Vorwort

Bei der Gestaltung von Verträgen in der Praxis nimmt die Bedeutung des sog. Kleingedruckten immer mehr zu. Außerdem werden vorformulierte Vertragsbedingungen in zunehmendem Maße durch Gerichte und Verbraucherverbände kontrolliert. Das AGB-Recht ist auf dem besten Weg, sich gewissermaßen zu einem „Überrecht“ auf allen Ebenen des Vertragsrechts zu entwickeln. Für den Unternehmer selbst, aber auch für seine Berater, werden Allgemeine Geschäftsbedingungen immer mehr zu einer unbekannten Materie und ihre Abfassung und Verwendung zu einem unkalkulierbaren Risiko. Dafür soll das vorliegende Buch eine Abhilfe schaffen. Natürlich kann es in besonderen Fällen nicht das Studium einschlägiger Kommentare, Literatur und Rechtsprechung ersetzen. Es dient jedoch als erster Einstieg in das komplexe Rechtsgebiet der Gestaltung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen und kann helfen, grobe Fehler bei der Abfassung zu vermeiden.

Zu diesem Zwecke wurde das Buch besonders anwenderfreundlich ausgerichtet, indem es verschiedene Wege zu seiner Benutzung eröffnet. Zum einen kann sich der Leser gezielt über die Zulässigkeit einzelner Klauseln und über allgemeine Probleme bei der Abfassung und Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen informieren. Zum anderen enthält das Buch für viele Bereiche des Wirtschaftslebens Muster-AGB, die einen Einstieg in die Abfassung eigener Allgemeiner Geschäftsbedingungen bieten können.

Grundlage der Gestaltungshinweise und Formulierungsvorschläge sind die Rechtseinschätzungen der Autoren, die sowohl auf Literatur und Rechtsprechung zum 31. Januar 2015 als auch auf zahlreichen praktischen Erfahrungen bei der Abfassung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen verschiedenster Branchen basieren. Da die Rechtsprechung zum AGB-Recht einem ständigen Wandel unterlegen ist, können weder die Autoren noch der Verlag eine endgültige Gewähr dafür übernehmen, dass sämtliche Formulierungsvorschläge einer gerichtlichen Überprüfung standhalten. Daher empfehlen wir dem Leser, die weiteren Entwicklungen in Rechtsprechung und Literatur zu verfolgen.

Diese Auflage berücksichtigt die Fortentwicklung der Rechtsprechung und der Literatur seit Erscheinen der 2. Auflage, wie etwa die Entwicklungen im Mängelhaftungsrecht bei Kauf- und Werkverträgen, die nahezu unüberschaubare Rechtsprechung zu Schönheitsreparaturen im Mietrecht sowie die Neuerungen beim Verbraucherwiderrufsrecht durch die EU-Verbraucherschutz-RL.

März 2015

Prof. Dr. iur. Axel Benning
Bettina Benning, Rechtsanwältin
Prof. Dr. iur. Jörg-Dieter Oberrath
Ellen Oberrath, Rechtsanwältin

Abkürzungsverzeichnis

a. F.

alte Fassung

aA

anderer Ansicht

aaO

am angegebenen Ort

Abs.

Absatz

AG

Amtsgericht

AGB

Allgemeine Geschäftsbedingungen

AGBG

Gesetz zur Regelung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Anh.

Anhang

Anm.

Anmerkung

arg. e

folgt aus

BAG

Bundesarbeitsgericht

BauR

Baurecht

BB

Betriebsberater

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BGB-InfoV

BGB-Informationspflichten-Verordnung

BGH

Bundesgerichtshof

BGHZ

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen

BKR

Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht

BRAGO

Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung

BRAO

Bundesrechtsanwaltsordnung

BT-Drucks.

Bundestags-Drucksache

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

CR

Computer und Recht

DB

Der Betrieb

DVStB

Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften

EGBGB

Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch

Einf.

Einführung

ErfK

Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht

EuGVO

Europäische Gruppenfreistellungsverordnung

EuGVVO

Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen

f., ff.

folgende, fortfolgende

GewO

Gewerbeordnung

GS

Großer Senat

GWB

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

HGB

Handelsgesetzbuch

Hk

Handkommentar

hM

herrschende Meinung

Hrsg.

Herausgeber

i. d. R.

in der Regel

i. S. d.

im Sinne des

i. S. v.

im Sinne von

i. V. m.

in Verbindung mit

jurisPK

juris Praxiskommentar

JuS

Juristische Schulung

Kap.

Kapitel

KG

Kammergericht, Kommanditgesellschaft

LAG

Landesarbeitsgericht

LG

Landgericht

MDR

Monatszeitschrift für Deutsches Recht

m. w. N.

mit weiteren Nachweisen

MünchKomm

Münchener Kommentar

NJ

Neue Justiz

NJOZ

Neue Juristische Online-Zeitschrift

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

NJW-RR

Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungs-Report Zivilrecht

NZA

Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht

NZA-RR

Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Rechtsprechungs-Report Arbeitsrecht

NZBau

Neue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht

NZM

Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht

OLG

Oberlandesgericht

OLGR

OLG Report

OLG-NL

OLG-Rechtsprechung Neue Länder

PartGG

Partnerschaftsgesellschaftsgesetz

ProdHaftG

Produkthaftungsgesetz

RdA

Recht der Arbeit

Rn.

Randnummer

RVG

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz

s. o.

siehe oben

StBerG

Steuerberatergesetz

StBGVO

Steuerberatergebührenverordnung

st. Rspr.

ständige Rechtsprechung

Überbl.

