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SPACE 2019

Eugen Reichl
Das aktuelle Raumfahrtjahr mit Chronik 2018

Impressum

Editorial

Liebe Freundinnen und Freunde unseres Raumfahrtjahrbuches,

zwei Dinge beschäftigen uns in diesen Monaten ganz besonders: Der 50. Jahrestag des ersten Mondfluges und die rapide zunehmende Bedeutung der privaten Raumfahrt. Dem ersten Thema widmen wir unseren Leitartikel, in dem wir im Detail darauf eingehen, was seit der historischen Landung von Neil Armstrong und Buzz Aldrin geschehen ist. Oder besser, warum seitdem fast nichts geschehen ist. Denn nach dem Jahre 1976, dem Jahr in dem zum letzten Mal eine Materialprobe von der Oberfläche des Mondes die Erde erreichte (übrigens nicht von einem Apollo-Raumschiff sondern von der sowjetischen Raumsonde Luna 24) fiel das Thema Mond für Jahrzehnte in einen tiefen Dornröschenschlaf.

Doch das ändert sich nun plötzlich und auf breiter Front. Nach Jahrzehnten des Desinteresses hat der Erdtrabant neuerdings wieder Konjunktur und fast alle Raumfahrtnationen und etliche private Firmen und Organisationen machen sich auf den Weg dorthin. Somit haben wir – neben dem Jubiläum – einen weiteren Grund dafür, uns im Beitrag „Zurück zum Mond – Renaissance im Weltraum“ detailliert mit unserem nächsten Himmelsnachbarn und seinen vielen künftigen Besuchern auseinanderzusetzen. In dem Zusammenhang schauen wir uns auch an, wie der große Wettlauf zum Mond zwischen der Sowjetunion und den USA begann, und erzählen die Geschichte der ersten sowjetischen Luna-Sonden. Denn auch die haben 2019 ein Jubiläum, und zwar ihr Sechzigstes. Unser raumfahrtgeschichtliches Essay dazu findet sich im Beitrag „Harte Landung – die ersten Lunas“.

Der zweite große Schwerpunkt der aktuellen Ausgabe von SPACE ist die Private Raumfahrt. Nicht weniger als fünf Artikel beschäftigen sich ganz oder teilweise mit diesem Gebiet. Hier bestehen ganz neue Anforderungen. Es entwickeln sich ungeahnte Chancen, es besteht aber auch ein gewisses Gefahrenpotential an einer Ecke, an der man es nicht sofort vermuten würde: Es wird nur noch wenig für die Nachwelt dokumentiert. Um dieser besonderen Gefahren zu begegnen trafen sich Anfang März des Jahres Archivare, Kuratoren und Historiker am „American Center for Physics“ in College Park, einer kleinen Universitätsstadt im US-Bundesstaat Maryland. Dort hatte die National Science Foundation zu einer Konferenz mit dem Titel „To Boldly Preserve: Archiving the Next Half-Century of Space Flight“ geladen. Die Bezeichnung spielt mit einer Phrase aus den Star Trek Filmen (to boldly go where no man has gone before) die man im Fall der Konferenz in etwa mit: „Zupackend das nächste halbe Jahrhundert der Raumfahrt dokumentieren“ übersetzen könnte. Ein Schwerpunkt dieser Tagung lag auf dem Umbruch, der mit der beginnenden New Space-Ära einhergeht, und der Frage: Wie können wir die dramatischen Fortschritte, die in diesen Tagen erzielt werden, für zukünftige Generationen aufzeichnen?

Über so etwas musste man sich in den ersten 50 Jahren der Raumfluggeschichte keine Gedanken machen. Diese Zeit war bestimmt von Regierungsbehörden und großen Hauptauftragnehmern, die ganze Gebirge an Dokumenten als natürliche Nebenprodukte ihrer bürokratischen Prozesse produzierten. Diese Massen an Dokumenten bilden heute die Basis der Raumfahrtarchive. Doch jetzt ändert sich alles. Der Wandel geht in diesen Tagen rasch voran. Die Historiker befürchten, dass die „Jungen Wilden“ der Raumfahrtszene auf derlei – aus ihrer Sicht – Nebensächlichkeiten nicht achten. Bei ihnen werden die Details ihrer Arbeit nicht Teil der öffentlichen Archive. Die besondere Arbeitsweise dieser jungen und dynamischen Firmen lässt kaum Relikte und Artefakte zurück, wie bei früheren Programmen. Hardware wird bis zur Zerstörung getestet. Daten werden digital gespeichert, Updates für Raumfahrzeuge werden als Text-Messages geliefert. Obendrein haben private Unternehmen keine Veröffentlichungspflichten. Ihre Dokumentation landet auf irgendwelchen Festplatten, die der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind, und dort ist sie vielleicht schon in wenigen Jahren nicht mehr abrufbar.

