RONALD M. HAHN & HORST PUKALLUS

 

 

Imperium Rhodanum

 

Ein haarsträubender Trip durch das Reich

der PERRY RHODAN-Fans der ersten Stunde

 

 

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

Die Autoren 

 

IMPERIUM RHODANUM 

 

DAS WORT ZUM MITTWOCH 

EIN BÖSER BUBE PACKT AUS 

WIE RONALD M. HAHN UND ICH PERRY RHODAN RETTETEN 

EINFÜHRUNG 

DAS PERRY RHODAN-FANDOM 

DIE AUSWERTUNG DER STATISTIK 

JUGEND FORSCHT 

DIE GUTBROD-STORY 

ATLANA, DAS HIMMLISCHE KIND ODER: SO IST SIE EBEN! 

DIE WELT DER EVA KÖNIG 

KURIOSITÄTEN  EN GROS 

...UND MORGEN DIE GANZE WELT 

HAASE, NIX WISSEN  – ABER DRÜBER SCHREIBEN 

DICHTER UND DIKTATOR 

BERLIN, DEUTSCHLAND, TERRA 

 

ANHANG 

 

strafgericht 

 

Über die Autoren 

 

Das Buch

 

 

Mitte der sechziger Jahre gründeten Leser der Science Fiction-Serie Perry Rhodan die ersten Fan-Clubs. Ronald M. Hahn und Horst Pukallus, zwei 19jährige Mitglieder des Science Fiction Club Deutschland e.V., warfen 1968 einen Blick hinter die Kulissen der Bewegung  und starteten eine Umfrage, die zu größten Befürchtungen Anlass gab...

Ihre damals im Umdruckverfahren publizierte Dokumentation der Ergebnisse war der Hit im Fandom und liegt nun erstmals als E-Book-Ausgabe vor!

Lesen Sie, wie Overcommander Bernd Gutzeit die beiden „nichtsnutzigen Proleten“ in stilistisch geschliffenen Briefen von der Schändlichkeit ihres Tuns zu überzeugen versucht!

Schnallen Sie ab, wenn Eva Elisabeth König den bösen Buben klarmacht, dass sie von ihrer geliebten SF-Serie keine Ahnung haben!

Greifen Sie sich an die Birne, wenn Sturmbannführer Walter Mankel aus dem kolumbianischen Busch heraus sämtliche Perry Rhodan-Fans zu vereinigen versucht, damit eine neue Bewegung entstehe!

Kriegen Sie Pickel, wenn der Fan und Dichter Karl Arthur Spring in Knüttelversen, die selbst Helge Schneider vor Neid erbleichen lassen, Poeme zum Ruhme Perry Rhodans singt!

Spüren Sie den Brechreiz in der Kehle, wenn Fräulein Eva Huhn Ihnen erläutert, dass nicht nur der Große Kosmos uns alle ständig im Blickfeld hat, sondern auch Atlana, die unter uns weilende Leiterin des Geheimen Friedenscorps der Außerirdischen!

 

Da lacht auch der Perry!

Die Autoren

 

 

Horst Pukallus, Jahrgang 1949.

Schriftsteller, Herausgeber und Übersetzer.

Seit den späten 1960er Jahren veröffentlichte er Kritiken zur SF-Literatur, vor allem in der Zeitschrift Science Fiction-Times. 1974 erschien seine erste Erzählung Interludium. Es folgten u.a. die Story-Sammlungen Die Wellenlänge der Wirklichkeit (1983) und Songs aus der Konverter-Kammer (1985), die Pukallus als einen der vielseitigsten und intellektuell versiertesten deutschsprachigen Genre-Autoren seiner Generation etablierten. Neben seiner Meisterschaft im Metier der Kurzgeschichten/Erzählungen sind auch seine Romane Krisenzentrum Dschinnistan (1985) und Hinter den Mauern der Zeit (1989, zusammen mit Michael Iwoleit) von überragender inhaltlicher und stilistischer Qualität. Zu Recht wird Horst Pukallus mit dem großen amerikanischen SF-Schriftsteller Philip K. Dick verglichen.

Zu seinen herausragenden Übersetzungen aus dem Englischen/Amerikanischen gehören u.a.: Iain Banks: Vor einem dunklen Hintergrund (1998), John Brunner: Morgenwelt (1980), John Brunner: Schafe blicken auf (1978), John Brunner: Der Schockwellenreiter (1979), Philip K. Dick: Kinder des Holocaust (1984), Jack Womack: Heidern (1993) sowie die Deryni-Romane von Katherine Kurtz (1978 – 2000).