Überblick

UWG

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

VersR

Versicherungsrecht

VOB

Verdingungsordnung für Bauleistungen

VuR

Verbraucher und Recht

VVG

Versicherungsvertragsgesetz

WM

Wertpapiermitteilungen

WRP

Wettbewerb in Recht und Praxis

ZAP

Zeitschrift für die Anwaltspraxis

ZfIR

Zeitschrift für Immobilienrecht

ZGS

Zeitschrift für Vertragsgestaltung, Schuld- und Haftungsrecht

ZIP

Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

ZMR

Zeitschrift für Miet- und Raumrecht

zzt.

zurzeit

ZPO

Zivilprozessordnung

A. Einführung

1

Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) stellen ein wesentliches Instrumentarium für Unternehmen dar, um die rechtlichen Beziehungen zu ihren Vertragspartnern einheitlich in ihrem Sinne zu gestalten. Trotz der im Privatrecht geltenden Vertragsfreiheit hat der Gesetzgeber zum Schutz der jeweiligen Vertragspartner rechtliche Vorgaben für die Verwendung und Ausgestaltung von AGB geschaffen. Rechtsgrundlage hierfür sind die §§ 305–310 BGB sowie das Unterlassungsklagengesetz. Bei Überschreitung des gesetzlich vorgegebenen Rahmens gelten zum einen die für Unternehmer im Regelfall ungünstigeren gesetzlichen Regelungen. Zum anderen besteht die Möglichkeit, dass losgelöst von der einzelnen Vertragsbeziehung, Verbraucherschutzverbände die AGB angreifen und für ungültig erklären lassen können. Seit der letzten Änderung des UWG und seiner Erweiterung auch auf unternehmerisches Verhalten im Zusammenhang mit der Durchführung von Verträgen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG) ist bei unzulässigen AGB in Zukunft außerdem mit wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen zu rechnen (Köhler, NJW 2008, 3032). Aus diesen Gründen ist für Unternehmen selbst und für die sie beratenden Personen von größter Bedeutung, die Grenzen der Gestaltungsmöglichkeiten zu kennen. Dazu soll dieses Buch eine Hilfestellung geben, indem sowohl gängige Problemkreise für alle Branchen als auch spezifische Problemstellungen der einzelnen Branchen bzw. Vertragsarten anwendungsorientiert dargestellt werden.

Es wird zunächst aufgezeigt, wie AGB überhaupt Bestandteil eines Vertrages werden können. Danach werden die Grenzen für die inhaltliche Gestaltung wirksam einbezogener AGB erläutert. Ergänzt werden die Ausführungen durch praktische Gestaltungshinweise.

Das Buch versteht sich nicht als Kommentar zum AGB-Recht, da die Probleme immer im Zusammenhang mit dem konkreten Anwendungsfall und nicht losgelöst davon theoretisch erörtert werden. Wichtig sind uns letztlich konkrete Formulierungsbeispiele, die in der Praxis eingesetzt werden können.

2

Das Recht der AGB war zunächst nur durch Richterrecht geprägt. Am 1.4.1977 trat das AGB-Gesetz in Kraft, welches die bis dahin vorherrschende Rechtsprechung in Gesetzesform goss. Zum 1.1.2002 wurde das Schuldrecht umfassend modernisiert. Grund hierfür war, dass drei Richtlinien der Europäischen Union in deutsches Recht umgesetzt werden mussten.

3

Diese Gelegenheit wurde zu einer umfassenden Reform des gesamten Schuldrechts genutzt. Dabei wurden im Wesentlichen folgende Bereiche neu geregelt:

Im Zuge dieser Reform ist das AGB-Gesetz in das BGB integriert worden. Die grundsätzlichen Regelungen sind dabei jedoch beibehalten worden.

Auf einen näheren Überblick über diese Schuldrechtsreform sowie eine Synopse zwischen den alten und neuen Vorschriften des AGB-Rechts kann nunmehr verzichtet werden, da diese mittlerweile seit dreizehn Jahren in Kraft sind. Wer sich über diesen Themenkomplex näher informieren möchte, sei auf die 1. Auflage dieses Buches verwiesen (Benning/Oberrath, Gestaltungsleitfaden AGB, 1. Auflage 2003, Rn. 2–11).

B. Einbeziehung von AGB

I. Einleitung

4

AGB sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt (§ 305 Abs. 1 BGB). Vertragsbedingungen sind bereits dann für eine Vielzahl von Verträgen i. S. d. § 305 Abs. 1 BGB vorformuliert, wenn ihre dreimalige Verwendung beabsichtigt ist (st. Rspr. BGH NJW 2002, 138). Unerheblich ist dabei, ob die Verwendung gegenüber einem oder mehreren Vertragspartnern geplant ist (BGH NJW 2004, 1454). Der BGH hat überdies seine frühere Rechtsprechung bestätigt, nach der bei einem Vertrag aus einer Vielzahl von formelhaften Wendungen zur Regelung der typischen konfliktgefährdeten Sachverhalte der Anschein der Mehrfachverwendungsabsicht entsteht (BGH NJW 2004, 502).

Zum Erfordernis der Vorformulierung der AGB hat der BGH (NJW 2005, 1645) entschieden, dass die Verwendung interner Anweisungen dazu nicht ausreicht, die Anwendung des AGB-Rechts dann aber über § 306a BGB in Betracht kommt.

Gegenüber Verbrauchern finden gem. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB die Vorschriften zum AGB-Recht jedoch bereits dann Anwendung, wenn eine Klausel nur zur einmaligen Verwendung bestimmt ist. Der BGH hat dazu deutlich gemacht, dass es dann dem Verbraucher obliegt zu beweisen, dass die Vertragsklauseln vorformuliert worden sind und er infolge der Vorformulierung keinen Einfluss auf ihren Inhalt nehmen konnte (BGH NJW 2008, 2250).

