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George Kaufmann

Die USA in ihrer kapitalistischen Schlüsselrolle

Aber Psst – Top Secret! Wie der (inzwischen längst nur noch virtuelle) Kapitalismus am Tropf des US-Konsums und der US-Kriegswirtschaft hängt. Die Funktion des US-Dollars als Weltgeld und seine Metamorphose vom Gold-dollar zum Rüstungsdollar.

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© 2018 George Kaufmann

Verlag: tredition GmbH, Hamburg

ISBN  
Paperback: 978-3-7469-3172-2
Hardcover: 978-3-7469-3173-9
e-Book: 978-3-7469-3174-6

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Kurz lesen

Eine Entdeckung besteht darin, etwas zu sehen, was jedermann gesehen hat, und sich dabei etwas zu denken, was noch niemand gedacht hat. (Albert von Szent-Györgi (1893-1986), US-amerikanischer Biochemiker u. Nobelpreisträger).

Genau in diesem klugen Sinne wirst Du im hier vorgelegten Lesebüchlein sogar zu einem mehrfachen Entdecker werden.

Die USA in ihrer kapitalistischen Schlüsselrolle

Bist Du ein Freak der USA?

Sprichst Du von Amerika, wenn Du lediglich die USA meinst?

Kritisierst Du die USA wegen ihrer imperialen Unterdrückung der Welt?

Siehst Du Dich als Antiamerikanist?

Bist Du ein Fan des Kapitalismus? Oder anders: ein Fanatiker der Selbstverwertung des Werts?

Verachtest und verurteilst Du die militärische Rüstung und Ausbreitung der USA?

Ist Dir bekannt, dass die USA seit ihrer Gründung 1776 bis heute lediglich 17 Jahre lang keinen Krieg irgendwo in der Welt führten?

Kannst Du Dir eine Welt ohne „Arbeit“ bzw. nach dem Kapitalismus vorstellen?

Hast Du eine Ahnung, wie es dazu käme?

Weißt Du, dass der Kapitalismus überhaupt und damit auch wir Europäer heute (2018) letztlich vom Konsum der US-Amerikaner abhängen?

Hier zeige ich Dir, dass all diese Fragen und viele weitere einen Zusammenhang haben und dass unser (Über-)Leben ausschließlich davon abhängt, wie wir sie beantworten; denn das kapitalistische Dach stürzt bereits mit ziemlichen Getöse und Massen an Toten über uns zusammen, ohne dass die Individuen diesen Gesamtprozess als solchen wahrnehmen. Alles was wir gegenwärtig erleben, findet bereits in einem brennenden Haus statt. So sehe ich meine Aufgabe hier darin, diesen Zusammenhang für Dich so aufzubröseln, dass er Dir bewusstwird und Du aus diesem Wissen entsprechenden Handlungsraum gewinnen kannst.1

Inhalt

Die ökonomische Funktion der US-Militärmaschine im globalen Kapitalismus und die Hintergründe der neuen Finanzkrise

Weltmacht und Weltgeld

Die Krise des Geldes und des Weltwährungssystems

Vom Golddollar zum Rüstungsdollar

Die größte Finanzblase aller Zeiten und das US-Konsumwunder

Pazifischer Defizitkreislauf und Weltkonjunktur

Die kapitalistische Krise und die doppelte Entwertung

Globalisierung – Endkrise des Kapitalismus

Das Szenario der gegenwärtigen Kredit- und Dollarkrise

Weltkrise, Weltideologie und Weltbürgerkrieg

Die Globalisierung der „Anständigen“

USA: Rassistische Basisidentität und Intergetto-Bürgerkrieg

Synthetische Identitäten und Neo-Rechtsradikalismus

Die kapitalistisch finale Welt-Wirtschaftskrise – soziale Bewegung und Sozialismus

praktische Hinweise im Schnelldurchlauf

Gedankensplitter

Dampfplauderer

Herauszufindende Keimformen

Gesellschaftliche Vogelperspektive

Das Kapital „rentabelt“ sich zu Tode

Flucht des Geldkapitals – Finanzblasen-Ökonomie

Die Unrentablen und ihre Hierarchie

Widerstand und Gesellschaftskritik

Politik und Wirtschaft

Der strukturelle Wahn des warenproduzierenden Systems - Antisemitismus als seine letzte ideologische Reserve

