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Inhalt

Vorwort

Einleitende Gedanken zum Pflanzenschutz

Menschenschutz – Pflanzenschutz?

Was ist Pflanzenschutz?

Gartenpflanzen ökologisch schützen

Lebensgemeinschaft Garten?

Das Prinzip Verantwortung

Selbstschutz der Pflanzen

Ökologischer Pflanzenschutz

Welchen Arten von Pflanzenschutz gibt es?

Wie funktioniert ökologischer Pflanzenschutz?

Vorbeugender Pflanzenschutz

Pflanzenstärkung und angepasste organische Düngung

Pflanzenstärkung: Wirkstoffe und Wirkungsweise

Direkter ökologischer Pflanzenschutz

Direkte Maßnahmen (manuelle, mechanische, technische, biologische)

Pflanzenschutzmittel

Pflanzen schützen

Gesetze, Verkauf und Gütesiegel

Chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel

Wirkstoffe und Wirkungswelse biokonformer Pflanzenschutzmittel

Pflanzenschutz konkret

Krankheiten und Schädlinge von A bis Z

Register

Impressum

Vorwort

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Foto: Olivier Le Queinec/Shutterstock.com

Naturgärten sind nicht nur vielfältige und bunte Naturoasen für uns Menschen. Als Rückzugsgebiet und als Lebensraum für Pflanzen und Tiere sind sie wichtiger denn je.

Wichtig aber, auch für uns Menschen, ist die Beziehung zu unserem Garten: Hier spüren wir unsere Sehnsucht, an einem Sommertag unbekümmert im Gras zu liegen, Insekten summen zu hören, Früchte und Beeren naschen zu können, Erde zu riechen – mit der Natur eins zu werden und das Leben urtümlich zu fühlen.

Um diese Naturoase vor der eigenen Haustür zu schaffen, gilt es, diesen Lebensraum – seinen eigenen Garten – naturnah zu gestalten, keine umweltbelastenden Dünger und keine giftigen Pflanzenschutzmittel zu verwenden. Diese Entscheidung kann jeder Gärtner, jede Gärtnerin treffen und kann dadurch den Garten mit gutem Gewissen genießen.

Naturzusammenhänge zu verstehen, vorbeugende Strategien zur Stärkung der Pflanzen zu entwickeln, altes Gartenwissen zu erlernen, dies sind durchaus spannende Themen.

Wir wünschen ein reges, gesundes, gut gelauntes und fröhliches GARTENleben.

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Foto: GARTENLeben

Biologisch angebautes Gemüse ist nachweislich gesünder.

Einleitende Gedanken zum Pflanzenschutz

Nähern wir uns einmal überlegt und ganzheitlich dem Thema Pflanzenschutz an, denn dies ist ein überaus spannender Ansatz.

Dafür möchte ich gerne Stefano Mancuso zitieren. Er ist Professor an der Universität Florenz und international anerkannter Spezialist zum Thema Pflanzenkommunikation:

„Ohne die Pflanzen, die uns mit Nahrung, Energie und Sauerstoff versorgen, könnten wir Menschen auf der Erde nicht einmal Wochen überleben. Merkwürdig eigentlich, dass sie trotzdem lange als Lebewesen niederer Ordnung galten, knapp oberhalb der unbelebten Welt. Erst seit kurzem erkennt die Forschung, was schon Darwin vermutete: dass Pflanzen trotz ihrer (scheinbaren) Unbeweglichkeit über stupende Fähigkeiten verfügen, ja über Intelligenz. Denn außer den fünf Sinnen des Menschen besitzen sie noch mindestens 15 weitere, mit denen sie nicht nur elektromagnetische Felder erspüren und die Schwerkraft berechnen, sondern zahlreiche chemische Stoffe ihrer Umwelt analysieren können. Mit Duftstoffen warnen sie sich vor Fressfeinden oder locken Tiere an, die sie davon befreien; über die Wurzeln bilden sie riesige Netzwerke, in denen Informationen über den Zustand der Umwelt zirkulieren. Ohne Organe können sie so über eine Form von Schwarmintelligenz Strategien entwickeln, die ihr Überleben sichern.“ (Die Intelligenz der Pflanzen, Verlag Antje Kunstmann, 2015).

