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Schottische Souvenirs an der Royal Mile in Edinburgh

HIGHLIGHTS | GEHEIMTIPPS | WOHLFÜHLADRESSEN

»Everybody needs beauty as well as bread,
places to play in and to pray in,
where nature may heal and give strength to body and soul.«

»Jedermann braucht Schönheit ebenso wie Brot,
braucht Orte zum Spiel und zur Andacht,
wo die Natur heilen kann und Kraft gibt für Körper und Geist.«

John Muir (1838–1914), schottisch-amerikanischer Naturforscher
und Vater der Naturschutzbewegung

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Kilchurn Castle in Argyll & Bute

INHALT

Das sollten Sie sich nicht entgehen lassen

Willkommen in Schottland

SCHOTTLANDS STÄDTE

  1 Edinburgh: Hauptstadt der Tradition

  2 Edinburgh: entlang der Royal Mile

  3 Edinburgh: das schottische Parlament

  4 Edinburgh: Metropole der Museen

  5 Edinburghs Neustadt

  6 Green Edinburgh

  7 Edinburgh: Stadt der Festivals

  8 Umgebung von Edinburgh

  9 City of Glasgow

10 Glasgows River Clyde

11 Glasgow und die Künste

12 Kelvingrove Art Gallery & Museum

13 Glasgows mondänes West End

14 Charles Rennie Mackintosh

15 Aberdeen

16 City of Aberdeen

17 Old Aberdeen

SCHOTTLANDS SÜDEN

18 Die Borders im Südosten

19 Borders – Moffat, Gretna, Lanark

20 Der Südwesten

21 Kirkcudbright

22 Rhinns of Galloway, Portpatrick

23 Isle of Arran

24 Culzean Castle

25 Am Ostufer des Firth of Clyde

SCHOTTLANDS MITTE

26 Loch Lomond & Trossachs National Park

27 Stirling – Dunblane – Bannockburn

28 Pitlochry

29 Perthshire

30 St. Andrews und das Kingdom of Fife

31 Dundee und Angus

SCHOTTLANDS OSTEN

32 Royal Deeside

33 Cairngorm Mountains National Park

34 Stonehaven – Dunnottar Castle

35 Newburgh – Castle Trail und Costal Trail

36 Speyside

37 Die Küste von Banffshire

SCHOTTLANDS WESTEN

38 Loch Fyne

39 Campbeltown/Kintyre

40 Oban und Umgebung

41 Isle of Mull

42 Isle of Skye – Raasay – Coll – Tiree – The Small Isles

43 Die Äußeren Hebriden

44 St. Kilda

SCHOTTLANDS NORDEN

45 Die Hauptstadt der Highlands und Umgebung

46 Durness – Ullapool

47 Dornoch – Wick – Thurso – Caithness

48 Orkney-Inseln

49 Fair Isle

50 Shetland-Inseln

REISEINFOS

Schottland von A – Z

Kleiner Sprachführer

Register

Impressum

MEHR WISSEN

Glasgow – die Szene-Stadt

Gaumenfreuden auf schottisch

Whisky – das Wasser des Lebens

Tweed – edler Zwirn aus Schottland

MEHR ERLEBEN

Ein Wochenende in Aberdeen

Wandern immer an der Küste entlang

North Coast 500 – Schottlands Traumstraße

Schottland für Kinder und Familien

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Culzean Castle an der Küste Ayrshires

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Ehrung der Piper beim Braemar Highland Gathering

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Neist Point auf der Isle of Skye

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Der schottische Schafbock – Freund oder Feind?

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Ballathie House Hotel bei Stanley

DAS SOLLTEN SIE SICH NICHT ENTGEHEN LASSEN

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Maclellans Castle in Kirkcudbright

image Kirkcudbright (S. 98)

Der gemütliche Ort am nördlichen Ufer des Solway Firth im Südwesten des Landes entwickelte seit Ende des 19. Jahrhunderts eine kreative Kunstszene. Viele Maler und Bildhauer pilgerten hierher und gründeten Kommunen, angeregt von der besonderen Aura und dem speziellen Licht der Region Dumfries und Galloway.

image Culzean Castle (S. 110)

Dramatischer kann die Lage für ein repräsentatives Herrenhaus kaum sein. Umgeben von einem riesigen Landschaftspark thront die eindrucksvolle Villa über der schroffen Klippenküste Ayrshires. Die obere Etage diente dem US-amerikanischen Präsidenten Eisenhower als Ferienwohnung. Besucher erleben hier aristokratischen Lebensstil.

image Radeln am Crinan Canal (S. 197)

Ein gemütlicher Familienausflug führt entlang der künstlichen Wasserstraße, die vor gut 200 Jahren angelegt wurde, um die Schifffahrtswege zu verkürzen. Der Kanal verbindet den Atlantik mit Loch Fyne und schafft damit einen Zugang zum Firth of Clyde und nach Glasgow. Die Treidelpfade dienen heute als entspannte Freizeitwege.

image Charles Rennie Mackintosh (S. 66)

Die revolutionären wie unkonventionellen Gestaltungsideen des Designers, Künstlers und Architekten C. R. Mackintosh machten ihn zum Vorreiter der Jugendstilbewegung in Europa. Seine Akribie und Liebe zum Detail faszinieren und inspirieren in ihrer zeitlosen Eleganz.

image Kelvingrove Art Gallery & Museum (S. 62)

Kunst für Jedermann präsentiert das Museum bei freiem Eintritt in seinem zum Wahrzeichen gewordenen Museumsgebäude in der westlichen Innenstadt Glasgows. Exotische Tiere sind ebenso zu sehen wie die Werke der Glasgow Boys und Girls, Jugendstil, Gebrauchskunst und Möbeldesign.

image Bannockburn (S. 126)

Robert the Bruce führte 1314 die zahlenmäßig unterlegenen schottischen Heerscharen zu einem legendären Sieg über englische Truppen am Flüsschen Bannockburn bei Stirling. 700 Jahre später eröffnete dort unter der Federführung des National Trust for Scotland und Historic Environment Scotland das neue Battle of Bannockburn Besucherzentrum. Hier kann man virtuell das Kampfgeschehen nachstellen und mit beteiligten Personen kommunizieren.

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In der Glasgow School of Art

image Cromlix House (S. 127)

Bereits einen Monat nach seiner Eröffnung verbuchte das Hotel des Tennis-Stars Sir Andy Murray bei Dunblane die erste lukrative Auszeichnung als Schottlands Hotel des Jahres. Das historische, sensibel ausgebaute und eingerichtete »Cromlix & Chez Roux« ist eine gelungene Kombination aus Tradition, Moderne und niveauvoller Cuisine.

image Mercat Tours (S. 37)

In verborgene und geheimnisvolle Welten im Herzen der Hauptstadt Schottlands entführen die Ausflüge von Mercat Tours. Sie entdecken Aufregendes und Unheimliches, sie erkunden Hinter- und besonders Untergründe, sie betrachten Edinburgh aus einer gänzlich anderen Sicht – willkommen in den Vaults!

