Mein Wiedersehen mit Jan

Jeanette Gallet

1. Kapitel

Uschi, meine Sekretärin, streckte ihren dunklen Wuschelkopf durch den Spalt meiner Tür und flüsterte: «Draußen wartet Herr Völling.»

Ich nickte und Uschi wollte die Tür schließen, als ich ihr leise nachrief: «Er möchte bitte noch einen Moment warten!» Und dann holte ich tief Luft. Ich war sicher, daß es Jan war. Vor etwa zwanzig Jahren war er meine erste Liebe gewesen. Wie würde die Begegnung heute aussehen? Heute, zwanzig Jahre danach? Würde er mich wiedererkennen? Ich zog meinen Taschenspiegel aus meiner Schreibtischschublade und betrachtete mich einen kurzen Moment. Höchstwahrscheinlich erkannte er mich nicht mehr. Zwanzig Jahre hinterlassen Spuren im Gesicht einer Frau. Damals war ich achtzehn, ein schüchternes unreifes Mädchen, das noch nichts vom Leben wußte. Und Jan hatte es sich in den Kopf gesetzt, mich zur Frau zu machen. Es war ihm nicht gelungen. Gewiß, körperlich hatte er eine Veränderung in mir herbeigeführt. Eine etwas schmerzhafte erste Erfahrung, aber das war auch alles.

Ich schaute auf die Uhr. Fünf Minuten waren verstrichen, und ich konnte ihn nicht noch länger warten lassen. Ich drückte — beinahe bedächtig — auf den Knopf der Sprechanlage und bat Uschi, den Besucher in mein Büro zu führen. Jan hatte sich in meiner Firma als stellvertretender Betriebsleiter beworben. Ich hatte die kleine Maschinenfabrik von meinem verstorbenen Mann übernommen, keine Ahnung von irgend etwas gehabt, die Zähne zusammengebissen, gelernt, und heute komme ich sehr gut zurecht.

Uschi öffnete die Tür und lächelte. Hinter ihr sah ich Jan. Er war es wirklich, und für einen Moment trafen sich unsere Augen. Sein Blick wurde grüblerisch, aber sogleich verschwand es wieder aus seinen Augen, und er verbeugte sich vor mir, um sich vorzustellen.

Mein Herz klopfte. Jan hatte mich also nicht wiedererkannt. Ich fühlte, wie sich eine leichte Enttäuschung in mir breitmachte.

Ich bat ihn, Platz zu nehmen, und setzte mich danach hinter meinen Schreibtisch. Noch einmal hoffte ich, er würde irgend etwas sagen, was an frühere Zeiten erinnerte. Aber Jan schwieg und sah mich nur erwartungsvoll an. «Ich habe Ihnen geschrieben, daß Sie für diese Stelle geeignet erscheinen!» sagte ich und nahm Jans Bewerbungsunterlagen in die Hand. Ich kannte sie schon beinahe auswendig, wußte, daß er nicht verheiratet war und wo er den größten Teil seines Lebens verbracht hatte. Dachte er manchmal an mich?

«Ich würde gerne für Sie arbeiten!» erwiderte Jan. Er lächelte ganz leicht.

«Haben Sie hier in M. schon eine Wohnung gefunden?» fragte ich fast beiläufig.

Jan nickte. «Zwar keine Traumwohnung, aber immerhin eine recht gemütliche Bleibe!»

Ich nahm mir eine Zigarette und sah, daß meine Hände zitterten. Jan gab mir eilfertig Feuer. Wieder trafen sich unsere Augen und blieben ineinander hängen. Ich hörte, wie sein Feuerzeug zuschnappte. Als sei er davon aufgewacht, zuckten seine Augen zurück, und er setzte sich wieder auf seinen Stuhl.

Jan sah noch immer gut aus, auch seine Jungenhaftigkeit war in den zwanzig Jahren noch nicht aus seinem Gesicht verschwunden. Ein bißchen James Dean und Paul Newmann-Gemisch und unerhört aufregend. Sollte ich ihn erinnern?

Jan erzählte, was er beruflich gemacht hatte, und ich hörte gar nicht richtig zu. Als er geendet hatte, fragte ich: «Und es macht Ihnen gar nichts aus, unter einer Frau zu arbeiten?»

Ich ließ ihn nicht aus den Augen, und Jan schüttelte lächelnd den Kopf.

«Überhaupt nichts!»

«Wann können Sie anfangen?»

Jetzt sah ich ihn nicht mehr an. Noch konnte ich sagen, daß nichts daraus würde oder ich es mir noch einmal durch den Kopf gehen lassen müßte, und er würde von mir hören. Aber sowie ich daran dachte, verwarf ich den Gedanken wieder. Rein beruflich gesehen, war Jan der richtige Mann und ich auf gute Mitarbeiter angewiesen. «Wenn Sie wollen, sofort!» erwiderte Jan und sah mich erwartungsvoll an.

Jan war drei Monate arbeitslos gewesen. Die Firma, in der er zuvor gearbeitet hatte, war pleite gegangen. Ein Schicksal, das heute viele traf.

Ich streckte Jan meine Hand entgegen. «Gut, dann können Sie morgen anfangen!»

Wir besprachen noch Gehalt, Arbeitszeiten und betriebliche Dinge. Dann führte ich ihn durch meinen Betrieb, stellte ihn vor. Dabei waren meine Gedanken nicht dort, wo sie sein sollten, sondern bei Jan, der groß und schlank neben mir herlief und alles interessiert betrachtete. Ich hatte ganz vergessen, daß er mich immer «seine Kleine» nannte, weil ich ihm nur bis zur Schulter reichte. Jetzt erinnerte ich mich daran und fühlte das Bedürfnis, mich wie früher an ihn zu lehnen.

Jan fragte mich etwas. Meine Gedanken waren so sehr bei ihm, daß ich es nicht verstanden hatte. Ich sah ihn, um Entschuldigung bittend, an und bat ihn, seine Frage zu wiederholen. Er sah auf mich herunter, und plötzlich sah ich an seinen Augen, daß da so etwas wie eine Erinnerung an mich war. Er stellte seine Frage nicht, sondern sah mich nur an. Seine Wangenmuskeln arbeiteten, und sein Gesicht wurde ein wenig blass. Schnieders, unser Oberingenieur, räusperte sich und holte uns in den Krach der Maschinen zurück.