Das sind starke Aussagen. Aber auch die gängige analytische Wissenschaft hat interessante Ergebnisse geliefert. So ist bewiesen, dass biologisch angebautes Gemüse (im Vergleich zu konventionell angebautem) ein Vielfaches an Antioxidanzien, Vitaminen und Mineralstoffen enthält und eine um 30 Prozent höhere Trockenmasse hat.

Egal, ob Sie auf die gängige Wissenschaft setzen oder an der Theorie, dass auch Pflanzen intelligente Wesen sind, Gefallen finden, aus beiden Sichtweisen ergibt sich die Schlussfolgerung: Pestizide, chemisch synthetische Dünger und Ähnliches sind nicht sinnvoll, da wir uns damit um gesunde Wirkstoffe berauben, unsere Gesundheit gefährden können, die Tier-, Pflanzen- und Umwelt schädigen können und unseren Pflanzen mit Giftcocktails die hochsensiblen Sinne vernebeln, sodass sie ihre Abwehrmechanismen nicht mehr einsetzen können.

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Foto: MNStudio/Shutterstock.com

Innige Freundschaften beginnen früh – auch deshalb sind kindliche Gartenerlebnisse so wertvoll.

Menschenschutz – Pflanzenschutz?

Einen anderen Blickwinkel gibt es ebenfalls noch zu beachten. Wir wissen, dass überstandene Krankheiten uns Menschen stärker machen, dass wir Antikörper bilden, die uns beim nächsten „Angriff“ schützen.

Aus den Ergebnissen von Untersuchungen über sekundäre Pflanzenstoffe wissen wir, dass auch Pflanzen Abwehrstoffe einlagern und dadurch widerstandsfähiger werden. Aber nicht nur das, sie geben diese Widerstandskraft auch an uns weiter. Eine Pflanze, die sich z. B. erfolgreich gegen eine Pilzinfektion durch die Bildung von sekundären Pflanzenstoffen gewehrt hat, gibt uns deren gesundheitliche Vorteile beim Verzehr weiter.

Eine verhätschelte Pflanze, die keine Strategien entwickelt hat, wie sie Trockenheit überlebt, wie sie wertvolle Nährstoffe nutzt, wie sie sich gegen Krankheiten und Schädlinge schützt, die es im Glashaus immer warm hat, intensiv gedüngt wird und präventiv mit vielen Spritzmitteln behandelt wird, hat nicht nur alle Sinne ausgeschaltet, sie ist auch für unsere Gesundheit deutlich weniger wertvoll.

Aus dieser Sicht ist es eigentlich keine Überraschung, dass bei Untersuchungen von Kindern und auch Erwachsenen immer wieder festgestellt wird, dass wir trotz Überversorgung und Übergewicht Mangelerscheinungen aufweisen, dass uns Antioxidanzien, Vitamine und andere schützende Stoffe fehlen.

Ein etwas verrückter Vorschlag: Betrachten Sie die Pflanzen als Ihre Freunde, beobachten Sie sie und behandeln Sie Pflanzen, wie Sie Freunde behandeln würden.

Elisabeth Koppensteiner, GARTENleben

Was ist Pflanzenschutz?

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Foto: Stefan Körber/Fotolia.de

Im eigenen Garten wird – manchmal ganz gezielt, ein anderes Mal unwillkürlich und fast nebenbei – Pflanzenschutz betrieben, denn Pflanzenschutz beginnt schon beim Einsetzen von Pflanzen am richtigen Standort oder mit der bunten Mischkultur im Gemüsegarten. Auch das Stärken der Pflanzen mit eigenem Kompost schützt sie genauso wie das beiläufige Abstreifen von Blattläusen auf den Rosentrieben beim morgendlichen Gartenrundgang.