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Mal sanft, mal rau – das Meer vor Crovie

image Glamis Castle (S. 150)

Ein wenig Hollywoodatmosphäre verströmt eines der grandiosesten Schlösser Schottlands allein durch seine einzigartige Lage am Ende einer prachtvollen Allee. Das Märchenschloss war Heimat der Eltern und Großeltern der unvergessenen Queen Mum, die ihre Kindheit hier verbrachte.

image Highland Games (S. 158)

Highland Games sind eine der wichtigsten Säulen im schottischen Sportjahr und gelten gleichzeitig als Inbegriff gelebter Traditionen. Zwischen Mai und Oktober finden die urigen Wettbewerbe zwischen Baumstammwerfen und Tauziehen überall im Land statt, mit dem Höhepunkt des Royal Highland Gathering in Braemar Anfang September, wenn dort die königliche Familie unter den Zuschauern weilt.

image Crovie (S. 180)

Am Fuße einer steilen Serpentine nistet das frühere Fischerdorf Crovie als lang gezogene Reihe kleiner Häuser zwischen Brandung und Klippen der Küste von Banffshire. Ein steinerner Anleger ragt ins Meer hinaus. Wo früher die Fischerboote anlandeten, regieren nun die Möwen und Seevögel – und die Reisenden, die hier Entspannung finden.

image Neist Point (S. 214)

Die Isle of Skye als eine der populärsten Urlaubsregionen Schottlands bietet eine unglaubliche Fülle fantastischer Landschaften mit der Bergwelt der Cuillin Mountains, dem Old Man of Storr oder der Halbinsel Sleat. Im eher einsamen Nordwesten steht auf einer schroffen, ins Meer ragenden Halbinsel der ikonische Leuchtturm Neist Point, dessen Lage besonders Fotografen zu schätzen wissen.

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Highland Dancing beim Edinburgh Military Tattoo

image Callanish Standing Stones (S. 223)

Vor gut 5000 Jahren wurde die Gruppe aufrecht stehender, unbehandelter Monolithe auf der Insel Lewis errichtet. Warum, das ist bis heute nicht geklärt. Die scheinbar willkürliche Anordnung der etwa vier Meter hohen Steine entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als ausgeklügelte geometrische Formation. Ihre mystische Magie in der Dämmerung bleibt davon jedoch unbeeinflusst.

image North Coast 500 (S. 246)

Seit Kurzem besitzt Schottland seine ganz eigene Route 66. Die NC 500 hat Potenzial zu einer der eindrucksvollsten Traumstraßen der Welt zu werden. Die Route führt, ausgehend von Inverness, oft auf Single Track Roads, ganz strikt entlang der äußersten Küstenbereiche der nördlichsten Festlandzonen der britischen Insel und passiert grandiose Traumstrände, einzigartige Traumschlösser und fantastische Landschaften.

image Fair Isle (S. 262)

Seit 1954 gehört das schroffe Eiland zwischen Orkney und Shetland dem National Trust for Scotland. Ein Windrad liefert die Energie für die rund 55 Einwohner und die vielköpfige Schar an Schafen. Fair Isle ist ein besonderer Hotspot für ambitionierte Ornithologen, die hier eine Vielzahl unterschiedlichster Spezies vorfinden, viele davon auch als Brutvögel. Berühmt ist die Insel zudem für seine warmen Strickpullover mit dem Fair-Isle-Muster. Die Abgeschiedenheit der Insel bietet Ruhe und Entspannung pur.

WILLKOMMEN in Schottland

Schotten sind geizig. Die Männer tragen karierte Röcke mit nichts (?) darunter und werfen mit Baumstämmen um sich. Sie leben auf halbverfallenen Burgen, essen Hafergrütze und Schafsinnereien, neuerdings auch frittierte Schokoriegel, trinken stetig Whisky und entlocken klumpigen Säcken ohrenbetäubende Laute. Sie züchten Schafe im Übermaß, ihre Rinder sind so rothaarig wie verfilzt und zottelig. Es regnet unablässig, es ist kalt, und um den Fremdenverkehr anzukurbeln, verstecken die Schotten Urzeitviecher in den Seen, die sie als Loch bezeichnen.

Kaum ein Land wie jenes im Norden der britischen Insel vereint auf sich eine solch große Zahl an Klischees, Stereotypen und leider auch Vorurteilen. Deren Ursprünge sind nicht zu datieren, oft reichte eine einzige geschichtliche Begebenheit, eine verzeihbare menschliche Unachtsamkeit zur pauschalen Manifestierung. Ein Fünkchen Wahrheit steckt sicher überall dahinter, doch jeder Besucher Albas, so der gälische Name Schottlands, merkt sehr schnell, dass vieles davon auch seine durchaus liebenswerten Aspekte besitzt. Manches trägt sogar zum beinahe reibungslosen Funktionieren dieses ganz besonderen Landes bei.

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Die Bucht vor Airth Castle am Shuna Sound

Schottische Wahrheiten

Wer erstmals in Gretna Green die imaginäre Grenze nach Schottland überquert und sich in den arg kommerziellen Souvenirshops verliert, die rund um die legendäre Hochzeitsschmiede wie Pilze aus dem Boden schossen, gewinnt den Eindruck, dass die Schotten vor lauter Klischeelast kaum noch zu einer Bewegung fähig sind und ihr Dasein nur aus Karos, Haggis, Whisky, Golf und Monsterjagd besteht. Gleichwohl trifft man just dort auf nur einen einzigen kultigen Kiltträger, der voller Inbrunst dem Dudelsack durchdringende, oft gehörte Weisen entlockt.

Bei der weiteren Landeserkundung stellt der Reisende alsbald fest, dass dieses zunächst erlebte, vordergründige Übermaß zur Schau gestellten Brauchtums im wirklichen Leben nur selten anzutreffen ist, und wenn, dann vornehmlich an touristisch attraktiven Orten und bei entsprechenden öffentlichen Veranstaltungen. Natürlich trägt der Schotte gerne seinen Kilt, doch bedarf es dazu meist eines besonderen Anlasses, selbst wenn ihn mittlerweile die junge Generation als festen, modischen Bestandteil für sich entdeckt hat, und er reagiert ausweichend, aber garantiert launig auf die Frage, was er denn darunter noch so tragen würde. Hieraus leiten sich schon einige sehr typische Charaktereigenschaften ab: der Stolz auf das Land und seine Geschichte, die eng mit dem ungewöhnlichen Beinkleid einhergeht, und der Humor, der nur selten verletzt, wenn er sich nicht gerade gegen den ungeliebten englischen Nachbarn richtet, und immer auch mit einer sehr gehörigen Portion Selbstironie versehen ist.