5

Normalerweise werden Rechtsbeziehungen zwischen Rechtssubjekten (natürlichen oder juristischen Personen sowie rechtsfähigen Personengesellschaften) durch übereinstimmende Willenserklärungen (Vertrag) begründet. Dies setzt eine Einigung über jede im Vertrag getroffene Regelung voraus. Eine solche fehlt bei AGB. Nach § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB liegen, wenn die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt wurden, nämlich gerade keine AGB vor. Dabei ist zu beachten, dass der BGH an den Begriff des „Aushandelns“ hohe Anforderungen stellt (BGH NJW 2005, 2543; NJW-RR 2005, 1040; NJW 2003, 1805), und zwar auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr (BGH NJW 2000, 1900 ff.). Nach BGH NJW 2005, 2543 (siehe auch Anm. Gottschalk, NJW 2005, 2493) genügt für ein Aushandeln nicht die allgemein geäußerte Bereitschaft, Vertragsklauseln auf Anforderung des Vertragspartners zu ändern. Dafür ist vielmehr erforderlich, dass über die Möglichkeiten einer anderen Abfassung konkret gesprochen wird.

6

Um den anderen Vertragspartner jedoch nicht zu übervorteilen, muss der Vertragspartner anderweitig geschützt werden. Dies geschieht dadurch, dass die wirksame Gestaltung der Rechtsbeziehungen durch AGB von zwei Voraussetzungen abhängt, nämlich der wirksamen Einbeziehung der Regelungen insgesamt und der inhaltlichen Zulässigkeit jeder einzelnen Klausel.

Zunächst müssen die AGB überhaupt Bestandteil des Vertrages werden. Dieser Vorgang wird als Einbeziehung bezeichnet. Dazu müssen bestimmte positive Anforderungen erfüllt werden. Dabei gelten unterschiedliche Regelungen, je nachdem, ob der Vertragspartner Verbraucher (§ 13 BGB) oder Unternehmer (§ 14 BGB) ist. Eine ausdrückliche Einbeziehung der AGB (ggü. Unternehmern) ist auch dann wirksam, wenn auf die Geltung der im Internet unter einer bestimmten Adresse abrufbaren AGB verwiesen wird, auch wenn der Vertragspartner sich dort nicht informiert oder die AGB nicht in Schriftform anfordert (OLG Bremen NJOZ 2004, 2854 = OLGR Bremen 2004, 299). Selbst wenn die jeweiligen Anforderungen erfüllt sind, kann eine Einbeziehung aufgrund des Zustandekommens der Regelung (Individualvereinbarung, § 305b BGB) oder des Inhalts der Regelung (überraschende Klausel, § 305c Abs. 1 BGB) scheitern.

Fehlt eine wirksame Einbeziehung, bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam (§ 306 Abs. 1 BGB). Anstelle des Klauselinhalts treten die gesetzlichen Vorschriften.

II. Einbeziehung gegenüber Verbrauchern

7

Die Einbeziehung von AGB gegenüber Verbrauchern ist gesetzlich geregelt. Nach § 305 Abs. 2 BGB bestehen strenge Voraussetzungen, da der Verbraucher wegen seiner fehlenden geschäftlichen Erfahrungen besonderen Schutzes bedarf.

1. Hinweis auf die AGB

8

Die andere Vertragspartei muss bei Vertragsschluss auf die Verwendung von AGB hingewiesen werden (§ 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Dieser Hinweis hat grundsätzlich ausdrücklich zu erfolgen. Daraus folgt, dass der bloße Abdruck der AGB auf der Rückseite des Bestellformulars nicht ausreicht, wenn auf der Vorderseite kein Hinweis enthalten ist (Palandt/Grüneberg, § 305 BGB Rn. 27). Die Form des Hinweises ist dabei unerheblich. Ein Hinweis kann sowohl mündlich als auch schriftlich erteilt werden. Aus Gründen der Beweisbarkeit empfiehlt sich stets ein schriftlicher Hinweis. Dabei ist aber darauf zu achten, dass dieser Hinweis auch bei flüchtigem Durchlesen von einem Durchschnittskunden nicht übersehen wird. Mehrsprachige Hinweise sind jedoch nicht erforderlich.

Ein Hinweis durch Aushang ist nur ausnahmsweise zulässig, und zwar dann, wenn ein ausdrücklicher Hinweis nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist. Dies ist vor allem bei Massengeschäften und bei Geschäften, bei denen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses keine Person zugegen ist, der Fall. Ausreichend ist ein Aushang daher z. B. bei Kfz-Waschanlagen, Parkhäusern, chemischen Reinigungen, Kinos, SB-Warenhäusern, Fitnessstudios, Benutzung von Schließfächern (Palandt/Grüneberg, § 305 Rn. 31).

Besonderheiten gelten bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr, insbesondere bei solchen, die im Internet geschlossen werden. Hierbei genügt es nicht, wenn sich der Hinweis auf die AGB irgendwo auf der Homepage befindet. Vielmehr muss der Hinweis im Zusammenhang mit der Bestellung erfolgen. Deshalb ist es anerkannt, dass es erforderlich, aber auch ausreichend ist, wenn der Hinweis vor der entsprechenden Bestellung auf der Bestellseite stattfindet (Taupitz/Kritter, JuS 1999, 839, 844). Nach LG Essen NJW-RR 2003, 1207 ist es zur wirksamen Einbeziehung ausreichend, wenn der Hinweis auf die AGB auf dem Bestellformular oberhalb der Bestellleiste und abgegrenzt von den übrigen Daten erfolgt und die AGB online abgerufen werden können.

2. Möglichkeit der Kenntnisnahme

9

Außerdem ist erforderlich, dass dem Vertragspartner die Möglichkeit eingeräumt wird, in zumutbarer Weise vom Inhalt der AGB Kenntnis zu nehmen (§ 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Dieses Erfordernis ist durch zahlreiche Rechtsprechung konkretisiert worden.

