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Inhalt

1.  Kapitel: Die Weihnachtsfeier

2.  Kapitel: Das Liebesnest

3.  Kapitel: Alles nur ein Spiel?

4.  Kapitel: Vertrau mir!

5.  Kapitel: Silvesterraketen

6.  Kapitel: Happy New Year?

7. Kapitel: Pleasure Island Club Hotel

8.  Kapitel: Das Halsband

9.  Jolas Rezept für Cassis-Macarons

 

Annabel Rose

A Delicious Domination

© 2018 Plaisir d’Amour Verlag, D-64678 Lindenfels

www.plaisirdamour.de

info@plaisirdamourbooks.com

© Covergestaltung: Mia Schulte

© Coverfoto: ©konradbak - stock.adobe.com

ISBN Taschenbuch: 978-3-86495-106-0

ISBN eBook: 978-3-86495-107-7

 

 

Sämtliche Personen in diesem Roman sind frei erfunden. Dieses Buch darf weder auszugsweise noch vollständig per E-Mail, Fotokopie, Fax oder jegliches anderes Kommunikationsmittel ohne die ausdrückliche Genehmigung des Verlages oder der Autorin weitergegeben werden.

1. Kapitel: Die Weihnachtsfeier

 

Eiskalte, klare Luft dringt in meine Lungen, die in dicken, weißen Wolken wieder aus meinem Mund strömt. Dieser Dezember ist kalt. Richtig kalt. Eigentlich sollte ich da drinnen bei den anderen sein. Aber in dem Festsaal, in welchem die diesjährige Weihnachtsfeier für die Belegschaft aus der ganzen Region stattfindet, halte ich es nicht mehr aus. Die Luft ist stickig, ich kann dort nicht atmen. Das liegt nicht nur an der Temperatur und dem viel zu kleinen Saal für unsere Belegschaft, sondern vor allem an ihm. Rick Wolfermann. Seines Zeichens Zeitungsfotograf, mein Kollege und berühmt-berüchtigter Frauenheld der Firma. Ich finde es unerträglich, zuzusehen, wie meine sogenannten Kolleginnen um seine Aufmerksamkeit buhlen. Einfach widerwärtig!

»Rick, Schatziiii, könnest du …?«, »Rickie-Baby, kommst du maaal?«

Zum Kotzen!

Und Rick kostet das natürlich aus. Logisch! Welcher Mann würde das nicht tun? Mir wird ganz schlecht, wenn ich höre, was er den lackierten Weibern für einen Honig ums Maul schmiert. E-kel-haft!

Ich atme die kalte Luft tief in mich ein und lasse sie mit einem Seufzen aus meiner Lunge entweichen.

Ach Jolanka, gib’s doch zu: Es nervt dich immer noch, wie er sich letztes Jahr verhalten hat.

Ja! Na und? Wieso auch nicht? Dieser Vollarsch!

»Du bist etwas Besonderes in diesem Haufen notgeiler Hühner, Jola. Du bist nicht wie die. Du bist eine Klasse für sich.«

Ja, ja! Pffft!

»Wartest du auf mich, Jola? Ich nehme dich in meinem Taxi mit nach Hause.«

Ja, klar … Blödmann! Noch mal falle ich nicht darauf rein. Von wegen im Taxi nach Hause bringen! Kaum kreuzte Yvonne Löwczyk auf, hat er mich nicht mehr beachtet. Gott! Wie sie ihn angeschmachtet hat. Notgeile Hühner! In diesem Punkt zumindest hat er recht.

Jola, du bist eine dumme Kuh! Der wahre Grund, warum du so sauer auf Rick Wolfermann bist, ist der, dass du genauso auf ihn stehst wie die anderen blöden Weibsbilder, er aber nicht ein einziges Mal mit dir geflirtet hat.

Immer ist er so verdammt reserviert mir gegenüber. So korrekt und nüchtern. Und das ist einfach frustrierend. Zum Glück habe ich mir nie etwas anmerken lassen. Auch wenn Rick der sexiest man ever ist, dem ich je begegnet bin: Für einen weiteren Strich auf seiner Häschenliste bin ich mir definitiv zu schade.

»Was machst du hier draußen in der Kälte? Wieso bist du nicht drin?«

Ich zucke zusammen und schaue nach rechts. Ach du Scheiße! Rick höchstpersönlich. Ich richte die Augen nach vorn und sage so beiläufig, wie es mir möglich ist: »Da drin kann man nicht atmen. Ich brauchte frische Luft. Außerdem werde ich sowieso gleich abhauen. Du kannst ruhig wieder reingehen, die anderen vermissen dich sonst.«

Er zieht erstaunt eine Augenbraue hoch, kommt näher und sagt mit seiner unvergleichlich rauchigen Stimme: »Die anderen können mir gestohlen bleiben. Ich warte schon den ganzen Abend darauf, dass du mit mir redest, aber jedes Mal, wenn ich zu dir rüberschaue, weichst du mir aus. Was ist los?«

Er steht ganz nah vor mir, in dem Weihnachtsmannkostüm, das er zum Geschenkeverteilen angezogen hat – nur den weißen Bart und die Mütze hat er abgelegt. Erstaunlicherweise sieht er selbst darin gut aus – oder liegt das an dem fahlen Licht der Gaststättenbeleuchtung? Zu gut sieht er aus. Das ist ja das Problem.

Ich schlucke hart und lache sarkastisch. »Mit mir? Gar nichts. Was soll denn mit mir sein?«

»Jola, wenn du immer noch wegen der Sache vom letzten Weihnachtsfest sauer auf mich bist … ich hatte zu viel getrunken und Yvonne … du kennst sie. Sie hängt wie eine Klette an einem, wenn …«

»Schon gut!«, blaffe ich ihn an. »Du bist mir keine Rechenschaft schuldig. Lass mich einfach nur in Ruhe, okay?«

»DAS«, sagt er mit Bestimmtheit, »ist das Letzte, was ich tun werde.«

Bei seinen Worten bildet sich in meinem Hals ein Klumpen, der mir umgehend in den Magen rutscht. Was soll das werden? Ein zweiter Versuch, mich in die Reihe seiner Anhimmlerinnen aufzunehmen? Nein danke! Ohne mich!