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Folklore auf der Royal Mile zur Schau gestellt

Die Gastfreundschaft und Kommunikationsfreude der Schotten ist sprichwörtlich und geprägt von großer Warmherzigkeit. Sei es nun in geselliger Runde im Pub, beim hilfsbereiten Erklären des Weges oder schlicht bei einer Taxifahrt. Eine aus der Geschichte erwachsene Sparsamkeit wird gern als Geiz kolportiert. Diese Bezeichnung ist grundfalsch. Hingegen ist der urschottische Eigensinn mit einer gewissen Sturheit verbunden und sorgt für manche Skurrilität im Alltag.

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Der Schirm ist manchmal wichtigster Bestandteil der Garderobe.

Das Wetter

Im Vereinigten Königreich ist es guter Brauch, die Konversation mit einem verbalen Austausch über das Wetter zu beginnen. Da macht Schottland keine Ausnahme, manchmal wird dabei regelrecht philosophiert.

Es weht ein steter Wind, und es regnet – vermeintlich – häufig. Beides ist eng miteinander verbunden, denn der Wind, der vornehmlich aus westlicher Richtung vom Atlantik bläst, treibt Wolken vor sich her, die sich an der Küste im Westen, wo das Meer auf vorgelagerte Inseln und Festland trifft, entladen, während der Osten des Landes eher trocken bleibt. Dies belegen diverse Statistiken, wobei Niederschlagsmenge und -intensität durchaus nicht dramatischer sind als in klimatisch begünstigteren Regionen auf dem Kontinent. Der permanente Wind hat im Übrigen seine Vorteile, sorgt er doch dafür, dass eine Wetterlage nie zu lange anhält. Unbeständigkeit ist an der Tagesordnung, vier Jahreszeiten an einem Tag sind keine Seltenheit.

Der schottische Dialekt der südlichen Landesteile, das Scots, liefert eine unglaubliche Vielzahl von Bezeichnungen für Regen, dies lässt auf eine sehr intensive Auseinandersetzung mit dem feuchten Element schließen. Aber auch Wind und Sturm werden wortreich bedacht. Schottland genießt die Vorzüge des Golfstroms, der gemäßigtes Klima mit sich bringt. Die Sommer sind nicht zu heiß, die Winter nicht zu kalt, der Westen tendenziell etwas wärmer als der Osten, wobei die Temperaturen im Sommer nie unangenehm werden. Positiv also für diejenigen, die während des ganzen Jahres Golf spielen, Wanderungen oder Klettertouren machen möchten.

Ein typisch schottisches Phänomen ist der Haar, urplötzlich auftretender, extrem dichter Bodennebel, der über kaltem Meerwasser entsteht und landeinwärts treibt. Eine weiße Wattewand zieht dann vom Meer herüber und hüllt Landschaft und Städte ein.

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Straßencafé in der Glasgower Merchant City

Stadt und Land

In Edinburgh, Glasgow und deren Vorstädten sowie Aberdeen versammelt sich mehr als ein Viertel der schottischen Gesamtbevölkerung. Die Hauptstadt Edinburgh an der Ostküste liegt geografisch auf gleicher Höhe genau Glasgow gegenüber, das sich demonstrativ nach Westen öffnet. Obwohl nur 75 Kilometer zwischen den beiden Metropolen liegen, sind sich The Auld Reekie und The Dear Green Place alles andere als grün. Es verbindet sie eine über Jahrhunderte gepflegte Hassliebe und stetes Konkurrenzdenken. Gelebte Tradition steht auf der einen Seite einer kosmopolitischen Weltoffenheit gegenüber. Eine für die Außenwirkung Schottlands durchaus fruchtbare Konstellation. Als zufriedener Dritter im Bunde genießt Aberdeen den hart erarbeiteten Status als europäische Energiehauptstadt.

Hinter dem Hadrianswall, den die Römer in grauer Vorzeit errichteten, um nicht weitere Auseinandersetzungen mit den streitbaren Pikten, den »Bemalten«, jenseits der Mauer fürchten zu müssen, beginnt das Land Kaledonien. Zwischen der Irischen See und der Nordsee wechselt fruchtbares Acker- und Weideland ab mit dichten Waldgebieten, die sich dezent in bescheidene Höhen emporschwingen, durchzogen von kleinen Flussläufen und Seen. Größere Ansiedlungen gibt es kaum, dafür viele kleine beschauliche Dörfer und kleine Weiler aus mitunter nur einem halben Dutzend Häusern.

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Wollgras auf Skye

Die Gebiete der Lowlands und Borders, Dumfries und Galloway sowie Ayrshire im südlichen Teil des Landes liegen völlig zu Unrecht abseits der üblichen Touristenpfade. Die Landschaft präsentiert sich hier auf eine reizvolle, liebliche Art mit einer gewissen schottischen Romantik, ganz ohne die Klischee-Bürde. Ein eher industriell geprägter, dichter besiedelter Gürtel erstreckt sich etwas nördlich zwischen dem Firth of Clyde und dem Firth of Forth. Die beiden Wasserwege waren und sind von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Jenseits dieser imaginären Grenze beginnt das eigentliche schottische Hochland, das Ziel der Sehnsüchte des Schottlandurlaubers.

Speziell der Norden und Westen des Landes, die Western Highlands rund um den höchsten Berg auf dem britischen Festland, den Ben Nevis (1344 m), sind begehrte Reiseziele. Die Landschaft wird karger, rau, unwirtlich, faszinierend. Von der Eiszeit geformte Berge ragen in den Himmel, in dem, wie auf einer Glasplatte liegend, dramatische Wolkenformationen gleiten und ein ständig wechselndes Panorama bilden. Dabei liegt ein dunkler Schatten über den gesamten nördlichen Regionen, denn die Großgrundbesitzer veranlassten im 18. und 19. Jahrhundert gleich mehrfach sehr großflächige Landschaftsbereinigungen, die so genannten Highland Clearances. Kleinbauern, die Crofters, wurden zwangsweise umgesiedelt, um Platz zu schaffen für die ausufernde Schafzucht. Das erklärt die Menge steinerner Gebäuderuinen, die überall, nun fast malerisch, zu finden sind.

In der Vielfalt der Inselwelt Schottlands herrschen zumeist erhabene Landschaftsformationen vor. Nicht alle gebirgig, einige eher flach und von großer Anmut mit winzigen Siedlungen und viel Vergangenheit. Die Strände vermitteln oft karibische Gefühle. Bizarre Felsküsten umrahmen feinste Sandbuchten am kristallklaren, türkisblauen Wasser. Wassersportler finden geradezu traumhafte Verhältnisse vor, das Schwimmen bleibt hingegen eher »unverfrorenen« Gemütern vorbehalten.

