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Christian Rattat wurde 1968 in Dinslaken geboren. Er arbeitet seit etwa 20 Jahren als Softwareentwickler und begann seine Karriere 1987 auf einem Commodore Amiga 2000. Heute arbeitet er für Großunternehmen im Microsoft- und Unix-Umfeld, hat aber auch mikrocontrollerbasierte Anwendungen gebaut und dafür Software implementiert.

Sein Hobby, das Bauen und Fliegen von Multicoptern, brachte viele Berührpunkte mit Themen wie 3D-Druck und CNC-Fräsen und der Schritt zum eigenen 3D-Drucker lag nahe. Hohe Anforderungen erforderten die Perfektionierung des 3D-Drucks, um damit mechanisch beanspruchbare Teile mit guter Genauigkeit herzustellen. Mit einem aufgemotzten Ultimaker Original-3D-Drucker und vielen Stunden zur Optimierung von 3D-Drucken erzeugt er heute hochwertige Werkstücke für verschiedenste Zwecke aus PLA, ABS, HIPS, PET oder Holz- und CFK-Filamenten.

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3D-Druck für Anspruchsvolle

Mit dem Ultimaker perfekte Werkstücke erstellen

Christian Rattat

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Christian Rattat
christian@rattat.net

Lektorat: Dr. Michael Barabas
Copy-Editing: Ursula Zimpfer, Herrenberg
Satz: Birgit Bäuerlein
Herstellung: Susanne Bröckelmann
Umschlaggestaltung: Helmut Kraus, www.exclam.de
Druck und Bindung: M.P. Media-Print Informationstechnologie GmbH, 33100 Paderborn

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN:
Print    978-3-86490-331-1
PDF    978-3-86491-879-7
ePub    978-3-86491-880-3
mobi    978-3-86491-881-0

1. Auflage 2016
Copyright © 2016 dpunkt.verlag GmbH
Wieblinger Weg 17
69123 Heidelberg

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Alle Angaben und Programme in diesem Buch wurden mit größter Sorgfalt kontrolliert. Weder Autor noch Verlag können jedoch für Schäden haftbar gemacht werden, die in Zusammenhang mit der Verwendung dieses Buches stehen.

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Vorwort von Ultimaker

Als das Buch »3D-Druck für Anspruchsvolle« von Christian Rattat in unserem Ultimaker-Office in Geldermalsen eintraf, überkam uns bereits vor dem Lesen eine gewisse Vorfreude. Wir von Ultimaker bezeichnen uns selbst als Maker. Unsere 3D-Drucker wurden buchstäblich in Fab Labs geboren. Maker sind die Grundlage unseres Handelns. Wir wollen uns zusammen mit den Makern weiterentwickeln. Bereits in der Vergangenheit begeisterte uns die Community mit sinnvollen Überarbeitungen unserer Extruder. Aktuell sorgt der Olsson Block, ein von Anders Olsson entwickeltes Upgrade, für einen regelrechten Performance-Schub unserer Ultimaker Familie.

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Christian Rattat schlägt in dieselbe Kerbe und begeistert uns dabei. »3D-Druck für Anspruchsvolle« ist ein liebevoll und akribisch gestaltetes Werk, das Christian Rattats Weg zum 3D-Drucker seiner Träume beschreibt. Das Schönste an dem Buch ist, dass Rattat uns Leser stets mitnimmt und jeden seiner Schritte begründet und erklärt. Auf diese Weise wird das Werk auch dem weniger etablierten Maker zugänglich gemacht.

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Wir werden dieses Buch zusammen mit unserem deutschen Sales Partner iGo3D, der auch die in diesem Buch verwendeten Filamente geliefert hat, jedem ambitionierten Maker empfehlen.

Ultimaker B.V.

iGo3D GmbH

Watermolenweg 2

4191 PN Geldermalsen

The Netherlands

Am Brabrinke 14

30519 Hannover

https://ultimaker.com/en

https://www.igo3d.com/de/

Vorwort des Autors

Die wenigsten wissen, dass der 3D-Druck bereits seit 30 Jahren für die industrielle Fertigung eingesetzt wird und heute sehr viele Dinge damit hergestellt werden. Den Einzug in das heimische Bastelzimmer haben 3D-Drucker aber erst vor wenigen Jahren angetreten.