»Jola, ich weiß, dass es blöd gelaufen ist. Ich wollte dich nicht verarschen. Auch wenn du das denkst. Jedes Wort, das ich gesagt habe, war ernst gemeint.«

Ich kann nicht glauben, was er sagt. Das ist nicht Rick Wolfermann, der da spricht. Wer zum Henker sind Sie, mein Herr?

Er kommt noch ein winziges Stück näher und beugt sich etwas über mich. »Ich mag dich nämlich, weißt du?«

Ich schlucke trocken. Meine Knie werden weich, in meinem Bauch setzt ein merkwürdiges Flattern ein, und die Gänsehaut, die ich gerade bekomme, stammt eindeutig nicht von der kalten Luft hier draußen.

»Lass das!«, höre ich mich sagen und versuche, das Karussell in meinem Unterbauch zu ignorieren. »Das kannst du den anderen da drin erzählen, aber nicht mir. Ich haue jetzt ab. Gute Nacht.«

Als ich losgehen will, hält er mich am Jackenärmel fest.

»Jola, bitte! Bleib!«

Es klingt so inständig, dass ich unsicher werde. Rick schaut mich an, sein Blick gleitet zu meinen Lippen, bleibt an ihnen hängen. Vor Nervosität lecke ich mir mit der Zunge darüber. Was will er mir damit sagen?

»Rickie-Baby, was machst du denn allein hier draußen? Komm doch wieder auf die Tanzfläche!« Das war die näselnde Stimme von Nadine Kallstatt.

Wie ertappt lässt Rick meinen Ärmel los und dreht sich um.

»Ooooh! Du bist ja gar nicht allein. Streit unter Liebenden?«, fügt sie zynisch hinzu, als sie mich erkennt.

Yvonne Löwczyk ist natürlich dabei. Die zwei sind unzertrennlich. Und wie nicht anders zu erwarten, muss Yvonne auch ihren Senf dazugeben. »Dann wollen wir mal nicht stören«, sagt sie spitz.

Beide drehen sich um, gehen zurück in Richtung Saal.

»Kommst du gleich wieder rein, Rickieee?«, säuselt sie noch, dann fällt die Tür hinter den zwei Giftspritzen zu und ich stehe allein mit Rick in der Kälte.

Na toll! Meine Wangen brennen wie Feuer. Morgen sind wir das Gesprächsthema Nummer eins in der Firma. Ich kann das Geschnatter jetzt schon hören. Ich sollte besser sehen, dass ich verschwinde, bevor das alles hier noch peinlicher wird. Gerade will ich ihm das mitteilen, als er mir zuvorkommt.

»Ich habe echt ein scheiß Timing bei dir«, sagt er und schaut für einen Moment auf seine Hände.

Ich bin sprachlos, kann es kaum glauben: Rick Wolfermann ist tatsächlich verlegen!

Im nächsten Augenblick betrachtet er mich schräg von oben herab.

»Würdest du mich ein Stück in deinem Auto mitnehmen?« Er sieht mich merkwürdig dabei an und unerklärlicherweise muss ich bei seinem Blick an eine Katze denken, die lauernd vor dem Mauseloch sitzt. Ich fühle mich überrumpelt von seiner Frage und weiß nicht, wie ich reagieren soll.

»Was? Wohin denn mitnehmen?« Automatisch bringe ich etwas mehr Abstand zwischen uns. »Gerade wolltest du noch, dass ich bleibe. Ich glaube, du hast zu viel getrunken.«

»Wenn du genau aufgepasst hättest, dann wäre dir aufgefallen, dass ich heute Abend nicht einen Tropfen getrunken habe. Aber du ignorierst mich ja die ganze Zeit. Wieso eigentlich?«

 Mir fällt der Unterkiefer vor Staunen herunter, denn ich meine, einen Hauch Bedauern aus seiner Stimme herauszuhören.

»Waaaas?«, stottere ich. »Ich ignoriere dich überhaupt nicht. Der Einzige, der hier jemanden ignoriert, bist du. Ich bin doch Luft für dich. Es sei denn, du willst etwas Dienstliches von mir.«

Er macht ein betroffenes Gesicht. »Komme ich wirklich so bei dir rüber?«

Plötzlich ergreift er meine Hand und sieht mir in die Augen. Mir wird ganz flau im Magen, und ich gebe mir alle Mühe, seinem Blick standzuhalten.

»Kann ich irgendetwas tun, um diesen Eindruck zu ändern?«, fragt er mit einer Stimme, die so samtig klingt wie das Schnurren einer Katze – was das flaue Gefühl in meinem Magen noch verstärkt.

Himmel noch mal! Ich bin drauf und dran zu glauben, dass er es ernst meint. Redet er mit den anderen Mädels auch so? Wenn ja, verstehe ich, warum sie ihm alle zu Füßen liegen. Trotzdem werde ich mich nicht in eine Reihe mit den anderen stellen. Ich kratze alles, was ich an Coolness noch besitze, zusammen und sage vielleicht einen Tick zu kratzbürstig: »Spar dir das für Yvonne und Nadine auf. Bei mir zieht die Masche nicht.«

Oh Mann! Und wie das bei mir zieht. Verdammt!

Er macht ein Gesicht, als hätte ich ihm eine Ohrfeige verpasst.

»Du hältst das für eine Masche?« Er atmet schwer aus. Irgendwie wirkt er verletzlich. So kenne ich ihn überhaupt nicht. »Du musst ja eine schöne Meinung von mir haben. Was habe ich dir getan?«

Nichts! Das ist es ja gerade!

»War ich nicht immer höflich zu dir?«

Ja. Höflich. Korrekt. Überkorrekt sogar!

»Warum kannst du mich nicht leiden?«

»Aber ich kann dich leiden.« Sofort beiße ich mir auf die Lippen. Habe ich das tatsächlich laut gesagt?

Rick lächelt. Er grinst sogar richtig breit von einem Ohr zum anderen. Dann mustert er mich prüfend. »Wirklich?«

»Ja, verdammt«, sage ich zickiger, als ich eigentlich will, weil ich mich über mich selbst ärgere, dass mir das herausgerutscht ist. Ich schaue an ihm vorbei und fixiere die Lichtreklame an dem Haus vor mir. Ich kann ihm unmöglich in die Augen sehen. »Wenn du dich nicht gerade benimmst wie ein Blödmann, was leider meistens der Fall ist«, füge ich nachträglich hinzu.