Viele meinen jedoch, dass sich Pflanzenschutz auf den Einsatz spezieller Pflanzenschutzmittel beschränkt. Dabei hat sogar das Nichtstun beziehungsweise Nichteingreifen beim Befall mit Blattläusen eine pflanzenschützende Auswirkung: Nützlinge können sich nun ganz ungestört über das reichliche Angebot an Nahrung hermachen. Die wohlgenährten Marienkäfer, Schwebfliegen, Florfliegen & Co. vermehren sich daraufhin stark. Langfristig gesehen kommen somit hier nun weniger Blattläuse vor als in einem Garten, in dem die chemische Keule regelmäßig zum Einsatz kam.

Gartenpflanzen ökologisch schützen

Pflanzenschutz umfasst im Prinzip alle Maßnahmen, die getroffen werden, um Schadorganismen und Krankheiten abzuwenden beziehungsweise den Befall zu minimieren. Pflanzenschutz bedeutet also im weiteren Sinne nicht nur das Reagieren auf schon vorhandene Schäden, sondern auch alle Maßnahmen, die schon im Vorfeld getätigt werden, um die Pflanzengesundheit zu fördern. In einem Naturgarten spielen gerade diese vorbeugenden Maßnahmen, wie z. B. richtige Standortwahl der Pflanzen, Bodenbelebung, Humusaufbau und Pflanzenstärkung, eine wichtige Rolle. Damit wird ein gesundes Umfeld geschaffen, in dem kräftiges Pflanzenwachstum stattfinden kann. Krankheiten und Schädlinge, sofern sie dann überhaupt noch verstärkt auftreten, werden nur als allerletzte Maßnahme mit biokonformen, umweltfreundlichen, ökologisch verträglichen Pflanzenschutzmitteln behandelt.

Pflanzenschutz im Garten

Alle anderen Pestizide (chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel) sind im eigenen Garten tabu. Denn hier kann eigenverantwortlich gehandelt werden. Um eine kleine Naturoase zu schaffen, gilt es, im Einklang mit der Natur zu arbeiten und sich so weit wie möglich in die natürlichen Kreisläufe einzugliedern. Damit es ein harmonisches Miteinander werden kann, ist es besonders beim Pflanzenschutz essenziell, sanfte Wege zu gehen.

Beim naturgemäßen und ökologischen Gärtnern stehen Vorbeugung, Pflanzenstärkung, Kreislaufwirtschaft, Vielfalt und so weiter an oberster Stelle und auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel wird gänzlich verzichtet.

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Foto: Pimpinellus/Wikimedia Commons

Mischkulturbeete sind nicht nur zweckmäßig, sondern auch dekorativ.

Lebensgemeinschaft Garten?

Das Prinzip Verantwortung

Der Mensch teilt sich im Garten den Lebensraum mit Vögeln, Igeln, Spitzmäusen, Insekten wie Ameisen, Bienen, Käfern, Schmetterlingen, Läusen, diversen Spinnentieren wie Milben, Spinnen und vielen mehr. Die Anzahl der Bewohner im Boden übertrifft bei Weitem die der sichtbaren Fauna: von den größeren Regenwürmern, Asseln, Springschwänzen und Larven bis hin zu den mikroskopisch kleinen Rädertieren, Geißel- und Wimpertierchen und Bakterien. Der Garten gleicht somit einer Biozönose, einer Lebensgemeinschaft mit vielen verschiedenen Lebewesen. Allen diesen Mitbewohnern gegenüber trägt der Mensch eine ganz besondere Verantwortung.

Der Verlust an natürlichen Lebensräumen hat zu einer Bedrohung vieler Tierarten geführt. Einige davon haben in den naturnahen Strukturen der Gärten einen neuen Überlebensraum gefunden. Der Garten hat somit einen ganz besonderen Stellenwert als Ersatzlebensraum.

Das lebensfördernde Prinzip hat im Naturgarten Vorrang. Durch Schaffung von geeigneten Strukturen und Naturgartenelementen werden ein Lebensraum und das entsprechende Nahrungsangebot für die Tierwelt geschaffen. Stärkere Eingriffe werden nur so weit getätigt, dass sie die Tierwelt nicht wesentlich beeinträchtigen oder im besten Fall sogar noch fördern. So kann z. B. das Stehenlassen von vertrockneten und welken Stauden im Herbst wertvolle Überwinterungsplätze für die Insektenwelt und Nützlinge schaffen.

