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© Copyright Verlag »Die Silberschnur« GmbH

ISBN: 978-3-89845-359-2 (Print)

ISBN: 978-3-89845-909-9 (E-Book)

1. Auflage 2018

Lektorat: P. Katharina Thölken

Umschlaggestaltung & Satz: XPresentation, Güllesheim, unter Verwendung verschiedener

Motive aus: www.fotolia.com & www.istockphoto.com

Autorenfoto: Fotoatelier Herff, Bonn

Verlag »Die Silberschnur« GmbH · Steinstr. 1 · 56593 Güllesheim

www.silberschnur.de · E-Mail: info@silberschnur.de

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Tiere besitzen eine Kraft,

die es ihnen ermöglicht,

auf ganz besondere Weise

unsere Seele zu berühren.

Birgit Rusche-Hecker

INHALT

Der Tempel der 1000 Spiegel

Vorwort

Einleitung

Methoden, mit denen ich arbeite

• Telepathische Tierkommunikation (TK)

• Systemische Tieraufstellung

• Reiki – Energiearbeit

• Traumaritual

FALLDOKUMENTATIONEN

Wie Tiere uns und unsere Welt wahrnehmen

• Werteempfinden einer Katze

• Orientalischer Basar

Wenn Menschen Tieren helfen

• Eine traumatisierte Hündin

• Ein Pferd hat sich aufgegeben

• Vertrauen, was ist das?

Wer fährt hier eigentlich den Bus?

• Meins!

• Ich will mit!

• Personal Coach

Turbulenzen im System und was wir dagegen tun können

• Wenn das Rudel wächst ...

Tipps für werdende Eltern

• Innere Spannungen

Übung zur Überprüfung der eigenen Zufriedenheit

Trennungen ... und wie wir mit ihnen umgehen können

• Heimweh

• Tu was!

• Ich bin unglücklich!

Fragen, bevor wir uns ein Tier anschaffen

Wenn Tiere Menschen helfen

• Deine Angst oder meine?

• Widerstand ist nicht immer zwecklos!

• 1900 km und viele, viele »Zufälle«

• Ein weiser Lehrer

• Blitzableiter!

Sterbende und verstorbene Tiere

• Wenn Tiere die Trauer ihrer Menschen spüren

• Ich gehe – dann hast du noch eine Chance!

Fazit

• Der Umgang mit Tieren

Danksagung

Buchempfehlungen

Glossar

Über die Autorin

DER TEMPEL DER 1000 SPIEGEL

Indisches Märchen

Es war einmal vor langer, langer Zeit. Da stand mitten im Urwald von Indien ein großer Tempel aus purem Gold. Er strahlte hell in der Sonne, und seine Innenwände waren mit 1000 Spiegeln ausgekleidet, so dass jeder, der diesen Tempel betrat, sich tausendfach in ihnen sehen konnte.

Eines Tages verirrte sich ein Hund in diese Gegend. Er freute sich über seine Entdeckung, und neugierig betrat er das Innere des Tempels. Als er in die Spiegel blickte, erschrak er fürchterlich, denn plötzlich sah er sich 1000 anderen Hunden gegenüber. Unsicher knurrte er sie an. 1000 Hunde knurrten zurück. Da bekam er Angst. Um die anderen Hunde zu vertreiben, begann er zu bellen. Doch die Hunde bellten zurück. Nun wurde seine Angst noch größer, und er bellte lauter. Doch je mehr er bellte, umso mehr bellten die anderen zurück. Voller Panik flüchtete er schließlich aus dem Tempel und rannte um sein Leben. Nie wieder betrat der Hund diesen Tempel.

Viele Jahre vergingen. Da geschah es, dass ein anderer Hund zum Tempel der 1000 Spiegel kam. Auch dieser freute sich über seine Entdeckung, und wie sein Vorgänger betrat er den Tempel und sah sich 1000 Hunden gegenüber.

Dieser Hund aber freute sich darüber, dass seine Einsamkeit nun ein Ende gefunden hatte, und er wedelte überglücklich mit seinem Schwanz. Da wedelten die 1000 Hunde ebenso freudig zurück. Das wiederum beglückte den Hund so sehr, dass seine Freude und die der anderen Hunde gar kein Ende mehr finden wollte. Deshalb ging er von nun an öfter in den Tempel der 1000 Spiegel, und jedes Mal begegnete ihm große Freude.

Derselbe Ort, der für den einen ein Ort des Schreckens war, wurde für den anderen ein Ort der Freude.

Was wir aussenden, kehrt tausendfach zu uns zurück.

