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Inhalt

Impressum

Vorwort

Kapitel 1 | Dennis

Kapitel 2 | Elisabeth

Kapitel 3 | Dennis

Kapitel 4 | Elisabeth

Kapitel 5 | Dennis

Kapitel 6 | Elisabeth

Kapitel 7 | Dennis

Kapitel 8 | Elisabeth

Kapitel 9 | Dennis

Kapitel 10 | Elisabeth

Kapitel 11 | Dennis

Kapitel 12 | Elisabeth

Kapitel 13 | Dennis

Kapitel 14 | Elisabeth

Kapitel 15 | Dennis

Kapitel 16 | Elisabeth

Kapitel 17 | Dennis

Kapitel 18 | Elisabeth

Kapitel 19 | Dennis

Kapitel 20 | Elisabeth

Kapitel 21 | Dennis

Kapitel 22 | Elisabeth

Kapitel 23 | Dennis

Kapitel 24 | Elisabeth

Kapitel 25 | Dennis

Kapitel 26 | Elisabeth

Kapitel 27 | Dennis

Kapitel 28 | Elisabeth

Kapitel 29 | Dennis

Kapitel 30 | Rudi

Kapitel 31 | Dennis und Elisabeth

Kapitel 32 | Rudi

Kapitel 33 | Dennis und Elisabeth

Kapitel 34 | Rudi

Kapitel 35 | Dennis und Elisabeth

Kapitel 36 | Rudi

Kapitel 37 | Dennis und Elisabeth

Kapitel 38 | Rudi

Kapitel 39 | Dennis und Elisabeth

Kapitel 40 | Rudi

Kapitel 41 | Dennis und Elisabeth

Kapitel 42 | Rudi

Kapitel 43 | Dennis und Elisabeth

Kapitel 44 | Rudi

Kapitel 45 | Dennis und Elisabeth

Kapitel 46 | Rudi

Kapitel 47 | Dennis und Elisabeth

Kapitel 48 | Rudi

Kapitel 49 | Dennis und Elisabeth

Kapitel 50 | Dennis und Elisabeth

Kapitel 51 | Rudi

Kapitel 52 | Dennis und Elisabeth

Kapitel 53 | Dennis und Elisabeth

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2015 novum Verlag

ISBN Printausgabe: 978-3-99038-908-9

ISBN e-book: 978-3-99038-909-6

Lektorat: Pia Euteneuer

Umschlagfoto: Elisabeth Winte

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

www.novumverlag.com

Vorwort

Diese Erzählung basiert auf einer wahren Begebenheit

Das vierte Gebot Gottes: Du sollst Vater und Mutter ehren, damit du lange lebest und es dir wohlergehe auf Erden, hätte das Mädchen nur allzu gerne befolgt, aber als unerwünschtes Zufallsprodukt einer narzisstischen Frau und eines skrupellosen Mannes wurde ihm die Liebe zu seinen Eltern vergällt. Das Paar sah in ihrem Kind unnötigen Ballast, schob es beiseite, und als es alt genug war, versuchte jeder der beiden auf seine Art, das Mädchen zu benutzen. Das Leben des Kindes war überschattet von der Gleichgültigkeit, Geldgier und Bosheit seiner Eltern. Allmählich lehnte es das Gebot Gottes ab und begann die Eltern zu verachten.

Ihr Vater, ein ehemaliger SS-Soldat in Hitlers Armee, heiratete seine schwangere Freundin, da sie ihm half sein Blutgruppentattoo aus seinem linken Oberarm zu entfernen, sozusagen als Lohn für ihre Hilfe, um von der Verfolgung der Militärpolizei der amerikanischen Besatzungsmacht verschont zu bleiben. Liebe empfand er weder für die Frau noch für die Tochter. Schon kurz nach der Geburt des Kindes suchte er außereheliche Vergnügungen. Ihre Mutter, von jungen Jahren an narzisstisch, entwickelte sich im Laufe dieser unglückseligen Ehe zu einer hasserfüllten Person und machte Elisabeth, ihre Tochter, für ihr missratenes Leben verantwortlich.

Als Elisabeth und ich einander trafen, bemerkte ich Trauer in ihren Augen. Ich überlegte, wieso eine Frau ihres Formates in die Lage kommen konnte, so oft traurig zu sein. Es dauerte Jahrzehnte, bis sie genug Vertrauen zu mir hatte und mir ihr Leben, ohne das kleinste Detail auszulassen, erzählte.

Elisabeth wuchs in der Obhut Carolos, ihrem Erzieher und in der Obhut ihrer Großeltern auf. Ihr Erzieher gab ihr Geborgenheit und Liebe bis zu ihrem elften Lebensjahr. Durch seinen Tod nach einem Schlaganfall verlor sie an ihm zwei Personen in einem: ihre „Mutter“ und ihren „Vater“. Ihre Großeltern betreuten sie mit Liebe bis zu dem Tag, als ihr Vater in zweiter Ehe eine wesentlich jüngere Frau heiratete. Die junge Frau des Vaters verstand es, sich in das Herz der Großmutter mit süßem Gerede einzuschleichen. Elisabeth verabscheute diese Frau, bemerkte, dass sich ihre Großmutter von dieser total vereinnahmen ließ, und zog zu ihrer Mutter. Die herrische Frau erwartete von der Tochter das Einfühlungsvermögen einer Erwachsenen. Elisabeth stand nun vor dem Problem des Rollentausches, sie als Tochter sollte die vernünftige Erwachsene sein und die unreife Frau, ihre Mutter, erlaubte sich alle Allüren einer Heranwachsenden. Handelte die Tochter dem Willen der Mutter zuwider, waren Wutausbrüche die Folge. Sie behandelte ihre Tochter wie ihren Besitz. Nach einem heftigen Streit flüchtete Elisabeth aus der Wohnung, da ihre Mutter handgreiflich wurde. In ihrer Not floh sie zu ihrer Mathematiklehrerin und deren Gatten, ihrem Englischlehrer. Das Ehepaar beabsichtigte, an diesem Samstagnachmittag ins amerikanische Kulturinstitut zu fahren. Sie luden Elisabeth ein, sie zu begleiten. Als 16jährige lernte sie an diesem Tag den Amerikaner Dennis O’Brian, ihre große Liebe, kennen. Er, 17 Jahre älter als sie, bat ihren Vater ein Jahr nach dem Kennenlernen um Elisabeths Hand. Ihr Vater verbot ihr die Ehe mit diesem Mann, wohl aus eigennützigen Gründen, denn seine dubiose SS-Vergangenheit in Hitlers Armee und die Unterschlagung von Elisabeths Erbe in seiner Eigenschaft als ihr Vormund, ließen ihn befürchten, dass Dennis seine dunklen Geheimnisse unter Umständen eines Tages lüften könnte.

Rudi, ein Jahr älter als Elisabeth, wuchs gemeinsam mit seiner Schwester in einer scheinbar intakten Familie auf. Die harten Erziehungsmethoden des Vaters, die ausschließlich Rudi zu spüren bekam, trugen dazu bei, die Abneigung gegen seine Familie zu fundamentieren. Selbst dem jungen Erwachsenen versuchte der Vater seinen Willen aufzuzwingen und in sein Leben einzugreifen.