Natur

Flora und Fauna Schottlands sind höchst abwechslungsreich, und seltene Spezies finden ungestörte Refugien. Gerade auf den zahllosen Inseln treffen einige Arten auf passende Lebensräume. Das gilt insbesondere für die lebhafte Vogelwelt mit den beliebten, oft fotografierten, unerschrockenen und an Land tapsigen Papageitauchern. Große Kolonien von Möwen oder Basstölpeln beanspruchen gar ganze Eilande für sich. So beherbergt der aus der Ferne stets weiß erscheinende Bass Rock vor der Küste North Berwicks am Eingang zum Firth of Forth die weltweit größte Kolonie Gannets auf einem einzigen Felsen. 40 000 Brutpaare der weißen Vögel mit den gelben Köpfen und schwarzen Schnäbeln sind dort die »Platzhirsche«. In den letzten Jahren gelang den schottischen Naturschutzorganisationen die Wiederansiedlung von Stein-, See- und Fischadlern in ihren einst angestammten Gebieten.

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Niedlich und neugierig: der Papageitaucher

Touren zur Beobachtung von Walen und Delfinen sind fast immer von Erfolg gekrönt. Die Meeressäuger mögen die langen Küstenstreifen rund um die Inseln und entlang des Festlands. Seehunde und Fischotter tummeln sich an den Stränden und genießen ihr Sonnenbad. An Land ist das Schaf allgegenwärtig. Verschiedene Rassen entwickelten ihre der Umgebung angepassten Eigenschaften. Einige sind kleiner, andere widerstandsfähiger, wieder andere bilden ihr ganz spezielles Wollkleid aus, das in der entsprechenden Verarbeitung auf den Laufstegen der begeisterten Modewelt vorgeführt wird. Auf der Straße zeichnet sich das Schaf durch unerschütterlichen Starrsinn aus, der mitunter Geduld erfordert.

Nicht ganz so zahlreich, aber in einer Fülle, die Probleme bereitet, ist das Rotwild unterwegs, dem sich nur wenige natürliche Feinde entgegenstellen. Die Geweihträger sind mit Vorsicht zu genießen, sie verhalten sich vorwitzig und hinterlistig. Zotteliges rotes Fell, das die schwarzen Knopfaugen hinter wilder Mähne und unter mächtigem Gehörn verbirgt, ist das Markenzeichen des Highland Cattle. Die Hochlandrinder machen sich als Stofftiere ebenso gut wie auf dem Teller. Zunächst ein wenig merkwürdig wirken die Belted-Galloway-Rinder, die vornehmlich im Südwesten des Landes gezüchtet werden. Der auffällige weiße Streifen um ihre Körpermitte brachte den Verwandten der Hochlandrinder den Kosenamen Beltie ein.

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Die zotteligen Hochlandrinder trotzen Wind und Wetter. Sie sind sehr robust und trotz ihrer mächtigen Hörner sehr gutmütig.

Traditionen

Die Volkssportveranstaltung Highland Games steht sinnbildlich für urschottische Traditionen. Neben dem Highland Dancing, natürlich im Kilt und karogewandet, kommt der Dudelsack, das typische Musikinstrument mit seinem ebenso typischen Klangbild zum Einsatz. Darüber hinaus messen sich die schottischen Männer in antiquierten Sportarten wie Baumstammwerfen – Tossing the Caber –, das eigentlich eher als Stoßen zu bezeichnen und nicht weit, sondern sehr prazise auszuüben ist, Tauziehen, dem Tug-o-War, Ringkampf oder Hammerwerfen.

Nahezu jede Gemeinde veranstaltet wenigstens einmal im Jahr eigene Hochlandspiele. Herausragendes Ereignis der Saison ist das am ersten Samstag im September ausgetragene Braemar Highland Gathering in der Nähe der königlichen Sommerresidenz Balmoral Castle, für das alljährlich die Queen die ehrenvolle Aufgabe der Schirmherrschaft übernimmt. Bereits im 11. Jahrhundert sollen die Clan Chiefs durch derartige Wettkämpfe ihre besten Krieger ermittelt haben. Clan-Treffen in friedlichen Zeiten waren oft von sportlichen Aktivitäten begleitet.

Schottenkaro und Kilt, der nur von Männern getragen wird, blicken auf eine schillernde Historie zurück, die mit den gesellschaftlichen Strukturen in früherer Zeit zusammenhängt. Denn die Clans, das gälische Wort für »Gemeinschaft«, eine Art schottischer Familienbande also, bildeten sich in den diversen, teils abgeschiedenen Regionen des Landes und stellten die Stützen der damaligen Gesellschaft dar, die alle gemeinsam gegen Besatzer kämpften, aber auch untereinander recht blutige Machtkämpfe austrugen. Traurige Berühmtheit erlangte das vernichtende und heimtückische Massaker von Glencoe im Februar 1692, als die Campbells einer Siedlung der MacDonalds den Garaus bereiteten.

Jedem Clan ist ein bestimmter Tartan – es sind mehr als 4000 dieser Karomuster bekannt – zugeordnet, der bei Feierlichkeiten sehr stolz zur Schau gestellt wird. Prunkstück ist der Kilt mit seinem opulenten Zubehör vom Sporran, einer Ledertasche, über die Clan-Brosche bis hin zum Sgian Dubh, dem schwarzen Messer, das man an den karierten Kniestrümpfen trägt. Das »Scottish Register of Tartans« zertifiziert offiziell neue Karokreationen. Aus der Verarbeitung von Schafwolle stammen auch der populäre Harris Tweed und die Fair-Isle- und Shetland-Strickwaren, die nach alten Techniken und traditionellen Mustern in Handarbeit hergestellt werden.

Nach der Niederlage gegen die Engländer 1745 in Culloden war das Tragen von Karomustern, das Spielen des Dudelsacks, ja selbst die Verwendung der gälischen Sprache bei Strafe verboten. Die Besatzer wollten alles Schottische eliminieren, was ihnen jedoch nicht gelang und darüber hinaus Basis einer Ablehnung des »Englischen« wurde, die noch immer Gültigkeit hat und einen elementaren Teil schottischer Alltagskultur darstellt. Die Schotten unterstützen im internationalen Fußball immer zwei Teams: ihre eigenen Bravehearts und den jeweiligen Gegner Englands.

Bei den nationalen Symbolen beschreiten die Schotten recht exzentrische Wege: Die schottische Kiefer soll zum Nationalbaum ausgerufen werden und damit den gleichen bevorzugten Stand einnehmen, den die Distel schon seit dem 15. Jahrhundert innehat. Sie bildet einen ganz elementaren Bestandteil des schottischen Wappens.

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Das Tauziehen – Tug o’War – gehört zu den kräftezehrenden Wettbewerben der Highland Games.

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Patriotisches Taxi vor dem Bahnhof Glasgow Central

Wenig überraschend in diesem Kontext fiel die Wahl des Nationaltiers auf ein Fabelwesen: das Einhorn, dessen Symbolik von Reinheit, Jungfräulichkeit, Heilkraft bis zur Lebensfreude reicht, starke Männlichkeit und fruchtbare Weiblichkeit vereint – universell verwendbar und stets positiv besetzt. Seit der Hochzeit von James IV. mit Margaret Tudor 1503 und der Vereinigung des schottischen und englischen Throns zieren Löwe und Einhorn gemeinsam das königliche Wappen.

