Ash schreibt Reviews auf der hauptsächlich der Zensur gewidmeten Filmseite schnittberichte.com. Die hier versammelten Filme sind ein Panorama an Klassikern, Lieblingen und auch aktuellen Gassenhauern. Das Filmjahr war sehr ergiebig. Der Tanz der Teufel wurde ein Jahr zuvor entbeschlagnahmt und bekam 2017 endlich eine Referenzveröffentlichung. Dann war da noch Blade Runner, der nach 25 Jahren eine würdige Fortsetzung inklusive Prequel-Kurzfilmen bekam. Mit 35 Jahren später klafft eine ähnliche Lücke, wie bei der 25-jährigen Pause der ersten beiden Staffeln und des Kinofilms zu David Lynchs Serienmeilensein Twin Peaks.

Aber auch vergessene oder missachtete Schätze kommen nicht zu kurz, wie Die Todesinsel (basierend auf einem Gemälde von Arnold Böcklin) oder den ewig unbekannten Meisterwerken Am Rande des Rollfelds (Vorbild für 12 Monkeys) oder Meshes of the Afternoon. Kurioskolportagehaftes wie Sexual-Terror der entfesselten Vampire oder Sie tötete in Ekstase versprüht erst auf den zweiten Blick den mitunter poetischen Flair. Zuletzt beleuchten die Dokumentationen An Open Secret den Kindesmissbrauch in Hollywood oder Spielzeug – Das war unsere Kindheit weitere Nuancen, die nicht nur beim achten Teil der Star-Wars-Saga enden.

„No More Mrs. Monomyth“ will eine persönliche Filmjagd bieten, die zwischen Trash und Poesie, Kunst und Kommerz das zeigen möchte, was jenseits singulärer Monomythen liegt, die uns Hollywood vorzugaukeln versucht.

Theophrast Ricardus Asher wurde 1666 geboren und schreibt, wenn die Hexe des Westens gefasst ist, weiterhin Traktate und Diatriben auf schnittberichte.com.

The Real Ash

No More Mrs. Monomyth

Filmtagebuch #01

Vorwort

Liebe Leserinnen und Leser,

liebe Seherinnen und Seher,

mit zwei Augen sieht man bekanntlich besser, aber manchmal reicht auch schon ein Auge, um es mit einem Rasiermesser zu zerschneiden oder um es von einem suizidalen Topmodel wiederkäuen zu lassen. Deshalb empfiehlt sich immer eine verspiegelte Sonnenbrille, wenn man mit dem Handkamera-Stift unterwegs ist und seinen Vertrag mal wieder prüfen lassen muss. Film ist ein visuelles Medium, das mich von klein auf begeistert hat. Film ist aber auch etwas Erzählerisches, das ich brauche, wenn ich andere Geschichten brauche. Etwas, das mich in eine beugsamere Realität bringt, die doch meine ist.

Bevor jetzt jemand schon verärgert fragt, möchte ich den etwas seltsamen Titel dieses Filmbüchleins erläutern. Der irische Autor James Joyce hat 1939 Finnegans Wake publiziert, einen der wohl seltsamsten und kompliziertesten Romane der Weltgeschichte. Der Phantasie dieses nickelbebrillten Herren ist es zu verdanken, dass Quark nicht nur mit einem beliebten Milchprodukt assoziiert wird, sondern auch als fundamentales Elementarteilchen in die Physik eingegangen ist.

Weniger bekannt allerdings ist die Tatsache, dass ein gewisser Joseph Campbell in seinem Buch Der Held in tausend Gestalten (von 1949) ebenfalls den Begriff „Monomyth“ aus dem Roman von Joyce entlehnt hat. Die eigentlich nicht vorhandene „Story“ wollte Campbell gegenüber „Betrügern“ wie einem gewissen Thornton Wilder als originär retten und alles andere zu einer dreisten Kopie bloßstellen (was eigentlich ein Widerspruch in sich selbst ist und ihm vielleicht auch deshalb nicht ganz gelungen ist). Ihr wisst schon: aus Adam wurde Eva, die Eva wurde eine Schlange, die Schlange wurde zu Gummi und ein gewisser Hans Riegel aus Bonn machte dann daraus Süßigkeiten. Der Ursprung von Geschichten ist vielfach und Kopie und Variation sind meines Erachtens kaum zu trennen. Natürlich gibt es freche Kopien, aber ein Genre wie der Slasher lebt ja gerade von seinen Verweisen auf sich selbst.

Wie dem auch sei, ich glaube nicht an einen einzigen singulären Mythos, sondern an ganz viele, die immer wieder neu erzählt werden können und manchmal sogar neu sind. Stories gibt es mannigfach und alle können und sollen hier sowieso nicht erzählt werden. Campbells vereinheitlichendes Erzähl-Modell der Heldenreise ist gemeinhin das, was unter dem Begriff Monomythos den archetypisch genannten Helden in Hollywood verkörpert, was jedem angehenden Drehbuchautor verkauft wird. George Lucas (der Erfinder von Star Wars) war und ist ein großer Fan dieser Erzähltheorie. Campbell wurde sogar für die Fernsehproduktion Die Macht der Mythen (1988) kurz vor seinem Tod auf der Skywalker-Ranch interviewt. Wenn das kein Jedi-Ritterschlag war!

Wie gesagt, ich halte persönlich überhaupt nichts von solchen esoterisch anmutenden Vereinheitlichungen. Die Theorie ist gut, aber mir ist sie zu eng. Vor allem sollte sie nicht als Summum Bonum verstanden werden, wenn ihr versteht, was ich meine. „No more quarks for Mister Monomyth,“ sage ich da lieber, um James Joyce zu paraphrasieren, der seinen gelehrigen Schüler Samuel Beckett bestimmt keine einheitliche Heldenreise gelehrt hat.

