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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

4.

5.

6.

Epilog

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 1912

 

Der Zylinder-Mann

 

Die Barriere fällt – Kontakte zwischen Menschen und Thorrimern

 

von Horst Hoffmann

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

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Seit Perry Rhodan die mysteriöse Brücke in die Unendlichkeit betreten hat, wurde die Menschheit immer stärker in einen Konflikt kosmischer Mächte hineingezogen. Seit Ende des Jahres 1289 Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist Perry Rhodan zudem als Sechster Bote der Koalition Thoregon unterwegs.

Dieses Thoregon wird von einem bislang unbekannten Gegner bedroht. Dessen Handlanger Shabazza regte beispielsweise die Invasion der Tolkander an, die in der Milchstraße Milliarden von intelligenten Wesen töteten. Seine Aktivitäten sorgten dafür, dass Tod und Vernichtung in weitere Galaxien getragen wurden.

Ein Hinweis auf Shabazza ist die legendäre SOL, das ehemals terranische Hantelraumschiff, das zuletzt in der Doppelgalaxis Whirlpool gesichtet wurde. Die SOL soll zum offiziellen Schiff des Sechsten Boten werden. Perry Rhodan muss sie finden.

Die Menschen auf der Erde können von Perry Rhodans Aktivitäten gar nichts wissen. Und vor allem ahnen jene Menschen nichts davon, die nach der Explosion der Heliotischen Bollwerke in fremde Galaxien verschlagen wurden.

Zu ihnen gehören die Bewohner des Stadtteils Terrania-Süd. Während an Stelle des Stadtteils auf der Erde die gewalttätigen Dscherro materialisierten, müssen die Menschen nun in der Galaxis DaGlausch und auf dem Planeten Thorrim mit einer neuen Umgebung fertig werden.

Die Attacke einer Dscherro-Horde kann mit einem Bluff gerade noch abgewendet werden. Jetzt geht es darum, ein neues Leben unter fremden Sternen zu beginnen. Eine wichtige Person dabei ist DER ZYLINDER-MANN ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Jedder Colusha – Ein Computerspezialist wird zum Botschafter wider Willen.

Darne Colusha – Jedders Frau hat nur für manche Dinge Verständnis.

Earth und China – Zwei Kinder lösen mit der Verfolgung eines Hundes diplomatische Probleme.

Gia de Moleon – Die TLD-Chefin versucht das Leben im abgeschnittenen Stadtteil zu organisieren.

Alaska Saedelaere – Der Aktivatorträger verhält sich seltsam.

Stendal Navajo – Der Mann mit dem Zylinder.

1.

8. November 1289 NGZ

Das Warten

 

»Ich will verdammt sein, wenn das nicht wahr ist«, sagte Jedder Colusha zu seiner Frau Darne, »aber es ist so, Alte. Mit jedem Tag gewöhne ich mich mehr an diese Nebelwände um Alashan herum. Und gleichzeitig komme ich mir vor wie ein Gefangener, der von seinen eigenen Leuten und Freunden bewacht wird.«

»So darfst du nicht reden, Kleiner. Erstens könnte deine Chefin dich hören, und zweitens machst du den Kindern mit dem Gerede nur angst.«

Jedder winkte ab. Kurz drehte er sich um und sah in die Richtung, in der seine Arbeitsstätte lag. Viel sehen konnte er nicht: Der TLD-Tower war in die Erde gebaut, reichte gut zweitausend Meter in den Untergrund, und oben war außer der Landefläche für Gleiter und Space-Jets so gut wie nichts vom Nervenzentrum des Terranischen Liga-Dienstes zu sehen. Das war der Arbeitsplatz Jedders und der von über zehntausend anderen Angehörigen des Terranischen Liga-Dienstes, die es mit auf diesen Planeten verschlagen hatte.

Dann blickte Jedder wieder zu seiner Frau auf, die einen Kopf größer und acht Jahre älter als er war – daher die »Kosenamen«, die sie sich gelegentlich gaben, um sich aufzuziehen.