Zwar kam ich schon vor einiger Zeit mit dem Thema 3D-Druck in Berührung, richtig interessant wurde dies für mich aber erst durch mein Hobby: Multicopter bauen und fliegen. Die Vorstellung, aus dem Nichts komplexe Objekte schaffen zu können, weckte in mir neue Ideen. Zuvor hatte ich vor allem spanende Verfahren wie Fräsen, Sägen und Bohren verwendet. Damit kam ich auch immer zum Ziel, aber der Weg war oft beschwerlich und lang. Zu dieser Zeit wurde der Traum von »ich drucke mir einbaufertige Teile und trinke nebenbei ein Bier beim Tatort« geboren.

So habe ich mir Gedanken dazu gemacht, welcher 3D-Drucker meine – gehobenen – Ansprüche wohl erfüllen könnte. Das Auswahlverfahren dauerte circa sechs Monate. In dieser Zeit habe ich Tausende Beiträge in Foren, mehrere Bücher und viele Testberichte gelesen. Zum Schluss kam ich auf zwei konträre Kernpunkte:

Ich muss an dieser Stelle gestehen, dass ich ein Pedant bin. Wenn ich mich einem Thema widme, will ich es auch beherrschen. Halbwegs und einigermaßen kommen für mich meist nicht infrage. In vielen Stunden habe ich deshalb immer wieder mit meinem Ultimaker 3D-Drucker dieselben Teile gedruckt, Belastungs- und Bruchtests durchgeführt und herumprobiert, wie diese eine schönere Optik bekommen.

Wie schon beim Thema Multicopter habe ich mich gewundert, dass ich zum Thema 3D-Druck keine Bücher finden konnte, die meinen Ansprüchen genügen. Es gibt gute Einführungen, die ohne Zweifel zu verstehen helfen, worum es eigentlich geht, welche Technologien es gibt und was man damit Tolles tun kann. Wie man aber mit einem 3D-Drucker selbst vernünftige Ergebnisse erzielt, konnte mir kein Buch vermitteln. So habe ich mich dazu entschlossen, dieses Buch zu schreiben, in der Hoffnung, dass es eine große Lücke füllt, auch wenn man keinen Ultimaker 3D-Drucker verwendet.

Die Webseite und weitere Informationen zum Buch

Unter http://3ddruckerbuch.de finden Sie die Webseite zum Buch. Dort stehen Ihnen folgende Informationen zur Verfügung:

Die Webseite wird mit der Zeit noch um weitere Informationen und Reparaturanleitungen erweitert. In Tabelle 1 finden Sie Links zu den im Buch erzeugten Druckobjekten.

Objekt

Link

Frosch, verschiedene Kapitel

http://www.thingiverse.com/thing:18479

iPhone-Ladeschale, Abschnitt 1.3

http://www.thingiverse.com/thing:492101

Ultimaker Roboter, Abschnitt 4.4

http://www.thingiverse.com/thing:11551

Zylinder, Abschnitt 4.4

http://www.thingiverse.com/thing:998361

Keil, Abschnitt 7.2

http://www.thingiverse.com/thing:25436

Z-Justierung, Abschnitt 7.3

http://www.thingiverse.com/thing:58582

Lüfterbefestigung, Abschnitt 7.4

http://www.thingiverse.com/thing:77107

Kabelführung, Abschnitt 7.5

http://www.thingiverse.com/thing:22719

Endkappen, Abschnitt 7.6

http://www.thingiverse.com/thing:54075

Halterung für LEDs, Abschnitt 7.7

http://www.thingiverse.com/thing:970688

Füße, Abschnitt 7.8

http://www.thingiverse.com/thing:1013009

Stufenzylinder, Abschnitt 8.1.1

http://www.thingiverse.com/thing:533472

Rahmen, Abschnitt 8.1.3

http://www.thingiverse.com/thing:998361

Platte, Abschnitt 8.1.10

http://www.thingiverse.com/thing:533472

Materialvorschubeinheit, Abschnitt 8.2.1

http://www.thingiverse.com/thing:986482

Filamenthalterung, Abschnitt 8.2.2

http://www.thingiverse.com/thing:1000667

Tab. 1 Druckobjekte aus dem Buch

Persönliche Sicht des Autors

Im Text sind einzelne Passagen enthalten, die persönliche Darstellungen des Autors wiedergeben. Zur Abgrenzung vom restlichen Text sind diese in anderer Schrift und blau gesetzt.