«Was wollten Sie fragen?»

«Ich weiß es nicht mehr!»

Jan schüttelte ganz leicht den Kopf. Dann lächelte er mich etwas verlegen an.

«Mein Verhalten mag Ihnen … »

Ich unterbrach ihn. «Nicht hier!» und Schnieders‘ Augen hüpften aufdringlich neugierig von einem zum anderen. Jan beugte sich zu mir herunter und flüsterte kaum hörbar: «Für einen Moment erinnerten Sie mich an jemand. Entschuldigen Sie!»

Ich wollte nicht, daß er sich entschuldigte, und es reizte mich, weiterzugehen. Aber Schnieders‘ Neugier setzte dem Grenzen. Ich wollte ihn loswerden.

«Ich führe Herrn Völling allein weiter!» sagte ich, und Schnieders schien beleidigt. Seine Schultern strafften sich. Es schien, als wolle er Jan an körperlicher Größe überbieten. Ich wußte, welche Hoffnungen Schnieders in seine Träume mitnahm. Meine Träume jedenfalls waren es noch nie gewesen.

Ich hatte mich wieder gefangen und ging langsam mit Jan an meiner Seite weiter, ihm hier und da etwas erklärend. Als wir wieder in meinem Büro angekommen waren, sagte er plötzlich:

«Ich kann hier nicht anfangen!»

«Ist das nicht ein bißchen … »

«Wir kennen uns!» unterbrach Jan mit dunkler Stimme. «Es ist zwar schon sehr lange her, aber wir waren uns einmal … »

Er räusperte sich und sprach nicht weiter.

«Wir waren uns einmal sehr nah!» führte ich seinen Satz fort und lächelte. «Und nur darum nicht?»

Er nickte.

«Das ist kein Grund, Jan!» erwiderte ich. Wir hatten die Erinnerungstür geöffnet.

«Vielleicht doch!» murmelte er. «Wir hatten uns damals unter hässlichen Umständen getrennt!»

«So, haben wir das?» Meine Stimme klang ironisch. Jan sah mich irritiert an. «Weißt du das nicht mehr?» Er war zum Du zurückgekehrt und erschrak selbst darüber. «Ich hatte damals … »

«Eine andere hübscher gefunden!»

Er sah mich nicht an und umschlang plötzlich seinen Aktenkoffer wie einen Rettungsanker. «Ich hatte sie nicht hübscher gefunden. Überhaupt nicht! Ich wollte dich nur verletzen und dir zeigen, daß ich dich nicht brauchte. Dabei liebte ich dich und hatte gelitten wie ein verlassener Hund.»

«Jan, wir waren Kinder, die Mann und Frau spielten!» erwiderte ich.

«So, waren wir das?»

Das schien Jan nicht zu gefallen. Sein Mund bebte ein wenig, und wieder begann das Spiel seiner Wangenmuskeln.

«Wir waren es, Jan!»

«Ich habe das anders gesehen! Du warst mein erstes Mädchen. Wusstest du das?»

Ich war überrascht und schüttelte den Kopf. «Nein, natürlich wußte ich das nicht! Ich erinnere mich, daß du schon lange vor mir eine Menge Freundinnen hattest … » «Nur Mache!» er winkte ab. «Mir fehlte bei den anderen Mädchen der Mut, oder ich war mir zu schade für sie. Auch das gibt es!»

«Aber du sagtest mir, daß du dich ganz genau auskennst und ich auch keine Angst zu haben brauchte, ein Baby von dir zu bekommen. Du warst so unerhört sicher, und ich hatte auch keine Angst!»

«War das nicht gut so?»

«Vielleicht!» Ich setzte mich auf die Kante meines Schreibtisches. Jan betrachtete meine Beine. Er lächelte. «Sie haben sich nicht verändert. Noch immer rassig und schön!»

Ich wurde verlegen und wollte mich hinter meinen Schreibtisch setzen. Jans Hand schnellte hervor und hielt mich fest. «Ich hatte dich nie vergessen!»

«Du wirst viele andere Frauen nach mir gekannt haben.»

Die Wärme seiner Hand durchströmte mich, und ich wollte die Erinnerung Zukunft werden lassen.

«Ich hatte gewiß andere Frauen, aber sie waren eben nicht das erste Mädchen meines Lebens!» Jans Augen wurden lebendig und zeigten mir seine Zuneigung von damals, die ich so leichtfertig fortgeworfen hatte, weil ich mich nicht binden wollte.

«Ich hatte geheult, damals», murmelte er. Seine Hand hielt mich noch immer fest. «Hattest du dich wirklich in diesen dämlichen, wie hieß er noch … ?»

«Ich weiß es nicht!»

«Du hattest dich verliebt und weißt nicht einmal mehr, wie sein Name war?» Seine Hand rutschte von mir weg. «Es gab diesen Mann nicht. Er war nur in meiner Phantasie! .»

«Aber warum dann?» Er schien fassungslos. «Du warst mein Traummädchen, ich liebte dich und ich war sicher, daß aus uns ein Paar fürs Leben werden würde.» «Wir waren Kinder!» sagte ich noch einmal, und Jan sprang auf, kam zu mir und umklammerte meine Schultern. «Ich will nicht, daß du so etwas sagst. Ich will nicht meine Träume und Erinnerungen zerstört wissen. Verstehst du das? In meinen neuen Begleiterinnen habe ich immer ein wenig dich gesucht, aber nie gefunden.» «Jan … » Ich lehnte meinen Kopf gegen seine Schulter. «Glaubst du wirklich, daß wir damals gewußt haben können, was Liebe ist?»

«Wir haben es gewußt und gefühlt, und verdammt noch mal, wir waren auch keine Kinder. Glaubst du, Liebe sei vom Alter abhängig?»

«Vielleicht nicht! Aber ich hatte es mir immer eingeredet … »

Seine Hände legten sich um mein Gesicht, und seine Stimme war wie ein Streicheln.

«Warum nur? Warum haben wir uns nicht die Chance gelassen, alles miteinander auszukosten? Liebe, Glück und Enttäuschung. Wir hätten gemeinsam erwachsen werden können.»

«Vielleicht war es gut so, Jan!» flüsterte ich und ertrank in seinen Augen.