Um die Kenntnisnahme zu verschaffen, müssen die AGB bei einem Vertragsschluss unter Abwesenden übersandt werden. Bei Vertragsschluss unter Anwesenden muss der unmittelbare Zugriff durch Auslegen, Aushängen, Vorlesen oder Aushändigen ermöglicht werden.

Unabhängig davon ist bei jeder Art der Kenntnisverschaffung darauf zu achten, dass diese in einer für den Kunden zumutbaren Weise erfolgt. Zumutbar muss zunächst der Zugriff des Kunden auf den Inhalt der AGB sein. Unzumutbar wäre es z. B., wenn die AGB nur gegen eine Gebühr übergeben werden. Auch nicht zumutbar ist ein Verweis auf die Abrufbarkeit im Internet, soweit der Vertrag nicht im elektronischen Geschäftsverkehr zustande kommt. Aber auch die tatsächliche Kenntnisnahme muss in zumutbarer Weise stattfinden können. Das ist dann nicht der Fall, wenn die Lesbarkeit durch zu kleine Schrift, durch den Umfang der AGB oder die unverständliche Formulierung einer Klausel erschwert ist. Bei Vertragsschlüssen im Internet muss ein direkter Zugriff auf die AGB mittels eines Links ermöglicht werden (BGH NJW 2006, 2976). Eine Kenntnisnahme durch bloße Einblendung der AGB ist bis zu einem Umfang von sieben Seiten zumutbar (OLG Köln NJW-RR 1998, 1277). Grundsätzlich muss aber die Möglichkeit gegeben werden, die AGB auszudrucken (BGH NJW 2006, 2976). Bei umfangreichen AGB ist zudem erforderlich, eine Möglichkeit zu verschaffen, diese kostenlos herunterzuladen (Mehrings, BB 1998, 2373).

Damit sind indes nur die AGB-rechtlichen Anforderungen erfüllt. Aufgrund der Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr müssen die AGB nach § 312i Abs. 1 Nr. 4 BGB zum Download zur Verfügung gestellt werden (näher Schwab, Rn. 195).

Infolge der Neufassung der Einbeziehungsvoraussetzungen durch die Schuldrechtsreform ist bei der Zumutbarkeit der Kenntnisnahme auch auf eine erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei Rücksicht zu nehmen. Nach der Gesetzesbegründung zielt diese Vorschrift insbesondere auf Kunden mit Sehbehinderung ab. Der Wortlaut dieser Vorschrift ist eng auszulegen. Keinesfalls ist eine Anwendung dieser besonderen Voraussetzungen bei geistigen Behinderungen, soweit diese nicht die Geschäftsfähigkeit beeinträchtigen, oder bei Unkenntnis der deutschen Sprache möglich, soweit die Vertragsverhandlungen in deutscher Sprache geführt wurden (Palandt/Grüneberg, § 305 Rn. 42).

10

Aus dem Erfordernis der Zumutbarkeit der Kenntnisnahme wurde nach altem Recht auch das sog. Transparenzgebot abgeleitet. Danach wurden AGB, die inhaltlich nicht verständlich waren, nicht Vertragsbestandteil. Durch die Schuldrechtsreform wurde das Transparenzgebot in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ausdrücklich geregelt (vgl. näher dazu Rn. 239). Damit ist eine Transparenzkontrolle schon bei der Einbeziehung hinfällig geworden (Hk-BGB/Schulte-Nölke, § 305 Rn. 16; aA: Palandt/Grüneberg, § 305 Rn. 41).

Die Einbeziehung von AGB kann, soweit die gerade dargestellten Voraussetzungen eingehalten werden, auch im Voraus vereinbart werden, sofern die Art der betroffenen Rechtsgeschäfte genau bezeichnet wird (§ 305 Abs. 3 BGB). Dies erfolgt mittels sog. Rahmenvereinbarungen. Hiervon wird im Wesentlichen nur im Bankenbereich Gebrauch gemacht.

Die genannten Anforderungen gelten nicht bei den in § 305a BGB genannten Branchen. Dies betrifft die Einbeziehung rechtsgeschäftlicher Beförderungsbedingungen von Eisenbahnen, Straßenbahnen, Omnibussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr sowie Telekommunikationsleistungen und bestimmten Angeboten der Deutschen Post AG.

3. Einverständnis mit der Geltung

11

Schließlich muss die andere Vertragspartei mit der Geltung der AGB einverstanden sein (§ 305 Abs. 2 BGB). Dieses Einverständnis muss jedoch nicht ausdrücklich erklärt werden. Es genügt eine sog. konkludente Handlungsweise. Sie liegt regelmäßig darin, dass der Vertragspartner den Vertrag in Kenntnis der AGB widerspruchslos abschließt.

4. Zeitlicher Ablauf der Einbeziehung

12

Die genannten Einbeziehungsvoraussetzungen müssen bei Vertragsschluss vorliegen. Es genügt deshalb nicht, wenn erst nach Vertragsschluss, beispielsweise mit Übersendung einer Rechnung, der Hinweis auf die AGB erfolgt oder erst dann die Möglichkeit zur Kenntnisnahme eingeräumt wird.

Zwar finden sich in der Literatur Stimmen, die es für möglich halten, dass ein solch verspäteter Hinweis durch konkludentes Einverständnis des Kunden geheilt wird (z. B. Hk-BGB/Schulte-Nölke, § 305 Rn. 13). Höchstrichterliche Rechtsprechung, die diese Meinung bestätigt, ist bisher nicht ergangen. Überdies geht diese Auffassung fehl. Zwar können die Parteien nachträglich übereinstimmend die Geltung von AGB vereinbaren. Für diese nachträgliche Einbeziehung gelten die in § 305 Abs. 2 BGB genannten Voraussetzungen sinngemäß. Allerdings kann eine nachträgliche Vereinbarung nicht konkludent erfolgen. Vielmehr muss sich der Vertragspartner mit dieser Vertragsänderung in eindeutiger Weise einverstanden erklären (vgl. dazu auch Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 305 BGB Rn. 157 m. w. N.).