Das mag nur ein Randaspekt sein. Aber allein die Tatsache, dass sich inzwischen schon die Historiker über die fortschreitende „New Space“ Ära Gedanken machen, zeigt, dass sich die Raumfahrt derzeit im Umbruch befindet. Die Private Raumfahrt ist in diesem Buch mit einem Thema vertreten, das nur auf den ersten Blick langweilig erscheint. Der Titel „Gesetze für die Raumfahrt“ stellt neuere juristische Entwicklungen in der privaten Raumfahrt vor und erläutert, warum rechtliche Rahmenbedingungen für die Private Raumfahrt unabdingbar notwendig sind. In unserem Themenblock zum rapiden Wachstum der Privaten Raumfahrt beschäftigen wir uns auch mit dem rapiden Anwachsen der Zahl neuer Trägerraketen-Typen. Zwei Stories nehmen sich dieser auffallenden Entwicklung an: „Kleinträger-Schwemme“ und „Schwere Kaliber“. Dann fragen wir uns im Beitrag „Space Tourismus: wann bitte geht‘s jetzt endlich los?“, was denn mit dem Weltraumtourismus geschehen ist, der doch eigentlich längst im vollen Umfang begonnen haben sollte. 14 Jahre ist es inzwischen her, seit Mike Melville und Brian Binnie als erste Menschen mit einem privat gebauten Vehikel die Karman-Linie überschritten haben. Was ist hier falsch gelaufen?

Und schließlich gibt es ein weiteres Thema, das zwar die institutionelle Raumfahrt betrifft, aber von der Privaten Raumfahrt betrieben wird: Amerikas CCDev-Programm, das „Commercial Crew Development Program“, mit dem die USA nach achtjähriger Abstinenz wieder in die bemannte Raumfahrt einsteigen wollen. Die ersten Besatzungen stehen inzwischen fest, nicht aber die genauen Termine für die Erprobungsflüge. Diese Testmissionen könnten den Betrieb der Internationalen Raumstation ganz schön durcheinander bringen und wir sehen uns an, wie das so ablaufen könnte. Der Mars bleibt weiterhin ein Raumfahrt-Kernthema. Wir widmen ihm in dieser Ausgabe von SPACE zwei Beiträge. Zum einen berichtet VFR-Mitglied Tanja Lehmann in ihrem Artikel „MIRIAM-2 – Parabelflug Reloaded“ über die neuesten Entwicklungen zum Mars-Forschungsballon der Mars Society, für den sie die Testingenieurin ist. Selbst in einem Raumfahrtverein wie dem VFR ist kaum jemand dem Thema Raumfahrt so nahe wie Tanja Lehmann.

Der zweite Beitrag zum Roten Planeten beschäftigt sich mit dem möglichen Ablauf der seit Jahrzehnten geplanten Mars Sample Return Mission. Sie gilt als der „Heilige Gral“ der unbemannten Raumfahrt, und wir sind näher an ihrer Verwirklichung denn je.

Ein großes Raumfahrt-Fest fand beim rührigen Morgenröthe-Rauthenkranz e.V. im gleichnamigen Ortsteil der Gemeinde Muldenhammer im Vogtland statt. Raumfahrtfans wissen, dies ist die Heimat von Sigmund Jähn, dem ersten deutschen Raumfahrer. Der wurde in diesem Jahr anlässlich des 40. Jahrestags seines historischen Raumflugs groß gefeiert, und bekam bei diesen Festlichkeiten den „Silbernen Meridian“ verliehen. VFR-Mitglied Andreas Drexler war federführend an der Entwicklung und Vergabe dieses Preises beteiligt. Er berichtet in dieser Ausgabe über das festliche Ereignis, bei dem selbst ISS-Astronaut Alexander Gerst via Videozuschaltung aus der Internationalen Raumstation anwesend war.

Für unsere traditionelle SPACE-Filmkritik konnten wir uns in diesem Jahr nicht zur Besprechung eines aktuellen Science Fiction Films durchringen. Der einzige Streifen, der unseres Erachtens eine detaillierte Besprechung wert gewesen wäre, „Auslöschung“ mit Natalie Portman in der Hauptrolle, läuft in Deutschland leider nur auf Netflix und nicht in den Kinos. Stattdessen haben wir eine sehr interessante Raumfahrt-Dokumentation aufgetrieben, die ab September 2018 in die Kinos kommt: Fly, Rocket Fly – Mit Macheten zu den Sternen. Die Geschichte von Lutz Kayser, der bereits in den 70iger Jahren der deutsche Elon Musk hätte sein können, wäre ihm nicht die große Politik in die Quere gekommen. Und schließlich beschäftigen wir uns in SPACE 2019 einmal mehr mit den Aliens. Dieses Mal mit der Frage: Warum haben wir sie nicht bereits längst entdeckt. Unsere Story „Die Welt der Fremden oder ‚wo sind sie‘?“ versucht sich an dieser Frage.