Er bricht in schallendes Gelächter aus, was mich noch mehr irritiert. Er ist nicht eingeschnappt? Ich lerne eine ganz neue Seite an Rick Wolfermann kennen. Eine, die mir zugegebenermaßen recht gut gefällt. Okay, das stimmt nicht. Sehr gut gefällt.

»Ich kenne wirklich niemanden, der so herzerfrischend geradeaus ist wie du, Jola«, sagt er, nachdem er sich wieder beruhigt hat. »Das ist übrigens ein Kompliment«, ergänzt er augenzwinkernd und sorgt damit dafür, dass mir heute zum zweiten Mal in seiner Anwesenheit die Wangen glühen.

Zum Glück ist es dunkel, sodass Rick es nicht sehen kann. Und wenn doch, kann ich die Rötung immer noch auf die Kälte schieben.

»Also«, greift er den Faden wieder auf, »nachdem wir das geklärt haben, gibst du mir ja vielleicht doch eine Chance und nimmst mich ein Stück mit …?«

Ich atme tief ein und aus und grummele schließlich ein »Ja« hervor. »Aber dann musst du dich beeilen. Ich fahre nämlich jetzt.«

»Kein Problem. Lass mich nur eben dieses alberne Kostüm loswerden und meinen Mantel holen.« Er dreht sich um, öffnet die Tür zum Lokal, bleibt abrupt stehen und sieht mich an. »Du wartest doch auf mich, oder?«

»Ja, ja. Ich warte«, antworte ich genervter, als ich tatsächlich bin. In Wirklichkeit bin ich hochgradig nervös – und habe auch etwas Angst, dass er mich wieder nur verarscht.

»Ich bin in zwei Sekunden zurück«, verspricht er und geht durch die Tür.

Ich kaue auf meiner Unterlippe herum und überlege, ob ich wirklich auf ihn warten soll oder nicht. Was, wenn er mich genauso hängen lässt wie letztes Jahr?

 

Unruhig trete ich in der Kälte von einem Bein auf das andere. Rick ist seit gefühlten fünf Minuten im Restaurant verschwunden. Aber die Uhr an meinem Handy sagt, dass es erst eine Minute und zwanzig Sekunden sind. Wie lange braucht man, um einen Mantel von der Garderobe zu holen? Dauert das wirklich so lange? Oder verarscht er mich schon wieder?

Zwei Minuten. Was soll ich nur machen? Ich bin hin- und hergerissen. Gehen oder nicht gehen, das ist hier die Frage. Hamlet lässt grüßen.

Zwei Minuten und fünfzehn Sekunden. Wenn er jetzt nicht gleich auftaucht …

»Da bin ich«, sagt er und steht vor mir. Dieses Mal ohne das blöde Kostüm. In dem anthrazitfarbenen Anzug mit weißem Hemd und dunkler Krawatte sieht er sogar noch besser aus als sonst. Er zieht sich den schwarzen Mantel, den er über dem Arm trägt, an und fragt wie selbstverständlich: »Wo ist dein Wagen?«

Ich deute mit dem Finger nach rechts. »Ein Stück die Straße runter.«

»Ah, okay. Sollen wir?«

Ohne seine Frage zu beantworten, setze ich mich in Bewegung, Rick geht neben mir. Schweigend. Seltsamerweise macht mich das noch nervöser, als wenn er weiterreden würde.

Ganz ruhig, Jolanka. Bleib auf dem Teppich. Du nimmst ihn nur ein Stück mit. Das bedeutet GAR NICHTS!

Am Auto angekommen öffne ich die Türen per Knopfdruck und steige ein. Rick öffnet die Beifahrertür. Geschmeidig gleitet er auf den Sitz. Ich drehe mich und greife nach dem Sicherheitsgurt. Beim Anschnallen streift Ricks Hand meine, als auch er den Gurt einrasten lässt. Schlagartig durchzuckt mich ein Blitz, bohrt sich in meinen Bauch. Für einen Sekundenbruchteil halte ich die Luft an und spüre dem Gefühl nach.

Jola, bleib cool!

Ich drehe den Schlüssel in der Zündung, der Motor springt an, ich schaue erwartungsvoll zu Rick hinüber.

»Fahr los«, sagt er. »Worauf wartest du?«

»Ähm … ich weiß nicht, wohin. Wo soll ich dich absetzen? Am Bahnhof?«

»Ich dachte, wir fahren zu dir.«

Mir bleibt die Luft weg. Ist er jetzt völlig übergeschnappt? »Zu mir? Wie kommst du denn auf die Idee?«

»Ich dachte, nachdem endlich klar ist, dass wir uns gut leiden können, wäre es besser, wir begeben uns an einen diskreten Ort. Wo wir ungestört sind. Aber wenn es dir lieber ist, in mein Hotel zu fahren und morgen früh mit mir und den anderen Kollegen von auswärts am Tisch zu frühstücken, können wir das gern machen.«

Also, jetzt verscheißert er mich richtig!

»Verarschen kann ich mich allein! Sag mir endlich, wo ich dich hinbringen soll.«

»Das sagte ich doch schon. Zu dir.«

»Kommt nicht infrage. Auf keinen Fall. Davon war auch nie die Rede. Und jetzt hör auf, mich für dumm zu verkaufen.«

»Nichts liegt mir ferner, als dich für dumm zu verkaufen, Jola. Dafür respektiere ich dich viel zu sehr.«

Kann mir mal jemand sagen, was hier los ist?

Ich verdrehe etwas angenervt die Augen. »Hör zu: Entweder sagst du mir jetzt, wohin ich fahren soll, oder du steigst wieder aus. Mir ist kalt, ich bin müde und ich will in mein Bett.«

»Fein«, sagt er und grinst. »Dann fahr los.«

Also jetzt reicht’s!

»Solange du mir nicht sagst, wohin wir fahren, werde ich gar nichts tun«, sprudelt es aus mir heraus. »Auf jeden Fall fahren wir nicht zu mir.«

»Und warum nicht?«, fragt er so unschuldig, dass mir der Kragen platzt.

»Ganz einfach: Weil ich nicht die Absicht habe, mich in die Liste deiner Betthäschen einzureihen.«

Ich beiße mir auf die Lippen. Mist! Ich habe mich schon wieder von ihm provozieren lassen, und Rick sitzt neben mir und schmunzelt.