Um noch lebende Personen zu schützen, wurden den Akteuren andere Namen verliehen. Auch die Orte der Handlungen wurden geändert.

Die Hauptakteurin trägt, auf ihren Wunsch, den Vornamen der Autorin. Etwaige Namensgleichheiten mit existierenden Personen wären rein zufällig.

Kapitel 1 | Dennis

Die wirtschaftliche Lage in den USA zwischen den Jahren 1919 und 1929 zeichnete sich durch enorme Produktionssteigerungen sowohl in der Konsumgütererzeugung als auch in der Landwirtschaft aus. Die Ursachen dafür lagen einerseits in der Automatisierung der Herstellungsprozesse und damit der Übergang zur Massenproduktion, andererseits an der vermehrten Verwendung von Maschinen wie Traktoren und Mähdrescher in der Landwirtschaft. Das führte im Lauf dieser Jahre dazu, dass die Preise für landwirtschaftliche Waren ständig zurückgingen, bis der Markt nahezu kollabierte. Gleichzeitig breitete sich das Spekulationsfieber aus und ergriff auch Gesellschaftsschichten, die traditionell unerfahren dem Börsengeschäft gegenüberstanden. Um Aktien kaufen zu können, setzte man hier vermehrt und unüberlegt auf Kredite, teilweise zu geradezu ruinösen Zinssätzen. Das rasch ansteigende Produktionsvolumen gaukelte vielen Menschen hohe Kursgewinne vor, mit deren Hilfe die Kredite rasch zurückgezahlt werden könnten. 1929 brach die Nachfrage sowohl für Konsumgüter als auch für landwirtschaftliche Produkte dramatisch ein. Massenarbeitslosigkeit war die Folge.

1930, als Dennis geboren wurde, hatten seine Eltern noch für seine beiden älteren Brüder zu sorgen.

Das Familienoberhaupt, ein Abkömmling irischer Einwanderer, arbeitete als Hilfsarbeiter in einer der Schiffswerften in der Bucht von Erie im Staate Pennsylvania. In diesen Betrieben beschäftigte man hauptsächlich irische, russische und italienische Emigranten. Basil, bereits in den USA geboren, erlangte keine höhere berufliche Qualifikation. Er begnügte sich damit, als schlecht bezahlter Hilfsarbeiter sein Auslangen zu finden. Das Mädchen Mary, ebenfalls von Einwanderern abstammend, lernte er bei einer Tanzveranstaltung kennen. Sie verfiel seinem Charme, seinem guten Aussehen und überglücklich gab sie ihm nach kurzer Zeit ihr Jawort.

Marys Eltern, Alfred und Esther, stammten beide aus der Österreichisch-Ungarischen Monarchie. Armut und Politik in der Zeit zwischen 1876 und 1910 hatten einige Millionen Menschen aus der Donaumonarchie vertrieben. Mehr als zwei Millionen der abwandernden Personen stammten aus dem Westen des Kaiserreiches und viele der Auswanderer emigrierten in die USA.

Mary liebte ihren Mann zu sehr und fand immer wieder Entschuldigungen für ihn, wenn er erst spätnachts betrunken nach Hause kam. Er witzelte dabei auf drollige Art über die Plagen des Lebens und in ausschweifenden Monologen schilderte er, wie sehr er Whisky benötige, um all die Alltagslast zu vergessen. Mit lautem Gesang als Draufgabe besiegelte er seine Ansprachen. Er hatte eine kräftige Stimme und bevorzugte irische Volkslieder. Trotz Prohibition gelang es ihm, seinen täglichen Bedarf an Alkohol zu decken.

Die Prohibition in den USA verbot landesweit die Herstellung, den Verkauf und den Transport von Alkohol. Der „Volstead Act“ passierte im Jahr 1919 den Kongress und definierte die unter dieses Gesetz fallenden alkoholischen Getränke. Obwohl der Kongress Alkohol nun offiziell aus dem öffentlichen Leben verbannte, kontrollierte man zu wenig, um dieses Gesetz auch zu exekutieren. Als Ergebnis dieser Nachlässigkeit seitens der Behörden breitete sich der illegale Handel sehr rasch aus. Die organisierte Kriminalität basierte auf diesem Kongressbeschluss. Allein in New York stieg die Anzahl der Alkohol ausschenkenden Kneipen von 5000 im Jahr 1922 fünf Jahre später auf über 30.000. Während der „Großen Depression“ gewannen die Gegner der Prohibition immer mehr die Oberhand und 1933 beendete Franklin D. Roosevelt mit der Unterzeichnung eines Gesetzes die Zeit des Alkoholverbots.

Gerade erst zehn Monate verheiratet, gebar Mary ihren ersten Sohn. Die Geburtswehen setzten am Nachmittag des 9. November 1926 etwas verfrüht, aber ziemlich heftig ein. Mary hielt sich alleine zu Hause auf. Die Wehen kamen knapp hintereinander. Dadurch unfähig, zur Hebamme zu laufen, ging sie zur Nachbarin und ersuchte sie, die Geburtshelferin zu verständigen. Die Hebamme wohnte in der Nähe. Sie traf nach kurzer Zeit bei Mary ein, um ihr beizustehen. Für eine Erstgebärende verlief die Geburt überraschend gut. Nach fünf Stunden lagen die Wöchnerin sowie das Neugeborene, von der Geburtshelferin bereits inspiziert und gesäubert, im frisch überzogenen Bett. Mary bat die Hebamme: „Bitte, Jenny, sei so nett und gib meinem Vater Bescheid. Er freute sich so sehr auf sein Enkelkind. Bestimmt will er es so schnell als möglich sehen. Du weißt ja, wo er wohnt.“ Jenny versprach, dies gerne zu tun. Marys Elternhaus lag nur unweit von dem der Hebamme entfernt. Sie gab Mary noch einige Verhaltensmaßregeln, verabschiedete sich und lief zu Alfred, um ihm die Geburt seines Enkelsohnes mitzuteilen.

Alfred ließ seine Arbeit liegen, warf seinen Mantel über die Schultern, versperrte die Haustüre und schlüpfte erst im Gehen in das Kleidungsstück. Er überquerte im Laufschritt einige Gassen, erreichte in wenigen Minuten das Wohnhaus, ging hinein und pochte an die Wohnungstüre der kleinen, schäbigen Mietwohnung der O’Brians. „Papa, komm herein, die Türe ist offen“, rief Mary.

