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Identitäten – Dialoge im Deutschunterricht

Schreiben – Lesen – Lernen – Lehren

Jörg Roche / Gesine Schiewer

unter konzeptueller Assistenz und mit Originalbeiträgen von José F. A. Oliver, Zehra Çirak, Akos Doma und Michael Stavariˇc

Narr Francke Attempto Verlag Tübingen

Inhalt

Fußnoten

3. Wie wird gearbeitet? Der Ansatz sprach- und dialogdidaktischer Arbeit mit literarischen Autorinnen und Autoren

Diese Didaktik hat Parallelen mit der Interkulturellen Sprachdidaktik (Roche 2001), wenn diese auch noch stärker den Begriffen und Verfahren der interkulturellen Hermeneutik verpflichtet ist, und der skeptischen Hermeneutik von Hans Hunfeld (2004, Roche 2013). Anders als es Lehrpläne oft vorsehen, weist der Ansatz der skeptischen Hermeneutik alle Versuche zurück, Fremdheit zu verharmlosen, zu verwaschen oder auflösbar zu machen. Hunfeld bezeichnet diese Einstellung der Interkulturellen Hermeneutik als „optimistische Verstehenslehre“ (Hunfeld 2004: 487). Er plädiert dagegen für ein Konzept der Affirmation und des Erhalts (der Normalität) des Fremden. Die Schwierigkeiten des Fremd-Verstehens führt Hunfeld unter anderem auf historische und weiter in die Gegenwart wirkende gesellschaftliche und bildungspolitische Tendenzen zurück. Zu diesen Tendenzen, die das Fremdverstehen erschweren, gehören nach Hunfeld 2004 die folgenden:

▶ die Inbesitznahme des Fremden aus der eigenen Interessensperspektive

▶ die Neigung, Fremdes in die je eigenen Verstehensbegriffe überzuführen

▶ die Fiktion, das Fremde vom Eigenen her abzubilden

▶ die Befangenheit im a priori als richtig verstandenen Urteil über den Anderen

▶ die Eingeschränktheit in der eigenen Wahrnehmung

▶ die Unfähigkeit, das Andere als Anderes gelten zu lassen

▶ das autoritäre Sprechen mit dem Fremden, das zu seiner Verstummung führt.

Die Skeptische Hermeneutik betont dagegen die nicht auflösbare Begrenztheit des Verstehens. Verstehen erfordert demnach eine mühsame Verstehensübung, die diese Begrenztheit beachtet, denn das Nichtverstehen ist konstitutiver Bestandteil jeder Anstrengung des Verstehens (Hunfeld 2004: 45). Der Fokus der Skeptischen Hermeneutik auf die Wahrung des Rechts und die Betonung der Notwendigkeit von Differenz und Dissens decken sich damit mit dem bereits skizzierten Transdifferenzansatz. Die Skeptische Hermeneutik versteht sich wie die Interkulturelle Sprachdidaktik als Grundlage einer neuen Sprach- und Literaturdidaktik mit der Forderung, Fremdheit als Lernimpuls aktiv nutzen, statt sie auflösen zu wollen. Ein anderes Verständnis von Verstehen führt nicht wirklich zu einer Anerkennung der Andersartigkeit. Will man diesen Ansatz im Fremdsprachenunterricht produktiv umsetzen, genügt es folglich nicht mehr, in der Landeskunde fixierte Normen für das richtige Verstehen der fremden Kultur vorzugeben, nachzustellen oder zu deuten, schon gar nicht mittels autostereotyper Vorgaben.

Auf Arabisch geschrieben, ins Französische übersetzt und aus dem Französischen ins Deutsche übertragen.

Auf Arabisch geschrieben, ins Französische übersetzt und aus dem Französischen ins Deutsche übertragen.

Dritte Schreibübung: Wortspiel und gemeinsamer Text

Hat jede Teilnehmerin, jeder Teilnehmer ein Wort gefunden, wird das Wort „in den Raum entlassen“, indem es reihum laut gesagt wird (Bereits bei dieser Übung wird es schon Einzelne geben, die das Wort doch noch wechseln wollen, weil sie, über das Hören der Wörter der Anderen, auf sich selber zurückgeworfen werden und das von ihnen ausgewählte Wort in einer Art innerem Dialog „überprüfen“. Sie kommen sich durch das Zuhören also selber näher, kommen ihrem Wort in sich selber näher). Allein die Tatsache, dass die TeilnehmerInnen im Kreis stehen, ändert die Perspektive und damit die Sprechhaltung. Das Wort erfährt eine erste Bewegung.

