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Deutsche Erstausgabe (ePub) März 2018

 

© 2018 by M.S. Kelts

 

Verlagsrechte © 2018 by Cursed Verlag

Inh. Julia Schwenk, Taufkirchen

 

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,

des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung

durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile,

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit

Genehmigung des Verlages.

 

Bildrechte Umschlagillustration: GDphotoarts

Lektorat: Anne Sommerfeld

Satz Layout: Cursed Verlag

Covergestaltung: Hannelore Nistor

Druckerei: CPI Deutschland

 

ISBN-13: 978-3-95823-686-8

Besuchen Sie uns im Internet:

www.cursed-verlag.de


 

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Liebe Leserin, lieber Leser,

 

vielen Dank, dass Sie dieses eBook gekauft haben! Damit unterstützen Sie vor allem die Autorin des Buches und zeigen Ihre Wertschätzung gegenüber ihrer Arbeit. Außerdem schaffen Sie dadurch die Grundlage für viele weitere Romane der Autorin und aus unserem Verlag, mit denen wir Sie auch in Zukunft erfreuen möchten.

 

Vielen Dank!

Ihr Cursed-Team

 

 

 

 

Klappentext:

 

Gefahrlos eine geheime Fantasie ausleben? Davon träumen viele, doch Innenarchitekt Luca ist fest entschlossen, sich diesen Wunsch zu erfüllen. Ein Arrangement mit einer hochklassigen Escort-Agentur bietet die perfekten Voraussetzungen: Anonymität, Sicherheit und absolute Diskretion. Allerdings hat Luca nicht mit den aufkeimenden Gefühlen für Adam gerechnet, die in ihrer geschäftlichen Beziehung keinen Platz haben. Und auch Adam ist ganz offensichtlich nicht abgeneigt, doch welche Zukunft kann Luca diesem Mann bieten?


 

 

Widmung

 

 

 

Ich widme Escort Dreams meinem inneren Schweinehund,

der sich 2017 als sehr hartnäckig herausgestellt und es

Adam und Luca schwer gemacht hat, mir ihre Story zu erzählen.

 

Aber… ich habe ihn letztendlich, wenn es auch gedauert hat,

besiegt und hoffe, er ist jetzt für die nächste Zeit zufrieden

und kaut an seinen Möhren.

 


 

1.

 

 

Adam

 

Mein Name ist Luca. Ich bin 32 Jahre alt, 1,78 cm groß, dunkelblond, schlank und offen schwul. Da ich oft geschäftlich unterwegs bin, fehlt mir die Zeit für eine Beziehung und mehr als schnellen Sex, weshalb ich hoffe, auf diesem Weg meine Wünsche erfüllt zu bekommen.

Welche Wünsche? Ich bin nicht devot, möchte mich aber fallen lassen. Ich bin nicht schwach, will aber Stärke erfahren. Ich will fühlen, aber nicht sehen. Ich will Dirty Talk, ohne antworten müssen. Zusammengefasst: Ich will einen Mann, der größer ist als ich, mental sowie körperlich stärker und der mir zeigt, wo es langgeht, ohne sich dabei wie ein selbstherrlicher Dom aufzuführen. Ich will guten, ehrlichen Sex ohne Komplikationen.

Und das Wichtigste: Ich will dabei tatsächlich nichts sehen. Meine Fantasie beinhaltet das pure Fühlen, das Spüren und Riechen des Partners. Ich will alle Sinne nutzen, die durch die Blindheit verstärkt werden.

Luca

 

Mit einem Lächeln lehne ich mich auf der Couch zurück. Diese Annonce ist tatsächlich ganz nach meinem Geschmack. Ich lese sie noch einmal und ziehe dann den Laptop auf meinen Schoß, um Elaine meine Zusage mitzuteilen.

Elaine ist so etwas wie unsere Sekretärin, der Dreh- und Angelpunkt der Agentur und damit die Anlaufstelle für die Kunden und ihre Wünsche. Zwar arbeiten ich und meine Kollegen selbstständig, aber durch Elaine als Zwischenstation laufen wir nicht Gefahr, gestalkt zu werden, und können Absagen erteilen, ohne Konsequenzen zu erwarten.

Außerdem hat ihre Arbeit einen weiteren Vorteil: Sie sortiert praktisch vor. Unsere gute Seele kennt die Vorlieben, Geschmäcker und Abneigungen jedes Mitarbeiters inzwischen hervorragend. Deshalb hat mich die Annonce auch sofort angesprochen. Stärke, ohne D/s-Spiele, Anonymität, die Möglichkeit des absoluten Genusses durch das Ausblenden einer Wahrnehmung… Perfekt! Ich stehe darauf, meine Verführungskünste hemmungslos auszuleben, und das wird bei diesem Mann auf jeden Fall möglich sein, da er sich schon von Anfang an auf mich einlassen wird.

Nachdem ich die Mail an Elaine geschickt habe, warte ich auf ihre Antwort. Da wir ein sehr exklusiver Escortservice sind, erwarten wir von zukünftigen Kunden mehr Auskunft als nur eine Wunschliste – unter anderem auch ein echtes, sprich aktuelles Bild.

 

Ich stelle den PC auf den Tisch zurück, um mir einen Kaffee aus der Küche zu holen. Auf dem Weg dorthin blicke ich aus dem Fenster und beobachte das Spiel des Sonnenlichtes auf dem nassen Dächermeer unter mir. Es hat aufgehört zu regnen, eine gute Gelegenheit für eine ausgedehnte Joggingrunde.

Sobald ich mir Lucas Bild zu Gemüte geführt habe, werde ich mich auf den Weg machen. Ich bin wirklich gespannt, wie er aussieht und ob er in etwa mit meiner Vorstellung übereinstimmt. Meistens liege ich ziemlich nahe dran, jahrelange Übung macht sich da bezahlbar.

Als ich mit dem Kaffee in der Hand ins Wohnzimmer zurückkehre, höre ich das charakteristische Ping, das mir eine neue Mail anzeigt. Im Schneidersitz lasse ich mich auf die Couch sinken und öffne den Anhang von Elaines Nachricht.

Okay… Wow! Luca ist ein gut aussehender Mann, das steht schon mal fest. Allerdings wirft es die Frage auf, warum einer wie er auf unsere Dienste zurückgreifen muss… oder will. Obwohl, irgendwie kann ich es verstehen. Wir stellen keine Forderungen, sondern erfüllen Wünsche ohne weitere Bedingungen. Einfach nur Genuss und erfüllender Sex, Abschalten vom Alltag und sich fallen lassen können, ohne Konsequenzen zu befürchten.

Auf dem Bild blickt Luca ernst in die Kamera, aber ich kann die kleinen Lachfältchen in seinen Augenwinkeln erkennen. Die Augen gefallen mir besonders gut: helles Braun mit goldenen Flecken. Sie wirken ehrlich, aber ein wenig hart und auch ein wenig unsicher. Wahrscheinlich macht er so etwas zum ersten Mal. Wenn ich mir die Worte seines Briefes in Erinnerung rufe, denke ich, er muss in seinem Leben vielleicht beruflich und privat oft Stärke zeigen und tut sich nun schwer, diese Eigenschaft fallen zu lassen. Das würde zu seinem Wunsch nach Blindheit passen und beides, also stark zu sein und Schwäche zeigen zu wollen, ist für mich kein Widerspruch.