»Interessant«, sagt er nachdenklich. »Wer steht denn auf der Häschenliste?«

»Ich denke, das weißt du besser als ich. Und ich habe keine Lust mehr, dieses Gespräch noch weiterzuführen. Steig bitte aus.«

»Nein! Nicht, bevor du meine Frage beantwortet hast.«

»Das ist nicht dein Ernst!«

Ich schlucke schwer. Tatsächlich war das ein Schuss ins Blaue, denn außer dem, was Yvonne in der Firma herumerzählt, weiß ich im Grunde gar nichts.

»Oh doch. Das ist mein voller Ernst. Also: keine Hemmungen. Raus mit der Sprache.«

Ich schaue verlegen auf meine Hände und weiß nicht, was ich sagen soll.

»Also?«, fragt er herausfordernd.

»Yvonne Löwczyk?«, höre ich mich kleinlaut antworten.

»Yvonne also. Und wer noch?«

Ich komme mir vor wie bei einem Verhör. Verdammt! ER ist doch derjenige, der hier auf der Anklagebank sitzt – oder?

»Nadine?«

»Yvonne und Nadine? Sonst noch wer?«

Ich schüttele den Kopf, schaue ihn unsicher von der Seite an und glaube nicht, was ich sehe: Rick Wolfermann schmunzelt nicht. Nein. Er grinst. Was hat das zu bedeuten? Habe ich einen Volltreffer gelandet? Oder nicht?

»Eine kurze Liste, möchte ich meinen«, kommentiert er meine Aufzählung knapp.

Darauf fällt mir keine Antwort ein. Ich möchte am liebsten im Erdboden versinken und schaue wieder auf meine Hände. Ich will nur noch hier weg.

»Würdest du jetzt bitte aussteigen?«, mache ich einen zaghaften Versuch, aus dieser Situation herauszukommen.

»Nein, werde ich nicht. Deine Liste ist nicht nur sehr kurz, sie entspricht auch nicht der Wahrheit. Ich hatte nie was mit Yvonne. Nicht mit Yvonne und nicht mit Nadine. Und ich beabsichtige auch nicht, daran etwas zu ändern. Ich weiß nicht, woher du deine Informationen beziehst, aber du solltest dich mehr auf dein eigenes Urteilsvermögen verlassen als auf das Getratsche in der Firma.«

Ich sehe ihn erstaunt an. »Wie meinst du das?«

»Nun, wenn du besser aufgepasst hättest, dann wüsstest du, dass Yvonne schon mit der halben männlichen Belegschaft etwas hatte. Jemand wie sie käme für mich nie infrage. Nicht mal für eine Nacht. Und wenn du es ganz genau wissen willst: Ja, ich habe sie letztes Jahr nach der Weihnachtsfeier nach Hause gebracht. Aber nicht so, wie du denkst. Wir haben uns ein Taxi geteilt und ich habe mich brav im Auto von ihr verabschiedet und bin in mein Hotel gefahren. Allein. Ich würde nicht im Traum daran denken, eine Nacht mit ihr zu verbringen.« Er macht eine Pause, mustert mich. »Aber ich finde es äußerst anregend, dass du offenbar darüber nachdenkst, ich könnte es mit dir wollen.«

Mir klappt vor Staunen der Unterkiefer herunter. Das träume ich doch, oder nicht?

»Ich … habe nie gedacht, du könntest es mit mir … du könntest eine Nacht … daran habe ich nie gedacht. Ehrlich«, stammele ich vor mich hin.

Er zieht die Augenbrauen hoch und sieht mich abschätzend an. Als wenn er mich durchleuchten will. »Bist du sicher?«

Meine Kehle ist wie zugeschnürt. Steht mir die Lüge so deutlich ins Gesicht geschrieben? Er ergreift meine Hand, streicht mit dem Daumen darüber und blickt mich an.

»Würde es dich stören, wenn ich dir sage, dass ich mehr als nur einmal darüber nachgedacht habe, Jola?«

Mein Puls schießt in die Höhe wie eine Rakete auf der Abschussrampe, mir stockt der Atem. Was geschieht hier gerade? Kein Ton kommt über meine Lippen, stattdessen starre ich ihn an, als hätte er mich hypnotisiert. Er hebt meine Hand hoch, dreht sie um und haucht mir einen Kuss auf die Handfläche. Mein Körper reagiert so heftig auf diese Zärtlichkeit wie schon lange nicht mehr. Von dort, wo seine Lippen mich berührt haben, breitet sich Hitze aus. Hitze – und ein Kribbeln, das mit Lichtgeschwindigkeit durch mich hindurchsaust und mir den Atem raubt.

»Willst du immer noch, dass ich aussteige?«, fragt er plötzlich.

Es kommt kein Wort aus meinem Mund. Ich bin wie paralysiert. Was ist mit mir los? Warum jage ich ihn nicht zum Teufel?

»Lass uns zu dir fahren, Jola«, sagt er mit seiner rauchigen, tiefen Stimme und schickt damit einen Schauer über meinen Rücken. »Ich verspreche dir, ich benehme mich wie ein Gentleman.« Er grinst. »Es sei denn, du möchtest, dass ich für dich persönlich den Nikolaus spiele …«

Er vollendet den Satz nicht. Das ist auch nicht nötig, denn ich weiß genau, was er meint. Mein Verstand ist irgendwie lahmgelegt, stattdessen hat mein Körper das Kommando übernommen, und der schreit: Ja! Ja! Ja!

Ich lenke den Wagen aus der Parklücke und biege auf die Straße. Während der Fahrt sitzt Rick schweigend neben mir. Das ist gut so, denn würde er weiterreden, könnte ich mich noch weniger konzentrieren als ohnehin schon. Alles in mir ist in Aufruhr, und ich fürchte, dass es mir auf die Stirn geschrieben steht.

Zwanzig Minuten später sind wir vor meinem Haus angekommen. Ich schließe die Tür auf, betrete das Treppenhaus, steige mit weichen Knien die Stufen in die zweite Etage empor. In meiner Wohnung hängen wir die Mäntel an die Garderobe, ich führe Rick ins Wohnzimmer und knipse die Stehleuchte in der Ecke neben dem Sofa an.