Er betrachtete seine Tochter und sein Enkelkind. „Wo ist dein Mann?“, fragte er Mary. „Ach, Basil weiß noch nicht, dass der Kleine schon auf der Welt ist. Du weißt ja, wir rechneten erst in einer Woche mit der Geburt“, entgegnete Mary. „Aber jetzt sag doch, Papa, ist der Bub nicht bezaubernd? Sieh nur, wie er sein Mündchen verzieht! Wem, meinst du, sieht er ähnlich?“ Alfred sah den Kleinen liebevoll an, dabei strich er zärtlich über Marys Haar. „Ja, Mary, ein wunderschöner Junge“, stellte er fest. „Aber wann kommt dein Mann? Du brauchst doch jetzt ein bisschen Ruhe und Pflege. Es ist schon so spät. Er müsste schon längst Dienstschluss haben.“ Beunruhigt sah er auf die Küchenuhr. „Papa, Basil arbeitet lange. Manchmal schmeißt er auch nach Arbeitsschluss ein, zwei Runden Bier für seine Kollegen. Legst du noch einige Scheite Holz in den Ofen? Wärme mir bitte auch die Suppe auf, und schneide für mich ein Stück Brot ab. Ich bin hungrig.“

Er füllte einen tiefen Teller mit dampfender Suppe, schnitt eine dicke Scheibe Brot in Häppchen und servierte Mary die Mahlzeit. Sie stellte ihre Polster hoch, lehnte sich dagegen und aß mit Appetit. Die Geburt hatte sie doch mitgenommen. Sogleich nach dem Essen schlief sie erschöpft ein. Alfred entschloss sich so lange bei Mary zu bleiben, bis Basil nach Hause kommen würde. Er zweifelte daran, dass Mary eine gute Wahl mit ihrem Ehemann getroffen hatte. Natürlich wusste er, wie sehr seine Tochter diesen Mann liebte, deshalb behielt er seine Meinung für sich. Besorgt schaute er auf seine schlafende Tochter und den Kleinen. Das Neugeborene nuckelte.

Basil kam erst kurz vor Mitternacht nach Hause und wunderte sich,, den Schwiegervater in seiner Wohnung anzutreffen. Er war betrunken. Alfred nannte ihm den Grund seiner Anwesenheit, doch angewidert vom Zustand des Schwiegersohns nahm er seinen Mantel und sagte beim Verlassen der Wohnung zu Basil: „Morgen komme ich wieder. Bitte erkläre Mary, dass ich mich um sie kümmere.“ Basil murmelte unverständliche Worte, ging ins Zimmer, warf einen kurzen Blick auf seine schlafende Frau und das Baby. Er legte sich neben sie und schlief sogleich ein.

Basil erwachte am nächsten Morgen mit übler Laune, kroch verkatert aus dem Bett, ging in die Küche und verlangte seinen Morgenkaffee. Mary saß in der Küche und stillte das Kind. Sie zeigte ihm seinen Sohn und wollte von Basil liebevolle Worte hören. Dieser jedoch blickte nur stumpfsinnig auf seinen Sohn. „Noch einer, der fressen will und mir mehr Arbeit aufhalst.“

Mary verlangte gekränkt eine Erklärung für Basils ekelhaftes Verhalten: „Warum redest du solchen Unsinn? Du solltest stolz auf deinen Sohn sein. Übrigens, auch ich arbeite den ganzen Tag! Dein Einkommen alleine reicht nicht für Miete und Lebensunterhalt. Ich bin an harte Arbeit genauso gewöhnt wie du! Nur ich versaufe nicht mein Geld, ich bezahle die Miete dieser schäbigen Wohnung, verpflege dich, kaufe Zigaretten und Kaffee und hin und wieder leiste ich uns Kinokarten.“

Genug von Marys Geheule, wie Basil es nannte, fuhr er sie an: „Du undankbare Frau, du beklagst dich? Du musst froh sein, dass ich dich überhaupt genommen habe. Ich hätte schönere und bessere Frauen haben können. Aber ich Esel bin auf ein Waschweib hereingefallen.“

Mary goss den frisch aufgebrühten Kaffee in Basils Tasse, setzte sich perplex ob der Antwort wieder hin und starrte ihren Mann sprachlos an. Er nahm einen tiefen Schluck aus der Schale, verbrannte sich den Mund und warf die Tasse gegen die Küchenwand. Er verließ die Wohnung, ohne ein weiteres Wort zu sagen.

Wie ferngesteuert stand Mary vom Sessel auf, nahm ein Putztuch und versuchte den Kaffeefleck an der Wand wegzuwischen. Klar erkannte sie, welchen Illusionen sie sich hingegeben hatte! Tief gekränkt grub sich der Gedanke in ihr Bewusstsein: „Basil liebt mich nicht mehr, wahrscheinlich hat er mich nie geliebt.“ Mary hatte sich nie für attraktiv gehalten. „Aber er muss doch nicht so gemein zu mir sein“, dachte sie. „Ach, wie glücklich war ich vor einem Jahr! Er, der gut aussehende Mann, heiratete mich unscheinbares Ding. Er gaukelte mir vor, die Liebe seines Lebens zu sein.“ Traurig kümmerte sie sich wieder um ihr Baby. „Dominik sollst du heißen, mein Kleiner“, sagte sie zu ihrem Kind. Sie weinte.

Ihr Vater sah am nächsten Tag sehr früh nach ihr. Er besorgte im Geschäft an der Ecke einige Nahrungsmittel. Es erschien ihm momentan am wichtigsten, ihr eine kräftige Mahlzeit zubereiten zu können. Mary begrüßte ihn traurig. Weinend erzählte sie ihm von dem gemeinen Gerede ihres Mannes. Alfred versucht erst gar nicht, sie mit Worten zu trösten. Er drückte sie nur fest an sich und nahm sich vor, ihr vorläufig in allen Belangen des Haushaltes sowie der Kinderpflege beizustehen.

Reiche Frauen leisteten sich nach der Geburt eines Kindes mehrere Wochen Ruhe. Arme Frauen hingegen schufteten meistens schon wieder nach ein oder zwei Tagen, um den Haushalt und die Arbeit zu bewältigen. Da ihr Vater tatkräftig half, blieb Mary Zeit, um ausreichend zu ruhen. Sie erholte sich rasch von der Geburt. Der kleine Dominik, unberührt von den Problemen seiner Mutter, saugte hungrig ihre Brüste leer. Er schlief ausgiebig nach den Mahlzeiten und gedieh prächtig.

Zwei Wochen nach der Geburt beschloss Mary, wieder außer Haus zu arbeiten. Trotzdem achtete sie darauf, körperlich schwere Arbeiten vorübergehend zu vermeiden. Marys Kunden schätzten ihr Talent für Näh- und Handarbeiten. Sie verdiente zwar beim Ausbessern oder Umändern von Kleidern und Wäschestücken weniger als beim Putzen oder Gartenarbeiten, aber dafür durfte sie den Säugling zur Kundschaft mitnehmen.

Wenn Basil Geld hatte, soff er und ließ seine Familie links liegen. Hatte er kein Geld, ging er, wenn er nicht zum Saufen eingeladen wurde, nach Hause und versuchte seine Frau wieder auf seine Seite zu bringen. Mit Schmeicheleien gepaart mit seinen Verführungskünsten gelang es ihm, Mary bald wieder ins Ehebett zu locken und zusätzlich noch ein wenig Geld für Bier von ihr zu ergattern.

Mary erkannte seine Falschheit immer noch nicht. Sie bot ihm an: „Ich gebe dir Geld für ein Glas Bier. Trink dein Bier bei Eddi und sag ihm, dass ich bald wieder in der Lage bin, bei ihm zu arbeiten, und frag ihn, ob ich mein Baby mitnehmen darf.“ Er versprach es zu tun und hielt sein Versprechen. Bestimmt versuchte er anschreiben zu lassen, um einige Gläser Bier mehr konsumieren zu können, aber Eddi blieb hart. Er bestand auf Barzahlung.