Was es auch ist, für mich macht es den Job hochinteressant.

Sein Gesicht ist klassisch schön und strahlt eine Männlichkeit und Kraft aus, die Männern in seinem Alter oft anhaften. Die dunkelblonden Haare sind etwas zu lang und leicht zerzaust, ein hinreißender Anblick, der ihm eine gewisse spitzbübische Art verleiht und gleichzeitig die Strenge seines akkurat gestutzten Dreitagebartes mindert. In seinem rechten Ohrläppchen steckt ein winziger Ohrstecker und er trägt einen sehr kurzen Dreitagebart, der ihm aber, meiner Meinung nach, überhaupt nicht steht.

Automatisch streiche ich über mein eigenes Gesicht. Eine Rasur würde mir auch nicht schaden, aber dafür ist später noch Zeit.

Auf dem zweiten Bild ist er ganz zu sehen und es bestätigt meine Annahme, dass er meinem Typ entspricht. Er ist kein Spargeltarzan, sondern wirkt eher wie der drahtige Langstreckenläufer. Seine Unterarme sind gut definiert und da ich eine Vorliebe für schöne Männerarme habe, läuft mir schon jetzt das Wasser im Mund zusammen. Ich kann es kaum erwarten, den Rest seines Körpers von der Kleidung zu befreien und zu erkunden.

Ob die Bilder der Realität entsprechen? Das sollten sie besser, denn… wenn sie sich als Fake herausstellen und beim ersten Treffen ein ganz anderer Kerl vor mir steht, ist er sein Geld los und ich bin weg.

Ein letztes Mal betrachte ich die Bilder und lasse mich von der Vorfreude auf dieses Treffen einhüllen. Jetzt geht es nur noch darum, einen Termin festzulegen, bevor ich mich der Erfüllung von Lucas Wünschen widmen kann.

 


 

2.

 

 

Luca

 

Meine Hände zittern, als ich die Mail der Secret Gentlemen öffne, und ich frage mich zum wiederholten Male, was mich nur geritten hat, die Annonce aufzugeben.

Habe ich es wirklich so nötig, um mir einen Callboy zu kaufen? Die Antwort: Ja! So weit ist es jetzt schon mit mir gekommen. Vermutlich wäre es einfacher und viel billiger, in einen Club zu gehen und mir einen One-Night-Stand anzulachen. Aber das ist mir schlicht zu albern und aus dem Alter bin ich mittlerweile raus – ganz davon abgesehen, dass die potenziellen Partner ohnehin viel zu jung wären. Und meine Wünsche bekomme ich dadurch mit Sicherheit auch nicht erfüllt, weil ich mich nicht blind und wehrlos einem Wildfremden anvertraue. Sicher ist der Callboy – was für eine seltsam unpassende Bezeichnung, wenn ich mir die gestandenen Mannsbilder der Seite so betrachte – auch fremd. Aber ich denke, das hier dürfte bedeutend harmloser sein.

Genau darum habe ich ja diese exklusive Agentur gebucht, weil ich denke, sollte der Callboy etwas tun, was ich ablehne, wird er weder Geld bekommen, noch ein weiteres Mal gebucht werden. Ich bin durchaus bereit, endlich mal meine Grenzen zu testen, und will einfach das Risiko für mich minimieren. Also lasse ich mich einfach mal auf dieses spannende Experiment ein. Wer weiß schon, für was es gut ist? Außerdem kann ich immer noch abbrechen, wenn ich ein schlechtes Gefühl bekomme, und verliere nichts weiter als mein hart verdientes Geld. Ein Risiko, mit dem ich gut leben kann.

Ich richte meine Aufmerksamkeit wieder auf die Mail. Normalerweise bekommt der Kunde die Möglichkeit, ein Bild des für ihn infrage kommenden Mannes zu sehen, aber genau das wollte ich nicht. Was nützt meine Blindheit, wenn ich schon vorher genau weiß, wie mein Liebhaber aussieht? Nichts. Im Gegenteil, es würde meine Fantasie sogar zerstören. Also habe ich in diesem Punkt ebenso um Diskretion gebeten. Und es hat geklappt. Mir wird zugesagt, dass meine Wünsche genau erfüllt werden und dass ich mich, wenn ich nach wie vor Interesse hätte, melden sollte, um alles Weitere zu regeln.

Meine Hände sind schweißnass, als ich die Finger über die Tastatur hebe. Soll ich wirklich? Unschlüssig lasse ich die Hände wieder sinken und wische mir die Handflächen an der Jeans ab. Mein Blick gleitet über den Laptop hinweg aus dem Fenster. Es ist bereits später Nachmittag und die schräg stehende Sonne verleiht den Laubbäumen in dem parkähnlichen Garten neben der Kanzlei einen rötlichen Schimmer.

Ich atme tief durch, schließe die Augen und versuche mir vorzustellen, was passieren könnte. Eine Gänsehaut überzieht meinen ganzen Körper und gerade weil ich nicht weiß, was geschieht, bin ich unheimlich erregt. Ich vergleiche die Vorstellung mit einem normalen Abend in einem Club, in der Absicht, einen Kerl abzuschleppen, doch es rührt sich leider nichts. Entweder werde ich langsam alt oder schlicht bequem. Oder… ich habe genug Pleiten, Pech und Pannen mit Amateuren erlebt, dass es jetzt einfach Zeit für einen Profi wird. Ja, das trifft es wohl eher.

Kaum habe ich den Gedanken zu Ende gedacht, schleicht sich ein fettes Grinsen auf mein Gesicht. Warum zögere ich mit der Antwort? Es ist vollkommen unnötig.

Wirklich gespannt schreibe ich zurück und schicke der Agentur alle erforderlichen Daten. Dann heißt es abwarten, wie, wann und wo das erste Treffen stattfindet.

Ich will aufstehen und bin dabei, den Laptop zuzuklappen, als mir eine weitere Mail angezeigt wird. So schnell? Wow, wirklich beeindruckend. Ich sinke zurück auf das Polster und schnappe nach Luft. Tatsächlich! Eine weitere Nachricht von den Gentlemen. Ich öffne die Mail und kann es nicht länger leugnen: Das hier macht mich definitiv an!

In kurzen, sehr freundlichen Worten wird mir mitgeteilt, dass meine Wünsche an einen gewissen Adam weitergeleitet wurden, der mein Secret Gentleman sein wird. Er wird sich bald melden und alles Weitere mit mir persönlich besprechen. Man wünscht mir dann noch viel Vergnügen und versichert mir ein weiteres Mal, dass meine Daten absolut sicher sind.

Adam.

Aus einem mir unbekannten Grund löst dieser Name einen regelrechten Erregungsschub in mir aus. Irgendwie klingt der Name sexy, stark, als wüsste sein Träger wirklich haargenau, was er zu tun hat. Ob er ein Pseudonym ist? Wahrscheinlich. Egal.

Mit meinem Anliegen an den Service betrete ich das Land meiner Träume, zu einem Mann, der meine sehnlichsten Wünsche erfüllt. Was macht da schon ein falscher Name…

 


 

3.