Und damit leiten wir über zu unserem Science-Fiction-Teil. Unser Thema lautete dieses Mal „Roboter und Künstliche Intelligenzen“. Die Qualität der Einsendungen war noch einmal besser als im letzten Jahr, wo wir bereits ein sehr hohes Niveau zu verzeichnen hatten. Alle drei Siegerstories sind außerordentlich anspruchsvoll, spannend und lesenswert.

Neben den Artikeln widmen wir einen wesentlichen Teil des Buches wie immer einer ausführlichen Schilderung aller Raumfahrtstarts in der SPACE-typischen Berichtsperiode, die von September 2017 bis August 2018 läuft. Wir haben damit in den bislang erschienen 15 Bänden jede einzelne Mission, die seit dem 5. Januar 2003 in den Orbit oder darüber hinausging, ausführlich beschrieben. Für die Zahlenfreaks unter unseren Lesern, und davon gibt es eine ganze Reihe wie wir wissen, haben wir wie jedes Jahr einen Block von mehr als 20 Seiten zur Statistik des Jahres erarbeitet. Und damit es nicht zu trocken wird, gibt es gleich im Anschluss an den Statistik-Teil das Gegengewicht: Die besten Raumfahrtbilder der Berichtsperiode.

An dieser Stelle ist auch wie immer der Platz, dem gesamten SPACE-Team zu danken. Allen voran den beiden Hauptprotagonisten Peter Schramm, dem „General Manager“ des Projektes und unserem Grafiker, Layouter und Ideengeber Stefan Schiessl, der dafür sorgt, dass dieses Werk von optisch herausragender Qualität ist, und der obendrein immer eine Druckerei findet, die das Buch schnell und günstig produziert. Lothar Karl organisierte routiniert den Science-Fiction-Wettbewerb und ein ganz besonders herzlicher Dank geht an unsere Lektoren Margit Drexler, Heimo Gnilka und Thomas Krieger.

Ein großes Dankeschön richten wir wie immer auch an unsere Sponsoren. Sie finanzieren den wesentlichen Teil unserer Druckkosten, und ermöglichen es so, SPACE in dieser Aufmachung, Qualität und vor allem zu diesem günstigen Preis anzubieten. Es wird Ihnen auffallen, dass wir ab diesem Jahr den Anzeigenteil am Ende des Buches aufgelöst und die Anzeigen unserer Unterstützer im Buch verteilt haben. Wir glauben, dass Sie als Leserinnen und Leser von SPACE mit dieser Neuerung gut leben können, denn wir haben durchweg interessante gewerbliche Unterstützer, die Ihre Aufmerksamkeit verdienen.

An dieser Stelle einen Hinweis, den wir bereits in der Ausgabe vom letzten Jahr brachten: Der Science-Fiction-Wettbewerb ist uns so ans Herz gewachsen, dass der VFR-Verlag ein separates E-Book und Taschenbuch mit den besten Stories der letzten 10 Jahren herausgebracht hat. Wir bewerben dieses Buch in der neuen Ausgabe von SPACE. Es ist ein hochwertiges Buch und eignet sich bestens als Weihnachtsgeschenk oder als kleine Aufmerksamkeit zum Geburtstag oder einfach mal zwischendurch.

Zu guter Letzt: Schauen Sie in unsere Kontakt-Ecke, wo Sie unter www.vfr.de mit der Mail-Adresse space@vfr.de direkt mit uns in Verbindung treten können. Oder sehen sie sich unser Internet-Portal www.space-jahrbuch.de an, wo sie neben interessanten Dingen um das Thema Raumfahrt auch viele Informationen zu unserem Jahrbuch und sein Entstehen erhalten. Das ist auch der Ort, an dem sie die Bände vergangener Jahre nachbestellen können, die im Buchhandel möglicherweise schon vergriffen sind.

Wenn Sie Kritik haben oder Lob, Tipps oder Meinungen, ein Problem oder eine Frage zu den Inhalten, wenn Sie sich schon mal die Ausgabe für das nächste Jahr reservieren wollen oder gerne der Tochter oder dem Sohn eins der Bücher schenken wollen, gerne auch signiert, schreiben Sie uns einfach eine Mail. Wir freuen uns auf Ihr Feedback.

Und jetzt hinein ins Raumfahrtgeschehen. Wir wünschen Ihnen viel Freude bei der Lektüre von SPACE 2019. Bleiben Sie uns treu und gewogen.

Im Namen des SPACE-Teams,
Ihr Eugen Reichl

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