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Andreas Modery | Engelbert Kötter

City-Gardening

Erfolgreich gärtnern ohne Garten

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(A. Modery)

Vorwort

Neue Gärten braucht die Stadt!

Ein paar Blumentöpfe hat wohl ein jeder auf Balkon und Terrasse herumstehen - aber das hat für City-Gärtner noch keinen „thrill“! Und damit ist es auch schon auf den Punkt gebracht: Irgendwie möchte man gerne auch ohne einen eigenen Garten gärtnern, aber es macht nur Spaß, wenn´s gelingt. Und zwar schnell und einfach. Und nicht nur dem städtischen Single, sondern auch der urbanen Familie.

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Mit diesem Buch halten Sie nun so etwas wie ein „Erfolgsversprechen“ in den Händen. Denn wir beide - Andreas Modery und Engelbert Kötter - haben Erde an den Fingern und Tiere im Stall. Wir wissen, wie´s geht, wie´s gemacht wird - und wie City-Gärtnern garantiert gelingt. Ganz so, wie Sie es von uns beiden landauf, landab gewohnt sind, geben wir dieses Wissen und Können gerne an Sie weiter! Wir haben Ihnen in diesem handfest praktischen Ratgeber zusammengestellt, welche Erntemöglichkeiten sich in Ihrem City-Garten mit seinen Töpfen, Kästen und Kübeln auftun, egal ob auf Balkon, Terrasse oder Dachgarten. Wir haben Ihnen die Basics der Betreuung Ihrer Pflanzen aufgeführt und sagen Ihnen auch, wie Sie in den vielen Zeiten Ihrer Abwesenheit sicher sein können, dass keine Pflanzen und Ernten vergammeln. Natürlich helfen wir Ihnen mit unseren Handreichungen auch, Ihre Pflanzenschätze sicher durch den trockenen Sommer und erst recht durch den frostigen Winter zu bekommen. Allerlei Obst, Kräuter, Blumen und Gemüse: Garten rockt! Legen Sie los! Ihr City-Garten wartet auf Sie …

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Inhalt

Vom Gärtnern ohne Garten

Vom Arbeitergarten zum City Garten

Vom Spießergarten zum Familienparadies

Urban Gardening – Landlust 2.0

City Gardening: Das grüne Wohnzimmer im Freien

Für jede und jeden das Richtige

Ein bisschen was geht immer

Balkon: Obst, Gemüse oder Blumen – was darf es sein?

Bunte Blüten mit leckerem Nebeneffekt

Der Gourmet lässt grüßen: Schmackhafte Kombinationen im Balkonkasten

Dachterrasse – das perfekte Sommerzimmer

Squarefood Gardening – die amerikanische Erfindung

Gärten für Kinder

Am Anfang steht der Ausflug

Endlich geht es los!

Das richtige Kinderhochbeet

Pflanzen für das Kinderbeet

Sicherheit für die Kleinen

Sinnvolle Hilfen

Anzuchthilfe – Startschuss für großartige Gartengenüsse

Kübel und Töpfe

Hochbeete sehr entgegenkommend

Entscheidend wichtig: die „top“ Pflanzerde

„Mahlzeit“ für Ihre Pflanzen

Bewässerungshilfen – Kannenschleppen war gestern

Kompostieren – lohnt sich das im City Garten?

Gartengeräte zwischen Blechspielzeug und wirklich Nützlichem

Winterschutz – City Gärten sind frostempfindlich

Ordnung im Garten: Schneller Gerätezugriff für leichteres und sicheres Arbeiten

Gemüse satt

Aller Anfang ist leicht

Viel Spaß bei der Aussaat

Die Freiheit ruft

Die Sache mit den lieben Nachbarn

Papierbeete oder das Gemüsemanagement

Wenn Gemüse ohne Waffenschein schießt?

Kartoffeln: Alles im Eimer!

Naschfrüchte ohne Ende

Was darf‘s denn sein und wie viel davon?