»Gemütlich hast du es hier«, sagt er nach einem Blick durch das Zimmer. »Stört es dich, wenn ich es mir bequem mache und das Jackett ausziehe?«

»Nein. Mach nur«, antworte ich und versuche, mir nicht anmerken zu lassen, welche Gedanken mir bei seinen Worten durch den Kopf gehen.

Rick zieht das Sakko aus, legt es über die Armlehne des Sessels und lockert die Krawatte, knöpft zwei Knöpfe seines Hemdes auf. OH GOTT! Muss das sein? Heiß! Er sieht heiß aus, wie er so dasteht, mit dem halb geöffneten Hemd, das den Ansatz seiner Brust erkennen lässt. Hilfe! Dieser Mann ist zu sexy für mich. Unwillkürlich kneife ich mir in die Wange, denn das kann alles nur ein Traum sein.

»Was machst du da?«

Ich fühle mich ertappt und wieder schießt Hitze in mein Gesicht.

»Nichts. Ich dachte nur einen Moment, ich träume.«

Ein Lächeln erscheint um seine Mundwinkel. Kein ironisches Lächeln oder ein belustigtes … es ist irgendetwas anderes. Als wüsste er, was in meinem Kopf vor sich geht.

Plötzlich steht er vor mir, legt seine Hände auf meine Schultern, streift die Arme hinunter. Ich schlucke trocken. Die Nähe zu ihm verwandelt den Rest meines Verstandes in eine undefinierbare Masse. Dann nimmt er mein Gesicht in die Hände, beugt meinen Kopf zurück und haucht mir einen zärtlichen Kuss auf die Lippen, bevor er fragt: »Wo ist dein Schlafzimmer, Süße?«

Hey, hey, hey! Hat er vorhin nicht etwas von Gentleman gesagt?

»Was willst du in meinem Schlafzimmer?«, frage ich ihn halb benebelt.

»Dich«, antwortet er wie selbstverständlich.

»Du sagtest aber, du würdest dich wie ein Gentleman benehmen.«

»Tue ich das denn nicht?«

»Ähm … nein. Ich habe nicht gesagt, dass ich mit dir schlafen will.«

»Mit Worten nicht«, erwidert er lächelnd. »Aber deine Augen sagen es die ganze Zeit, Jola. Die ganze Zeit.«

Noch bevor ich antworten kann, landen seine Lippen wieder auf meinen, und dieses Mal teilt er sie, küsst mich richtig, lässt mich seine Zunge spüren. Mit einer Geschmeidigkeit und Zartheit, die ich ihm niemals zugetraut hätte, windet sie sich durch jeden noch so kleinen Winkel meines Mundes … WOW! Wo zum Teufel hat er so küssen gelernt? Ich möchte gar nicht mehr aufhören und bin ein wenig enttäuscht, als er diesen Wahnsinnskuss unterbricht.

»Wo ist dein Schlafzimmer, Jola?«, wispert er heiser an meinem Hals.

Ich deute mit dem Arm in die Richtung, schließe die Augen und lege den Kopf in den Nacken. Du darfst mich überall hinbringen, wenn du mich noch einmal so küsst wie gerade!

Er nimmt meine Hand, zieht mich hinter sich her, schließt die Tür und bleibt mit mir im Raum stehen, genau zwischen dem Schrank und meinem Bett, das sich einladend hinter mir erstreckt.

Es kommt mir immer noch alles so unwirklich vor. Hier stehe ich mit Rick Wolfermann, dem heißesten Mann dieses Planeten, in meinem Schlafzimmer – und zittere. Ja, ich zittere. Vor Erregung. Aber auch ein bisschen aus Angst vor dem, was jetzt passieren wird. Auf was habe ich mich da nur eingelassen?

Er löst die Spange an meinem Dutt, sodass meine Haare bis zur Taille herunterfallen. Ricks Hände gleiten unter meinen Pullover, wo seine Fingerspitzen auf meine nackte Haut treffen. Er streichelt über meine Seite, gleitet zu meinem Rücken, schiebt den Pullover dabei höher, sodass mein Bauch entblößt ist. Dann küsst er mich. Weich. Ganz weich spielt seine Zunge an meinen Lippen, ertastet die Zähne, den Gaumen, erforscht mich, nimmt mich zärtlich in Besitz. Meine Arme legen sich automatisch auf seine Schultern, meine Hände streifen durch sein seidiges Haar.

»Nimm die Arme hoch«, murmelt er an meinem Mund und ich folge seiner Aufforderung.

Nur eine Sekunde später zieht er mir den Pullover über den Kopf, lässt ihn auf den Boden fallen. Der BH folgt umgehend und schon stehe ich mit nacktem Oberkörper vor ihm. Er lächelt, malt einen erregenden Strich mit der Fingerspitze von meinem Schlüsselbein über die Innenseite meiner Brüste und lässt seine Daumen in kreisenden Bewegungen über meine Brustwarzen gleiten, die dieser Einladung nicht widerstehen können und sich ihm entgegenrecken.

»Zieh mich aus!«, sagt er, ohne die Liebkosung zu unterbrechen.

Zitternd vor Aufregung löse ich den Krawattenknoten vollständig auf, entferne den Schlips und knöpfe sein Hemd auf, das ich ihm abstreife. Seine Brust ist glatt, seine Bauchmuskeln gut definiert, nicht übertrieben. Er gefällt mir. Ich möchte seine Haut berühren, so wie er meine. Ihn spüren. An meinen Lippen schmecken. Mit den Fingerspitzen streiche ich über die sanften Wellen seiner Brust, über Bauchmuskeln, Rippenbögen und Brustwarzen.

»Gleichstand«, sagt er grinsend und taucht die Finger hinter den Bund meiner Jeans. Geschickt öffnet er Knopf und Reißverschluss und schiebt mir die Hose mit den Händen über die Hüften, dabei streife ich mir die Schuhe von den Füßen. Meine Jeans fällt an mir herunter, bildet ein unordentliches Knäuel, aus dem ich heraussteige. Ein Fußtritt und sie landet vor dem Schrank.

Meine Hände stellen sich leider weniger geschickt an, als ich seinen Gürtel öffnen will. Rick kommt mir zu Hilfe und gleich darauf gleitet die Hose an ihm herunter. Durch die Boxershorts ist seine Erektion deutlich erkennbar. Er drängt sich näher an mich heran – und jetzt fühle ich sie auch. Eine innere Unruhe packt mich, ein Gefühl, das ich nur zu genau kenne. Seine Nähe elektrisiert mich, ich bin erregt.

