im Übermut einer längst vergessenen Jugend gefasster Gedanke. Damals waren die Erwachsenen selber schuld an ihrer ständigen Unzufriedenheit. Eine Erkenntnis, die ihn vor nichts bewahrt hatte.

Er hatte sich damit abgefunden, nachts wach zu liegen, seinen fahrigen Hirngespinsten ausgeliefert, dem ewigen Grübeln, über die Dinge, die nicht zu ändern waren, dem Wälzen des Körpers und der Gedanken, dem endlosen Hin und Her. Er konnte es akzeptieren, wenn nicht immer die Ahnung an den nächsten, unweigerlich näher rückenden Tag über diesen Stunden schwebte. Der Tag, an dem er dafür büßen würde, was er jetzt versäumte, durch den er sich schleppen müsste, wenn der Schlaf ihn lockte, der sich jetzt so hartnäckig zierte.

Schon als Jugendlicher kannte er die Schlaflosigkeit. Damals war sie echten Aufregungen geschuldet. Vor wichtigen Tennisspielen etwa, vor entscheidenden Prüfungen, manchmal auch, weil er eine Vorahnung hatte, dass am nächsten, einem ganz gewöhnlichen Tag, etwas Schlimmes passieren würde. Selbst wenn er noch ausreichend schlafen konnte, erinnerte er sich am nächsten Morgen daran. Er stand auf, startete mit großer Vorsicht in den Morgen, in Erwartung irgendeiner Katastrophe. Erst Schritt für Schritt, in den Alltagsroutinen, in der Begegnung mit anderen, rückte der Gedanke daran in den Hintergrund, bis er ihn vergessen konnte.

Die Vorahnungen bewahrheiteten sich nicht. Wenn einmal wirklich etwas passierte, war er genauso überrascht wie alle anderen.

Katastrophen waren nicht darunter. Der Tod der Großeltern, der des Vaters, die Alzheimererkrankung der Mutter und ihre zunehmende Unzulänglichkeit, die sie zu dem Pflegefall machte, den er einmal wöchentlich besuchte, um sein Gewissen zu beruhigen. Nichts davon war außergewöhnlich, nichts machte ihm wirklich zu schaffen.

Was ihn aus der Bahn geworfen hatte, waren keine dramatischen äußeren Umstände, keine Tragödien, Traumata oder Schicksalsschläge. Es waren schleichende Veränderungen an sich selbst. Das Denken wurde zur Bürde. Was war sein Bewusstsein doch für eine zweifelhafte Instanz, eine Doppelbelichtung, des Selbst und der Außenwelt. Eine Überblendung. Eine Verblendung. Eine Realität.

Es war niemandem zu trauen, am wenigsten sich selbst. Nichts war schwerer zu ertragen als diese kalte, klare Erkenntnis.

Doch das Schlimmste war überwunden und lag hinter ihm. Er funktionierte, er war über den Berg – oder besser: Die Talsohle war durchschritten.

Er drehte sich zur Seite und blickte in den offenen Mund seiner Frau Marie. In ihrem Atem roch er die süßlich vergorenen Zwiebeln aus der abendlichen Gerstensuppe. Sie presste ihre Lippen zusammen, als fühlte sie sich beobachtet, dabei wusste er, dass sie nichts wahrnahm. Er hätte neben ihr tanzen können, vielleicht sogar singen, wenn ihm je danach wäre, masturbieren in jedem Fall. Für beneidenswerte neun Stunden waren sie und ihre Nachttischlampe jede Nacht ausgeknipst. Er drehte sich wieder um. Der Wecker zeigte zwanzig nach drei. Er brauchte den Schlaf, um den kommenden Tag zu überstehen.

Eine Stunde noch, wenigstens eine halbe.

Er knipste die Nachttischlampe aus. Wie Schäfchen zählte er die Spieler der Fußballnationalmannschaft auf.

Vorname, Nachname, Position, Verein.

Wie bloß.