Der Fetischismus des Geldes

Geld und Antisemitismus

Die Konkurrenz und ihr Elend

Naturalisierung des Sozialen

Arbeitszwang und Leistungswahn

„Schaffendes“ und „raffendes“ Kapital

Auschwitz – die deutsche Revolution

Krise der „Arbeit“ und Kasinokapitalismus

Die Linke und ihre Krise

Aufgaben der Linken

Enteignung 2.0

Geldentwertung

Alle gesellschaftlichen Bereiche werden krimineller

Rettung männlicher Oberherrschaft

Simulation des Profits

Kultur

So möchte ich hier insgesamt aus aktuellem Krisenanlass

die ökonomische Funktion der US-Militärmaschine im globalen Kapitalismus und die Hintergründe der neuen Finanzkrise

behandeln und beginnen mit der Thematik

Weltmacht und Weltgeld

Wenn hier nicht nur bei uns, sondern weltweit seit 1989 vom „Epochenbruch“ gesprochen wird, ist damit meistens der Untergang der DDR und des Staatssozialismus in der Sowjetunion und Osteuropa gemeint; in der Folge das Ende des Kalten Krieges zwischen den Blöcken und das Erlöschen der dazugehörigen „heißen“ Stellvertreterkriege in den Hinterhöfen des Weltmarkts. Der vermeintliche Sieg des Kapitalismus, so die damaligen Freiheits-Euphoriker, sollte zusammen mit der allgemeinen Vergatterung auf die „Marktwirtschaft“ und der Konstitution eines einheitlichen globalen Wirtschaftsraums nach westlichem Muster nun eine neue Epoche der globalen Prosperität, der Abrüstung und des Friedens einläuten. Diese Erwartung hat sich, wie wir inzwischen wissen, als völlig blauäugig erwiesen. In den vergangenen über 27 Jahren entwickelte sich real so ziemlich das Gegenteil derart mutwilliger berufsoptimistischer Prognosen. Denn die Globalisierung brachte schubweise immer neue Zonen der Massenarmut, perspektivlose Bürgerkriege und einen nicht anders als barbarisch zu nennenden postmodern-neoreligiösen Terrorismus hervor. Der Westen unter Führung der letzten Weltmacht USA reagierte darauf mit ebenso perspektivlosen „Weltordnungskriegen“ und einer prekären planetarischen Krisenverwaltung.2 Offenbar war die Interpretation der Ereignisse nach 1989 nur oberflächlich und hat daher viel zu kurz gegriffen. Tatsächlich brach damals nicht einfach isoliert der Ostblock als „fehlerhaftes Mangelsystem“ zusammen, sondern ein ähnliches Schicksal ereilte nicht wenige prowestlich orientierte Länder der sogenannten Dritten Welt. Mehr noch: Auch in den westlichen Kernländern selbst war mit dem Sinken der Wachstumsraten das „Wirtschaftswunder“ der Nachkriegszeit längst dahingeschwunden. Seitdem hat sich global eine strukturelle Massenarbeitslosigkeit herausgebildet, die mit einer Unterbeschäftigung und Prekarisierung der „Arbeit“ einhergeht. Und unter dem Eindruck dieser Tendenzen drängt sich natürlich eine ganz andere Interpretation des kapitalistischen Weltgangs auf: nämlich, dass es sich um eine gemein-same Krise des modernen warenproduzierenden Weltsystems unter Einschluss der kapitalistischen Zentren selbst handelt, die sich seit mehreren Jahrzehnten bereits mehr als deutlich ankündigte. Und so sah das konkret aus:

Schon in den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts scheiterten die Länder der sogenannten Dritten Welt (etwa 130 Länder) mit ihren nationalen Bemühungen, am Weltmarkt teilzunehmen. Heute (2018) werden nahezu 50 weitere sogar als sogenannte Vierte Welt bezeichnet (engl. Least Developed Countries), was eine absolute Unterentwicklung und umfassende Armut meint. Diese Länder bezeichne ich als Weltsozialfälle, denn sie sind in jeder Hinsicht auf sogenannte Entwicklungshilfe angewiesen, ihre Bevölkerungen werden auf Hungerniveau durch Hilfsspenden aus anderen Ländern geradeso am Leben gehalten. Innerhalb dieses Gesamtszenarios verzeichneten wir bereits Anfang der 80er Jahre den Beginn der Welt-Schuldenkrise, die bis in die kapitalistischen Zentren wirkte.

1982 erreichte sie Mexiko, es war zum ersten Mal zahlungsunfähig.

Und schon Mitte der 80er Jahre erfasste sie das US-Sparkassen-system. Über 1.000 US-Sparkassen brachen im Rahmen der Krise zusammen. Der Gesamtschaden betrug über 150 Milliarden US-Dollar, von denen an die 125 Milliarden durch die „Öffentliche Hand“ aufgebracht wurden. Der Schaden trug dadurch zu den hohen Budgetdefiziten der USA in den 1980er-Jahren sowie der Rezession Anfang der 90er Jahre bei.

1987 sahen wir dann den Börsenkrach in New York und im gesamten Westen. Der „Schwarze Montag“ (19. Oktober 1987) war der erste Börsenkrach nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Dow Jones (US-Börsenindex) fiel innerhalb eines Tages um 22,6 % (508 Punkte); das war der größte prozentuale Rückgang innerhalb eines Tages in dessen Geschichte. Der Sturz breitete sich schnell auf alle wichtigen internationalen Börsen aus. Bis Ende Oktober fielen die Börsenkurse in Australien um 41,8 %, in Kanada um 22,5 %, in Hongkong um 45,8 % und in Großbritannien um 26,4 %. Erst anderthalb Jahre nach dem „Schwarzen Montag“ hatte der Dow Jones mit 2247 Punkten wieder sein Niveau vor dem Börsencrash erreicht. (Nur für Deinen Hinterkopf: Heute notiert dieser Index in New York um über das Zehnfache höher! Das bedeutet, durch reine Spekulation, die also mit einer realen industriellen Mehrwertproduktion absolut gar nichts zu tun hat, werden den an der Börse gelisteten Konzernen Werte angedichtet, die reine Hirngespinste sind. Damit wird eine Finanzblase aufgepumpt, die schon in absehbarer Zeit platzen muss und das auch wird. Die Folgen können nur und werden verheerend sein.)

Ende der 80er Jahre konnte dann der Ostblock am Weltmarkt nicht mehr mithalten, weil er die exorbitanten Kosten für die notwendige Entwicklung der Mikroelektronik in allen Bereichen der industriellen Wirtschaft nicht mehr aufbringen konnte und löste sich sang- und klanglos und äußerst blamabel auf. Ab nun gab es keine „Zweite Welt“ mehr, sondern nur noch eine Erste (die 34 Länder der OECD) und die stetig ansteigende Zahl solcher Länder, die sich auf dem Weg in die „Vierte Welt“ befinden.

Anfang der 90er Jahre erlebte dann Japan (OECD) seinen Crash, der Börsenwert des Nikkei war auf 40.000 Punkte aufgebläht und stürzte ab. Davon hat er sich nie mehr erholt. Japan hält sich seitdem lediglich durch den Export halbwegs über Wasser.

Mitte der 90er Jahre, Mexiko (OECD) war Ende 1994 zum zweiten Mal zahlungsunfähig geworden, dann die Russlandkrise ebenso wie die Zahlungsunfähigkeit Argentiniens. Staatsbankrott.