In den Jahren 1980, 1981, 1984, 1985 und 2001 erhielt er den Kurd-Laßwitz-Preis für die beste Übersetzung; 1991 erhielt er diese Ehrung für seine Erzählung Das Blei der Zeit.

Horst Pukallus lebt und arbeitet in Wuppertal.

 

 

 

Ronald M. Hahn, Jahrgang 1948.

Schriftsteller, Übersetzer, Literaturagent, Journalist, Herausgeber, Lektor, Redakteur von Zeitschriften.

Bekannt ist Ronald M. Hahn für die Herausgabe der SF-Magazine Science Fiction-Times (1972) und Nova (2002, mit Michael K. Iwoleit) sowie als Autor von Romanen/Kurzgeschichten/Erzählungen in den Bereichen Science Fiction, Krimi und Abenteuer.

Herausragend sind das (mit Hans-Joachim Alpers, Werner Fuchs und Wolfgang Jeschke verfasste) Lexikon der Science Fiction-Literatur (1980/1987), die Standard-Werke Lexikon des Science Fiction-Films (1984/1998, mit Volker Jansen), Lexikon des Horror-Films (1985, mit Volker Jansen) und das Lexikon des Fantasy-Films (1986, mit Volker Jansen und Norbert Stresau).

Für das Lexikon der Fantasy-Literatur (2005, mit Hans-Joachim Alpers und Werner Fuchs) wurde er im Jahr 2005 mit dem Deutschen Fantasy-Preis ausgezeichnet. Insgesamt sechsmal erhielt Hahn darüber hinaus den Kurd-Laßwitz-Preis – dem renommiertesten deutschen SF-Preis - , u.a. für die beste Kurzgeschichte (Auf dem großen Strom, 1981) und als bester Übersetzer (für John Clute: Science Fiction – Eine illustrierte Enzyklopädie, 1997).

Weitere Werke sind u.a. die Kurzgeschichten-Sammlungen Ein Dutzend H-Bomben (1983), Inmitten der großen Leere (1984) und Auf dem großen Strom (1986) sowie – als Übersetzer – der Dune-Zyklus von Frank Herbert.

Ronald M. Hahn lebt und arbeitet in Wuppertal.

IMPERIUM RHODANUM

 

 

1968 versandte eine Gruppe von Science Fiction-Lesern unter der Leitung von Horst Pukallus und Ronald M. Hahn einen Fragebogen an 345 Perry Rhodan-Clubs. Ihr Ziel: In Erfahrung zu bringen, was junge Menschen dazu bringt, sich in Fanclubs zu organisieren, die einer Heftromanserie huldigen.

Die Auswertung ihrer statistischen Erhebung – in Fan-Kreisen ein großer publizistischer Lachschlager – wurde noch im gleichen Jahr in zwei vervielfältigten Publikationen mit den Titeln Imperium Rhodanum bzw. Imperium Rhodanum II veröffentlicht und hatte eine Auflage von 200 Exemplaren. 49 Jahre später erscheint dieses Dokument in Form eines E-Books, um die Perry Rhodan-Fans des 21. Jahrhunderts über die Schrullen ihrer Vorgänger aufzuklären.

DAS WORT ZUM MITTWOCH

 

Mit dieser Serie haben die Autoren etwas Großartiges geschaffen. Ich kann mir Perry Rhodan aus meinem Leben nicht mehr wegdenken. 

Franz Hubert Cwiek (Terra, Band 429)

 

Ja – Perry Rhodan! Eine Handvoll Männer schreibt galaktische Geschichte! 

Heinrich Knoblauch (Perry Rhodan, Band 330)

 

Können Sie bitte die Hauptpersonen der PR-Reihe, vor allem Gucky, in Lebensgröße in den Heften veröffentlichen? 

Walter Joksch (Perry Rhodan, Band 309)

 

Sterne vergehen – Sonnen entstehen, 

Perry Rhodan wird nie untergehen!

H. Abendroth (Perry Rhodan, Band 375)

 

Ob Kampfroboter oder Weltraumfalle

– Perry Rhodan überwindet sie alle! 

W. Thier (Perry Rhodan, Band 376)

 

Wer Perry Rhodan liest, weiß Bescheid, 

das Leben ist schön im All der Unendlichkeit! 

G. Naumoos (Perry Rhodan, Band 386)

 

Perry Rhodans Macht und Treue

erleben wir jeden Tag aufs Neue!

D. Schlüter (Perry Rhodan, Band 382)

 

Ist die Lage schlimm wie nie, 

Perry Rhodan meistert sie!