Wie hatte er sich bloß dazu überreden lassen können.

Vorname, Nachname, Position, Verein.

Zwei

»First things first.«

Bernd murmelte die Worte im Halbschlaf, als er mit kaum geöffneten Augen nach seinem Mobiltelefon tastete. Halb vier. Er richtete sich auf und drehte den Alarm ab.

Ein Gefühl der Panik kroch an seinem Rückgrat hinauf: Er hatte nicht die geringste Ahnung, wo er sich befand.

Der schwache Schein einer Straßenbeleuchtung fiel durch einen Spalt zwischen den Vorhängen in das Zimmer und zeichnete blaugraue Halbschatten in einen viel zu großen Raum. Er war weder in einem Hotelzimmer noch in seiner Stadtwohnung.

»First things first«, wiederholte er etwas lauter. Als er sich aufsetzte und mit dem Telefon in den Raum leuchtete, machte er rasch erste Anhaltspunkte aus. Der geschnitzte Kopf des Bettes, das aus alten Bauernhöfen entnommene Holz der Wände, der neue, naturbelassene Dielenboden, der begehbare Spiegelschrank. Nach drei tiefen Atemzügen und einem Schlag auf den Lichtschalter verschwand die Panik wie ein Monster aus einem Kinderzimmer.

Er war im Dorf, in seinem Dorf. Hier war er aufgewachsen und hatte sich vor Kurzem ein neues Zuhause geschaffen. Ein Zuhause, das er so selten nutzte, dass jedes beliebige Zimmer in irgendeinem Flughafenhotel ihm vertrauter war. Dabei war es diese Gegend, die er immer noch als Heimat bezeichnete. Ein verstaubter Begriff, aber es gab kein besseres Wort dafür, selbst wenn das Gefühl der Heimat aus wenig mehr bestand als vagen, romantisch verklärten Erinnerungen und Überbleibseln einer ersten Verortung im Leben, einer Verwurzelung in diesem Tal.

Sie war ihm nicht genug gewesen. Er hatte sich die große Welt zu eigen machen wollen, war in sie hinausgetreten, hatte das Gewohnte hinter sich gelassen. Trotz, vielleicht auch wegen der vielen Reisen kam er nie ganz von hier los. Es war eine klammernde Heimat, mit vertrautem, festem Griff, von dem er sich bald nur noch halbherzig zu befreien suchte, bis er es aufgab und beschloss, das Beste daraus zu machen und sich wieder hier einzurichten.

Er lachte kurz, über sich. Es war ein kleines Ritual, das er sich angewöhnt hatte, um sich zu beruhigen. Eine Technik, zu der ihm ein Kommunikationstrainer im Rahmen einer obligatorischen Fortbildung geraten hatte. Er hatte zu lachen geübt, auf Anweisung, im Beisein einer Handvoll Kolleginnen und Kollegen aus anderen Ländern.

Nicht zu streng solle er mit sich sein, wenn die Dinge aus dem Ruder liefen, ruhig einmal lachen, zumindest nachsichtig lächeln, gerade angesichts eigener Unzulänglichkeiten – aber laufend an sich arbeiten, um es zukünftig besser zu machen, das verstand sich von selbst.