Schottisches in der Gastronomie

Zum Frühstück kredenzt der Schotte traditionell ein opulentes Mahl, das aus diversen Zerealien, Obst und Joghurt, Tee oder Kaffee und dreieckigen, gern leicht verbrannten Toasthälften besteht. Entscheidend ist jedoch das cooked breakfast. Tomaten, Pilze, Bratkartoffeln, Rösti, Bohnen, Pfannkuchen, Variationen vom Ei, Fisch, Würstchen, Speck, Black Pudding (Blutwurst) und Haggis (scharf gewürzte, klein gehackte Schafsinnereien) finden – nach Wahl – den Weg durch die Pfanne auf den Frühstücksteller.

Derart gestärkt fällt der mittägliche Lunch, serviert vornehmlich zwischen 12 und 14.30 Uhr, eher bescheiden aus. Kleine Gerichte, Sandwiches, Burger, vielleicht der Klassiker Fish ‘n Chips stehen auf der Menükarte von Pubs und Restaurants. Den Afternoon Tea versüßen Haferkekse, Shortbread und Scones mit Konfitüre und Sahne. Das abendliche Dinner, verfügbar etwa von 18 bis 21 Uhr, besteht je nach Gusto aus zwei bis drei Gerichten. Dazu trinkt man Wein oder heimisches Bier. Zum Abschluss des Abends darf natürlich ein Glas Whisky, ein Dram, nicht fehlen. Oder ein moderner Cocktail, angerührt natürlich mit schottischem Gin. Die Glocke des Wirts zur letzten Runde hat in Großbritannien ausgedient, Öffnungszeiten bis 1 Uhr sind keine Seltenheit, Freitag und Samstag geht es gern etwas länger.

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Fisch wird nicht nur in Zeitungspapier und mit Kartoffelstäbchen serviert.

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Uisge Beatha – das »Wasser des Lebens«

Uisge Beatha – das Wasser des Lebens – ist das schottische Nationalgetränk. Und dies, obwohl die Ursprünge Überlieferungen zufolge vermutlich eher in Irland beim Heiligen St. Patrick zu suchen sind, der im fünften Jahrhundert n. Chr. Irland missionierte und dafür neben der Religion auch allerlei technische Gerätschaft und Wissen mitbrachte. Die Kelten sollen bereits damals die Fähigkeit besessen haben, Flüssigkeiten zu destillieren, die als Arznei verabreicht wurden. Aqua vitae – »Wasser des Lebens«. Urkundliche Erwähnung fand dieses natürliche Medikament erst gut 1000 Jahre später in einem Steuerdokument aus dem Benediktinerkloster Lindores. Noch einmal 150 Jahre später taucht dann auch die Bezeichnung Whisky auf.

Es wird zwischen Single Malt, Malt, Blended und Grain Whisky unterschieden. Der Single Malt stellt dabei das Spitzenprodukt dar, das nur aus Malz (gemälzter Gerste) in einer einzigen Brennerei hergestellt wird und mindestens drei, meist etwa sieben bis acht Jahre im Fass reift. Aktuelle Trends bedrohen mittlerweile die Vormacht des »schottischen Goldes«. Gin ist in. Den klaren Wacholderschnaps, der sich bestens für Mixgetränke und Cocktails eignet, destillieren kleinste und größere Brennereien in erstaunlicher Vielfalt. Und zahlreiche kleine Craftbeer-Brauereien haben sich mit ihren Gerstensäften längst aus der Umklammerung internationaler Bierkonzerne befreit.

Schottisch aktiv

Das erste Fußball-Länderspiel trugen die Nationalteams von Schottland und England am 30. November 1872 in Glasgow aus. Das Spiel endete mit einem torlosen Remis. Zu den Klassikern bei den Begegnungen der Vereinsmannschaften gehört Old Firm, das Spiel der Glasgow Rangers gegen Celtic Glasgow. Die Rangers, das protestantische Team, meldeten kürzlich Insolvenz an und bemühen sich nun wieder, in die erste Liga aufzusteigen. Celtics Ursprung liegt in der großen, im spätem 19. Jahrhundert eingewanderten irischkatholischen Gemeinde Glasgows, die im Fußball einen Ausweg aus sozialer Isolation fand.

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Der Old Course von St. Andrews, der Wiege des Golfsports

Obwohl das schottische St. Andrews als Wiege des Golfsports gilt, scheint der wahre Ursprung des elitären Rasensports in den Niederlanden zu liegen. Als ersten eindeutigen Beleg verweist die Geschichte auf den Kauf eines hölzernen Golfschlägers durch König James IV. von 1491. Die schottische Variante des Sports konnte die Zeiten überdauern und kulminiert alle zwei Jahre im Ryder-Cup-Turnier, dem Vergleich der besten Golfspieler Amerikas und Europas, die im schottischen Gleneagles aufeinandertreffen. Golf ist Volkssport im Land, überall gibt es hervorragend präparierte Plätze, teilweise mit großer Tradition. So gilt der Old Course als Traumziel eines jeden ambitionierten Golfers in der Welt.

Mit Ball und Schläger geht der Schotte zudem beim Shinty zu Werke, dem Hockey der Kelten. Zwölf Spieler pro Mannschaft stehen sich auf einem Rasenplatz von ähnlichen Ausmaßen wie beim Fußball gegenüber, das Tor ist fast quadratisch. Nur der Torhüter darf den Ball mit der Hand spielen.

Einen winterlichen Zeitvertreib stellt das Curling dar. Es erweist sich bei Olympischen Winterspielen immer wieder als Publikumsmagnet. Schottland hat einen erheblichen Anteil daran, stammt doch die Hauptproduktion der schweren Curlingsteine, die feinfühlig übers Eis zu schieben sind, von Ailsa Craig im Süden des Landes.

Abgesehen vom Golf bleibt dem Urlauber bei den bislang genannten sportlichen Aktivitäten meist nur das Schicksal des unterhaltsamen, jedoch passiven Zuschauens. Die fantastische Landschaft und eindrucksvolle Natur bietet dagegen eine unüberschaubar große Vielfalt an Möglichkeiten zu Aktivitäten, die vom Wandern bis zum Free-Climbing und Segelfliegen reicht, vom Baden bis zum Wildwasserrafting, vom Radeln bis zum Motorrad-Trecking und zur Jeep-Safari oder bis zum Skifahren auf den Höhen der Cairngorm Mountains und am Ben Nevis.

Schottisch kreativ

Der berühmteste lebende Schotte ist der gebürtige Edinburgher Sean Connery (*1930), dessen Darstellung des Geheimagenten 007 alias James Bond im Dienst ihrer Majestät noch immer allen nachfolgenden Schauspielern als leuchtendes Vorbild dient. Seinen Ritterschlag erhielt Connery, traditionell im Kilt gewandet, im Jahr 2000 im Palace of Holyroodhouse. Er gilt als einer der glühendsten Verfechter der schottischen Unabhängigkeit. Dieses Ziel verfolgte auch William Wallace (1270–1305), der seine Bekanntheit ebenfalls einem Film verdankt, denn Mel Gibson (*1956) verkörperte als tapferer Braveheart höchst lebensnah die tragische Figur des Nationalhelden, der wegen Hochverrats zum Tode verurteilt wurde.