Danksagungen

Mein allerherzlichster Dank geht an meine Lektorin Ursula Zimpfer, die mit ihrer Akribie jeden noch so kleinen Fehlerteufel exorziert, an Wolfgang Lindner, der sich mit mir qualvolle lange Stunden über 3D-Modellierung und 3D-Druck unterhalten musste, an Susan Grey für die moralische Unterstützung sowie an Maik Schmidt, Peter Griwatsch und René Bohne für die Reviews, an Mario Hüttenhofer von 3D Fab für die Bereitstellung der beiden 3DP-Drucke, an Alfred, der nicht aufgibt, mir zu erklären, dass ich »mal raus muss« und viel Sport machen soll, und nicht zuletzt an Helmut Kraus vom dpunkt.verlag für das Cover-Design und natürlich an Michael, Miriam, Sabrina und Vanessa und den Rest vom dpunkt.verlag, die es mir ermöglicht haben, mein zweites Buch zu schreiben.

Inhaltsübersicht

1      Einführung

2      FDM-3D-Druck

3      Montage des 3D-Druckers

4      Inbetriebnahme

5      Erweiterung 1: UltiController

6      Erweiterung 2: Beheizter Drucktisch

7      Verbesserungen und Umbauten

8      FDM-3D-Druck in der Praxis

9      3D-Modelle

A      Filamente und Einstellungen

Glossar

Index

Inhaltsverzeichnis

1        Einführung

1.1      An wen richtet sich dieses Buch?

1.2      Warum 3D-Druck?

1.3      Wie kam der 3D-Druck in die Bastelkeller?

1.4      Wie funktioniert 3D-Druck?

1.4.1      CAD

1.4.2      CAM

1.4.3      G-Code

1.4.4      Druckvorbereitung

1.4.5      Drucken

1.4.6      Nachbearbeitung

1.5      Welche 3D-Druckverfahren gibt es?

1.5.1      Druck mit flüssigen Materialien

1.5.1.1      Stereolithografie (SLA)

1.5.1.2      Film Transfer Imaging (FTI)

1.5.1.3      Digital Light Processing (DLP)

1.5.1.4      Continuous Liquid Interface Production (CLIP)

1.5.1.5      MultiJet Printing (MJP)

1.5.1.6      PolyJet Printing (PJ)

1.5.1.7      Contour Crafting (CC)

1.5.1.8      Druck mit Pasten

1.5.2      Druck mit festen Materialien, die verflüssigt werden

1.5.2.1      Selektives Lasersintern (SLS)

1.5.2.2      Selektives Laserschmelzen (SLM)

1.5.2.3      Selektives Elektronenstrahlschmelzen (SEBM)

1.5.2.4      Fused Deposition Modeling (FDM, FFF)

1.5.2.5      Laserauftragschweißen

1.5.2.6      Anti-Gravity Object Modeling (AOM)

1.5.3      Druck mit Druckmedien, die verklebt werden

1.5.3.1      Laminated Object Modeling (LOM)

1.5.3.2      3D-Printing (3DP)