H. Vroomen (Perry Rhodan, Band 391)

 

  EIN BÖSER BUBE PACKT AUS

Ronald M. Hahn 

 

1967 lernten sich an einem sonnigen Samstag bei einer von Mitgliedern des Science Fiction Club Deutschland e.V. (SFCD) veranstalteten Tagung in Duisburg zwei etwa neunzehnjährige Burschen kennen. 

Der eine, ein langhaariger Schriftsetzer, stammte aus Wuppertal. Der andere, ein für die damalige Zeit unglaublich kurzhaariger Versicherungskaufmann, kam aus Düsseldorf. Beide qualmten wie die Schlote, beide schlappten gern ein Bierchen, und beiden war eine gewisse anarchische Lebensfreude zueigen, die sich vorrangig darin zeigte, dass sie ohne Hemmungen auf Autoritäten jeglicher Art pfiffen. 

In den kleinbürgerlichen Fan-Kreisen, in denen sie sich bewegten, waren sie krasse Außenseiter – nicht nur aufgrund ihrer proletarischen Herkunft, sondern auch, weil sie vorhatten, eines Tages berühmte (oder wenigstens gut verdienende) SF-Autoren zu werden. 

Da sie im Mikrokosmos Fandom1 völlig unbeschriebene Blätter waren und die Szene vorwiegend aus konservativen (also leicht zu schockierenden) Kräften bestand, kamen sie, um ihr »Egoboo«2 zu stärken, schnell überein, ein Skandälchen zu entfachen. Skandälchen entfachte man auch damals schon, indem man ordentlich auf die Kacke haute – frei nach dem Motto: »Tu Böses und rede darüber.« 

Ein Opfer musste her. Ein leichtes Opfer sahen die beiden Finsterlinge im – wie die Wissenschaft es nennt – »gemeinen Leser« der Science Fiction-Serie Perry Rhodan, die seit 1961 auf dem Markt war und ihnen, eingeschworenen Fans amerikanischer SF-Größen wie Ray Bradbury, Philip K. Dick, Jack Vance und Theodore Sturgeon, nicht gerade als Nonplusultra schriftstellerischen Könnens erschien. 

Warum aber mussten sie gerade den Perry Rhodan-Leser aufs Korn nehmen?

Der Hauptgrund war folgender: Mehrere Begegnungen mit Perry Rhodan-Lesern hatten sie zu der Ansicht gelangen lassen, diese Leute seien keine »richtigen« SF-Fans. Perry Rhodan-Leser, so meinten sie, seien nicht »literarisch« interessiert, sondern bloße Konsumenten trivialen Schnickschnacks, die bald wieder zu Jerry Cotton greifen würden, sollten sich die Abenteuer ihres Helden für den Verlag als unprofitabel erweisen und eingestellt werden. (Damals war es völlig unvorstellbar, es könne eine SF-Serie geben, die noch im Jahr 2000 existiert).

Sich organisierende Perry Rhodan-Leser waren für sie nur mit Fans von Schlagersängern vergleichbar, deren Clubs spätestens dann zerbrechen mussten, wenn ihr Idol nicht mehr in der Hitparade auftauchte. Mit anderen Worten: Sie hielten  Clubs, in denen sich Fans einer SF-Serie vereinten, für völlig überflüssig und wollten nicht einsehen, wieso diese sich nicht dem SFCD anschlossen, statt einen eigenen Laden aufzubauen.

Was lag also näher, als den Perry Rhodan-Leser vor den Augen der »echten«, nämlich »literarisch interessierten« und schon seit über einem Jahrzehnt organisierten SF-Fans bloßzustellen? Gab es eine schönere Aufgabe, als den Gleichgesinnten zu zeigen, dass die Perry-Pfeifen nicht mehr auf  dem Kasten hatten als die Leser von Western-Serien wie Billy Jenkins, für die auch diese nur Hohn und Spott übrig hatten?

Im Lauf des Jahres 1968 kam den beiden Buben bei einem Bier in ihrer Düsseldorfer Stammkneipe »Em Breefkaste« die Idee, den zahlreichen Perry Rhodan-Clubs mittels einer listigen Fragebogenaktion auf den Zahn zu fühlen, um aller Welt zu zeigen, wes Geistes Kind sie waren. (Ihr Urteil stand natürlich im Voraus fest, denn eingebildet waren sie natürlich auch). Die Idee wurde rasch in die Tat umgesetzt, und das Ergebnis erschien in einer Druckschrift mit dem Titel Imperium Rhodanum. 