Nach einer schnellen Dusche setzte er sich in Skiunterwäsche mit Kaffee, Joghurt und Müsli in das Büro, das er sich in der ehemaligen Scheune einrichten hatte lassen. Er sortierte die rund vier Dutzend E-Mails, die er über Nacht erhalten hatte. Nebenbei wählte er sich in eine laufende Telefonkonferenz eines Teams, das er leitete, ein. Er füllte zwei Trinkflaschen und ließ Magnesium-Brausetabletten hineinfallen. Während er ausgesuchte Mails von Kunden oder Vorgesetzten überflog und die dringlichsten beantwortete, hörte er sich unbemerkt die zunehmend hitzig geführte Diskussion an. Er wusste, dass niemand ihn in der Konferenz erwartete, da er die letzten Male gefehlt hatte. So konnte er feststellen, wie die Situation in seinem Team wirklich war. Nicht die stets positive Version, die er in den Gesprächen mit seinen Mitarbeitern zu hören bekam. Sie alle beherrschten die strategische Kritik an ihren Kollegen, indem sie einander für Nebensächlichkeiten lobten und die Stärken der anderen negierten. Ihre noch so stupiden Aufgaben in den Projekten gingen sie mit zur Schau getragener Euphorie an. Niemand wagte es, sich zu beklagen, weder über Kollegen, Aufgaben oder Kunden. Das war nicht karriereförderlich, zumal in dieser Firma. Wer zum Jammern neigte, wurde als Verlierer erkannt und bei den Einstellungstests, spätestens in der Probezeit ausgesiebt. Als stiller Gast konnte er hören, wie die Nachwuchsführungskräfte sich balgten, wie sie um Budgets, Rollen, Positionen und Einfluss rangen, von denen sie sich Anerkennung versprachen. Im Wissen, dass bestenfalls einer von ihnen es zum Partner schaffen würde.

Gemäß seiner Prognose brachte es voraussichtlich keiner aus dieser Gruppe so weit, weil ihnen allen etwas fehlte, das letzte Quäntchen, wie es in Diskussionen in der Führungsebene oft genannt wurde. Sie ließen die bedingungslose Härte gegen andere vermissen, verfügten nicht über ein herausragendes Beziehungsnetzwerk oder die Gewieftheit, dieses zu nutzen, um neue Projekte zu verkaufen, bedenkenlos Konkurrenten auszustechen, außerhalb und innerhalb der Firma – einer der führenden internationalen Strategieberatungsunternehmen im Finanzsektor.

Die Talentierteste von ihnen hatte den offenkundigsten Makel. Vor einigen Jahren hatte es eine Frau ganz nach oben geschafft, sie war Partner, keine Partnerin. Sie war Wolf unter Wölfen. Mit ihrer Schwangerschaft hatte sie vermutlich selbst nicht gerechnet. Zur Abwicklung der Geburt fehlte sie lediglich an drei Arbeitstagen, eineinhalb Jahre später verließ sie die Firma aus freien Stücken, unter vorgehaltener Hand sprach man von einem psychischen Zusammenbruch.

Die Firma mochte sich den modernen Anstrich der Gleichberechtigung geben, der Leistungsgerechtigkeit und Chancengleichheit, aber die Partner erlaubten sich diesen Fehler kein zweites Mal.

Bernds Einschätzung zur Zukunft seiner Mitarbeiter war letztendlich weder wesentlich noch unfehlbar, wie die Erfahrung ihn gelehrt hatte. Was ihre Karrieren betraf, würde er als ihr Vorgesetzter zwar mitreden, aber nicht entscheiden, wenn es um den letzten Schritt ging. Die Partner ernannten ihresgleichen selbst. Er war Associate Partner, was in den Ohren der meisten Laien bedeutend klang. Tatsächlich aber handelte es sich um einen Titel ohne Wert. Weiter nach oben würde es für ihn nicht mehr gehen, das hatten die Partner vermutlich lange vor ihm gewusst, bis es schließlich auch er begriffen hatte. Er war nicht mehr als ein gut bezahlter Angestellter. Bei der Verteilung der zumeist üppigen Gewinne blieben für ihn nur Krümel übrig. Die wirklich wichtigen Entscheidungen wurden ohne sein Beisein gefällt, er hatte sich danach zu richten. Bei einem alle paar Jahre im Raum stehenden Firmenverkauf, einer Fusion oder einem Buy-out würde der Geldregen sich nicht über ihn ergießen.