«Nichts war gut so!» Sein Gesicht kam mir näher, immer näher. Sein Mund war sehnsuchtsvoll geöffnet, und ich erinnerte mich daran, wie weich und sensibel seine Lippen waren. Er traf auf meine Stirn, und seine Arme schlangen sich jetzt fest um mich.

«So hätte ich dich immer festhalten mögen!» flüsterte er in mein Ohr. «Immer und ewig!»

Abrupt ließ er mich los. Wie aus einem Traum erwacht, sah ich ihn erschrocken an.

«Jetzt sind die Dinge anders!» sagte er beinahe kalt. Ich bekam eine Gänsehaut, und diesmal zitterten meine Knie.

«Was ist passiert, Jan?»

«Mir ist gerade bewußt geworden, wer du bist und wer ich bin!» erwiderte er. Jan stand auf. «Es wird wohl besser sein, mich zu verabschieden!»

«O nein, Jan!» Ich hatte es beinahe geschrien, und es war mir auch ganz egal, ob Uschi es hören konnte. Ich wollte nicht, daß Jan mich jetzt verließ.

«Du wusstest, als ich mich beworben hatte, wer ich war?» Seine Augen sahen mich fragend an.

«Ich ahnte es … Vielleicht hatte ich es auch gewußt!» «Und du dachtest: Mal sehen, was der liebe gute alte Jan macht!»

Seine Stimme klang bissig. «Wolltest du auch wissen, ob ich dir wieder verfalle?»

«Ich war auf dich neugierig, das stimmt, aber … » «Hätte ich gewußt, wer hinter dieser Firma steckt … » «Nein, Jan!» Ich kam um den Schreibtisch herum und blieb vor ihm stehen. «Du bist der richtige Mann für diesen Platz, und ich möchte, daß du bleibst. Das ist das eine. Das andere … »

«Welches andere?» Sein Gesicht wirkte angespannt. «Willst du mich vielleicht als Spielzeug?»

Ich knallte ihm eine. Er rieb seine Wange, und ich war erschüttert, zu solch einer Reaktion fähig zu sein. Jan lächelte.

«Vielleicht hatte ich das verdient!» Er stand auf und legte seine Arme um mich. «Du gefällst mir verteufelt gut. Noch immer!»

Seine Fingerspitzen kraulten meinen Nacken. «Wir sind keine achtzehn mehr», murmelte Jan.

Uschi riß uns aus unseren Träumen. Erschrocken fuhren wir auseinander.

«Ich habe den Vertrag fertig!» sagte sie und kam lächelnd an meinen Schreibtisch. Nein, sie lächelte nicht, sie grinste, und ich war sicher, daß sie alles mitbekommen hatte. Ihre Augen warfen Jan herausfordernde Blicke zu, und ich spürte, daß mir das nicht paßte.

«Uschi, ich werde jetzt gehen», sagte ich. Sie sah mich überrascht an, und dann wurde ihr Grinsen breiter. «Sie haben um drei Uhr noch eine Besprechung mit Holsten!» sagte sie.

«Sie werden den Termin absagen. Ich bin heute für niemand mehr zu sprechen!»

«Und was mache ich, wenn Breuer noch anruft?»

«Gar nichts. Sagen Sie ihm irgend etwas, und vertrösten Sie ihn auf morgen!»

«In Ordnung!» Sie nickte mit ihrem Wuschelkopf, und ich sah auf Jan. Ich wollte wissen, ob er auf so ein junges Ding reagierte. Sein Gesicht war teilnahmslos geblieben. Als Uschi die Tür hinter sich geschlossen hatte, legte Jan seinen Arm erneut um mich. «Heißt das, daß du diesen Tag mit mir teilen möchtest?»

«Vielleicht. Komm, gehen wir hier fort!» Ich löste mich von ihm und ging zu meinem Schrank, um meinen dünnen Sommermantel und meine Handtasche herauszuholen. «Es mag verrückt sein, aber heute mag ich von Arbeit nichts mehr hören und sehen.»

2. Kapitel

Ich hatte meine Haustür aufgeschlossen, und Stupsi, meine kleine Dackelhündin, sprang mich kläffend an. Als sie Jan sah, der hinter mir hereingekommen war, beschnüffelte sie ihn neugierig und paßte dann auf, was er machte. Jan beugte sich zu der kleinen Dackeldame herunter und streichelte sie. Es schien ihr zu gefallen, denn ihre Augen sahen ihn treuherzig an.

«Du hast ihr Herz erobert!» sagte ich. Jan lachte. «Ich wünschte, ich könnte wieder dein Herz erobern!» «Vielleicht hast du das!» Ich hatte es so leise gesagt, daß er das sicherlich nicht verstanden hatte.

Pussy, meine niedliche schwarzweißgefleckte Katze, kam uns mit majestätischen Schritten entgegen. Sie strich um meine Beine, ihre sanfte Art, mich zu begrüßen und mir zu zeigen, daß sie mich mochte.

«Beherbergt dein Haus einen Zoo?» fragte Jan lächelnd und nahm mich in seine Arme.

«Es gibt nur noch den Mann dieser kleinen Dame dort!» erwiderte ich und deutete auf Stupsi, die ihr Interesse an uns inzwischen verloren hatte.

«Und warum hast du keinen Mann?»

«Ich hatte!» Ich löste mich von Jan und führte ihn ins Wohnzimmer.

«Du hast einen guten Geschmack», lobte er meine Einrichtung. Ich wollte ihm etwas zu trinken holen, aber Jan war sofort wieder bei mir und hielt mich fest.

«Wir haben so viele Jahre verschenkt!» flüsterte er. Sein Mund berührte meinen Nacken. Glut entfachte sich, und beinahe atemlos genoß ich seine zärtlichen Lippen. Zwanzig Jahre danach fand er mich immer noch begehrenswert. Mein Selbstbewußtsein, das, je näher wir meinem Haus gekommen waren, immer schwächer wurde, erholte sich wieder.

«Haben wir keine Zeit mehr, etwas zu trinken?» «Nein, keine Zeit mehr!» murmelte Jan und öffnete mein Kleid. Ich zitterte. Gleich würde der Augenblick der Wahrheit kommen. Mein Körper war nicht mehr so anziehend erfrischend wie damals, als ich achtzehn war, die Brüste nicht mehr ganz so fest, wenngleich ich meinte, noch einen gut geformten Körper zu besitzen.