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Sean Connery, der klassische Darsteller von James Bond, auf einer Briefmarke aus Guinea

In der schottischen Literatur stehen die Namen Robert Burns (1759–1796) und Sir Walter Scott (1771–1832) an vorderster Front. Der Poet Burns steht für das einfache Volk und die Auflehnung gegen das Establishment. Die Schotten verehren sein Werk und seine Lebensleistung, feiern ihn als Nationaldichter, während Scott der personifizierte Nationalschriftsteller für das Bildungsbürgertum war. Er bildete in seinen Romanen und Dramen das Schottland seiner Zeit ab, verfasste mit den historischen Waverley-Romanen gleich mehrere Bestseller, die auf großes internationales Echo stießen. Sein romantisierender Entwurf eines traditionellen Schottlands liefert die Grundlage für das folkloristisch-klischeehaft besetzte Bild des Landes. Sir Arthur Conan Doyle (1859–1930) schuf mit den Romanfiguren des Privatdetektivs Sherlock Holmes und mit Dr. Watson die Prototypen eines ganzen kriminalistischen Literaturgenres. Joanne K. Rowling (*1965) ist zwar gebürtige Engländerin, doch wird die Mutter von Harry Potter sehr eng mit Edinburgh in Verbindung gebracht. In der Hauptstadt begann sie, teils von der Fürsorge lebend, mit dem Schreiben der bahnbrechenden Fantasyromane um den Zauberlehrling und die Rettung der Welt vor dem Bösen. In einfachen Cafés und Pubs, wie dem »Nicolson« und dem »The Elephant« schrieb sie erste Manuskripte ihrer Werke, die Weltruhm erlangten.

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Tafel für den Nationaldichter Robert Burns am Bulls Inn in Moffat

All dies bliebe vielleicht verborgen, wenn nicht John Logie Baird (1888–1946) die geniale Fernübertragung von bewegten Bildern über Telefonkabel auf einen entfernt platzierten Bildschirm gelungen wäre. 1927 sendete er Aufnahmen von London aus ins Glasgow Central Hotel – die Television war geboren. Überhaupt: Schottland war und ist die Wiege bahnbrechender Erfindungen: Alexander Graham Bell (1847–1922) ließ 1876 das erste Telefon patentieren. Das ausgeklügelt logische System logarithmischer Rechenstäbe des John Napier (1550–1617) bildet die Grundlage der Computertechnik. William Cullen (1710–1790) erfand den Kühlschrank, Isaac Holden (1807–1897) das Streichholz, James Dewar (1847–1932) die Thermosflasche, James Clerk Maxwell die Mikrowelle, Alexander Shanks (1801–1845) den Rasenmäher, und gegen schottischen Landregen hilft zuverlässig der Regenmantel des Charles Macintosh (1766–1843). Ohne John Boyd Dunlop (1840–1921) würden wir uns eventuell noch immer auf knarzenden Holzrädern fortbewegen. Seine luftgefüllten Gummireifen jedenfalls brachten auch das Fahrrad mit Pedalantrieb des Kirkpatrick Macmillan (1812–1878) zum Rollen. Diese Auflistung ließe sich noch über viele Seiten fortsetzen. Schottland ist eben etwas Besonderes – und das in vielerlei Hinsicht.

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Alexander Graham Bell bei der Vorführung seines Telefonapparates

Steckbrief Schottland

Lage: Das schottische Festland und die Inseln im Norden und Westen markieren am Übergang von der Nordsee zum Atlantischen Ozean zu 32 % den nördlichen Teil der britischen Insel. Es grenzt im Süden an England. Die Grenzlinie verläuft über 96 km entlang des Hadrianswalls, 117 n. Chr. von den Römern errichtet.

Fläche: 78 780 km2, 3% Wasserfläche

Küstenlänge: 16 490 km (davon 9911 km Festlandsküste)

Hauptstadt: Edinburgh

Landesflagge: Der Saltire, das Kreuz des heiligen Andreas

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Amtssprache: Englisch, im Nordwesten, auf den Hebriden Schottisch-Gälisch

Einwohner: 5,42 Millionen, 234 300 in Aberdeen, 495 340 in Edinburgh, 599 080 in Glasgow (Stand 2016)

Währung: Britisches Pfund £ (GBP) = 100 Pence, entspricht etwa EUR 1,14 (Stand 3/2017)

Zeitzone: GMT (westeuropäische Zeit), plus eine Stunde Sommerzeit von Ende März bis Ende Oktober

Geografie: Die Charakteristika der Landschaft entstammen der tektonischen Plattenverschiebung und der Eiszeit. Die Hochland-Grenzverwerfung stellt den signifikanten Übergang von den Lowlands zu den Highlands dar. Sie reicht von Arran im Südwesten bis Stonehaven in nordöstlicher Richtung. Während die vom Golfstrom tangierte Westküste wild zerklüftet ist, dominieren lange Sandstrände das Küstenbild im Osten. Der 1344 Meter hohe Ben Nevis in den westlichen Highlands ist der höchste Berg Großbritanniens.

Verwaltung: Schottland ist eine parlamentarisch-konstitutionelle Monarchie, Staatsoberhaupt die britische Königin. Seit 1999 gibt es wieder ein eigenes Parlament. Nicola Sturgeon stellt mit der Schottischen National Partei (SNP) die Regionalregierung. Nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU strebt sie erneut ein Unabhängigkeitsreferendum an.

Religion: Die Hälfte der Schotten gehört der reformierten Nationalkirche Church of Scotland an, 16 % der römisch-katholischen Kirche. Ein gutes Viertel ist ohne religiöses Bekenntnis.

Wirtschaft: Das Öl - und Erdgasvorkommen in der Nordsee und die erneuerbaren Energien sind die wirtschaftlichen Antriebskräfte des Landes. Whisky als flüssiges Gold bildet ein weiteres ökonomisches Standbein. Der Stellenwert des Fremdenverkehrs nimmt stetig zu. Touristen aus aller Welt besuchen die kulturellen Schätze nicht nur der Hauptstadt, sondern kehren auch zurück zu ihren familiären Wurzeln.

Geschichte im Überblick

6000 v. Chr. Erste Besiedlung aus der Zeit des Mesolithikums (Mittelsteinzeit) nachweisbar auf den Inseln im Westen

4000 v. Chr. Größere Ansiedlungen in der Neusteinzeit (Dorf Skara Brae auf Orkney; Langhaus Balbridie, Kincardineshire) und Steinkreise

700 v. Chr. Keltische Einflüsse in der Baukunst durch turmartige Rundhäuser (brochs) und Pfahlbauten (crannogs)

80 n. Chr. Vergebliche Bemühungen der Römer, Schottland zu erobern, Bau des Hadrianswalls als Grenzbefestigung um 117 n. Chr. Die Römer benennen das Land Caledonia und ihre Einwohner Pikten (abgeleitet von picti, »die Tätowierten«, wegen ihrer Körperbemalungen).

um 500 Einfall der Skoten von Irland her, sie besetzen die westlichen Inselregionen.

um 563 Columban erreicht von Irland aus die Insel Iona und gründet dort ein Kloster, um die Christianisierung Schottlands einzuleiten; spätere schottische Könige ließen sich auf dem Friedhof nahe des Klosters beisetzen – in der Hoffnung auf den Status der Heiligkeit.