Zwei wichtige Voraussetzungen

Safety first – Speziell im Balkon- und Terrassengarten

Das kleine Pflege 1 x 1

Äpfel und Birnen von Balkon und Terrasse

Steinobst – Früchte des Sommergartens

Süße Mandeln selbst ernten

Beerengarten über den Dächern der Stadt

Gartengenüsse auf dem Weg nach oben

Die Eiligen

Multi-Kulti im City Garten

Der Traum vom Süden – live im City Garten

Kräuter für alle Fälle

Kräuter – die aromatischen Glanzlichter im City Garten

Wie Kräuter wirklich wachsen wollen

Geschmackssache – die Kräuteraromagruppen

Das Auge isst mit

Bunte City Gärten

Die ersten Frühlingsblüher

Clever pflanzen in Etagen

Sommerliches Blütenorchester

Blütenzauber auch im Schatten

Vom Einkaufen, Pflanzen, Pflegen und Überwintern

Nutztiere halten – lohnt sich das?

Nutztierhaltung auf dem Balkon?

Gesetzliche Regelungen

Den Tieren gerecht werden

Viele Fragen klären

Hühner halten

Kaninchen halten

Bienen halten

Bezugsquellen Obst- und Beerenpflanzen

Herstellernachweis

Impressum

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(shank-ali/istockphoto.com)

Vom
Gärtnern ohne
Garten

Hilfe zur Selbsthilfe

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden Landarbeitern Parzellen zur Verfügung gestellt, um darauf Gemüse und Obst anzubauen und Tiere zu halten. Die heutigen City Gärten schenken den Menschen Erholung und Ausgleich. Das Bedürfnis nach Natur und eigenem Obst und Gemüse ist dabei größer denn je.

Vom Arbeitergarten zum City Garten

Die Situation am Ende des 18. Jahrhunderts und zu Beginn des 19. Jahrhunderts war mehr als nur „bescheiden“: Ständig steigende Bevölkerungszahlen, immer weniger Wohnungen, die Löhne reichten nicht mehr zum Leben. Hunger und Armut breiteten sich aus. In den Städten lebten die Menschen in Mietskasernen auf kleinstem Raum zusammen. Nur in den Hinterhöfen drang etwas Tageslicht durch. Dieses wenige Licht wurde genutzt, um Kleintiere wie Hasen und Hühner in Verschlägen zu halten und auf wenigen Quadratmetern Gemüse anzubauen.

Landgraf Carl von Hessen in Kappeln an der Schlei konnte sich dieses Elend nicht länger ansehen. Er beschloss 1804, auf seinem Grund und Boden Landparzellen zur vergeben, damit die Bedürftigen sich eigenes Obst und Gemüse anbauen konnten. So entstanden die Armengärten. Und – typisch deutsch – bald darauf, nämlich 1814, wurde der erste Kleingartenverein in Kappeln gegründet. Im Laufe der Jahre und Jahrzehnte entstanden dank Mäzenen und Sponsoren in einigen Städten dann dauerhaft Kleingartenanlagen, wie zum Beispiel die Eisenbahnergärten, Arbeitergärten und Laubenkolonien des Roten Kreuzes in Berlin.

Der berühmte Schrebergarten

Zuerst gab es eine große Schulwiese; diese wurde zu einem Schulgarten und der schließlich zu Schrebergärten umgewandelt. So lautet in Kurzform die Entstehungsgeschichte des berühmten Schrebergartens. Doch der Reihe nach: Der Leipziger Arzt Daniel Gottlob Moritz Schreber (1808 – 1861) war entsetzt über die körperliche Entwicklung und die Haltungsschäden vieler Schulkinder. Da helfe nur viel Bewegung und viel frische Luft, war seine Devise. Nach seinem Tod nahm sein Schwiegersohn Ernst Innocenz Hauschild die Idee auf und legte in Leipzig eine große Wiese zum Toben und Spielen für Schulkinder an.