2        FDM-3D-Druck

2.1      Funktionsweise eines FDM-3D-Druckers

2.2      Aufbau eines FDM-3D-Druckers

2.2.1      Druckeinheit

2.2.2      Positioniereinheit

2.2.3      Materialvorschubeinheit

2.2.4      Steuereinheit

2.2.5      Drucktisch

2.3      Druckmaterialien für den FDM-3D-Druck

2.3.1      PLA (Polylactic Acid)

2.3.2      ABS (Acrylnitril-Butadien-Styrol)

2.3.3      PA 6.6 (Polyamid)

2.3.4      PET (Polyethylenterephthalat)

2.3.5      PC (Polycarbonate)

2.3.6      Holzfilament

2.3.7      TPE (Thermoplastische Elastomere)

2.3.8      PVA (Polyvinylalkohol)

2.3.9      HIPS (High Impact Polystyrol)

2.3.10    Wachsfilament

2.3.11    Sonstige Filamente

2.4      Der richtige FDM-3D-Drucker

2.5      Auswahlkriterien

2.6      Auswahlprozess

2.6.1      Ultimaker Original & Ultimaker Original Plus

2.6.2      printMATE 3D

2.6.3      PRotos v3 Base-KIT und PRotos v3 Full-KIT

2.6.4      Felix 3.0

2.6.5      Entscheidungsfindung

3        Montage des 3D-Druckers

3.1      Montage des Rahmens

3.2      Montage der X/Y-Positioniereinheit

3.3      Montage der Druckeinheit

3.4      Montage der Z-Positioniereinheit mit Drucktisch

3.5      Montage der Materialvorschubeinheit

3.6      Montage der Steuerelektronik

4        Inbetriebnahme

4.1      Vorbereitung des Drucktisches

4.2      Checkliste

4.3      Inbetriebnahme mit CURA

4.4      Kalibrierung des Drucktisches mit CURA

4.5      Weitere Funktionen in CURA

5        Erweiterung 1: UltiController

5.1      Montage des UltiControllers

5.2      Bedienung des UltiControllers

6        Erweiterung 2: Beheizter Drucktisch

6.1      Montage des Drucktisches

6.2      Ausbau des bestehenden Drucktisches

6.3      Einbau der Steuerplatine

6.4      Einbau des neuen Drucktisches

6.5      Inbetriebnahme

7        Verbesserungen und Umbauten

7.1      Verlegen der Motoren nach außen

7.2      Befestigung der Materialvorschubeinheit

7.3      Feineinstellung für oberen Z-Endschalter

7.4      Lüfterbefestigung

7.5      Kabelführung für den UltiController

7.6      Einstellbare Endkappen

7.7      Beleuchtung

7.8      Füße mit Silikondämpfung

7.9      Seitenscheiben und Frontklappe

8        FDM-3D-Druck in der Praxis

8.1      FDM-3D-Druck ist nicht trivial

8.1.1      Materialschrumpfung

8.1.2      Materialverwerfungen

8.1.3      Haftung auf dem Drucktisch

8.1.4      Unterextrusion und verstopfte Düsen

8.1.5      Feuchtes Filament

8.1.6      Falsche Geometrie

8.1.7      Nicht verbundene Schichten

8.1.8      Verschobene Schichten

8.1.9      Beulen

8.1.10    Fäden

8.2      Beispiele aus der Praxis

8.2.1      Neue Materialvorschubeinheit

8.2.1.1      Vorbereitung des Druckes

8.2.1.2      Drucken

8.2.1.3      Anfertigung des Transportrades und des Gegenlagers

8.2.1.4      Zusammenbau

8.2.2      Filamenthalter

8.2.2.1      Vorbereitung

8.2.2.2      Drucken

8.2.2.3      Zusammenbau

9        3D-Modelle

9.1      Downloads aus dem Internet

9.2      3D-Scanner

9.3      3D-CAD

9.4      Parametrische Konstruktionen

9.5      Digitales Sculpting

9.6      Ausblick

A        Filamente und Einstellungen

A.1      Innofil3D PLA 2,85 mm

A.2      REC PLA 2,85 mm

A.3      colorFabb Premium Soft PLA/PHA 2,85 mm

A.4      Innofil3D InnoPET 2,85 mm

A.5      FormFutura Limosolve 2,85 mm

A.6      REC ABS 2,85 mm

A.7      FormFutura Laywoo-D3 Holz 2,85 mm

Glossar

Index

1 Einführung

»3D-Druck ist einfach und mittlerweile rasend schnell. Heute kann man sich einen fertigen 3D-Drucker im Elektrogroßmarkt kaufen. Man muss diesen nur an den heimischen PC anschließen und kann loslegen. Man benötigt keine Vorkenntnisse, die Druckobjekte sind hochwertig und mechanisch stabil. Um 3D-Modelle zu erstellen, gibt es kostenlose Software, mit der alles zum Kinderspiel wird.«

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So oder ähnlich lesen sich Meldungen in den Medien und im Internet. Aber ist die Technik wirklich so einfach geworden? Muss man heute hierfür nur noch ein Benutzerhandbuch lesen, wozu noch vor nicht allzu langer Zeit hochqualifizierte Ingenieure benötigt wurden? Dass das nicht so ist und wie Sie trotzdem hochwertige 3D-Drucke erzeugen, erfahren Sie in diesem Buch.

1.1 An wen richtet sich dieses Buch?

Worum geht es?

Ich habe lange überlegt, was genau ich über den 3D-Druck schreiben soll. Dabei bin ich zu dem Schluss gekommen, dass das Thema 3D-Druck in nur einem Buch nicht sinnvoll vollumfänglich behandelt werden kann. Einige Teile wie 3D-Scannen und 3D-Modellierung sind so umfangreich, dass diese eigene Bücher füllen.

Aus diesem Grund habe ich mich entschlossen, Allgemeines auf die Einführung zu beschränken. Den Großteil des Buches widme ich der verbreitetsten und kostengünstigsten 3D-Drucktechnologie, einem speziellen 3D-Drucker und ausgewählter Software, um zu zeigen, wie man genau damit zuverlässig zu vernünftigen Ergebnissen kommt.

Was bedeutet vernünftiges Ergebnis?

