...


 

Deutsche Erstausgabe (ePub) November 2017

 

Für die Originalausgabe:

© 2016 by Ava Drake

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

»Ace in the Hole«

 

Originalverlag:

Published by Arrangement with Dreamspinner Press LLC, 5032 Capital Circle SW, Ste 2, PMB# 279, Tallahassee, FL 32305-7886 USA

 

Für die deutschsprachige Ausgabe:

© 2017 by Cursed Verlag

Inh. Julia Schwenk

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,

des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung

durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile,

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit

Genehmigung des Verlages.

 

 

Bildrechte Umschlagillustration

vermittelt durch Shutterstock LLC; iStock

Satz & Layout: Cursed Verlag

Covergestaltung: Hannelore Nistor

Lektorat: Anne Sommerfeld

 

ISBN-13: 978-3-95823-668-4

 

Besuchen Sie uns im Internet:

www.cursed-verlag.de


 

...

 

Aus dem Englischen von Alexandra Lorenz


 

Liebe Leserin, lieber Leser,

 

vielen Dank, dass Sie dieses eBook gekauft haben! Damit unterstützen Sie vor allem die Autorin des Buches und zeigen Ihre Wertschätzung gegenüber ihrer Arbeit. Außerdem schaffen Sie dadurch die Grundlage für viele weitere Romane der Autorin und aus unserem Verlag, mit denen wir Sie auch in Zukunft erfreuen möchten.

 

Vielen Dank!

Ihr Cursed-Team

 

 

 

Klappentext:

 

Als am Vorabend einer wichtigen Spendenveranstaltung der Senator plötzlich mit seiner aktuellen Geliebten durchbrennt, bleibt es an Christian Chatsworth-Brandeis hängen, das Verschwinden seines Bosses zu verschleiern. Zum Glück sieht Stone, der neue Bodyguard des Senators, diesem einigermaßen ähnlich, sodass er nach einem kleinen Umstyling als Double einspringt. Doch die starke Anziehung zwischen Christian und Stone erschwert es ihnen zunehmend, ihre Scharade aufrechtzuerhalten…

 

 


 

Kapitel 1

 

 

Stone Jackson wurde von der übermäßig aufgedrehten Klimaanlage des Miami Imperium-Hotels beinahe erschlagen und spürte, wie sich seine Haut durch die plötzliche Kälte zusammenzog. Natürlich war er gewarnt worden, aber – bei der heiligen Herdplatte – draußen war es heiß wie in einem Backofen.

»Herzlich willkommen im Imperium, Sir. Ist das Ihr erster Aufenthalt bei uns?«, schnurrte ihn eine vollbusige Jayne-Mansfield-Blondine an, deren Brustbereich die Grenzen des Blazers sprengte, den die Hotelangestellten trugen. Er suchte den üppigen Bereich nach einem Namensschild ab. Brittnay? Wurden etwa alle heißen Mädels so genannt?

»Hi, Brittnay. Was hat mich verraten?«

»Niemand trägt in South Beach Wolle. Nicht im Juli.«

»Bin grade erst von einem Job in London gekommen. Hatte noch nicht die Zeit, mich in mein Hawaiihemd und die Bermudas zu werfen.«

»Uuh. Klingt lecker.«

»Die Anmeldung?«, fragte er, weil ihn das Spiel ermüdete.

»Links von Ihnen, gleich hinter dem Springbrunnen und den Palmen.«

Weil alle Hotels einen Meter hohe lebende Palmen in ihren Lobbys brauchten. Er bummelte auf sie zu und... Himmel. Lebende Papageien kreischten zwischen den Palmwedeln. Nachdem er sich entschieden hatte, dieses Spektakel zu umrunden, entdeckte er die Anmeldung.

Eine glücklicherweise gesittetere Collegestudentin checkte ihn in seiner Suite in der Chefetage ein und für einen Moment war er abgelenkt, während sie ihm erklärte, wie man die Schlüsselkarte benutzte, um Zugang zu der abgesperrten Etage zu erhalten. Das hier war nicht sein erstes Rodeo.

Mit der zurückerhaltenen Kreditkarte und dem Schlüssel in der Tasche wandte er sich nach oben. So Gott wollte, war sein Koffer bereits in das Zimmer gebracht worden. Die spezielle Ausrüstung, mit der er reiste, bedurfte eines Riesenbergs an Papierkram, die vorherige Genehmigung durch den Zoll und musste zu den meisten Jobs im Voraus geschickt werden.