Basil umschmeichelte Mary, auch nützte er ihre Schwäche für ihn schamlos aus. Sie folgte ihm willig ins Ehebett, wo er raffiniert seine sexuellen Gelüste befriedigte. Das Resultat ihrer schwachen Stunden war eine erneute Schwangerschaft. Ihr zweiter Sohn kam am 10. Oktober 1927 zur Welt und sie taufte ihn David.

Wieder half ihr Vater bei der Versorgung der Kinder, kochte die Mahlzeiten und hielt die dürftige Wohnung sauber. Auch von der zweiten Geburt erholte sich Mary rasch. Als Mutter von zwei Babys war es ihr vorläufig unmöglich, außer Haus zu arbeiten. Sie nahm eine Heimarbeit als Näherin an, verdiente gerade so viel, um Essen und Miete bezahlen zu können. Dafür schuftete sie meist bis spät in die Nacht hinein. Sie arbeitete oft noch, wenn Basil spätabends sturzbetrunken zur Türe herein torkelte. Dabei hielt er in gewohnter Manier Vorträge über die Ungerechtigkeit seines Lebens, sang laut, ohne Rücksicht auf die kleinen, schlafenden Kinder zu nehmen, mit heiserer Stimme bis zur Erschöpfung. Danach verkrümelte er sich grunzend ins Bett.

Das Eheleben der O’Brians verlief weiterhin trostlos. Basil trank erhebliche Mengen Whisky, während Mary bei Eddi in der Küche half, die Häuser von reichen Menschen putzte und bis spät in die Nacht nähte. Die zwei kleinen Söhne wurden abwechselnd vom Großvater oder Jenny, Marys Freundin, betreut. Mary wunderte sich, woher Basil das Geld für seine Saufgelage nahm. Hin und wieder legte er ihr sogar ein paar Dollar auf den Tisch. Dabei unterließ er es nie, seine geliebten Sprüche von seiner Großzügigkeit von sich zu geben. Sein Alkoholkonsum nahm ständig zu und sein Aussehen veränderte sich. Da er nur wenige Tage im Monat nüchtern war, erholte sich sein Körper kaum mehr von den Strapazen des übermäßigen Alkoholgenusses. Seine rot unterlaufenen Augen im aufgedunsenen Gesicht reflektierten die von der Sucht geprägte Seele. Nach einer besonders langen Sauftour schleppte er sich in die Wohnung, wo er bewusstlos zusammenbrach. Mary plagte sich, ihn ins Bett zu hieven. „Soll ich einen Arzt rufen?“, überlegte sie besorgt. Sie holte die gesäuberte Konservendose hervor, in der sie Geld für Notfälle aufbewahrte, und zählte die wenigen Scheine. Sie sagte sich, dass er schließlich ihr Ehemann sei und sie ihn nicht so einfach sterben lassen könne. Sie lief zum Haus des neu angesiedelten Arztes. Der Weg dorthin nahm nur wenige Minuten in Anspruch und der Arzt war zu Hause. Sie beschrieb ihm den Zustand ihres Mannes. Der Arzt erkannte, dass sein Eingreifen dringend erforderlich war. Beide beeilten sich, dem Patienten beizustehen. In der Wohnung angekommen untersuchte er Basil und diagnostizierte eine Alkoholvergiftung. Er gab Basil eine Spritze, wies Mary an darauf zu achten, dass sich der Patient, falls dieser die Nacht überleben sollte, an ein striktes Alkoholverbot zu halten habe, und verabschiedete sich.

Basil überlebte. Die Nachwirkungen seines Rausches und der Entzug bereiteten ihm erhebliche Beschwerden. Nach vier Wochen erholte er sich so weit, um wieder arbeitsfähig zu sein. Seine Arbeit in der Schiffswerft jedoch verlor er.

Hilfsarbeiter fanden in dieser Zeit leichter Arbeit als Facharbeiter. Basils Aussehen verbesserte sich zusehends. Er bekam wieder Arbeit und versprach Mary für den Rest seines Lebens trocken zu bleiben. Wieder glaubte sie ihm.

Wie oft muss ein gut aussehender Mann eigentlich lügen, bis eine verliebte Frau – Mary liebte ihren Mann sehr – die Durchtriebenheit des Säufers endlich akzeptiert?

Mary lebte jenseits von Reichtum und Glück. Sie hielt sich selbst für unwichtig. Trotz zierlicher Figur – von hinten sah sie aus wie eine Gehpuppe – und dem glänzenden, dichten Haar, kastanienbraun, in weichen Wellen über ihre Schultern fallend, hielt sie sich für hässlich. Bevor sie Basil geheiratet hatte, hatten sie viele Menschen attraktiv gefunden. Der ehrliche Ausdruck und ihre Freundlichkeit hatten ihr kleines Gesicht geziert. Ihre Augen hatten vor Lebensfreude gestrahlt. Das wunderbare Haar hatte die Unregelmäßigkeit der Gesichtszüge kaschiert. Ihr Haar und die wohlgeformte Figur hatten den Blickfang gebildet, dem so mancher Mann einen zweiten Blick geschenkt und ihr zugelächelt hatte.

Nun nach nur fünfjähriger Ehe mit Basil veränderte sich ihr Aussehen. Harte Arbeit, Entbehrung und Basils lieblose Behandlung verbitterten sie. Sie wurde introvertiert und traurig. Mary verlor an Gewicht nebst Lebensfreude, denn sie schuftete rund um die Uhr, um sich und die Söhne zu ernähren.

Im Gegensatz zu ihr erholte sich Basil. Er trank vorläufig keinen Tropfen Alkohol, daher gesundete er rasch. Auch bei der Arbeitssuche hatte er Glück und ergatterte eine besser bezahlte Hilfsarbeiterstelle in der Stahlindustrie. Gut gelaunt, sich dazu noch stark fühlend begann er wieder seine Frau zu umschwärmen und erinnerte sie an gewisse Ehepflichten. Er bezirzte sie ausdauernd und am fünften Hochzeitstag schenkte er ihr sogar fünf rote Rosen. Dankbar für die Blumen, folgte sie ihm wieder ins Bett. Er verstand es schon ihr Vergnügen zu bereiten. Im April 1930 wurde Dennis geboren.

Die Geburt des dritten Sohnes verlief genauso unkompliziert wie die beiden anderen. Auch diesmal erholte sich Mary rasch von der Geburt. Ihr Vater stand wieder helfend an ihrer Seite.

Basil nahm die Geburt des dritten Sohnes als Anlass zu feiern: „Ich gehe auf ein kleines Bier zu Eddi.“

Mary antwortete: „Nun gut, du kommst ja bald wieder.“

„Aber sicher, mein Liebling“, versprach er. Er kehrte nie wieder heim. Polizeiliche Suchaktionen blieben erfolglos und nach adäquater Zeit erklärte man ihn für tot.

