image

Erste Hilfen Band 11

image

Christiane Grümmer-Hohensee studierte Pflegewissenschaften, absolvierte Fort- und Weiterbildungen im Bereich Musikgeragogik und leitete im Kontext der Arbeit mit alten und hochaltrigen Menschen ein Forschungsprojekt über die Wirkung des Einsatzes von biografisch geleiteter Musik im Rahmen pflegerischer Interventionen. Seit einigen Jahren arbeitet sie als Heilpraktikerin für Psychotherapie in eigener Praxis. Über ihre Tätigkeit lernte sie in Fort- und Weiterbildung Dr. Michael Bohne und seine Arbeit mit der Prozess- und Embodimentfokussierten Psychologie (PEP®) kennen.

image

Michael Bohne, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, ist renommierter Auftritts-Coach für Opernsänger und klassische Musiker. Er ist einer der bedeutendsten Vertreter der Klopftechniken in Deutschland und hat diese entmystifiziert und prozessorientiert weiterentwickelt, sowie mit psychodynamischhypnosystemischem Wissen kombiniert. Er ist Autor und Herausgeber zahlreicher Bücher über Auftrittsoptimierung, Klopftechniken und PEP.

Christiane Grümmer-Hohensee, Michael Bohne

image

Klopfen gegen den Stress

Prozess- und Embodimentfokussierte Psychologie (PEP) im Pflegealltag nutzen

image

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter: http://dnb.dnb.de abrufbar.

Informationen zu unserem gesamten Programm, unseren Autor/inn/en und zum Verlag finden Sie unter: www.mabuse-verlag.de.

Wenn Sie unseren Newsletter zu aktuellen Neuerscheinungen und anderen Neuigkeiten abonnieren möchten, schicken Sie einfach eine E-Mail mit dem Vermerk „Newsletter“ an: online@mabuse-verlag.de.

© 2017 Mabuse-Verlag GmbH

Kasseler Str. 1 a

60486 Frankfurt am Main

Tel.: 069 – 70 79 96-13

Fax: 069 – 70 41 52

verlag@mabuse-verlag.de

www.mabuse-verlag.de

www.facebook.com/mabuseverlag

Lektorat: Lektoratsbüro Anne Büntig-Blietzsch, Erfurt

Satz und Gestaltung: Martin Vollnhals, Neustadt a. d. Donau

Umschlaggestaltung: Martion Ullrich, Frankfurt a. Main

ISBN 978-3-86321-328-2

eISBN 978-3-86321-354-1

Alle Rechte vorbehalten

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1.Pflege – eine ganz besondere Tätigkeit

Was bedeutet Stress?

Bitte klopfen!

Warum ist explizit Ihre Berufsgruppe angesprochen?

Pflege, eine weibliche Domäne

2.Historische Wurzeln für den Stress in der Pflege

3.Soziologische Wurzeln für den Stress in der Pflege

4.Krankenpflege: Ein Berufsbild unter Stress

5.Warum nun aber Klopfen?

6.Wissenswertes zum Klopfen

Warum hilft das Klopfen?

7.Pflegen – Fürsorge für andere und Selbstfürsorge

Was bedeutet Selbstfürsorge?

Wie geht Selbstfürsorge?

8.Stress – Ein ständiger Begleiter im Pflegealltag

9.Burn-out in der Pflege

Einen Burn-out erkennen

Phasen des Ausbrennens

Ursachen für einen Burn-out

10. Allgemeine Klopfanleitung

1. Schritt: Fokussierung

2. Schritt: Einstimmung

3. Schritt: Überkreuzübung

4. Schritt: Selbstakzeptanzübung

5. Schritt: Körperpunkte klopfen

6. Schritt: Zwischenentspannungsübung

7. Schritt: Abschlussübung

Zusammenfassung aller Schritte

Wenn es mal sehr schnell gehen soll: Übung zur Stressreduktion

11. Klopfanleitungen für den Pflegealltag

Stress allgemein

Müdigkeit

Schmerzen

Schuldgefühle

Ekel

Scham

Aggressionen

Angst

Angst vor dem Tod

12. Wenn das Klopfen nicht den gewünschten Erfolg erzielt – Die Big-Five-Lösungsblockaden

1. Blockade: Selbstvorwurf, Schuld oder Groll sich selbt gegenüber

2. Blockade: Vorwürfe anderen gegenüber

3. Blockade: Erwartungshaltungen

4. Blockade: Altersregression

5. Blockade: Loyalitätsempfinden

Schlussbemerkungen

Literatur

Vorwort

Klopfen – was soll das denn sein?