Noch war er jung genug und lieferte ausreichende Ergebnisse, um auf dieser Stufe bleiben zu können. Aber es war klar, dass die Partner ihn als eine Cashcow betrachteten und nach ein paar etwas schwächeren Quartalen würde zur Diskussion stehen, dass er zu teuer und nicht mehr hungrig genug sei. Der Druck würde steigen. Er müsste liefern, neue Abschlüsse vorweisen, Umsatz generieren und wenn die Wirtschaftslage nicht mitspielte, würde er sich nach einem anderen Job umsehen müssen. Viele seiner Kunden hatten ihn zu irgendeinem Zeitpunkt abwerben wollen, als er noch ein High Potential war, jung, aber mit der Fähigkeit, so zu tun, als wüsste er mehr über ein Unternehmen als die Menschen, die dort seit Jahren arbeiteten. Er war den Kunden immer einen Gedankenschritt voraus – das genügte.

Wenn ein Kunde ihn abwerben wollte, hatte er stets dafür gesorgt, dass seine Chefs davon erfuhren. Erst dann hatte er die Angebote ohne weiteres Zögern abgelehnt, im Vertrauen auf die vielversprochenen Chancen, es in seiner Firma dereinst nach ganz oben zu schaffen.

Jetzt, wo dieser Zug abgefahren war, hatte sich die Ausgangslage verändert, er würde aus geschwächter Position verhandeln. Zum Vorstand würde es nicht reichen, er würde eine Stelle anstreben, die immer seltener zu finden war: als überbezahlter Manager, um sich ohne Abstriche in die Frühpension hinüberzuretten.

Nach den Jahren laufender Veränderungen, der zeitlich begrenzten Kundenbeziehungen fürchtete er die unweigerliche Routine des Alltags in ein und demselben Unternehmen, die starren Hierarchien, die ewig gleichen Themen und Gesichter mindestens genauso, wie er sich nach einer gewissen Stabilität sehnte. Verdammter Trade-off.

Noch war es nicht so weit, zumindest zwei, drei Jahre wollte er noch sein Gehalt und ein paar ordentliche Boni einstreifen. Er wollte durchhalten, trotz seines neuen Chefs Schneider, jünger als er, der ihm im Nacken saß, als wäre Bernd ein Junior. Es galt zu performen, die Zielvorgaben zu erreichen und dafür zu sorgen, dass seine Mitarbeiter ausgelastet waren, verrechenbar, Umsatz generierend und sich bei aller internen Konkurrenz nicht gegenseitig die Augen aushackten. Die Talentiertesten, die das Zeug zum Partner hatten, neigten ganz besonders dazu und es galt, ihre Energie in die richtigen Bahnen zu lenken.

Er meldete sich in der Telefonkonferenz zu Wort. Als alle begriffen hatten, dass er es war, erstarb die Diskussion, sie beruhigten sich und begrüßten ihn so herzlich, als würde seine virtuelle Anwesenheit echte Freude in ihnen wecken. Er sprach ein paar Worte, über das Team, die gemeinsamen Ziele und die Prioritäten der laufenden Projekte. Er betonte, dass die strategische Ausrichtung nichts mit den involvierten Persönlichkeiten zu tun habe, sondern logische Folge der langfristigen, übergeordneten Strategie der Geschäftsführung sei, der sie sich alle unterzuordnen hätten. Er beauftragte jene Mitarbeiterin, die mit der Planung des umsatzstärksten Projektes beschäftigt war, einen neuen Vorschlag zur Budget- und Ressourcenverteilung zu erstellen, den sie gleich Montag früh in derselben Runde diskutieren könnten. Er vernahm weder Widerspruch noch Fragen, also verabschiedete man sich mit Wünschen für ein schönes Wochenende. Selbst das geriet zum Wettbewerb, in dem sie sich erneut an Herzlichkeit überboten. Ein Wochenende, an dem sie alle arbeiteten, aber nebenbei die Dinge erledigen konnten, für die sonst keine Zeit blieb. Sport, Friseur, Organisatorisches, Bekannte, Familie und Freunde, soweit vorhanden.