Kapitel 2 | Elisabeth

Elisabeth wurde in Wien im Oktober 1947 geboren. Ihre Kindheit verlief ohne Komplikationen, obwohl sie schon von klein an des Öfteren hören musste, nur ein Zufallsprodukt einer unglücklichen Partnerschaft zu sein. Allerdings blieb sie zunächst von diesem dummen Gerede unbeeinflusst, da ein liebevoller Erzieher bis zu ihrem elften Lebensjahr für ihr seelisches und körperliches Wohl sorgte.

Ihre Eltern, Anna und Erwin, lernten einander in den Wirren der Nachkriegszeit kennen. Die Mutter, damals ein 17jähriges Mädchen, verliebte sich in den feschen, sechs Jahre älteren Exsoldaten und gab seinem Drängen nach sexueller Befriedigung zu früh nach. Als Folge ihrer Unwissenheit über Schwangerschaftskontrolle und Sexualaufklärung schwängerte er sie bald.

Die Eitelkeit der Frau, ihre Naivität sowie ihre Arroganz trugen dazu bei, sich beinahe selbst zu zerstören. Paradoxerweise half ihr die Liebe zum Geld im fortgeschrittenen Alter, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen.

Anna stammte aus Neuzeug an der Steyr, einem Ort in Oberösterreich. Sie lebte dort bis zu ihrer Verehelichung gemeinsam mit zwei Geschwistern, einer streitsüchtigen Mutter und neun Jahre lang mit ihrem Vater. Die widrigen Lebensumstände zwangen die Familie, in einer winzigen Wohnung zu hausen. Der Vater starb knapp nach Annas neuntem Geburtstag. Ihr Bruder Franz und ihre Schwester Herta, beide älter als sie, litten an dem Tod des Vaters, nicht so Anna. Ihr Vater war ihr gleichgültig, da er ihr Liebe und Fürsorge verwehrt hatte. Er hatte in ihr, dem dritten Kind, nur ein weiteres „Maul“ zu füttern gesehen.

Die neurotische Mutter täuschte in Permanenz Herzprobleme vor, wenn sie ihren Willen bei der Familie durchzusetzen suchte. Sie klagte über Herzrasen, auch meinte sie, vor einem schweren Herzinfarkt zu stehen. Deshalb glaubte sie bald sterben zu müssen und versuchte ihren Kindern und ihrem Mann ihren Willen aufzuzwingen.

Nach dem Tod ihres Mannes steigerte sie sich in überspanntes Gejammer: „Es wäre besser für alle gewesen, ich wäre gestorben“, klagte sie. Dabei bedauerte sie keineswegs seinen Tod, sondern heulte lediglich um den Verlust des einzigen Lohnempfängers wie auch um die Verschwendung von Geld für seine Beerdigung.

Anna imitierte ihre Mutter! Sie schrie hysterisch: „Unsere arme Mutter! Sie, die immer von dem Lump ausgenützt wurde, muss jetzt so viel Geld für das Begräbnis ausgeben.“

Annas Anschuldigungen, ihr Vater sei ein Lump gewesen, erzürnten ihre Geschwister. Sie liebten und verteidigten ihren Vater. Herta schlug voll Wut in Annas Gesicht. Sie, einst der Liebling des Vaters, bangte nun um ihre Vorzugsbehandlung, während Franz den Tod seines Vaters äußerlich gelassen hinnahm und Anna nur beschimpfte, ohne handgreiflich zu werden. Der Vater hatte Franz zu einem „richtigen Mann“ erzogen. Männer versagen sich Tränen, wenn sie Kummer haben, und kontrollieren ihre Frauen ohne Schläge auszuteilen, hatte er seinen Sohn gelehrt.

Die drei Geschwister verband weder tiefe Bindung noch Liebe. Alle drei verhielten sich extrem egoistisch und trachteten danach so bald als möglich die öde Wohnung zu verlassen.

Die Mutter der drei Geschwister stammte ursprünglich aus reichem Haus. Ihre Familie verlor durch Spekulationen des Familienvaters ihr Vermögen und in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg büßte das Familienoberhaupt auch noch die kläglichen Reserven an Spargeld sowie den Forstbetrieb ein. Die Tochter der verarmten Familie täuschte einem Neuzeuger Bäckermeister Zuneigung vor. Es schmeichelte dem Bäcker von einer vornehmen Dame, wie er sie nannte, beachtet zu werden und er bat um ihre Hand. Ohne Mitgift oder Aussteuer, nur auf ein sorgenfreies Leben hoffend, willigte sie ein ihn zu heiraten. Der Bäckermeister erzeugte ausgezeichnetes Gebäck, dadurch kamen Kunden von nah und fern. Selbst in der Zeit der Inflation gelang es dem Mann, gut für seine Familie zu sorgen. Er beschäftigte mehrere gelernte Arbeitskräfte für den Verkauf wie auch für die Produktion der Backwaren. Das Einatmen des Mehlstaubes bescherte dem Bäckermeister häufige und lang andauernde Hustenanfälle. Die Diagnose „Staublunge“ zwang ihn schließlich, den Betrieb zu verkaufen.

Der angemessene Erlös des Firmenverkaufes brachte viel Geld ein, jedoch trieben Fehlinvestitionen sowie die Wirtschaftskrise des Jahres 1929 den Mann in den finanziellen Ruin. Die Familie, an große, komfortable Wohnräume gewöhnt, musste sich nun mit einer Wohnung der schlechtesten Kategorie abfinden. Der Bäckermeister, ehemals von seinen Kunden geachtete, endete als schlecht bezahlter Hilfsarbeiter.

Die verwöhnte Frau, ihrem Mann zeitlebens kaum Achtung zollend, machte ihn für alle Widrigkeiten ihres Lebens verantwortlich. Schwer krank an Körper und Gemüt erhängte er sich am 5. Dezember 1938.

Elisabeths Vater Erwin bekam mit 19 Jahren den Einberufungsbefehl zu Hitlers Armee. Der gut aussehende Mann meldete sich zur Waffen-SS. Er entsprach den Ansprüchen dieser Eliteeinheit und fand Aufnahme in deren Kader.

Im Krieg opferte man in erster Linie das Leben des einfachen Soldaten der Wehrmacht, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Keinen der maßgeblichen Mitglieder der Befehlshierarchie scherte es, wie viele von ihnen getötet wurden. Die Elitesoldaten hingegen agierten hauptsächlich im Hinterland, wo viele von ihnen unmenschlich und grausam an Kriegsgefangenen, Zivilbevölkerung, Juden und Zigeunern handelten.

Ob sich Erwin an Kriegsverbrechen beteiligte, und wie er es schaffte, noch vor der Kapitulation der Machthaber des Deutschen Reiches in seine Heimatstadt Wien zurückzukehren, ergründete Elisabeth nie. Spätere diesbezügliche, an den Vater gerichtete Fragen überhörte er.