Was ihr hier zu lesen bekommt und ich mit euch teilen möchte, sind meine gesammelten und überarbeiteten Filmbeobachtungen des Jahres 2017, die ursprünglich auf meiner Lieblingsfilmseite schnittberichte.com veröffentlicht wurden. Dort treffen sich Filmfans und Nerds aus allen Ecken des Bildschirms und tauschen sich zu den neuesten und den vergessensten Perlen der Filmgeschichte aus (meist der härteren Gangart zugegebenermaßen). Die Art der Reviews wurde durch den Umstand geformt, dass es eine Kommentarfunktion gibt, mit der man zu Film und Kritik direkte Rückmeldungen geben kann (von jedem und jeder, der oder die da ihren oder seinen Senf dazu geben wollen). Aus meiner Sicht ein großer Gewinn, wie es auch ein großer Gewinn ist, dass dort jeder schreiben darf (zugegeben manchmal etwas anstrengend und qualitativ schwankend, aber immer „anderst“).

Dem unbedarften Leser der hier gesammelten Filmreflexionen mag vielleicht oft etwas zu viel Fanwissen entgegenschlagen und er wird sich verärgert verlieren in Namen, Schall und Wahn. Das macht aber nichts. Denn manches nicht zu kennen, finde ich immer ganz spannend. Wie schon gesagt, ich steh nicht besonders auf Monomythen. Aber ich steh auf Filme. Die hier vorgestellte Sammlung ist ein bunter Aufschnitt meiner persönlichen Lieblinge. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Eine Theorie will sie schon gar nicht verbreiten, außer dem Wunsch, dass nicht alles immer in ein einheitliches Raster gezwängt wird. Geschichten sollten frei sein. Und jede Geschichte sollte möglich, erzählbar und vor allem denkbar sein. Außerdem sollte noch der „gemeine“ Genre-Film ebenfalls nicht als minderwertig gegenüber dem Arthouse-Kino oder dem kanonisierten Meisterwerk entwertet werden. Aber hey! Wer bin ich, um kritisch zu sein?

Danken möchte ich neben den Ungenannten allen Kommentatoren, Mitlesern und vor allem den Betreibern von schnittberichte.com. Ohne Tom und Magdalena ginge es natürlich gar nicht, die mir nicht nur Inspiration und Bild bieten, sondern immerwährende Identität. Ein besonderer Dank geht an Prof. Dr. Marcus Stiglegger, der mir unbekannterweise seit Jahren mit informativen und unterhaltsamen Audiokommentaren mein Wohnzimmer zum Seminarraum macht und mir die Archive des vergessenen und unbeachteten Films ins Hirn hämmert. Sein filmwissenschaftliches Werk ist unbedingt zu empfehlen. Herausgegriffen sei sein essayistischeres Buch Grenzkontakte: Exkursionen ins Abseits der Filmgeschichte (das etwas Pate hierfür gestanden hat).

Wer sich beschweren möchte oder weitere Kontaktmöglichkeiten sucht, der wende sich gerne an:

ashapproved@mb.de

Keep on rottin!

Ash

Michael Bay's Texas Chainsaw Massacre
(The Texas Chainsaw Massacre)
(US 2003)
Regie: Marcus Nispel

Man kann Michael Bay's Texas Chainsaw Massacre wirklich vieles vorwerfen: dünne Story, unschlagbares Original, flache Charaktere, eine Demystifizierung von Leatherface, etc. Eines aber kann man nicht: man kann den Einfluss von diesem Remake in Hinblick auf den modernen Horrorfilm nicht leugnen. Dass ausgerechnet dieser damals von vielen gehasste, von vielen geliebte Streifen vor einigen Jahren ein in manchen Augen verfrühtes und unverdientes Mediabookrelease bekommen hat, die mittlerweile zu horrenden Preisen auf den Börsen gehandelt werden, mutete seltsam und verfrüht an. Nichtsdestotrotz kann man es verstehen. Die hier gepimpte Texas-Interpretation weiß im Nachhinein durchaus zu gefallen. 2003 ist immerhin lange her.

Betrachtet man sich den Film vom heutigen Standpunkt, muss man feststellen, dass hier der Horrorfilm tatsächlich als großangelegte Popcornkinounterhaltung mit halbwegs großem Budget ernst genommen wurde. Und das war damals nicht ganz selbstverständlich. Die Veredelung findet absolut im bildtechnischen Aspekt statt. Man kann zwar bemängeln, dass ihm das Schmutzige von Hoopers Original fehlt und auch der Humor, wie er im leider unterschätzten und neulich ja endlich auch rehabilitierten zweiten Teil, völlig ad absurdum getrieben wird. Aber stylisch ist er in jedem Fall. Jessica Biel ist dabei natürlich das Eye-Candy schlechthin. Die Kameraeinstellungen, die etwas trübe Farbgebung und das durchwegs im letzten Teil dunkelschwarze Licht-Schatten-Spiel findet seine heutige Form in den längst zur Mainstreamsehgewohnheit gehörenden Inszenierungen von Filmen wie Don't Breathe oder The Green Room.

Außerdem muss man tatsächlich versuchen, zu vergessen, was der Mythos der Filmreihe ist. Dieser findet nämlich auch nur als Zitat statt. Leatherface wird sogar einmal ohne Maske gezeigt, was ihn seltsam blutleer macht und etwas an den sprechenden Mike Myers in Rob Zombies Remakes von Halloween erinnert. Aber, und dies ist das ausschlaggebende Argument, Michael Bay's Texas Chainsaw Massacre macht rundum Spaß. Die Flucht durch Bettlaken, die eigentlich völlig überzogene Hochglanzhollywoodatmosphäre, die Kamerafahrt durch einen jüngst durchsiebten Kopf unterhalten einfach prächtig.

Als Fan der Reihe, und wer ist das nicht, muss man das Remake trotz aller Schwächen lieben. Es glänzt, es verschleiert, es deutet an und löst ein. Zwar fehlt der ikonisch im Sonnenuntergang tanzende Leatherface (der quasi nur zitiert wird), der verliebte Leatherface, der Leatherface wie er sich im Teaser zum dritten Teil die Säge über den Kopf hält, als sei er He-Man vor Castle Grayskull, aber er respektiert die Originale. Das Remake nimmt den Mythos ernst (auch wenn er ihn nicht versteht) und versucht ihn einem großen Publikum nahe zu bringen. Dabei ist er nicht ganz so absurd und widerlich wie die vorhergehenden Filme, dafür aber mindestens so stimmungsvoll. Und die Stimmung ist schließlich das, was die Texas-Reihe immer schon ausgemacht hat.