 

 

Adam

 

Die letzte und bindende Zusage von Luca kommt keine Stunde später. So mag ich das. Ein Mann, der zu seinem Wort steht und nicht kurz vor dem Ziel kneift. Leider gibt es viel zu viele von dieser Sorte Mann, was nicht nur aus Geldgründen, sondern prinzipiell ein Ärgernis ist.

Aber Luca verspricht, anders zu sein, und jetzt ist es an mir, seinen Wünschen noch ein wenig auf den Zahn zu fühlen. Um die perfekte Verführung dieses Mannes zu gewährleisten, brauche ich mehr Informationen, Kleinigkeiten, die anderen vielleicht unwichtig erscheinen, aber es beileibe nicht sind.

Deshalb schicke ich ihm eine E-Mail mit Fragen und mache mich gleichzeitig daran, mein Dienstappartement für uns herzurichten. Ich mag diese Vorbereitungen wirklich, weil es für mich einfach mehr ist als ein Job, mit dem man einen Haufen gutes Geld verdient. Ich liebe Sex und hole ihn mir gerne zu meinen Bedingungen. Also? Alles perfekt.

 

Meine Zweitwohnung ist ein Appartement mitten in der Stadt, genauer gesagt ein Loft in einer umgebauten Fabrikhalle. Sehr großzügig, luftig und herrlich abgeschieden. Auf dem Dach hat es eine große Terrasse, die sich ebenfalls hervorragend für diverse Liebesspiele eignet, weil sie nicht einsehbar ist. Eigentlich ist die Wohnung fast zu schade, um nur in ihr zu arbeiten, aber vielleicht ändert sich das ja irgendwann.

Momentan ist es jedoch perfekt. Das Auto des Kunden steht nicht irgendwo kompromittierend in der Gegend herum, sodass es von Freunden oder der Familie entdeckt werden könnte, und die anderen Mieter trennen dicke Mauern von jeglichen Aktivitäten.

Auch sonst habe ich hier alles, was ich brauche: ein riesiges Bett, eine gut sortierte Küche, diverse Polstermöbel und ein dekadent eingerichtetes Badezimmer mit Whirlpool und einer Regendusche, in der vier Leute Platz hätten.

Für Luca wird das Bett vorerst als Spielwiese ausreichen. Witzig, ich hoffe jetzt schon, dass er wiederkommt, weil ich unmöglich alles, was mir so vorschwebt, in einem einzigen Date unterbringen kann. Aber Überzeugungsarbeit in Form von Sex kann ich bieten, das weiß ich.

 

Bereits einen Tag später finde ich in meinem virtuellen Postfach eine detailgenaue Antwort auf meine Fragen.

Während des Lesens muss ich schmunzeln. Über seine Wünsche nachzudenken, sie eventuell auch aufzuschreiben, ist eine Sache. Ehrlich zu sich zu sein, eine einschlägige Agentur damit zu beauftragen und sie einer fremden Person mitzuteilen, eine ganz andere. Man serviert schon bei der Anfrage sein Innerstes förmlich auf dem sprichwörtlichen Silbertablett und dann tatsächlich einem Treffen zuzustimmen, ist trotz aller Sicherheit und dem Reiz ein ganz anderes Kaliber und erfordert mehr als nur ein wenig Mut.

Damit übertreten die meisten alle Grenzen. Sicher gibt es auch hemmungslose Männer, denen alles egal ist. Der Großteil jedoch ist nicht so und mein Gefühl und die Antworten in der Mail verraten mir, dass Luca alles andere als ein oberflächlicher, sexgeiler Langweiler ist. Außerdem weiß er ganz genau, was er will, trotz der Tatsache, dass er die Führung abgeben möchte.

Mit dieser Liste an Offenbarungen kann ich dem ersten Date den letzten Schliff geben. Ich weiß nun, welche Düfte und Gerüche er mag, welche Arten von Stoff, seine Lieblingsmusik. Nichtsdestotrotz fallen mir bei seinen Antworten ein paar Lücken auf, die er entweder offengelassen, beziehungsweise, bei denen er angegeben hat, diese Informationen wären nicht so wichtig.

Nein, Freundchen… das ist sehr wohl wichtig.

Ich schnappe mir mein Handy und öffne die WhatsApp-Verbindung, die wir extra für unser Date angelegt haben, um weiter bei ihm nachzubohren. Und außerdem… von mir zu hören, wird Luca ständig daran erinnern, was demnächst passieren wird. Für mich ist es eine Art Vorspiel und wenn ich ihn richtig einschätze, wird er mächtig darauf anspringen.

 


 

4.

 

 

Luca

 

Mein Handy gibt den charakteristischen Pfeifton von sich, der mir eine WhatsApp-Nachricht anzeigt. Eine gelungene Abwechslung, da ich mir gerade an einem Projekt die Zähne ausbeiße. Als Innenarchitekt fällt es mir manchmal schwer, meine Vorstellungen und die Möglichkeiten eines Raumes mit den Kundenwünschen unter einen Hut zu bringen. Gerade dieses Mal muss ich sehr viel gute Miene zum bösen Spiel machen. Einfach ausgedrückt: Es ist zum Kotzen!

Ich schiebe die Pläne ein Stück weg und werfe einen Blick auf mein Handy.

Oh!

Äh… Ja.

Mit dieser Nachricht hätte ich nun gar nicht gerechnet, was sich vor allem an meinem Herzstolpern bemerkbar macht. Damit hat sich auch meine Annahme, die Nummer wäre nur für das direkte Treffen gedacht, gerade in Luft aufgelöst.

Adam.

Was er wohl will? Ich könnte ja einfach nachsehen, aber meine Hände zittern so sehr, dass sie immer wieder vom Display abrutschen. Im Grunde totaler Blödsinn. Wir haben eine geschäftliche Vereinbarung, mehr nicht, und ich führe mich auf, als hätten wir uns für ein echtes Date verabredet.

Dabei geht es lediglich um Sex. Gut… ich hoffe schwer, Sex mit Sternchen, sprich atemberaubend, hervorragend und so weiter. Sollte es auch, so viel, wie mich der Spaß kostet.

Aber bis jetzt scheint er sein Geld echt wert zu sein und die Sache sehr ernst zu nehmen, wenn ich an die Liste mit Fragen denke, die er mir unlängst geschickt hat. Es ist seltsam, über all das nachzudenken, woran man sonst kaum einen Gedanken verschwendet. Im Grunde war es schon eine kleine Entdeckungsreise in mein Inneres. Hmm… vielleicht schickt er mir das genaue Datum für unser Treffen?

Endlich gelingt es mir, die Nachricht zu öffnen, und ich zwinge mich, tief durchzuatmen. Eine Sekunde später muss ich lachen und lehne mich etwas entspannter zurück.

Hallo, Luca. Danke, dass du meine Neugier befriedigt hast. Leider sind mir ein paar Lücken aufgefallen und das darf nun wirklich nicht sein ;-) Schließlich will ich es perfekt für dich machen.

Wow… Ich weiß nicht warum, aber das geht mir richtig unter die Haut. Ich scrolle weiter.

Dir ist egal, womit deine Augen verbunden sind? Mir nicht, also mach dir einfach noch mal Gedanken darüber. Baumwolle ist zum Beispiel grob, rau und vermittelt einen billigen Eindruck, das will ich definitiv nicht. Samt ist zwar edel, aber sehr schwer, träge und manche Menschen mögen es nicht, ihn zu berühren. Seide ist leicht, sehr erotisch, wie ich finde, könnte aber eventuell für dich zu verspielt sein? Also lass dir das mal durch den Kopf gehen und meld dich dann bei mir.

