Fire&Ice

Band 14

Taylor Falk

 

 

 

 

Allie Kinsley

Inhaltsverzeichnis

Fire&Ice

Bereits erschienen:

1 Erster Eindruck

2 TALIN

3 Gespräche

4 Geburtstag

5 Tag danach

6 Schöne Zeiten

7 Letzer Tag

8 Boston

9 Immer mehr

10 Zusammenfinden

11 Freunde

12 Allein

13 Überwindung

14 Freunde

15 Gemeinsam

16 Neue Wohnung

17 Komplikationen

18 Neues Leben

19 Freunde

20 Umzug

21 Epilog

Bonuskapitel

LESEPROBE:

Für D.,

Rechtliches, oder was keiner lesen will und trotzdem drin stehen muss …

 

Bereits erschienen:

Fire&Ice 1 – Ryan Black

Fire&Ice 2 – Tyler Moreno

Fire&Ice 3 – Shane Carter

Fire&Ice 4 – Dario Benson

Fire&Ice 5 – Brandon Hill

Fire&Ice 5.5 – Jack Dessen

Fire&Ice 6 – Chris Turner

Fire&Ice 6.5 – Gregor Zadow

Fire&Ice 7 – Logan Hunter

Fire&Ice 7.5 – Jonas Harper

Fire&Ice 8 – Julien Fox

Fire&Ice 9 – Luce Suarez

Fire&Ice 10 – Joey Parker

Fire&Ice 11 – Matthew Fox

Fire&Ice 12 – Fabio Bellini

Fire&Ice 13 – Alex Altera

Fire&Ice 14 – Taylor Falk

 

Sweet like Candy

 

Protect Me – Brian

Protect Me – Ash

Protect Me – Ray

Protect Me – Dante

Protect Me – Chase

Protect Me – Levin

 

Yearn for Adam

Yearn for Slade

 

 

Copyright © 2017 Allie Kinsley

All rights reserved.

SW Korrekturen e.U., www.swkorrekturen.eu

Cover Foto: Bigstockphoto.com, ID: 16933124, Lisa_A

 

 

 

 

 

 

 

1 Erster Eindruck

 

 

TAYLOR

 

Mit den Augen suchte Taylor in der Drogerie das Regal mit all dem Frauenkram ab. Sowohl er als auch Max fühlten sich hier sichtlich unwohl.

Max, Taylors geliebter Bernhardiner, wohl eher, weil alles stark nach Parfüm stank, er selbst, weil es ihm irgendwie unangenehm war, diese ganzen Ladys-only-Produkte zu begutachten.

Aber was tat man nicht alles für seine beste Freundin? Na ja, oder ein Stück weit für sich selbst, weil man die beste Freundin absolut nicht ertragen kann, wenn sie mit einem Heulkrampf im eigenen Wohnzimmer sitzt.

Taylor schüttelte genervt den Kopf. Er hatte für ziemlich viel Verständnis und im Allgemeinen die Geduld eines Esels, aber bei heulenden, gebrechlichen Frauen spielten seine Nerven einfach nicht mit.

Er ging weiter das Regal entlang auf der Suche nach einem Schwangerschaftstest und zog den widerwilligen Max dabei hinter sich her.

Max war auch so ein Übel, das er von einem Freund übernommen hatte. Fabio hatte nicht nachgedacht und hatte den Hund aus dem Tierheim geholt, bevor er ins Krankenhaus musste. Taylor hatte damals zugestimmt, acht Wochen auf den Rüden aufzupassen. Das war jetzt schon einige Monate her und ganz ehrlich … er hatte nicht vor, seinen neuen besten Freund wieder abzugeben.

Taylor schaute zurück auf den eigensinnigen Bernhardiner und prallte ungebremst in eine andere Person. Er hörte ein Quietschen, aber als er sich umblickte, sah er niemanden. Erst ein Blick nach unten zeigte ihm, dass er die zierliche Frau mit seinem Bodycheck zu Boden geworfen hatte.

Ein Blick in ihr Gesicht ließ ihn fluchen. Sie heulte – was auch sonst, wenn sie mit voller Wucht auf dem Boden auftraf.

"Verdammt. Gott, das tut mir so leid", brummte er, packte sie unter den Armen und stellte sie auf die Füße.

Es war nicht schwer. Er war sehr stark und sie ziemlich leicht, obwohl sie mit ihren Stöckelschuhen nur einen Zentimeter kleiner war als er.

Sie sah ihn aus riesigen, verweinten Augen an. Ihre roten Haare … Taylor ging davon aus, dass sie gefärbt waren, so dunkel und tiefrot wie sie waren, standen ihr vom Sturz ziemlich wild vom Kopf ab.

"Haben Sie sich verletzt?", fragte er und versuchte die Unordnung glatt zu streichen.

Sie starrte ihn noch immer wortlos an und hickste dann.

Schluckauf … vom Heulen wahrscheinlich.

"Geht es Ihnen gut?"

"Ja, Entschuldigung", murmelte sie.

Sie war hübsch und irgendwie süß, und das, obwohl sie so verheult aussah. Definitiv eine Leistung, die nur die wenigsten Frauen schafften.

Sie hatte ein eher ovales Gesicht, dessen Stirn von einem schrägen Pony verdeckt wurde. Die Augen waren von einem so warmen Braun, wie Vollmilchschokolade. Die einzige Sünde, die er sich immer mal wieder gönnte. Ihre Nase war zierlich und gerade, die Lippen voll und sahen einladend weich aus. Er ließ seinen Blick ihren schlanken Körper entlangwandern. Kleine, feste Brüste unter einem Tanktop, ein flacher Bauch und eine schmale Taille, in der Hand einen Schwangerschaftstest.

Noch nie hatte er bei einem Schwangerschaftstest Enttäuschung und Erleichterung zugleich gespürt.

Er griff nach ihrem Handgelenk und zog ihre Hand direkt vor ihr Gesicht. "Wo kommt der her?"

Sie hatte wieder diesen Reh-im-Scheinwerferlicht-Blick drauf, also schüttelte er kurz ihre Hand.