Michael Bay's Texas Chainsaw Massacre bleibt ein etwas vernachlässigtes Stiefkind, das dem Kettensägenfan sein rasendes Herz aber nach mehrmaligem Sehen höher schlagen lässt. Bleibt abzuwarten, ob er tatsächlich noch weiter wächst. Wiedersehen kann man ihn jedenfalls immer wieder.

The Saw ist und bleibt Family!

Crash
(Crash)
(CA, GB 1996)
Regie: David Cronenberg

Es gibt Filme, bei denen fragt man sich ernsthaft, welcher kranke Kopf sich sowas ausgedacht hat, wenn man hört, um was es in ihnen geht. Jüngstes Beispiel ist vielleicht Human Centipede, mit dem man zartbesaitete Freunde und Kollegen schocken kann, wenn sie einem mit ihrem Filmspektrum auf den Sack gehen, das nicht über die zehntausendste Tatortwiederholung hinausgeht. Denn allein schon die Idee ist für viele nicht zu glauben. "Dass es sowas gibt," heißt es da, "unglaublich. Mund auf Arsch? Das geht doch gar nicht. Pfui Teufel!"

Mit Crash ist es ähnlich. Verkürzt kann man über den Film sagen, es geht um Menschen, die Sex mit Autos haben. Das ist natürlich nur die halbe Wahrheit. In Wirklichkeit geht es um gelangweilte Großstädter mit zu viel Kohle, die sich an Autounfällen aufgeilen und dann miteinander Sex haben. Aber auch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn Crash ist ein kühler Traum in Chrom. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Roman von James G. Ballard, dessen Namen Cronenberg auch seinem Hauptdarsteller James Spader gibt. Die jüngste Verfilmung des 2009 verstorbenen Autors, der experimentell-dystopische Science Fiction vom Feinsten lieferte, war übrigens High Rise unter der Regie vom guten Ben Wheatley, der uns unter anderem den halluzinatorischen A Field in England lieferte.

Was nun David Cronenberg mit der Vorlage zu Crash macht, ist wirklich extrem unterkühlt. Spaß macht das jedenfalls nicht. Aus dem Autor im Roman wird kurzerhand ein Filmproduzent gemacht, der von James Spader gespielt wird und für den Film auch Sinn macht. Ob da jetzt ein Fetisch oder sonst irgendeine psychische Störung dargestellt wird, ist eigentlich nicht so wichtig. Zentral ist, dass Crash Figuren zeigt, die von etwas besessen sind und ständig abartigen Sex haben - mit Prothesen, ohne Prothesen, mit blauen Flecken oder im Sterben. Sex allein reicht ihnen nicht, auch wenn sie ihn die ganze Zeit zu haben scheinen. Nein, sie brauchen den ultimativen Kick.

Cronenberg kennt sich mit solchen Sujets ja aus, denkt man nur an seine Verfilmung von Naked Lunch, die ebenfalls die Grenzen der Logik auslotet und im Grunde von einer Besessenheit oder mehr noch einer Abhängigkeit erzählt. Auch der extrem sperrige, aber bei wiederholtem Sehen ungemein lohnende Cosmopolis kommt einem in den Sinn, der gefühlt fünf Stunden in einer Limousine spielt.

Bei Cronenberg wird oft der Begriff des "New Flesh" zitiert, den der Autorenfilmer selbst erschaffen hat und der eine Art Verwandlung des Körpers bezeichnen soll. Auch bei Crash ist das natürlich vorhanden. Mensch und Maschine sollen eins werden. Das ist der Kernpunkt dieses Body-Horror, den ein anderer Film wie Tetsuo: The Iron Man vielleicht noch radikaler dargestellt hat, da sich die Verwandlung zur Maschine hier eben vollzieht. Bei Cronenberg bleiben die Menschen Menschen. Im Augenblick des Unfalls und Zusammenstoßes suchen sie nach sexuellen oder emotionalen Kräften, die sonst unterdrückt werden. Was auch immer! Finale Antworten liefert der Film sicher nicht.

Wem Ficken allein jedenfalls nicht genügt, der lernt im Film, dass man auch ficken kann, nachdem man einen Unfall hatte, oder sich von einem Unfall erzählt. Wer seiner oder seinem Liebsten schon von verstümmelten Autounfallopfern beim Koitus erzählt hat, weiß, dass das im Normalfall nicht ganz so dolle ankommt. Fakt ist aber, dass Cronenbergs Verfilmung extrem cool ist. Die Kostüme der Figuren sind alle durchwegs passend und haben dabei einen Neunziger Jahre Stil, der zu gefallen weiß. Leitend sind aber vor allem die Fünfziger Jahre und die Autos und Prominente aus diesem Sehnsuchtsjahrzehnt, die hier als verlorene Ikonen einer vergangenen Epoche heraufbeschworen werden. Jayne Mansfield und James Dean sind hier die Säulenheiligen, die beide im realen Leben in einem Autounfall ums Leben kamen. Die Schauspieler wirken dann auch alle in ihrer Inszenierung manchmal wie etwas gealterte Teenager, die den Sex nachholen müssen, den sie in ihrer wirklichen Jugend nicht hatten. Denn wie so oft zeigt Cronenberg Charaktere, die einem eigentlich total unsympathisch sind, die einen aber dann doch faszinieren.