Jan strich das Kleid von meinen Schultern, und sein Mund spielte noch immer mit meinem Nacken, schlich zu meinem rechten Ohrläppchen und kam wieder zum Nacken zurück. Er hob mich an, und seine Lippen taumelten über meinen sonnengebräunten Rücken. Dann stellte er mich wieder auf die Beine und ich schwankte. Lachend hielt er mich fest und öffnete meinen Büstenhalter. Ich konnte ihm jetzt nicht mehr ausweichen. Langsam drehte ich mich zu ihm herum. Er sah in meine Augen, schon etwas Gier darin, hob mein Gesicht an und küsste mich. Es war nicht mehr der ungeschickte Kuß eines achtzehnjährigen Jungen, sondern der Kuß eines Könners, der mich ganz atemlos werden ließ. Seine Hände umspannten meine Brüste, und seine Zunge begann zärtlich-heftig in mich hineinzustoßen. Gott, wann hatte mich in letzter Zeit jemand so geküsst! Mir wurde schwindelig. Während wir uns weiterküssten, streifte ich das Kleid ganz von mir ab.

Dann schlang ich meine Arme um Jan. Ich spürte, wie mir seine Erregung entgegenschlug. Meine Hände legten sich um seinen Po.

«Findest du nicht, daß du zu viel anhast?» Ich schmiegte mein Gesicht gegen seine Brust.

«Du kannst mich ja ausziehen!» Jans Stimme klang rauh. «Wo soll ich beginnen?»

«Wo du willst!» .

Ich ließ mich auf die Knie fallen und hörte, wie Jan die Luft einzog. Mein Gesicht kam seinem Unterleib sehr nah, und ich sah, wie seine Hose nach außen beulte. Sanft strichen meine Lippen darüber hinweg. Ich beugte mich noch weiter hinunter, um Jans Schuhe zu öffnen. Seine Hände krallten sich in meinen Schopf. Hatte er erwartet, ich würde sofort seine Hose öffnen, um … ? Ich zog seinen rechten Schuh aus, seinen rechten Socken und schob langsam sein Hosenbein nach oben. Für einen Mann hatte er schöne Beine. Meine Fingerspitzen glitten über die Haut seiner Wade und verfingen sich dann in seiner Kniehöhle. Meine Lippen legten sich an seine Kniescheibe, und während ich die eine Stelle kraulte, kosten meine Lippen und meine Zunge sein Knie. Er war ganz still stehengeblieben, und mir schien, als sei diese Kosung ganz neu für ihn gewesen. Leicht massierend, manchmal etwas kratzend, glitten meine Finger zu seinen Fesseln. Während ich ihn dort koste, strich meine linke Hand über seinen Unterleib, bis sie sich sanft drückend auf die Wölbung legte.

«Wenn du mich nicht gleich ausziehst, werde ich verrückt!» seufzte er.

«Haben wir keine Zeit?» murmelte ich. Meine rechte Hand gesellte sich zur linken, strich noch einmal sanft und öffnete dann den Gürtel. Ich wollte noch nicht alles wissen und begann mich mit seinem anderen Bein zu beschäftigen, nur dieses Mal legte sich mein Mund auf die Wölbung, und der rauhe Stoff seiner Hose rieb sich an meinen Lippen.

«Ich werde wahnsinnig!» hörte ich ihn sagen.

Ich legte mich auf den Boden, und meine Zungenspitze betüpfelte seine Fesseln. Jan sank auf den Boden und riß mich an sich.

«Es ist wunderschön, aber wie lange willst du mich noch warten lassen?» Sein Mund bedeckte mein Gesicht mit Küssen, und seine Hände glitten fordernd in mein Unterhöschen. Ich spürte, wie seine Hand meine Vulva umschloß, sie rieb und drückte. Mir wurde heiß. Aber ich wollte noch nicht und rückte von ihm ab, bevor er sich daranmachen konnte, mich ganz zu erobern. Jan ließ sich aufseufzend auf den Rücken fallen.

«Ich sehe, du willst nicht wirklich!»

«Oh, Jan!»

Ich öffnete behutsam seinen Reißverschluß und verschaffte ihm dadurch ein wenig mehr Freiheit. Dann öffnete ich sein Hemd, und mein Gesicht wühlte sich in seinen dunklen Brustpelz. Jan strampelte sich indessen von der Hose frei und war damit auch seine Unterhose losgeworden. Er rollte mich auf den Rücken und hielt meine Arme, die ich gerade um ihn schlingen wollte, fest. Sein Körper zwängte sich zwischen meine Beine, und ich spürte, wie sein Geschlecht in mir aufschlug. Jans Lippen glitten über meine Haut, dann gab er meine Arme frei. «Es ist in dir so schön wie früher!» murmelte er, während er heftig zustieß. Ich war schon lange mit keinem Mann mehr zusammen, und er tat mir weh. Meine Beine schlangen sich über seinen Lenden zusammen, und ich erwiderte seine heftigen Stöße, bis er plötzlich ganz ruhig wurde. Er hielt mich fest, küsste meine Stirn, meine Ohren und rollte sich von mir herunter.

«Es war dir zu schnell?»

«Du hast vielleicht zu lange mit der Erinnerung gelebt.» Ich kuschelte mich an ihn und küsste seine Brust. «Waren die Männer, die nach mir kamen, besser?» «Ich weiß es nicht!» Ich wollte ihm darauf nicht antworten. Es gab nur das Jetzt, doch ein wenig war ich von Jan enttäuscht.

«Ich konnte nichts dafür!» Jans Stimme klang schuldbewußt, etwas, was ich danach nicht ausstehen konnte. «Ich mache dir keinen Vorwurf. Hör auf, dich zu quälen.» «Ich wollte aber, daß du es niemals mehr vergißt!» «Was sollte ich nicht vergessen?»

«Unser Wiedersehen … , das hier!»

«Wir haben doch erst angefangen.» Ich gab ihm einen Kuß. «Wollen wir hier auf dem Teppich liegenbleiben?»

«Warum nicht?» Jan lachte schon wieder. Er setzte sich auf. Seine Beine waren leicht gespreizt. Nachdenklich betrachtete ich für einen Moment sein Geschlecht. Ich hatte vergessen, wie es aussah und wie es sich angefühlt hatte. In der Erinnerung waren nur sein Gesicht und seine Gesten. Nicht das hier.