Das Erste, was er sah, als er das Zimmer betrat, war der große Koffer aus gebürstetem Aluminium, der in eine Ecke des Wohnzimmers gestellt worden war. Lobet den Herrn, sein Werkzeug war schon da.

Überraschenderweise war die Suite kein Pfuhl aus übersteifem Bettzeug und Flecken, bei dem man sich alle möglichen Arten von Sittenlosigkeiten vorstellte. Tatsächlich verströmte sie eine gepflegte, moderne Ausstrahlung. Eine klug angebrachte Deckenbeleuchtung und die indirekten Einbaustrahler schufen anregende Inseln aus Licht und Schatten. Dunkelgrauer Schiefer, Milchglas und blassblaue Polsterung. Alles in allem nicht übel. Obwohl die Minibar im Wohnzimmer erbärmlich ausgestattet war. Das würde er bei nächster Gelegenheit ändern lassen.

Er zog seinen Anzug von Savile Row aus und schnallte das lederne Schulterholster ab. Nachdem er sich bis auf seine Unterhose aus Elastan entblättert hatte, packte er schnell aus und zog die versprochene Bermudahose an. Holster wieder umgeschnallt, dann schlüpfte er in ein maßgefertigtes Hawaiihemd, das beides bedeckte, sowohl die Waffe als auch seine muskulösen Schultern.

Ohne Vorwarnung traf ihn der Jetlag und er fühlte sich wie durchgekaut und ausgespuckt. Vielleicht sollte er sich rasieren. Er befühlte sein Kinn und spürte raue Stoppeln darauf. Aber, verdammt, er brauchte was Starkes zu trinken. Jack Daniels, komm und sei meine Schlampe. Nachdem er den Zimmerschlüssel eingesteckt hatte, ging er nach unten zu der Bar, die er beim Reinkommen entdeckt hatte.

Dort herrschte eine größere S&M-Atmosphäre, als er erwartet hatte, mit jeder Menge schwarzem Leder und Chrom, und sie war ungefähr zu drei Vierteln voll. Noch nicht mal sechs Uhr am Abend. Bis zehn musste das ein angesagter Schuppen sein. Wichtiger noch, es gab Whiskey, und jede Menge davon. Durch die Menge bahnte er sich einen Weg zur Theke und war bereit, mit einem Jack auf Eis rumzumachen.

Ein weiterer Mann schwang sich auf den Barhocker neben ihm und bestellte einen Drink, den er Derby nannte. Ein wenig fassungslos beobachtete Stone, wie der Barkeeper ihn mixte. Wer, zum Teufel, kombinierte Whiskey mit Limettensaft? Und mit Grand Marnier und Wermut? Der Gast, ein dummerweise gut aussehender Schnöseltyp, nippte dankbar daran.

Stone schüttelte den Kopf. »Mein Opa würde Sie hinters Haus zerren und dafür erschießen, einem ausgezeichneten Sour Mash-Whiskey so was anzutun.«

»Machen Sie es nicht schlecht, bevor Sie es probiert haben«, platzte es aus dem Kerl heraus.

Stones Grinsen wurde breiter, während er den Neuankömmling einschätzte. Schnell bei Erwiderungen. Hatte ein bisschen was von einem Klugscheißer. Allerdings machte er komplett einen auf Captain America. Gerader Haarschnitt, glatt rasiert, mit kantigem Kinn und blauen Augen... eine wandelnde Milchwerbung, in der nur der weiße Schnauzbart fehlte. Absolut nicht sein Typ.

Der Captain überraschte ihn damit, zwei weitere Derbys zu bestellen und einen davon über die verspiegelte Bar zu ihm hinüberzuschieben. »Na los! Sie trauen sich ja doch nicht. Leben Sie doch mal gefährlich.«

Sarkastisch grunzte Stone. Der Bastard hatte keine Ahnung, wie gefährlich er üblicherweise lebte. »Danke für den Drink. Wie heißen Sie?«

»Christian Chatsworth-Brandeis.«

»Gütiger Gott. Wurden Sie mit einem Stock im Hintern geboren, um so einen Namen zu tragen?«

Man musste dem Typ anrechnen, dass er lachte. »So in etwa. Woher stammen Sie? Von einer Rinderranch in Texas?«

»Es war ein Milchbauernhof. Georgia.«

»Mein Beileid.«

»Wofür?«

»Dafür, dass ihr den Krieg verloren habt?«, schlug der Privatschüler vor.