Adam

P.S.: Ich freue mich sehr ;-)

Okay. Ich blinzle. Der Text ist so gar nicht das, was ich erwartet habe, weitaus persönlicher und so, als würden wir uns zu mehr als einmaligem und unverbindlichem Sex verabreden. Adams Beschreibung der Stoffe fasziniert mich. Entweder ist er einfach nur Perfektionist oder ein sehr einfühlsamer Mensch. Dennoch bin ich verwundert, weil ich dachte, mein Infobrief zu Beginn würde reichen. Ich habe nicht erwartet, dass er sich so intensiv mit meinen Wünschen auseinandersetzt, sondern eher damit, dass wir uns treffen, er mir die Augen verbindet und mich vögelt. Tja… lag ich offensichtlich falsch.

Hi. Ist meine Antwort wirklich so wichtig für dich? Warum überraschst du mich nicht einfach?

Es kribbelt in meiner Magengegend, als ich den Text abschicke. Ob er gleich antwortet? Vielleicht ist er ja…

Es piept.

Ja, Luca. Es ist sehr wichtig. Ich möchte nicht, dass dich ein kratzender, rutschender Stoff vor deinen Augen von meinen Händen, meinen Lippen und meinem Schwanz ablenkt…

Gut, dass ich meinen Kaffee schon heruntergeschluckt habe, sonst hätte ich ihn jetzt quer über den Schreibtisch gespuckt. Nachdem ich mich wieder gefasst habe und nicht mehr ganz so dümmlich auf mein Handy grinse, antworte ich ihm.

Das war sehr direkt.

Ehe ich mich versehe, erscheint eine weitere Nachricht.

Na ja, Blümchensex stand nicht auf deiner Wunschliste, oder? ;-)

Großer Gott, das kann ja heiter werden.

Stimmt. Nehmen wir mal an, ich sage Baumwolle. Hat es dann Auswirkungen, wie du mich behandelst?

Behandeln? Du bist lustig. Luca, ich verspreche dir, du wirst das Date mit mir im Leben nicht mehr vergessen. Und ich behandle dich nicht, sondern ich werde dich ficken, bis dir Hören und Sehen vergeht! Und noch was… wenn du den Unterschied zwischen Baumwolle und Seide am eigenen Leib erfahren willst, wirst du mich mindestens ein zweites Mal treffen müssen.

Ich lege mein Handy auf den Tisch und reibe meine Handflächen an der Hose trocken. Ein zweites Treffen? Oh Mann, wir haben noch nicht mal den Termin für das erste vereinbart und der Typ fängt gleich so an.

Dazu muss mich unser Date aber schon sehr überzeugen.

Hmm, ich weiß, meine Antwort fällt vergleichsweise prüde aus, aber ich brauche noch etwas Vorlauf. Ich bin es nicht gewohnt, gleich derart mit der Tür ins Haus zu fallen.

Wieder antwortet er prompt.

Das werde ich, verlass dich drauf. Ich werde dich verführen, verwöhnen und dir alles geben, was du dir wünschst. Also? Was soll es sein? Hart? Oder eher zart?

Schwarz!, tippe ich ein, ohne weiter darüber nachzudenken. Mist… der Vorschlag, mehrere Materialien zu testen, lässt mich nicht mehr los und macht mich verrückt. Das ist doch Irrsinn.

Eine Reihe lachender Emojis taucht auf, was nicht anders zu erwarten war. Er muss wirklich glauben, dass ich nicht mehr ganz bei mir bin.

Dann folgt eine längere Pause, die mich mehr erregt, als mir lieb ist. Dieser Adam weiß wirklich, was er tut.

Luca?

Ich schlucke und starre wie hypnotisiert auf das Display.

Sprich mit mir.

Blöd nur, dass ich es gerade nicht kann. Mir fehlen einfach die Worte, obwohl ich sonst nicht auf den Mund gefallen bin.

Ich weiß es nicht, ehrlich…

Okay, dann lass mich dir helfen. Baumwolle: Ich streichle dich fest und bestimmt, meine Griffe sind etwas hart, grenzen an Schmerz, dominieren dich. Wenn ich dich nehme, wirst du an nichts anderes mehr denken können.

Seide: Jede Berührung wie eine Feder, zart und leicht. Du wirst mich spüren, aber vieles wird nur eine Ahnung bleiben, jede Empfindung ist wie ein Versprechen und wartet auf Erfüllung…

Ich schnaube angesichts seiner Worte. Und das soll helfen? Ist der übergeschnappt? Wie soll eine erotische Fantasie dabei helfen, mir die Entscheidung zu erleichtern, wenn sich mein ganzes Blut in meinem Schwanz sammelt?

Und Samt?, will ich dummerweise wissen, obwohl mich das Ganze hier langsam überfordert und meine Erregung keine Erlösung bekommen wird.

Eine Mischung aus beidem. Du wirst nie wissen, was geschieht.

Ich nehme mir Zeit, die Antworten zu überdenken.

Wenn ich ehrlich sein soll, gefällt mir die Vorstellung von allem. Wieso entscheidest nicht du?

Oh, Luca. Weil ich dich in dieser Nacht auf Händen tragen will und dir Dinge schenken möchte, die du dir am sehnlichsten wünschst.

Es fällt mir ehrlich schwer, hinter diesen Worten den Callboy zu sehen. Sehr schwer. Vielleicht liegt es an seiner Wortwahl, der Intensität der Dinge, die er verspricht… Er klingt eher wie ein Liebhaber als wie ein Mann, der sich für Sex bezahlen lässt.

Dann entscheide ich mich für Seide, aber nur wegen des Stoffes, weil ich die Leichtigkeit mag. Für mich hat es nichts mit verspielt zu tun.

Wieder schickt er mir ein lachendes Emoji und ich stimme unwillkürlich ein. Das alles hier macht mir wieder einmal bewusst, wie sehr ich mir seine Führung wünsche. Allerdings ist das wirklich ein Drahtseilakt, da ich ihn ja überhaupt nicht kenne. Aber… keine Ahnung, was es ist, ich vertraue ihm instinktiv.

Dann Seide. Dein Wunsch sei mir Befehl.

Ich lehne mich zurück und schüttle amüsiert den Kopf. Und für eine Millisekunde bereue ich es, Adams Gesicht wohl nie zu sehen. Dieser Mann macht mich neugierig und das ist nicht unbedingt die allerbeste Idee – vor allem nicht für mein Vorhaben.

 


 

5.

 

 

Adam

 

Ob Lucas Schüchternheit nur eine Masche oder er tatsächlich so zurückhaltend ist, kann ich noch nicht einschätzen. Eigentlich nicht weiter verwunderlich, aber es macht mich neugierig.