Diese Druckschrift hatte eine Auflage von 200 Stück und wurde im DIN-A-4-Format auf »mittelfeinem«, d.h. schnell vergilbendem, Papier mit so genannten Spiritus-Matrizen auf einem Umdrucker hergestellt. Der Umdrucker musste zuvor für ca. DM 48 (eine für damalige Verhältnisse geradezu astronomische Summe) beim Großversandhaus Quelle bestellt werden. Doch der Erfolg ihrer Aktion machte die Finsterlinge über Nacht bundesweit in der SF-Szene bekannt. 

Imperium Rhodanum war ein Hit! Perry Rhodan-Autor Clark Darlton erstand das erste Exemplar. Vier Wochen später war die Auflage ausverkauft.3 Die Leserreaktion war überwältigend und fiel mehrheitlich positiv aus, was kein Wunder war, denn der Löwenanteil der Auflage ging an Personen, die sich für Science Fiction allgemeiner Art und weniger für Perry Rhodan interessierten. Noch in den 1980er Jahren (!) trafen Bestellungen von Studenten, Bibliotheken und anderen interessierten Institutionen bei den Herausgebern ein: Imperium Rhodanum war die erste Publikation, die sich mit dem Phänomen Perry Rhodan und seinen Lesern beschäftigte. 

Irgendwann, vermutlich an einem regnerischen oder nebelverhangenen Julitag, gelangte ein Exemplar der längst vergriffenen Schrift wieder in die Hände der bösen Buben, und sie dachten: Nun, da Perry Rhodan fast vierzig Jahre überstanden hat, muss das Ding noch mal auf den Markt – nicht zuletzt deswegen, weil der heutige Leser diese Veröffentlichung, falls überhaupt, nur vom Hörensagen kennt. Auch wenn wir im Jahr 2000 leben und die Perry Rhodan-Fans und -Autoren nicht mehr mit denen von einst identisch sind. Nicht zuletzt werden auch die Fans von heute ihren Spaß an den irren Schrullen ihrer Vorgänger haben! 

Und so geschah es. Die bösen Buben machten sich an eine Neuausgabe, diesmal in gedruckter Form und zu einem höheren Preis, da sie Grund zu der Annahme haben, dass der Quatsch von gestern auch heute keine 10.000 Leser interessiert.

Vergessen Sie beim Lesen dieses Buches eins nie: Es wurde 1968 von Jungs verfasst, die 19 Jahre alt waren. Die Großschnauzigkeit, mit der sie über andere Menschen urteilen, die Hochnäsigkeit, mit der sie Autoren und Leser heruntermachen, die Gemeinheiten, mit denen sie über Perry Rhodan-Fans der ersten Stunde herziehen, hatte aber vermutlich auch den Zweck, anderen zu sagen, dass einseitige Lektüre auch zur einseitigem Denken – und Schlimmerem – führen kann.

Die Neuausgabe folgt im Wesentlichen der alten. Gestrichen wurden nur fannische Schlenker, die schon 1968 nur Insider verstanden haben. Hinzugefügt wurden zahlreiche erläuternde Fußnoten, da dieses Buch vermutlich von Menschen gelesen wird, die Jahrzehnte später geboren wurden, so dass sie mit den Ereignissen, die sich um 1968 in der Science Fiction-Szene abgespielt haben, kaum vertraut sind.

Wir haben uns – nicht zuletzt, um Unschuldige zu schützen – schweren Herzens entschlossen, die Namen einiger Perry Rhodan-Fans, die in diesem Buch erwähnt werden, zu verändern, um sie nach all dieser Zeit nicht der Lächerlichkeit preiszugeben. Nicht jeder, der als Vierzehnjähriger davon geträumt hat, den Kosmos mit dem Blaster in der Hand zu erobern, wird heute noch zu dem Unfug stehen, den er seinerzeit verzapft hat, und mancher hat gewiss inzwischen auch anderswo Karriere gemacht. (Eine der hier erwähnten Personen sitzt inzwischen als Abgeordneter in einem deutschen Landtag.)

Ach ja: Die Bösewichte, die sich diesen gemeinen Spaß seinerzeit erlaubt haben, waren Horst Pukallus und ich. Unterstützt wurden wir von Manfred Geisler und Horst Adam, die wir leider aus den Augen verloren haben, sowie von Horst Schwagenscheidt, der den Text erfasst und uns in dankenswerter Weise bei der Erstellung der Fußnoten geholfen hat, ohne die dem heutigen Leser der Text möglicherweise nicht immer verständlich wäre.

  WIE RONALD M. HAHN UND ICH PERRY RHODAN RETTETEN

Horst Pukallus

 

 

Hallo, Jungs!

Der gute, alte Horsti will euch heute was erzählen. In einfachen Worten. Und kurzen Sätzen. Also keine Bange.