Anfang 2001 bis 2002 das Platzen der sogenannten Dotcom-Blase. Haufenweise brachen sogenannte Startups zusammen; kleine Klitschen mit bis zu 30 Leuten, von denen manche durch reine Spekulation eine Höhe der Börsenkapitalisierung wie die von VW erreicht hatten.

Das brachte natürlich einen Rückschlag für die Welt-Ökonomie; virtuelles Geld, sogenannte Werte, wurden in Höhe von Billionen USD vernichtet. All das wurde versucht aufzufangen durch eine Geldschwemme per Notenpressen. Dieses Geld, da ohne jegliche Mehrwertproduktion aus dem Nichts geschöpft, ist also vollkommen leer und daher kapitalistisch von vornherein ungültig, ebenso wie das, was damit produziert wird. Das zu verstehen ist für die Hirne der „Wissenschaft“ (sogenannte Volkswirtschaftler, Ökonomen, Experten etc.) ebenso unmöglich wie für die von Politikern oder der aller übrigen Protagonisten des Kapitalismus.

Dennoch zog ab 2004/5 auf diese Weise das Ganze wieder an. Die Weltkonjunktur konnte sich etwas erholen und sogar ein wenig an Fahrt gewinnen, was sich in den kapitalistischen und somit Schwindel-Statistiken zeigte; allen war egal, woher das Geld dafür kam.

Dann aber, 2008, war der Krach folgerichtig da. Man sprach zuerst von der größten Finanzkrise seit 10 Jahren; dann seit 45 Jahren; dann seit den 30er Jahren und schließlich von der größten aller Zeiten. Zu sehen war eine Finanzkrise mit abruptem Bruch.

Aber vielleicht war ja nur ein Zusammenhang wirksam geworden, der sich in den vorhergehenden Jahrzehnten aufgebaut hatte. Es kriselte immer mal da und dort, oder sektoral (Dotcom) und konnte durch Teilmaßnahmen wieder aufgefangen werden.

Jetzt aber zeigte sich mit allem Nachdruck und aller Deutlichkeit zum ersten Mal ein globaler Zusammenhang bis in die kapitalistischen Zentren hinein (New York, Frankfurt/M., London). Aber das wollten und wollen die Protagonisten keineswegs wahrhaben.

Merkel: Das ist überm Atlantik zu uns gekommen, wir hingegen sind gut aufgestellt. Es liegt am unseriösen ami-sächsischen Kapitalismus.

Das stimmte allerdings nicht, denn auch in Europa haben alle das Gleiche gemacht wie die Amis. Man will diese neue Qualität einfach nicht sehen. Also sucht und findet man persönlich Schuldige: Exzesse der Banker, ihre Gier, die Boni, falsche Politik… und inzwischen die Ausländer, die Islamisten, die Juden…

Aus der hier von mir vertretenen Sicht des kapitalistischen Gesamt-Weltsystems, also des Gesamt-Weltmarkts war der sogenannte Realsozialismus des Ostblocks gar keine historische Alternative, sondern ein mit „Sozialismus“/ „Kommunismus“ falsch und verblödend etikettiertes staatskapitalistisches System „nachholender Modernisierung“ an der Peripherie des Weltmarkts und dessen integraler Bestandteil. Nachdem mit dem Ende der alten Entwicklungsregimes unterschiedlicher Couleur zuerst die „schwächsten Kettenglieder“ dieses Weltsystems gerissen sind, setzt sich der Krisenprozess im Raum der direkten Globalisierung unaufhaltsam fort.