Ebenfalls abzulehnen ist die Auffassung, dass dann, wenn das Angebot vom Kunden ausgeht, es für die Einbeziehung ausreicht, wenn in der Annahmeerklärung – z. B. Auftragsbestätigung – auf die AGB hingewiesen wird und der Kunde dem nicht widerspricht (Hk-BGB/Schulte-Nölke, § 305 Rn. 12; zurückhaltend: Palandt/Grüneberg, § 305 Rn. 43).

III. Einbeziehung gegenüber Unternehmern

13

Die unter B. II. näher erläuterten Regelungen des § 305 Abs. 2 BGB gelten nicht bei AGB, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden (§ 310 Abs. 1 BGB). Zwar ist auch hier keine ausdrückliche Einigung bezüglich der einzelnen Regelungen erforderlich. Es muss aber zumindest ein stillschweigender Konsens bezüglich der Geltung der AGB bestehen. Grundsätzlich dürfte von einer Einbeziehung auszugehen sein, wenn der Vertragspartner den Vertrag abschließt, obwohl er in irgendeiner Form auf die Existenz von AGB hingewiesen wurde (BGH NJW-RR 2003, 754) oder aufgrund z. B. langjähriger Geschäftsbeziehungen von deren Existenz wissen musste. Ausreichend ist daher, wenn in einer ständigen Geschäftsbeziehung in den Rechnungen auf die AGB verwiesen wird (BGH NJW-RR 1991, 571), wenn die Ware widerspruchslos entgegengenommen wird und in der Auftragsbestätigung auf die AGB hingewiesen wurde (BGH NJW 1995, 1672) oder wenn auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben, welches AGB erwähnt, geschwiegen wird (BGH NJW 1978, 2244).

Anders als gegenüber Verbrauchern muss der Verwender einem Kunden, der Unternehmer ist, die Möglichkeit der Kenntnisnahme der AGB nicht ausdrücklich verschaffen. Vielmehr reicht es, wenn die Kenntnisnahme faktisch möglich ist. Ausreichend ist daher z.B. ein Hinweis, dass die AGB auf Wunsch übersandt werden (OLG Düsseldorf VersR 1996, 1394; OLG Naumburg IPRspr. 2003, 425; Lapp, in: jurisPK-BGB, § 305 Rn. 96). Sofern der Vertrag dem UN-Kaufrecht unterliegt, müssen die AGB dagegen gleich mitübersandt werden (BGH NJW 2002, 370).

14

Problematisch wird es, wenn die andere Vertragspartei eigene AGB verwendet und in diesen eine sog. Abwehrklausel aufgenommen hat. Nach hM verhindern solche Abwehrklauseln die stillschweigende Einbeziehung (BGH NJW 2001, 484; vgl. dazu näher auch Rn. 33 u. 34). Bei Widersprüchen zwischen den AGB des Verwenders und denen des Vertragspartners sind nach heute herrschender Ansicht nur die übereinstimmenden Teile Gegenstand des Vertrages geworden. Die früher geltende sog. Theorie des letzten Wortes, wonach die jeweils zuletzt eingebrachte Regelung maßgeblich sein sollte, sofern der andere nicht widersprochen hat, hat sich nicht durchsetzen können. Bezüglich der Regelungen, für welche die AGB nicht übereinstimmen, gilt, sofern der Vertrag als solches durchgeführt wird, nach dem Rechtsgedanken des § 306 BGB das dispositive Gesetzesrecht.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass dann, wenn beide Parteien AGB verwenden, Regelungen, die lediglich in den AGB einer Vertragspartei vorhanden sind, nur bei ausdrücklichem Einverständnis der anderen Vertragspartei Bestandteil werden. Eine Einbeziehung durch widerspruchslose Entgegennahme der Leistung genügt dagegen nicht (BGH NJW-RR 2001, 484; Hk-BGB/Schulte-Nölke, § 305 Rn. 20).

IV. Einbeziehungshindernisse

15

Das BGB enthält zwei Fälle, in denen Klauseln, obwohl sie den bereits erörterten Anforderungen bezüglich der Einbeziehung genügen, dennoch nicht wirksamer Vertragsbestandteil werden.

1. Individualabrede

16

Soweit ein Sachverhalt individuell zwischen den Vertragsparteien ausgehandelt wird, der eigentlich bereits in den AGB geregelt ist, geht diese individuelle Absprache den AGB vor (§ 305b BGB). Diese Regelung ist abzugrenzen von der bereits erörterten Bestimmung des § 305 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach keine AGB vorliegen, wenn der gesamte Vertragsinhalt zwischen den Parteien ausgehandelt wurde. Dieser Unterschied wirkt sich auf die Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB aus. Wurde der gesamte Vertragsinhalt ausgehandelt, sind die Schutzvorschriften des BGB, insbesondere die Inhaltskontrolle gem. §§ 307 bis 309 BGB auf den gesamten Vertrag nicht anwendbar. Liegt lediglich ein Fall des § 305b BGB vor, ist nur die durch die Individualabrede ersetzte Klausel der Inhaltskontrolle entzogen, während für die übrigen AGB-Klauseln die §§ 305 ff. BGB unbeschränkt zur Anwendung gelangen.

Individuelle Abreden liegen immer dann vor, wenn es sich um nicht vorformulierte Regelungen handelt. Sie können in jeder Form erfolgen, also auch mündlich. Sofern sie im direkten Widerspruch zu einer AGB-Klausel stehen, ist die AGB-Klausel nicht in den Vertrag einbezogen. Wenn die Individualabrede und die AGB-Bestimmung unterschiedliche Regelungen für denselben Sachverhalt treffen, kann die Bestimmung des § 305b BGB nicht gelten. Vielmehr muss ausgelegt werden, ob beides nebeneinander gelten soll, die Individualabrede also eine zusätzliche Abrede darstellt, oder ob die Individualabrede die AGB-Klausel ersetzen soll.