Es geht um die fiese Wirkung des Schundes. Schlichte Gemüter können durch Schund stark verwirrt werden. So was ist schon öfters vorgekommen.

Fast hundert Jahre ist es her. Da lebte in Wien ein junger Mann. Er kaufte sich in einer Trinkhalle die Ostara-Heftchen. Davon wurde er ein Fan. In den Heftchen stand: Es gibt gute und böse Rassen. Die Minderrassigen erkennt man am hässlichen Gesäß. Und den Plattfüßen. Diese »Äfflinge« müssen bekämpft werden. Der Verfasser der Ostara-Hefte schrieb: »Dann wird der Schrättling dein Altarbrand sein.« Die Guten und Schönen brauchen ja mehr Platz. (Sie tanzen Wiener Walzer. Der Untermensch nicht.)

Der junge Mann war ganz begeistert. Er fuhr sogar zum Verfasser der Ostara-Heftchen. Weil ihm in der Sammlung ein paar Ausgaben fehlten. Pumpte ihn bei der Gelegenheit an.

Später hatte der junge Mann Erfolg. Er schrieb ein Buch. Es hieß: MEIN KAMPF. Das meiste, was darin stand, war geklaut. Aus den Ostara-Heftchen. Das sollte aber keiner merken. Darum ließ er dem Verfasser der Ostara-Hefte das Schreiben verbieten. Inzwischen war er nämlich Reichskanzler von Deutschland geworden. Er konnte machen, was er wollte. Zum Beispiel fing er den Zweiten Weltkrieg an. Außerdem ließ er große Öfen bauen. Um mit den Untermenschen den »Altarbrand« zu machen.

Dann war es aus mit dem Erfolg. Er hatte sich übernommen. Musste sich schließlich umbringen.

So war er durch Schund verdorben worden. Und ins Unglück gestürzt.

Nein, Jungs, nein! Bevor ihr euch wieder aufregt: Natürlich vergleiche ich euch nicht mit den Nazis. Diese Geschichte ist nur ein Gleichnis. Wie in der Bibel. Ein Gleichnis betreffs Wirkung des Schundes. Stellt  jetzt keine Fragen.

Natürlich spreche ich nicht von der heutigen Perry Rhodan-Serie. Und nicht von ihren Verfassern und Lesern. Heute ist Perry Rhodan ganz anders. (Ist mir gesagt worden.) Die Verfasser sind dufte Kerle. Die Leser sind echt  liebe Jungs.

Aber früher war auch alles anders. Zwei Schriftsteller dachten sich Perry Rhodan aus. Einer war echt nett. Er dachte sich Gucky aus. Der andere hatte einen an der Klatsche. Er war ein verhinderter U-Boot-Fahrer. Er glaubte: Huh! Die Außerirdischen sind wie die Gelben im Osten.  Sie wollen alles überrennen. Mir mein Motorrad wegnehmen. Er bildete sich ein, Außerirdische wollten die Erde unterwandern. Um sie zu erobern. Manchmal sogar mehrere »Rassen« gleichzeitig! Kann sich wer sowas denken?

Er konnte es. Und so fiel dann Perry Rhodan aus. Nichts als Geballer auf  »Rassen«. Krieg und ähnliches Remmidemmi. Echt doof.

Da fragten Ronald Hahn und ich uns: Wer liest eigentlich diesen Scheiß?

Wir beschlossen, eine Umfrage unter den damaligen PR-Clubs durchzuführen. Ein paar Jungs halfen dabei. Das war 1968.

Stellt jetzt keine Fragen. Was dann geschah, könnt Ihr in diesem Buch lesen.

Viele damalige Perry Rhodan-Leser fanden den Blödsinn echt gut. Da kriegten wir aber einen Schreck! Und angemacht fühlten sie sich auch. Es gab einen richtigen Rummel.

Die ganze Sache hatte allerdings einen Vorteil. Diese Leute entlarvten sich selbst. Alle sahen, wie bescheuert sie waren. Das gab zu denken.

Später schrieben andere Schriftsteller bei Perry Rhodan mit. Sie dachten sich: Sind wir bekloppt, für so einen Mob zu schreiben? Wir wollen Perry Rhodan anders schreiben, um neue Leser zu finden. Solche, die was auf dem Kasten haben.

Und so kam es dann auch. Neue, verantwortungsbewusste Leute im Verlag förderten die Umstellung. Perry Rhodan, Perry Rhodan-Verfasser und Perry Rhodan-Leser wurden so, wie sie heute sind.