Wie er sich wohl fühlt? Das frage ich mich bei neuen Kunden oft. Sie wissen ja nicht, was auf sie zukommt – auch wenn sie in den Anfragen ihre Vorlieben angegeben haben. Sex, klar, aber es ist doch was ganz anderes, dafür zu zahlen, als einen Fremden abzuschleppen. Die Unwissenheit, was geschieht, ist zwar die gleiche, aber es steht außer Frage, dass wir viel mehr zu bieten haben. Dennoch… es würde mich schon brennend interessieren, was gerade in Lucas Kopf vorgeht. Spielt er diverse Szenarien durch? Versucht er, sich unsere erste Begegnung vorzustellen? Wie ich aussehe, rieche und mich anfühle? Für einen Augenblick bedauere ich ein wenig, dass er sich für Blindheit entschieden hat. Neben dem nicht zu leugnenden Reiz kann man mit den Augen sehr viel machen… Und wenn ich ehrlich bin, sehe ich es gern, wenn sich die Erregung meines Partners in seinen Augen widerspiegelt. Blicke sagen manchmal viel mehr, als jedes noch so sorgsam erwogene Wort es könnte.

Gut, ich bin auch ein denkbar schlechter Vergleich. Sex ist etwas, bei dem ich noch nie ein Blatt vor den Mund genommen habe. Allerdings weiß ich auch sehr gut mit dem Rest meines Körpers umzugehen und ihn einzusetzen. Anfangs überfordert das manche Männer leicht, aber bis jetzt war es noch kein Problem. Ich werde Luca schon noch dazu bringen, mir seine Geheimnisse anzuvertrauen, denn genau da liegt der Reiz für mich.

Für den Moment lasse ich es gut sein. Es würde mir zwar sehr viel Freude machen, weiter mit ihm zu plaudern, aber meine Arbeit ruft. Bevor ich mich ganz Luca widmen kann, warten noch zwei weitere Termine auf mich. Ein Mann wie ich ist immer beschäftigt.

 

***

 

Irgendwann mitten in der Nacht kehre ich nach Hause zurück und gehe nach einer ausgiebigen, heißen Dusche ins Bett.

Mein heutiger Termin war ein Stammkunde, den ich schon seit zwei Jahren regelmäßig besuche. Eigentlich ein leichter Job, wenn man jemanden so gut kennt, aber heute war es alles andere als einfach. Ich kann nicht mal genau sagen, woran es lag. Vielleicht schlicht Langeweile? Wahrscheinlich, auch wenn mich das wohl zu einem oberflächlichen Menschen macht. Oder einem Arschloch. Aber was soll's. Ich bin Single und genieße auf diese Art und Weise ohne schlechtes Gewissen und irgendwelche Gefahren wechselnde Partner. Ich liebe meine Freiheit, sie ist das Höchste für mich und das schon seit vielen Jahren. Von dem Job kann ich mehr als gut leben, all die Reisen unternehmen, die ich mir wünsche, und Dinge kaufen, die meinem Leben einen Hauch von Luxus geben.

Dabei einen festen Partner zu haben, ließe sich wohl kaum miteinander vereinbaren. Auch für mich nicht, stelle ich seltsamerweise gerade fest. Es käme mir nie in den Sinn, weiterhin die Kunden zu bedienen, wenn zu Hause ein Mann auf mich warten würde. Aber ganz ehrlich, wer würde sich schon auf einen Callboy einlassen? Ich lache trocken und humorlos auf. Es ist, als würde auf meiner Stirn ein Zettel mit der Aufschrift Finger weg! Außerhalb des Bettes nicht zu gebrauchen! kleben.

Sei's drum. Mein Leben ist gut, ich bin mehr als erfolgreich und liebe, was ich tue.

Außerdem weiß ich genau, was die Kunden wollen. Die Wohnung, in die ich Luca einladen werde, ist perfekt auf seine Fantasien abgestimmt. Im Schlafzimmer herrschen Anthrazit- und Grautöne vor und ein paar weiße Farbkleckse geben dem Raum eine männliche, geradlinige Note. Nur ein paar weiße Gladiolen in großen Bodenvasen werden einen verspielten Akzent setzen und die Strenge durchbrechen.

Die Bettwäsche habe ich absichtlich in hellem Grau gewählt, weil Schwarz gleich einen BDSM-Touch vermittelt, obwohl ich die Farbe wirklich mag. Bei Luca will ich da einfach vorsichtig sein, weil er erst einmal auftauen und locker werden muss, um sich fallen lassen zu können. Sicher wird er später nichts sehen, aber nach einem Rundgang durch die Wohnung werden sich ihm vorher manche Dinge einprägen und das Bett gehört da ganz sicher dazu. Das ist einfach so, wenn man Sex haben will. Der Ort, an dem er meistens stattfindet, bleibt im Kopf.

Mit diesen Gedanken schlafe ich schließlich mit einem zufriedenen Grinsen auf den Lippen ein.

 


 

6.

 

 

Luca

 

Wieso starre ich immer auf mein blödes Handy? Das ist echt das Dümmste, was ich in letzter Zeit gemacht habe. Ich habe kein Date, sondern ein bezahltes Treffen mit einem Callboy! Mann… werd endlich erwachsen oder nimm zumindest den Kopf aus den Wolken. Aber nein, stattdessen bin ich hibbelig und aufgeregt wie ein Teenager.

Adam hat mir gestern nur eine kurze WhatsApp-Nachricht mit dem Hinweis geschickt, dass er mir heute den genauen Termin nennen kann. Das alleine reicht schon, um mich unter Dauerstrom zu setzen und fast jegliches Arbeiten unmöglich zu machen. Er ist wirklich gut, seine Worte und Sätze enthalten Anspielungen, die in meinem Kopf ausufern und mein Kopfkino rattern lassen. Eine wilde Mischung aus Vorfreude und jeder Menge versauter Gedanken, in denen er der Mittelpunkt ist. Und das soll zu meiner Entspannung beitragen? Dass ich nicht lache. Im Moment ist eher das genaue Gegenteil der Fall. Aber gut, da muss und will ich jetzt durch. Ich will erleben, was Adam mit seinen Worten nur angedeutet hat, will mich auf das Experiment einlassen und sei es auch nur für ein einziges Mal. Kneifen gilt jetzt nicht mehr.

Leider kommt es dann doch etwas anders, als erwartet. Adams Nachricht erreicht mich ausgerechnet während eines Kundengesprächs und ich muss sie ignorieren. Danach treffe ich mich mit einem weiteren potenziellen Klienten und zwinge mich dazu, die Nachricht nicht schon vor dem Essen zu lesen.

Im Nachhinein weiß ich zwar nicht, ob das so eine gute Idee war, weil das Essen trotzdem wie Pappe schmeckt und ich mich kaum auf das wichtige Gespräch konzentrieren kann. Aber ich bleibe stark, bis ich endlich auf dem Parkplatz in meinem Wagen sitze. Bis zu Hause kann ich unmöglich warten, auch wenn es nur zehn Minuten Fahrzeit sind.

Jetzt wird es also ernst.

Gut.

Wirklich? Mir kommen wieder Zweifel, ob das tatsächlich so eine tolle Idee war. Herrgott! Es geht um Sex, genau das Gleiche, als würde ich an einem Samstagabend einen Typen abschleppen.

Keine große Sache, könnte man meinen, aber dafür zu bezahlen, und zwar weitaus mehr als den obligatorischen Drink an der Bar, macht es zu etwas Außergewöhnlichem und… Verruchtem.

Meine Hand mit dem Handy sinkt auf meinen Oberschenkel. Ich starre in die Dunkelheit des nur spärlich beleuchteten Parkplatzes.