In einem Naturgarten sollte immer, soweit möglich, das Prinzip der Verantwortung für den Lebensraum Garten vor pflanzenschützenden Absichten stehen, wenn diese der Tierwelt großen Schaden zufügen könnten.

Warum Pflanzen schützen?

Im Garten kommen selbstverständlich nicht nur Lebewesen vor, die eine nützliche Wirkung haben, sondern auch solche, die Pflanzen schädigen können. Diverse Pflanzenteile oder Pflanzensäfte dienen diesen tierischen Schädlingen und auch anderen Schadorganismen wie Bakterien und Pilzen als Nahrung oder auch als Vermehrungsort.

Blattläuse sind z. B. sehr häufig vorkommende Schädlinge im Garten. Sie ernähren sich saugend von Pflanzensäften – dabei befallen sie Blätter und junge Triebe. Während ein (auch sehr starker) Befall an Sträuchern praktisch nie zum Absterben der gesamten Pflanze führt, kann bei jungen Stauden oder Gemüsejungpflanzen ein Befall sehr wohl verheerend sein. Das Alter und die Art der Pflanze sind hier also einzubeziehen, wenn es um die Notwendigkeit eines Eingriffs durch den Gärtner oder die Gärtnerin geht.

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Foto: GartenAkademie.com

Ein Hausbaum vermittelt Geborgenheit – für Mensch und Tier.

Schönheit der Zierpflanzen

Ein großer Anteil der Pflanzen im Garten wird vorrangig wegen des Zierwerts kultiviert. Seien es die großblütigen Stauden, üppig blühende Sträucher oder Rosen, das duftende Geißblatt oder ein Hausbaum: Sie erfreuen das betrachtende Auge der Hobbygärtnerin oder des Hobbygärtners. So wird vor allem das ästhetische Empfinden des Betrachters gestört, wenn Schadorganismen die prachtvollen Pflanzen verändern oder beschädigen.

Schönheitsverlust

Das Geißblatt ist im Frühjahr ein wahrer Magnet für Blattläuse. Die jungen Triebe und aufgehenden Blütenknospen werden oft regelrecht von Blattläusen bevölkert. Der Befall kann so stark sein, dass die erste Blüte im Mai nur noch kümmerlich oder sogar ganz ausfällt. Wer den Befall jedoch genauer betrachtet, wird feststellen, dass sich nach 1 bis spätestens 2 Wochen immer mehr andere Tiere zu den Blattlauskolonien gesellen: Marienkäfer und deren Larven, Florfliegen- und Schwebfliegenlarven.

Auch Vögel bedienen sich am reichlich gedeckten Tisch. Sie vergreifen sich zwar auch manchmal an den etwas größeren Nützlingen – was ihnen aber in einem Naturgarten getrost verziehen werden darf: In einem relativ naturnahen Umfeld verkraften die großen und stabilen Nützlingspopulationen problemlos die Zugriffe der Vögel.

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Foto: Bildagentur Zoonar GmbH/Shutterstock.com

So fleißige Helfer sind im Garten gern gesehen.

Nach diesem Blattlausbefall im Mai hat sich spätestens im Juni ein Gleichgewicht zwischen Blattläusen und Nützlingen eingestellt: Der Blüte des Geißblatts wird nun bis zum Ende der Blühperiode kein relevantes Blattlausaufkommen mehr im Wege stehen. Der zeitlich begrenzte Schönheitsverlust wird im Naturgarten – mit ein wenig Geduld – daher hingenommen.

Pflanzen zum Leben

Der Anbau von Nutzpflanzen wie Obst- oder Beerengehölze sowie Gemüsepflanzen im Hausgarten hat eine lange Tradition. Hier wurden Nahrungspflanzen für die Selbstversorgung angebaut; daher ist der Stellenwert dieser Pflanzen sehr hoch.