»Erstens haben wir Meinungsfreiheit; zweitens hat Gia de Moleon, entgegen weitverbreiteter Meinung, ihre Ohren nicht überall, und drittens sind Earth und China mit Chessy beschäftigt. Für sie gibt es nur noch den Dackel.« Der Computerspezialist lachte rau. »Er war das letzte, was wir uns angeschafft haben, bevor uns dieses Heliotische Bollwerk versetzt hat. Und sollten wir je wieder nach Terra zurückkommen, dann leihe ich dir für einen ganzen Tag meine Kreditkarte. Aber in die Gefahr komme ich nicht.«

»Jetzt hör auf zu unken!«, schimpfte Darne. »Natürlich kommen wir wieder zurück. Und zwar in absehbarer Zeit. Umsonst hat deine Chefin nicht die vielen Wachen aufgestellt.«

Sie deutete auf die beiden Männer und den Roboter, die dort vor ihnen standen, wo die schmale Straße durch die Nebelbarriere wie abgeschnitten war.

»Fünf Wochen«, sagte Jedder Colusha nachdenklich.

Der kleine Mann machte einen zerknitterten Eindruck, in jeder Beziehung. Sein Gesicht war voller Falten, das halblange Haar wirkte strohig und unfrisiert, und seine Kombination sah so aus, als habe er eine Woche lang darin geschlafen – eine unerklärliche Meisterleistung bei den im 13. Jahrhundert Neuer Galaktischer Zeitrechnung verwendeten knautschfreien Stoffen.

»Fünf Wochen sind wir jetzt hier«, murrte er. »Man kann nicht sagen, dass sie langweilig waren, aber wir hätten bei normalem Ablauf des Tests nach Stunden oder höchstens nach Tagen zurückgeholt werden müssen. Nein, Darne, dieses Schiff ist für uns abgeflogen. Das hiesige Bollwerk ist explodiert, es gibt kein Zurück mehr. Ich bin nicht der einzige, der so denkt. Es gibt immer mehr Leute, jeden Tag mehr, die voraussagen, dass wir bis in alle Ewigkeit hier festsitzen werden. Sie meinen, wir sollten uns mit der Lage arrangieren, so, wie sie ist.«

Er sah den Kindern zu, wie sie mit ihrem Hund herumtollten. Chessy war tatsächlich ihr ein und alles. Earth, zwölf Jahre alt, und seine siebenjährige Schwester nahmen ihn mit in ihr Bett und erlaubten ihm so gut wie alles, was die Erwachsenen verboten. Earth hatte dem Dackel jetzt zum Beispiel die Leine gelöst.

Die beiden Posten blickten schon misstrauisch, denn die – mit Hund – fünfköpfige Familie hatte sich der Faktordampf-Barriere schon bedenklich genähert. Es gab weitere Schaulustige, die es ebenfalls hierher und zu den anderen Wänden zog, wenn sie dienstfrei hatten. Wer zu nahe kam, wurde von den Wachen im Auftrag der TLD-Chefin mit sanfter Bestimmtheit zurückgedrängt und nach Hause geschickt.

Der einzige, der es geschafft hatte, problemlos zu den Thorrimern zu gelangen, war Mandreko Tars gewesen. Doch der TLD-Angehörige war dank seiner Unauffälligkeit problemlos durch alle Kontrollen gekommen und hatte sich in Zortengaam als Meisterdieb betätigt.

Gia de Moleons Anweisung war deutlich: Niemand hatte ohne triftigen Grund das Faktorelement zu verlassen, weil angeblich stets die Gefahr bestand, dass Alashan von einer Minute auf die andere zurückversetzt wurde. Und wer dann zurückblieb, hatte so schnell keine Chance mehr auf eine Heimkehr zur Erde.

Jedder als TLD-Angehöriger hätte eigentlich mit gutem Beispiel vorangehen müssen. Aber der Computerspezialist tat genau das Gegenteil. Er war davon überzeugt, dass sie die Erde nicht wiedersehen würden. Nachts lag er da und überlegte sich, wie seine Zukunft auf Thorrim aussehen sollte. Er versuchte sich dann vorzustellen, wie die Menschen mit den im großen und ganzen humanoiden Thorrimern zusammenleben konnten. Dass dies möglich war, hatte ihr gemeinsamer Kampf gegen die Dscherro ja gezeigt. Er wollte sie kennenlernen, die neuen Nachbarn.

Und wie ihm ging es wahrscheinlich allen, die sich in ihrer freien Zeit zu den Faktorwänden begaben – vor allem zur östlichen, die direkt die Metropole der Thorrimer, Zortengaam, berührte.