Warum stelle ich mich jetzt wieder so an? Wieso fange ich schon wieder an, meine Entscheidung anzuzweifeln? Die Antwort ist ebenso einfach wie niederschmetternd: Ich kann mein früheres Leben, meine Kindheit und Erziehung eben nicht einfach ganz abstreifen. In Situationen wie dieser holt es mich gerne wieder ein. Immer dann, wenn ich drauf und dran bin, wieder einen Hauch Glück oder, in dem Fall, nur Erfüllung zu finden. Zumindest manchmal, auch wenn es mir die meiste Zeit über gut gelingt, die Dinge als gelebt und vorbei zu betrachten, was ohnehin mein Credo ist. Dennoch, die Jahre in meinem Elternhaus waren prägend und oft demütigend.

Ich wusste schon in der Pubertät, dass ich anders war, und hatte keinen Hehl daraus gemacht, um meinen strengen und uninteressierten Eltern eins auszuwischen. Dass ich mir selbst keinen Gefallen damit tat, solange ich nicht wegkonnte, wurde mir erst klar, als ich im Krankenhaus mit einer schweren Gehirnerschütterung, gebrochener Nase und drei gebrochenen Fingern aufwachte. Da war ich siebzehn Jahre alt. Einen Monat später bin ich ausgezogen, habe mir einen Job gesucht und die Schule nebenbei beendet.

Zum Glück war und bin ich recht ehrgeizig. Bei mir bestand nie die Gefahr, dass ich auf der Straße lande und abrutsche. Ich wollte etwas leisten, es meinen Eltern und der Dorfgemeinschaft beweisen. Nun… was meinen beruflichen Erfolg angeht, habe ich das zweifelsfrei geschafft, auch wenn sie das gar nicht mitbekommen. Ich habe festgestellt, dass es sich ohne Familie viel friedlicher leben lässt, und daraufhin den Kontakt komplett abgebrochen. Und da ich gemerkt habe, dass ihnen ohnehin egal ist, wie, ob und wo ich lebe, war die Entscheidung die einzig richtige.

Ich atme tief durch und schiebe die trüben Gedanken vehement von mir. Das alles liegt hinter mir und ich werde nicht zulassen, dass sie mir diese Chance ruinieren.

Adam.

Unser Date ist jetzt mein Hauptaugenmerk, etwas, auf das ich mich hemmungslos freuen sollte – und auch tue, wie ich zufrieden feststelle. Mit einem Grinsen im Gesicht schalte ich das Handy an und warte ungeduldig, bis seine Nachricht auf dem Display erscheint.

Hi, Luca. Ich hoffe, dir geht es so weit gut. Ich würde dich gerne am Freitagabend sehen. Anbei findest du die Adresse meiner Wohnung, in der wir uns ungestört treffen können. Alles ist für dich hergerichtet und ich warte darauf, dich verführen zu dürfen. XXX Adam

Heilige Scheiße.

Wahnsinn, dieser… mir fehlen die Worte. Er schafft es doch tatsächlich, dieser geschäftliche Vereinbarung den Anschein eines heißen Rendezvous zu geben. Ist das seine Masche? Oder gehört es einfach zur hohen Preisklasse der Agentur, jede Kleinigkeit perfekt zu arrangieren? Was auch immer es ist, im Grunde ist es sehr angenehm und sorgt bei mir tatsächlich für prickelnde Vorfreude.

Freitag also.

Übermorgen!

Ich atme erneut tief durch und lasse die Erregung zu, die mich angesichts der Vorfreude überkommt. Ich bin wirklich extrem auf Adam gespannt. Auch wenn ich ihn nicht sehen kann und werde, ist die Entdeckung dieses Fremden ein Abenteuer. Es gefällt mir, zu fühlen, zu schmecken und zu ertasten. Was gibt es auch Schöneres, als einen gut gebauten Mann unter den Händen und an der Haut zu spüren? Zumindest hoffe ich, dass er gut gebaut ist.

Noch zwei Tage, dann werde ich es wissen.

Prompt fällt mir noch etwas ein, das ich ihn fragen möchte.

Hallo, Adam, Freitag ist gut, das passt mir hervorragend. Noch eine Frage. Wie soll ich auf dich warten? Oder bist du schon da, wenn ich komme?

Ich warte gespannt – und zugegebenermaßen ein wenig hoffnungsvoll –, ob er wieder so schnell antwortet, entschließe mich dann aber, nach Hause zu fahren. Ich kann ja schlecht erwarten, dass er stets abrufbar ist. Das oder… er geht gerade seinem Job nach. Komischerweise macht mich das an. Obwohl ich ihn nicht kenne, jagt die Vorstellung, dass er gerade einen anderen Mann bedient, meinen Blutdruck in die Höhe. Scheinbar stehe ich mehr auf diese schmutzigen Dinge, als ich dachte.

Schnell lasse ich den Motor an, fahre nach Hause und genehmige mir nach diesem anstrengenden Tag und meinen verwirrenden Gedanken ein Glas Wein. Ich fange gerade an, mich zu entspannen, als mein Handy klingelt. Eine Nachricht von Adam. Gespannt öffne ich sie.

Super, dass es klappt. Wie du auf mich warten sollst? Na, ich hoffe doch freudig erregt. Nein, im Ernst. Du hast Zeit, dich umzusehen, ich werde also nicht dort sein. Im Schlafzimmer findest du das Tuch für deine Augen und wenn du so weit bist, gibst du mir per WhatsApp Bescheid. Ich denke, das dürfte in deinem Sinn sein.

Hmm… Sehr rücksichtsvoll von ihm, darauf zu achten, dass ich genau weiß, wo ich mich befinde und wie die Räumlichkeiten aussehen. Das gibt mir zusätzlich Sicherheit, war aber nicht so ganz meine Frage. Obwohl ich gestehen muss, dass ich sie wohl auch nicht verständlich formuliert habe. Es wird Zeit, meine Schüchternheit abzulegen. Einem Mann wie Adam gegenüber ist sie wohl total fehl am Platz.

Ja, ich denke, einmal Umsehen ist eine gute Idee. Aber ich meinte mit warten eigentlich eher, ob ich mich nackt auf dem Bett drapieren soll?

Eine Reihe lachender Emojis erscheint auf dem Display. Obwohl nur virtuell, steckt mich sein Humor an und ich grinse vor mich hin.

Eine durchaus nette Vorstellung, glaub mir, aber das würde ich mir gern für ein anderes Mal aufsparen, wenn es dir recht ist. Alles, was du tun darfst, ist, dir die Augen zu verbinden. Mehr nicht.

Ich schlucke angestrengt. Mehr nicht… Unfassbar, wie mich diese einfachen Worte anmachen. Und… mir gefällt das Spiel zunehmend, weshalb ich mutiger werde und noch etwas schreibe.

Okay. Sollte kein Problem sein ;-) Du kommst also rein, gibst mir zur Begrüßung die Hand und wirfst mich anschließend aufs Bett?

Auch nett, aber die Höhlenmenschenversion liegt mir nicht so wirklich. Erst mal werden wir uns ein wenig beschnuppern und dann werde ich dich Stück für Stück aus deiner Kleidung schälen. Du weißt, wir haben viel Zeit und die gedenke ich auszunutzen. Ich hoffe doch sehr, das ist auch in deinem Sinn.