VORWORT

Als kleines Kind war es mein größter Wunsch, einen eigenen Hund zu haben. Ich nannte nichts anderes, wenn ich gefragt wurde, was ich mir wünsche. Mein Herz schlug für die Tiere, und es dauerte zwölf Jahre, bis ich meinen ersten Hund namens Mücke in die Arme schließen konnte. Schon von Geburt an hatte ich einen außergewöhnlich engen Bezug zu Tieren. Ich stand mit ihnen in einem engen, seelischen Kontakt und liebte sie sehr. Weil ich als Kind davon ausging, dass alle Menschen sich so wie ich mit den Tieren austauschen, empfand ich diese Fähigkeit nicht als etwas Besonderes.

Wie intensiv meine Verbindung zu den Tieren jedoch tatsächlich ist, zeigte sich besonders deutlich bei meiner Begegnung mit einem Pferd, als ich gerade zehn Jahre alt war. Es stand auf einer Koppel, an der ich vorbeiging. Das Tier hatte eine große Wunde am Hals, und in dem Moment, als ich die Wunde sah, fühlte ich einen tiefen und heftigen Schmerz. Ich fühlte den Schmerz des Pferdes in meinem Körper. Einige Jahre später brach für mich eine Welt zusammen, als ich zum ersten Mal einen Bericht über Tierversuche sah. Schlagartig wurde mir bewusst, dass offensichtlich nicht alle Menschen mit Tieren im Austausch stehen, denn sonst wären sie zu diesen Handlungen nicht fähig. Halb bewusst, halb unbewusst begriff ich damals, dass ich mit meiner engen Bindung zu Tieren anders war. Das irritierte und verunsicherte mich und ließ mich an mir zweifeln. In den folgenden Jahren war ich dann so sehr mit meiner Schullaufbahn und Berufsausbildung beschäftigt, dass ich diese Fähigkeit sogar vernachlässigte. Dennoch hatte ich immer Tiere um mich und war im Tierschutz aktiv. Meinen tiefen Zugang zu Tieren aber hatte ich verschlossen und dann sogar fast vergessen.

Irgendwann mit Anfang zwanzig litt ich unter heftigen Kopfschmerzen. Auf der Suche nach Linderung zog ich von Pontius zu Pilatus, doch kein Arzt konnte mir helfen. In meiner Verzweiflung suchte ich Hilfe bei Menschen, die ich zuvor niemals konsultiert hätte (Psychotherapeuten, Geistheiler und viele mehr). Als ausgebildete Kauffrau und analytisch denkender Mensch gab es in meiner Welt inzwischen nur die Dinge, die ich sehen oder anfassen konnte. Ich brauchte Struktur, wissenschaftliche Erklärungen und Beweise. Meine Seele aber forderte etwas völlig anderes. Durch die Schmerzen, die ich ertragen musste, habe ich mich wieder an das erinnert, was ich als Kind schon gewusst, aber vergessen und verdrängt hatte. Kurz zusammengefasst: Ich habe mich in dieser Zeit, als ich auf der Suche nach der Ursache für meine Beschwerden war, daran erinnert, dass wir mehr sind als menschliche Wesen. Ich habe für mich den Glauben wiederentdeckt, dass jeder von uns einen Auftrag hat, den er erfüllen möchte. Leben wir nicht diesem Auftrag gemäß, kann die menschliche Hülle, in der wir als spirituelle Wesen leben, mit allerlei Symptomen reagieren.

Ich weiß heute, dass es mehr zwischen Himmel und Erde gibt, als das, was wir sehen oder anfassen können. Ich bin dankbar, meinen Weg wiedergefunden zu haben und ihn gehen zu dürfen. Ich habe das Geschenk angenommen, das ich jahrelang so rigoros ablehnte. Die Gabe, Tiere fühlen zu können, habe ich zur Fähigkeit der Tierkommunikation ausgebildet. Auf dem Weg dahin habe ich zu meiner kaufmännischen Ausbildung zusätzlich die Ausbildungen zur psychologischen Beraterin und zur Heilpraktikerin für Psychotherapie absolviert. Dies bietet mir heute die Möglichkeit, Menschen in ihrer persönlichen Entwicklung zu begleiten. Viele von ihnen sind Tierhalter, die ich darin unterstützen darf, die Botschaften ihrer Tiere zu verstehen und die Erkenntnisse daraus in ihren Alltag zu integrieren. Diese Botschaften sind oft sehr tiefgreifend, denn die Tiere haben eine sehr feine Wahrnehmung und erleben uns aus nächster Nähe. Was ich durch sie lernen durfte, möchte ich in diesem Buch gerne mit Ihnen teilen.