Normalerweise sagt man ja, dass man das im Film Gesehene nicht nachmachen soll. Aber einem Pärchen auf dem Rücksitz beim brutalen Liebesspiel zuzusehen, während man durch die Waschstraße fährt, hat dann doch schon was. Zensurgeschichtlich wurde der Film dann auch nicht zu gut aufgenommen, hat aber letztlich in Deutschland vielleicht durch Cronenbergs Arthouse-Reputation doch noch eine „normale“ FSK 18 bekommen. Leider gibt es den Film bisher meines Wissens nirgends auf Blu-ray und auch die DVD, die qualitativ in Ordnung geht, gibt es nur noch gebraucht zu höheren Preisen. Wünschenswert wäre eine Veröffentlichung wie von Die Brut von Wicked-Vision, was aber wohl eher unwahrscheinlich ist.

Um etwas Geschmack zu machen, empfehle ich eine gute Einführungsszene gleich zu Anfang, wenn sich Deborah Kara Unger eine Brust aus dem BH holt und diese auf das blanke Metall eines Flugzeugs legt.

Um es mit den Worten von James Ballard im Film zu sagen: "Ich finde das alles sehr befriedigend. Ich glaube ich versteh nicht so recht warum."

Abschließend ist für mich als Soundtrack-Fetischist zu sagen, dass Howard Shore, den man nicht nur von Der Herr der Ringe kennen sollte, einen exzellenten Soundtrack geschrieben hat, der dem Film eine weitere Komponente hinzufügt und stellenweise so klingt, als hätte Quorthon von Bathory eine Akustikversion seines prägenden Viking-Black-Metal in seinem norwegischen Abstellzimmer eingespielt. Der Soundtrack klirrt mit seinen elektroakustischen Gitarren nur vor Kälte und untermalt mit seinem absolut reduzierten Orchester den Film perfekt.

Alles in allem ein genialer Film, der eher auf das abseitig-perverse Kopfkino setzt: "All Hail the New Flesh!"

Die Hand an der Wiege
(The Hand That Rocks the Cradle)
(US 1992)
Regie: Curtis Hanson

Die Hand an der Wiege ist mir nur noch im Gedächtnis aus meiner Jugend, da Wayne und Garth in Wayne's World von Rebecca De Mornay immer als "Rebecca De Hornay" gesprochen haben, gefolgt von einem gedoppelten "Schwing", was soviel hieß, dass die Schauspielerin ein heißer Feger war. Da dachte ich mir, dass Die Hand an der Wiege mit dem Versprechen eines spannenden Thrillers durchaus zu unterhalten wissen muss. Irgendwie hatte ich den Film allerdings bald aus dem aktiven Fundus verloren, aber er blieb immer im Hinterkopf haften, da das böse Kindermädchen nicht nur aus dem großartigen Das Kindermädchen von William Friedkin ein richtig knackiger Film ist. Die Hand an der Wiege ist zwar nicht ganz so grandioser Horror, aber irgendwie dann doch wieder ganz gut.

Die Grundstory vom bösen Kindermädchen ist simpel und verschleiert etwas, dass die ursprüngliche Rachegeschichte von Anfang an gegen ein unschuldiges Opfer geht. Hervorzuheben ist zu Beginn des Films eine wirklich schwer aushaltbare sexuelle Belästigung eines Frauenarztes an der schwangeren Protagonistin, die völlig verständlich macht, dass Frauen bevorzugt zu weiblichen Frauenärzten gehen.

Insgesamt ist der Film wirklich solide gemacht. Die Regie von Curtis Hanson ist durchwegs ordentlich und zeigt, dass dieser Regisseur, der auch für L.A. Confindential verantwortlich war, sein Handwerk versteht. Rebecca De Mornay ist nun in ihrer Rolle wirklich kein positiver Charakter, sondern eine Antagonistin, wie sie im Buche steht. Sexy ist sie auch nicht unbedingt, außer man steht auf das etwas altbackene amerikanische Neunziger Jahre Hausfrauenschick. Das spricht aber unbedingt für sie als Schauspielerin, die leider etwas in Vergessenheit geraten ist. Als Wendy Torrance in The Shining von 1997 wusste sie nämlich ebenfalls zu überzeugen und man munkelt, dass Stephen King sie aufgrund dieses Films für das Remake erst wollte. Und eine kleine Anspielung auf Kubricks The Shining kann man am Ende finden, wenn auch aus der Axt ein Schürhaken wird.

Am Schluss liefert Die Hand an der Wiege dann noch ein paar schöne Wendungen und einen richtig schönen Filmtod, der das vorstädtische Amerika mit seinen Gartenzäunen adäquat in Szene setzt. Außerdem gibt es mit Julianne Moore eine denkwürdige Nebenrolle und einen spannenden Soundtrack von Graeme Revell, der von The Crow bis hin zu Planet of Terror viele passende Scores für das Horrorgenre geliefert hat. Ein bisschen erinnert er sogar an Orphan, zumindest am Ende, auch wenn das Waisenkind natürlich kein Kindermädchen ist.

Kein Überhammer, aber ein kurzweiliger Film, der einige schockierende Szenen und Themen (wie sexuelle Belästigung und Kindesmissbrauch) aus der scheinbar heilen Welt der Kleinfamilie im eigenen Häuschen thematisiert.

Und das ist in Wahrheit doch der wahre Horror, oder?

Tanz der Teufel
(The Evil Dead)
(US 1981)
Regie: Sam Raimi

Was soll man zu einem der bekanntesten und für viele wohl wichtigsten Horrorfilme noch groß sagen? Aus aktuellem Anlass fange ich mal von der persönlichen Seite an, nachdem mir heute endlich die deutsche Version in einer ordentlichen Veröffentlichung im Briefkasten zugeschrieen hat: "Guck mich an! Guck mich schon wieder an! Guck mich immer wieder an! Wir haben dich gekriegt! Wir haben es dir gesagt. Wir kriegen dich immer wieder!!!"