»Hey. Der Aggressionskrieg des Nordens befindet sich lediglich in der Halbzeitpause. Wann immer ihr schneeweißen Yankee-Heulsusen für die zweite Runde bereit seid, kann's losgehen.«

»Wollen Sie noch einen Derby

»Nö. Ich bleibe bei meinem Jack auf Eis. Aber danke, dass Sie meinen Horizont erweitert haben.«

»Haben Sie einen Namen?«

»Stone Jackson.«

»Wow. Und Sie haben auf meinem Namen rumgehackt?«

»Mein Dad ist ein Bürgerkriegs-Geschichtsfan. Wir lebten in der Nähe von Atlanta. Nachname Jackson. Mom hat ihn mich nicht Stonewall nennen lassen. Das nächstgelegene, das sie zuließ, war Stone.«

»Waren Sie schon als Kind so gut gebaut oder wurden Sie oft verprügelt?«

Er zuckte mit den Schultern. Verprügelt worden war er oft, aber nicht wegen seines Namens.

Schweigend tranken sie eine weitere Runde. Irgendwo gegen Ende des dritten Jack auf Eis kam es Stone in den Sinn, dass er seit vierundzwanzig Stunden nichts mehr gegessen oder seit gestandenen sechsunddreißig Stunden nicht geschlafen hatte. Einen Haufen Alk in sich reinzukippen, war sicherlich nicht das Klügste, was er hätte tun können. Nur seine große Körpermasse konnte ihn vor dem Alkohol schützen. »Scheiße. Ich muss was essen.«

»Verträgst du keinen Alk? Ein großer, kräftiger Kerl wie du? Tz, tz.«

Er erzählte Christian Chatsworth-Brandeis genau, was er mit sich selbst machen konnte. Und – vielen herzlichen Dank – ohne die Silben zu lallen.

»Wohnst du hier im Hotel?«, fragte Christian grinsend.

»Ja. Der Schlüssel ist hier irgendwo.« Er fummelte in seiner Tasche herum.

»Barkeeper. Ich möchte, dass der Zimmerservice zwei Porterhousesteaks und eine Flasche Ihres besten Jack Daniels raufschickt auf... Wie ist deine Zimmernummer?«

»Zimmer 2306«, teilte Stone mit.

»Auf Zimmer 2306. Mit allem Drum und Dran. Salat, Ofenkartoffeln und Knoblauchbrot. Die doppelte Menge Brot.«

»Ich dachte, niemand würde mehr Kohlenhydrate essen«, warf er ein.

»Das hilft, den Alk aufzusaugen.«

»Ich bin nicht betrunken.«

»Wirst du aber sein, wenn du nicht bald was isst.«

»Sieh mal. Ich brauche keinen Babysitter.«

»Ich hab auch nie behauptet, dass du einen brauchst. Ich helfe nur einem Reisegefährten.«

Ein Reisegefährte, wie? Sie schlenderten durch die Lobby und warteten auf einen Fahrstuhl. »Von wo aus bist du angereist?«, fragte er Christian.

»Washington, D.C. Und du?«

Er runzelte die Stirn. »Von nirgendwoher, eigentlich. Ich reise ununterbrochen und ziemlich viel wegen des Jobs.«

»Was machst du?«

Schulterzuckend antwortete er: »Ich bin Berater. Schließe mich einer Menge Typen in Anzügen an. Die meiste Zeit tue ich nichts. Und du?«

»Persönlicher Assistent einer wichtigen Person, die namenlos bleiben sollte.«

»So was wie ein Sekretär?«

Christian verzog das Gesicht. »Es umfasst ein bisschen mehr als das. Ich berate bei verschiedenen Entscheidungen, bin die Schnittstelle zu Medienstellen, schreibe Reden, löse Krisen, was auch immer mein Boss braucht.«

»Wischst du ihm auch den Arsch ab?«

»Benimm dich. Und wo wir gerade von Ärschen sprechen, wir sollten deinen in dein Zimmer verfrachten, bevor du zu einem wirst.«

Stone hatte gerade genug Schnaps intus, um die dünne Schicht Kultur zu verlieren, die sein neuer Boss mit so viel Mühe auf ihn gepinselt hatte, nachdem er das Militär verlassen hatte. »Bietest du dich mir an, Christian Chatsworth-Brandeis, persönlicher Assistent und Arschabwischer der Extraklasse?«

Der Fahrstuhl erreichte sein Ziel, klingelte und öffnete sich, und Christian bot ihm höflich den Vortritt. Aber alte Angewohnheiten starben nicht so leicht. Während der andere Mann die Hand nach dem Knopf ins dreiundzwanzigste Stockwerk ausstreckte, bewegte sich Stone zur Tür, um sie durch seine große Erscheinung zu blockieren. Christian war groß und offensichtlich durchtrainiert, aber ihm fehlte die Masse von jemandem, der sich seit einer verdammt langen Zeit auf seine Muskeln verlassen musste, um am Leben zu bleiben.