Das ist sicher Ansichtssache und dem 3D-Druck für den Privatbereich sind klare Grenzen gesetzt. Für mich bedeutet es vor allem, dass ich möglichst maßgenaue und mechanisch belastbare Bauteile erzeugen kann und dass ich diese Bauteile mit optisch gut aussehenden Oberflächen herstellen kann. Wie so etwas aussieht, sehen Sie in Abbildung 1–1. Die Oberfläche kommt natürlich so aus keinem 3D-Drucker, sondern hat ein spezielles Finish erhalten, das in 15 Sekunden erledigt war. Wie das geht, erfahren Sie unter anderem in diesem Buch.

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Abb. 1–1 Beispiel für eine hochwertige Oberfläche

Warum ein spezieller Drucker und kein allgemeines Buch?

Weil der 3D-Druck sehr individuell ist und jeder 3D-Drucker und jede Software eine Wissenschaft für sich sind. Der 3D-Druck für den Privatanwender ist nicht standardisiert und selbst bei fertig aufgebauten Varianten weitgehend experimentell. Es gibt auch Gemeinsamkeiten, vor allem bei den Problemfällen. Die Lösungen dazu sind aber oft wieder individuell und es ist einfach nicht machbar, für hundert 3D-Drucker zu erklären, wie man dasselbe Problem auf hundert verschiedene Arten löst.

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Abb. 1–2 Erweiterungen des Ultimaker Original (Vorderansicht) aus dem Buch

Es ist auch offensichtlich, dass man nicht für jeden 3D-Drucker ein Buch schreiben kann. Stattdessen beschreibe ich exemplarisch den 3D-Druck mit einem sehr guten, aber immer noch vergleichsweise günstigen 3D-Drucker, dem Ultimaker Original. Diesen baue ich selbst aus einem Bausatz auf und erkläre, wie man Problemfälle behandelt, Reparaturen vornimmt und viele Erweiterungen (Abbildungen 1–2 und 1–3) einbaut.

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Abb. 1–3 Erweiterungen des Ultimaker Original (Rückansicht)

Wen interessiert es, wie ein 3D-Drucker zusammengebaut wird?

Sie – auch wenn Sie das vielleicht noch nicht wissen. 3D-Drucker funktionieren nicht wie Laser- oder Tintenstrahldrucker. Ein 3D-Drucker ist genaugenommen eine Werkzeugmaschine und kein Drucker. Werkzeugmaschinen müssen gewartet und repariert werden. Darum kommen Sie nicht herum, wenn Sie nicht monatelang jedes Jahr auf Ihren 3D-Drucker verzichten wollen, weil Sie diesen zur Reparatur einschicken müssen.

Verstopfte Düsen, verschlissene Lager und Zahnriemen, defekte Schrittmotoren und vieles andere sind Probleme, mit denen Sie häufiger zu tun haben werden. Wenn Sie nicht bereit sind, sich mit diesen Themen zu beschäftigen, bleibt Ihnen nur die Option, 3D-Drucke von einem Dienstleister produzieren zu lassen.

Mit diesem Buch sind Sie in der Lage, den Ultimaker Original samt UltiController und beheiztem Drucktisch in alle Einzelteile zu zerlegen und wieder zusammenzusetzen. So können Sie sicher sein, dass Sie viele Probleme mit dem Drucker selbst meistern können. Viele Teile des Ultimaker Original gibt es bereits als 3D-Modelle und Sie können diese selbst drucken. So ist für lange Zeit für Nachschub gesorgt.

1.2 Warum 3D-Druck?

Der 3D-Druck wurde bereits vor über 30 Jahren vom Amerikaner Charles W. Hull, dem Gründer der Firma 3D Systems (www.3dsystems.com) erfunden. Mit einem Gewinn von fast 300 Millionen USD im Jahr 2014 gehört 3D Systems neben anderen großen Firmen wie STRATASYS zu den Marktführern. Hull ist auch der Erfinder der STL-Schnittstelle (Kurzform für Standard Tesselation Language, auch Standard Triangulation Language), einem Standardformat zur Beschreibung von 3D-Modellen. Dieses Format wird heute für viele Anwendungen genutzt und Sie werden damit oft in Berührung kommen, wenn Sie selbst 3D-Drucker einsetzen.