Mit dem Begriff Klopfen wird eine emotionale Selbsthilfetechnik bezeichnet, bei der man sich auf verschiedenen Körperpunkten beklopft, während man akut ein unangenehmes Gefühl wie beispielsweise Angst, Scham, Hilflosigkeit oder einfach Stress hat. Das Klopfen führt meist zu einer direkten und prompten Veränderung der neuronalen Verarbeitung der Emotionen im Gehirn, und negative Gefühle wie eben Ängste, Ärger oder Hilflosigkeit können sich erstaunlich leicht und schnell reduzieren oder gar ganz auflösen.

Darüber hinaus wird auf der sprachlichen Ebene mit Affirmationen gearbeitet, also Kraftsätzen, die die Selbstbeziehung verbessern helfen. Dies hat einen unmittelbar selbstwertstärkenden Effekt. Das gesamte Procedere sieht allerdings bisweilen etwas komisch aus. Das sollte Sie aber nicht davon abhalten, es trotzdem anzuwenden. Denn wenn wir als Menschen gerade von Angst oder einem anderen unangenehmen Gefühl überflutet werden, sehen wir ja auch irgendwie komisch aus.

Ich freue mich sehr, als Coautor dieses vorliegende Buch im Mabuse Verlag veröffentlichen zu können. 20 Jahre ist es her, dass ich mein allererstes Buch veröffentlich habe und dies auch im Mabuse Verlag. Damals ging es um die Pille für den Mann und die Vasektomie des Mannes in der Medizin. Heute geht es um Stressmanagement im Pflegealltag.

Als ich vom Mabuse Verlag wegen einer Buchveröffentlichung zum Thema Klopfen angefragt wurde, war mir sofort klar, dass es sich um ein Buch handeln müsse, das sich an Menschen in Pflegeberufen richtet. Als jemand, der bereits vor dem Studium als Extrawächter im Krankenhaus gearbeitet hat und während des Medizinstudiums über Jahre sehr wichtige Erfahrungen durch die Arbeit auf einer Intensivstation sammeln durfte, kam mir sehr schnell das Thema Stress in der Pflege und Stressreduktion für Pflegekräfte in den Sinn. Mein persönlicher Schwerpunkt liegt allerdings mittlerweile im Auftrittscoaching für Musiker und in der Weiterentwicklung der vor circa 15 bis 20 Jahren in Deutschland aufkommenden Klopftechniken, die ihre Wurzeln in der sogenannten Energetischen Psychologie haben.

Nachdem ich mich nun seit 15 Jahren als Arzt, Psychotherapeut, Coach, Buchautor und Ausbilder mit dem Thema Klopfen beschäftigt habe, freute es mich sehr, für das Buchprojekt „Klopfen gegen den Stress – PEP im Pflegealltag nutzen“ die von mir sehr geschätzte Pflegewissenschaftlerin Christiane Grümmer-Hohensee als Autorin gewonnen zu haben. Ich selbst kenne mich zwar mittlerweile recht gut mit dem Phänomen Klopfen und allem, was dazugehört, aus, dieses Thema jedoch auf den Pflegealltag anzuwenden, wäre mir allein niemals gelungen. Somit kam es zu einer Coautorenschaft, in der Christiane Grümmer-Hohensee im Grunde die Hauptarbeit gemacht hat und ich mich lediglich inspirierend, beratend, ergänzend und reflektierend eingebracht habe. Wenn also in der ersten Person Singular von „ich“ die Rede ist, so spricht immer die Autorin Christiane Grümmer-Hohensee.

Mein eigenes Ziel war es in den letzten Jahren, das Klopfen von unnötigem Ballast zu befreien und ein Stück weit zu entmystifizieren. Nichts gegen Esoterik, aber in Deutschland wird eine Methode nicht wirklich anerkannt werden, wenn sie zu nah an der Esoterik angesiedelt ist. Unsere Wissenschaft ist nun mal konservativ und bisweilen nicht offen für Ungewöhnliches und Neues. Somit müssen sich ungewöhnliche und auch erstaunliche Ansätze eben hin und wieder zunächst entfernt von den Universitäten entwickeln.