Er schiebt mich weiter durch den Raum, bis meine Kniekehlen gegen das Bett stoßen und ich rückwärts darauf falle. Rick stolpert ebenfalls, landet halb auf mir, fixiert für einen unendlich dauernden Bruchteil einer Sekunde meinen Blick und umschließt dann meine Lippen mit seinen. Sein Kuss beginnt sanft, wird eindringlicher. Er lässt mich spüren, dass er mich will – und das fühlt sich überraschend gut an. Nie hätte ich gedacht, dass es so sein könnte. Dass ER so sein könnte. Sex mit Rick, das war in meinen Gedanken nicht nur etwas vollkommen Unmögliches, es war vor allem nicht so … vertraut. Es fühlt sich beinahe so an, als ob wir uns in einem anderen Leben schon einmal geliebt hätten.

Seine Hände gleiten meine Seiten entlang, bis sie auf das Bündchen meines Slips stoßen. Er unterbricht den Kuss, pellt mir den Slip von der Haut, wobei ich ihm helfe, indem ich mein Becken anhebe und ihm entgegenkomme. Er packt meine Söckchen an den Spitzen und zieht zweimal kräftig daran, dann liege ich vollkommen nackt vor ihm.

Er betrachtet mich. Sein Blick schweift über meine Brüste, über meine harten Knospen, die ich so überdeutlich spüre, als würde er sie mit den Händen berühren. Einen kurzen Moment verweilen seine Augen auf meinen Hüften und richten sich danach auf meine Scham. Seltsamerweise schäme ich mich nicht. Es fühlt sich gut an, wie er mich ansieht, mich mit den Augen in Besitz nimmt. Er lächelt, entledigt sich seiner Socken und schiebt sich zu guter Letzt die Boxershorts herunter.

»Gleichstand«, sage ich grinsend und kann nicht verhindern, dass ich ihm zwischen die Beine schaue.

Seine Erektion ist wunderschön. Kerzengerade. Dick. Weder zu lang noch zu kurz. Genau richtig. Ich fühle, dass ich bereit für ihn bin, und öffne meine Schenkel ein wenig mehr, in der Hoffnung, dass er sie weiter spreizt und mich nimmt. Ich will ihn in mir spüren. Scheißegal, ob morgen die Kollegen über mich lästern. Das hier ist es wert!

 Urplötzlich ergreift er meine Unterschenkel, drückt sie mir entgegen, beugt sich über mein Geschlecht – und dann fühle ich seine Zunge ein weiteres Mal. Warm und weich gleitet sie durch meinen Schoß und lässt mich wollüstig stöhnen. Oh verdammt, ist das gut! Ich versinke vollständig in der Matratze, fühle mich wie ein Topf Butter in der Sonne. Ich zerfließe unter seinen Zungenstreichen – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Als er meinen Kitzler zum ersten Mal berührt, durchfährt mich ein Blitz, ein spitzer Schrei kommt aus meiner Kehle. Ich spüre, dass er an meiner Scham lächelt, dann wird mein Kitzler tief eingesaugt, und ein Finger spielt an der Öffnung zu meinem Lustkanal. Oder sind es zwei? Unter seinen Fingern, unter seiner Zunge verwandele ich mich in ein willenloses, stöhnendes Etwas. Er ist zärtlich, aber mit einer gewissen Bestimmtheit; er nimmt mich, aber ohne dabei grob oder verletzend zu sein. Es ist wundervoll – und ich überlasse mich ganz Ricks Führung.

Immer höher pusht er meine Lust. Ich keuche und schwitze, mein Atem geht stoßweise und ich kann den Gipfel schon fast erkennen …

»Dreh dich um!«, sagt er plötzlich.

Ich brauche einen Moment, um zu realisieren, was er gerade gesagt hat, bin wie benommen von dem Lustrausch, den er so abrupt unterbrochen hat. Dann aber rolle mich auf den Bauch.

»Knie dich hin!«

Lächelnd und von meiner Erregung getrieben, folge ich seiner Anweisung. Kaum habe ich meinen Po angehoben, als sich sein heißer, feuchter Atem auf ihm niederschlägt. Seine Zunge, die eben noch meinen Kitzler verwöhnt hat, liebkost jetzt meinen Hintern. Nass und rau streicht sie über meine rechte Pobacke, malt einen elektrisierenden Kreis darauf, sodass sich alle meine Härchen aufrichten. Träge beschreibt seine Zunge einen Kreis nach dem anderen auf meinen Hinterbacken, schickt Hitze in meinen Bauch und in meinen Schoß. Seine Fingerkuppen tanzen über meinen unteren Rücken. Sie wandern weiter hinauf, gefolgt von seinen Lippen, die sich meine Wirbelsäule hinaufküssen. Unwillkürlich mache ich ein Hohlkreuz und komme so in den Genuss, seine harte Erregung an meinen Pobacken zu spüren.

Mittlerweile haben seine Lippen und Finger meinen Nacken erreicht. Auf einmal fühle ich einen festen Griff an meinem Haar. Mein Kopf wird in den Nacken gezogen, dann dringt Ricks Stimme rau und heiser an mein Ohr: »Sag, dass du es von hinten willst!«

»Ja«, hauche ich matt.

Es ist wahr. Ich will ihn. Jetzt. Und mir wird klar: Ganz egal, was er mich gefragt hätte … ich hätte zu allem Ja gesagt.

Seine Schenkel spreizen meine Beine auseinander, drängen sich dazwischen. Eine Hand hält immer noch mein Haar, mit der anderen setzt er seine Eichel an meinen feuchten Eingang. Er stupst ein, zwei Mal dagegen, was mich fast wahnsinnig macht, denn ich will ihn endlich spüren – und dann schiebt er sich mit einem einzigen, gezielten Stoß in mich.

Ich stöhne dumpf auf. Ein lautes Klatschen dringt an mein Ohr, das ich nicht einordnen kann, bis meine Pobacke zu brennen anfängt und ich weiß, dass er mir auf den Hintern geschlagen hat. Er zieht sich aus mir zurück und stößt erneut zu. Der Zug an den Haaren wird noch etwas stärker, es tut jetzt leicht weh – und dennoch fühlt es sich gut an.