Bernd trank den Kaffee aus und klappte den Laptop zu. Er schlüpfte in die bereitgelegte Funktionskleidung, verschloss die Trinkflaschen, verstaute sie im Rucksack, in den er bereits am Vorabend Proviant, Flachmann und zusätzliche Kleidung gepackt hatte. Er schulterte ihn, musterte sich von unten im Spiegel und lächelte etwas angestrengt, als sein Blick auf sein Gesicht fiel, als würde er in das Objektiv einer Kamera blicken.

Er murmelte ein aufmunterndes »Let’s get going«.

Drei

Franz saß auf der Rückbank eines riesigen Geländewagens, der sich durch tiefen Neuschnee grub. Vor der Windschutzscheibe alles weiß, konturlos, keine Straße zu erkennen, keine Landschaft, meterhohe Schneewände zu beiden Seiten, unwirklich, pixelig, wie in einem Computerspiel aus dem letzten Jahrtausend. Das gedämpfte Brummen des Motors, der so gierig Benzin gurgelte, dass er sich daran zu verschlucken schien, als einzig wahrnehmbares Geräusch.

Zu seiner Linken saß seine Tochter Sarah, in einem beigen Kleid, die blonden Haare kunstvoll hochgesteckt wie für einen Ballabend. Sie sah ihn an, lachte und erzählte etwas offenbar Komisches, boxte ihm in den Oberarm, als sie erneut lachte. Franz hörte nichts, spürte keine Berührung. Er drehte sich zu seiner Rechten. Marie blickte ihn mit gelassener Fröhlichkeit an. Auch sie trug ein Abendkleid, fliederfarben. Sie war strahlend schön, ihr Gesicht von einzelnen Locken umrahmt. Als Franz an sich hinabsah, bemerkte er, dass er selbst im Pyjama dasaß.

Die Räder konnten für einen Moment keinen festen Untergrund greifen, der Motor heulte auf, dann preschte der Wagen mit einem Ruck schneller nach vorne, stach in das Weiß hinein.

Bernd saß am Steuer und drehte sich zu ihnen um. Er trug einen Smoking, sein Haar war mit glänzendem Gel nach hinten gekämmt. Er schob seine dunkle Sonnenbrille auf die Stirn, zeigte lächelnd seine makellos weißen Zähne. Tonlos sagte er etwas zu Marie, lachte und redete weiter auf die Frauen auf der Rückbank ein, während sie weiterfuhren, viel zu schnell, der Wagen unruhig, vor ihnen und zu allen Seiten: das undurchdringliche Weiß. Franz sah abwechselnd in die Gesichter, in ihre weit geöffneten Mundhöhlen. Ein schwaches Piepen aus dem Wageninneren mischte sich unter die Motorengeräusche. Er versuchte, an Bernd vorbeizublicken, um auf die Armaturen zu sehen, doch er verdeckte ihm die Sicht. Es musste ein Warnsignal sein, eine Überhitzung, die Ankündigung eines Zusammenbruches, doch niemand kümmerte sich darum, sie rasten ungebremst, sprangen immer wieder über unsichtbare Kuppen, selbst Marie bog sich mittlerweile neben ihm vor Lachen. Der Alarm wurde lauter, penetranter, alle anderen Geräusche verebbten, der Motor erstarb nach einem letzten Bodenkontakt, dann schwebte der Wagen, schwerelos hoben sie ab – oder fielen.

Franz schreckte auf und stellte den Wecker ab.