Ich stellte mich auf. In Jans Augen lag schon wieder Sehnsucht, als er seine Hände nach mir ausstreckte. «Du hast noch einen verdammt schönen Körper!» flüsterte er. Das machte mich verlegen.

«Ich mache mich schnell frisch!» sagte ich und eilte in mein Badezimmer. Ich stellte mich unter die Dusche und kämpfte mit meiner Enttäuschung. Als ich Jan wiedergesehen hatte, dachte ich, daß er gewiß viel dazugelernt haben würde, genau wissend, wie eine Frau die Liebe genießen konnte. Gut, ich hatte mich getäuscht, und ich nahm mir vor, Jan nicht fühlen zu lassen, was in mir vorging. Die berühmte Lüge: «Es war wunderbar!» wenn man am liebsten sagen würde: «Es war nichts, ich habe dich kaum gespürt!»

Ich ging zu Jan zurück. Vom Bad hatte ich einen Waschlappen und ein Handtuch mitgebracht und forderte ihn auf, sich aufs Sofa zu legen. Dann wusch ich ihn zärtlich ab. Jan hatte seine Augen geschlossen und sah aus, als ob er schliefe. Nur an seinen bebenden Nasenflügeln erkannte ich, daß er hellwach war.

«Das hat auch noch keine Frau mit mir gemacht!» murmelte Jan. Als ich fertig war, zog er mich zärtlich in seine Arme und küsste mein Gesicht.

«Vielleicht können wir Männer nur so gut sein, wie die Frauen es sind, denen wir begegnen!» Er lächelte. «Mir scheint, du weißt von der Liebe mehr als ich.»

Ich hatte mich auf den Teppichboden gesetzt, und meine Finger spielten mit seinem Brustpelz. Wußte Jan nichts von Zärtlichkeiten? Kannte er seinen Körper überhaupt noch nicht? Meine Finger strichen über seinen Bauch, bis sie den Haarbusch erreicht hatten, blieben einen Augenblick ruhig liegen, nur darauf bedacht, seinen Penis nicht zu berühren. Dann biß ich in seine Schulter, und meine Hand drückte sanft gegen sein Schambein. Jan wollte au! rufen, wurde dann aber merklich still, nur sein Penis stellte sich prall auf. Diesmal schabten meine Zähne über seine Brustwarze, wieder drückte ich und rieb ihn dann, als wäre es die Scham eines Mädchens, das ich erregen wollte. Jan stöhnte, und sein Kopf fiel auf die Seite. «Ich wußte gar nicht, daß mich so etwas aufregen könnte.»

«Tut es das?»

«Sehr!»

Das machte mir Mut, weiterzumachen. Was ich genau wollte, wußte ich noch nicht. Es würde sich ergeben. Die Reaktionen seines Körpers waren der Weg dorthin. Küssend bahnte sich mein Mund einen Weg zu dem kleinen Gekräusel und blieb am Saum abwartend liegen. Jans Penis hüpfte. Sicherlich hatte er erwartet, in meiner warmen Mundhöhle aufgenommen zu werden. Statt dessen verstärkte ich den reibenden Druck auf sein Schambein, während die andere Hand zwischen seine Schenkel rutschte und zärtlich seinen Damm massierte.

«Das ist total … » Jan keuchte. Seine Finger hatten sich in meinem Nacken verkrallt. Meine Fingerspitzen kneteten aufeinander zu, seinen Hoden und Penis außer acht lassend. Mein Kopf lag auf seinem Bauch, und meine Augen ließen seinen Penis keinen Augenblick los. Jan konnte mir vieles sagen, mir sagen, daß er das nicht mochte; der Kleine da, der so schön und prall in die Höhe stand, würde mir die Wahrheit sagen und mich nicht belügen. «Das macht mich verrückt!»

Gut, sollte es ihn verrückt machen. Das war wunderbar. Jan sollte wissen, was sein Körper alles mochte. Ich erhob mich ein wenig, und mein Kopf entglitt ihm, rutschte tiefer, und wieder hüpfte das aufmüpfige Kerlchen meinem Gesicht entgegen. Meine Zungenspitze schlich sich an seinem Saum, ganz unten am Haaransatz vorbei, und berührte seine Hoden. Jan schluchzte fast, und sein Unterleib bäumte sich mir entgegen. Das Haupt seines Lustfingers schwoll blau an. Ich lehnte meine Wange dagegen, hob seine Hoden an, tippelte sanft über die seidige Haut. Nur hier und da störten mich die winzigen Kräusellocken, die ich mit meinen Lippen zupfend auf den mir genehmen Platz verwies.

Jans Finger taumelten wie betrunken über meinen Rücken, und dann krallte sich seine Hand an meinem Po fest. Es schmerzte, aber es war ein anregender Schmerz, der mich hitzig werden ließ. Genüßlich begann ich seinen Penis zu küssen. Jans Hand begann meinen Damm zu massieren. Ich fühlte, daß er mir die Zärtlichkeit wiedergeben und mich nicht allein lassen wollte. Meine Fingerspitzen glitten wieder zu seinem Damm, und ich betupfte ihn sanft und zärtlich. Jan begriff sofort, daß ich es dort so haben wollte, und begann, meinen Körper für sich lustvoll zu erschließen. Wir ließen uns in die gegenseitigen Zärtlichkeiten fallen, verloren das Gefühl für Zeit und Raum. Jan hatte mich längst auf seinen Leib gezogen, küsste meine Venus, wie ich ihn küsste. War zärtlich und brutal, kalt und heiß, und unsere Körper sprühten Funken. Keuchen, wohliges Aufseufzen schollen durch den Raum. Meine Fingernägel kratzten über seine Schenkel, seine Lenden.