Ricks Stimme ist plötzlich wieder an meinem Ohr: »Sag mir, was du willst.«

»Dich«, presse ich ächzend hervor. »Ich will dich.«

»Gefällt es dir von hinten?«

»Ja. Ja. Oh bitte … tu es endlich!«

Als er jetzt spricht, höre ich ein unterschwelliges Grinsen aus seinen Worten: »Mein böses Mädchen!«

Unmittelbar beginnt er, mich zu ficken. Ich gebe mich jedem seiner Stöße hin. Wieder und wieder treibt er sich in mich. Er ist nicht mehr zärtlich, aber das stört mich nicht. Ganz im Gegenteil. Ich bin hingerissen von der Heftigkeit seiner Leidenschaft und würde es auch nicht anders wollen. Alles in mir hungert nach Erlösung. Ich spüre meinen Körper nicht mehr, nur noch sein stetiges Eindringen und Zurückziehen, das meine Lust immer höher schaukelt – und dann ist der Moment da: Ein Grollen ballt sich in meinem Bauch zusammen, ich sehe die Welle auf mich zurasen und dann komme ich. Stöhnend bäume ich mich dem Orgasmus entgegen und presse dabei meinen Hintern fester an Ricks Lenden, bis ich zitternd auf die Matratze sinke.

Mein heißer Atem schlägt gegen das Kopfkissen, ich ringe nach Luft, mein Herz pocht wie verrückt. Rick liegt auf mir, über mir, halb neben mir, atemlos, genau wie ich. Er hat mein Haar losgelassen, seine Hand sucht meine, verschränkt sich mit ihr.

»Jola«, flüstert er. »Oh Jola, Jola, Jola.«

Ich öffne die Augen und sehe ihn an. Er haucht mir einen Kuss auf die Lippen, betrachtet mich einen Moment, bevor er sich endgültig aus mir zurückzieht und auf die Seite rollt. Mit einem Arm holt er sich ein Kopfkissen heran, lässt den Kopf darauf sinken und bedeutet mir mit einer Handbewegung, zu ihm zu kommen, was ich nur zu gern befolge. Ich spüre seinen Herzschlag an meiner Brust, als ich mich in seine Armbeuge schmiege, und sein Arm, der sich um mich legt, gibt mir Geborgenheit. Einmal mehr überrascht er mich mit dieser Geste, die – obwohl wir gerade miteinander geschlafen haben – unglaublich intim ist. Gar nicht so, als wäre dies unser erstes Mal oder nur ein schneller Fick.

Eine Weile schweigt er, schaut an die Decke, streichelt meinen Oberarm, während ich neben ihm liege und seine Nähe genieße.

»In zwei Wochen ist Weihnachten«, sagt er unvermittelt. »Feierst du mit deiner Familie?«

Ich nicke. »Ja, ich fahre zu meinen Eltern. Und du?«

»Ich fahre in die Berge. In eine Hütte. Ringsherum nichts als Einsamkeit und Schnee. Bis Neujahr.« Schweigend sieht er noch immer an die Decke. Ich frage mich, warum er mir das erzählt.

Ganz langsam richtet er seinen Blick auf mich. Er ist so ernst. Mein Herz krampft sich zusammen. Was will er mir sagen? Kommt jetzt die bittere Wahrheit? Bin ich doch nur ein weiteres seiner Betthäschen? Ich sehe ihn verunsichert an, schlucke hart, um mir meine aufkommende Panik nicht anmerken zu lassen.

Ein kleines Lächeln erscheint auf seinem Gesicht, dann fragt er: »Willst du mit mir kommen, Jola?«

2. Kapitel: Das Liebesnest

 

Ich hätte es mir denken können – und trotzdem bin ich enttäuscht. Ich hatte tatsächlich geglaubt, dass er es dieses Mal ernst meint und mich nicht wieder versetzt. Aber hier stehe ich am ersten Weihnachtsfeiertag auf dem Bahngleis dieses Kaffs, dessen Namen ich nicht aussprechen kann, und wer ist nicht da? Rick! Natürlich. Wer sonst?

Ich schultere den Rucksack, steige die Stufen des Bahnsteigs hinunter, durchquere die Unterführung und steige die Treppe zur Bahnhofshalle nach oben, gehe hinein. Wenigstens ist es hier drin nicht ganz so kalt wie auf dem Gleis. Dennoch auch hier: gähnende Leere und keine Spur von Rick. Frustriert seufzend lasse ich den Rucksack von den Schultern gleiten und mich auf eine der Bänke fallen. Ich ziehe mein Handy aus der Jackentasche und schaue in meine WhatsApp-Nachrichten.

Fehlanzeige!

Die letzte Nachricht von Rick ist von vorgestern: Feier schön Weihnachten. Übermorgen feiern wir gemeinsam. Hole dich pünktlich ab. Kuss, Rick.

Hinter gemeinsam steht ein Zwinker-Smiley, am Ende der Nachricht ein Herzchen. Hole dich pünktlich ab. Ha! Und wo steckt er dann, zum Kuckuck?

Wo bist du?, tippe ich mit zittrigen Fingern in den Messenger und drücke auf Senden.

Die Nachricht geht raus, aber dann sehe ich, dass nur ein Häkchen in dem Feld angezeigt wird. Na toll! In was für ein Kuhdorf hat Rick mich eigentlich beordert? Hier gibt’s anscheinend nicht mal überall vernünftigen Empfang. Ich starre auf das Display, als ob ich dadurch den zweiten Haken herbeibeschwören könnte, aber meine telepathischen Fähigkeiten sind wohl nicht die allerbesten. Ich seufze lautstark. Und nun?

Mein Blick schweift durch die Bahnhofshalle. Ich bin fast allein. Nur ein Schalter ist geöffnet, der Mann dahinter liest Zeitung. Etwas weiter, auf der gegenüberliegenden Seite, sitzt eine alte Frau, die einen Mops mit irgendetwas füttert. Entweder wartet sie, so wie ich, darauf, abgeholt zu werden oder auf ihren Zug. Ansonsten ist es hier menschenleer. Logisch! Wer reist auch schon am ersten Weihnachtstag in so ein Nest?