Da mich mit Ash eine kleine Namensgleichheit verbindet und ich den Film einfach grandios finde, wie im übrigen die ganze Trilogie und auch die neue Serie Ash vs. Evil Dead, bin ich natürlich komplett unvoreingenommen. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich vom Tanz der Teufel gehört, als ich ein kleiner Stinker am Ende der Grundschule war und immer mit meinem Kumpel Daniel versucht habe bei den coolen älteren Jungs mit ihren Klappmessern und Mofas rumzuhängen. Die hatten verständlicherweise überhaupt null Bock auf uns Vollidioten, fanden aber im Nachhinein unsere Verehrung sicher irgendwie lustig und wir waren natürlich total devot und haben denen im Kaufmannslädchen Cola und irgendwelche Riegel geholt. Verarscht haben sie uns natürlich trotzdem. Aber wir durften immerhin - welche Ehre für uns - ihren Gesprächen zuhören. Das mit den Mädchen haben wir überhaupt nicht verstanden, fasziniert waren wir aber von ihren Erzählungen über die neuesten Filme, die der Anführer der Gruppe - Ronny - immer saucool mit einer Kippe im Mund kommentiert hat mit: "War ganz lässig." Oder: "Mega." Oder: "Ultra." Ein einsilbiger Typ jedenfalls mit einer coolen Judas-Priest-Kutte.

Wie dem auch sei, irgendwann tauchte in den Erzählungen der Jungs der Titel Tanz der Teufel auf. Da hat es mich richtig gepackt. Ich dachte, dass das ein unglaublich harter Film sein müsste und gleichzeitig fragte ich mich, warum Teufel eigentlich tanzen. Vielleicht waren sie ja auch mal ganz nett? Zentrales Thema war dann, dass im Film eine Frau von einem Baum vergewaltigt wird, was die Jungs mit einem hämischen Lachen quittierten. Ich und Daniel verstanden das natürlich damals nicht, aber "vergewaltigen" hörte sich irgendwie ungut an und schien nichts allein mit "Wald" zu tun haben und dass ein Baum irgendetwas Böses machen könnte, das ich damals nicht verstand, hat mich ebenfalls irgendwie beunruhigt. Mich hat die Erzählung über den Film dann ganze Nächte beschäftigt und wachgehalten. Heute würde man mich wohl in Therapie schicken, aber damals auf dem Land hat man das nicht so genau genommen. Da hat man gesagt, dass sich das schon wieder verwächst. Und das hat es auch. Hoffe ich?

So prägen sich Filme eben in die Köpfe ein. Denn gesehen habe ich Tanz der Teufel erst viele Jahre später, nachdem Daniel und ich schon gar nicht mehr befreundet waren und der böse Onkel meines Kumpels Stefan uns endlich mal einen Nachmittag in seine ausgebaute Gartenhütte hinterm Haus gelassen hat, in der seine für mich damals unvorstellbar große VHS-Sammlung aus über 100 (!!!) Kassetten war. Dummerweise waren die Pornos in einem abgesperrten Schrank, was uns natürlich ärgerte.

So weit zu meiner persönlichen Begegnung mit diesem sagenumwobenen Film, der nicht nur die Gemüter bei uns auf dem Lande erhitzt hat. Ihn jetzt in dieser Qualität zu sehen ist wirklich ein schönes Geschenk. Was macht Tanz der Teufel aber heute noch sehenswert?

Tanz der Teufel ist auch heute noch ein Film über ein paar Teenager, die in eine Cabin in the Woods fahren und dort - wie man nur annehmen kann - die Sau rauslassen wollen. Einer der Jungs - Ashley - schenkt seiner Freundin Linda eine Kette, weil er sie wahrscheinlich rumkriegen will. Seine Schwester Cheryl ist auch dabei, was allerdings nicht wirklich klar wird. Genausowenig wie der Status vom befreundeten Pärchen Scotty und Shelly. Bald aber merkt man, dass etwas nicht stimmt. Denn der Mythos von Tanz der Teufel liegt in einem Buch, das sich im Keller der Hütte befindet. Das Necronomicon, das der einflussreiche Horrorautor Howard Phillips Lovecraft ersonnen hat, ist das „Buch der Toten“ und mit seiner Hilfe kann man in andere Dimensionen vordringen, den Horror des unendlichen Universums beschwören, wo hinter den Toren Dämonen und Monster hausen. Denn die "bösen Toten" aus dem Originaltitel The Evil Dead kommen nun zurück. Das Böse schleicht durch den Wald und wendet sich gegen die Teenager. Zumindest muss der Zuschauer das annehmen, wenn die Kamera über den Waldboden huscht und dabei von dunklen Klängen untermalt wird. Cheryl wird in der oben schon beschriebenen Erinnerung von einem besessenen Baum vergewaltigt. Eine Brücke wird zerstört und riegelt jede Flucht ab. Jetzt bricht die Hölle los und die Protagonisten werden besessen und in einer phänomenalen Blood-und-Gore-Orgie, die für damalige Verhältnisse der Maßstab waren, zerstückelt, erstochen und malträtiert.

Am Ende steht nur noch Ash allein da. Er hat das Buch der Toten in die Flammen geworfen und den Fluch damit scheinbar beendet. Aber der Zuschauer wird nicht mit der aufgegangenen Sonne entlassen, der Ash sehnsüchtig entgegenblickt. Nein, er wird wieder von der unnennbaren Macht angegriffen, was den ersten Teil beschließt und womit die Geschichte vom Tanz der Teufel eigentlich erst beginnt.

Dass Bücher gefährlich sein können, lernt man bei Tanz der Teufel. Und wenn man sie verbrennt, kann das manchmal helfen. Aber auf Dauer bringt das nichts. Denn Bücher kommen wieder und Filme sind in diesem Fall übrigens wie Bücher. Sehr gefährlich! Vielleicht ist das ja auch purer Wahn, der durch die Köpfe der Protagonisten spukt? Vielleicht ist das die Punkrockversion vom Exorzisten. Ist das alles nur in Ashleys Kopf, oder ist Ashleys Kopf nur in allem? Können Bäume wirklich böse sein und Lust auf Sex haben? Dafür gibt es sicher keine Antwort. Denn wie ist das Unheimliche im Film inszeniert? Eine Schaukel schlägt an die Wand einer Hütte im Wald. Wind weht durch ein offenes Fenster und bewegt die Vorhänge. Ein Auto, das sich nicht mehr lenken lässt. Ein Stift, der von selbst weiterzeichnet. Splitterndes Glas. Ein dunkler Keller. Tanz der Teufel ist einfach unheimlich gut inszeniert. Das muss man Sam "Spider-Man" Raimi wirklich lassen. Er ist ein Meister seines Fachs.