Und das bedeutet: Ronald M. Hahn und ich haben Perry Rhodan gerettet! Aus dem Sumpf gezogen! Jawohl.

Versteht ihr das Gleichnis jetzt? Wenn nicht, lest erst nach, was Walter Pankel4 im Sinn hatte. Und danach stellt euch vor, er hätte Erfolg gehabt. Dann wisst ihr, was wir verhütet haben. 

Stellt jetzt keine Fragen. Schickt uns ganz einfach Dankesbriefe. Übrigens hat Ronald bestimmt ein neues Bankkonto.5 Und küsst mir den Ring, wenn ihr mich seht.  

Schon gut, Jungs, es hat mir Spaß gemacht, Perry Rhodan für euch zu retten. Das beteuert euer guter alter 

Horsti

  EINFÜHRUNG

 

Die Science Fiction-Literatur hatte in ihrem Anfangsstadium zu Beginn unseres Jahrhunderts nur sehr wenige Anhänger. Hugo Gernsback6 förderte die SF in den USA. Er prägte den Namen für diese Art der Utopie und machte sie in den ersten Jahren ihrer Verbreitung als »Scientifiction«  in Amerika populär, indem er das erste SF-Magazin der Welt, Amazing,  herausgab. 

Aus Umfragen des Magazins ergab sich, dass der größte Teil der Leser aus Wissenschaftlern, Akademikern und Studenten bestand. Böse Zungen nannten Amazing später ein »Magazin für pensionierte Ingenieure«. Da die Leser der SF zur damaligen Zeit kaum Gelegenheit hatten, über ihre Lieblingsliteratur mit anderen zu sprechen (ganz einfach deshalb, weil es zu wenig Begeisterte gab), sahen sie sich nach einer anderen Art des Gedankenaustausches um. 

Sie nahmen Verbindung mit anderen SF-Lesern auf (hierzu dienten die Leserbriefspalten in den einzelnen Publikationen), gründeten SF-Gruppen und fanden sich von Zeit zu Zeit zusammen, um über die Science Fiction zu diskutieren. Allmählich nahmen diese Treffen den Charakter eines gemütlichen Beisammenseins an, bei denen nicht nur über SF, sondern auch über die großen und kleinen Sorgen des Alltagsleben gesprochen wurde. Man lernte sich kennen, schlossß Freundschaft und verbrachte gemeinsam viele unvergessene Stunden. 

Seit nahezu 14 Jahren7 existiert im deutschen Sprachraum ein Club, dessen Mitglieder ebenfalls Liebhaber einer obskuren Literaturgattung sind, der Science Fiction nämlich. Der SFCD e.V. wurde am 4. August 1955 von Walter Ernsting8 , damals Übersetzer und Redakteur der ersten Utopia-Großbände, mit Hilfe von bekannten und aktiven Fans ins Leben gerufen. Ein Club wurde gegründet, der innerhalb eines Jahres über tausend Mitglieder hatte. Die Verlage begannen sich für den SFCD zu interessieren, denn man sah hier einen guten Kunden heranwachsen, dessen SF-Verbrauch sich von Monat zu Monat steigerte. Die bekanntesten Fans während dieser Epoche waren neben Walter Ernsting Heinz Bingenheimer9 , Ernst H. Richter10 , Winfried Scholz11 , Klaus Unbehaun12 , Forrest J. Ackermann13 , Julian Parr, die Schauspielerin Brigitte Helm14 , sowie prominente Wissenschaftler wie Professor Heinz Haber15 , Willy Ley16 und Wernher von Braun. 17 Redakteure, Literaturagenten und Übersetzer wurden Mitglied, und allmählich gewann der SFCD an Bedeutung. 

Zahllose Fanzines18 wurden herausgegeben; darunter reine Kritik-, Diskussions- und Kurzgeschichtenmagazine, die sich mit den verschiedensten Gebieten der SF befassten. 

Zu Beginn war es so, dass die deutschen Autoren, die innerhalb des SFCD zahlreich vertreten waren, die höchsten Positionen mit Beschlag belegten. Der gesamte Vorstand wurde von Leuten gestellt, deren Hobby zwar auch SF sein mochte, deren Interessen an der SF aber in erster Linie als finanziell betrachtet werden müssen. Einige dieser Leute versuchten aus dem SFCD einen Buchversand zu machen, was jedoch am Unwillen der Mitglieder scheiterte. In dieser »wilden« Periode verließen zahllose Fans das Fandom, um ihrer Leidenschaft allein zu frönen. Andere gründeten Konkurrenzclubs. Anfangs waren die Verlage gut auf das Fandom zu sprechen. Man druckte kostenlos Anzeigen ab, gab Hinweise auf verschiedene Fanzines und veröffentlichte in den Leserbriefspalten Fan-Kritiken. 