Erwin stand eines Tages, etliche Wochen vor Kriegende, vor der Wohnungstüre seiner Eltern. Er öffnete die Türe, trat ein und brach zusammen. Seine Mutter erschrak über das ungewöhnliche Geräusch, ging schnell ins Vorzimmer und fand ihren Sohn in erbärmlichem Zustand in der offenen Türe liegend. Sie half ihm auf, bettete ihn aufs Sofa im Wohnzimmer, entkleidete ihn und reinigte ihn mit ihrem letzten Stück Kernseife und kaltem Wasser. Die zerfetzte SS-Uniform band sie zu einem Bündel zusammen. Am Abend desselben Tages schlich sie aus dem Haus, lief einige Gassen weiter, um die zerlumpte Uniform im Schutthaufen eines zerbombten Hauses zu vergraben.

Das Haus, in dem Erwins Familie zur Miete wohnte, blieb als einziges in der Gasse von den Bombenangriffen halbwegs verschont. Obgleich die Detonation der Bomben Fensterscheiben zersplitterte, Türen aus den Angeln riss und das Dach beschädigte, hielten die Mauern stand. Man konnte darin wohnen.

Die Wiener hatten zwischen 1944 und 1945 53 Bombardements zu ertragen, wobei 8769 Menschen ums Leben kamen.

Erwin erholte sich nur langsam von den Strapazen seiner Krankheit. Seine Mutter fütterte, wusch ihn und pflegte ihn so gut sie es vermochte. Seine Lungenentzündung erreichte ihre Krisis. Der befreundete Arzt der Familie, schon viel zu alt bei Kriegsbeginn, um eingezogen zu werden, kümmerte sich viele Stunden am Tag um Kranke, holte Kinder auf die Welt und versorgte verwundete Zivilisten. Er meinte, nur Gott könne Erwin helfen, zu überleben.

Erwin überstand die Lungenentzündung. Seine Mutter kniete an seinem Krankenbett nieder und dankte Gott, dass ihr Sohn überlebt hatte.

Es dauerte mehrere Wochen, bis er das Bett, anfangs nur für eine kleine Weile täglich, verlassen durfte. Er genas erst, als er sich zur Erholung bei Verwandten in Oberösterreich aufhielt.

Die jüngere Schwester seiner Mutter lernte in ihrem Urlaub, 1927 in Steyr, einen Bäckermeister kennen. Die beiden heirateten einige Jahre später. Der Mann kaufte seinerzeit die Bäckerei von Annas Vater.

Das Ehepaar erarbeitete sich ein gutes Drauskommen. Selbst in den üblen Zeiten der letzten Kriegstage sowie in den ersten Jahren der Nachkriegszeit gelang es der Familie sich selbst, die Verwandtschaft sowie die Kundschaft mit Brot zu versorgen.

Erwin und seine Mutter beschlossen, mit der Bahn nach Neuzeug, zu den Verwandten, zu fahren. Das Reisen kurz vor dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches gestaltete sich zu einem Abenteuer. Lange Wartezeiten auf einen Zug, kalte, zugige Waggons, oftmaliges Umsteigen und teilweises Laufen, wenn die Gleisanlagen unterbrochen waren, erwies sich als äußerst schwierig. Auch lieferte sich Erwin der Gefahr aus, von der deutschen Militärpolizei verhaftet und vors Kriegsgericht gestellt zu werden, der Krieg war ja noch nicht beendet. Sein magerer Körper und sein krankhaftes Aussehen stellten keineswegs einen Garant für seine Wehruntauglichkeit dar. Halbe Kinder und Männer bis sechzig Jahre verpflichtete man in den letzten Kriegstagen zum Wehrdienst, folglich hatten auch kranke Männer das Vaterland mit allen Mitteln, unter Einsatz ihres Lebens, zu verteidigen.

Erwin hatte Glück, keiner interessierte sich für ihn. Endlich kamen sie in Steyr am Hauptbahnhof an. Vom Steyrer Hauptbahnhof bis zum Lokalbahnhof der Steyrtal-Bahn, um nach Neuzeug zu fahren, gingen sie zu Fuß. Der Weg dorthin machte Erwin zu schaffen. Eine Dreiviertelstunde ohne Unterbrechung mussten sie gehen. Sie trafen in letzter Minute am Bahnhof ein, stiegen in den einzigen Waggon der Schmalspurbahn, wo sich Erwin erschöpft auf der harten Holzbank niederließ. Gleich darauf dampfte der Zug los. Eine Stunde dauerte die holprige Fahrt nach Neuzeug. Vom Bahnhof bis zum Haus der Verwandten liefen sie noch eine weitere Dreiviertelstunde. Die Mutter trug den Sohn mehr, als er selbst fähig war zu gehen.

Die Verwandten erschraken über Erwins Aussehen, begrüßten ihn und seine Mutter herzlichst und bewirteten die beiden mit Brot, einem kleinen Topf Schmalz und dem in Oberösterreich üblichen Haustrunk, vergorener Obstmost. Gutes Brot, aber vor allem Schmalz gab es in Wien schon lange nicht mehr. Chaos und Hunger herrschten in den letzten Kriegstagen. Die Menschen stahlen Nahrungsmittel und rauften sich, wenn sie Gelegenheit hatten, um Fleischstücke toter Pferde. Gebratene Erdäpfel, im offenen Feuer gegart, schmeckten gut und jeder wünschte sich, diese Köstlichkeit wenigstens einmal pro Tag essen zu dürfen. Wasser gab es nur im Bombentrichter, gespeist von geborstenen Wasserleitungsrohren.

Erwins Mutter blieb eine Woche bei den Verwandten. Sie genoss die liebevolle Gastfreundschaft des Schwagers und das ausgiebige Schwatzen mit der Schwester. Trotzdem wollte sie nach Wien zu ihrem Mann zurück. Erwin blieb bei den Verwandten. Der Vater beaufsichtigte inzwischen die Wohnung, um das noch brauchbare Eigentum vor Diebstahl zu schützen. Unterstandslose Menschen gab es genug!

Mit einer gut verschnürten Pappschachtel kam die Mutter in Wien an. Der Vater erwartete sie am Bahnhof, übernahm die Schachtel und trug sie nach Hause. Der lange Weg vom Westbahnhof bis in die Nähe des Springer Parks lag vor ihnen.

Den Springer Park, eine etwa 40.000 m² große Parkanlage, legte ursprünglich Carl Freiherr von Hügel, der Oberstgartenmeister des benachbarten Schlosses Schönbrunn an. Der Großindustrielle Gustav Freiherr von Springer kaufte der Familie Hügel das gesamte Areal 1887 ab. Dort ließ er das „Springer Schlössl“ errichten. Ende 1939 beschlagnahmten die Nationalsozialisten das jüdische Eigentum und wandelten es in ein Gau-Schulungshaus um. Gegen Kriegsende versuchten es die alliierten Bomber zu zerstören, allerdings traf keine der 22 Bomben das Springer-Schlössl. Der Park jedoch wurde schwer beschädigt.