Die etwas füllige Darne, im Gegensatz zu ihrer schlechteren Hälfte korrekt gekleidet und streng nach hinten frisiert, wollte gerade etwas entgegnen, als etwas von hinten an ihnen vorbeischoss und in wildem Zickzacklauf auf die Kinder und Chessy zurannte. Die Kinder und den Hund sah das asiatische Wildkaninchen wohl erst im letzten Augenblick, denn mit einem weiteren Haken nach rechts brachte es sich vor dem Dackel in Sicherheit. Der begann wie elektrisiert laut und hell zu kläffen und nahm die Verfolgung auf. Bevor die Kinder, ihre Eltern und die Posten begriffen, wie ihnen geschah, war das Kaninchen durch die Barriere und Chessy mit Gebell hinter ihm her.

»Bleibt stehen!«, rief einer der Posten, als auch die Kinder loszurennen begannen. »Stehenbleiben, habt ihr nicht gehört? Zwingt uns nicht, euch zu ver...!«

Aber da waren die Kinder auch schon durch die Barriere. Eine Sekunde lang waren sie noch als verwaschene Schemen zu sehen, dann gar nicht mehr. Ihr aufgeregtes Geschrei konnte Jedder für einen Moment noch stark verfremdet hören, dann verstummte es rasch.

»Heilige Milchstraße!«, entfuhr es Darne. Sie stieß ihren Mann an. »Nun tu doch etwas! Steh nicht herum, hol uns gefälligst die Kinder zurück!«

»Nichts wirst du tun, Jedder!«, rief der eine Posten, den Jedder vom Dienst im TLD-Tower her kannte. Er wusste sogar, wie er hieß, und streckte ihm nun abwehrend eine Hand entgegen, während er auf die Faktorwand zulief.

»Willst du mich daran hindern, meine Kinder zurückzuholen, Masters? Sag mir, wie!«

»Indem ich dich zur Not paralysiere! Ich habe meine Order! Ich ...«

»Und du kümmerst dich dann um Earth und um China?«

Jedder lief schneller. Noch wenige Dutzend Meter bis zur blauen Wand. Er sah sich nicht mehr nach den Wachen um.

Von hinten kam es schrill: »Wart auf mich, Kleiner! Ich komme doch mit!«

Und von links: »Jedder, das kann ich nicht zulassen. Nur aus triftigem Grund darf Alashan verlassen werden! Ich meine es ernst. Der Roboter ...«

»... wird nichts unternehmen!«, schrillte Darne den TLD-Mann im Vorbeirennen an, als er eine Waffe zog. »Auf Frauen und Kinder schießen, das wäre ja noch schöner! Schämen solltet ihr euch!«

»Jawohl!«, kam es ganz unerwartet von weiter hinten, wo die anderen Schaulustigen standen. »Lasst die Leute ihre Kinder zurückholen! Wo leben wir denn?«

Jedder hörte das alles nur halb. Und halb verrückt war er auch vor Angst um Earth und um China – und um den Dackel. Er war zwar selbst noch nie draußen gewesen, aber er hatte Bilder von der Stadt Zortengaam gesehen. Sie hatte auf ihn wie ein undurchdringbares Labyrinth gewirkt, wie eine der alten, verwinkelten orientalischen Städte der Erde.

Und dann war er durch. Der Computerspezialist war selbst so verblüfft darüber, dass es so einfach gewesen war, dass er erschrocken stehenblieb und erst einen kräftigen Schubs nach vorne bekam, als seine Frau von hinten voll auf ihn prallte.

Als ihm Darne wieder auf die Beine half, hörte er Gebell in der Ferne, dazu das Schreien von Kindern. Er fluchte, riss sich von Darne los und drehte den Kopf.

Eine phantastische, ungewohnte Landschaft breitete sich vor ihm aus, viel plastischer und lebendiger als auf den Bildern. Und über allem lag ein merkwürdiger, süßlicher Geruch.

Überall, hinter jeder Ecke der verwinkelten Bauten, hinter jedem der an die zwanzig Meter hohen Bäume mit der Kugelkrone, verschwanden blitzschnell die Köpfe der Thorrimer. Aber sie waren da. Sie waren überall und versteckten sich, ihrer bereits bekannten Mentalität entsprechend.

»Deine Kinder, Jedder«, sagte Darne. »Es sind deine Kinder. Sei nicht feiger als die Thorrimer und such sie! Sei froh, wenn ich dir dabei helfe. Nun lauf schon, oder soll ich zurück nach Alashan und einen Suchgleiter rufen?«

Das brauchte sie nicht mehr, denn gerade als sie es sagte, stieß ein Gleiterfahrzeug durch die Faktordampf-Barriere und schwebte über ihre Köpfe hinweg.