Orignaltext auf Englisch und auf Hindi, dann ins Deutsche übertragen.

Teilweise auf Deutsch geschrieben, teilweise auf Serbisch, teilweise auf Romani, danach komplett ins Deutsche übertragen.

Bettler

Sechste (gemeinsame) Schreibübung: Exemplarische Arbeit an einem Text/Variationen

Mit diesen Variationen konnten Zeilenbrüche diskutiert und die Bedeutungsverschiebungen erörtert werden.

Ein ungeladener Gast. Text und Identität/Fremde

Ingeborg Bachmann/Paul Celan: »Herzzeit. Briefwechsel« Frankfurt/M. 2008, S. 124125.

„Heimat sind W:orte und verb:leiben f:ort“

Peter Sloterdijk, zitiert nach „Lernen ist die Vorfreude auf sich selbst“. Interview mit Reinhard Kahl, McK Wissen, 14

Identität

Jerome Rotenberg: Säkulare jüdische Kultur / Radikale poetische Praxis (in: Schreibheft 82) 2004 (2014)

Karl-Markus Gauß. Eingangsabsatz der Laudatio von Karl-Markus Gauß anlässlich der Verleihung des Liberaturpreises 2014 im Rahmen der Frankfurter Buchmesse an die saudi-arabische Schriftstellerin Raja Alem für deren Buch Das Halsband der Tauben.

1 Vorgedanken

Artur Becker: Der Weltenbrand, den wir Tag für Tag löschen. Aus der Redefassung zitiert. Essay vorgetragen am 17.10.2014 im Literaturhaus Stuttgart in der Reihe „Literatur und ihre Vermittler“. Im Gespräch mit Prof. Dr. Stefan Neuhaus zum Thema „Literatur und Identität“. Moderiert von José F.A. Oliver.

Ebd.

Im Oktober 2014

Reinhard Müller: Kalte neue Welt. In: FAZ. Printausgabe. 16.10.2014. Titelseite.

Verszitat aus Er selbst. Poesia – Poesie. Aus dem Portugiesischen übersetzt, herausgegeben und mit Anmerkungen versehen von Inés Koelbl. S. 5. S. Fischer Verlag GmbH. Frankfurt a.M. 2014.

Vaterskizze, m:einen Kühlschrank betrachtend

José F.A. Oliver: Vaterskizze, m:einen Kühlschrank betrachtend. Essay anlässlich des Geschichtswettbewerbs des Bundespräsidenten Joachim Gauck „Anders sein. Außenseiter in der Geschichte“. In: Körber Stiftung, Hrsg. Spurensuchen 28. Jg. 2014. S. 28/29. Hamburg 2014. Zur inhaltlichen und sprachlichen Orientierung sei aus dem Begleitschreiben an den Projektverantwortlichen zitiert: „(…) mit einem herzlichen Gruß in diesen Tag schicke ich Ihnen meinen essayistischen Beitrag. Ich habe lange darüber nachgedacht, wie ich sowohl inhaltlich als auch sprachlich, das Thema „aufbreche“ – inhaltlich mit meiner Metapher der „Gastfreundschaft“, die symbolkräftig das „Herkunftsthema“ Migration zum Ausdruck bringt, allegorisch unerwartet, und sprachlich, indem ich meinen „poetischen“ Doppelpunkt in einem Wort hin und wieder setze, nicht um die Etymologie der Begriffe aus den Angeln zu heben, sondern um poetische Spuren zu setzen und die Doppelbedeutungen, die sich aus dieser etwas anderen Wortbetrachtung ergeben, ihren eigenen Weg gehen zu lassen. In meinen Gedichten oft praktiziert, habe ich diese poetische Vorgehensweise nun auch auf den Text für Sie übertragen. Ich hoffe, dass dadurch eine Anregung ins Unkonventionellere als Impuls des Unerwarteten bei denjenigen freigesetzt wird, die sich an Ihrem großartigen Wettbewerb beteiligen. Ihr José Oliver (…)“.

Prof. Dr. Stefan Neuhaus ist seit 2012 Lehrstuhlinhaber für Neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Koblenz-Landau.

VORW:ORTE
Zur Bedeutung des Dialogs