Fünf nach halb fünf. Es war lange her, dass er um diese Zeit freiwillig aufgestanden war. Freiwillig. Freiwillig war man bei der Feuerwehr – das heute war einer Verpflichtung geschuldet, aus der es kein Entkommen mehr gab. Er setzte sich auf die Bettkante. So wie sein Körper sich anfühlte, nervös, angespannt, aufgekratzt, erinnerte er sich daran, wie er, als vielleicht Zehnjähriger, seinen Vater zur Jagd begleitet hatte. Wenn sie wortlos im Dunkeln eine Bergstraße hinauffuhren, er erst beim Pirschen zu irgendeinem Hochsitz wach wurde, abgewatscht von der kühlen, feucht duftenden Waldluft. Der konzentrierte Versuch, seinem alten Herrn möglichst lautlos hinterherzukommen. Wenn sie am Hochsitz auf der Lauer saßen, war er schon wieder schläfrig, schreckte erst endgültig auf, als sein Vater in der Morgendämmerung seine Büchse auf das Wild abfeuerte. Nachdem sie das tödlich getroffene Tier aufgespürt hatten, brachte sein Vater mit einer zweiten Kugel den Fangschuss an. Franz legte seine Hand auf das blutig verklebte Fell des Tieres, fasziniert von der Wärme des ausgelöschten Lebens. Sein Vater richtete voller Stolz die ersten Worte des Tages an ihn, die so überraschend kamen, dass er sie augenblicklich vergaß – im Gegensatz zu der Begegnung mit dem sterbenden Tier, einer der stärksten Erinnerungen seiner Kindheit.

Marie rührte sich nicht, als er aus dem Zimmer schlich, ihr leichtes Schnarchen ähnelte jenem Geräusch, das der alte DVD-Spieler machte, wenn er vergeblich versuchte, einen zerkratzten Datenträger zu lesen. Für einen Moment blieb er stehen und sah einen Tropfen Speichel aus ihrem Mund über die Wange laufen. Der Anblick seiner Frau beruhigte ihn. Dazu brauchte es keine Worte mehr, keine Gesten oder Berührungen.

Die Tür zu Sarahs Zimmer stand offen. Sie lag zusammengerollt da, wirkte geradezu winzig. Fast siebzehn, immer noch ein Kind für ihn, zerbrechlich, optimistisch, naiv, so eng mit ihrer Mutter verbunden, als wäre gerade erst die Nabelschnur durchtrennt worden. Bei dem Gedanken, sie bald in die Welt zu entlassen, wo sie Abenteuerlust und Fernweh stillen würde, verengte sich seine Brust. Es war eine bekannte, diffuse, in der Dunkelheit schlummernde Angst, die er wie immer rasch wegschob, bevor sie sich im Schein von Gedanken oder dem grellen Licht von Worten zeigen konnte.

Behutsam zog er die Tür zu.

Beim Zähneputzen starrte er sein Spiegelbild an. Er konnte Einzelheiten erkennen, die grauen Bartstoppeln, die tiefen Falten auf der Stirn und zwischen den Augen, die wenigen wirren Haare auf dem Kopf, die lästigen auf dem Nasenrücken. Die vertrauten Details änderten nichts an der Tatsache, dass er einem Fremden ins Gesicht blickte, den er auf der Straße vermutlich nicht erkannt hätte.

In der Küche setzte er Kaffee und heißes Wasser auf. Er schlüpfte in eine Mischung aus Wander- und Skibekleidung, die er am Vorabend auf der Couch bereitgelegt hatte. Zu diesem Anlass musste das alte Gewand noch einmal herhalten. Das kochende Wasser goss er in eine Thermoskanne auf zwei Beutel Schwarztee.

Zum Kaffee ein Stück Brot, ein wenig Käse, etwas Honig. Nichts in seinem Körper verlangte nach Nahrung, er hatte Mühe, das Brot zu kauen, nur mithilfe des Kaffees schaffte er es, ein paar Bissen hinunterzuwürgen. Er musste essen, um den Tag zu überstehen. Das Geräusch des Pendels der alten Wanduhr hatte ihn schon als Kind beruhigt, wenn der Schrecken eines zu früh angebrochenen Tages ihm noch im Nacken saß.

Beim kurzen, vom Schnee gedämpfte Hupen in der Einfahrt erstarrte er für einen Moment, dann kaute er weiter, seinen Blick in die Kaffeetasse gesenkt. Beim zweiten Hupen gab er sich einen Ruck und stand auf. Er goss den restlichen Kaffee in den Ausguss, schlüpfte in den Anorak und hing sich den Rucksack mit der Skibrille, den Handschuhen, der Thermoskanne, den Fellen und den Wurstbroten um, die Marie ihm am Abend eingewickelt hatte. Im Hinausgehen dachte er zum Glück noch an die Tabletten, die er rasch mit einem Schluck Wasser hinunterspülte.