Die Hauptanwendung des 3D-Drucks war über lange Zeit und ist auch heute noch die Herstellung von Prototypen. Prototypen werden in der Industrie für die Entwicklung neuer Produkte gebaut, um verschiedene Eigenschaften zu überprüfen. Dies beschränkt sich aber keineswegs auf den 3D-Druck. Man stellt Prototypen auch mit anderen Maschinen wie beispielsweise CNC-Fräsen her.

Wichtig ist für die Prototypenherstellung, dass diese schnell veränderbar und kostengünstig produzierbar sind. Erstellt man einen Prototyp direkt aus einem Computermodell, so spricht man vom Rapid Prototyping. Man unterscheidet bei Prototypen vor allem zwischen Funktions- und Designmodellen. Erstere erlauben eine funktionelle und mechanische Prüfung, während letztere eine optische und haptische Bewertung zulassen. Oft muss man heute die Computermodelle aber nicht einmal mehr physikalisch herstellen, um deren Eigenschaften zu bewerten. Mit Programmen zur fotorealistischen Darstellung werden diese in reale Szenen eingebettet. Mittels Techniken wie der Finite-Elemente-Methode (FEM) kann man mechanische Eigenschaften beliebig genau berechnen.

Stellt man beim Rapid Prototyping fest, dass etwas nicht passt, verändert man einfach das Modell und erzeugt den Prototyp noch einmal. Solche iterativen Ansätze sind sehr flexibel und kostengünstig. Prototypen erlauben bereits sehr früh in der Entwicklung, Probleme zu erkennen und diese zu lösen. Außerdem ist es für Produktentwickler hilfreich, sich an realen Objekten zu orientieren.

Additive Fertigungsverfahren

Der 3D-Druck zählt nach DIN 8580 zum Urformen. Urformen bezeichnet die Obermenge aller Fertigungsverfahren, die aus einem formlosen Stoff ein festes Objekt erzeugen. Formlose Stoffe können feste Materialien, Flüssigkeiten, Pulver und Gase sein.

Additive Fertigungsverfahren – auch generative Fertigungsverfahren genannt – bauen ein Werkstück quasi aus dem Nichts auf. Dabei ist das Ziel, genau das Werkstück aufzubauen und kein Material zu verschwenden. Ganz so einfach ist das leider nicht, denn Teile eines Werkstücks, die im 3D-Modell frei in der Luft hängen, lassen sich so nicht aufbauen. Für solche Problemstellungen benötigt man Hilfsmittel.

Der größte Vorteil der generativen Fertigungsverfahren besteht darin, dass man quasi beliebige Formen in einem Stück herstellen kann. Kein anderes Fertigungsverfahren erlaubt das in dieser Weise.

Prototypen, die mit 3D-Druckern erzeugt werden, lassen sich verhältnismäßig schnell und oft mit geringem Personaleinsatz herstellen. Je nach Druckverfahren kann derjenige, der das Modell erstellt, auch die nachfolgenden Schritte und den Ausdruck selbst übernehmen. Um ein 3D-Modell mit einer CNC-Fräse herzustellen, benötigt man hingegen meist hochqualifizierte Maschinenbauer.

Im industriellen Bereich hat sich die Anwendung von 3D-Druckern stark verändert. Der Druck beschränkt sich hier nicht mehr auf Prototypen und Kleinserienfertigung. Dazu einige wenige Beispiele:

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Abb. 1–4 Mit Biss: Invisalign©-Zahnschiene aus dem 3D-Drucker

Verwendet man 3D-Drucker für die Fertigung von Kleinserien und Einzelstücken, spricht man nicht mehr vom Rapid Prototyping, sondern vom Rapid Manufacturing (dt. schnelle Fertigung). Die Vorteile liegen dabei darin, dass sich gegenüber der Serienfertigung Aufwände und Kosten für die Maschinen- und Prozesseinrichtung reduzieren.

1.3 Wie kam der 3D-Druck in die Bastelkeller?

Dass sich 3D-Drucker im Privatbereich so stark verbreitet haben, liegt vor allem daran, dass in den letzten Jahren viele Patente ausgelaufen sind. Aber auch die rasante Entwicklung von Elektronik und Software war dazu notwendig. Vor allem ein Produktbereich, der ursprünglich unterschätzt wurde, hat dazu beigetragen: die Einplatinencomputer. Das sind kleine Rechner, die fertige Schnittstellen für digitale und analoge Steuerungen und Messungen enthalten.