Die leckere, leider wohl schwangere Frau hatte die Lösung für all seine Probleme … oder zumindest für die zwei auf seinem Sofa.

"Wo haben Sie den gefunden?", wiederholte er seine Frage.

Mit zitternder Hand deutete sie auf das Regalfach neben ihm. Taylor wandte den Blick zu dem Regal, und tatsächlich, da waren sie … eintausend verschiedene, was ein weiteres Problem darstellte, aber da waren sie! Er küsste die Hand der Fremden und sagte inbrünstig: "Danke! Sie retten mein Leben! Meine Freundin sitzt auf meinem Sofa und heult sich die Seele aus dem Leib!"

Er wandte sich dem Regal zu und inspizierte die riesige Auswahl. Teststreifen, ganze Stäbchen, Wochenanzeiger … was auch immer das sein sollte, Frühtest, zwei Streifen, drei Streifen, unterschiedliche Farben … wie sollte er da jemals den richtigen erwischen? Völlig überfordert entschied er sich, sicherheitshalber alle mitzunehmen. Er meinte sich zu erinnern, dass Shane auch immer mehrere für Maya kaufte, also würde Zoey sie schon gebrauchen können.

 

FAY

 

Mit noch immer zittrigen Händen und hängenden Schultern ging sie zur Kasse. Warum musste sie ausgerechnet im peinlichsten Moment ihres Lebens in einen absoluten Traummann stolpern?

Na ja, so oder so, seine Freundin wartete ja schon zu Hause auf ihn. Er schien es kaum erwarten zu können, zusammen mit ihr herauszufinden, ob sie eine glückliche Familie werden würden.

Die guten sind eben immer schon vergeben, Fay.

Unter solchen Umständen würde sie sich auf den Test auch freuen, aber nicht, wenn sie mit dem Vater des eventuellen Kindes nichts mehr zu tun haben wollte. Aber egal, was kommen würde, sie würde es schon hinbekommen. Wie immer. Sie würde stark sein und alles allein regeln.

 

TAYLOR

 

Zurück im Treppenhaus, das zu seiner Wohnung führte, ging er in die Knie. Max legte die Vorderpfoten auf Taylors Schultern, wie er es in den vergangenen Wochen gelernt hatte, und Taylor umfasste seine Hinterläufe. Huckepack trug er den fast neunzig Kilo Koloss in den ersten Stock. Er verfluchte dieses Haus nicht zum ersten Mal dafür, dass es keinen Fahrstuhl hatte.

"Ich schwöre dir, Dickerchen, ab morgen machst du Diät!", brummte Taylor und ging am oberen Treppenabsatz auf die Knie, damit Max hinuntersteigen konnte.

"So viele Kilos können nicht gut für dich sein, wenn du sowieso schon Probleme mit den Hüften hast!"

Max musterte ihn nur stumm und wedelte träge mit dem Schwanz.

Kopfschüttelnd schloss Taylor die Tür zu seiner Wohnung auf. Vorsichtig lauschte er. Kein hysterisches Heulen mehr, er hoffte nur, dass er es mit den Tests nicht wieder von Neuem anfachte.

Er schwenkte die Tüte wie ein Friedensangebot vor sich, während er mit Max die Wohnung betrat.

Der Rüde ließ sich direkt neben der Tür wie ein nasser Sack fallen.

Fauler Hund!

Dabei musste er doch noch nicht mal sich selbst die Treppen hochschleppen!

"Ich hab ihn und noch zwanzig andere, falls es der falsche ist", sagte Taylor und musterte die beiden auf seinem Sofa.

Er kannte Zoey so nicht, und er wollte sie so auch nicht kennen. Sie sollte gehen und wieder kommen, wenn sie ihre bissige Art wiedergefunden hatte.

Mat grinste und sagte dann in vorsichtigem Ton: "Dann lass uns nach Hause gehen und die Tests machen." Das fand Taylor einen hervorragenden Plan. Auf Mat war einfach Verlass.

Leider schüttelte Zoey schniefend den Kopf.

"Ich will ihn sofort machen."

Eine schniefende Zoey will … Da gab es weder für ihn noch für Mat etwas zu drehen. Taylor reichte Mat die Tüte und deutete dann auf die Badezimmertür. Je schneller sie das fertig hatten, desto früher hatten Max und er wieder ihre Ruhe.

Mat half Zoey auf, als wäre sie zerbrechlich oder bereits hochschwanger. Dann gingen sie zusammen in das kleine Badezimmer.

Erschöpft ließ Taylor sich auf das alte Sofa fallen. Kurz darauf gesellte sich Max zu ihm und nahm fast dreimal so viel Platz ein wie Taylor selbst.

Während er durch das weiche Fell an Max' Ohren streichelte, kam ihm unvermittelt die zierliche Rothaarige aus dem Supermarkt in den Sinn.

Er ärgerte sich darüber, dass er sich keine Zeit genommen hatte, einen Moment länger mit ihr zu sprechen. Er war so glücklich gewesen, dass er die Tests gefunden hatte, dass er gar nicht länger darüber nachgedacht hatte, dass sie nicht zwangsläufig schwanger sein musste.

Vielleicht hatte sie den Test für eine Freundin gekauft oder er war nur eine Vorsichtsmaßnahme oder, oder, oder.

Genervt stöhnte er, als er Zoey wieder heulen hörte. Wäre er doch lieber bei der Frau mit den Schoko-Augen geblieben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2 TALIN

 

 

TAYLOR

 

Er wusste nicht, ob er sich freuen oder ärgern sollte, dass Zoey und Mat mit nach Talin gekommen waren. Er liebte Zoey, wirklich! Aber dieses ständige Geheule ging ihm so was von auf den Sack. Es war, als hätten Aliens die Erde bevölkert und von Zoeys Körper Besitz ergriffen. Sie war nicht sie, sie war nicht, wie er sie die letzten zwanzig Jahre kannte.