Jedoch die Mitglieder des SFCD dankten es den Verlagen schlecht, und die meisten Autoren zogen sich aus dem Fandom zurück. Während anfangs sämtliche Werke der deutschen und österreichischen SF-Autoren ausnahmslos für gut befunden wurden, änderte sich der Geschmack der Fans im Laufe der Zeit. Man betrachtete die Lektüre, die man vorgesetzt bekam, etwas kritischer. Kritisierte unbarmherzig die Autoren, die jedoch nicht in der Lage waren, ihr Niveau zu heben, sich in den Schmollwinkel zurückzogen und sämtliche Kontakte mit dem Fandom abbrachen. Auf diese Weise vertrieb man jene Leute, die den SFCD bekannt gemacht hatten. 

Natürlich gefiel es den Verlagen nicht, dass jeder Roman, der das Haus verließ, von den Leuten, die man vorher gefördert hatte, verrissen wurde. Allmählich setzte sich unter den organisierten Fans die Ansicht durch, dass die so genannten »Heftchen« zum größten Teil Schundlektüre seien. Der Fan wandelte sich. Während der SFCD anfangs zum größten Teil aus solchen »Heftchenlesern« bestand, kristallisierten sich später die wirklichen »Größen« heraus. Man verlegte sich auf anspruchsvollere Werke, missachtete die Veröffentlichungen der deutschen Autoren und rümpfte über den »Heftchenleser« die Nase. Man widmete sich vorzugsweise der anglo-amerikanischen SF. In den letzten Jahren steigerte man sich allgemein in die Vorstellung hinein, dass alles, was nicht auf holzfreiem Papier gedruckt und in Leinen gebunden ist, unter die Klassifikation »Schund« fällt. Diese »Freundschaftsbeweise« brachte die Verlage, die bis dahin eifrig Werbung für das Fandom getrieben hatten, natürlich auf. Der Arthur Moewig-Verlag19 , der größte Hersteller von Heft-SF, fühlte sich angegriffen und strafte den SFCD mit Missachtung. Man machte keine Werbung mehr für den Verein, veröffentlichte keine Kritiken mehr und wandte sich ab. Lediglich der Erich Pabel-Verlag20 ließ es sich nicht nehmen, den Kontakt mit dem Fandom aufrecht zu erhalten. Auch der Martin Kelter-Verlag, der die SF-Reihe Ren Dhark herausgab, bemüht sich um ein gutes Verhältnis zum SFCD. 

Der Moewig-Verlag brachte schließlich eine Fortsetzungsserie auf den Markt, die alles auf dem Heftsektor in den Schatten stellte, Perry Rhodan – der Erbe des Universums. 

Nachdem mehrere hundert Folgen dieses groß angelegten Zyklus die Druckerei verlassen hatten und vor den SF-hungrigen Augen der Neo-Fans21 gelandet waren, begann der Verlag mit dem Aufbau eines »zweiten Fandoms«, eines Clubs, der sich über ganz Deutschland erstrecken und dessen Anhänger lediglich Perry-Rhodan-Leser sein sollten. – Das Experiment glückte! 

Während im SFCD zuviel kritisiert und »verrissen« wurde, beschränkten sich die Perry Rhodan-Clubs ausschließlich darauf, ihrem Helden zu huldigen und die Serie in den Himmel zu loben. Der Grund, weshalb der Moewig-Verlag die PRCs geschaffen hat, liegt auf der Hand. Man war der ewigen Meckerei der weitaus anspruchsvolleren SFCD-Leute überdrüssig und wollte endlich positive Reaktionen über »die größte SF-Serie der Welt« zu Gesicht bekommen. 

Die Huldigungen blieben natürlich nicht aus. Bisher22 ist es noch nicht vorgekommen, dass auch nur eine einzige negative Kritik auf der Leserkontaktseite abgedruckt wurde. Zudem wurden über 370 Adressen von PRCs veröffentlicht. Eifrige Fans versuchten Kontakt mit ihnen aufzunehmen – aber, oh Wunder – kaum jemand antwortete. Dies war der Grund, eine Statistik über die Perry-Rhodan-Clubs aufzustellen, denn schließlich will man es ja wissen, ob sich dieses scheinbar gigantische »zweite Fandom« nicht als Moewigsches galaktisches Riesenrätsel23 entpuppt. 