An dieser Stelle muss allen Klopfvorfahren herzlich gedankt werden. Sie haben sich nicht von der fehlenden wissenschaftlichen Anerkennung abhalten lassen, hatten aber oft selbst nicht die öffentliche Anerkennung, die nötig ist, um eine neue Methode zu einer wirklichen Innovation werden zu lassen und sie bekannt zu machen – oder aber die Zeit war einfach noch nicht reif.

Das reine Klopfen erschien mir auch nicht immer ausreichend, um Menschen in schwierigen Situationen unterstützen zu können. Deshalb habe ich dem Klopfen noch ein paar sehr nützliche Dinge aus anderen Methoden zugefügt, woraus dann eine neue Methode wurde, die sich PEP (Prozess- und Embodimentfokussierte Psychologie)1 nennt und die im Bereich Psychotherapie, Coaching und Medizin ein ganz kleines bisschen Aufsehen erregt hat. Somit war es mein dringendes Anliegen, das Klopfen einer wissenschaftlichen Untersuchbarkeit näher zu bringen und dafür war eben die Entmystifizierung wichtig. Aber darum soll es hier gar nicht gehen, da dies alles schon an anderem Orte beschrieben wurde (Bohne, 2010 und 2013). Hier soll es ausschließlich darum gehen, wie dieses Bündel verschiedener hilfreicher Techniken Pflegekräften zur Selbsthilfe dienen kann, um die Untiefen des Pflegealltags etwas besser umschiffen zu können.

Das Faszinierende an den Klopftechniken ist vor allem, dass man sie selbst anwenden kann, um Ängste, Stress oder anderes emotionales und kognitives Unbehagen zu überwinden. Wir haben es also mit einer echten Demokratisierung von Psychotherapie zu tun, und das hat fast schon etwas Revolutionäres. Das Tolle am Klopfen ist auch, dass es zunächst sehr undramatisch und nicht so bedeutsam wie manche alten Formen der Psychotherapie daherkommt. Mir haben ärztliche Kollegen immer wieder psychotherapiekritische oder -ängstliche Patienten und Klienten geschickt mit dem Hinweis:

„Gehen Sie mal zum Bohne, der ist zwar Psychiater und Psychotherapeut, aber der redet nicht lange um den heißen Brei herum, sondern bei dem wird sofort geklopft“.

Das ist natürlich eine gelinde gesagt ausgeprägte Fehleinschätzung meiner Arbeitsweise gewesen, war aber für viele Klienten sehr hilfreich. Das Klopfen fokussiert nämlich darauf, dass man selbst etwas machen kann und damit haben wir eines der wirksamsten Interventionen aus dem Bereich der Psychotherapie an Bord, die Steigerung der Selbstwirksamkeit.

Ich wünsche Ihnen eine sehr spannende Lektüre und viele gute Erfahrungen und Lösungen mit den in diesem Buch vorgeschlagenen Erklärungen, Techniken und Vorgehensweisen.

Herzlich, Ihr Michael Bohne

1PEP® unterliegt dem Markenschutz in D, CH und A.

1. Pflege – eine ganz besondere Tätigkeit

„Der Körper ist der Übersetzer der Seele ins Sichtbare.“

CHRISTIAN MORGENSTERN

Wenn Sie nach diesem Buch gegriffen haben, sind Sie in Ihrem Berufs- und Privatleben eventuell an einem Punkt angekommen, an dem Sie etwas ändern möchten. Mehr noch, vielleicht müssen Sie etwas ändern, weil es so nicht weitergehen kann.