Als tiefste Ursache der neuen Weltkrise wird inzwischen weithin und nicht zu Unrecht die Dritte industrielle Revolution der Mikroelektronik genannt. Zum ersten Mal in der kapitalistischen Geschichte überholen die Potentiale der Rationalisierung die Möglichkeiten einer Ausdehnung der Märkte. Das Kapital schmilzt in der Krisenkonkurrenz seine eigene „Arbeitssubstanz“ (Marx) ab. Die Kehrseite von struktureller Massenarbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung im Weltmaßstab bildet daher die Flucht des Geldkapitals in die berühmte „Finanzblasen“-Ökonomie, weil zusätzliche Realinvestitionen unrentabel geworden sind; ablesbar an globalen Überkapazitäten der Produktion (exemplarisch in der Auto-industrie und im Stahlbau) und an spekulativen „Übernahme“-Schlachten.3

Diese hier grob skizzierte Interpretation galt Ende der 90er Jahre zumindest noch bei einem Teil der linken Gesellschaftskritik als denkbar und sogar plausibel. Inzwischen hat man sich aber daran gewöhnt, dass das Kapital auch mit einer simulierten Finanzblasen-Akkumulation („jobless growth“) irgendwie leben zu können scheint. Und weist die jüngste Exportindustrialisierung in Asien, vor allem in China, nicht doch auf eine neue Ära des Realwachstums hin, nur eben nicht mehr in Europa? Gleichzeitig scheinen sich die Weltordnungskriege ganz banal auf ordinäre Ölinteressen zu reduzieren, weil der kapitalistischen Verbrennungskultur der „Stoff“ auszugehen droht. Aufgeregt wird fabuliert, ob es vor diesem Hintergrund womöglich zu einer neuen imperialistischen Block-Konkurrenz, etwa zwischen den USA, der EU und China kommt? Mit solchen Überlegungen kehrt die Linke mit gewissen Modifikationen aber großenteils zu ihren alten Denkmustern vor dem Epochenbruch zurück. Es gibt aber gute Gründe dafür, dass diese Re-Interpretation ein Zerrbild liefert und sich die Zusammenhänge bei näherer Betrachtung ganz anders darstellen. Wesentlich ist dabei der politisch-ökonomische Status der letzten Weltmacht USA im globalen Krisenkapitalismus. Schauen wir uns das etwas genauer an:

Die Krise des Geldes und des Weltwährungssystems

Die Weltkrise von Dritter industrieller Revolution und Globalisie-rung in den letzten fast vier Jahrzehnten sattelt sozusagen auf eine schon viel länger, nämlich seit dem Ersten Weltkrieg schwelende Krise des Geldes auf. Bis dahin war der Charakter des Geldes als „ausgesonderte Ware“ (allgemeines Äquivalent) mit eigener Wertsubstanz (Gold) nahezu unbestritten. Die Währungen der großen kapitalistischen Länder mussten deshalb durch Goldvorräte in den Zentralbanken „gedeckt“ sein. Das Gold war das eigentliche Weltgeld, die „lingua franca“ (Weltsprache) des Weltmarkts; und das Pfund Sterling der damaligen Weltmacht Großbritannien konnte nur aufgrund seines „Goldstandards“ als Weltwährung fungieren. Aber bereits die industriellen Kriegswirtschaften der beiden Weltkriege und die riesigen Produktivkräfte der Zweiten industriellen Revolution (fordistische Massenproduktion, Fließband, „Automobilmachung“) ließen sich jedoch selbst bei beschleunigter Geld-Zirkulation nicht mehr durch eine „Goldbindung“ des Geldes darstellen; sie hatten einen Umfang angenommen, für dessen Deckung die Welt-Gold-Menge inzwischen um Größenordnungen zu gering war. Deshalb musste die Goldbindung gekappt werden. Mit anderen Worten: die Wertsubstanz des Geldes, beruhend auf der verdichteten Arbeitssubstanz des Edelmetalls Gold, konnte schlicht nicht aufrechterhalten werden. Auf der Ebene des Geldes, des allgemeinen Äquivalents als „Königsware“ und Erscheinungsform des Kapitals, machte sich daher die „Entsubstantialisierung“ schon viel früher bemerkbar als auf der Ebene des gewöhnlichen „Warenpöbels“, bei dem sie erst heute in der Dritten industriellen Revolution manifest wird. Die Folge war die noch im 19. Jahrhundert ganz unbekannte „säkulare Inflation“, die ununterbrochene Entwertung des Geldes – teils in galoppierender (Hyperinflationen), teils in schleichender Form. Diese Tendenz wirkt nach wie vor. Derzeit ist sie gut sichtbar an der Abwertung der Kaufkraft seit Einführung des EURO. Heute (2018) sind zum Beispiel in Deutschland nahezu alle Warenpreise in EURO (teils erheblich) höher als sie es noch 2001 in D-Mark waren, obwohl der EURO damals offiziell etwa nur 50 % des DM-Kurses repräsentierte.