794 Invasion und Besatzung durch Wikinger setzt ein und währt 500 Jahre.

ab 1000 Viele Könige herrschen mit wechselndem Glück und Geschick und erwehren sich Wikingern wie Engländern; zwei von ihnen (Duncan I. und Macbeth) machte William Shakespeare unsterblich.

1189 Quit Claim of Canterbury begründet Selbstständigkeit Schottlands.

1237 Vertrag von York schreibt Grenze zwischen Schottland und England fest; diese ist bis heute nahezu unverändert.

1297 Die Zeit von William Wallace und Robert the Bruce bricht an; in der Schlacht an der Stirling Bridge wird eine scheinbar übermächtige englische Armee erfolgreich zurückgeschlagen.

1305 Verrat an William Wallace, Verhaftung und Hinrichtung

1314 In der Schlacht von Bannockburn laufen die Engländer in eine geschickte schottische Falle von Robert the Bruce – Schottland wird unabhängig.

1326 Robert the Bruce ruft erstes schottisches Parlament aus.

1371 Die Stewarts erheben Anspruch auf die Krone.

1513 Bei Flodden Edge schlägt Heinrich VIII. die schottischen Truppen.

1542 Im Alter von sechs Tagen wird Mary Stewart (Maria Stuart) Königin, ihre Krönung erfolgt neun Monate später.

1560 John Knox gründet die presbyterianische Kirche. Vertrag von Edinburgh schreibt den Verzicht Frankreichs auf jedweden Anspruch in Schottland fest, damit hat die Reformation gesiegt, die Franzosen akzeptieren Elisabeth als Königin von England.

1567 Schottischer Adel setzt Mary auf Loch Leven Castle gefangen, zwingt sie abzudanken und den Thron an ihren einjährigen Sohn James abzugeben.

1587 Hinrichtung Marys

1603 Vereinigung der Königreiche Schottland und England

1642 Schottland verliert Unabhängigkeit in der englischen Revolution, Cromwell siegt 1650 in der Schlacht von Dunbar und besetzt das Land.

1689 Beginn des Aufstands der Jakobiten, der Anhänger der Stewarts – Schlacht bei Killiecrankie

1692 Massaker von Glencoe trauriger Höhepunkt der Clankriege

1745–46 Bonnie Prince Charlie versucht ein letztes Mal, den Thron für die Stuarts zu erobern, vernichtende Schlacht bei Culloden im April 1746 (Kilt, Tartan, Dudelsack).

1759 Am 25. Januar erblickt Nationaldichter Robert Burns das Licht der Welt.

1800-1850 Zeit der Highland Clearances, der Säuberung und Entvölkerung des Hochlands aus wirtschaftlichen Erwägungen

1848 Königin Victoria erwirbt Balmoral Castle, seither Sommersitz des Königshauses.

1872 Erstes Fußball-Länderspiel zwischen England und Schottland in Glasgow

1934 Gründung der schottischen Nationalpartei SNP, ihr Ziel: die Unabhängigkeit Schottlands

1967 Erster Sitz für die SNP im Parlament durch Winnie Ewing. Der Luxusliner QE II läuft in Glasgow vom Stapel.

1979 Volksabstimmung zur Unabhängigkeit scheitert

1997 Große Mehrheit stimmt per Volksentscheid für eigenes Parlament, der Stone of Destiny kommt zurück nach Edinburgh Castle.

1999 Eröffnung des schottischen Parlaments

2004 Queen Elisabeth II. weiht neues Parlamentsgebäude in Edinburgh ein.

2011 Absolute Mehrheit für SNP bei britischen Regionalwahlen am 6. Mai. Alex Salmond ist First Minister.

2014 Das Referendum zur Unabhängigkeit Schottlands scheitert. Nicola Sturgeon wird First Minister.

2016 Großbritannien beschließt den Austritt aus der EU. Die schottische Bevölkerung stimmt für einen Verbleib.

SCHOTTLANDS STÄDTE

1Edinburgh: Hauptstadt der Tradition

2Edinburgh: entlang der Royal Mile

3Edinburgh: das schottische Parlament

4Edinburgh: Metropole der Museen

5Edinburghs Neustadt

6Green Edinburgh

7Edinburgh: Stadt der Festivals

8Umgebung von Edinburgh

9City of Glasgow

10Glasgows River Clyde

11Glasgow und die Künste

12Kelvingrove Art Gallery & Museum

13Glasgows mondänes West End

14Charles Rennie Mackintosh

15Aberdeen

16City of Aberdeen

17Old Aberdeen

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Auf der Union Street in Aberdeen

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1 Edinburgh: Hauptstadt der Tradition

Edinburgh Castle

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Wenn eine Stadt Kultur und Brauchtum, Folklore und Tradition verkörpern könnte, dann wäre die schottische Hauptstadt Edinburgh dafür das Musterexemplar. Vielleicht ist die 450 000-Einwohner-Metropole sogar ein bisschen schottischer als Schottland selbst, in jedem Falle attraktiv, gespickt mit großartiger Historie, stolzer Aristokratie und vornehmem Bürgertum.

Die königliche Burg

Der Vorplatz, die Esplanade, vor Edinburgh Castle dient während des Sommers als tribünengesäumte Arena des Royal Edinburgh Military Tattoos, ansonsten beginnen hier die Reisegruppen ihre Rundgänge durch die Stadt oder eben auf die altehrwürdige Festungsanlage, die wie ein Adlerhorst weithin sichtbar in der Mitte der Stadt thront und deren unverwechselbar charakteristische Silhouette prägt. Bis ins 11. Jahrhundert reicht die Geschichte des monumentalen Bauwerks als königliche Residenz auf dem markanten Castle Rock in gut 135 m Höhe zurück. Der erloschene Vulkan diente zuvor schon den Pikten um 600 n. Chr. als Respekt einflößendes Statussymbol und perfekter Standort ihrer Machtzentrale.

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Die Esplanade vor Edinburgh Castle ist ein belebter und beliebter Treffpunkt zu allen Jahreszeiten und Schauplatz beeindruckender Veranstaltungen wie Konzerten und dem Royal Military Tattoo.