Bei meinen früheren Versuchen, die Welt zu verändern, damit Tiere nicht mehr gequält, weggeworfen, gemästet und ausgebeutet werden, bin ich oft verzweifelt. Es dauerte lange, bis ich einsah, dass ich die Menschen nicht ändern kann, die Tieren und unserer Umwelt Schaden zufügen. Irgendwann habe ich verstanden, dass ich am ehesten etwas für die Tiere tun kann, wenn ich die Menschen erreiche. Wir Menschen verändern uns nämlich, wenn wir uns von Tieren berühren lassen. Wir alle sind wie kleine Teile eines großen Mobiles. Wenn ein Teil des Mobiles in Bewegung gerät, schwingen die anderen Teile mit. Die Teile, die in der Nähe sind, schwingen stärker, diejenigen, die weiter weg sind, schwingen leichter. Aber sie schwingen!

In unserem Zusammenleben wirkt dasselbe Gesetz. Wenn unser Tier uns mit Liebe begegnet, reagieren wir darauf. Zeigt es Auffälligkeiten in seinem Verhalten, kann dies wiederum mit uns zu tun haben. Es würde daher in einem solchen Fall wenig Sinn machen, einen Fachmann zu beauftragen, der sich um eine Korrektur im Verhalten unseres Tieres kümmern soll.

Dieses Buch möchte aufzeigen, wie wir für uns sorgen können, damit wir unseren Tieren gute Begleiter sind. Meistens denken wir jedoch umgekehrt. Wir sorgen gut für unsere Tiere, damit sie gute Begleiter für uns sind. Prüfen Sie für einen Moment selbst, welche Variante für Sie mehr Sinn ergibt.

Ich lade Sie nun ein, Dimensionen der Mensch-Tier-Beziehung kennenzulernen, die Sie so wahrscheinlich nicht für möglich gehalten hätten. Für alle, die – wie ich früher – objektiv messbare Beweise erwarten, habe ich folgenden Hinweis: Sie werden solche Beweise nicht finden. Entscheiden Sie selbst, ob Sie sich auf etwas einlassen, das möglicherweise Ihren Horizont erweitert, oder ob Sie das Buch weglegen möchten. Vielleicht wird es Sie in einigen Jahren ansprechen, und Sie lesen es dann.

Wenn Sie sich für das Weiterlesen entscheiden, lade ich Sie auf eine Forschungsreise ein: Verlassen Sie sich einmal weniger auf Ihre Einschätzung von richtig und falsch, bekannt und unbekannt, möglich und unmöglich. Lauschen Sie stattdessen auf Ihr Gefühl, und schulen Sie Ihre Intuition. Der Wahrnehmungskanal, den ich für die Tierkommunikation nutze, steht uns allen zur Verfügung. Wie unsere Sehfähigkeit ist er bei allen unterschiedlich stark oder schwach ausgeprägt, kann aber trainiert werden. Lassen Sie sich berühren und vielleicht auch beeindrucken. Sie werden sich dabei in die Geschichten mancher Tiere und ihrer Halter besser hineinversetzen können als in andere, aber seien Sie in jedem Fall einfach neugierig, welchen Gedankenanstoß dieses Buch für Sie bereithalten wird – es wird für jeden Leser ein anderer sein.

In diesem Sinne möchte ich das Kapitel mit einem Zitat von Albert Einstein ausklingen lassen:

»Je mehr ich entdecke, desto mehr wundere ich mich.
Je mehr ich mich wundere, desto mehr verbeuge ich mich.
Je mehr ich mich verbeuge, desto mehr entdecke ich.«

EINLEITUNG

Der Mensch wird seinem geliebten Haustier mit der Zeit immer ähnlicher – und das Tier ihm.

Diese These ist schon lange bekannt und bezieht sich auf das Aussehen von Tier und Halter. Aber wie sieht es im Inneren aus?

Viele von Ihnen haben sich sicher oft gefragt, warum Sie sich gerade diesen Hund oder diese Katze ausgesucht haben. Entweder fragen Sie sich, weil Sie sich darüber wundern, wie ähnlich Sie beide sich sind, oder Sie fragen sich, warum Ihr Tier so problematisch ist – der Vorgänger war sogar auch schon so! Spannend? Merkwürdig? Die Antwort ist sehr einfach. Ihr Tier ist nicht zufällig bei Ihnen! Tiere sind einfühlsame Wesen und nehmen alles um sich herum wahr. Das bedeutet, dass sie auch fühlen können, was wir fühlen. Wenn es uns nicht gut geht, dann merkt unser Tier dies. Es gibt sogar Tiere, die ihren Menschen Erkrankungen »abgenommen« haben, in der Hoffnung, sie zu entlasten. Andere Tiere spüren, in welchem Bereich ihre Menschen Unterstützung benötigen und begleiten sie durch ihr scheinbar merkwürdiges Verhalten in ihrem persönlichen Wachstumsprozess. Tiere spiegeln uns und unsere »Schatten-seiten«. Sie zeigen uns, in welchen Bereichen wir noch an uns arbeiten können, oder reflektieren unseren derzeitigen seelischen Zustand. Das enge Zusammenleben mit Tieren erfordert in der heutigen Zeit eine neue Betrachtungsweise der Beziehung zwischen Tier und Mensch.