„Schreberplatz“ nannte Hauschild die Wiese – zu Ehren seines toten Schwiegervaters. 1868 legte schließlich der Lehrer Heinrich Karl Gesell auf der Wiese mit seinen Schülern den Schulgarten mit einzelnen Parzellen an. Er war der Auffassung, dass die Gartenarbeit gesund sei und die Kinder durch Gartenarbeit die Biologie – insbesondere die Botanik – begreifen würden. Doch er hatte die Rechnung ohne die Kinder gemacht! Bald machte ihnen Hacken, Säen und Gießen keinen Spaß mehr. Die Beete wurden von Unkraut überwuchert und verwilderten. Als „Retter der Gärten“ sprangen die Eltern ein und übernahmen die Pflege der kleinen Gärten. So wurden aus dem Spielplatz erst Beete für die Kleinen, dann Gärten für die ganze Familie, und schließlich Kleingartenanlagen. Das Deutsche Kleingärtnermuseum steht in der unter Denkmalschutz stehenden Kleingartenanlage „Dr. Schreber“.

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Moderner Stadtgarten (www.plus.dk)

Bereits 1870 zählte man in dieser Kolonie über 100 parzellierte Flächen, die Schrebergärten genannt wurden. Laubenkolonisten und Schrebergärtner tun in ihrer Freizeit dasselbe: Gärtnern. Aber der soziale Unterschied zwischen beiden Gruppen war groß. Sicherten die Laubenkolonisten mit dem Anbau von Obst und Gemüse im Garten ihre Existenz, wollten die Schrebergärtner ihre Gesundheit und den Lebensstandard erhöhen.

Zuflucht nach dem Krieg

Während und nach den beiden Weltkriegen erfüllten die Kleingärten eine wichtige Funktion: Sie dienten als zusätzliche Nahrungsquelle. Die Gartenhäuschen und -lauben wurden nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs zum Teil sogar als Wohnungen benutzt. In Berlin bezeichnete man die ersten Gärten als Laubenkolonien und ihre Besitzer wurden „Laubenpieper“ genannt. Das kam daher, weil nach dem Zweiten Weltkrieg aus Wohnungsnot Lauben, die in manchen Fällen so groß wie kleine Häuser waren, in den Berliner Kleingartenanlagen bewohnbar gemacht wurden. Diese „Schwarzbauten“ waren von der Stadtverwaltung nicht nur geduldet, sondern man gestand den Bewohnern sogar ein lebenslanges Wohnrecht zu. 1956 wurde in Berlin dann ein 5 000 Quadratmeter großer Garten mit Kinderbeeten und Lauben angelegt.

Vom Spießergarten zum Familienparadies

Mit dem Wirtschaftswunder verloren die Kleingärten ihre Bedeutung für die Lebenshaltung. Da die Jugend sich in den 60er- und 70er-Jahren nicht für das Gärtnern interessierte, wurden viele Kleingartenanlagen zu reinen „Rentnervereinen“ und zudem zum Inbegriff des Spießertums. „Kleingärten stehen in der Spießerskala auf einer Stufe mit Gartenzwergen, Bausparen, gehäkelten Klorollenbezügen und Wackeldackel auf der Hutablage“ - wurde zumindest damals behauptet.

Doch dieser Trend hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt. Immer mehr junge Familien wissen das eigene kleine Naturparadies wieder zu schätzen! In manchen Regionen mussten sogar Wartelisten eingeführt werden, um den „Run“ auf ein kleines Stück Garten zu bewältigen. Insgesamt, so der Bundesverband Deutscher Gartenfreunde (BDG), nutzen in Deutschland mehr als vier Millionen Menschen die über eine Million Kleingärten.

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Guerilla Gardening

Das Amerika der 70er- und 80er-Jahre stand im Zeichen von Konsum für den berühmten „way of life!“ Dieser große Konsum bescherte aber auch große Müllberge. „Warum wollen wir die Stadt nicht vom Müll befreien und Gärten anlegen?“, fragte sich im Frühjahr 1973 die New Yorker Künstlerin Liz Christy. In einer Nacht-und-Nebel-aktion entrümpelte sie gemeinsam mit ein paar Freunden eine Brachfläche an der Ecke Bowery und 2nd Avenue in Manhattan. Sie organisierten sich Erde und viele Pflanzen (die meisten aus der Wallstreet!) und schufen so ein illegales, blühendes, kleines Paradies. Die erste selbst ernannte Green Guerilla hatte ihren ersten Coup gelandet!