Heute liegt der Anbau von Tomaten/Paradeisern, Zucchini, Kräutern & Co. im eigenen Garten wieder stark im Trend. Obwohl heute meist keine existenzielle Abhängigkeit von den selbst angebauten Nahrungsmitteln mehr gegeben ist, decken doch viele Hobbygärtner und -gärtnerinnen einen Teil ihres Nahrungsbedarfs, vor allem über die Sommermonate, mit selbst angebautem Gemüse und Obst. Ein Ernteausfall durch Krankheiten oder Schädlinge ist zwar inzwischen meist nicht existenzbedrohend, aber doch schmerzlich – steckt doch viel Arbeit, Fürsorge und auch Geld im Gemüsegarten.

Gesundheit ist oberstes Prinzip

Der völlige Verzicht auf chemisch-synthetische Pestizide innerhalb der eigenen Gartengrenzen hat den großen Vorteil, dass der Eintrag von toxischen Stoffen ausbleibt und weder Mensch noch Tier ihnen direkt ausgesetzt werden.

Besonders im Nutzgarten, in dem Nahrungspflanzen angebaut werden, versteht sich der Verzicht von selbst. Selbst garteln bietet die Möglichkeit, rückstandsfreie Lebensmittel zu produzieren. Biogemüse und -obst ist einfach gesünder, es enthält einen höheren Gehalt an gesundheitsförderlichen Substanzen wie Vitaminen, Antioxidanzien (sogenannte Radikalfänger) wie sekundäre Pflanzenstoffe (z. B. Flavonoide).

Altes Gartenwissen

Vor allem im Nutzgartenbereich sind der Erfahrungsreichtum und auch Rezepturen von Generation zu Generation weitergegeben worden: Fruchtfolge, Mischkultur, Kompostierung, Gründüngung, Brühen und Jauchen sind hier schon lange selbstverständlich.

Es wird im Vorhinein auf gesundes Pflanzenwachstum geachtet und viel dafür getan. Im Sinne der Kreislaufwirtschaft wird auf vorhandene Ressourcen zurückgegriffen und möglichst auf Fremdmittel verzichtet – so stammen viele Rezepturen zu Jauchen, Brühen & Co. aus bäuerlicher Tradition. Die stärkende Wirkung verschiedener Pflanzen wird genutzt, etwa bei der Brennnesseljauche, die als ausgewogener organischer Dünger gesunde Pflanzen heranwachsen lässt. Oder bei der Ackerschachtelhalmbrühe, die eines der wichtigsten Hausmittel aus der Pflanzenapotheke der Natur ist. Pflanzen helfen hier, Pflanzen zu heilen!

Selbstschutz der Pflanzen

Pflanzen haben im Laufe der Evolution vielfältigste Schutzmechanismen und Strategien entwickelt, um sich gegen verschiedenste Schadorganismen selbst wehren zu können. Pflanzen können Schädlingen zwar nicht davonlaufen, umso faszinierender sind die mannigfaltigen und auch komplexen Strategien, mit der sich Pflanzen wirkungsvoll gegenüber Schaderregern zur Wehr setzen.

Schutz nach außen

Eine dieser Strategien besteht darin, zu verhindern, dass Schaderreger in die Pflanze eindringen beziehungsweise sich in ihr ausbreiten können.

Dornen und Stacheln schützen vor Fraßfeinden. Aber auch Krankheitskeime können z. B. abgehalten werden, wenn Pflanzen eine besonders dicke Epidermis (Haut) haben. Wachsschichten und kleine Haare auf dieser Haut wirken wasserabweisend, wodurch sich Pilze und Bakterien nur schwer ansiedeln können und Schädlinge ferngehalten werden.

Durch vorbeugende Maßnahmen können Zellwände gestärkt werden: Kieselsäure, die über Ackerschachtelhalmextrakte verabreicht wird, kann in den Zellwänden eingelagert werden. So wird Pilzen das Eindringen in die Pflanze erschwert, aber auch ein Befall von Schädlingen wird vermindert.

Schutz von innen

Vor allem sind es die sekundären Pflanzeninhaltsstoffe, die für Schadorganismen entweder abschreckend oder sogar giftig wirken können: Bitterstoffe, Alkaloide, Terpenoide oder Phenole.