Während der Alieninvasion war auch Mats Körper besetzt worden. Der knallharte Alleswisser hatte sich zu einem fast schon wehrlosen Häufchen Elend verwandelt, sobald es um eine heulende Zoey ging. Und es war gerade mal der dritte Monat! Taylor hatte keine Ahnung, wie er die nächsten sechs überstehen sollte.

Vier Tage waren sie nun schon in Talin bei dem jährlich für zwei geniale Wochen stattfindenden Mittelalterfestival. Das Lager hatten sie wie im Jahr zuvor aufgebaut. Fire&Ice und Setarips zusammen.

Luces Jungs, Tom, Jason und er teilten sich das große Schlafzelt. Taylor störte das nicht, er war es seit Jahren nicht anders gewohnt, als seine Nächte auswärts zu verbringen.

Tom und Jason hatten nur widerwillig zugestimmt. Tyson, Juan und Alessio hatten alles wie immer schweigend akzeptiert. Einzig Sandro schien diese Konstellation wirklich gut zu finden.

Die Schlafzelte und das große Gemeinschaftszelt waren im Kreis rund um die Feuerstelle aufgebaut, die Tag und Nacht brannte, obwohl es Ende Juli sowieso schon verdammt heiß in Talin war.

Taylor hatte sich seine Decke in den Schatten des großen schwarzen Zelts gezogen und beobachtete das Geschehen.

Logan und Trish turtelten wie frisch Verliebte und bemerkten noch nicht einmal, dass sie von Chris mit Argusaugen beobachtet wurden.

Nicky, die davon genervt zu schein schien, schnippte ihm gegen das Ohrläppchen.

Jason trainierte mit Juan, Alessio und Sandro, während Tyson ihren Handlanger spielte.

Zoey und Mat schienen wieder einmal in eine Diskussion verwickelt zu sein. Mats gequältem Gesichtsausdruck nach verlor er sie gerade.

"Ich geh auf den Markt", sagte Zoey in diesem Moment und stand auf.

Mats Blick irrte über die Anwesenden, eindeutig auf der Suche nach Hilfe.

Seufzend stand Taylor auf, vergrub die Hände in den tief sitzenden Gauklerhosen und schlenderte zu den beiden hinüber.

"Nimmst du mich mit, Süße?", fragte er und lächelte Zoey schelmisch an.

Aus zwei Gründen. Zum einen, weil Zoey ihm dann nichts abschlagen konnte, und zum anderen, um Mat zusätzlich zu dem Kosenamen zu provozieren.

Mat hatte es verdient. Er zog Taylor ständig in seine Auseinandersetzungen hinein, obwohl das alles überhaupt nicht passiert wäre, wenn er Zoey gar nicht erst geschwängert hätte.

Zoey lächelte zuckersüß und antwortete auf Deutsch: "Du ärgerst ihn absichtlich."

Ebenfalls auf Deutsch sagte Taylor: "Du etwa nicht? Du würdest kaum Deutsch mit mir sprechen, wenn du ihn nicht auf die Palme bringen wolltest."

Zoey verzog schmollend ihr hübsches Gesicht. "Er hat es verdient. Er macht mich verrückt!"

Dass sie sich gegenseitig das Leben zur Hölle machten, sagte Taylor lieber nicht. Es könnte in einem Heulkrampf von Zoey enden, und er würde es ausbaden müssen.

"Sprecht Englisch! Sofort!", bellte Mat.

Die lustige Ader auf seiner Stirn pulsierte, er musste wirklich am Ende mit seinen Nerven sein.

"Wir gehen auf den Markt", sagte Taylor und lächelte besänftigend.

"Das habt ihr gerade aber nicht geredet", sagte Alex auf Englisch im Vorbeigehen.

Mieser Verräter!

Bevor eine Diskussion ausbrechen konnte, schnappte er sich Zoeys Hand und zog sie hinter sich her den Wall hinauf auf die Straße, die zum Markt führte. Ein paar Minuten Ruhe von diesen hormongeschuldeten Beziehungsdramen würde ihnen allen guttun. Außerdem freute Taylor sich auf ein bisschen Zeit allein mit seiner besten Freundin.

 

FAY

 

Es war ihr erstes Jahr in Talin. Ihre Freundin Amber hatte sie dazu überredet, mitzufahren. Sie hatte es schon in den Jahren zuvor immer wieder versucht, aber es hatte nie in Fays Zeitplan gepasst.

Dieses Jahr mitzufahren war aber genau die richtige Entscheidung. Einmal raus aus all dem Alltagsstress, einmal vergessen, was in ihrem Leben gerade so alles schiefläuft, und vor allem, ein bisschen Abstand von Kevin bekommen, der ihr zum wiederholten Male das Herz gebrochen hatte.

An Ambers Seite schlenderte sie über den Markt. So etwas hatte sie noch nie gesehen. Lauter kleine Stände und Buden, jede einzelne liebevoll hergerichtet. Keine simplen Anhänger mit Planen oder umgebaute Transporter. Die Hütten waren aus Holz und bis ins kleinste Detail ausgestaltet.

Von Lebensmitteln über Kleider, Schmuck und Souvenirs gab es alles zu kaufen. Die Händler selbst hatten zu ihren Ständen passende Kleidung an. Manche ganz simple, andere prunkvolle Gewänder aus schwerem Samt.

Bei diesem Wetter beneidete sie keinen der Händler. In den Hütten musste es schon heiß genug sein, dazu die vielen Schichten, die sie trugen, und die meisten von ihnen hatten auch noch sehr warm aussehende Kopfbedeckungen auf.

Sie blieb an einem Stand stehen, an dem es kleine Ketten mit Steinen passend zu jedem Sternzeichen gab.

Bewundernd drehte sie einen der kleinen Steine in ihrer Hand. Er war braun mit einen Goldstich, sah genauso aus wie ein bestimmtes Paar Augen, das sie erst ein einziges Mal gesehen hatte, das ihr aber bis heute nicht aus dem Kopf gegangen war.

"Sieh dir das mal an", sagte Amber.