Mein Tipp

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Liz Christy starb 1986 im Alter von 38 Jahren an Krebs. Ihr „erster“ Garten heißt heute „Liz Christy Bowery-Houston Garden“ und ist mit Wildblumenwiese, Birkenhain, Obstbäumen, Gemüsegarten, Beeren, Kräutern, Teich und traumhaften Stauden ein wunderbares Kleinod. Er ist heute noch zu besichtigen. Lassen Sie sich inspirieren und anstecken von den Ideen der Green Guerilla.

Das Medienecho war enorm! Dies stachelte die Green Guerilla Group zu weiteren Taten an: Schutt und Müll von Brachflächen wurden fortgeschleppt, Gartenerde ausgebracht und die Flächen bepflanzt. Jetzt galt es den Weg aus der Illegalität in die Legalität zu finden. So stellten sie ein halbes Jahr später (Herbst 1973) einen offiziellen Antrag zur Nutzung ihres „Premierengartens“ an der Ecke Bowery und 2nd Avenue. Die Stadt willigte ein. Für einen Dollar pro Monat wurde das Grundstück an die „Bowery Houston Community Farm und Garden“ verpachtet!

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(npdesignde/istockphoto.com)

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(A. Modery)

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(tnlocks/istockphoto.com)

Die Bekanntheit und die Anhängerschaft der Green Guerilla Group wuchsen so schnell, wie die Pflanzen aus ihren „Seedbombs“, den Pflanzensamen-Bomben zum Begrünen von Baulücken. Heute – also rund 40 Jahre später – umspannt die sogenannte Guerilla-Gardening-Community den ganzen Globus. Weltweit sind diese Gartenpiraten unterwegs, vernetzt über den Blog des Londoner Aktivisten Richard Reynolds.

Wenn plötzlich Blumen an Orten blühen, die eigentlich zu den Flächen der Stadtverwaltung gehören – Seitenstreifen an Straßen, nackte Rondelle von „einbetonierten“ Bäumen –, dann könnte dies das Werk der Stadtpiraten sein. Sie wollen aus nackten Flächen blühende Grünflächen machen, ganz im Sinne ihres „claims“: „Guerilla Gardening kommt in allen Farben und Formen! Macht Spaß! Und ist ganz einfach!“ Selbst derjenige, der keinen eigenen Garten hat, kann sich an der Begrünung der Städte beteiligen. Die Bewegung ist aber nicht nur als Betätigung des grünen Daumens zu betrachten, sondern auch als politisches Statement.

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(Shawn Hempel/fotolia.com)

Vom Gartenpiraten zum moderaten Stadtbegrüner

Doch man muss nicht immer gleich zum Piraten werden, um die Innenstadt zu verschönern. Im Windschatten der Guerilla-Gardening-Begeisterung haben sich auch legalere und vor allem langlebigere Formen der Stadtbegrünung entwickelt. Zum Beispiel in Belleville, 20. Arrondissement im ehemaligen Arbeiterviertel im Nordosten von Paris. In der Rue de Belleville ist mithilfe von Einwohnern und Kindern auf einer ehemals geteerten 150 Quadratmeter großen Fläche ein großer Garten angelegt worden. Sogar alte Badewannen kommen hier als Pflanzkübel zum Einsatz. Das bekannteste Beispiel ist die „Végétalisation participative“, die „Begrünung zum Mitmachen“, in der Rue Dénoyez – nur wenige Hundert Meter von der Rue Belleville entfernt. Mit Mosaiksteinen verzierte Pflanzkübel, Blumenerde und ein paar winterharte Pflanzen: Mehr braucht der Mensch nicht, um eine kleine Fläche beziehungsweise eine Straße in eine grüne Oase zu verwandeln. Dieses Projekt wird von der Stadt Paris und der Verwaltung des 20. Arrondissements finanziell unterstützt und wurde in anderen Teilen des Viertels neu eingeführt.

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Urban Gardening – Landlust 2.0

Kleingarten ist okay – Urban Gardening ist cool. In Kreuzberg oder auf dem Tempelhofer Feld – mitten in Berlin – frönen immer mehr Menschen der Landlust 2.0. Es wächst ein neues Stadtgefühl. Der Ursprung dafür liegt in den „Internationalen Gärten“ in Göttingen, die wiederum in Anlehnung an die „Community Gardens“ in New York entstanden. Der erste Garten wurde 1995 am Kalten Born, in Göttingen-Geismar, ins Leben gerufen. Hier wollen Menschen aus aller Welt gemeinsam gärtnern. Sie wollen miteinander ins Gespräch kommen, voneinander lernen und sich gegenseitig Tipps geben. Natürlich wird auch gemeinsam gefeiert. Das Konzept der Internationalen Gärten wurde schließlich noch weiterentwickelt und modifiziert.