Trotz dieser inflationären Wirkungen machten erneut einige Theoretiker die Not zur Tugend, indem sie die Goldbindung für unnötig und das Geld zum bloßen Zeichen erklärten, das nur juristisch vom Staat garantiert werden müsste (ebenso wie z.B. schon Georg Friedrich Knapp 1905). Aber der Zusammenbruch des Weltmarkts in der Welt-Wirtschaftskrise der 30er Jahre hatte auch etwas mit dem Fehlen eines anerkannten Weltgeldes zu tun, nachdem alle Versuche gescheitert waren, in Europa zur Goldbindung zurückzukehren. Als 1944 in Bretton Woods die Weichen für eine Wirtschafts- und Währungsordnung der Nachkriegszeit unter dem Dach der „Pax Americana“ gestellt wurden, war diese ganz auf den Dollar als neuer Welthandels- und Reservewährung zugeschnitten. Die Grundlage dafür bildete nicht nur die überragende industrielle Stellung der USA (vor allem aufgrund des gewaltigen Wachstumsschubs der Kriegswirtschaft), sondern auch die Tatsache, dass der Dollar als einzige Währung noch immer goldkonvertibel war. Im berühmten Fort Knox lagerten damals drei Viertel der weltweiten Goldvorräte (vgl. Paul Kennedy 1993).

Nur auf dieser Grundlage der Weltwährungsordnung von Bretton Woods und der auf den Dollar zugeschnittenen fixen Wechselkurse konnte sich das „Wirtschaftswunder“ der Nachkriegsgeschichte im Schatten des Kalten Krieges sowie des Heißen Krieges in Korea (Koreakrieg) entfalten. Aber der damalige Wiederaufstieg Europas und Japans auf dem prosperierenden Weltmarkt begann schon bald an der ökonomischen Dominanz der USA und damit an der Goldsubstanz des Dollars zu nagen. In demselben Maße, wie sich die Anteile am Waren- und Kapitalexport zu Ungunsten der USA verschoben, verlor auch der Dollar an Stärke und wurde zunehmend wieder in Gold umgetauscht. Die Vorräte von Fort Knox schmolzen dahin. Deshalb sah sich US-Präsident Nixon gezwungen, die Goldkonvertibilität des Dollars 1973 aufzukündigen.

Damit war das System von Bretton Woods am Ende. Die Wechselkurse mussten freigegeben werden und „floaten“ (schwanken, wechseln) seither je nach Lage auf den Märkten, was den Ausgangspunkt für eine völlig neue Art der Devisenspekulation aufgrund von Schwankungen der Wechselkurse bildete, mit gefährlichen Rückwirkungen auf die Realwirtschaft. Da jedoch trotz der Weltwährungskrise der 70er Jahre die große Katastrophe ausgeblieben war, gilt seither auch bei linken Theoretikern das Geld-und Währungsproblem als empirisch gelöst: Entgegen der Auffassung von Marx habe sich der Charakter des Geldes als „ausgesonderte Ware“ mit eigener Wertsubstanz endgültig erledigt (so etwa Michael Heinrich bereits 2004). Aber die keineswegs sichere Praxis der flexiblen Währungsverhältnisse in der historisch kurzen Zeit von wenigen Jahrzehnten sagt noch nichts Wesentliches über die Haltbarkeit der neuen Konstellation aus, zumal bereits die peripheren Währungskrisen der 90er Jahre in Asien und nach der Jahrhundertwende in Argentinien deutlich und direkt auf ein weiter schwelendes Problem verwiesen.