Jeder Beschäftigte, der in der Pflege arbeitet, weiß, wie anspruchsvoll und wie anerkennenswert dieser Beruf ist. Eine Gesellschaft ohne diese Tätigkeit ist kaum vorstellbar, die gesellschaftspolitische Bedeutung ist immens. Mittlerweile aber fehlt es zunehmend an Fachkräften. Dabei steigt der Bedarf, denn der demografische Wandel bringt es mit sich, dass die Bevölkerung immer älter wird und die Zahl der Pflegebedürftigen stetig steigt. Unsere Gesellschaft braucht also Pflege, sie braucht Menschen, die sich mit Themen wie Krankheit, Leid und Tod berufsmäßig auseinandersetzen. Gute und menschenwürdige Pflege bedeutet nicht nur, dass der Pflegebedürftige sauber, satt und trocken ist, sondern sie erfordert vom Pflegenden darüber hinaus ganzheitliches und professionelles Handeln, gepaart mit Menschenwürde, Zuwendung, Verständnis und Begleitung.

Ich gehe davon aus, dass Sie Ihren Beruf lieben, er macht Ihnen grundsätzlich Freude und erfüllt Sie mit Zufriedenheit. Mehrere Untersuchungen und Umfragen haben gezeigt, dass ein Großteil der befragten Pflegekräfte ihre Arbeit generell gerne tut und sich mit ihrem Beruf identifiziert.

Schaut man aber auf die konkrete Arbeitsplatzsituation, fällt die Bilanz meist sehr viel schlechter aus. Oft genannte Gründe dafür sind mangelnde Wertschätzung, Zeitdruck, Schwierigkeiten in der Vereinbarkeit mit dem Privatleben und ein unzureichender Verdienstausgleich, gemessen an der Leistung, die täglich erbracht werden muss.

Möglicherweise geht es Ihnen genauso, Sie tun Ihre Arbeit eigentlich gerne, aber dennoch stimmt etwas nicht. Vielleicht spüren Sie schon länger, dass es Ihnen nicht gut geht, dass Sie häufig gestresst und erschöpft sind und sie sich immer öfter krank fühlen. Überforderung und Schmerzen gehören mittlerweile zum Alltag. Aber Sie haben keine Zeit, sich darum zu kümmern. Auch kann es sein, dass Sie es nicht ernst genug nehmen, schließlich geht es den meisten KollegInnen in Ihrem Beruf ebenso.

Wir Menschen der heutigen schnelllebigen Gesellschaft sind es gewohnt, unseren Symptomen erst dann vermehrt Aufmerksamkeit zu schenken, wenn nichts mehr geht. Wir reagieren erst dann, wenn der Körper nicht mehr mitmacht, die Migräne sich regelmäßig meldet, die Rückenschmerzen unerträglich werden oder die niedergedrückte Stimmung nahezu depressive Ausmaße annimmt.

Als Mitarbeiter in pflegerischen Berufen ist es für Sie nicht ungewöhnlich, Ihre eigenen Bedürfnisse hinter denen der Patienten und der Pflegebedürftigen zurückzustellen. Ihnen ist es bewusst, dass Sie es mit Menschen zu tun haben, deren Wohlergehen von Ihnen abhängt. Es ist Ihre Aufgabe, für diese Menschen zu sorgen, und dabei spielt es keine Rolle, ob Sie im Krankenhaus, in einer Pflegeeinrichtung oder im ambulanten Pflegedienst tätig sind.

Ihr beruflicher Alltag dreht sich immer um den anderen. Das macht diesen Beruf so besonders. Sie können sich nicht heraushalten und sich nicht distanzieren. Sie erleben die Ihnen in der Pflege anvertrauten Menschen unmittelbar. Täglich begegnen Ihnen viele Pflegebedürftige, die Ihre Hilfe und Ihre Unterstützung brauchen, und die auf Ihre Zuwendung und Ihre Fürsorge zählen. Das Wohlergehen der Ihnen anvertrauten Pflegebedürftigen erreicht sie in gleicher Weise wie das Leid und ihre Not.

Die Rede ist also nicht nur vom professionellen Arbeiten und pflegerischem Handeln, wobei Pflegeleitbilder und die gesetzlich vorgegebenen Rahmenbedingungen das Gerüst Ihres Handelns sind. Im Mittelpunkt aller pflegerischen Bemühungen stehen Empathie und Mitmenschlichkeit. Ohne diese wäre die Pflege sowohl für den, der auf sie angewiesen ist, als auch für den, der sie ausübt, kaum denkbar.

