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Andrea Mohamed Hamroune

Wenn alles egal ist





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Wenn schreiben egal ist.....!

Ist jetzt schreiben egal oder lesen? Ab wann ist lesen eigentlich interessant oder ist nur schreiben interessant? Das gelesene Wort ist auch immer ein geschriebenes Wort.

Du kennst den Schreiber nicht und ich den Leser nicht.

Manchen Lesern fällt nichts besseres ein, als den Schreibenden damit zu kritisieren, dass er schlecht Deutsch kann. „Da fehlt ein Punkt oder ein Komma. Die Anführungsstriche fehlen bei der wörtlichen Rede. Das wird mit a geschrieben und nicht mit e.“

Ich bin dankbar dafür. Ich werde auch Fehler machen. Da bin ich mir sicher.

Nur die Wenigsten sind in der Lage den Inhalt eines Textes zu erfassen. Noch weniger Menschen können aus dem gesprochenen Wort einen sinnvollen Satz formen.

Nehmen wir mal an, irgend jemand kommt und erklärt Dir was und Du sollst daraus eine Geschichte machen. So einfach ist es nun auch wieder nicht.

Aber... ab wann ist es spannend für den Leser, den geschriebenen Text zu lesen?

Wann hat der Autor den Leser angesprochen, ihn in den Bann gezogen, an sich gebunden?

Wenn ich heute hier sitze, dann weiß ich genau, mich versteht keiner und mir hört keiner zu. Ich führe sozusagen ein Gespräch mit mir alleine und lasse meine Gedanken wandern. Ich stelle mir gerade vor, dass es nicht egal ist, was ich denke und ich stelle mir vor, jemand interessiert sich. Nun bin ich doch eigentlich mehr diejenige, die sich für sich interessiert. Eine Frau, die es spannend findet, an sich zu arbeiten und an sich zu wachsen.

Jedes Buch beginnt mit einem Wort und endet mit einem Wort.

Womit fange ich an und wie werde ich enden.

Wir sind immer noch bei dem Wort egal. Das Wort egal ist nicht egal. Aber, was ich schreibe ist egal, was ich denke ist egal, was ich fühle ist egal.

 

Dabei fällt mir ein: Kann man beim Schreiben eigentlich Gefühle transportieren?

Ist es möglich, den Leser in Angst zu versetzen, dem Leser das Grauen beizubringen, den Leser zum Schreiben zu motivieren, den Leser zu hetzen, dem Leser Herzklopfen beizubringen, den Leser fühlen zu lassen, was Liebe ist und wie sich Liebe anfühlt?

Es soll Leute geben, die schildern sexuelle Handlungen so, als wenn sie den Leser in das Geschehen integrieren. Nicht dass der Schreiber den Leser dazu motiviert an sich tätlich zu werden, aber der Schreiber schreibt so, als wenn er den Leser fühlen lässt, wie, was passiert. Das ist auch eine Kunst. Ich kann mir jetzt wieder eine Menge vorstellen, aber außer dass ich das Wort Sex geschrieben habe, bin ich wieder meilenweit weg von einer Nummer.

Aber nun denn. Es gibt Menschen, die regen sich darüber auf, wenn Informationen falsch weiter gegeben werden oder wenn Informationen keine Informationen sind, sondern Lügen. Das war nicht so, wird aber so geschildert. Ich habe mal einen Film gesehen, in dem das gleiche Bild fünf Mal anders kommentiert wurde. Das geht auch. Das geht auch schriftlich. Entweder man hat eine andere Auffassung vom Geschehen oder man findet etwas anderes wichtiger.

Manchmal bekommen Bücher oder Restaurants Kritiken. Kritik ist sehr wichtig. Jemanden zu kritisieren bedeutet aber nicht nur das Negative hervorzuheben, sondern ganz bestimmte Dinge mit Worten zu beschreiben oder mit etwas Anderem zu vergleichen.

Jeder hat da so seine Vorstellung von gut. Nicht zuletzt kommt es auch darauf an in welcher Klasse ich mich bewege und was die Qualität genau da jetzt ausmachen muss. Ein Comik kann nicht das gleiche Kriterium von gut haben im Vergleich zu einem Lehrbuch. Es kommt dabei auf ganz andere Dinge an jeweils.

 

Was erwartet der Leser von einem Buch?

Ist es wichtig, dass das Buch eine bestimmte Menge an Seiten hat?

Ist es wichtig, dass das Buch von außen hübsch aussieht?

Braucht das Buch einen spannenden Titel?

Sucht der Leser nach einem ganz bestimmten Thema, über das er lesen will?

Sucht der Leser sich sein Buch nach einem Lieblingsautor aus?

Wie wird man eigentlich ein Lieblingsautor?

Mag der Leser gerne Bilder haben in einem Buch?

Ist es wichtig, welchen Preis das Buch hat?