Soweit zum Film. Zur Veröffentlichung muss gesagt werden, dass die Verpackung im Retro Design etwas enttäuscht. Die 16:9-Fassungen sind eigentlich auch etwas überflüssig, aber der Vollständigkeit halber natürlich trotzdem Pflicht. Wenn man aber darüber hinweg sieht und den Inhalt konsumiert hat, wird man reichlich entlohnt. Denn am Wichtigsten ist und bleibt der Inhalt. Die Verpackung darf gerne schön sein, muss sie aber nicht. Vielen wird die "Original Version" wahrscheinlich zu Recht besser als die "Remastered Version" gefallen, aber das ist und bleibt Geschmackssache. Qualitativ ist die "Remastered Version" jedenfalls erste Sahne. Da gibt es nichts. So hochauflösend und klar hat man den Film sicher noch nicht gesehen. Die handgemachte Effekte wirken da manchmal natürlich etwas altbacken gegenüber heutigen Effekten und CGI-Orgien sowieso. Aber trotzdem sind die Effekte in Tanz der Teufel immer noch toll gemacht, mehr als liebenswürdig und nach wie vor schön blutig. Da darf man die handbemalten Masken und Haushaltsflüssigkeiten ruhig sehen. Denn das ist ja auch "nur" ein Film, oder? Wenn man die Zensurgeschichte betrachtet, kann man das im Nachhinein nun wirklich nicht mehr ganz nachvollziehen und muss es als großangelegte Hetzjagd verstehen, die sehr emotional und grundlegend sicher auch von Lehrern und Eltern geführt wurde, wie man in der vom ZDF produzierten Dokumentation Mama Papa Zombie gut beobachten kann. Da können die Zersetzungseffekte am Ende ruhig an Polenta erinnern.

Die deutsche Synchronisation ist in Deutschland natürlich Pflicht, allein schon wegen des Retrowerts, Englisch konnte das alles ja schon etwas früher bezogen werden. Der Soundtrack war schon immer grandios. Joseph LoDuca ist sowieso ein völlig unterschätzter Filmkomponist, der bis auf das Remake jeden Soundtrack bis hin zu Ash vs. Evil Dead gemacht hat.

Was die FSK 16 anbelangt, bin ich auch etwas enttäuscht, da ich befürchte, dass die Jugend von heute den Film als olle Kamelle abtut, den Papa gut findet und der eigentlich total boring ist. Nicht nice, sondern scheiß. Ein FSK 18 hätte da vielleicht noch einen gewissen Reiz gehabt. Keine Ahnung. Heute müssen es wohl Sachen wie Slaughtered Vomit Dolls sein, die allerdings längst nicht diesen Erfolg haben (können?).

In der letzten Entscheidung der Bundesprüfstelle, die man im Beiheft nachlesen kann, steht, dass der Film heute auch noch nicht "jugendaffin" ist. Ich halte das für absoluten Blödsinn. Wenn ein Film die absolute Krise der Jugend zeigt, dann dieser. Es sind die Dämonen der Jugend, die ständig in der Krise sind. Ob man seine Freundin jetzt küssen oder köpfen soll, stellt sich doch in keinem anderen Lebensabschnitt mehr, oder? Tanz der Teufel ist jedenfalls ein Film, der die Grenzen des Wahnsinns ausleuchtet. Und das bleibt immer wichtig. Denn die Frage ist doch:

"Was würdest du tun, wenn plötzlich alle um dich herum verrückt werden?"

Bist du dann selbst verrückt?

Und warum verdammt nochmal ist Ashley ein Name sowohl für Jungs als auch für Mädchen?

Und wenn man sich die Weltpolitik ansieht, wer weiß, vielleicht wird ein Film wie Tanz der Teufel auch wieder verboten. In einer Welt, in der in manchen Ländern sogar für Vielfalt werbende Disneyfilme nicht aufgeführt werden, bleibt ein Film wie Tanz der Teufel unbedingt relevant.

Für immer und ewig: "Groovy!!!"

Trouble Every Day
(FR, DE, JP 2001)
Regie: Claire Denis

Fragt mich nicht, wie ich auf diesen Film gekommen bin. Es gibt ein paar Listen, da taucht er auf, aber es gibt lediglich eine DVD in Großbritannien, die englisch untertitelt ist und für völlig unverschämte Preise vercheckt wird. Dann habe ich von dem Film durch die Tindersticks gehört, eine meiner Lieblingsbands, die den Soundtrack dazu geschrieben haben, der wirklich sehr stimmungsvoll ist. Der Filmhändler meines Vertrauens hatte die französische DVD ohne Untertitel zufällig für ein paar Euro in der Ramschkiste und ich habe zugegriffen.

Was den Zuschauer bei Trouble Every Day allerdings erwartet, ist wirklich ein ungewöhnliches Seherlebnis. Zunächst einmal zur Regisseurin, was ja auch nicht gang und gäbe ist. Claire Denis ist eigentlich eine waschechte Arthouse-Filmemacherin, die mit Horrorfilmen nullkommanix zu tun hat. Trouble Every Day ist dann auch ihr einziger Ausflug in das Genre. Das Arthouse merkt man dem Film tatsächlich an, da er sehr langsam inszeniert ist, ganz eindringliche Bilder bietet und oft etwas handkameramäßig daherkommt, allerdings nicht wie die Filme im Dogma-Stil. Man merkt jedenfalls, dass der Film kein großes Budget hatte, was aber ja nichts heißen muss.