Oft genug jedoch lassen sich die notwendigen Anforderungen im pflegerischen Alltag nicht mehr oder zumindest nur sehr schwer umsetzen. Konflikte und innere Zerrissenheit können daraus entstehen. Stress und Überforderung sind nicht selten die Konsequenz. Aber immer bleibt der Anspruch, die Pflege an bedürftigen Menschen angemessen und sorgfältig umzusetzen. Das hat oberste Priorität.

Der Faktor Zeit spielt in diesem Zusammenhang eine bedeutende Rolle. Sie ist oft zu kurz, reicht nicht aus, sie sitzt Ihnen sozusagen im Nacken.

Was bedeutet Stress?

Ist Ihnen bewusst, wie sehr Körper und Psyche auf Stress reagieren? Nicht nur, dass das Immunsystem erheblich geschwächt wird und Erkältungen und andere Infektionserkrankungen die Folge sind. Nein, der gesamte Körper ist betroffen. Der Volksmund weiß um diese Zusammenhänge schon lange und bringt es sprachlich auf den Punkt: Die meisten von Ihnen wissen, wie es sich anfühlt, bei Aufregung Schmetterlinge im Bauch zu haben. Manchmal kommt Ihnen womöglich die Galle hoch. Das Herz wird Ihnen schwer, und der Kopf raucht vor Anstrengung. Etwas sitzt Ihnen im Nacken oder ist Ihnen an die Nieren gegangen. Vielleicht ist Ihnen aber auch eine Laus über die Leber gelaufen. Wie auch immer, in allen Beschreibungen wird ein Bezug zwischen einem Ereignis und einer darauf folgenden körperlichen Reaktion hergestellt.

Dass Körper und Seele eine Einheit bilden, ist längst keine Vermutung mehr, sondern gehört mittlerweile zum Allgemeinwissen. Wie groß aber der psychische Einfluss ist, wird immer noch sehr unterschätzt. Nach wie vor werden körperliche Symptome meist erst einmal strukturell behandelt, bevor man sich dem psychosomatischen Kontext stellt. Doch schon Sigmund Freud ging davon aus, dass sich psychische Konflikte in körperliche Beschwerden umwandeln können, und heute weiß man, dass sich zu hoher Druck am Arbeitsplatz im und am gesamten Körper bemerkbar machen kann.

In diesem Buch möchte ich Ihnen einen Weg aufzeigen, der es Ihnen ermöglicht, schnell und effektiv auf die vielen Situationen in Ihrem pflegerischen Alltag zu reagieren, die Stress verursachen können. Dieser Weg ist ungewöhnlich, scheint ein wenig merkwürdig zu sein, mutet vielleicht sonderbar an. Und doch ist die Methode, die ich Ihnen vorstellen will, außerordentlich wirkungsvoll.

Bitte klopfen!

Klopfen ist eine Stressreduktionstechnik, die hervorragend für die Selbstanwendung geeignet ist. Sie brauchen dafür nichts weiter, als Ihre Hände, Ihren Geist und Ihren Körper, um ihn zu beklopfen.

Das Klopfen ist mittlerweile in verschiedene Therapieformen wie die der Verhaltens- und Hypnotherapie eingeflossen und stellt eine der wirksamsten Techniken zur Behandlung von belastenden Gefühlen und Ängsten dar. In der Traumatherapie ist es aus Sicht vieler Traumtherapeuten unentbehrlich.

Obwohl wissenschaftliche Beweise im Sinne der Forschung noch eher gering sind, ist die Klopftechnik aus vielen therapeutischen Anwendungsbereichen nicht mehr wegzudenken. Zudem stellt sie ein äußerst effektives Instrument des emotionalen Selbstmanagements dar. Mittlerweile gibt es zahlreiche Untersuchungen, Studien und Veröffentlichungen zur Wirkungsweise dieser Technik, die sowohl Hinweise darauf geben, wie das Klopfen wirkt, als auch signifikante Ergebnisse darüber zeigen, dass es wirkt.

Interessante Studiendesigns in Hinblick auf das Klopfen im Kontext von Parkinsonerkrankungen und spezifischen Ängsten (Flugangst) finden zurzeit an der Medizinischen Hochschule in Hannover unter der Leitung von Dr. Matthias Wittfoth statt. Dokumentiert und ausgewertet werden Forschungsergebnisse, die Auskunft darüber geben, inwieweit sich die Erfahrung der Selbstwirksamkeit durch die Anwendung des Klopfens in Bezug auf Gefühle (wie zum Beispiel Angst und Trauer) und in Bezug auf die positive, akzeptierende Einstellung sich selbst und anderen gegenüber auswirkt.