An der Haustür blieb er mit ausgestreckter Hand wie versteinert stehen, als würde ihn etwas zurückhalten. Er wusste nicht, warum er zögerte. Er hatte bestimmt nichts vergessen, und um das Ganze abzublasen, sich eine Ausrede einfallen zu lassen, war es zu spät. Langsam zwang er seine Hand auf die Türklinke, drückte sie nach unten und trat in die eiskalte Nachtluft. Das Licht des Vollmonds lag wie eine funkelnde Decke auf den Schneefeldern. Die Schneekanonen summten von der Talabfahrt herunter, ein Geräusch, das zum Winter gehörte wie die Musik, die von der Après-Ski-Bar jeden Nachmittag herüberschallte. Die Scheinwerfer von Bernds Wagen blendeten Franz, als hielte man ihm die Lampe in einem Verhörzimmer vor das Gesicht. Er holte Skier, Stöcke und Skischuhe, die er am Vortag überprüft hatte, aus dem Schuppen. Marie wollte für ihn ein modernes Tourenset ausborgen, aber er hatte darauf bestanden, die alten Sachen zu benutzen. Er wollte dem Ausflug durch Auswahl und Verwendung neuer Ausrüstung keine Bedeutung beimessen. Bernd sollte erkennen, wie gleichgültig ihm das Ganze war und dass er nicht im Geringsten daran dachte, mit ihm in irgendeine Art von Wettbewerb zu treten.

Er verstaute die Sachen im Kofferraum von Bernds Geländewagen und rang sich ein verspanntes Lächeln ab, als er auf dem Beifahrersitz Platz nahm.

»Morgen«, brummte er.

Es klang wie ein Stöhnen, nicht wie eine Begrüßung. Dabei wollte er nicht jammern, das hatte er sich fest vorgenommen. Zu jammern bedeutete, sich Bernd unterzuordnen.

Da seine gesamte Gedankenwelt sich in nichts als einem tiefen Seufzer zusammenfassen hätte lassen, blieb ihm nur die Alternative des Schweigens.

Vier

Knapp vor der verabredeten Uhrzeit hatte Bernd seinen SUV in die Einfahrt rollen lassen und sanft die röhrende Hupe betätigt, nach einer Minute noch einmal. Er stellte sich vor, wie Franz noch schnarchend im Bett neben Marie lag. Nach fünf Minuten wollte er losfahren, aber in der Küche brannte Licht. Also nahm er sich vor, zehn Minuten zu warten. Zehn Minuten, in denen er noch ein- oder zweimal hupen wollte – dann würde er allein los. Es wäre eine Erleichterung, ohne seinen alten Freund zu starten, die Tour genießen zu können und das Unangenehme noch einmal zu verschieben, das er für diesen Tag auf seiner Agenda stehen hatte.

Doch nach sieben Minuten öffnete sich die Haustür. Einem Schlafwandler gleich, ohne ein Zeichen des Grußes oder die geringste Eile schlurfte Franz zum Schuppen. Nachlässig und ungeschickt wie ein Tourist schleppte er Skier, Stöcke und Schuhe mit sich. Bernd erkannte auf den ersten Blick, dass die Ausrüstung veraltet war. Er schien von Jahr zu Jahr geiziger zu werden. Geiz und Spießigkeit – früher hätte er sich nicht träumen lassen, dass ausgerechnet Franz zum Inbegriff dafür werden könnte. Franz warf seinen Krempel in den Laderaum und knallte die Heckklappe mit Gewalt zu, anstatt sie mit einem Knopfdruck zu schließen.