196624 wurde von dem Berliner Fan Gerhard Gadow eine ähnliche Umfrage gestartet. Der Erfolg war zwar nicht gerade umwerfend (die Fragen wurden nur an SFCD- und SFCB-Mitglieder25 gestellt), aber dennoch war deutlich zu erkennen, wer sich aktiv im Fandom betätigt und weshalb er dieses tut. 

Die SFCD-Mitglieder sind zum größten Teil im Fandom, weil sie gern Science Fiction lesen und darüber diskutieren wollen. 

Fragt man dagegen einen Perry Rhodan-Fan, was ihn dazu trieb, einen Club zu gründen, wird man etwas sehr Seltsames zu hören bekommen: »In erster Linie denke ich an die Verbreitung des Rhodanschen Gedankengutes.« Man fragt sich: Welches Gedankengut ist hiermit gemeint? 

  DAS PERRY RHODAN-FANDOM

 

Als die ersten Perry-Rhodan-Clubs das Licht des Einstein-Universums erblickten, ahnte noch niemand, was sich daraus entwickeln würde. Doch mehr und mehr Clubgründungen wurden vom Verlag bekannt gegeben, und auch der skeptischste Fan ahnte, dass sich da etwas wahrhaft Gigantisches entwickelte. Viele Fans, die nicht die Möglichkeit hatten, einen eigenen Club zu gründen (Mitgliedermangel) wandten sich an Adressen, die sie in wahren Massen aus den Perry Rhodan-Heften heraussuchen konnten. Manch einer eröffnete sofort ein Postfach, weil er dem Potboten unmöglich zumuten konnte, die Berge von Post heranzuschleppen, die er als Antwort auf die abgeschickten Fragen erwartete. 

Der Fan wartete geduldig und lief jeden Tag zum Postamt, um voller Erwartung sein Postfach zu öffnen und begierig die Antworten aufzunehmen. So ging es viele Wochen lang, und der Fan wurde schwächer und schwächer, denn ob des vielen Wartens vergaß er das Essen, vergaß er die Frau, ja, er vergaß sogar die Kinder. So blieb es nicht aus, dass die Frau sich scheiden ließ und die Kinder fortzogen. Dieser Verlust erschien unserem Fan aber äußerst gering, als er an die Unmengen von Porto dachte, die er auf jeden Brief geklebt – und sogar in jeden Umschlag hineingelegt hatte. 

Da beschloss der Fan, endlich reinen Tisch zu machen und die Missstände in den so genannten Clubs hart und schonungslos aufzudecken. Er traf sich also mit einigen anderen, denen das gleiche Missgeschick widerfahren war, ließ sich etwas Gutes einfallen, entwarf den Text für einen Fragebogen nebst Begleitschreiben, suchte alle auffindbaren PRC-Adressen aus den Heften, kaufte Pakete von unfrankierten Briefumschlägen26 ,  beschriftete sie mit den bewussten Adressen, packte die Fragebögen in die Briefumschläge, frankierte sie mit dem letzten Geld, dass ihm zur Verfügung stand, und verschickte sie an 345 Perry Rhodan-Clubs. 

Der Fan wartete geduldig auf das, was da kommen sollte und sortierte sorgfältig alle eingehenden Fragebögen. Dann setzte er sich mit den anderen Fans zusammen, denen es ebenso ergangen war wie ihm, und gemeinsam schrieben sie das folgende Pamphlet, das nicht nur unterhalten, sondern vor allem einige so genannte Clubs animieren soll, ihr Handwerk aufzugeben. 

Es sei jetzt schon darauf hingewiesen, dass die Reaktionen sehr unterschiedlich ausfielen. Während einige Clubs die fannischen Statistiker über den grünen Klee lobten, steigerten sich andere in eine vollkommen unmotivierte Hysterie hinein; wir hoffen, dass wenigstens einige der letztgenannten vom Schlag getroffen wurden. Die extrem positiv oder negativ eingestellten Clubs halten sich zahlenmäßig die Waage; die meisten schickten den Fragebogen jedoch ohne Kommentar ein, was wir uns als zustimmend aufzufassen erlaubt haben. Wir wollen aber nun nicht länger die Tatsachen verstecken, sondern zur Sache kommen. 

Nachstehend der Text unseres Rundschreibens. Bitte prüfen Sie, ob irgendein Grund zur Beanstandung gegeben ist. Anschließend ist der Text des Fragebogens abgedruckt. Prüfen Sie auch hier, ob wir etwas zu indiskret waren, denn das wurde uns ebenfalls vorgeworfen. Sie werden sich überhaupt wundern, was man alles auszusetzen hatte – und dies geschah nicht immer in allzu sachlicher Form. 

 

Datum des Poststempels

Liebe Perry Rhodan-Fans!