Als der Fahrstuhl langsamer wurde, weil sie beim dreiundzwanzigsten Stockwerk ankamen, beugte sich Christian hinter ihm vor und murmelte in sein Ohr: »Fürs Protokoll, ich wische niemandes Arsch ab, nachdem ich mit ihm fertig bin.«

Etwas Heißes und Hungriges wallte in seinem Magen auf. Es war lange her. Sehr lange her. Sein Job verlangte seine volle Aufmerksamkeit und seine Kunden bezahlten nicht für weniger. Die neue Sache würde aber erst am nächsten Tag anfangen. Er war früher angereist, um sich einen Überblick über die Gegebenheiten zu verschaffen und den Jetlag auszuschlafen, damit er morgen in allerbester Form war. Ein Spiel mit Christian Chatsworth-Brandeis war jedoch noch drin...

»Bleibst du weiterhin da stehen oder können wir rausgehen?«, fragte Christian. Der Bastard klang amüsiert. Er wusste, dass er Stone mit dem absolut nicht nach Milchwerbung klingenden Kommentar aus dem Gleichgewicht geworfen hatte.

»Hab nur den Flur überprüft, um sicherzugehen, dass er leer ist.«

»Hast du Angst, mit mir gesehen zu werden? Das hier ist Miami, Kumpel. Obendrein South Beach. Niemand verschwendet hier einen Gedanken an derlei Dinge.«

Ungeduldig runzelte Stone die Stirn. »Darum geht's nicht.« Er war nur einfach schon so lange im Personenschutz tätig, dass er einen Fahrstuhl anders gar nicht mehr verlassen konnte.

 

***

 

Christian genoss den Anblick, als Stone vor ihm aus dem Fahrstuhl stieg. Der Mann war gebaut wie ein Gladiator. Besser noch, er schien geistig nicht so minderbemittelt zu sein, wie derartige Muskeln es vermuten ließen.

Sie betraten Stones Suite und das Erste, was Christian bemerkte, war ein großer Aluminiumkoffer, der in der Ecke stand. »Was ist das denn?«

»Meine Ausrüstung.«

»Bist du in einer Rockband?«

»Nein.«

»Professioneller SM-Kerkermeister?«

»Wunschdenken?«, schoss Stone zurück.

Christian grinste. Er hatte nichts gegen ungewöhnliche Sexpraktiken, aber wenn einer dabei das Sagen hatte, war er das. Stone kam ihm jedoch nicht wie der Typ vor, der die Kontrolle abgab, und Gott allein wusste, Christian war es auch nicht.

Die Steaks kamen schnell und der Kellner zwinkerte Stone zu, als er den Wagen hereinfuhr und aufstellte. Im Geiste prustete Christian vor Lachen. Jackson war viel zu sehr Mann, als dass dieses Kind mit ihm zurechtkäme.

Sie aßen überwiegend schweigend. Stone schien nicht geneigt, über sich zu sprechen, und Christian hatte nur wenig Erfolg damit, ihn aus der Reserve zu locken. Was ungewöhnlich war. Seine geschmeidigen, blaublütigen Umgangsformen funktionierten für gewöhnlich bei jedem.

Gegen Ende der Mahlzeit wurde er schließlich direkter und fragte: »Warum willst du nicht über dich sprechen? Ich würde gerne mehr über dich erfahren.«

Stone legte das Besteck beiseite und starrte ihn so intensiv an, dass er sich unbehaglich fühlte. Schließlich knurrte er: »Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünschst.«

»Warum? Bist du ein Axtmörder?«

Ein Schulterzucken. »Eine Axt als Waffe wäre nicht meine erste Wahl. Zu viele Blutspritzer. Es ist schwer, hinterher sauberzumachen.«

O-kay. War der Typ wirklich so gefährlich oder machte er nur einen auf harter Kerl? Angeber gingen ihm gerne auf den Sack. Er lehnte sich zurück und legte die Serviette weg. »Wirst du mir deine Waffe zeigen?«

»Du willst sie sehen?«

»Klar.«

Stone schüttelte den Kopf. »Wenn das ein Anmachspruch sein soll, ist es ein schlechter.«