Zärtliches Spielen war nur dort, wo mein Mund war. So vorsichtig ich nur konnte, und weil ich ihm nicht weh tun wollte, hatte ich einen Hoden in ihm aufgenommen und rieb ihn mit meiner Zunge. Jans Beine streckten sich, und sein Penis zuckte gegen mein Gesicht. Ich streichelte dieses wundervolle Kleinod mit meinem Ohr. Mir schien, als wolle Jan diesen Kraftprotz in meinen Gehörgang hineinbohren. Ich zog es vor, meinen Mund wieder für andere Dinge frei zu machen, sonst wäre vielleicht doch noch ein Unglück passiert. Ich begann, Jan zu erleben, und war neugierig darauf, welche Lustzone dieser Mann besaß. Meine Zunge wühlte sich in seinen Bauchnabel, weil Jan mich so weit zu sich herangezogen hatte, daß seine Zunge in die Öffnung meiner Venus stoßen konnte. Ich hatte das Gefühl, auf Lustwölkchen zu fliegen. Er machte es schön und ging vollkommen auf mich ein. Aufforderungen, dieses oder jenes tun zu wollen, waren nicht notwendig, denn Jan verstand im richtigen Augenblick, was ich mir wünschte. Und dann hielt ich es nicht mehr aus. Ich rutschte an ihm herunter, bis mein Kopf an seinen Zehenspitzen war, und streckte ihm meinen Po entgegen. Jan wurde Feuer und Flamme, und vielleicht war er mir dankbar dafür, daß ich ihn von seinen lustvollen Qualen erlösen wollte. Aber diesmal war er es, der mich quälen wollte. Seine Hände hoben meinen Leib, und seine Penisspitze tänzelte vor meiner Öffnung heran, stieß nur ein wenig zu, um sogleich wieder herauszurutschen. Ich lutschte wie besessen an seinem großen Zeh und hörte ihn leise und zärtlich lachen. Wieder ein wenig Hineintauchen, und ich wollte ihn ganz tief in mir spüren. Ich rollte mich etwas zusammen. Dann biß ich in seinen Schenkel, küsste die Stelle aber sogleich und hatte mein Ziel erreicht: Jan war bis zum-Geht-nicht-Mehr in mich hineingestoßen. Nichts tat mehr weh. Ich spürte nur unendliche Lust.

Jan war genau der Partner, den ich mir wünschte. Ich rollte auf ihn, ließ mich anheben und senkte meinen Leib wieder. Ich zog meine Scheidenmuskeln zusammen und entspannte sie wieder, hatte die Augen geschlossen, weil meine Welt jetzt nur noch die Welt der Lust war.

Jan setzte sich auf und umschlang mich. Seine Zähne schüttelten meinen Nacken, mein Ohrläppchen, und ein lustvoller Schauer nach dem anderen überflog meine Haut. Seine Hand rutschte tiefer, bis sie meine Scham erreicht hatte, seine Fingerkuppen trommelten in zärtlicher Behutsamkeit gegen meinen Kitzler. Ich schrie und glaubte fortgetragen zu werden. In meinem Leib zuckte es wie toll. Ich hörte und sah nichts mehr. Jan schien glücklich und dankbar. Seine Lippen waren sehr sanft, als sie meine Haut berührten. Er ließ mir Zeit, meine Lust zu genießen, stieß nur manchmal weich in mich hinein. Ich fühlte mich unendlich glücklich, und dann ließ Jan mich sein Glück spüren.

Keine Einsamkeit danach … Jan sah mich rundum zufrieden an und schüttelte ganz leicht den Kopf. «Nicht zu glauben … »

«Was ist nicht zu glauben?»

«Wie du dich entwickelt hast!»

«Nun, ich bin keine unerfahrene achtzehn mehr.» Ich gab ihm einen kleinen Kuß und rutschte von seinem Schoß herunter.

«Komm, leg dich neben mich. Ich möchte dich gern noch ein wenig spüren.» Ich legte mich in Jans Arme und fühlte mich wunderbar wohl.

«Wer hat dir das beigebracht?» Seine Stimme klang immer noch sanft, dennoch purzelte ein wenig Eifersucht aus ihr heraus.

«Niemand!»

«Ich denke, du lügst mich jetzt an.» Jan spielte mit meinem Haar.

«Nein, ich lüge nicht. Es war der Augenblick, und jetzt kann ich es auch sagen: ich war vorhin enttäuscht.» «Das dachte ich mir!» Jan lächelte. «Eigentlich eine wundervolle Art, seine Enttäuschung zu zeigen.»

«So, meinst du?»

«Ich wollte wissen, ob das alles war, was du geben konntest!»

«Ich glaube, ich wußte wirklich wenig von mir.» Jan beugte sich über mich und sah mich strahlend an. «Egal, von wem du das hast, es war wunderwundervoll!» «Waren andere Frauen nicht zärtlich zu dir?» «Manche schon, aber nicht so!»

«Was heißt: nicht so!»

«Mich hat noch keine ‚davor‘ gekratzt!»

«Nur ‚dabei‘?» Ich kicherte, und er gab mir einen verliebten Klaps.

«Ja, nur ‚dabei‘. Aber vielleicht waren es auch gute Schauspielerinnen … »

«Das mußt du nicht sagen!» Ich schmiegte mich an ihn. «Wie war dein Mann?»

«Das geht dich nichts an!»

«Ich möchte aber alles wissen. Alles, was du in den zwanzig Jahren gemacht hast.»

«Vielleicht würde es dich unglücklich machen. Ich hatte meinen Mann sehr gern.»

«Mehr als mich damals?»

«Viel mehr!»

«Mehr als mich heute?»

«Heute weiß ich noch nicht, ob es ‚mehr‘ ist!»

«Wenn du mich damals nicht geliebt hast, wieso hast du dich dann mit mir eingelassen?» Seine Stimme zitterte ein wenig.

«Weil ich es damals für Liebe hielt. Weil ich damals glaubte, es gehöre dazu, und weil ich glaubte, daß dieses Gefühl niemals sterben würde.»

«Und es ist gestorben!»

«Die Liebe vielleicht, die Erinnerung nicht!»

«Wolltest du mir heute nur zeigen, wie gut du geworden bist?» Seine Stimme bekam einen Stachel.

«Ich finde den Augenblick nicht gut gewählt.» Ich strich über seine Stirn. «Ich hatte weder etwas geplant, noch wollte ich dir etwas beweisen. Es hat sich ergeben, und würdest du nicht davon gesprochen haben, hätte ich geschwiegen.»

«Für immer?»

«Vielleicht!»

«Ich hätte diesen Job gern gehabt.» Jan seufzte.

«Was hat das mit uns zu tun?»

In seinen Augen zuckte es. «Sehr viel!» Jan setzte sich auf, und ich war meiner kuschligen Stelle beraubt.

«Ich möchte nicht gern der Lustknabe meiner Chefin sein!»

«Das war häßlich, Jan!»

«Hast du nicht die Augen der Kleinen gesehen? Sie wußte, daß wir beinahe übereinander hergefallen wären oder es noch miteinander tun würden!»