Beispiel: Zur Sicherung der Forderung aus dem Vertrag will sich der Verwender eine Sicherheit einräumen lassen. In der AGB-Klausel und in der Individualvereinbarung sind unterschiedliche Sicherungsmittel genannt. In diesem Fall ist zu prüfen, ob beide Sicherheiten oder nur die in der Individualabrede genannte bestellt werden sollen.

Soll im konkreten Vertrag eine AGB-Klausel im Interesse des Verwenders durch eine Individualabrede ersetzt werden, ist darauf zu achten, dies klar zum Ausdruck zu bringen. Es empfiehlt sich daher, in den Vertrag schriftlich aufzunehmen, dass die AGB-Klausel § … nicht, sondern stattdessen die Regelung … gilt.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass das Vorliegen einer Individualvereinbarung vom Vertragspartner bewiesen werden muss. Insoweit obliegt also dem Vertragspartner und nicht dem Verwender die Beweislast.

2. Überraschende Klauseln

17

Kein Vertragsbestandteil werden solche AGB-Klauseln, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht (§ 305c Abs. 1 BGB). Mit dieser Regelung werden bereits vor einer Inhaltskontrolle bestimmte Klauseln ausgesondert. Ungewöhnlich in diesem Sinne ist eine Klausel, mit der die andere Vertragspartei vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht (BGH NJW 1994, 1657). Womit der Kunde rechnen muss, ergibt sich aus den Gesamtumständen des Vertragsschlusses. Die Ungewöhnlichkeit einer Klausel liegt daher insbesondere dann vor, wenn sie erheblich von den rechtlichen Vorgaben abweicht, dem Vertragszweck widerspricht oder eine krasse Abweichung zu den vorhergehenden Vertragsverhandlungen darstellt. Außerdem muss die Klausel überraschend sein, das heißt, ein Durchschnittskunde darf bei derartigen Verträgen eine entsprechende Regelung nicht erwarten.

18

Nach der Rechtsprechung lassen sich insbesondere drei Fallgruppen unterscheiden. Die erste Gruppe umfasst die atypische Erweiterung der Pflichten des Kunden. Als Beispiele hierfür sind zu nennen:

Nicht überraschend dagegen ist nach Auffassung des BGH (NJW-RR 2006, 490) die Klausel in einem Darlehensvertrag, dass sich der Darlehensnehmer der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen unterwirft.

19

Die zweite Fallgruppe ist die atypische Beschränkung von Kundenrechten. Beispiele hierfür sind:

20

Die dritte Fallgruppe betrifft die sonstigen atypischen Rechtsgestaltungen wie z. B.:

Nicht überraschend ist dagegen eine Klausel im Mietvertrag eines Einkaufszentrums, nach der die neue Mieterin zum Beitritt einer Werbegemeinschaft verpflichtet ist (BGH NJW 2006, 3057).

21

Die Nichteinbeziehung überraschender Klauseln gilt auch im unternehmerischen Rechtsverkehr. Allerdings wird der überraschende Charakter einer Regelung von der Rechtsprechung wegen der Geschäftserfahrung von Unternehmern weniger leicht bejaht (Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht § 305c Rn. 54).

C. Branchenübergreifende Gestaltungsgrenzen für einzelne Bestimmungen

I. Einleitung

1. Gesetzliche Grenzen

22

Die Grenzen bei der Gestaltung von AGB ergeben sich aus den speziellen Normen zur Inhaltskontrolle in den §§ 307 bis 309 BGB sowie aus anderen Vorschriften des BGB, die sich auf den Inhalt von Verträgen beziehen, wie zum Beispiel §§ 134, 138 und 475 BGB. Die §§ 307 bis 309 BGB sind nur auf Klauseln anwendbar, durch die von Rechtsvorschriften abgewichen wird oder durch die diese ergänzt werden. Nach der Regelung des § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB unterliegen zunächst Klauseln, die lediglich den einschlägigen Gesetzestext wiederholen, nicht der Inhaltskontrolle. Außerdem sind die §§ 307 ff. BGB nicht für Regelungen anwendbar, für die keine Rechtsvorschriften oder Rechtsprechung vorhanden sind. Daher fallen vor allen Dingen Preisvereinbarungen und die Beschreibung der Leistungspflichten grundsätzlich nicht unter die Inhaltskontrolle. Anwendbar sind die §§ 307 ff. BGB aber, wenn ein Preis abweichend von einer gesetzlichen Vergütungsregelung bestimmt wird oder wenn es um Vereinbarungen geht, die sich, wie z. B. die Vereinbarung von Zahlungsmodalitäten, nur mittelbar auf den Preis auswirken. Ebenso unterliegen Klauseln der Inhaltskontrolle, die das Leistungsversprechen näher ausgestalten, wie z. B. Bestimmungen über Lieferzeit, Vereinbarung einer Vertragsstrafe etc. (Einzelheiten bei Palandt/Grüneberg, § 307 Rn. 57 ff. und Hk-BGB/Schulte-Nölke, § 307 Rn. 5 ff.). Daher unterliegen auch Klauseln, mit denen sich der Verwender von seiner Leistungspflicht nach Ablauf einer bestimmten Zeit befreit, der AGB-Kontrolle (vgl. OLG München NJW-RR 2008, 128 für eine Klausel, die bestimmt, dass ein Geschenkgutschein nach 1 Jahr verfallen soll).