 

*

 

»Die Syntronik hat eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit dafür errechnet«, sagte Gia de Moleon und wiederholte die schon einmal gemachte Aussage, »dass es von vorneherein die Absicht des mysteriösen Ungehörnten war, die Dscherro-Horden nach Terra und zu den Nonggo zu schicken. Dieser ominöse Fremde ist also als Feind der Menschheit einzustufen – wobei niemand von uns weiß, wie Terra zu einem Feind in dieser noch weitgehend unbekannten und 23,5 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxis kommen konnte. Welche Schlüsse hat die TLD-Syntronik nun daraus wieder gezogen, Alaska?«

Alaska Saedelaere war ihr einziger Gesprächspartner. Außer den beiden befand sich momentan niemand in de Moleons Büro im 98. Stockwerk des Towers. Die knapp über 130 Jahre alte, angegraute und bereits leicht gebeugt gehende alte Dame mit den braunen Augen, dem blassen Teint und der scheinbar ewig gleichen grauen Kleidung blickte den ehemaligen Maskenträger auffordernd, ein wenig lauernd an. Sie saß ihm gegenüber an einem nierenförmigen, großen Tisch mit einem halben Dutzend Interkom- und Syntronikanschlüssen.

Auf die weiße Decke über ihnen war das Areal des durch das Heliotische Bollwerk des Solsystems gebildeten Faktorelements in dreidimensionaler Form projiziert: Es bestand aus dem Terrania-Stadtteil Alashan mit der großen Wohnanlage im Norden, dem Tower im Süden und im Südosten dem quadratischen Ausweichlandefeld der LFT-Flotte mit einer Kantenlänge von rund einem Kilometer. Dazwischen gab es Parks und ungenutzten Boden.

Saedelaere räusperte sich. Er wirkte noch etwas steifer als sonst. Irgend etwas schien ihn abzulenken. Die Kummerog-Haut war im Nacken wie zu einem blasigen, dicken Kragen zusammengerollt, der ab und an nervös zuckte.

»Die Syntronik sucht nach möglichen Zusammenhängen«, sagte Alaska holperig. Er hatte die Beine übereinandergeschlagen und fingerte an seinem rechten Hosensaum herum. »Und da in dieser Zeit scheinbar alles, was in den Tiefen des Alls geschieht und Menschen mit einbezieht, etwas mit der Koalition Thoregon zu tun hat, wird der Syntron versuchen, einen Zusammenhang mit Thoregon herzustellen oder eben eine Wahrscheinlichkeit zu berechnen.«

»Korrekt. Und weiter?«

Alaska zuckte mit den Achseln.

»Shabazza?«, fragte er. »Unser spezieller Freund im Dunkel? Wenn ich die Invasion der Tolkander nehme und die Berichte Perrys, dann hat der Kerl ja bei fast jeder Teufelei gegen uns oder die Thoregon-Völker offenbar seine Hände im Spiel.« Er lachte trocken, fast war es ein Husten. »Vorausgesetzt, er besitzt Hände ...«

»Darüber kann ich nicht lachen«, sagte die TLD-Chefin säuerlich. »Aber du hast nicht unrecht. Die Syntronik hat eine Wahrscheinlichkeit von fünfundzwanzig Prozent dafür errechnet, dass der Ungehörnte mit unserem Shabazza identisch ist oder mit ihm in Verbindung steht.«

Saedelaere nickte. Er machte sich klar, dass der TLD-Großsyntron die momentan höchste kybernetische Instanz war, die ihnen zur Verfügung stand. Sie hatten keinen NATHAN mehr, an den sie sich hätten wenden können; der ihre Entscheidungen mitgeprägt hatte, das Wetter kontrolliert, den Verkehr geregelt ... Fast alles war auf der Erde über NATHAN gelaufen. Alaska begriff wieder einmal, wie sehr sich die Menschheit von dem gigantischen Rechner auf dem Mond abhängig gemacht hatte.