 

Ich sitze heute hier und schreibe und es ist egal, ob ich hier sitze und schreibe. Alles ist egal. Es ist egal, was ich denke und es ist egal, was ich fühle. Jeder Tag ist irgendwie gleich. Ich weiß nicht, wie lange ich noch leben werde aber ich hoffe, dass wenigstens das Wort egal verschwindet irgendwann. Jedenfalls sollte das Wort egal verschwinden, bevor ich weg bin. Ich werde weg sein. Mein Leben ist genau wie dieses Buch. Ich weiß noch nicht mal, ob ich es schaffen werde mit dem Wort egal ein Buch zu machen. Vielleicht war es damals auch so.

Alles fing an mit einem Buchstaben, dann kamen zwei Buchstaben, aus den zwei Buchstaben wurde eine Zeile. Aus der Zeile wurde ein Kapitel. Aus vielen Kapiteln wurde schließlich ein Werk, das ein letztes Wort bekam. Wird das so? Ist das jetzt hier genau wie mein Leben?

Was wird passieren in meinem Leben? Kann ich dem Wort egal einen Sinn geben und es wichtig werden lassen? So, als wenn egal nicht mehr egal ist, sondern wichtig.

Wir werden sehen...!

 

Egal! Ein Mann hat mal gesagt: „Käse ist egal. Der stinkt von allen Seiten.“

Das soll aber nicht bedeuten, dass ich dem Buch hier, wenn es mal eins werden sollte, ein gelbes Cover verpasse. Ne ne. Egal sieht anders aus bei mir. Egal ist, wenn es gut ist und gut aussieht. Kunstfrei, ästhetisch, bunt, merkwürdige verschiedene Schriften. Vielleicht schreibe ich meinen Autorennamen falsch rum auf das Cover.

Ist doch egal? Wen interessiert`s?

Ich muss sagen, das einzig Schwere an der Covergestaltung ist der kleine Streifen in der Mitte. Der Teil, wo man den Buchtitel sieht, wenn man das Buch ins Regal stellt. Das Ding ist gefährlich und nicht egal.

 

Ich werde jetzt mal ein kleines Geheimnis ausplaudern.

Ich sitze beinahe jeden Tag am Computer und schreibe irgendwas. Ich mache was. Keiner aus meiner Familie weiß, was ich schreibe. Nicht dass meine Familie aus Analphabeten und Legasthenikern besteht, nein. So ganz stimmt das nicht.

Meine Familie hat kein Interesse und ihnen ist es egal. Für meine zweite Tochter spiele ich am Computer. Die Kleine kann aber nichts dafür. Kinder mit dreizehn Jahren sind noch zu oberflächlich, um mit einem Computer was anzustellen, was ein Ergebnis bringt. Aber egal.

Ich könnte jetzt alles erzählen, aber ich will lieber egal sagen. Ist besser.

Weil alles, was meiner Familie nicht wichtig ist, sollte mir auch nicht wichtig sein. Und wichtig ist da an erster Stelle, es egal sein zu lassen, ob sie es gut finden, was ich mache. Besser ist. Weil inhaltlich habe ich jetzt nicht so viel produziert, aber trotzdem eine Menge Text hinterlassen. Es ging jetzt gerade um Nichts und um das Wort egal.

 

Wenn es egal ist, an was ich glaube

Bevor ich dem Wort Glauben ein Sinn gebe, muss ich erstmal Wissen, ob Glauben nicht gleich Wissen ist. So manch einer denkt, wenn man an was glaubt, dann vermutet man was. Was ist denn sicher: Das einzige was sicher ist, ist mein Tod.

Klare Sache. An den Tod brauche ich nicht glauben. Ich kann den Gedanken an der Tod verdrängen oder das Problem den anderen zustecken, jedoch ist der Tod immer allgegenwärtig. Genauso wie ich weiß, dass neues Leben entstehen kann, weiß ich auch, dass es ein Dazwischen gibt und ein Ende. Es geht was. Nur was geht, dass weiß Gott. Somit bin ich Träger meines eigenen Schicksals. Innerhalb meines Schicksals kann ich Menschen nützlich sein oder auch Menschen schädlich. Ich kann Menschen helfen oder Menschen im Wege stehen. Ich kann mein Vermögen nützlich ausgeben, nicht zu sehr horten und verwirtschaften. Ich kann zeugen, bezeugen und erzeugen. Wenn ich an etwas glaube und mir ein Ziel setze, bin ich in der Lage zu verändern und vielleicht sogar zu verhindern. Ich kann zuhören und verstehen. Ich kann Fragen stellen und Fragen beantworten.

Wenn ich an nichts glaube, dann endet mein Leben mit dem Tod. Wenn ich aber davon überzeugt bin, dass es wichtig ist rechtschaffen zu sein, dann ist es für mich wichtig den Lohn des Paradieses dafür zu bekommen. Mir ist die Hölle nicht egal.

Es gab, geschichtlich gesehen, immer wieder Menschen, die zu uns kamen, um uns eine ganz bestimmte Botschaft zu übermitteln. Die wichtigste Botschaft dieser Menschen bestand immer darin, an einen Gott zu glauben und ihm zu gehorchen. Das klingt jetzt wieder abgedroschen und ist für überzeugte Atheisten wieder so etwas wie ein Gelächter wert. Aber nun denn. Es geht hier nicht darum, was anderen wichtig ist, sondern um das, was egal ist.