Die Worte drückten Christian weiter in den Stuhl und er beurteilte die Situation noch einmal. Stone war nicht an einer schnellen Affäre interessiert, oder doch? Hm. Es kam nicht oft vor, dass er die Signale von Männern falsch interpretierte. Sicherlich war einem so heißen Typ nichts... peinlich... beim Sex, oder? Zum Teufel, sie lebten im einundzwanzigsten Jahrhundert. Die gleichgeschlechtliche Ehe war seit Langem legal und die Sodomiegesetze gehörten der Vergangenheit an. Persönlich lag ihm beiläufiger Sex zwar nicht, aber dieser Mann hatte eine interessante Ausstrahlung. Dunkel und heiß. Nicht die Sorte glatter Politiker aus Washington, die ihn üblicherweise umgab.

»Was willst du von mir, Christian?«

Nicht viele Leute nannten ihn bei seinem vollen Namen, aber aus Stones Mund gefiel es ihm. Verwirrt richtete er seine Aufmerksamkeit auf die Frage, die mit seinem Namen gestellt worden war. Was wollte er denn?

»Bin noch unentschlossen«, antwortete er schließlich.

Stone erhob sich und er tat es ihm gleich, als Stone verkündete: »Ich leide wie verrückt unter Jetlag, bin ein bisschen betrunken und du bringst mich zum Lachen. Würde ich kommen, wenn ich dich hart ficke? Ja, sicher. Aber ich habe weder die Zeit noch die Geduld für Dramen oder unreifen Beziehungsscheiß.«

»Ich auch nicht.«

Ihre starren Blicke trafen aufeinander. Na, dann verstanden sie sich jetzt ja. Sex. Heißer Sex. Vielleicht sogar harter Sex. Ohne weitere Verpflichtungen. Wie zwei Schiffe, die nachts aneinander vorbeifuhren. Christian bekam so abrupt einen Steifen, dass er kaum noch aufrecht stehen konnte. Ein kurzer Blick nach unten offenbarte, dass Stone in der annähernd gleichen Situation war.

Sie prallten eher aufeinander, als dass sie sich küssten. Stone war kein schlanker, geschmeidiger Tänzertyp. Andererseits war Christian das auch nicht. Stones Stirnrunzeln, als sie sich gegenseitig die Hemden herunterrissen, machte ziemlich deutlich, dass er üblicherweise auch nicht sein Typ war. Aber etwas an diesem Mann forderte ihn heraus. Etwas, wegen dem er Stone Jackson auf die Knie zwingen wollte.

Dann griff Stone ihm ins Haar, zog seinen Kopf zurück und biss ihm in die Lippe.

»Was zum Teufel?«, rief er.

»Willst du mir erzählen, dass du es einfach und kuschelig magst?«, knurrte Stone.

Er packte Stones Nacken, zog seinen Kopf nach vorne und biss zurück. »Ganz bestimmt nicht.« Himmel, dieser Mann war wie eine Backsteinmauer, unnachgiebig glatt mit scharfen Kanten und prallen Muskeln. Steinharten Muskeln. Und Narben. Mindestens ein halbes Dutzend riesige Irgendwann in der Vergangenheit wurde er beinahe ausgeweidet-Narben. »Du siehst aus, als wärst du in einem Kriegsgebiet gewesen.«

»In einigen davon«, murmelte Stone gegen Christians Mund. Seine Bartstoppeln kratzten an Christians Gesicht. Und das war unglaublich sexy. Stone war ein Mann von einem Mann, und er schickte sich an, alles von ihm zu bekommen.

»Soldat?«, murmelte Christian.

»So was Ähnliches.«

»Was ist denn ähnlich wie ein Soldat?«

»Redest du immer so viel?«

»Wirst du was tun, um mich zum Schweigen zu bringen?« Von Stone ging eine Aura aus, die das Testosteron in Christian zum Fließen brachte. Das war mehr als reines Ausstechen. Das Bedürfnis, herauszufordern und zu bezwingen.

Stone lachte dunkel und das Gefühl echter Einschüchterung flackerte in Christians Magen auf. War er diesem Kerl gewachsen? Welchen Ballast trug ein Mann mit so vielen äußerlichen Narben wohl im Innern? Hatte er die Eier, es herauszufinden? Etwas Wagemutiges – sogar Leichtsinniges – fuhr ihm in den Magen. Während der kleine Mann in seinem Ohr ihm zuflüsterte, dass er Stone Jackson wie die Hölle meiden sollte, trieb ihn ein tosendes Feuer in seinem Bauch weiter an.