»Wenn Shabazza in diesen Größenordnungen plant und so gut über uns informiert ist«, meinte der Träger der Haut, »dann wird er auch wissen, dass wir hier sind und den Angriff der Hossos-Horde mit Hilfe der Thorrimer abwenden konnten. Wir müssen also über kurz oder lang mit einem neuen Angriff rechnen. Auch ohne Shabazzas Dazutun – früher oder später werden die Dscherro neue Kundschafter schicken. Die Schmach ist garantiert nicht vergessen. Und beim nächsten Mal werden die Dscherro richtig massiv auffahren.«

»Wenn wir nicht vorher nach Terra zurückgeholt werden«, gab Gia de Moleon sich weiterhin hoffnungsvoll.

»Du glaubst immer noch daran?«, fragte Alaska stirnrunzelnd. »Nach fünf Wochen und der Vernichtung des Bollwerks im Orbit von Thorrim?«

Die TLD-Chefin sah den Aktivatorträger streng an.

»Ich muss es doch, oder? Möglicherweise genügt das eine Bollwerk im Solsystem. Es muss vielleicht nur rückgängig machen, was es bewirkt hat.«

»Unabhängig davon«, wandte er ein, »sollten wir uns um unsere neuen Nachbarn kümmern, Gia. Sie sind unsere momentane Realität. Die Thorrimer warten vielleicht darauf, dass wir die Initiative ergreifen und uns ihnen nähern. Sie sind ein freundliches, umgängliches Volk, wie sich herausgestellt hat. Dass sie auf uns übertrieben ängstlich und vorsichtig wirken, muss nicht ihr Fehler sein. In Ordnung, wegen mir sind sie sogar Feiglinge, aber das muss ja nichts Schlimmes sein. Im Ernstfall überwinden sie sich, wie wir zuletzt gesehen haben, als die Dscherro-Schiffe ausgerechnet von Thorrimern bemannt wurden. Und jetzt erwarten sie von uns, dass wir auf sie zukommen.«

»Wenn die Zeit da ist, wird es geschehen«, blieb die TLD-Chefin stur.

Alaska gab keine Antwort, sondern stand mit einem kurzen Seufzer auf.

»Wohin gehst du?«, fragte Gia de Moleon.

»Zu unserem Kummerkasten«, antwortete er, »und danach in mein Quartier. Ich will wissen, wie die Stimmung unter den Menschen ist.«

»Als ob ich dir das nicht auch sagen könnte! Die öffentliche Meinung kippt. Immer mehr Männer und Frauen rechnen trotz unserer Appelle an die Vernunft damit, den Rest ihres Lebens auf Thorrim zu verbringen.«

»Bitte entschuldige mich«, sagte Alaska. »Aber ich möchte mir wirklich selbst dieses Bild machen. Und welche Einstellung vernünftig war, kann einzig und allein die Zukunft erweisen.«

Damit verabschiedete er sich für diesen Tag und ging. Der »Kummerkasten« war eine Adresse, an die sich jeder Bürger mit seinen Nöten, Fragen und Beschwerden jederzeit wenden konnte, ob in Form von Inter- und Telekomanrufen oder über das syntronische Netz. Alaska informierte sich fast jeden Tag über die Stimmung im Lande.

An diesem Tag fand er unter anderem eine Meldung von der Ostgrenze, in der sich jemand bitter darüber beklagte, dass ein TLD-Posten eine Familie mit dem Strahler bedroht habe.

 

*

 

Selbst für die Besatzung des Gleiters war es nicht leicht, die beiden Kinder in den Straßen und Gassen, den künstlichen Höhlen und den Kavernen der Thorrimer-Stadt zu finden. Es wäre einfacher gewesen, wenn die beiden weiter gekreischt und nach Chessy gerufen hätten. Doch seit einigen Minuten war von ihnen nichts mehr zu hören – nur das Gekläffe des Dackels, das sich immer weiter entfernte.

Jedder stand noch fast an der Stelle, wo er durch die Barriere gestoßen war. Er war nur wenige Schritte gegangen. Die abgeschnittene Straße fand in Zortengaam natürlich keine Verlängerung.

Jedder hatte dicht aneinandergebaute, bunt gestrichene Häuser vor sich und sah erst etwa fünfzig Meter zur Rechten eine Gasse, die tiefer in die Metropole hineinführte. Überall standen die Kugelbäume, hier und da wuchsen niedrige Hecken.

»Wir müssen zwischen den Häusern hindurch«, drängte ihn seine Frau. »Wenn die Kinder hinter dem Hund hergerannt sind, haben sie das auch getan. Worauf wartest du? Wir gehen schon nicht verloren.«