Schutzaufbau nach Infektion

Pflanzen reagieren aber auch aktiv auf einen Schädlings- oder Krankheitsbefall. So können Krankheitskeime an der Ausbreitung gehindert werden. Einige Beispiele: Korkzellen bilden sich etwa, um das Pathogen auf seinem Vormarsch in die Pflanze zu stoppen, gummiartige Substanzen kapseln es dagegen ein, Thyllen (pflanzliche Einstülpungen) bilden sich, um die Krankheit in den Leitungsgefäßen einzuschließen. Durch die Auflösung der Schicht, die benachbarte Zellen miteinander verbindet, werden ganze befallene Blattbereiche „herausgeschnitten“ und regelrecht aus der Pflanze hinausgeworfen.

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Foto: Alexandra Giese/Shutterstock.com

Wo Wasser so abweisend behandelt wird, können auch Schädlinge schwer angreifen.

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Foto: Scott Bauer/Wikimedia Commons

Diese Schlupfwespe legt ihre Eier in einer Raupe ab.

Induzierte Resistenz

Pflanzen können im Laufe ihres Lebens durch äußere Einflüsse eine Widerstandsfähigkeit aufbauen, die sie vorher nicht hatten. Wird eine Pflanze befallen, dann werden verschiedene Abwehrmechanismen in Gang gesetzt. Diese Abwehr kann nicht nur direkt durch den Schadorganismus, sondern auch durch spezielle Pflanzenstärkungsmittel induziert werden. Die Immunreaktion kann also vorbeugend schon durch den Naturgärtner bewirkt werden – die Pflanzen sind dann im Vorfeld gegen die Schaderreger besser geschützt.

Zusammenarbeit und Teamwork

Pflanzen können über Duftmoleküle, also winzige chemische Einheiten, „kommunizieren“. Diese Duftmoleküle haben bestimmte Bedeutungen, sind die Pflanzenvokabeln. Pflanzen senden diese Vokabeln sehr zielgerichtet aus. Werden Pflanzen von Schädlingen angegriffen, geben viele ein „Alarmmolekül“ ab und informieren so die Pflanzen in ihrer Umgebung, die dadurch schon vorbeugend Abwehrstoffe gegen diesen Schädling produzieren.

Die Schweizer Biologin, Chemikerin und Wissenschaftsjournalistin Florianne Koechlin schätzt, dass man inzwischen an die 2000 Duftstoffvokabeln aus 900 Pflanzenfamilien kennt.

Pflanzen kommunizieren aber auch mit Tieren, z. B. den Insekten. Sie erkennen Fraßfeinde und identifizieren diese mittels chemischer Analyse. Beispiele:

Im Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Jena wurde die Limabohne (Phaseolus lunatus) und ihre Kommunikation erforscht. Wird die Limabohne von einer Spinnmilbe angegriffen, lockt sie mit einem bestimmten Duft Raubmilben an, die die Spinnmilbe fressen. Wird sie von Raupen befallen, dann lockt sie mit einem anderen Duftstoff Schlupfwespen an, die die Raupen parasitieren. Wie kann die Limabohne wissen, wer genau an ihren Blättern frisst? Sie „schmeckt“ den Speichel und mischt danach das Duftgemisch für die entsprechenden Nützlinge.

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Foto: Henrik Larsson/Fotolia.de

Kaum wiederzuerkennen: Ein Siebenpunkt-Marienkäfer im Larvenstadium frisst eine Blattlaus.

Ökologischer Pflanzenschutz

Welchen Arten von Pflanzenschutz gibt es?

So unterschiedlich die Menschen sind, die einen Garten ihr Eigen nennen dürfen, so vielfältig und verschieden können die Gärten gestaltet sein und bewirtschaftet werden. Zwischen dem vollständig biologisch und dem konventionell gepflegten Garten gibt es selbstverständlich fließende Übergänge.