2. Klauselverbote der §§ 307 ff. BGB

23

Bei den §§ 307 bis 309 BGB unterscheidet man zwischen sog. Klauselverboten ohne Wertungsmöglichkeit (§ 309 BGB), Klauselverboten mit Wertungsmöglichkeit (§ 308 BGB) und der Generalklausel (§ 307 BGB). § 309 BGB enthält Bestimmungen bzw. Vereinbarungen, die generell in AGB nicht verwendet werden dürfen. Dagegen bezieht sich § 308 BGB auf Bestimmungen, die nur dann unwirksam sind, wenn sie im Einzelfall zu einer Übervorteilung des Vertragspartners führen. § 307 BGB schließlich enthält eine sog. Generalklausel, wonach Regelungen in AGB unwirksam sind, wenn sie den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Dies muss ebenfalls im konkreten Einzelfall geprüft werden. Bei dieser Prüfung sind die folgenden im Gesetz genannten Regelbeispiele (§ 307 Abs. 2 BGB) besonders zu berücksichtigen. Danach kann eine unangemessene Benachteiligung darin liegen, dass eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen werden soll, nicht zu vereinbaren ist oder wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so eingeschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

Beispiele:

Darüber hinaus kann eine unangemessene Benachteiligung sich unabhängig vom Inhalt einer Regelung auch daraus ergeben, dass sie nicht klar und verständlich ist (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, sog. Transparenzgebot). Nach dem Transparenzgebot (näher Rn. 239) müssen die Klauseln so gefasst sein, dass ein sorgfältiger, juristisch nicht vorgebildeter Leser in der Lage ist, den Inhalt der Klauseln zu erfassen (BGHZ 106, 49; 116, 4).

24

Zu beachten ist, dass bei Verträgen mit Unternehmern, juristischen Personen des öffentlichen Rechts und bei öffentlich-rechtlichen Sondervermögen die §§ 308 und 309 BGB nicht anwendbar sind (§ 310 Abs. 1 BGB). Allerdings sind nach der ständigen Rechtsprechung zur Beantwortung der Frage, ob eine unangemessene Benachteiligung i. S. v. § 307 BGB vorliegt, die in den §§ 308, 309 BGB genannten Sachverhalte heranzuziehen (so jetzt auch § 310 Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz BGB). Dabei ist eine endgültige Beurteilung der Unzulässigkeit aber erst nach einer Interessenabwägung im konkreten Einzelfall möglich. Insbesondere müssen die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche berücksichtigt werden (§ 310 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz BGB). Zu welchen Ergebnissen die vorgenannte Interessenabwägung in den in der Praxis gängigen Regelungsfeldern führt, wird im Folgenden dargestellt.

3. Rechtsfolge unzulässiger Klauseln

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Hält eine Klausel in AGB der Inhaltskontrolle nicht stand, ist sie unwirksam. Der Vertrag bleibt jedoch im Übrigen wirksam (§ 306 Abs. 1 BGB). Anstelle der unwirksamen Klausel gelten die gesetzlichen Vorschriften (§ 306 Abs. 2 BGB). Zu beachten ist dabei jedoch, dass keine geltungserhaltende Reduktionstattfindet. Das bedeutet, dass eine Bestimmung, die gegen ein Klauselverbot verstößt, insgesamt unwirksam ist und nicht etwa eine Veränderung der Rechtslage insoweit eintritt, als sie nach den Vorschriften über die Inhaltskontrolle zulässig wäre (BGH NJW 2000, 1111; NJW 2003, 2899; NJW 2008, 3423).

Beispiel: Bei einem Dauerschuldverhältnis, welches die Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen zum Gegenstand hat, wird durch AGB eine Laufzeit von drei Jahren vereinbart. Nach § 309 Nr. 9a BGB ist die Vereinbarung einer länger als zwei Jahre bindenden Laufzeit unzulässig. Daher ist der fragliche Vertrag als unbefristet anzusehen. Es tritt nicht etwa eine Befristung auf zwei Jahre ein.

4. Besonderheiten

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Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass vor der Anwendung der Regelungen über die Inhaltskontrolle die betreffende Klausel auszulegen ist. Ergeben sich verschiedene Auslegungsmöglichkeiten, ist der Inhaltskontrolle der Inhalt zugrunde zu legen, der für den Kunden günstiger ist, weil Zweifel bei der Auslegung einer AGB-Klausel gem. § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders gehen.

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Schließlich ist zu beachten, dass die im Folgenden darzustellenden Gestaltungsgrenzen für Vereinbarungen gegenüber Verbrauchern nicht nur gelten, wenn klassische AGB, also vorformulierte Texte verwendet werden, sondern auch, wenn eine Regelung im konkreten Individualvertrag enthalten ist (§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB). Verwendet beispielsweise ein Verkäufer AGB, in denen keine Regelung über einen Eigentumsvorbehalt enthalten ist, vereinbart er aber mit dem Kunden individuell einen solchen, ist diese Vereinbarung trotzdem einer Inhaltskontrolle der §§ 307 ff. BGB zu unterziehen.

II. Annahmefristen

1. Problemstellung

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Ein Vertragsangebot, welches dem Verwender unterbreitet wird, muss dieser nach der gesetzlichen Regelung bis zu dem Zeitpunkt annehmen, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf (§ 147 Abs. 2 BGB). Da diese Annahmefrist sehr von den Umständen des Einzelfalls abhängt, hat der Unternehmer ein Interesse daran, den Zeitraum, in welchem er das Angebot annimmt, selber zu bestimmen. Solche Annahmefristen, die nach § 148 BGB grundsätzlich möglich sind, können insbesondere auf Bestellformularen, die der Verwender dem Kunden aushändigt, vorgesehen sein.