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Abb. 1–5 Einplatinencomputer Raspberry Pi

Meist werden einfache Mikrocontroller mit wenig Speicher und geringer Leistung verwendet. Mittlerweile kommen aber auch modernere Hochleistungsprozessoren zum Einsatz, die auch die Verwendung von Betriebssystemen ermöglichen. Der Raspberry Pi in Abbildung 1–5 wird oft als Medienspieler für Filme und Musik aus dem heimischen Netzwerk auf einem TV-Gerät oder einer Musikanlage verwendet und ist ein vollwertiger Computer, der aber auch Messen und Steuern kann.

Nun sind Mikrocontroller selbst auch nichts Neues. Für die meisten Menschen war und ist es aber unmöglich, eine Platine mit Ansteuerung eines Mikrocontrollers, Spannungsversorgung und Schnittstellen selbst herzustellen. Selbst das Auflöten der Bausteine ist für viele schon eine zu hohe Hürde. Der entscheidende Schritt war die Verfügbarkeit auf einer fertig aufgebauten Platine. Einen Einplatinencomputer muss man nur mit Spannung versorgen, dann kann man mit einfachen Programmen und nahezu ohne jegliches Fachwissen Leuchtdioden ansteuern, Temperaturen messen oder Motoren steuern.

Hier kommen die Maker ins Spiel. Maker (dt. Macher) bedeutet dabei sinngemäß Bastler – aber das hört sich wohl nicht so cool an. Einplatinencomputer wie Arduino und Raspberry Pi haben die Szene sehr stark geprägt. Auch wenn es Maker eigentlich schon seit Jahrzehnten gibt, unterscheiden sie sich heute und damals dramatisch. Der große Unterschied ist, dass die Basteleien sehr oft in professionelle Anwendungen einfließen. Außerdem erreichen diese dank der modernen Kommunikationswege sehr viel mehr Menschen, selbst wenn es nur bei Bastelprojekten bleibt.

Aus Make-Projekten entstehen häufig kommerzielle Produkte, die nicht selten durch Crowdfunding finanziert zu millionenschweren Geschäftsmodellen werden. Crowdfunding ist eine Form der gemeinschaftlichen Finanzierung, bei der die Finanzierer das hergestellte Produkt zu günstigeren Preisen beziehen als später normale Käufer. Anders als bei Bank- oder Venture-Capital-Finanzierungen sind die Menschen hier deutlich risikobereiter und das Einzelrisiko ist sehr viel kleiner. Dabei ist der entscheidende Teil selten die Massenproduktion, sondern die Entwicklung eines voll funktionierenden Prototyps als Machbarkeitsbeweis. Oft erfolgt dann bei großen Vorhaben im Anschluss auch eine andere Kapitalisierung für die Finanzierung der Serienproduktion.

Ein weiterer Grund für den Einzug von 3D-Druckern in den Privatbereich ist die extrem günstige Produktion in Fernost. Bauteile für 3D-Drucker sind heute zu Preisen käuflich, zu denen diese in Deutschland nicht einmal produzierbar sind.

Mit einem Arduino, zwei Motoren, zwei Motortreibern zum Steuern der hohen Ströme und ein paar Stangen und Lagern kann man recht problemlos eine zweidimensionale Positioniereinheit bauen. Beispielsweise kann man daran einen Stift befestigen und so einen einfachen Plotter bauen. Die Software für diesen Plotter muss nichts weiter tun, als die Motoren links oder rechts drehen zu lassen, um den Stift an eine bestimmte Position zu bringen.

Damit der Stift nicht dauerhaft zeichnet, baut man vielleicht noch einen zusätzlichen Motor ein, der den Tisch mit dem Blatt Papier nach oben und unten fährt. Ist der Tisch unten, hängt der Stift frei in der Luft und zeichnet nicht. Ist der Tisch oben und wird der Stift bewegt, zeichnet dieser. Mit nur wenigen Modifikationen an diesem einfachen Plotter erhält man einen 3D-Drucker.

Nach einigem Experimentieren und Verbessern sind bezahlbare 3D-Drucker entstanden. Diese sind sowohl mechanisch als auch elektronisch sehr einfach strukturiert und meist modular aufgebaut. So können Bauteile ausgetauscht werden und man kann 3D-Drucker leicht selbst reparieren oder erweitern – versuchen Sie das mal mit Ihrem Laserdrucker. Leider geht der Trend einiger Hersteller in eine gegenläufige Richtung und man versucht, den Kunden zu binden und Eigeninitiativen möglichst zu verhindern.