In Anlehnung an die Landwirtschaft kann jedoch grob zwischen 3 verschiedenen Formen des Pflanzenschutzes in Gärten unterschieden werden:

Konventioneller Pflanzenschutz

Der konventionelle Pflanzenschutz beschränkt sich meist auf die Bekämpfung von Schadorganismen. Es ist also nur ein Reagieren auf Pflanzenkrankheiten und Schädlinge. Eingesetzt werden hier vor allem chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel. Neben möglichen gesundheitsgefährdenden Eigenschaften für den Menschen kann die Anwendung dieser Präparate oft auch weitreichende schädliche Auswirkungen auf Nützlinge sowie Nicht-Ziel-Organismen und die Umwelt mit sich bringen.

Als vorbeugende Maßnahmen dienen hier oft nur die Sortenwahl (das Verwenden von Pflanzensorten, die eine erhöhte Widerstandskraft oder Resistenz gegenüber Schadorganismen haben, wie z. B. widerstandsfähige Rosen- oder Obstbaumsorten) oder die Fruchtfolge im Gemüsegarten (der jährliche Wechsel der angebauten Kulturen im gleichen Beet).

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Foto: SNinaMalyna.jpg/Shutterstock.com

Konventioneller Pflanzenschutz setzt überwiegend chemisch-synthetische Mittel ein.

Integrierter Pflanzenschutz

Der integrierte Pflanzenschutz bewegt sich zwischen dem konventionellen und dem biologischen Pflanzenschutz. Denn hier werden zwar chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel verwendet, aber deren Anwendung wird auf das notwendigste Maß beschränkt. Schon im Vorfeld finden hier eine Reihe von biologischen, biotechnischen, pflanzenzüchterischen sowie anbau- und kulturtechnischen Maßnahmen statt, die die Pflanzengesundheit verbessern und die Schadensschwellen berücksichtigen.

Ökologischer Pflanzenschutz

Der Pflanzenschutz im Naturgarten fängt sehr früh an, nämlich schon bei der Planung und Gestaltung der Gärten. Durch vielfältige Strukturen, Naturgartenelemente, standortgerechte, ökologisch wertvolle Pflanzen, Kompostierung, Nützlingsförderung und vieles mehr wird ein gesundes „System Garten“ geschaffen, in dem die natürlichen Kreisläufe gut funktionieren können. Zusätzlich finden pflanzenstärkende Maßnahmen vor allem mit Brühen, Jauchen, angepasster organischer Düngung und auch mit physikalischen und biotechnischen Methoden statt, bevor überhaupt, als letztes Mittel der Wahl, ausschließlich ökologisch verträgliche biokonforme Pflanzenschutzmittel angewandt werden.

Aus gesundheitlichen und auch Gründen des Umweltschutzes wäre es erstrebenswert, wenn in allen Hausgärten ökologischer Pflanzenschutz betrieben würde. Die Aktion „Natur im Garten“, die von Niederösterreich ausgehend auch schon in einigen Regionen Deutschlands und Europas Fuß gefasst hat, verfolgt mit ihren 3 Kernkriterien genau dieses Ziel: Hausgärten werden hier ohne den Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutz- und Düngemitteln sowie Torf bewirtschaftet.

Wie funktioniert ökologischer Pflanzenschutz?

Im Naturgarten finden eine Fülle an Maßnahmen und Vorkehrungen für gesunde Pflanzen statt. Diese Pflanzenschutzstrategie lässt sich sehr anschaulich in Pyramidenform darstellen.

Die Pflanzenschutzpyramide

Mithilfe dieser Darstellung wird anschaulich, dass sich die breite Basis aus einem vielfältigen Spektrum anwendbarer Kulturmaßnahmen zusammensetzt. So wird im Naturgarten schon bei der Gestaltung und Bewirtschaftung vieles darangesetzt, um potenziellen Krankheiten und Schädlingen die Ausbreitungsgrundlagen zu entziehen. Mithilfe einer Vielzahl von Maßnahmen werden die Gartenpflanzen gestärkt und Nützlinge gefördert.

Kommen Pflanzenschutzmittel dennoch zum Einsatz, dann selbstverständlich nur biokonforme! Durch die Pyramide wird klar, dass Pflanzenschutzmittel im Naturgarten die letzte Maßnahmenstufe darstellen.

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