«Du hättest nicht mitzukommen brauchen, Jan.»

«Ich wollte aber mitkommen, und ich wollte mit dir ins Bett. Gut, es war kein Bett. Eine Couch und ein Teppich, aber welche Rolle spielt das schon. Ich wollte wissen, ob du noch Hunger nach mir hast, deine Erinnerung an mich schön ist, und, und, und …»

«Am liebsten würde ich dir eine runter hauen!» Fort war die Zärtlichkeit, und ich fühlte, wie Wut von mir Besitz ergreifen wollte.

«Das hast du heute schon einmal getan!» Jan grinste. «Es tut mir leid, wirklich!»

«Warum sagst du dann solche Dinge?»

«Weil ich eifersüchtig bin. Weil es mir weh tut, daß du zwanzig Jahre ohne mich sehr gut zurechtgekommen bist, weil …»

«Du hattest auch deine Erlebnisse, und ich bin nicht eifersüchtig darauf. Wir haben beide kein Recht darauf, auf unsere Vergangenheit eifersüchtig zu sein. Wir hatten uns damals getrennt. Hattest du erwartet, ich würde dir ein Leben lang nachtrauern?» Jan schwieg und sah mich nachdenklich an. Ich wollte diesen Streit nicht und streckte meine Hand nach ihm aus.

«Damals hattest du immer behauptet, einen Orgasmus zu haben.»

«Gott, damals wußte ich nicht, was das ist. Damals war ein bißchen Lustgefühl eben schon ein Orgasmus.» Jan packte meine Schultern und schüttelte mich leicht. «Und ich war all die Jahre so unendlich stolz darauf gewesen. Ich war der Mann, der einer Jungfrau den ersten Orgasmus beschert hatte …»

«Hör doch bitte auf, aus deinem Herzen eine Mördergrube zu machen.»

Jans Wangenmuskeln arbeiteten wie verrückt, und er ließ mich wieder los.

«Vielleicht haben mich die anderen Frauen auch alle angelogen.»

«Jan, heute hatte ich einen Orgasmus. Einen wundervoll erquickenden Orgasmus, und ich hatte ihn durch dich!» Das versöhnte ihn sofort, und sein Gesicht wurde wieder weich. Seine dunklen Augen lachten mich an, und er zog mich zärtlich an sich. «Heute bin ich sicher, daß du es gefühlt hast.»

«Was macht dich so sicher?»

«Das Beben in dir!»

«Hm … » machte ich, stellte mich auf die Zehenspitzen und küsste seinen Adamsapfel.

«Ich werde uns etwas zu essen machen!»

«Kochen kannst du auch?» Er gab mir einen belustigenden Klaps auf den Po.

«Mach das noch einmal!» flachste ich.

«Ohho, Madam brauchen Schläge?» Er biß mich in die Nasenspitze. Dann tätschelte er meinen Po, und plötzlich fühlte ich einen kräftigen Schlag.

«Au!» schrie ich auf. Jan lachte, und jetzt sah er aus, wie der Junge von damals.

«Das kann ich wieder gutmachen!» flüsterte er, drehte mich herum, ließ sich auf die Knie fallen und küsste die malträtierte Stelle. In meinem Unterleib begann es zu kribbeln, und heiß war es an der Stelle, wo er zugeschlagen hatte und jetzt sehr ausgiebig leckte.

«Hast du dich schon einmal schlagen lassen?» fragte ich leise und ließ mich auf den Rücken fallen. Jan streichelte meinen Körper. «Nicht wirklich zuschlagen … hm … weißt du, nur so …» Er genierte sich.

«Warum diese Scham?» Ich ließ ihn nicht aus den Augen. «Nun ja, normalerweise gehört das nicht dazu. Viele würden sagen, es sei pervers.»

«Wenn zwei es mögen, ist nichts pervers!» Meine Stimme gehorchte mir nicht ganz, und Jan sah mich überrascht an.

«Hast du dich schon einmal … ?»

«Es war ein Spiel.» Jetzt wurde ich verlegen. Was erzählte ich Jan da? Mel hatte einmal eine Rute gebunden, aus Jux, aus einer Laune heraus geboren. Ich lag nackt im Garten, und plötzlich streichelte er mich damit. Die dünnen Zweige fühlten sich auf meinem Rücken rauh und dennoch weich an, und ich streckte mich wohlig, noch ein wenig im Halbschlaf, und flachste: «Du willst mich jetzt also verhauen!»

«Natürlich will ich das!» Mels Stimme hatte jenen Unterton, der mir signalisierte, daß er Neues ausprobieren wollte. Gleichzeitig wußte ich, daß er niemals etwas tun würde, was mir wirkliche Schmerzen bereitete. Ich rollte mich auf den Rücken, spreizte meine Beine und beobachtete sein Gesicht. Die Rute schlug beinahe spielerisch auf meine Haut und löste ein ungeheures Prickeln aus. Mel war entzückt.

«Du überraschst mich immer wieder, mein kleiner Engel!» sagte er, und diesmal spürte ich die Rute etwas kräftiger. Die Stelle rötete sich, und ich war zusammengezuckt. Erschrocken warf Mel die Rute zur Seite, legte sich neben mich und küsste mich voller Inbrunst.

«Du brauchst nicht erschrocken zu sein, Liebling. Eigentlich war es kein negatives Gefühl und schon gar nicht, als du danach die Stelle behutsam behandelt hattest. Probier es noch einmal!» Ich lächelte ihn an, griff nach der Rute und gab sie ihm wieder. Mel war unsicher, und ich glaube, er wollte sie wieder abtun. Ich hob mein Becken an. «Versuch einmal, sanft dagegen nachzuschlagen!» Ich deutete auf meine ‚Lillibith‘, wie er es nannte, und Mels Gesicht wurde anzüglich.

«Du hast wohl zuviel Bilder gesehen, und die haben dich angetörnt. Oder?» Seine Augen waren irrsinnig verliebt auf mich gerichtet, nach fünfzehn Jahren immer noch verliebt in mich, und ich nickte. «Mag sein, aber darf ich daran erinnern, daß du die Rute … ?»

Mel lachte. «Jawohl, darfst du.»