Eine der absoluten Qualitätsmerkmale ist aber Béatrice Dalle, die in Trouble Every Day die Coré spielt, und dem geneigten Horrorfan aus krassen Gewaltorgien wie dem beschlagnahmten Inside - Was sie will ist in dir bekannt ist. Béatrice Dalle ist auch hier eine grandiose Schauspielerin, die mit ihrem speziellen Aussehen, ihren sexy Lippen und dem lüsternen Blick wirklich von vorne bis hinten überzeugt. Da möchte man gern vernascht werden, auch wenn man dafür mit dem Leben bezahlen muss. Denn Coré ist so eine Art (man könnte sagen) Vampir. Wirklich ausgesprochen wird das nicht. Das ist wohl auch dem Arthouse geschuldet. Aber im Grunde geht es darum, dass sie Nachts auf der Pirsch ist, sich Männer schnappt, um mit ihnen den Beischlaf anzupeilen, sie aber stattdessen totbeißt. Das ist so in etwa das Grundgerüst.

Da mein Französisch leider kaum vorhanden ist, sind mir sicher einige Feinheiten entgangen, aber im Film wird eigentlich nicht so viel gesprochen und die Hälfte des Filmes ist sowieso in Englisch, was sehr erfreulich ist. Zweisprachige Filme sind ja auch nicht ganz so oft verbreitet.

Daneben gibt es zwei Männerfiguren. Shane und Léo. Shane wird von Vincent Gallo wunderbar schmierig und lüstern verkörpert. Er sucht die ganze Zeit nach Coré, weil ihn mit ihr wohl eine gemeinsame Forschungsarbeit und auch Begierde verbindet, bei der sie quasi das Versuchskaninchen gewesen sein muss. Klar ausgesprochen wird das auch nicht. Aber irgendwie scheint es um eine Art abartige Sexbesessenheit zu gehen, bei der man eben gerne Leute beim Beischlaf tötet. Die Schwarze Witwe hätte jedenfalls ihre Freude daran, da diese Spinne das Männchen nach dem Sex ja erst Mal um die Ecke bringt. Dieses tierische Element, dieser Trieb quasi, zeigt sich ebenfalls bei Coré. Diese ist dann meist nur noch mit einem blutüberströmten Nachthemdchen bekleidet ziemlich befriedigt, wenn sie in der Blutsuppe ihrer Opfer watet und sich genüsslich damit einreibt.

Auf der anderen Seite ist da Léo. Dieser arbeitet in einer medizinischen Klinik, wo irgendwelche Hirnforschungen unternommen werden, die wohl etwas mit dieser sexuellen Verirrung zu tun haben, oder eben diesem Vampirismus ohne Verwandlung des Opfers. Shane hat da wohl auch mal gearbeitet, da er hierüber Coré sucht. Léo derweil lebt mit Coré zusammen in einem schönen Häuschen in Paris und hält sie dort abgeschottet gefangen. Wenn sie wieder mal ausbüchst und jemanden tötet, ist Léo derjenige, der die Opfer fachmännisch entsorgt. Ist ja schließlich alles für das Wohl der Wissenschaft.

Die Story ist jetzt nicht so unheimlich komplex, auch wenn man erst Mal eine Weile braucht, bis man sich einfindet. Es empfiehlt sich auf jeden Fall vorher eine Inhaltsangabe zu lesen, sonst ist man doch leicht verloren.

Insgesamt betrachtet bietet Trouble Every Day eine sehr ungewöhnliche Seherfahrung, die einen aber absolut entlohnt, wenn man sich auf sie einlässt. Das ist zwar kein typischerer Franzosenschocker à la Martyrs und Konsorten, sondern eher ein leiser und dabei durchaus blutiger Kunsthorrorfilm, der stellenweise an So finster die Nacht erinnert. Jedenfalls kam mir das von der Stimmung etwas in den Sinn.

Der Film wirkt jedenfalls extrem nach und muss mehrfach geschaut werden. Dass es hierzu keine deutsche Veröffentlichung gibt, ist einfach völlig behämmert und bedarf keiner weiteren Kommentierung im Hinblick auf gewisse Veröffentlichungspolitiken. Vor allem da sich hier eine Regisseurin, die sonst nichts mit diesem Genre zu tun hat, heranwagt, bedarf besonderer Erwähnung.

Mich hat der Film wirklich komplett überzeugt und ich empfehle ihn jedem, der was mit ein bisschen anderen und langsameren Filmen anfangen kann, oder der Lust hat Vincent Gallo beim Wichsen zuzusehen, während seine jungvermählte Frau unbefriedigt an die Badezimmertür klopft. Für jeden ist er auf keinen Fall und er wird viele sicher auch sehr langweilen. Ich fand ihn aber echt einfach nur saugeil.

Ich gebe es zu, auch und vor allem wegen der wahnsinnig sexy Lippen von Béatrice "Sabba, die Hexe" Dalle.

Der Feuerteufel
(Firestarter)
(US 1984)
Regie: Mark L. Lester

"Nach Hause telefonieren?" Wer kennt diesen berühmtberüchtigten Satz nicht, mit dem sich E.T. 1982 mitunter in die Herzen von Millionen Kindern spielte. Noch mehr erinnern sich viele aber sicher an die kleine Drew Barrymore, die damals mit 7 Jahren den schrumpeligen Außerirdischen locker gegen die Wand spielte, der sich mit seinem Atari-2600-Spiel nicht nur meinen ewigen Hass zugezogen hat.