Fay sah auf, konnte sich aber nicht mehr auf ihre Freundin konzentrieren. Über Ambers Schulter hinweg sah sie genau diesen Mann, der ihr seit Monaten durch den Kopf spukte.

Er sah noch genauso atemberaubend aus wie beim letzten Mal, als sie ihn gesehen hatte. Oder sogar noch umwerfender, jetzt, wo sie ihn oben ohne bewundern konnte.

Die Schultern waren breit und kräftig, wie sie sich damals schon unter dem Shirt abgezeichnet hatten. Seine Brust war ebenfalls sehr trainiert und ging in einen Sixpack über, der ihre Finger vor Verlangen, ihn zu berühren, kribbeln ließ.

Sein schönes Gesicht mit dem Dreitagebart hatte er zur Seite gewandt, was seinen markanten Kiefer nur noch mehr betonte. Seine einmaligen Augen hatte er auf die Frau neben sich gerichtet. Erst jetzt fiel Fay auf, dass er einen seiner muskulösen Arme um sie gelegt hatte. Das war also die Frau, für die er den Test gekauft hatte. Sie passte zu ihm. Die Blondine war unglaublich schön, fast schon ein Model. Groß und schlank, strahlend blaue Augen und puppenhafte Gesichtszüge.

Kein Wunder, dass er ihr nicht einmal einen zweiten Blick gegönnt hatte. Wer so eine Frau zu Hause hat, braucht nun wirklich keiner anderen mehr nachzuschauen.

"Wie gefällt es dir?", fragte Amber.

"Gut", murmelte Fay, die beobachtete, wie der Mann der Frau einen Kuss auf die Schläfe gab, woraufhin sie ihn strahlend anlächelte.

Es war das perfekte Glück, genau das, was sie selbst seit Jahren vergeblich suchte. Mühsam schluckte sie gegen den Kloß in ihrem Hals an und wandte sich Amber zu, die noch immer von wer weiß was sprach.

 

TAYLOR

 

Obwohl sich Zoeys Laune nach ihrem gemeinsamen Nachmittag auf dem Markt wieder gebessert hatte, beschloss Taylor, diesen Abend nicht mit den anderen im Lager zu verbringen, sondern auf dem Marktplatz zu bleiben.

In diesem Moment saßen die beiden Gruppen an dem großen runden Tisch, der für die Mitglieder von Fire&Ice reserviert war.

In weniger als einer halben Stunde würde die Show starten. Luce briefte die Gruppe noch einmal, da sie dieses Jahr in einer völlig anderen Besetzung auftraten als in den Jahren zuvor. Dem Veranstalter hatte das nicht sonderlich gefallen, aber Taylor war sich sicher, dass sie auch in dieser Mannschaft voll überzeugen konnten. Nicht umsonst hatten sie die letzten Wochen so viel trainiert.

"Wann kommt das Baby denn?", fragte Kyle in diesem Moment an Zoey gewandt.

Zoey zuckte die Schultern. "Wir haben noch keinen Termin festgelegt."

Verwirrt runzelte Tonia die Stirn. "Termin? Wie willst du denn einen Termin für dein Baby machen?"

"Na, für den Kaiserschnitt", sagte Zoey, als wäre das völlig normal.

Taylor schauderte bei dem Gedanken, dass Zoey der Bauch aufgeschnitten wurde.

"Warum willst du denn keine normale Geburt? Es ist doch viel besser für das Baby, wenn …"

Zoey unterbrach Kyle mit einem Schnauben. "Das alles habe ich schon unzählige Male gehört, Kyle. Aber ich kenne meinen Körper, und ich weiß, wie groß Babyköpfe sind. Und glaub mir, der Kopf eines Babys passt da niemals durch!" Zoey deutete zwischen ihre Beine.

Taylor zuckte bei der Vorstellung zusammen. Im Augenwinkel sah er, dass es Mat genauso ging.

Dann begannen Zoey, Kyle, Tonia und die anderen Frauen darüber zu diskutieren, was warum anatomisch möglich ist und was nicht.

Einige Minuten hörten die Männer am Tisch zu, dann sprang der etwas blass gewordene Mat auf. "Wir … äh … müssen uns vorbereiten!", sagte er und alle folgten ihm hastig hinter die Bühne.

 

Die Show verlief wie erwartet reibungslos. Auch die neuen akrobatischen Teile kamen bei den Zuschauern gut an.

"Jetzt seid ihr froh, dass ihr uns dabeihabt, stimmts?", sagte Sandro, der immer wieder betonen musste, dass er um so vieles fitter war, weil er jünger war. Grünschnabel!

"Halt die Klappe, Sandro. All deine Muskeln bringen dir nichts, wenn du nicht weißt, wie du sie einsetzen musst", sagte Jason.

Taylor glaubte insgeheim, dass Jasons Ego einen Kratzer hatte, weil Sandro den Part als Untermann so mühelos absolvierte.

"Ich weiß, wie ich sie einsetzen muss", sagte Sandro, hob seinen Arm und ließ seinen Bizeps spielen, als sie den Tisch erreichten.

"Ich habe gehört, Anabolika machen impotent", sagte Tia mit ernster Miene, aber ihre Augen funkelten belustigt.

Sandro ließ seinen Arm sinken. "Ich nehme keinen Stoff!", protestierte er.

Alle am Tisch lachten, außer Sandro.

"Wirklich nicht! Ich bin eben von Gott mit diesem Körper gesegnet, dafür brauche ich keine Steroide!"

 

FAY

 

Zusammen mit Amber und Davin stand sie an der Bar und trank Honig-Met. Sie mochte den süßen Geschmack dieses Getränks und die Gesellschaft ihrer Freunde sowieso.

Amber und Davin waren zusammen mit Fay aufgewachsen. Sie waren alle 25 Jahre alt, damit endeten ihre Gemeinsamkeiten aber auch schon.

Während die beiden über das Innenleben irgendwelcher Maschinen redeten, bei dem Fay noch nicht einmal hätte mitreden können, wenn sie auch nur die Hälfte des Vokabulars verstanden hätte, hingen Fays Gedanken bei Fire&Ice.