Ich öffne meinen Rucksack und krame irgendwo zwischen Kulturtasche und Unterhosen den Krimi hervor, den ich von Mutter zu Weihnachten geschenkt bekommen habe. Gerade als ich ihn aufschlagen will, öffnet sich die Tür zur Halle. Sofort schaue ich hoffnungsvoll auf – aber es ist nicht Rick. Enttäuscht folgen meine Augen einem Mann, der zielstrebig auf die alte Frau zusteuert. Der Mops wedelt mit dem Schwanz, als der Mann vor ihr steht. Er ergreift ihren Koffer und reicht ihr die Hand, woraufhin sie sich erhebt. Gemeinsam verlassen sie die Bahnhofshalle. Jetzt bin ich – abgesehen von dem Mann hinter dem Schalter - wirklich allein.

Meine Hände suchen in der Jackentasche nach dem Handy. Als ich es in der Hand halte und anmache, zeigt das Display immer noch das Gleiche an: nur ein Haken und natürlich keine Antwort von Rick. Eigentlich habe ich keine Lust zu lesen, aber was soll ich sonst machen? Also stecke ich das Handy wieder weg, schlage das Buch auf der ersten Seite auf und fange an. Bei Seite fünf, öffnet sich die Tür zur Bahnhofshalle erneut. Ich sehe zum Eingang hinüber – um abermals enttäuscht zu werden. Eine Frau mit Kinderwagen steuert auf den Schalter zu und sagt etwas zu dem Angestellten hinter dem Fenster. Sie holt ihr Portemonnaie hervor. Wieder geht die Tür auf. Ein Mann kommt herein. Er stellt sich neben die Frau – offenbar der Ehemann. Die Frau bezahlt, nimmt die Fahrkarten entgegen und geht mit Kind und Mann durch die andere Tür zu den Gleisen. Dann ist alles wie vorher.

Ich schaue auf die Bahnhofsuhr. Eine Dreiviertelstunde warte ich jetzt. Mir kommt es vor wie eine Ewigkeit. Was soll ich nur machen? Ich lege das Buch auf die Bank und gehe zu dem Abfahrtsplan, der zwei Bänke weiter an der Wand hängt. Wenn Rick mich hier hängen lässt, muss ich ja wenigstens wissen, wann und wie ich hier wieder wegkomme.

Allzu viele Verbindungen gibt es an Weihnachten nicht, der Plan ist überschaubar. Aber ich muss leider feststellen, dass die weiteste Strecke in Richtung Heimat bis nach München führt. Jola, du bist ein Volltrottel. Natürlich fahren die Züge hier nur bis München! Auf der Hinfahrt musste ich da auch umsteigen.

Also krame ich einmal mehr mein Handy hervor und gehe, während ich auf den Bildschirm schaue und die Seite mit den internationalen Zugverbindungen aufrufe, zu meiner Bank zurück. Das Ergebnis meiner Suche stimmt mich nicht gerade fröhlich: Erst in zwei Stunden fährt wieder ein Zug in meine Richtung, und ich hätte dann eineinhalb Stunden Aufenthalt, bevor ich weiterfahren kann. Nicht besonders rosige Aussichten. Wenn ich wenigstens die Adresse von der Hütte wüsste, auf die Rick mich eingeladen hat.

Ich hole dich ab, Jola. Den Weg zu erklären ist viel zu kompliziert.

Hält er mich etwa für zu doof, einer Wegbeschreibung zu folgen, oder was? Ich merke, wie ich allmählich sauer werde – und zwar nicht auf Rick, sondern auf mich. Wieso habe ich nicht darauf bestanden, dass er mir sagt, wo die Hütte ist? Wieso habe ich mich überhaupt auf das Ganze eingelassen? Ja, ja, ich weiß schon. Rick ist nicht nur wahnsinnig gut aussehend, sexy und überzeugend, ich bin eben auch ein bisschen in ihn verschossen. Genau wie die anderen Mädels in der Redaktion. Und die Tatsache, dass er mich gefragt hat, ob ich die Weihnachtstage mit ihm verbringen will, hat mich natürlich glauben lassen, dass ich irgendwie etwas Besonderes für ihn bin. Es hört sich ja auch zu romantisch an: Nur wir beide, Jola. Eine Woche lang in einer Hütte in den Bergen … Ich möchte die Frau kennenlernen, die da nicht schwach geworden wäre. Ich jedenfalls bin es geworden – und genau darüber ärgere ich mich klammheimlich.

Ich mache es den Männern immer zu leicht, glaube ich. Kaum ist da einer, der mir gefällt und ein bisschen Interesse an mir hat, sage ich zu allem Ja und Amen. Dabei steht in jeder zweiten Frauenzeitschrift, dass es besser ist, die Kerle erst mal zappeln zu lassen. Sie sollen sich anstrengen, ihre Herzensdame zu erobern … Aber ich kann so was nicht. Ich hasse diese Spielchen. Dafür bin ich einfach nicht der Typ. Ich mag mich nicht verstellen. Punkt.

Dennoch kommen jetzt Zweifel in mir hoch. Vielleicht hätte ich doch Nein sagen sollen? Dann säße ich zumindest nicht hier auf diesem Bahnhof in der Pampa und würde mir nicht den Hintern abfrieren. Verdammt nochmal, Rick, wo steckst du?

In diesem Augenblick öffnet sich die Tür zur Bahnhofshalle zum vierten Mal. Freudestrahlend und mit einem Arm winkend kommt ein umwerfend gutaussehender Mann auf mich zu und ruft meinen Namen. Es ist Rick. Endlich!

Angesichts seines Lächelns fällt es mir schwer, es nicht zu erwidern und mir zumindest einen Anflug von Enttäuschung zu bewahren.

»Tut mir leid, dass du warten musstest«, sagt er mit ehrlichem Bedauern in der Stimme und drückt mir einen Kuss auf die Wange. Damit macht er es mir nicht nur noch schwerer, ihn weiterhin grimmig anzugucken, sondern der Klang seiner Stimme jagt mir auch einen Schauer über den Rücken. »Du bist doch nicht böse auf mich, oder?«

»Doch«, antworte ich zickig, weil ich nicht so schnell klein beigeben will. Soll er ruhig merken, wie ich mich gefühlt habe, als ich hier allein stand, ohne zu wissen, ob und wann er mich abholen würde.