Mein Mund ist trocken, nur gut, dass ich schreiben und nicht reden muss.

Ja, absolut. Die Nacht habe ich nichts weiter geplant.

Das will ich doch schwer hoffen. Dann wünsche ich dir eine gute Nacht und freue mich auf Freitag. XXX Adam.

Dir auch. Bis dann.

Ich starre auf das Display, bis es dunkel wird, und lege das Handy erst dann beiseite.

Wahnsinn! Einfach verrückt.

Und jetzt soll ich einfach so ins Bett gehen? Ich drücke meinen rechten Handballen in meinen Schritt und stöhne leise. Fuck! Was allein Adams Andeutungen anrichten…

Vielleicht hilft es, wenn ich ein schönes, warmes Bad nehme und mich selbst ein wenig verwöhne. Ja, das ist es, was ich jetzt noch brauche. Mit neuem Elan schnappe ich mein Weinglas und laufe nach oben, um mir ein Bad einzulassen.

 

***

 

Endlich Freitag.

Ich sterbe fast vor Aufregung, als ich mich auf den Weg zu der genannten Adresse mache. Es ist ein ehemaliges Industriegebiet am Rande von München, das in den letzten Jahren zu einer vornehmen Wohnadresse geworden ist.

Adam hat mir die Nummer des Schlüsselcodes geschickt, damit ich mehr oder weniger unbemerkt in die Wohnung komme. Ich weiß ohnehin nicht, was ich eigentlich erwarte und warum in meinem Hirn ständig das Klischee eines rosaroten Puffs aufleuchtet.

Aber mal ehrlich, woher soll ich es auch wissen? Die wenigsten wissen wohl, wie es in der Wohnung eines Callboys aussieht, und die werden wohl einen Teufel tun und es zugeben. Wahrscheinlich wird es mir demnächst ähnlich gehen.

Meine Gedanken kehren zu dem Gebäudekomplex zurück. Besitzt nur Adam dort eine Wohnung oder mehrere seiner Kollegen? Oder teilen sie sich das vielleicht? So als eine Art Gemeinschafts… irgendwas? Fragen, die mich beschäftigen, im Grunde völlig irrelevant sind und mich von meiner Nervosität ablenken.

Die Nervosität vor dem Treffen, das mir seit Nächten den Schlaf raubt. Das ist echt bescheuert, weil ich mir vorkomme wie ein unreifer Teenie, der noch nie Sex hatte. Wirklich lächerlich.

Mein Navi leitet mich von der Hauptverkehrsstraße runter in das Industriegebiet. Ich war hier noch nie, aber mir fallen sofort das viele Grün und die unzähligen alten Bäume auf, die die Straßen säumen. Das wird zwar nach einem halben Kilometer wieder anders, aber auch hier, zwischen den umgebauten Fabriken, finden sich frisch angelegte Gärten und teils sehr modern ausgelegte Grünanlagen.

Schicke Gegend, das muss man Adam schon lassen.

Nur wenige Minuten später sagt mir die blecherne Frauenstimme des Navis, dass ich mein Ziel erreicht habe. Eine alte, unschwer zu erkennen todschick renovierte Fabrikhalle aus rotem Backstein, mit hohen Fenstern und wahrscheinlich sehr großzügigen Wohnungen. Jetzt bin ich erst recht gespannt, was mich da drinnen erwartet.

Ich fahre an den Eingang der Tiefgarage und gebe den Code ein. Klappt perfekt, auch Adams genannten Stellplatz finde ich auf Anhieb. Ich stelle meinen Wagen ab und atme erst einmal tief durch.

Meine Hände zittern, als ich den Schlüssel aus dem Zündschloss ziehe und fahrig aussteige. Neben meinem Auto befinden sich noch vier weitere in der Garage. Allesamt etwas höherpreisig und sehr gepflegt. Ob Adams Wagen auch darunter ist? Oder… Mist… was sollen diese Gedanken? Es ist vollkommen egal, was er für ein Auto fährt und ob es hier ist. Mir ist schon langsam selbst peinlich, dass ich ständig Zeit schinde.

Ich fasse mir ein Herz und folge dem kleinen Leuchtschild an der Decke zum Aufzug. Wieder benötige ich einen Code, der mich einlässt. Adam bewohnt das Penthouse, was ich irgendwie schon beinahe vermutet habe, da es zu dem passt, was ich bis jetzt von ihm kennengelernt habe. Nicht, dass es viel wäre.

Scheinbar teilt er sich das Obergeschoss mit anderen Bewohnern, weil der Aufzug nicht direkt in der Wohnung hält. Auch egal. Mit einem leisen Sirren öffnen sich die Stahltüren und ich betrete einen hellen, sonnigen Flur, der sich quer durch die Halle zu ziehen scheint. Okay… die Halle ist wirklich riesig, da passen tatsächlich mehrere Wohnungen rein.

Ich muss zum Glück nicht lange suchen, um den Eingang zur Lusthöhle zu finden. Schräg links gegenüber prangt die genannte Zahl seiner Wohnung groß auf der feuersicheren Eingangstür. Rechts neben dem Rahmen befindet sich das Kästchen, in das ich erneut den Code eingeben muss.

Dann mal los. Ich wische meine schweißnassen Hände an meiner Jeans ab und gebe die Zahlen ein. Das Türschloss klickt auf und gibt den Weg frei. Ich zögere wieder, die Hand bereits auf der Klinke. Wieder ruft eine kleine, altbekannte Stimme in mir: Tu es nicht, sonst… Das ärgert mich ungemein. Ja, es gab eine Zeit, da durfte ich meinen Hang nach hartem Sex nicht mal ansprechen, ohne abgewiesen zu werden, aber das ist ebenfalls schon lange vorbei. Ich will es jetzt! Will endlich das für mich tun, meine Bedürfnisse in den Vordergrund stellen. Doch dann fasse ich mir ein Herz, stoße langsam die Tür auf… und bleibe gleich wieder wie angewurzelt stehen.

Keine Ahnung, was ich erwartet habe, aber das hier entspricht so gar nicht meinen Vorstellungen. Die Wohnung oder eher das Zimmer ist riesig, unglaublich hell und so geschmackvoll eingerichtet, dass ich glatt einziehen könnte. Hier war zweifelsfrei ein sehr talentierter Designer am Werk, so was erkenne ich auf Anhieb. Und der Raum strahlt unverkennbare Männlichkeit aus, ohne dabei kahl oder ungemütlich zu wirken. Weiß und Grau sind vorherrschende Farben, sowohl an den Wänden, einigen beeindruckenden, grafischen Drucken, als auch bei den modernen Möbeln. Riesige Solitärpflanzen teilen locker das Wohn- vom Esszimmer ab, ohne Enge zu vermitteln. Rechts neben dem Eingang befindet sich die offene Edelstahlküche. Die gefällt mir allerdings überhaupt nicht, viel zu ungemütlich, kalt und von der Putzerei mal ganz zu schweigen.

Ich schließe leise die Tür und beginne meinen Rundgang. Jetzt bin ich wirklich froh, dass mir Adam die Möglichkeit gibt, sein Reich zu erkunden. Durch die Größe würde ich mich völlig blind wirklich total verloren fühlen.