Warum ist explizit Ihre Berufsgruppe angesprochen?

Weil der Beruf der Pflege einen besonderen historischen Hintergrund hat. In ihm vereint sich die Professionalität der Berufsausübung mit dem sozialen und gesellschaftspolitischen Auftrag einer Gesellschaft, für die Kranken und Pflegebedürftigen zu sorgen. In Ihrem Beruf und in Ihrer Tätigkeit paaren sich höchste Ansprüche an die Ausübung Ihrer Tätigkeit mit der Fähigkeit und Notwendigkeit, emotional beteiligt zu sein. Ihre Empathie, Ihr Mitgefühl, Ihr Respekt im Umgang mit Menschen, die von Ihnen abhängig sind, müssen in Einklang mit Ihrer Professionalität gebracht werden. Ja, es geht aus meiner Sicht noch darüber hinaus. Alle eben genannten Aspekte der menschlichen Zuwendung sind sogar integraler Bestandteil Ihrer Profession.

Gleichzeitig ist dies jedoch die große Herausforderung, die an Sie herangetragen wird. Denn nur wenn es Ihnen dabei gelingt, sich selbst mit Ihren eigenen Interessen nicht zu verlieren, können Sie Ihre vielfältigen Aufgaben, die der Beruf an Sie stellt, angemessen bewältigen und gleichzeitig sowohl seelisch als auch körperlich belastbar bleiben.

Pflege, eine weibliche Domäne

Wie Ihnen sicher nicht verborgen geblieben ist, sind Ihre KollegInnen meist weiblich. Schon von Anbeginn der Pflege waren es in fast allen Kulturen die Frauen, die sich um die Armen, Kranken und Pflegebedürftigen sorgten. Daran hat sich bis heute wenig geändert. Die Pflege ist ein Frauenberuf, Männer findet man in diesem Berufsfeld bedauerlicherweise nur zu einem geringen Prozentsatz.

In der Ausübung des Pflegeberufes kommt es also oft zwangsläufig zu einer Doppelbelastung, die hohe Anforderungen mit sich bringt. Denn, selbst wenn sich mittlerweile auch viele Väter an der Erziehung der Kinder und an den Aufgaben innerhalb der Familie beteiligen, sind es in der Regel immer noch die Frauen, die die Hauptlast in Haushalt und Familie tragen und dabei gleichzeitig ihrem Beruf nachgehen.

Wer von Ihnen im Bereich der Pflege arbeitet und Kinder und Familie zu betreuen hat, weiß vermutlich, wie schwer sich beides miteinander vereinbaren lässt. Konflikte, Zerrissenheit, Dauerbelastung und Schuldgefühle kennen Sie wahrscheinlich mehr, als Ihnen lieb ist. Die Arbeitszeiten in der Pflege sind nämlich alles andere als familienfreundlich. Die Betreuung Pflegebedürftiger rund um die Uhr bringt außergewöhnliche Anforderungen mit sich und lässt nicht viel Spielraum für Flexibilität im Umgang mit den Bedürfnissen, die Kinder und Familie haben.

Mit anderen Worten, Mitarbeiter in Pflegeberufen, die nachweislich überwiegend weiblich sind, üben oft zwei Berufe aus, die sie sowohl physisch als auch psychisch stark herausfordern. Es ist daher von großer Bedeutung, schnell und effektiv die Stressfaktoren zu reduzieren, die direkt zu beeinflussen sind.

Physischen Belastungen können Sie als MitarbeiterInnen der Pflege meistens nicht aus dem Weg gehen. Durch Hebetechniken und das Arbeiten zu zweit in Situationen, wo Ihr Geschick und Ihre Körperkraft gefragt sind, gibt es zwar Möglichkeiten, die schwere körperliche Arbeit bedingt zu erleichtern. Dennoch ist die Beanspruchung des Körpers hoch. Zudem bringen Nachtdienste und der frühe Beginn einer Schicht Schlafdefizite mit sich, um nur wenige von vielen körperlichen Herausforderungen zu benennen.