Als sich beispielsweise die Hunde vor vielen Jahrhunderten dem Menschen anschlossen, gab es für beide Seiten praktische Gründe hierfür. Die Hunde fanden bei uns Unterschlupf und Futter, und wir Menschen fühlten uns in ihrer Gegenwart sicherer. Sie bewachten uns und unser Vieh und hielten Eindringlinge fern oder meldeten sie zumindest frühzeitig. Ein gutes Arrangement für beide Seiten!

In unserer heutigen Welt ist es völlig anders. Wir sind scheinbar längst aus dieser Abhängigkeit vom Tier herausgewachsen und haben uns in unserer Lebensweise weiterentwickelt. Die meisten von uns leben ohne Vieh und haben eine feste Behausung mit Türschlössern, die sie verriegeln können. Wir brauchen nicht zwingend einen Hund, der uns bewacht, und viele vertrauen stattdessen der Alarmanlage im Haus.

Weil wir aber spüren, dass uns die Nähe von Tieren guttut, möchten wir nicht ohne sie leben. Also »adoptieren« wir heute unsere Tiere. Wir nehmen sie meist bewusst auf und haben dafür vielfältige Gründe: Wir suchen emotionale Nähe, wollen nicht alleine leben, wünschen uns einen Freund oder Partner, verarbeiten auf diese Weise unseren unerfüllten Kinderwunsch, versuchen, die Lücke, die ein verstorbenes Tier hinterlassen hat, zu füllen, suchen einen Kumpel für unseren Sport oder wollen unseren Kindern eine Freude bereiten.

Ist die Entscheidung für ein Tier getroffen, wählen wir unser Tier aus unserem ganz persönlichen Grund sehr genau aus. Das Tier selbst aber ahnt nichts von unseren Beweggründen und Wünschen. Es kann nicht sagen, ob es bereit und in der Lage ist, den Part für uns zu übernehmen, den wir von ihm erwarten. Weil es aber für eine Kooperation zwei Parteien braucht, kommt es im Zusammenleben zwischen Menschen und ihren Tieren immer wieder zu Missverständnissen und Konflikten.

Die Menschen, die dieses Buch lesen, haben höchstwahrscheinlich aus tiefstem Mitgefühl und Liebe zu ihrem Tier die Entscheidung getroffen, es aufzunehmen. Niemand von uns würde seinem Tier absichtlich Schaden zufügen wollen, und ich nehme an, alle Tiere werden vorbildlich versorgt. Und dennoch habe ich täglich mit unglücklichen, auffälligen oder kranken Tieren und überforderten, enttäuschten oder verzweifelten Tierbesitzern zu tun. Wie kann das sein?

Schauen wir uns anhand eines Beispiels einmal an, wie das Missverständnis aus Sicht des Menschen und des Tieres seinen Anfang nimmt: Der Tag ist gekommen, an dem wir das Tier, für das wir uns entschieden haben, zu uns nach Hause holen. Schon tagelang freuen wir uns auf diesen Moment, wir haben alles vorbereitet und jeden Schritt genau geplant. Das Tier aber ahnt nichts von alldem. Kratzbaum, Körbchen, Käfig oder Leine liegen schon bereit. Doch dem Tier ist das alles völlig egal. Spielzeug wurde in rauen Mengen von Freunden und Verwandten geschenkt, aber auch das interessiert das Tier nicht wirklich. Aufregung und Vorfreude lassen uns in der Nacht vor dem großen Tag nicht schlafen. Das Tier jedoch schläft tief und fest, eng an seine Mutter und seine Geschwister gekuschelt.