2003 öffneten sich die Tore für die „Interkulturellen Gärten an der Wuhle“ in Köpenick. Auf 4000 Quadratmetern entstanden 18 Parzellen, in denen Flüchtlings-, Migranten- und deutsche Familien zum Gärtnern zusammenkommen, um Völkerverständigung und wechselseitige Integration wachsen zu lassen. Im Rahmen der Agenda 21 wurde die Fläche vom Bezirk pachtfrei zur Verfügung gestellt und die Einrichtung des Gartens sogar durch ABM-Stellen unterstützt. Das Ziel: Menschen in ihrer neuen Heimat so zu verwurzeln, wie es uns die Pflanzen vormachen!

Mein Tipp

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Und noch ein Ausflugs tipp für Neugierige: „Es war einmal eine 5600 Quadratmeter große, unwirtliche Brachfläche …“ Damit beginnt in der Bundeshauptstadt Berlin die wohl erfolgreichste Geschichte des Urban Gardening – die Geschichte der Nachbarschaftsgarten. Der Historiker Marco Clausen und der Filmemacher Robert Shaw haben zusammen mit Freunden und Nachbarn das Gelände zum Mittelpunkt eines neuen Gartentypus gemacht: dem Nachbarschaftsgarten.

Durch den Anbau in alten Lebensmittelkisten wächst das Gemüse nicht in kontaminierter Großstadterde, sondern in torffreier Bioerde. Das Besondere: Der Garten bleibt somit mobil, denn sollte der Pachtvertrag einmal nicht verlängert werden, kann der Garten umziehen! Was die Amateurgärtner über den Eigenbedarf hinaus ernten, wird verkauft – genauso wie Jungpflanzen. Im Laufe der Zeit wurden die Interkulturellen Gärten Wuhle um ein Gartencafé und Restaurant bereichert. In der Küche werden hier neben eigenen Ernteprodukten auch Lebensmittel von kleinen Biobetrieben aus Berlin oder aus der Nähe verarbeitet. Zudem finden Workshops über alte Obst- und Gemüsesorten, Wurmkompost, Stadtbienen, Einmachen, saisonales Kochen, Recycling & Selbermachen und vieles mehr statt. Über all das kann man sich informieren oder gleich selbst die Schaufel, den Kochlöffel oder den Akkuschrauber in die Hand nehmen. Diese Verbindung von Sozialem mit dem Ökologischen sehen die Macher als zentrales Motiv der neuen Gartenbewegung in den Städten an.

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Das Frisch-Luft-Zimmer

Balkon und Dachterrasse, das sind besondere Orte: Sie liegen zwischen Indoor und Outdoor! Für manche auch zwischen Diskretion und Voyeurismus und zwischen Natur und Kultur. Balkon und Terrasse gibt es außerdem noch gar nicht so lang, denn in den Städten war die Geruchsbelästigung früher so enorm, dass jeder froh war, wenn er sich ins Haus zurückziehen konnte. Erst im beginnenden 19. Jahrhundert wurden diese Erholungsräume so richtig entdeckt und begrünt. Der Siegeszug der bepflanzten Balkone begann. Vor allem nach der Reichsgründung 1871 entstanden mit zunehmender Verstädterung viele neue großbürgerliche Mietshäuser mit Balkonen, nur bei den sogenannten Mietskasernen gab es diesen Luxus nicht. Die Balkone traten an die Stelle des eigenen Gartens, verkörperten ein kleines Stück Natur in der Stadt. Schnell entdeckte man die Vorzüge des Open-Air-Zimmers mit Ausblick: Sehen, was sich „draußen“ abspielt, ohne gesehen zu werden.