Vom Golddollar zum Rüstungsdollar

Die Weltwährungskrise der 70er Jahre endete nämlich allein deshalb relativ glimpflich, weil der Dollar trotz des Verlusts der Goldkonvertibilität seine Funktion als Weltgeld, d.h. als Welthandels- und Reservewährung, mangels einer glaubwürdigen Alternative nahezu ungebrochen erhalten konnte. Sonst wäre die Folge tatsächlich schon damals die Wiederholung der Katastrophe in den 30er Jahren auf höherer Stufenleiter gewesen, denn ohne Weltgeldfunktion muss der Weltmarkt implodieren. Allerdings fand die Rekonstitution des Dollars als Weltwährung auf einer völlig neuartigen Grundlage statt. An die Stelle der im Gold fundierten Wertsubstanz des Weltgelds trat nun tatsächlich eine Art „politische“ Garantie, allerdings nicht eine bloß formal-juristische, sondern im Wesentlichen eine militärische. Die Währung der Weltmacht oder „Supermacht“ der westlichen Hemisphäre nahm ihre Weltgeldfunktion nun allein aufgrund dieser Machtbasis ein.

Dabei vollzog sich ein eigentümlicher reziproker Prozess: In demselben Maße, wie sich die ökonomische Stellung der USA auf dem „regulären“ Weltmarkt der Waren- und Kapitalströme verschlechterte (ein bis heute anhaltender Prozess), wuchs der schon von Präsident Eisenhower so bezeichnete „militärisch-industrielle Komplex“ kontinuierlich an. Die exorbitanten Wachstumsraten der Rüstungsindustrie im Zweiten Weltkrieg setzten sich in Gestalt einer viel diskutierten „permanenten Kriegswirtschaft“ fort. Auch die Dritte industrielle Revolution der Mikroelektronik schlug sich vor diesem Hintergrund in immer neuen High-Tech-Waffensystemen nieder und markierte den Weg von der Industrialisierung zur Elektronisierung des Krieges. Mit der Entwicklung einer Waffengeneration nach der anderen zogen die USA in der Rüstung der übrigen Welt zusehends uneinholbar davon. US-Präsident Reagan forcierte diese Tendenz noch einmal. Die Sowjetunion als Gegenweltmacht der „nachholenden Modernisierung“ ging zwar in erster Linie an ihren inneren Widersprüchen einer „geplanten Kapitalökonomie“ zugrunde, aber sie wurde auch „totgerüstet“ und konnte den High-Tech-Wettlauf weder ökonomisch noch militärisch durchhalten.