Dann schlug er, küsste, leckte und schlug wieder, und ich glaube noch nie so viel Lust gehabt zu haben wie in diesem Moment. Gott sei Dank hatten wir keine Nachbarn, und ich konnte meine Lust hinausschreien. Später hatten wir die Rute ganz vergessen und widmeten uns anderen Spielen.

«Du warst weit fort!» holte mich Jan aus meinen Erinnerungen zurück. Ich brauchte einen Moment, um von Mel wieder Abschied zu nehmen.

«Ich habe geträumt!» murmelte ich.

«Du hast davon geträumt, wie dich jemand verhauen hat!» Schon wieder war er eifersüchtig, und ich wußte, daß mich das verrückt machen würde.

«Ich bin wirklich noch nie geschlagen worden!» erwiderte ich leicht ungeduldig.

Vielleicht war ich schuld daran, daß Jan sich von mir abwandte, vielleicht hätte ich nicht von Mel träumen sollen, den ich immer noch vermißte.

«Eifersucht mag ich nicht, Jan!»

«War dein Mann nie eifersüchtig?» Er streichelte mein Gesicht.

«Er hatte keinen Grund.»

«Wirklich nicht? So wie du aussiehst?»

«Hör zu, Jan! Wir hielten gewisse Grenzen ein, und um das zu können, mußten wir uns gegenseitig respektieren. Wir hatten unsere Spiele, aber wir haben uns nie betrogen. Wir konnten miteinander tanzen gehen, und Mel wußte, daß ich unter meinem Kleid nackt war … » «Was warst du?»

«Nackt. Ich sagte es doch schon. Wenn mich jemand ausgezogen hätte, wäre ich splitterfasernackt gewesen. Na und?»

«Und warum, ich meine, wie konnte er damit einverstanden sein?»

«Er vertraute mir, und es machte ihm manchmal mehr Spaß als mir, sich vorzustellen, was dieser oder jener Tänzer empfinden würde, wenn er es wüßte.»

Jan holte tief Luft. «Mir würde das nicht gefallen.» Ich ließ Jan allein, erfrischte mich im Bad und ging dann nackt in die Küche, um die Kaffeemaschine anzustellen. «Du brauchst kein Essen mehr zu machen. Ich mag nicht mehr!» murmelte Jan. Er ging ebenfalls ins Bad und kam kurze Zeit später mit noch etwas feuchter Haut zurück. «Was habt ihr noch gemacht?»

«Mel und ich taten alles, was Spaß machte, und wir haben es genossen. Wir haben uns nicht mit ‚Wenn‘ und ‚Aber‘ gequält, uns plagten keine Eifersüchteleien. Wir haben uns sehr geliebt.»

«Das mußte ja kommen!» Jan sah mich gekränkt an. «Gegen dieses Idol kann ich wohl nichts ausrichten. Du würdest mich immer mit ihm vergleichen.»

«Ich habe dich vorhin auch nicht verglichen!» erwiderte ich mit sanfter Stimme, ging zu ihm und küsste die Wassertropfen von seiner Brust. «Mel ist tot und du lebst … » «Oder ein anderer lebt!»

«Natürlich ist das so!» Jetzt ärgerte ich mich. «Du hast doch auch Frauen oder die Frau gekannt, die du als wirklicher Mann geliebt hast.»

«Wenn es so gewesen wäre, hätte ich geheiratet!» entgegnete er.

«Du bist nicht ehrlich, Jan!»

«Nun gut, es gab ein oder zwei Frauen. Sie haben andere Männer geheiratet, weil ich mich nicht entschließen konnte.» Seine Stimme wurde wieder ruhiger. «Und ich sagte dir heute schon einmal, daß ich in jeder Frau etwas von dir gesucht hatte.»

«Das klappt nicht!» Ich öffnete den Kühlschrank. Jan war hinter mich getreten und verschloß die Kühlschranktür wieder. «Und warum klappt das nicht?»

«Weil jeder Mensch eine eigenständige Person ist. In jedem ist etwas von einem anderen Menschen.» «Mag sein!»

Jan ging ins Wohnzimmer zurück und schlüpfte in seine Sachen. «Würdest du mich heiraten?» rief Jan mir zu. «Nein!» Ich ging ebenfalls ins Wohnzimmer, und nackt neben dem angekleideten Jan zu stehen, fand ich ein wenig lächerlich. «Das hat nichts mit dir zu tun!» «Mit wem dann?»

«Ich lebe schon zu lange allein.»

«Also könnte ich doch nur dein Lustknabe sein!» «Nicht mein Lustknabe, sondern mein Freund. Anscheinend wäre dir das zuwenig.»

Jan lachte plötzlich und legte seinen Arm um mich.

«Vielleicht werde ich nach deinen Berührungen süchtig sein und dankbar dafür, dein Lustknabe sein zu dürfen!» «Beim erstenmal wird man noch nicht süchtig!» «Das weiß man nicht. Ich möchte sogar wetten, daß du mich noch auf andere Weise verrückt machen kannst.» «Ist schon möglich. Aber dazu brauche ich Harmonie und kein Eifersuchtsgeplänkel.»

Jan hob mein Gesicht an und sah mir in die Augen. «Vielleicht sollten wir diese Chance nicht noch einmal nutzlos vergehen lassen.»

«Welche Chance?»

«Einander wirklich kennenzulernen!»

«Das geht nur, wenn du meine Erfahrungen akzeptierst wie ich die deinigen!» erwiderte ich, und Jan nickte. «Ich bin sicher, du hast recht.»

«Dann brauchst du jetzt auch nicht zu gehen!» flüsterte ich und schmiegte mich an ihn.

«Ich werde bleiben!» murmelte Jan in mein Haar.

Ich vergaß Mel und schenkte mich Jan, weil bei ihm das Leben war.

Blutjunge Verführerin

Simon Wood

Mörderisch brannte die Sonne über San Francisco und verwandelte die unzähligen gläsernen Fensterhöhlen des Plaza in blinde Augen. Das gleißende Licht hatte ihre Gesichtslosigkeit zu einer grellsilbernen Masse verschmolzen. Es war ein Sommer, wie ihn Scott Holland noch nie erlebt hatte. Sogar die leise und gleichmäßig summende Klimaanlage im pompös ausgestatteten Hotelzimmer schien vor der Allgewalt der Natur zu kapitulieren. Das Personal des Plaza ächzte und stöhnte unter der Hitze, die jede Arbeit, jedes Denken zu ersticken drohte.