Vom Schleppen und Gehen ermüdet, erreichten sie schließlich ihr Heim, beziehungsweise was davon noch überblieb. Ein Küchensessel hatte den letzten Bombenangriff überstanden, während der Großteil der restlichen Einrichtung zersplittert war, als ein Teil der Decke auf sie gefallen war. Die Mutter setzte sich darauf und der Vater machte es sich am Fußboden gemütlich. Nach einer Verschnaufpause schnürte der Vater die Pappschachtel auf. Der Inhalt – Brot, einige Äpfel, Birnen und Kartoffeln, ein Säckchen Nudeln, etwas Tee sowie ein Töpfchen Schmalz – entzückte den Vater. Sie aßen Schmalzbrote, tranken Tee und als Nachspeise verzehrten sie einen Apfel und eine Birne. „Josefine“, sagte der Vater zu seiner Frau. „Das war die beste Mahlzeit seit langer Zeit.“

„Freilich, Janos“, antwortete sie. „Auch ich habe sie genossen.“

Das Dritte Reich kapitulierte. Die alliierten Besatzungsmächte teilten Österreich unter sich in vier Verwaltungsgebiete auf. Neuzeug im Bezirk Steyr stand unter amerikanischer Verwaltung.

Erwin erholte sich langsam. Ausreichende Nahrung, Ruhe und frische Landluft förderten seinen Genesungsprozess. Nach Monaten der Rekonvaleszenz erlaubte es sein körperlicher Zustand nun zu arbeiten. „Onkel, darf ich dir bei der Arbeit helfen?“, fragte Erwin. Der Onkel willigte erfreut ein. Erwin half im Verkauf. Er stellte sich geschickt an, plauderte charmant mit der Kundschaft und flirtete dabei mit hübschen Mädchen.

Anna betrat das Geschäft. Sie stellte sich hinter den wartenden Kunden an. Erwin nahm keine Notiz von ihr, sie indes beobachtete ihn aufmerksam. Er gefiel ihr. Sie kam an die Reihe, verlangte einen halben Wecken Brot, zahlte und ging. Er schaute ihr nach. „Ein hübsches Mädchen, aber irgendwie komisch“, dachte er.

Hohe Militärs der Besatzungsmächte gaben den Befehl, nach Kriegsverbrechern zu suchen. Die amerikanische Militärpolizei durchsuchte Häuser und Geschäfte, wobei sie im Besonderen nach Angehörigen der SS, egal ob Offiziere oder Soldaten niedrigerer Dienstgrade, suchten. Diesen Männern, im Dritten Reich Elitesoldaten, hatte man ihre Blutgruppe in die Innenseite des linken Oberarms eintätowiert, um im Fall einer Verwundung die Verletzten möglichst rasch mit Blutkonserven der richtigen Blutgruppe zu versorgen.

Erwins linker Oberarm war während einer Konfrontation mit Partisanen durchschossen worden, dennoch blieb die Tätowierung gut erkennbar. Er überlegte nun, wie er sie loswerden könnte. Er entschloss sich, das Tattoo herauszuschneiden. Er versuchte es selbst, scheiterte aber. Er benötigte die Hilfe einer zweiten Person. Seine Verwandten hatten keine Ahnung von seiner SS-Vergangenheit, deshalb dachte er daran, Anna damit zu beauftragen. Da er befürchtete, von den Amerikanern aufgespürt zu werden, stellte er seine Tätigkeit in der Bäckerei unter dem Vorwand ein, sich zu viel zugemutet zu haben. Die arglosen Verwandten bemitleideten ihn: „Erwin, bitte entschuldige unsere Gleichgültigkeit, wir wollten dich nicht überanstrengen.“ Erwin blieb nun aus Vorsicht die meiste Zeit in seinem Zimmer. Hin und wieder drängte es ihm, das Haus zu verlassen. Er lief einen wenig bekannten, dicht bewaldeten Pfad zum Fluss. Vom Ufer aus ließ er flache Steine über das Wasser tanzen oder ließ das kalte, klare Wasser über seine Füße fließen.

Anna schämte sich für die Armut ihrer Familie. Sie hasste es, wenn ihre Mutter ihr auftrug, Treibholz am Flussufer zu sammeln. Bei Hochwasser, bei starkem Regen oder nach der Schneeschmelze brachte der Fluss viel Bruchholz mit sich. Nach dem Rückgang des Pegelstandes war es einfach, das Holz aufzulesen, trocknen zu lassen, um es bei Bedarf als Brennholz zu nutzen. Murrend befolgte Anna den Auftrag der Mutter und lief zum Fluss.

Sie sah Erwin. Er stand mit dem Rücken zu ihr. Unschlüssig, ob sie ihn ansprechen sollte, starrte sie ihn an. Offensichtlich spürte er ihre Blicke, drehte sich um und erblickte das zierliche Mädchen. Er begrüßte Anna freundlich und schlug ihr einen gemeinsamen Spaziergang entlang des Flussufers vor. Sie willigte ein. Es kam ihm gelegen das Mädchen zu treffen, denn Pärchen fielen weniger auf als männliche Einzelperson. Gespräche über dies und jenes halfen Erwin, Anna raffiniert zu umgarnen. Er bemerkte bald, dass sie ihn mochte. „Ich habe sie soweit“, dachte er. „Anna, ich bitte dich um eine Kleinigkeit“, heuchelte er: „Ich musste während des Krieges sehr viel durchmachen. Hitler befahl uns, in Frankreich und Russland zu kämpfen. Viele meiner Freunde fielen während des Krieges. Ich konnte entkommen, aber jetzt sind die Amerikaner hinter mir her.“

„Warum sind die Amerikaner hinter dir her?“, wollte sie wissen.

„Weil ich so tapfer für mein Vaterland gekämpft habe“, log er Mitleid heischend. „Und schau, ich wurde auch schwer verwundet. Im Lazarett wollten sie mir den Arm amputieren. Der Chirurg tätowierte meine Blutgruppe in meinen linken Oberarm, damit ich nach der Operation die richtige Blutkonserve bekommen konnte. Die Amerikaner erkennen die elitären SS-Soldaten aber genau an diesem Tattoo und verhaften alle Tapferen. Sie hassen uns! Das Tattoo aber muss ich loswerden! Schneidest du es mir heraus?“ Anna schwieg eine Weile. Er wartete ungeduldig auf ihre Antwort und wollte schon sagen: „Vergiss es und schleiche dich!“

In diesem Moment erklärte sie ihm: „Ich kann es nicht tun. Ich frage meine Schwester, ob sie dir hilft“, versprach sie. „Morgen weiß ich mehr“, und mit diesen Worten verabschiedete sie sich.

„Gut, morgen zur selben Zeit treffen wir einander wieder hier“, rief er ihr nach.

Herta half. Sie, 19 Jahre alt und nervenstark, schnitt das Blutgruppen-Tattoo aus Erwins Arm. Erwin war überzeugt von der amerikanischen MP aufgespürt zu werden, hoffte jedoch, dass das erst nach Abheilen der Wunde passieren würde. Seine Hoffnung erfüllte sich. Mit nacktem Oberkörper und hoch erhobenen Armen stand er vor einem amerikanischen Militärarzt. Die Narbe der kleinen Wunde fügte sich so in die Narbe der Schussverletzung, dass der Arzt keinen eindeutigen Schluss mehr ziehen konnte. Erwin kam ungeschoren ob seiner SS-Vergangenheit davon.