Er hatte noch nie Sex mit einem Mann wie diesem gehabt und würde ihn wahrscheinlich auch nie wieder haben. Das würde roh und pornografisch werden und ihn für eine verdammt lange Zeit danach versauen. Aber er würde es für den Rest seines Lebens bereuen, wenn er vor diesem Augenblick kneifen würde. Vor diesem Mann. Diesem One-Night-Stand.

Mit verengten Augen griff er nach den Knöpfen von Stones lächerlicheh Kakishorts. Seine Knöchel streiften über eine Erektion, die groß genug war, ihn innehalten zu lassen. Jawohl. Ein Mann von einem Mann. Sein Unterleib bebte ein wenig vor Angst bei der Vorstellung, diese Härte auf die eine oder andere Art in sich aufzunehmen. Vielleicht war aber auch er derjenige, der nahm und Stone hart und unbefriedigt auf seinen Knien ausharren ließ. Allerdings warnte ihn die kleine Stimme hektisch, dass diesen Mann zu verspotten nicht die beste Idee wäre. Die Vergeltung wäre so was von verflixt heftig.

Derart heftig, wie er es noch nie zuvor erlebt hatte. Er verstand sich darauf, jede Situation zu regeln. Er mochte es berechenbar. Mochte Ordnung. Einige Leute nannten ihn sogar zwangsneurotisch. Man könnte ihn dabei ertappen, ein kleiner Kontrollfreak zu sein. Aber sein Leben hielt keine Überraschungen parat. Nicht mal bei sexuellen Begegnungen, bei denen er zwar sicherstellte, dass jeder Spaß hatte, er jedoch derjenige war, der den Ton angab.

Trotzdem war es seine Hose, die plötzlich geöffnet wurde, seine Hoden, die von einer großen, schwieligen Hand umfasst wurden, die in seine Unterhose tauchte, während Stones Daumen kundig über die Spitze seines Schwanzes rieb. Lust breitete sich explosionsartig in ihm aus. Heilige Scheiße. Hungrig schnellten seine Hüften nach vorne und Stone zog seinen Schwanz durch den Eingriff der Unterhose, umschloss ihn mit einer festen Faust und zog ihn daran tatsächlich quer durch den Raum. Wie, zum Teufel, er auf seinen Knien gelandet war, mit dem Gesicht in Stones Schritt, wusste er nicht. Er war der Nehmer, nicht der Geber.

Von Zeit zu Zeit hatte er sich träge gefragt, wie es wohl wäre, der Bottom zu sein. Aber die Typen, mit denen er sich üblicherweise verabredete, waren so eingeschüchtert durch seinen Job, seinen Nachnamen, sein Ansehen und den allgemeinen Rang, dass sie immer zu erwarten schienen, dass er das Sagen hatte und den Hausherrn gab. Und er hasste es nicht, der Top zu sein. Um ehrlich zu sein, er hatte niemals darüber nachgedacht, infrage zu stellen, wie er seinen Sex mochte. Nicht, bis dieses dunkle, gefährliche Alphamännchen in sein Leben gepoltert war.

Durch die Möglichkeiten fasziniert, erhob er sich und griff nach Stones Shorts. Aber dann küsste Stone ihn rau und saugte ihm dabei die Zunge beinahe aus dem Mund. Es tat ein bisschen weh und machte ihn heftig an. Die schockierende Erkenntnis überkam ihn, dass er noch nie zuvor Sex mit einem Mann wie diesem gehabt hatte. Einem Mann, der die Kontrolle übernehmen und exakt das tun würde, was er tun wollte, der ihn mit Volldampf ficken und dann um mehr bettelnd zurücklassen würde.

Das emotionale Risiko, das damit einherging, die Kontrolle an diesen Mann abzugeben, jagte durch ihn hindurch. Was, wenn es ihm gefiel, ein Bottom zu sein? Was, wenn er mehr davon wollte? Wo, zur Hölle, würde er einen anderen Mann wie diesen finden? Er sollte das hier nicht tun. Allerdings fiel ihm die Hose bereits von den Hüften und er ließ sich, mit dem Gesicht in den Sitzkissen vergraben, kopfüber über die Rücklehne des Sofas beugen und befehlen, genau so zu bleiben.