Dann ist der Moment gekommen. Wir fahren los und möchten endlich unser Tier abholen; nehmen wir für dieses Beispiel einen Hundewelpen. Aus Sicht des Welpen rücken wir ihm mit Mann und Maus auf die Pelle und trennen ihn von seiner Mutter, seinen Geschwistern und seiner gewohnten Umgebung. Sein Herzschlag wird schneller. Wir steigen mit dem Hundekind in ein Auto, das es hoffentlich vorher schon einmal kennenlernen durfte, und »entführen« den Welpen in eine fremde Welt. Wir freuen uns unendlich. Das Tierbaby aber ist unsicher und hat Angst. Kaum haben wir unser Zuhause betreten, erwarten wir bereits, dass der Welpe irgendetwas zeigt, das uns glücklich machen könnte. Wir haben diesen Moment schließlich schon wochenlang in unseren Gedanken durchgespielt, und es wäre so schön, wenn sich der Familienzuwachs über sein Körbchen und das Spielzeug freuen oder irgendetwas Lustiges machen würde. Das Hundekind aber läuft, hoffentlich neugierig, durch die ganze Wohnung und pieselt schließlich erst einmal auf den teuren Teppich. Niemand hatte in der Aufregung sein Bedürfnis bemerkt. Dem Welpen ist der Wert des Teppichs völlig egal. Die erste Enttäuschung beim Menschen über die Pfütze am Boden ist für den Kleinen direkt als Irritation spürbar, denn wir verhalten uns plötzlich anders als noch kurz zuvor.

Die erste Nacht bricht an, und das Hundekind jammert nach seiner Mama und seinen Geschwistern. Uns stehen erste Schweißperlen auf der Stirn, weil wir nicht sicher sind, was wir jetzt tun sollen und ob es wirklich gut war, den Welpen so früh von seiner Familie zu trennen. Wir sorgen uns und fühlen mit ihm. Aus dieser Sorge heraus überschütten wir das »arme« Tierbaby in den nächsten Tagen mit extra viel Liebe und Leckerchen, damit ihm die Umstellung leichter fällt. Der Kleine aber denkt sich: ›Cool! Ich bin im Schlaraffenland! Ich kann hier machen, was ICH will!‹ Schnell lernt er, wie er uns manipulieren kann. Das tut er nicht, weil er böse oder hinterlistig ist, sondern weil er merkt, dass er dann das bekommt, was er haben möchte: Aufmerksamkeit, Zuwendung, Futter, Spiel oder einen Spaziergang. Er beobachtet uns sehr genau und verknüpft sein Verhalten mit unserer Reaktion. Dabei probiert der Welpe sich aus, indem er nagt, bellt, jault, auf unsere Reaktion wartet, verknüpft, bellt, jault, lernt und so weiter.

Damit ihm seine Eingewöhnung leichtfällt, sehen wir anfangs von Regeln ab und lassen ihn gewähren. Wenige Wochen später aber steht der erste Hundetrainer im Wohnzimmer mit dem Auftrag, dem inzwischen zum Rüpel mutierten Wolfsabkömmling mit den kleinen, spitzen Zähnen Manieren beizubringen. Dabei war alles nur ein großes Missverständnis! Von Anfang an.

Dieses Buch hat das Ziel, Ihnen meine Erfahrung aus meinen inzwischen über 2000 Mensch-Tier-Beziehungen zu schildern, und es soll Ihnen Einblicke in die verschiedensten Facetten dieser Beziehung geben. Dabei beziehe ich mich hauptsächlich auf die direkten Einflüsse des Menschen auf seine Haustiere. In einigen Passagen aber wage ich auch einen Blick über den Tellerrand hinaus, um den Umgang der Menschheit mit allen Tieren auf diesem Planeten und dessen Auswirkungen zu verdeutlichen. Wenn es angebracht ist, die Beziehung zu den eigenen Tieren zu überdenken, so lässt sich schnell schlussfolgern, dass wir auch unsere Haltung zu der Tierwelt im Allgemeinen näher betrachten sollten. Damit meine ich beispielsweise die Tierhaltung in einigen Reitställen oder Mastbetrieben und der Umgang mit wilden und herrenlosen Tieren, deren Lebensraum wir gefährden.

Tiere sind authentisch, natürlich und ehrlich. Daher lieben wir ihre Gegenwart so sehr. Sie zeigen in jedem Augenblick ihr wahres Ich. Darum schätzen wir sie so sehr als Freunde. Wir können viel für uns und unsere Tiere tun, wenn wir uns unserer Wünsche an sie und über die Beziehung, die wir zu ihnen haben, bewusst werden. Damit Ihnen dies gelingt, werden Sie in diesem Buch viel über meine Kontakte zu Tieren und ihren Menschen lesen. Nur wenn wir wissen, wie unsere Tiere fühlen und vor allem WAS sie alles wahrnehmen, können wir unser Verhalten anpassen.