Die Show aus Feuerspucken und Akrobatik war an und für sich schon beeindruckend, dazu noch ein Haufen halb nackter Männer mit wirklich beeindruckenden Körpern … Fay fand durchaus Gefallen an diesem Akt.

Sie hatte die Auftritte der Gruppe schon in den letzten Tagen gesehen, aber immer mehr das Gesamtkonstrukt betrachtet, weniger die einzelnen Teilnehmer.

Jetzt, wo sie wusste, dass der Mann aus dem Supermarkt da war, hatte sie ihn sofort entdeckt.

Während des Auftritts hatte sie jede seiner Bewegungen beobachtet, jeden festen Handgriff, jedes Spiel seiner Muskeln. Sobald sie sich dabei ertappt hatte, meldete sich ihr schlechtes Gewissen mit mahnend erhobenem Zeigefinger.

Er hatte eine Freundin, wenn nicht sogar eine Frau, die schwanger war, ihn zu begehren kam also absolut nicht infrage.

Und selbst wenn es nicht so wäre. Mit genau ebendiesem Typ Mann war sie gerade erst wieder auf die Schnauze gefallen.

Man sollte doch meinen, dass ich irgendwann mal aus meinen Fehlern lerne …, dachte sie schlecht gelaunt.

"Ich geh zurück zum Lager", sagte sie zu ihren Freunden, die nur abwesend und in ihr Gespräch vertieft nickten.

Langsam schob sie sich durch die dicht gedrängte Menge auf dem Marktplatz. Der schlimmste Teil war der vor der Bühne, aber auch den hatte sie nach wenigen Minuten passiert. Dann wurde es wieder leichter, vorwärtszukommen.

Wie aus dem Nichts tauchte rechts von ihr jemand auf und rammte sie so heftig, dass sie beinahe zu Boden gegangen wäre. Ebendieser jemand packte sie dann aber gerade noch rechtzeitig am Arm und verhinderte ihren Sturz.

"Oh, verdammt. Sorry, ich hab dich gar nicht gesehen, ich …" Fay erkannte die Stimme sofort, es war der Typ aus dem Supermarkt.

"Hey! Du bist doch die Kleine aus dem Supermarkt", sagte er synchron zu ihren Gedanken.

Als klein war sie wirklich noch nicht oft bezeichnet worden. Sie sah auf und direkt in seine warmen, braunen Augen.

Er grinste sie frech an. "Das wird langsam zur Gewohnheit." Er ließ ihren Arm los und streckte ihr eine Hand entgegen. "Ich bin Taylor."

Zögerlich schüttelte sie seine Hand. "Fay." Sie fühlte sich gut an, warm und kräftig, als wüsste er durchaus etwas mit ihnen anzufangen.

"Freut mich, Fay. Darf ich dich zur Entschädigung zu einem Drink einladen?", fragte er.

Sie nickte, auch wenn sie nicht genau wusste, warum. Eigentlich sollte sie sich lieber von ihm fernhalten. Dieser Mann weckte Sehnsüchte in ihr, die nie gestillt werden würden. Auffordernd legte er ihr eine Hand auf den Rücken. Dann führte er sie zur nächstgelegenen Bar.

"Also, Fay, wie kommst du hierher?", fragte er auf dem Weg.

"Mit Freunden." Sein Lächeln verwirrte sie. Es war mehr als nur offen, fast schon flirtend. Aber das musste sie sich einbilden. Kein Mann würde mit ihr flirten, wenn er so eine Freundin hatte wie er.

"Wie heißt euer Lager?", hakte er nach und gab dem Barkeeper ein Zeichen, dass er bestellen wollte.

"Ramiros." Damit ihre Antworten nicht ganz so einsilbig waren, fragte sie: "Du bist von Fire&Ice?"

Taylor grinste. "Setarip, aber wir sind zusammen mit den Jungs hier, und ich helfe quasi aus, weil einige von ihnen zu Hause bleiben mussten." Dann wandte er sich dem Barkeeper zu. "Zwei Cola-Rum, bitte."

Fragend sah er sie an. "Darfst du überhaupt Alkohol trinken?"

Verwirrt runzelte sie die Stirn, so jung sah sie doch nun wirklich nicht mehr aus. "Warum nicht?"

Er fuchtelte etwas unbeholfen in der Luft herum. "Wegen dem Test … du bist also nicht schwanger?"

Sie lächelte verlegen, dieser Moment war ihr immer noch mehr als nur peinlich. "Nein."

"Das ist gut." Er grinste breit. "Äh … oder?", schob er dann hinterher.

Fay lachte auf. Taylor schien ein Talent für Fettnäpfchen zu haben, so schnell, wie er zurückgerudert war.

"Nein, das ist in diesem Fall gut", gab sie lächelnd zurück.

Er bezahlte die Drinks und reichte ihr einen. Dann stießen sie an. "Auf einen unvergesslichen Urlaub", sagte er. Das verschwörerische Lächeln auf seinem Gesicht brachte sie ein wenig aus dem Konzept.

 

Sie unterhielten sich ein Weile. Taylors Ton wurde mehr und mehr flirtend und auch seine Blicke, die immer wieder ihre Figur abscannten, waren heißer, als sie sein sollten.

Sie fühlte sich zunehmend unbehaglich und war froh, als ihr Drink endlich leer war.

"Danke für den Drink", sagte sie in eine Gesprächspause hinein.

"Gern, wenn du noch bleibst, bekommst du einen zweiten", gab er grinsend zurück.

Diese Einladung machte sie wütend. Er hatte eine Freundin, bald sogar eine Familie. Er sollte nicht mit ihr flirten. Sie wäre mehr als froh darüber gewesen, wenn die Frauen, mit denen Kevin sie betrogen hatte, es ihm nicht so leicht gemacht hätten.

"Nein, danke", antwortete sie kühl und wandte sich zum Gehen.

"Warte doch!"

Seine Stimme klang verwirrt, und er griff nach ihrem Arm, um sie aufzuhalten.