Diesen einen Gott soll man lieben, man soll diesen einen Gott anbieten und man darf ihm niemals etwas beigesellen. Die Griechen haben Mythen. Es gibt bei den Griechen die Göttin der Liebe. Diese eine Göttin soll also verstehen, wie Liebe geht, hat aber nicht im Kopf, was es bedeutet zu denken. Da läuft was schief. Eindeutig.

Wenn es mir egal ist, an was ich glaube, dann muss ich erst auf die Suche gehen, um etwas zu finden, an was ich glauben kann. Das bedeutet, ich suche nach irgendwelchen Quellen, lese darüber und versuche diese Quellen zu prüfen, ob sie zu meinem Gewissen passen.

Das bedeutet, ich mache mich auf die Suche nach der Wahrheit.

Geht es bei der Wahrheitsfindung darum, dass es immer zu mir passt, dass ich immer einverstanden bin, dass ich immer alles verstehe, dass es einsichtig und umsichtig ist, sich nicht widerspricht?

Wie komme ich dahin oder wo finde ich die Erkenntnis?

Wir sind wieder beim Thema Lies. Aber um etwas zu lesen, muss es jemanden geben, der etwas geschrieben hat. Wer hat jetzt, was geschrieben und ist der, der was geschrieben hat, vertrauenswürdig? Wie prüfe ich Vertrauenswürdigkeit?

Das geht nicht so einfach. Man muss gucken, wer das gleiche sagt und nach Beweisen suchen.

Es kann also nicht immer unbedingt um die Person gehen, die etwas sagt, sondern es geht darum, was die Person sagt. Jeder Mensch macht Fehler. Gott nicht.

Jeder kennt sie und jeder, weiß davon. Ich meine Engel. Gibt es Engel?

Ja, es gibt Engel. Woher weiß ich das? Ich weiß das, weil ich an sie glaube. Ich weiß es ganz bestimmt, dass jetzt gerade ein Engel auf meiner rechten Schulter sitzt und meine guten Worte aufschreibt und ich weiß, dass auf meiner linken Schulter ein Engel sitzt und meine schlechten Worte aufschreibt. Ich werde Rechenschaft dafür ablegen müssen. Eines Tages wird Gott mir mein Buch vorlesen. Vielleicht auch dieses Buch. Das Buch meines Lebens und dann werde ich ihm eine Antwort schuldig sein. Ich werde Gott erklären müssen, warum mir soviel egal war. Ich werde ihm erklären müssen, warum ich mit Absicht ungehorsam war. Ich werde über alles, über jeden Buchstaben mit Gott reden. Gott wird nichts auslassen. Der erste Buchstabe in meinem Buch, wenn es denn mal eins wird, ist ein I. Wieso hast Du mit einem I angefangen und nicht mit einem B. Was wolltest Du damit? Was soll das? Am Ende wird nichts mehr egal sein.

Man wird sich darüber unterhalten, was ich gemacht habe und was ich gesagt habe, aber meine ganze Sachen wird man wegschmeißen. Alles, was mir einmal etwas bedeutet hat, materialistisch, wird man entweder gebrauchen oder entsorgen. Als erstes kommen meine Anziehsachen weg, dann meine Bücher, dann meine Kochsachen und mein Auto bekommt meine Tochter oder wird verkauft. Vielleicht wird man über mich lästern. Vielleicht wird man schlecht über mich reden. Vielleicht sagen die Kinder: „Mama hat so und so gemacht.“

Mein Mann wird sich eine andere Frau suchen und alles anders machen. Vielleicht bekommt er jetzt Wertschätzung. Endlich. Jetzt, wo alles vorbei ist, wo die Frau, die seine Kinder auf die Welt gebracht hat, weg ist, wird er merken, dass Liebe zeigen und lieb haben, sehr wichtig ist. Mein Mann wird diese Frau vielleicht wirklich lieben. Damit meine ich nicht die Liebe, die man mit dem Verstand begreift, sondern die gefühlte Liebe.

Mein Mann wird sich Mühe geben, nicht etwas zu erledigen, sondern die Frau spüren lassen, was es bedeutet, gerne geliebt zu werden. Verlangen, Begierde und Hingabe. So ist Liebe.

Das passiert, wenn es nicht mehr egal ist. Wenn man weiß, dass Glauben das Wissen beinhaltet, dass alles einmal vorbei ist. Ich werde nicht ewig leben.

Gott wird mich nach meinen Gebeten befragen. Ich werde in Armut vor ihm stehen, aber keine Möglichkeit mehr haben, umzukehren. Es ist vorbei. Beten und dienen.

Weil, wenn man an nichts glaubt und niemandem folgt, der wirklich sicher weiß, was richtig ist, dann läuft man, egal wo man hingeht, in die Irre. Es ist genauso Zufall etwas richtig zu machen, wie es Zufall ist in die falsche Richtung zu laufen. Weil dann bedeutet „Glauben“ wirklich sich nicht sicher zu sein und in Unkenntnis zu leben. Glauben ist egal, denn glauben ist Spekulation und nicht Wissen.