Zwei Jahre später setzt sich Drew Barrymore als wirkliche Jungschauspielerin einen weiteren Genrehöhepunkt mit der Stephen-King-Verfilmung Der Feuerteufel nach dem 1980 erschienenen Roman Feuerkind (unter dem sowohl für den Film als auch für den Roman verwendeten englischen Titel Firestarter). Eines muss man vorweg sagen, Drew Barrymore ist wirklich eine extrem gut gecastede und begabte Kinderschauspielerin, die hier eine Art Zeugnis davon gibt, wie sehr Kinder einen Film bestimmen und prägen können. Von jemandem wie Macaulay Culkin aus Kevin - Allein zu Haus müsste man gesondert sprechen, dessen Modename ja viele reale Jungs vor allem in Deutschland sehr unglücklich gemacht hat. Was die beiden verbindet ist wohl ein Absturz und ein Leben im seltsamen Scheinwerferlicht, das für Kinder nicht unbedingt förderlich ist. Barrymores von Alkohol und Drogen geprägten Weg kann man beeindruckend und vor allem erschreckend in der 1991 erschienenen Biographie Little Girl Lost nachverfolgen. Wenn man liest, wie sie sich mit 9 Jahren schon öffentlich betrunken hat, muss man das Studio- und Agenturensystem Hollywoods in diesem Hinblick sehr kritisch betrachten, was sicherlich ein Punkt ist, der noch heute hochproblematisch ist. Auch längst geadelte Schauspieler wie Ryan Gosling, dessen Herkunft aus der Fernsehsendung Mickey Mouse Club mit Britney Spears oder Justin Timberlake ja längst verdrängt ist, können sicher ein Lied vom Leid ihrer Kindheit singen, das schwierig ist. Glücklicherweise hat sich Drew Barrymore, wie man heute weiß, gefangen und ist eine der großen und immer wieder gern gesehenen Schauspielerinnen, wie sie zuletzt als gutbürgerlicher Zombie wider Willen in Santa Clarita Diet wieder mal gezeigt hat.

Wie dem auch sei, genug von dieser eher dunklen Seite des Filmgeschäfts. Der Feuerteufel ist ein grandioser Psycho-Pyro-Horror-Film mit einer fantastischen Drew Barrymore als Charlie McGee, die pyrokinetische Kräfte entfacht (also Feuer machen kann), wenn sie von der Welt der Erwachsenen zu gestresst ist, was mitunter ein Soldat am eigenen Leib erfahren muss, der sich aufregt, als er von der Schwangerschaft seiner Freundin erfährt und sich deswegen mit dem Zorn von Charlie und flammenden Füßen in eine Flughafenkloschüssel zum Löschen hängen muss.

Warum Charlie diese Kräfte hat, wird im Film nur so halbwegs klar erzählt. Aber das ist auch nicht ganz so wichtig. Charlies Eltern nehmen kurz vor ihrer Geburt an einer Art Geheimtest teil, wo der Same für diese Kräfte gelegt wird. Auch ihr Vater hat zumindest im Film telekinetische Kräfte, die er im Roman nicht hat. Im Zuge dieser Machenschaften, die vom Geheiminstitut "The Shop" (oder auch "Laden", "Firma", was in mehreren King-Büchern auftaucht) ausgebrütet wurden, gibt es natürlich eine anschließende Verfolgung, in der Charlies Mutter ziemlich brutal ermordet wird, was im Roman ausführlicher dargestellt wird und im Film eher unverständlich ist.

Der Film beginnt letztlich mit der Flucht von Charlie und ihrem Vater vor eben dieser undurchsichtigen Geheimorganisation. Dabei geht es wild durch wunderbare amerikanische Landschaften und es gibt eine Menge Feuer, in dem mitunter einige Bösewichte ziemlich brutal von der kleinen Charlie ermordet werden. Gefangen werden Vater und Tochter schließlich vom ebenfalls undurchsichtigen John Rainbird (genial gespielt vom Genrefan-Überschauspieler George C. Scott), der Cherokee-Wurzeln hat und sich abgeschottet von Charlies Vater mit dem Mädchen in Gefangenschaft anfreundet, um ihre Kräfte zu erkunden und zu entfachen, da sie ihrem Vater nach einem besonders brutalen Feuer geschworen hat, diese nie mehr einsetzen zu wollen.

Das Finale ist ein flammendes Inferno, in dem Charlie durch John Rainbird zuletzt tragischerweise auch noch ihren Vater verliert, aber sich zumindest gegenüber dem "Shop" zur Wehr setzen kann, um am Ende deren Machenschaften publik machen zu können. Alles in allem ist die Story in Der Feuerteufel allerdings nicht ganz so wichtig. Bestechend ist das kleine Mädchen, das quasi mit übersinnlichen Kräften ausgestattet ist, die man heute jedem flachen Comic-Helden nur als Backgroundstory wünschen würde.

Insgesamt erinnert Der Feuerteufel sogar etwas an Die Brut (1979) von David Cronenberg, zumindest was die Stimmung und in gewisser Weise die Inszenierung anbelangt. Jedem Freund des End-70er- und Anfang-80er-Horrorfilms sei Der Feuerteufel wärmstens empfohlen. Der Film enttäuscht manche vielleicht bei der ersten Sichtung, wächst aber mit jedem Schauen und offenbart die feine Regie von Mark L. Lester, den man eben nicht nur wegen Die Klasse von 1984 oder Das Phantom-Kommando kennen sollte.

Besonders am Film ist sicherlich die Kameraführung, die sich mir als Nichtfachmann nicht vollständig erschlossen hat, die aber auffällig ist. In vielen Szenen herrscht quasi eine fast fischaugenförmige Linse, die aber nicht wirklich ein Fischauge ist, wie mir scheint. Die Quadrierung ist an vielen Stellen sehr weit und weiß deshalb sehr zu gefallen und auch zu verstören. Hinweise hierzu werden dankend entgegengenommen.

Wissenswert zum Film ist außerdem, dass anscheinend ursprünglich John Carpenter die Regie hätte übernehmen sollen, aber wegen des Kassenmisserfolgs von The Thing vom Studio wohl abgeschossen wurde. Drew Barrymore wäre hier gerüchteweise wohl mit "Phenomena"-Girl Jennifer Connelly besetzt gewesen, die damals immerhin schon 14 Jahre alt war und ebenfalls eine Geschichte als Kinderschauspielerin zu erzählen hat.

Der Soundtrack ist einer der unbekannteren Filmmusiken der deutschen Ambientmeister Tangerine Dream, die sich mit William Friedkins Sorcerer oder Michael Manns Thief atmosphärische Sounddenkmäler geschaffen haben. Der Soundtrack für Der Feuerteufel braucht ein paar Anläufe, zündet dann aber ungemein mit seiner düsteren und doch treibenden, wie auch elektronisch verspielten Dynamik.

Nun aber genug der brennenden Kalauer. Nach Hause telefonieren war gestern: Watch it, or burn in hell!