Schnell entzog sie sich seinem Griff und sah ihm fest in die Augen. "Ich habe 'nein, danke' gesagt." Ihr Ton war jetzt deutlich schärfer.

Taylor zog die Augenbrauen zusammen. Jegliches Lächeln war aus seinem Gesicht verschwunden. Er musterte sie angestrengt.

Nachdem er nichts mehr sagte, wandte Fay sich erneut ab und steuerte so schnell es ging, ohne dabei hektisch zu wirken, auf ihr eigenes Lager zu. Sie konnte nicht fassen, dass sie sich wieder einmal so in einem Menschen getäuscht hatte. Er war eben doch nur wie alle anderen Männer.

 

TAYLOR

 

Verwirrt starrte er der schönen Frau hinterher. Ihre Stimmung war von einer Sekunde auf die andere ins Gegenteil gekippt. Erst war sie locker und gut gelaunt, dann plötzlich, wie aus dem Nichts, hatte sie dichtgemacht.

Schade eigentlich. Fay hatte ihm sehr gut gefallen, und sie hätten eine tolle Zeit zusammen gehabt, da war er sich sicher. Das Beste an der Sache wäre gewesen, dass er sie in Boston hätte wiedersehen können, wenn es zwischen ihnen wirklich gut gelaufen wäre.

Schlecht gelaunt trat er den Rückweg zum Lager an. Auf einen weiteren Flirtversuch hatte er an diesem Abend keine Lust mehr.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

3 Gespräche

 

 

FAY

 

Die kühle Morgenluft und das Zwitschern der Vögel weckten sie aus einem tiefen, leider nicht wirklich traumlosen Schlaf. Zwei ganz bestimmte braune Augen mit goldenen Sprenkeln hatten sie durch ihre Träume verfolgt, und sie verfluchte Taylor dafür, dass er ihr einfach nicht aus dem Kopf gehen wollte.

Er war zu charmant, sein Lächeln zu offen. Er war einfach genau der Typ Mann, auf den sie immer wieder ansprang.

Sie unterdrückte ein genervtes Seufzen, als sie aus dem Zweimannzelt krabbelte. Sie wollte Mina nicht wecken, mit der sie sich ein kleines, weißes Schlafzelt teilte.

Ihr Lager bestand aus vier Zweimannzelten, von denen je zwei nebeneinander waren und die anderen ihnen gegenüber, in einem Abstand von drei Metern.

Der Zwischenraum war mit einem cremefarbenen Sonnensegel überspannt. So konnten sie auch bei Regen und brütender Hitze draußen sitzen. Um die kleine Kochstelle in der Mitte hatten sie sich Sitzgelegenheiten aus Strohballen gebaut.

Mühsam entzündete sie ein Feuer, um sich einen Kaffee zu kochen. Trotz Streichhölzern war es gar nicht so einfach, da das Holz und das Stroh vom Morgentau feucht waren. Schließlich gelang es ihr aber doch und das Feuer knisterte. Kurz nachdem der Kaffee seinen Duft entfaltete, krabbelte auch Amber aus dem Zelt.

"Guten Morgen", sagte Fay lächelnd.

Amber brummte nur etwas Unverständliches, schnappte sich eine Tasse und streckte sie Fay auffordernd entgegen. Geduldig wartete Fay, bis Amber die halbe Tasse hinter sich hatte.

"Morgen", murmelte sie dann.

"Oh, sie lebt", neckte Fay ihre Freundin.

"So würde ich das nicht nennen. Davin hat mich ganz schön abgefüllt."

Fay lachte leise, um die anderen nicht zu wecken. "Dann solltest du heute vielleicht ein wenig langsamer machen, damit du morgen fit bist, um in deinen Geburtstag reinzufeiern."

Amber grinste. "Das wird ein Spektakel!"

Eine ganze Zeit lang planten sie Ambers Geburtstagsparty, während die anderen nach und nach aus ihren Zelten krochen.

Davin sah mindestens genauso angeschlagen aus wie Amber, dafür schienen Mase und Keenan richtig fit zu sein. Lächelnd beobachtete Fay ihre Freunde und war wieder einmal froh, dass sie mit nach Talin gefahren war.

 

TAYLOR

 

Müde lag er im Schatten und beobachtete die anderen wie schon an den vergangenen Tagen. Diesmal aber weniger amüsiert, mehr besorgt. Sandro stichelte immer weiter gegen Jason, und man konnte quasi dabei zusehen, wie dessen Geduld sich dem Ende neigte.

Nicht weniger besorgniserregend waren allerdings die Blicke, die sowohl Juan als auch Alessio auf diese Show hatten.

Taylor hatte schnell gemerkt, dass die Jungs sich zwar untereinander bei Weitem nicht immer grün waren, aber stets füreinander zur Stelle waren, wenn einer von ihnen in Schwierigkeiten geriet. Auch Luces düstere Miene beruhigte Taylor nicht.

"Alles klar bei dir, Babe?", fragte Zoey und ließ sich neben ihm auf die Decke nieder.

"Immer." Taylor streichelte ihr sanft über den Rücken. Nur eine kleine Geste. Vor Mat hätte er sie wahrscheinlich einfach in den Arm genommen, aber er wusste, wie sehr Mat das hasste, deshalb reduzierte er solche Dinge auf ein Minimum. Manchmal fehlten ihm diese Momente, aber er hatte durchaus Verständnis dafür.

"Sieht nicht so aus", sagte Zoey in diesem lockeren Tonfall, der besagte: Ich weiß genau, dass etwas nicht stimmt, wir können aber auch so tun, als wäre nichts.

Taylor wusste ebenfalls, dass Zoey einfach so lange um ihn herumschleichen würde, bis er mit der Sprache herausrückte.

"Ich mach mir ein bisschen Sorgen um die Sache zwischen Sandro und Jason", sagte er deshalb.

"Mhm."

Manchmal verfluchte er sich dafür, dass sie einander so gut kannten. Zoey wusste genau, dass das nicht das eigentliche Thema war, das ihn beschäftigte, und Taylor war sich bewusst, dass Zoeys "Mhm" hieß: "Verarschen kannst du jemand anders."