2. Vorgaben des Gesetzes

a) Regelung gegenüber Verbrauchern

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Nach § 308 Nr. 1 BGB darf eine vom Verwender gesetzte Annahmefrist nicht unangemessen lang und nicht zu unbestimmt sein. Unangemessen lang ist eine Frist, wenn sie die in § 147 Abs. 2 BGB bestimmte Frist erheblich übersteigt und der Verwender keine schutzwürdigen Interessen an einer derartigen Bindung besitzt, die die Interessen der Kunden am schnellen Wegfall der Bindung übersteigen (BGH NJW 2014, 857). Die Länge der Frist ist von der Art des Geschäfts abhängig. Bei Alltagsgeschäften dürfte maximal eine Frist von zwei Wochen zulässig sein. Im Onlinehandel sollen Fristen von maximal zwei Tagen zulässig sein (LG Hamburg MMR 2013, 506, das eine fünftägige Annahmefrist für unwirksam hielt).

Längere Fristen hat die Rechtsprechung z. B. in folgenden Fällen für zulässig erachtet:

In letztgenannter Entscheidung hat das OLG Düsseldorf sogar ausgeführt, dass eine AGB-Klausel wirksam ist, in der geregelt wird, dass ein Vertag zustande kommt, wenn der Käufer auf das Angebot vier Wochen lang schweigt.

Unzulässig sind dagegen beispielsweise:

b) Regelung gegenüber Unternehmern

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Grundsätzlich gelten die vorstehenden Ausführungen wegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB auch gegenüber Unternehmern. Da der kaufmännische Geschäftsverkehr auf schnelle Abwicklung angelegt ist, sind längere Fristen selbst bei schwierigen Geschäften grundsätzlich unzulässig.

3. Formulierungsvorschläge

a) Regelung gegenüber Verbrauchern

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Die Bestellung des Kunden stellt ein bindendes Angebot dar, das wir innerhalb von zwei Wochen durch Zusendung einer Auftragsbestätigung oder durch Zusendung der Waren annehmen können.

b) Regelung gegenüber Unternehmern

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Die Bestellung des Kunden stellt ein bindendes Angebot dar, das wir innerhalb von zwei Wochen durch Zusendung einer Auftragsbestätigung oder durch Zusendung der Waren annehmen können.

III. Abwehrklauseln

1. Problemstellung

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Abwehrklauseln kommen nur im unternehmerischen Verkehr in Betracht. Bei Rechtsgeschäften zwischen Unternehmern ist es oftmals üblich, dass jede der Parteien eigene AGB verwendet. Abwehrklauseln sollen sicherstellen, dass lediglich die eigenen AGB in den Vertrag einbezogen werden.

2. Vorgaben des Gesetzes

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Derartige Klauseln sind zulässig. Sie verstoßen insbesondere nicht gegen § 307 BGB (BGH NJW 1985, 1839). Damit werden widersprechende bzw. ergänzende Klauseln in den AGB des Vertragspartners nicht Vertragsbestandteil (BGH NJW-RR 2001, 484).

Bezüglich der Vereinbarung eines sog. Eigentumsvorbehalts gilt aber folgende Besonderheit:

Nach der Auffassung des BGH werde der Eigentumsvorbehalt zwar nicht wirksam im Vertrag mit vereinbart, weil der andere Teil mit seiner Abwehrklausel deutlich mache, dass er nur zu seinen Bedingungen abschließen wolle. Allerdings liege sachenrechtlich lediglich ein bedingtes Übereignungsangebot vor, weil dem Vertragspartner der in den AGB des anderen enthaltene Eigentumsvorbehalt nicht unbekannt bleibe. Damit kann das Eigentum ohne Zahlung des Kunden nicht auf diesen übergehen (BGHZ 104, 127). Dies gilt allerdings nicht, sofern es sich um einen erweiterten oder verlängerten Eigentumsvorbehalt (vgl. zu den Begriffen Rn. 74) handelt.

3. Formulierungsvorschläge

a) Regelung für den Erbringer von Leistungen

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Unsere Geschäftsbedingungen gelten ausschließlich; entgegenstehende oder von unseren Geschäftsbedingungen abweichende Bedingungen des Kunden erkennen wir nicht an, es sei denn, wir haben ihrer Geltung ausdrücklich schriftlich zugestimmt. Unsere Geschäftsbedingungen gelten auch dann, wenn wir in Kenntnis entgegenstehender oder von unseren Geschäftsbedingungen abweichender Bedingungen des Kunden die Leistung an ihn vorbehaltlos erbringen.

b) Regelung für den Empfänger von Leistungen

Unsere Geschäftsbedingungen gelten ausschließlich; entgegenstehende oder von unseren Geschäftsbedingungen abweichende Bedingungen des Leistungserbringers erkennen wir nicht an, es sei denn, wir haben ihrer Geltung ausdrücklich schriftlich zugestimmt. Unsere Geschäftsbedingungen gelten auch dann, wenn wir in Kenntnis entgegenstehender oder von unseren Geschäftsbedingungen abweichender Bedingungen des Leistungserbringers die Leistung vorbehaltlos entgegennehmen.

IV. Aufrechnungsverbote

1. Problemstellung

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Nach § 387 BGB kann, wenn sich zwei Personen gegenseitig gleichartige Leistungen schulden, jede Partei ihre Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen. Um zu verhindern, dass eigene feststehende Forderungen durch möglicherweise zweifelhafte Gegenforderungen zum Erlöschen gebracht werden, hat der Verwender ein Interesse daran, dem Kunden dessen Aufrechnungsrecht zu nehmen.

2. Vorgaben des Gesetzes

a) Regelung gegenüber Verbrauchern

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Die §§ 307 ff. BGB lassen den Ausschluss der Aufrechnung grundsätzlich zu. Nach § 309 Nr. 3 BGB ist lediglich der Ausschluss der Aufrechnung von unbestrittenen und rechtskräftigen Forderungen untersagt. Nach dem BGH kann sich aber auch bei entsprechender Beschränkung des Aufrechnungsverbots eine Unangemessenheit i. S. v. §