Stone verschwand für eine endlose, abscheuliche Minute, während Christian genau da stehen blieb, wo er stand. Er fürchtete sich davor, was dieser Mann mit ihm anstellen würde, war aber auch wahnsinnig verblüfft, dass er es hinnahm, auf diese Art herumkommandiert zu werden, und so erregt, dass sein Körper vor Aufregung zitterte. Als Stone zurückkam, rieben seine behaarten Oberschenkel leicht an Christians Hintern. Muskeln, von denen Christian nicht gewusst hatte, dass er sie besaß, verkrampften sich, ohne dass er Kontrolle darüber hatte.

Eine Hand massierte seinen Schwanz von hinten, bis Lusttropfen aus der Spitze quollen, und seine Hoden waren so fest, dass sie sich anfühlten, als würden sie jeden Moment explodieren. Er torkelte, als ein großer Finger unverblümt um seinen Anus kreiste und etwas Klebriges, vage Warmes darauf verteilte. Und dann, gütiger Gott. Ein Finger tauchte in sein Rektum. Er taumelte vor dem Eindringen davon, er rammte seine Hüftknochen gegen den Sofarahmen, aber er kam nicht weit genug, um dem bohrenden Finger zu entkommen.

Vor einer sehr langen Zeit hatte er ein paar Mal als Bottom fungiert, als er angefangen hatte, mit seiner Sexualität zu experimentieren. Es waren heimliche, schnelle Begegnungen mit anderen jugendlichen Jungs gewesen. Nicht im Geringsten wie das hier. Furcht machte sich in ihm breit. Und trotzdem hüpfte und zuckte sein Schwanz wie wild, seine Pobacken zogen sich zusammen und öffneten sich wieder, und er ließ einen dunklen, gefährlichen Fremden diese Pobacken spreizen und ihn noch mehr einölen.

Dann spürte er den stumpfen Kopf dieses großen, steinharten Schwanzes an seinem Eingang, was gleichzeitig ein Versprechen und eine Bedrohung war. Angst vor dem Unbekannten überflutete ihn zusammen mit dem brennenden Verlangen zu erfahren, was jenseits davon lag.

Welche Verrücktheit auch immer ihn zuvor überkommen hatte, jetzt preschte sie vor, raubte ihm den Atem und das bisschen Vernunft, das er noch hatte. Er wollte aufgespießt werden, zur Beute dieses Mannes werden, von ihm genommen und besessen werden. Seine Glieder wurden weich, sein Atem so kurz, dass er keuchte, seine Fäuste krallten sich in das Sofapolster, in das seine Zähne bissen.

»Wenn du dich nicht entspannst, wirst du mich nicht aufnehmen können«, murmelte Stone. Erneut manövrierte er diesen großen Finger durch Christians verkrampfte Muskeln. Diesmal schob er ihn tiefer hinein, füllte ihn aus und zog ihn dann beinahe vollständig wieder heraus. Und wieder liebkoste er ihn mit erschreckender Vertrautheit.

Christian spürte, wie sich ein Orgasmus bildete. Kleine Wellen irrsinniger Lust entstanden tief in seinem Inneren und zogen bis in seine Hoden, als Stone den Hotspot bearbeitete, den bisher immer er bei anderen bearbeitet hatte. Kein Wunder, dass seine Partner verrückt nach Sex gewesen waren. Er starb jetzt schon fast.

»Himmel, bist du eng«, presste Stone hervor. »Ich werde vorsichtig sein müssen.«

Gut zu wissen, dass auch Stone Probleme damit hatte, sich zurückzuhalten. Die Sache war die, in diesem Moment wollte er eher nicht, dass sich Stone zurückhielt. Seine Hüften bewegten sich wie von allein, als seine Selbstkontrolle um eine weitere Stufe absank. Sex. Er wollte Sex, jede Menge davon. Genau jetzt.

Mit einer Hand auf seinem Lendenwirbelbereich drückte Stone ihn nach unten. Die Kraft von Stones Handfläche war erstaunlich. Christian war kein kleiner Mann und er trainierte oft. Trotzdem ließ Stone ihn mit Leichtigkeit verharren. Noch mehr dieser seltsamen Mischung aus Einschüchterung und Anziehungskraft zerrte an ihm.

Stone machte einen Schritt vorwärts, seine Oberschenkel drückten Christians eigene weiter auseinander. Jetzt war er der Gnade dieses Mannes ausgeliefert. Unablässig fluchte er vor sich hin, es zu lieben und zu hassen. Bereit zum Gnadenstoß, befand sich dieser steinharte Schwanz wieder an Christians hungriger Öffnung. Er spürte, wie sich Stone an ihm anspannte...

... und erstarrte, als ein Telefon klingelte.