Das heutige Aussehen des königlichen Palastes, der tagtäglich gewaltige Besucherströme zu bewältigen hat, basiert auf den architektonischen Idealvorstellungen des 15. Jahrhunderts. Einige Gebäudeteile sind wesentlich älter, so die vergleichsweise winzige St. Margaret’s Chapel, die etwa um 1130 errichtet wurde und gleichzeitig das älteste noch erhaltene Bauwerk Edinburghs ist. Am Gatehouse bewachen die Helden der schottischen Geschichte, William Wallace, der Braveheart aus dem gleichnamigen Film, auf der rechten Seite und Robert the Bruce, der heroische Triumphator über England in der Schlacht von Bannockburn 1314, auf der linken Seite, das Schloss. Nach Durchquerung des Portals führt der Weg bergauf, rechts liegt der gut sortierte Souvenirshop mit Ticketverkauf. Am Portcullis Gate im Argyle-Tower gleich dahinter beginnen die geführten Touren über das Burggelände. Danach öffnet sich ein großer, gepflasterter Platz mit Hinweistafeln zu historischen Daten und den unterschiedlichen Baustadien.

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Die Burg thront über den Princes Street Gardens mit dem Museumsensemble der National Galleries.

»Wenn die Kanone schlägt«

Von der Terrasse der Mills Mount Battery wird täglich um 13 Uhr aus alter Gepflogenheit ein Kanonenschuss abgefeuert. Dieser belächelte, aber sehr beliebte Anachronismus benennt, außer sonntags, seit 1861 auf Wunsch der Händler und der Bürger der Stadt die exakte Tageszeit. Ursprünglich sollte diese Funktion der herabfallende Time Ball auf dem Nelson Monument am Calton Hill übernehmen, doch man musste zur rechten Zeit hinschauen, um den Zeitpunkt nicht zu verpassen. Also kam das akustische Signal von der anderen Seite der Innenstadt hinzu. Beides war sogar einmal über ein einziges langes Kabel miteinander verbunden.

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Das Standbild von Douglas Haig eignet sich bestens als Fotohintergrund.

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Piper bei den Vorbereitungen für ihren Auftritt beim Tattoo

Im Kronsaal des Königspalasts, Royal Palace, sind die schottischen Kronjuwelen zu besichtigen, darunter auch die Krone, die Mary, Queen of Scots, bei ihrer Krönung 1540 getragen hat. Das pompöse Gepränge, Zepter und Schwert, war mehrfach Gegenstand kriegerischer Auseinandersetzungen, wurde gestohlen und wieder zurückgebracht. Gleiches gilt für den legendären schottischen Krönungsstein, den »Stone of Destiny«, der erst 1996 aus London nach Edinburgh zurückkehrte. Wer dem Übermaß an Historie nicht wirklich etwas abgewinnen kann, sollte auf alle Fälle den herrlichen Blick genießen, den alle Mauern, Zinnen und Türme auf und über die Hauptstadt gewähren.

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Im Royal Palace auf dem höchsten Punkt des Castles

Infos und Adressen

SEHENSWÜRDIGKEITEN

Edinburgh Castle. Geöffnet tägl. April–Sept. 9.30–18, Okt.–März 9.30–17 Uhr, Eintritt GBP 16,50, Castlehill, Edinburgh, EH1 2NG, Tel. 0131 225 98 46, www.edinburghcastle.gov.uk

ÜBERNACHTEN

2 Cambridge Street. Luxuriöses B&B in zentraler Lage. Edinburgh EH1 2DY, Tel. 0131 478 00 05, www.wwwonderful.net

INFORMATION

Edinburgh Information Centre, 3 Princes Street, Edinburgh, EH2 2QP, Tel. 0131 473 38 68, www.visitscotland.com

ANREISE

Die schottische Hauptstadt ist am schnellsten mit dem Flugzeug zu erreichen. Direktflüge ohne Umsteigen gibt es mit der Lufthansa von Frankfurt aus (www.lufthansa.com), mit EasyJet von München, Hamburg und Berlin (www.easyjet.com), mit Eurowings von Köln und Düsseldorf (www.eurowings.com) sowie mit Ryanair von Bremen, Frankfurt-Hahn, Weeze, Hamburg und Karlsruhe-Baden (www.ryanair.com). Der Flughafen liegt nahe dem Messegelände von Ingliston im Westen der Stadt. Für den Transfer ins Zentrum stehen bei einer Fahrtzeit von 20 bis 30 Minuten die Straßenbahn (www.edinburghtrams.com) sowie die komfortablen Busse der Airlink (www.lothianbuses.com) zur Verfügung. Zudem sind Taxen und Mietwagen verfügbar. www.edinburghairport.com

2 Edinburgh: entlang der Royal Mile

Vom Schloss zum Palast

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Die Prachtstraße Edinburghs hat, abgesehen von ihrer Längenausdehnung, mit den repräsentativen Boulevards der Hauptstädte dieser Welt recht wenig Gemeinsamkeiten. Weder ziert sie eine mächtige Baumallee, noch reihen sich Schaufensterfronten internationaler Boutiquen und Modeketten aneinander. Sie ist vielmehr eine überaus spannende, vielschichtige Melange aus Tradition, Folklore, Kultur und geschäftigem Leben.

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Pubs auf der Flanier- und Einkaufsmeile nutzen gern die schottische Fahne als Fensterdeko.

Von der Esplanade vor Edinburgh Castle führt die Royal Mile knapp zwei Kilometer stetig bergab, meist auf Kopfsteinpflaster, bis hinunter zum Palace of Holyroodhouse, dem historischen Sitz der britischen Monarchie und dem schottischen Parlamentsgebäude gleich gegenüber. Die Nebenstraßen und -gassen, die Closes, versprühen teilweise den Hauch einer gewissen Morbidität. Sie führen in versteckte Hinterhöfe, oft in eine geheimnisvolle Enge und Finsternis tiefer Häuserschluchten. Gerade deshalb sind sie ein beliebtes Refugium für abendliche Geisterspaziergänge.

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Bravehearts Erben bemalen ihr Antlitz noch immer mit piktischem Blau und kleiden sich in rustikales Fellgewand, um als Model für ungezählte Fotos zu fungieren.

Der Castlehill bildet den oberen Teil der Royal Mile. Braveheart gibt sich die Ehre. In piktischer Tradition mit blau gefärbtem Gesicht, langen Haaren und rustikalem Fellgewand steht er als Fotomodell im Stile Mel Gibsons zur Verfügung, natürlich gegen einen kleinen Obolus. Zunächst führt der Weg zur Camera Obscura, einem historischen Aussichtsturm mit unterhaltsamen Ausstellungen rund ums Thema Optik und Illusion, und zum »Scottish Whisky Heritage Centre« gegenüber.

Whiskyvariationen

Neben einem großen Shop präsentiert dort eine witzige Geisterbahnvariation Wissenswertes und Vergnügliches rund um das schottische Gold. In den oberen Etagen wurden eine Whiskyschule und Räume für professionelle Tastings eingerichtet. Beeindruckend das schottische »Bernsteinzimmer«: eine Sammlung von mehr als 3000 Flaschen Whisky aus aller Welt und eine atemberaubende Farbsymphonie in Gelb, Orange sowie Rot.