Unzählige Menschen haben heute Zugang zu 3D-Druckern und erzeugen damit Objekte für eigene Zwecke: Gehäuse für elektronische Schaltungen, Zubehör für alltägliche Gegenstände, Ersatzteile für Haushaltsgeräte, aber auch Teile von 3D-Druckern selbst – die Auswahl ist unendlich groß und wächst permanent weiter. Dank immer besserer und leistungsfähigerer Software erstellt man eigene Objekte oder lädt sich fertige Modelle aus dem Internet herunter.

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Abb. 1–6 Selbst gedruckte Smartphone-Ladeschale (http://www.thingiverse.com/thing:492101)

Heute baut man sich Teile, die man nicht kaufen kann oder die zu teuer sind, »einfach« selbst. Dazu benötigt man auch nicht zwangsläufig einen eigenen 3D-Drucker. Es gibt viele Dienstleister, bei denen man lediglich ein 3D-Modell hochlädt und dann das Ergebnis per Post zugesandt bekommt. Auch bieten erste Elektronikfachmärkte 3D-Druckstationen in den Ladengeschäften an. Die ganze Bandbreite von Anwendungen von 3D-Druckern aufzuzählen würde den Rahmen dieses Buches sprengen.

Das hört sich fantastisch an – und das ist es auch. Aber aufgrund hoher Kosten stehen Ihnen viele Möglichkeiten erst gar nicht zur Verfügung. Sobald es um die Verwendung bestimmter Materialien wie Stahl und Beton oder um sehr hohe Genauigkeiten geht, schießen die Kosten für 3D-Drucker in hohe fünf- bis siebenstellige Bereiche. Auch die Herstellung bei einem Dienstleister ist je nach Material und Drucktechnologie oft unbezahlbar.

Trotzdem kann man mit überschaubaren Kosten für viele Anwendungsbereiche sehr gute Ergebnisse erzielen – und genau darum geht es in diesem Buch.

1.4 Wie funktioniert 3D-Druck?

Der 3D-Druck funktioniert bis auf einige Ausnahmen ähnlich wie der 2D-Druck. Sie können auch mit Ihrem Laser- oder Tintenstrahldrucker 3D-Drucke herstellen. Dazu zerschneiden Sie ein 3D-Modell mit einer Software in viele Scheiben und drucken die Flächen des Objekts jeweils auf ein Blatt Papier. Die bedruckten Bereiche schneiden Sie aus und kleben die Lagen aufeinander.

Ein Blatt Papier mit 80 g/m2 ist etwa 0,1 mm dick. Ein 10 cm hohes Objekt benötigt also 1000 Lagen Papier. Da es sehr lange dauert, bis 1000 Lagen ausgeschnitten und verklebt sind, ist diese Methode so nicht besonders effektiv. Es gibt aber 3D-Druckverfahren, die genau das mit Papier oder Folie automatisch und sehr effizient machen.

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Abb. 1–7 Zerlegung eines 3D-Objekts (Schriftzug) in Scheiben

Nahezu alle 3D-Drucker erstellen Werkstücke durch Aufschichten von Druckmaterialien. Die Zerlegung in Schichten wird von einer speziellen Software vorgenommen, die man umgangssprachlich Slicer (sinngemäß etwa Scheibenschneider) nennt. Jede Schicht kann wiederum beliebig komplex sein und wird weiter zerlegt, sodass nur noch einzelne, zehntel Millimeter breite Bahnen und Punkte übrig bleiben.

Die minimale Größe dieser Bahnen und die kleinste Höhe der Schichten definieren die Auflösung, also die Genauigkeit, mit der ein Werkstück hergestellt werden kann. Ist eine Schicht fertig, wird die nächste auf diese aufgebracht. In Abbildung 1–7 sehen Sie, wie der dreidimensionale Schriftzug »Slicer« schematisch in Schichten zerlegt wird. Um zu einem echten Werkstück zu kommen, sind aber mehr Aufgaben als nur das Scheibenschneiden erforderlich.

Am Anfang steht die Idee. Man möchte ein bestimmtes Teil erstellen, das es nicht in der gewünschten Form oder mit den gewünschten Eigenschaften gibt. Vorausgesetzt, das Werkstück ist überhaupt mit einem 3D-Druck-Verfahren herstellbar – Sie können beispielsweise keinen 10 cm großen einkristallinen Diamanten mit einem 3D-Drucker herstellen – wird zur Herstellung ein Prozess durchlaufen, der aus verschiedenen Schritten besteht, die im Folgenden erklärt werden. Nicht immer sind alle Schritte notwendig oder liegen manchmal bereits fertig vor.

1.4.1 CAD

CAD ist die Abkürzung für Computer-Aided Design