Im Uhrzeigersinn gehe ich an den riesigen Fensterfronten vorbei, die den Blick auf die großzügige Terrasse und die Münchner Innenstadt freigeben. Auch draußen findet sich ein perfekt inszeniertes Ambiente mit schicken Korbmöbeln und pflegeleichten Pflanzen. Mir wird langsam angst und bange, wenn ich an den Mann denke, der diese Wohnung sein Zuhause nennt. Plant er alles so perfekt durch? Hmm, wahrscheinlich, wenn ich an die Kommunikation der letzten Tage denke.

Als ich an der anthrazitfarbenen Ledercouch vorbeigehe, die mir eine intensive Gänsehaut über den Körper jagt, als ich darüberstreiche, erkenne ich, dass es sehr wohl eine Wand in der großzügigen Wohnung gibt. Eigentlich logisch, da hier weder der Schlafbereich noch ein Bad zu entdecken sind.

Ich drehe mich erneut um meine eigene Achse und lasse den gesamten Raum auf mich wirken. Mein Innenarchitektenherz schlägt schneller und ohne es zu wollen, kommen mir Ideen von Farben, Möbeln und Dekorationen.

Apropos Schlafzimmer. Mein Puls schnellt in die Höhe und ich muss über meine Reaktion den Kopf schütteln. Neugierig gehe ich weiter und öffne die Milchglasschiebetür in den nächsten Raum.

Okay. Ich habe definitiv Adams Spielwiese gefunden. Ein Hammerzimmer mit einem Hammerbett, das steht schon mal fest. Der Raum ist dunkler als der Wohnbereich und ich komme nicht umhin, mir das riesige Bett mit schwarzer Bettwäsche vorzustellen. Das wäre wirklich noch das Tüpfelchen auf dem berühmten i gewesen. Aber auch so strahlt das Zimmer unverhohlene Erotik aus, wofür auch die sorgsam verteilten Accessoires und der riesige Männerakt an der gegenüberliegenden Wand sorgen. Auf dem linken Nachttisch steht ein weißer Blumenstrauß und davor liegen Kondome in einer Silberschale und daneben eine Tube Gleitgel. Und auf dem Bett… Ich schlucke trocken. Wie Adam geschrieben hat, liegen zwei unterschiedliche Tücher ordentlich drapiert auf der Bettwäsche.

Samt und Seide. Er lässt mir abermals die Wahl. Ich nehme sie beide in die Hand, nachdem ich die leckere Praline gegessen habe, aber das Seidentuch gefällt mir auf Anhieb besser. Ein schmeichelndes, angenehmes Gefühl erfasst mich, als ich damit über mein Gesicht streiche und es durch meine Finger gleiten lasse. Ja, es ist die richtige Wahl. Aber bevor ich mich damit aus der Realität ausklinke, sehe ich mir noch den Rest der Wohnung an.

Durch eine weitere Schiebetür gelangt man in ein Ankleidezimmer mit erstaunlich leeren Regalen und daneben in das Bad. Offensichtlich wohnt Adam nicht hier, sondern arbeitet lediglich in diesen Räumen. Was für eine Verschwendung, aber ich kann es durchaus nachvollziehen, dass er einen privaten Rückzugsort braucht.

Offensichtlich ist das hier nur ein perfekt gestylter Ort, der ihm ansonsten vielleicht überhaupt nicht entspricht. Es fehlt an Wärme und Gemütlichkeit, die Wohnung spiegelt nichts von seiner Persönlichkeit wider, wie ein Ausstellungsraum in einem Möbelhaus. Wie er wohl wohnt? Auch so teuer oder eher klein und gemütlich? Taucht er in einer Altbauwohnung unter und gibt den Playboy nur geschäftlich? Wenn ich ihn sehen könnte, würde ich wohl einiges davon erraten, darin bin ich gut, aber das wird leider nicht geschehen.

Ich betrete den nächsten Raum. Die Größe und Einrichtung des Bades erschlagen mich fast. Eine riesige Wanne mit Whirlpoolfunktion, eine noch größere Dusche mit gefühlt tausend Düsen und einem Duschkopf, der so breit ist, dass das Wasser sogar noch über meine Schultern hinweg laufen würde. Was für ein verschwenderischer Luxus. Aber ich gestehe, eine Nummer mit Adam in dieser Wanne wäre es wirklich wert, ihn wiederzutreffen, und unter der Dusche dürfte er mich auch gerne einseifen.

Ich lache auf und streiche mit den Fingern über die blitzsauberen Armaturen. Jetzt muss ich erst einmal dieses Date hinter mich bringen. Wie sich das anhört. Nein. Nicht hinter mich bringen, sondern genießen, zelebrieren, mich bis zur Ohnmacht verwöhnen lassen.

Genau.

Aus diesem Grund verlasse ich den Wellnesspalast und gehe zurück ins Schlafzimmer. Ich bleibe vor dem Bett stehen und betrachte durch das Deckenfenster den dunklen Himmel mit seinen winzigen Sternen.

Es ist so weit. Seltsamerweise habe ich das Gefühl, dass ich mit diesem Treffen weit mehr als nur die Erfüllung meiner Lüste lostrete. Keine Ahnung, woher dieser Gedanke kommt, aber abschütteln lässt er sich auch nicht. Adam kann kommen.

Ich hole mein Handy aus der Gesäßtasche und tippe eine Nachricht ein. Nur ein Wort: Komm!

Ich sehe an dem Häkchen, dass er es gelesen hat, und schalte das Display aus. Er wird nicht antworten, das denke ich zumindest. Es würde nicht zu dem passen, was ich inzwischen von ihm gelesen habe.

Also atme ich noch einmal tief durch und verbinde mir die Augen. Schlagartig entzündet sich ein Feuer in meinem Unterleib, das ich so gar nicht kenne. Ich bin aufgeregt und erregt, ohne dass mich der Mann auch nur berührt hat. Unfassbar.

Der Knoten zwickt ein wenig in meinen Haaren, als ich ihn festziehe. Ich schiebe das Tuch vor meinen Augen zurecht, ziehe es noch einmal fest und rolle mit den Schultern, weil ich inzwischen völlig verspannt bin.

Wie lange er mich wohl warten lässt? Ich habe keine Ahnung, das ist jetzt ganz sein Spiel und ich nur eine Figur darin.

Es ist still in der Wohnung. Durch das offene Fenster höre ich draußen einen späten Vogel singen und den Wind in den Pflanzen auf der Terrasse flüstern. Alles wird mir bewusster: der Duft der Blumen auf dem Nachttisch, die saubere, frische Bettwäsche, ein Hauch von Sandelholz und…

Die Eingangstür öffnet sich und fällt leise wieder ins Schloss.

Meine Nackenhaare stellen sich auf und zu meiner grenzenlosen Überraschung werde ich sofort hart.

Schritte auf dem Steinboden, fest… männlich.

Sie kommen näher, kurz zögert er, als wüsste er nicht genau, wo ich bin, aber dann kann ich hören, dass sie hierher führen und an der Schlafzimmertür erneut verstummen.

»Hallo, Luca.«

Nur zwei Worte, aber mir entwischt dennoch ein Stöhnen. Die Stimme passt zweifelsfrei zu dem Mann, der mir unzählige Nachrichten geschickt hat. Tief, dunkel, ein wenig rau. Wie alter Whiskey, genauso berauschend und intensiv.