Kapitel 3 | Dennis

Einige Wochen nach Basil O’Brians Verschwinden schlug Vater Alfred seiner Tochter vor, die schäbige Wohnung aufzugeben, um mit ihren drei Söhnen zu ihm in sein Häuschen zu ziehen.

Alfred emigrierte 1887 im Alter von 21 Jahren in die USA. Er arbeitete seit dieser Zeit nahezu ohne Unterbrechung 45 Jahre lang. Erst als Waldarbeiter, später als Vertrauter seines Chefs im Sägewerk. Dort übertrug dieser Alfred die Disposition des Produktionsablaufes. Lediglich als seine Tochter Mary und Jahre danach deren drei Söhne geboren wurden, erbat er sich einige Tage Freizeit, um der Gattin und später der Tochter nach der Geburt ihrer Kinder beizustehen.

Seine Frau lernte Alfred 1893 im Waldcamp des Sägewerks kennen und verliebte sich in sie. Zwei Jahre danach heirateten die beiden. Esther, seine Frau, kochte nicht nur ausgezeichnet, sie verstand sich auch auf die Kräuterheilkunst. Bis zur Geburt ihrer Tochter Mary im Juli 1900 wirtschaftete sie im Werkscamp, kochte die Mahlzeiten für die Holzfäller und pflegte die kranken oder verletzten Männer und deren Frauen. Esther half vielen Menschen wieder gesund zu werden; bei ihr selbst versagte die Kräutermedizin. Sie starb 1910 nach einer verschleppten Bronchitis an Lungenentzündung. Alfred trauerte lange um seine Frau und blieb für den Rest seines Lebens Witwer. Dank seiner stabilen Gesundheit und Ehrlichkeit beförderte ihn der Werksbesitzer in eine gehobene Position. Der aufrichtige Amerikaner überforderte seine Mitarbeiter nie, er behandelte Emigranten genauso mit Respekt wie seine Landsleute und belohnte ihren Arbeitseinsatz mit Prämien. Er vertraute Alfred. Dieser dankte seinem Chef mit Fleiß und Treue und stand dem Mann in allen Höhen und Tiefen des Lebens zur Seite. Den Wunsch, ein eigenes Häuschen mit kleinem Garten zu besitzen, erfüllte sich Alfred knapp, bevor er sich zur Ruhe setzte. Die Prämien für seine Altersversorgung bezahlte er monatlich in entsprechender Höhe, um später von der Rente sorglos leben zu können. Er bestritt davon die Betriebskosten seines Hauses und unterstützte seine Tochter sowie die Enkelkinder.

Mary nahm des Vaters Angebot an. Dennoch kreisten ihre Gedanken sorgenvoll um ein mögliches Szenario: „Was passiert, wenn Basil wieder auftauchen sollte? Er mag meinen Vater nicht. Wie verhalte ich mich, falls er mir verbietet, bei meinem Vater zu leben?“ Angst überkam sie. Sie dachte an Basils Zornausbrüche, als sie ihn um die Trennung gebeten hatte. Er hatte geflucht, gesoffen und mit Selbstmord gedroht. „Er gibt mich sicherlich nie frei. Und wenn drohen, fluchen und saufen nichts nützen, so versucht er mich bestimmt mit Schmeicheleien zum Bleiben zu überreden“, dachte sie bei sich.

Trotz ihrer Bedenken packte sie die paar Habseligkeiten der Kinder und die ihren in einen uralten Koffer. Sie ließ den Hausschlüssel, wie vom Vermieter beim Kündigen der Wohnung verlangt, in der Wohnungstüre stecken. Ohne sich noch einmal umzudrehen, verließ sie das Haus.

Die Furcht vor Basils Heimkehr schlug mit der Zeit in Gleichgültigkeit um. Mary lebte auf. Hin und wieder hörte sie Vermutungen über Basils Verbleib. Hartnäckig wurde behauptet, dass er einer Schmugglerbande in die Quere gekommen wäre. In dieser, der hohen Zeit des organisierten Verbrechens, gerieten berüchtigte Banden immer wieder aneinander. Kleine Gauner versuchten manchmal das Geschäft ihres Lebens mit Alkoholproduktion oder Schmuggel zu machen, gerieten dabei zwischen die Fronten der Gangs und wurden aufgerieben. Das Interesse der Exekutive, Morde oder das Verschwinden kleiner Gaunern zu klären, hielt sich in Grenzen. Jedenfalls, Mary sah ihren Mann nie wieder.

Sie nahm alle sich bietenden Arbeiten an. Der Großvater behütete ihre Söhne, hielt das gemütliche Häuschen in Ordnung und kümmerte sich um den kleinen Garten, in dem er Gemüse und Obst kultivierte. Mary erfüllte sich einen Wunsch. Ihr Einkommen reichte endlich aus, monatlich eine kleine Summe Geld zur Seite zu legen. Es stand nun genügend hochwertige Nahrung zur Verfügung. Die verschlissenen Kleider der Kinder ersetzte gut erhaltene Qualitätskleidung, erstanden in Secondhand-Läden. Sie selbst gönnte sich ab und zu teurere Zigaretten oder kaufte während des Ausverkaufs mehrere Meter Baumwoll- oder Seidenstoffe und nähte daraus zauberhafte Gewänder. Vieles davon verkaufte sie. Den Erlös zahlte sie auf ihr Sparkonto ein. Das eine oder andere Kleid behielt sie für sich, um es beim Kirchgang zu tragen. Sie fühlte sich glücklich.

Der Sonntag gehörte der Kirche und der Familie. Nach der protestantischen Messe besuchte der Großvater mit seinen Enkelsöhnen seinen Freund Tibor. Die beiden Männer hatten vor mehr als dreißig Jahren Freundschaft geschlossen und standen einander in Not, Freude und Leid bei. Die drei Buben hingen an ihrem Onkel Tibor. Er, ebenfalls ein Witwer, hatte keine Kinder und, außer seinem einzigen Freund Alfred, nur wenige Bekannte. Er hob die drei Jungens aus der Taufe und fühlte sich verantwortlich, ihnen ein Leben lang ein guter Pate zu sein. Tibor hatte sich in einer der Schiffswerften von Erie vom Hilfsarbeiter zum Vorarbeiter hochgearbeitet. Die Jahrzehnte der schweren Arbeit hinterließen ihre Spuren. Er litt an einer schmerzhaften Wirbelsäulenveränderung. Dessen ungeachtet arbeitete er mehr als 40 Jahre und erwirtschaftete sich ebenfalls ein Häuschen mit Garten. Seine Treue zum Arbeitgeber belohnte dieser mit einer kleinen Rente, von der er zufrieden lebte. Er besserte das schmale Taschengeld seiner Patenkinder ab und zu mit ein paar Dollar auf, auch verwöhnte er sie mit selbst hergestellten Geschenken. Seit seiner Kindheit schnitzte er gerne und in jahrzehntelanger Übung verfeinerte er diese Fertigkeit. Tibor stellte aus Lindenholz allerliebste Figuren, Tiere und anderes Spielzeug her. Er bastelte Steckenpferde, Tretautos und so manchen Kindersessel. Als die Buben zu jungen Männern heranwuchsen, überraschte er sie mit geschnitzten Schachfiguren.