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Kinder haben große Freude am Gärtnern. (Maygutyak/fotolia.com)

Balkonluft statt Hinterhoftristesse

Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der Hinterhoftristesse der Garaus gemacht, als die ersten Architekten zur Auflockerung der tristen Arbeitersiedlungsfassaden Balkone standardmäßig in ihre Planungen aufnahmen. Der Freisitz war und ist noch heute gesundheitsfördernd und erfüllt auch eine soziale Funktion. Die ganze Familie nutzte ihn zum Erholen, Wäschetrocknen und Spielen. Die Möglichkeit, Sonne und Luft auf einigen Quadratmetern ungestört zu genießen, wurde auch damals schon als Luxus wahrgenommen. Zudem hatte man auf „Balkonien“ auch Kontakt zum direkten Nachbarn – ein erster Schritt auf dem Weg zu mehr nachbarschaftlicher Gemeinschaft.

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City Gardening: Das grüne Wohnzimmer im Freien

Heutzutage stehen Balkon und Dachgarten für „das grüne Wohnzimmer“ im Freien. Hier kann man zur Ruhe kommen. Der üppig blühende und nach eigenen Vorstellungen geschaffene Balkongarten oder Dachgarten stellt außerdem vom Frühjahr bis zum Spätherbst eine Erweiterung des Lebensraums dar. Im grünen Wohnzimmer können wir die Natur erleben, das Wachsen und Blühen von Pflanzen aus der Nähe beobachten, Schmetterlingen zuschauen oder einfach mal nichts tun und nur das Leben genießen. Wir können diesen wunderbaren Lebensraum außerdem dazu nutzen, um eigenes Obst und Gemüse anzubauen, ja sogar um Tiere zu halten.

Das Feeling für das „Grün“ boomt – nicht nur die Fülle an Gartenzeitschriften und der rege Zulauf der Gartencenter und -märkte sind ein Hinweis darauf, dass wir alle es gern grün mögen. Die Statistiken bestätigen es: Bundesweit verfügen mehr als 60 Prozent der Haushalte über einen Garten und fast alle Wohnungen haben einen Balkon! Relaxen zu Hause, sich vom stressigen Alltag abgrenzen, das ist zu Beginn des neuen Jahrtausends in Mode und ist mit dem englischen Wort „Cocooning“ (Einhüllen) bestens umschrieben. Dass der Einsatz des grünen Daumens wirklich „in“ ist, schlägt sich auch in den Zahlen der grünen Branche nieder. Rund 18 Milliarden Euro werden jährlich für das Gärtnern ausgegeben. Tendenz steigend.

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(Deutscher Dachgärtner Verband)

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(www.elho.com)

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(www.plus.dk)

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(cu.here/fotolia.com)

Für
jede und
jeden
das Richtige

Beim Gärtnern ist Individualität auf dem Vormarsch

Gemüse, Obst, Kräuter, Blumen – auf jeder Terrasse, jedem Balkon, jedem Fensterbrett gibt es ein Plätzchen zum Säen, Pflanzen, Ernten. Die Freude über die eigenen Kräuter für den selbst gezogenen Salat ist enorm und fördert das Wohlbefinden genauso wie die Versorgung mit gesunden Vitaminen.

Ein bisschen was geht immer!

Eines steht fest: Auf der rund 20 Zentimeter breiten Fensterbank kann der grüne Daumen nur begrenzt zur Wirkung kommen. Aber sie bietet genügend Platz für Kräuter, Sprossen und ist der geeignete Platz zur Anzucht von Pflanzen!

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Kräuter to Go!

In puncto Aromalieferanten wird besonders gerne zu den sogenannten Convenience-Produkten gegriffen, also zu den Kräutern im Topf! Ob klassisch, mediterran oder asiatisch, die Liste der angeboten Kräuter im Topf ist enorm (siehe S. 99). Der Vorteil dieser Kräuter: Sie sind schnell verfügbar und brauchen wenig Platz. Sind die Pflanzen aber erst mal abgeerntet, müssen sie meist durch neue ersetzt werden. Anders als auf der Terrasse oder im Garten haben sie in ihren kleineren Töpfen wenig Platz, um zu wachsen. Substrat und Nährstoffe sind hier schnell aufgebraucht. Kräuter in der Küche sollten immer ausreichend gegossen werden, da sie schneller austrocknen. Am besten stellt man sie an ein Fenster in Ost- oder Westlage.