»Schönen guten Morgen«, begrüßte Bernd ihn übertrieben freundlich. Bernd sprach für gewöhnlich aus, was er von frühmorgendlicher Übellaunigkeit hielt, von Unpünktlichkeit, die er oft genug als perfide Form von Respektlosigkeit bezeichnete.

Unpünktlichkeit bedeutete Ineffizienz, Verschwendung kostbarer Ressourcen, die er bei seinen Mitarbeitern nicht tolerierte. Franz war keiner seiner Mitarbeiter. Sie waren sich darin einig, dass es sich dabei um eine für alle Beteiligten erfreuliche Tatsache handelte.

Um diese Zeit empfand Bernd das Zuspätkommen als besonders störend, noch dazu, wo er ihn direkt vor seiner Haustür abholte. Er unterdrückte den Wunsch, Franz mit einer sarkastischen Bemerkung zurechtzuweisen, dafür war es zu früh. Außerdem galt es an diesem Tag, behutsam vorzugehen, seine Worte mit Bedacht zu wählen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und sich nicht von Nebensächlichkeiten ablenken zu lassen. Die richtigen Worte, das passende Timing – dann, nur dann bestünde die Chance, das Thema anzuschneiden und es vernünftig wie Erwachsene zu klären.

Es war lange her, dass sie sich wirklich nahestanden, offen miteinander reden konnten wie damals als Kinder, Jugendliche, als junge Männer. Als Erwachsene hatten sie gelernt, Dinge für sich zu behalten. Was ging es den anderen schon an, was einen beschäftigte? Was verstand Franz schon davon, was ihn antrieb, was ihn umtrieb? Franz hatte bis heute nicht begriffen, was genau er beruflich machte. Wenn Bernd erklärte, welche Projekte er bei seinen Kunden realisierte, gab Franz sich gelangweilt oder versuchte, das Thema zu wechseln. Bernd wusste, dass er bloß nicht kapieren wollte, worum es ging. Es war nicht zu abstrakt und komplex für ihn. Es war ihm schlichtweg zu anstrengend, zu mühsam, zu weit entfernt von der Bequemlichkeit seines überschaubaren, immer gleichen Alltags.

Was das Private betraf, war er noch ignoranter. Franz war von seiner Familie und seinen Verpflichtungen im Dorf offenbar so vereinnahmt, dass er kein Interesse für Bernds Leben zeigte. Neue Frauen an seiner Seite nahm er mit großer Distanziertheit zur Kenntnis, als wüsste er schon lange, bevor Bernd es ahnte, dass die Beziehungen nicht von Dauer sein würden.

An die Gleichgültigkeit, die Franz ihm entgegenbrachte, hatte er sich gewöhnt – da waren genug andere, die sich für ihn interessierten. Aber heute musste er es schaffen, diese Distanz zu überwinden. Es musste ihm gelingen, die längst verlorene Nähe wiederherzustellen.

In Kommunikationstrainings hatte er verschiedenste Techniken gelernt, um schwierige berufliche Situationen zu meistern, um Vertrauen aufzubauen, trotz Unwissenheit zu überzeugen, in Verhandlungen Vorteile herauszuschlagen, ohne dass ein Gegenüber es merkte, Konflikte und Eskalationen zu vermeiden oder zu entschärfen. Er löste Konflikte, indem er das Thema abstrahierte, auf eine höhere Ebene hievte, von wo sich immer Argumente für eine logische Lösung in seinem Sinne finden ließen. Kennzahlen waren sein Spezialgebiet. Alles war quantifizierbar, mithilfe der Zahlen konnten Entscheidungsprozesse gesteuert werden, ohne die eigenen Interessen offenlegen zu müssen. Zahlen schafften Distanz, wirkten auf die Beteiligten objektiv, als läge eine Wahrheit in ihnen, jenseits menschlicher Unzulänglichkeiten.

Dieses Vorgehen war in seinem beruflichen Umfeld stets zu gebrauchen, wo negative Emotionen überflüssig, fast lächerlich, in jedem Fall als Schwäche galten.