»Nicht meins«, blaffte Stone und trat zurück. »Musst du da rangehen?«

Ver. Fluchte. Scheis. Se. Der persönliche Klingelton seines Chefs. Die einzige Person auf der ganzen Welt, deren Anrufe er annehmen musste, ob bei Tag oder Nacht, bei Regen oder Sonnenschein, ob er kurz davor stand, in epischem Ausmaß gefickt zu werden oder nicht.

Ruckartig kam er vom Sofa hoch, zerrte an seiner Hose und fischte in den Taschen herum. »Ja, Sir«, sagte er, als er ans Telefon ging und dabei versuchte, weder außer Atem noch geschlagen zu klingen.

»Habe ich Ihr Training unterbrochen?« Senator Jack Lacey aus dem großartigen Staat Texas klang affektiert. »Oder ist sie ein heißes, kleines Ding, das gewillt ist, Sie ranzulassen?«

Es war kein Geheimnis, dass er schwul war, aber Lacey versuchte weiterhin, ihn davon zu überzeugen, sich aufs Spielen mit Muschis zu verlegen. Verflucht, heute Nacht war offenkundig er das heiße, kleine Ding, das gewillt war, jemanden ranzulassen.

»Was kann ich für Sie tun, Sir?«, fragte er und ignorierte die Frage des Mannes.

»Ich muss den Reiseverlauf für diesen verdammten Spendenblitzkrieg mit Ihnen durchgehen, den Jill zusammengestellt hat. Ein paar dieser Auftritte, für die sie mich gebucht hat, werde ich auf keinen Fall absolvieren.«

»Wieso besprechen Sie das nicht mit Ihrer Frau, Sir?« Er tat sein Bestes, sich aus den wütenden Gefechten rauszuhalten, die sich Jack und Jill Lacey hinter verschlossenen Türen lieferten.

»Die Schlampe kommt vor Freitag nicht hierher. In Texas findet irgendeine Gartenparty statt und sie ist ausgeflogen, um daran teilzunehmen. Hat mich zurückgelassen, um all dieses gottverdammte Händeschütteln mit einem Haufen blauhaariger Juden zu veranstalten, die in den Süden kommen, um dort zu sterben.«

Christian zuckte zusammen. Wenn sein Boss eins war, dann ein unsensibler Rassist. Tatsächlich würde er ihn nicht wählen, wäre er ein Einwohner von Texas. Aber Jack Lacey war ein mächtiger Senator in Washington und als Mitglied seines Stabs hatte Christian die Chance bekommen, dabei mitzuhelfen, bahnbrechende Rechtsvorschriften für die Satzung der bundesstaatlichen Strafverfolgung zu entwerfen. Insgeheim hoffte Christian, das lieber früher als später zu einem Job bei der Justizbehörde ausbauen zu können. Aber bis dahin war er dazu gezwungen, diesem Penner sprichwörtlich den Arsch abzuwischen.

Auf der Suche nach Stone sah er sich im Wohnzimmer um, aber der war nirgends zu sehen. Wahrscheinlich war er ins Bad gegangen, um diesem extremen Ständer Erleichterung zu verschaffen. Glücklicher Bastard.

Es fing an so auszusehen, als würde er seine Erektion in seiner Hose verstauen und wie ein gehorsamer Lakai den Flur hinuntertraben müssen. Um die nächsten zwei Stunden damit zu verbringen, seinem idiotischen Boss zu erklären, warum diese Serie öffentlicher Auftritte in Florida gut für seine gesamte Partei war. Und ihm Gefälligkeiten, Spenden und Unterstützung für seine eigene Wiederwahl-Kampagne einbringen würde.

Er zog sich sein Hemd über, knöpfte es verärgert zu, band sich mit fahrigen Bewegungen die Krawatte um und benutzte den Spiegel hinter der Bar, um sie geradezurücken und sich zu kämmen. Nein, er sah nicht aus wie ein Mann, der an der Schwelle zum Fick seines Lebens gestanden hatte.

Allerdings verteilte sich Gleitmittel auf eine sehr erotische Art in seiner Unterhose, während er den Flur entlangging, und erinnerte ihn unmissverständlich daran, was beinahe hätte sein können. Sein äußerst unbefriedigter Schwanz brachte sich erwartungsvoll in Erinnerung. Platz, Tonto. Für dich gibt’s keinen Lone Ranger. Genervt und mit Unbehagen setzte er eine freundliche Miene auf und klopfte an Laceys Tür. Manchmal hasste er sein Leben wirklich.