Passende Töpfe und Schalen, am besten mit einem Abzugloch für überschüssiges Gießwasser, machen aus den grünen Pflanzen eine dekorative Kulisse. Gefäße, wie Tassen und Übertöpfe werden mit Kräutermotiven angeboten, die bereits den jeweiligen Pflanzennamen tragen.

Bei Kräutern auf der Fensterbank sollte die Erde nicht austrocknen, die Töpfe dürfen aber auch nicht im Wasser stehen. Thymian, Basilikum, Salbei und andere mediterrane Kräuter mögen einen sonnigen Platz auf der Fensterbank. Heimische Kräuter, wie Schnittlauch, Petersilie und Zitronenmelisse, stehen ebenso gut halbschattig.

Gesunde Leckereien: Sprossenzucht

Drei Dinge braucht der Freund der guten Ernährung: Keimbox, Samen und Wasser und natürlich junge Keimlinge, die sich schnell aus Samen heranziehen lassen. Sie haben einen hohen Gehalt an wichtigen Vitaminen, Mineral- und Ballaststoffen. Außerdem sind sie energiearm und enthalten mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Verwendet werden die Samen verschiedener Getreidesorten und Hülsenfrüchte wie Weizen, Soja- oder Mungobohnen, aber auch z. B. Kresse, Rettich, Radieschen, Brokkoli und mehr.

Grundregeln zur Sprossenzucht

1.Halten Sie die Sprossen feucht, aber nicht nass.

2.Achten Sie auf eine möglichst gleichmäßige Temperatur um 21 °C.

3.Spülen Sie die Sprossen regelmäßig, mindestens zweimal täglich, möglichst immer zur gleichen Zeit.

4.Lassen Sie den Sprossen hinreichend Ausdehnungsraum zum Atmen und Wachsen.

5.Stellen Sie die Sprossen, die Blättchen entwickelt haben, in indirektes Licht. Erst zwei bis drei Stunden vor der Zubereitung sollten sie in helles Licht kommen, damit die Chlorophyllbildung zunimmt.

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Poleposition für Pflanzenanzucht

Die Anzucht von Pflanzen auf der Fensterbank ist kostengünstig und leicht zu bewerkstelligen. Schon binnen weniger Wochen können Sie z. B. damit beginnen, Ihre Lieblingstomaten oder Blumen auszusäen – einen geschützten, hellen Platz vorausgesetzt. Das macht nicht nur Spaß, Sie sparen auch einiges an Geld und Zeit. Ab Mitte Februar können Sie beginnen, Sommerblumen und Gemüse auf einer frostsicheren und hellen Fensterbank vorzuziehen. So haben Sie rechtzeitig zum Beginn der Pflanzsaison vorgetriebene Jungpflanzen mit einem deutlichen Entwicklungsvorsprung.

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Vertikales Gärtnern ist mit platzsparenden Pflanztaschen kein Problem. (www.britishgarden.at)

Balkon: Obst, Gemüse oder Blumen – was darf es sein?

Der Wunsch, auf Balkon und Dachgarten gleichzeitig Blumen, Obst, Gemüse und Kräuter anzupflanzen, ist nicht neu. Schon in Klostergärten sorgten Nonnen und Mönche dafür, dass Zier- und Nutzpflanzen in einem Beet heranwuchsen. Diese bunte Mischung war nicht nur schön, sondern auch praktisch, denn viele Pflanzen ergänzen sich in ihren Eigenschaften und begünstigen das Wachstum der Nachbarpflanzen. In der Mischkultur wird das bestens ausgenutzt.

Das Wissen von damals lässt sich heute auch für unseren Balkon und Dachgarten nutzen. Neben den bunten Blütenfarben und -formen aus der großen Vielfalt an Beet- und Balkonpflanzen lassen sich zum Beispiel auch Kräuter mit ihren attraktiven Blüten, ihrem unnachahmlichen Duft und strukturgebenden Blättern sehr gut kombinieren. Blätter und Blüten sorgen so schnell einmal für ein leckeres Gericht.

Nur die Mischung macht's