Er schwieg, froh darüber, dass sie nicht offen nachbohren würde. Ganz sicher, ob er Zoey von einer Frau erzählen sollte, die er gar nicht kannte, war er sich nicht.

Außerdem, was gab es denn schon groß zu erzählen? Er hatte einen zugegebenermaßen etwas unerwarteten Korb bekommen, aber das passierte den Besten.

Zoey begann unruhig neben ihm hin und her zu rutschen. Verwundert sah er zu ihr auf.

Sie seufzte. "Ich würde hier wirklich gerne ausharren und warten, bis du so weit bist, aber von dem Kaffeegeruch wird mir schlecht, und ich muss jeden Moment kotzen", gestand sie.

"Igitt! Zoey!", beschwerte Taylor sich.

Sie rappelte sich mit zittrigen Knien auf. "Kannst du mir zum Wald helfen?", fragte sie und schwankte verdächtig.

Taylor sprang sofort auf, legte ihr einen Arm um die Taille und ging los in Richtung Wald.

"Wo ist Mat?", fragte er, überhaupt nicht glücklich, Zoey beim Kotzen zusehen zu müssen.

"Duschen."

Verdammt!

Sie hatten den Waldrand noch kaum erreicht, da übergab Zoey sich bereits.

Taylor hielt sie und ihre Haare fest, den Blick starr auf das Lager gerichtet und den Atem an. Allein das Geräusch genügte, um seinen eigenen Magen unruhig werden zu lassen. Es schien ewig zu dauern, bis Zoey endlich fertig war.

"Besser?", fragte er.

Zoey nickte. "Danke, Taylor."

"Kein Problem. Wie hältst du das aus?", fragte er angeekelt.

"Gehört nun mal dazu. Laut meiner Ärztin müsste es aber bald aufhören", sagte sie, klang aber gar nicht gut.

Als er auf sie hinabsah, war sie kreidebleich. Noch während er sie musterte, gaben ihre Knie nach.

Taylor fing sie auf und trug sie zum Lager. "Kreislauf?", fragte er.

Zoey nickte an seiner Brust.

"Willst du was essen oder trinken?", hakte er besorgt nach.

"Nein, erst mal nicht. Mein Magen muss sich beruhigen. Ich will nur Zähne putzen", sagte sie leise.

Taylor verdrehte die Augen, rief Kyle aber pflichtschuldig zu, dass sie ihm Zoeys Kosmetiktasche bringen sollte.

Zoey nahm sie dankbar entgegen. Dass sie so gar nicht protestierte, als er sie zum Duschwagen trug, sagte alles über ihre Verfassung aus. Es musste ihr wirklich dreckig gehen.

 

FAY

 

Sie biss die Zähne zusammen, als sie Taylor mit seiner Freundin sah, wie er sie auf seinen Armen zum Duschwagen trug. Wie konnte er nur so dreist mit ihr flirten und am nächsten Tag wieder auf heile Welt mit seiner perfekten Freundin machen?

Männer sind ekelhaft!

Wütend drehte sie sich das vom Duschen nasse Haar zu einem unordentlichen Knoten und ging zurück zu ihrem Lager.

Mittlerweile wurde es Zeit fürs Mittagessen. Ihr Magen knurrte schon eine ganze Weile, aber die anderen waren dank Kater-Magen nicht unbedingt in Esslaune. Nur Fay wollte nun nicht mehr länger warten und schöpfte sich von dem Eintopf, den sie am Morgen vorbereitet hatten.

Keenan, einer von Kevins besten Freunden, gesellte sich zu ihr.

"Wie geht es dir?", fragte er, ohne sie anzusehen, und begann zu essen.

"Gut." Sie wollte mit Keenan nicht darüber besprechen, wie es in ihrem Inneren aussah. Er kannte das ganze Drama zwischen Kevin und ihr, das endlose On-Off und die schon nicht mehr zählbaren Verletzungen, die Kevin ihrem Herzen zugefügt hatte.

"Sicher?", hakte er nach und sah sie skeptisch an.

Fay nickte. Dieses Mal war es nicht ganz so schlimm gewesen. Dieses Mal hatte sie sich schon lang vor Kevins erneutem Betrug darauf eingestellt, dass es nicht funktionieren würde.

Sie hatte Kevin immer geliebt, seit sie 16 gewesen war und Kevin zu ihrer kleinen Clique stieß. In all den Jahren waren sie immer wieder zusammengekommen, Kevin hatte sie betrogen oder sie für eine andere verlassen.

Sie hatte ihm alles geschenkt, ihre Liebe, ihr Herz, ihren ersten Kuss und sogar ihre Jungfräulichkeit. Im Gegenzug hatte er sie gelehrt, dass man niemandem vertrauen konnte. Niemals.

Jedes Mal, wenn sie gedacht hatte, über ihn hinweg zu sein, war er wieder zu ihr gekommen, hatte ihr gesagt, dass er eingesehen hatte, wie sehr er sie liebte, und dass er es noch einmal versuchen wollte.

Es funktionierte. Für ein oder zwei Monate, bis Kevin sich langweilte und die Qualen von Neuem losgingen.

"Diesmal ist er zu weit gegangen", sagte Keenan so leise, dass sie ihn kaum verstand.

Fay lachte. "Diesmal? Ich hätte schon nach dem ersten Mal einsehen müssen, dass es keinen Sinn hat."

Verlegen rieb Keenan sich über den Nacken. "Der Test."

Fay verzog das Gesicht. Ein Kind hätte dieses Chaos wirklich auf die Spitze getrieben. Sosehr sie sich irgendwann eine eigene Familie wünschte, ihre Kinder sollten eine stabile Umgebung haben und keine alleinerziehende Mutter, die sich nach der Liebe eines Mannes sehnte, die sie niemals bekommen würde.

"Es ist gut so, wie es ist, Keenan", sagte sie leise und stupste ihn sanft mit der Schulter an.

Er lächelte. "Wahrscheinlich."

Sie war ihm dankbar für seine Fürsorge, dankbar dafür, dass er für sie da war, auch wenn Kevin sein Freund war.

"Wie sieht es aus, wollen wir heute Abend auf den Marktplatz zum Feiern gehen?", fragte er einige Minuten später.

"Feiern klingt gut", antwortete Fay. Sie musste sowohl ihre betrübten Gedanken an Kevin loswerden als auch Taylor, der sich immer wieder in ihren Kopf schlich, obwohl er dort absolut nichts zu suchen hatte.

Keenan stand auf und informierte gut gelaunt den Rest der Truppe.

Lächelnd sah Fay dabei zu, wie alle sich auf den gemeinsamen Abend freuten und bereits damit begannen, Pläne zu schmieden.

Es würde genau das Richtige sein, um sie auf andere Gedanken zu bringen. Genau das, was sie in diesem Moment brauchte.

 

TAYLOR

 

Schon während ihres Auftritts an diesem Tag hatte Taylor Fay entdeckt. Sie saß zusammen mit einer bunt gemischten Gruppe an einem der runden Tische am Ende des Marktplatzes.

Nun saß er ungeduldig an dem Tisch von Fire&Ice und versuchte sich noch ein wenig zu gedulden. Sofort nach dem Auftritt zu verschwinden würde nur eine dieser neugierigen Nasen aufschrecken, und prompt hätte er einen Verfolger auf den Fersen.

Nur dass das Warten gar nicht so einfach war, wenn man endlich wissen wollte, was zum Teufel mit dieser Frau los war.

Zoeys forschende Blicke machten alles nicht unbedingt besser. Er war Mat in diesem Moment sehr dankbar dafür, dass er regelmäßig nach Zoeys Befinden fragte und ihre Aufmerksamkeit damit auf sich zog.

 

Nach einer weiteren halben Stunde verabschiedeten sich Jason, Tom, Chris und Nicky. Taylor schloss sich ihnen an.

Auf halbem Weg durch die Menge ließ er sich einfach zurückfallen, bis sie außer Sicht waren, dann schlug er den Weg ein, der zu Fays Tisch führen würde.

Sie saß mit dem Rücken zu ihm. An ihren roten Haaren und der schmalen Figur war sie leicht zu erkennen. Er strich sich noch einmal durch die kurzen Haare und kontrollierte den Sitz seiner Hose, dann trat er hinter sie.

Die Hände auf ihre Rückenlehne gestützt, lächelte er in die Runde.

"Hallo", sagte er, dann senkte er den Blick auf Fay.

Sie hatte den Kopf erschrocken hochgerissen und starrte mit weit aufgerissenen, schokobraunen Augen zu ihm auf.

"Hallo, Fay." Dieser Reh-im-Scheinwerferlicht-Blick stand ihr.

Leider verengten sich ihre Augen beinahe augenblicklich zu Schlitzen.

"Was willst du?"

Sie klang nicht sehr erfreut über seine Anwesenheit. Verwundert runzelte er die Stirn. Was hatte er ihr getan, dass sie so sauer auf ihn war?

"Mit dir reden", gab er bemüht gleichgültig zurück.

"Warum?", zischte sie.

Jede andere hätte er einfach stehen lassen, aber Fay geisterte ihm einfach schon zu lange durch den Kopf.

Er beugte sich näher zu ihr und flüsterte: "Was habe ich dir getan, dass du mich so anfauchst?"

Wenn ihn nicht alles täuschte, zuckte sie tatsächlich leicht zusammen.

Nun, da er ihr so nah war, konnte er nicht umhin, ihren Geruch zu bemerken. Sie roch nach süßen Blumen und Frühlingsregen. Er gestattete sich noch einen weiteren tiefen Atemzug, ehe er seine Aufmerksamkeit wieder auf ihre Augen richtete.

Fay schien wie erstarrt. Nur ihre Augen bewegten sich unruhig, als würden sie sein Gesicht scannen.

Jemand am Tisch räusperte sich und unterbrach damit diesen irgendwie … intimen Moment zwischen ihnen.

Taylor richtete sich ein Stück weiter auf und folgte Fays Blick zu einem Mann mit braunen Haaren und scharfem Blick.

"Wir … wollten doch feiern", sagte dieser und schien Fay mit Blicken etwas mitzuteilen, was Taylor nicht verstand.

Fay nickte. "Ich regle das."

Sie stand so abrupt auf, dass sie die Lehne ihres Stuhls unsanft in Taylors Bauch knallte. Der ein oder andere am Tisch kicherte leise. Fay schien es absolut nicht zu interessieren. Sie ging ein paar Schritte vom Tisch weg. Widerstrebend folgte Taylor ihr. Das sah deutlich nach einem erneuten Korb aus.

"Könntest du bitte einfach gehen", sagte sie eindringlich, als er bei ihr ankam.

"Was ist das Problem, Fay? Gestern war alles noch in Ordnung und dann aus dem Nichts …" Er ließ den Satz absichtlich in der Luft hängen.

"Mein Problem ist, dass du nicht mit mir flirten solltest!"

Belustigt hob er die Augenbrauen. "Und warum genau sollte ich das nicht tun? Oder hast du einen Freund?"

Fay schnaubte so angewidert, dass Taylor die Stirn runzelte. "Ich nicht, aber du hast eine Freundin!", zischte sie dann.

Sein Stirnrunzeln vertiefte sich. "Aha … da weißt du dann mehr als ich", sagte er ruhig.

"Lüg mich nicht an!" Wäre sie eine Katze, wäre sie ihm höchstwahrscheinlich bereits ins Gesicht gesprungen.

"Welche Freundin meinst du denn?"

Sie funkelte ihn böse an, schien dann aber zu bemerken, dass er es durchaus ernst meinte.

"Du hast mehrere?", fragte sie schockiert.

Ein kleines bisschen, so musste er zugeben, machte das hier sogar Spaß.

"Ich habe keine, aber da du besser Bescheid zu wissen scheinst als ich, dachte ich, ich frag besser dich."