Der „außerökonomische Faktor“ der zunehmend konkurrenzlosen US-Militärmaschine schlug dabei in eine gewaltige ökonomische Potenz um. Zwar behielten die Mahner und Warner in den USA gegenüber der unaufhaltsamen Tendenz zur „permanenten Kriegswirtschaft“ insofern recht, als damit eine Lawine der staatlichen Verschuldung ausgelöst wurde. Der stramm neoliberale und monetaristische Reagan strich zwar die keynesianischen Sozialprogramme seiner Vorgänger brutal zusammen, aber er ließ gegen seine eigene Doktrin den „Rüstungskeynesianismus“ geradezu explodieren. Damit wurde der ohnehin schon aufgeblähte militärisch-industrielle Komplex in vieler Hinsicht (auch in abgeleiteten Formen) zum Wachstumsträger und zur Jobmaschine. Die US-Ökonomie zeigte statistisch eine nominelle innere Stärke, obwohl sie auf dem Weltmarkt immer schwächer wurde. Wie kann das sein? Der militärische Komplex (Waffenentwicklung, Waffenproduktion, Waffenkauf, Waffengebrauch einschließlich der jeweils vor- und nachgelagerten Bereiche) gehört aus ökonomischer Sicht zur gesellschaftlichen Konsumtion; nicht zur kapitalistisch lebensnotwendigen Mehrwert-Produktion, von der er ebenso alimentiert wird, wie jeder andere stinknormale kapitalistische Dienstleistungsbereich. Der Unterschied dieser Dienstleistungsbereiche besteht lediglich darin, dass die Dienstleistung des militärischen Komplexes der direkte Tod ist. Die mit diesem Prozess der ökonomischen Militarisierung verbundene astronomische Verschuldung konnte schon in den 80er Jahren nicht mehr aus eigenen Ersparnissen, also auf Basis einer real-ökonomischen Mehrwert/Profit-Produktion finanziert werden. Aber die ökonomische Potenz der Militärmaschine schlug sich auch in den Außenbeziehungen nieder. Die Militärmacht der USA als „Weltpolizei“ war es gerade, die den globalen Finanzmärkten einen „sicheren Hafen“ zu bieten schien. Dieser Eindruck verstärkte sich noch wesentlich nach dem vermeintlichen Sieg über das östliche „Gegensystem“. Der Dollar behielt seine Weltgeldfunktion nur, indem er vom Golddollar zum Rüstungsdollar mutierte. Und der strategische Charakter der Weltordnungskriege in den 90er Jahren und nach der Jahrhundertwende im Nahen Osten, auf dem Balkan und in Afghanistan bestand in erster Linie darin, mittels der Demonstration globaler militärischer Interventionsfähigkeit den Mythos des „sicheren Hafens“ und damit den Dollar als Weltwährung zu bewahren. Auf dieser letztlich irrationalen Basis floss das in der Dritten industriellen Revolution überschüssige (nicht mehr rentabel real investierbare) Geldkapital aus der ganzen Welt zunehmend in die USA und finanzierte so indirekt die Rüstungs- und Militärmaschine. So entstanden

die größte Finanzblase aller Zeiten und das US-Konsumwunder.

Das Erreichen der inneren Schranke der realen Kapitalverwertung in der Dritten industriellen Revolution trieb seit etwa Mitte der 70er Jahre überall die Flucht in den Kreditüberbau und in eine Finanzblasen-Ökonomie hervor. Diese finanzkapitalistische Krisenwirtschaft musste sich zwangsläufig im vermeintlich „sicheren Hafen“ des Dollar-Raums konzentrieren. Je mehr überschüssiges Geldkapital auf den globalen Finanzmärkten vagabundierte, desto größer wurde die Saugkraft der USA, um diese Geldströme anzuziehen. Auf diese Weise entstand in Gods Own Country die „Mutter aller Finanzblasen“. Über den Verkauf von Staatsanleihen in alle Welt wurde damit nicht nur der verschuldete Rüstungsboom finanziert. Parallel dazu blähten sich auch die US-Aktienmärkte in den 90er Jahren und die US-Immobilienmärkte nach der Jahrhundertwende entsprechend auf. Damit wurde die Basis für eine neue Qualität der Verschuldung gelegt.

Neben dem militärisch-industriellen Komplex entstand so die zweite Säule eines „irregulären“ scheinbaren Wachstums der Binnenökonomie in den USA. Aufgrund der im Vergleich zu Europa sehr breiten Streuung des Aktien- und Immobilienbesitzes konnte ein paradoxes „Konsumwunder“ seinen Lauf nehmen. Obwohl die durchschnittlichen Reallöhne seit den 70er Jahren stagnierten oder sogar rückläufig waren (vgl. Lester Thurow bereits 1996), wurde der Konsum immer mehr zum entscheidenden Wachstumsträger. Das periodisch stets von neuem beschworene „Jobwunder“ war allerdings keineswegs die eigentliche Ursache dieses Booms. Denn abgesehen von der selber am Tropf der Staatsverschuldung hängenden Beschäftigung im militärisch-industriellen Komplex entstanden vor allem Billigjobs im Dienstleistungssektor, die berühmte „beschäftigte Armut“. Aufgrund der inzwischen eingetretenen Schwäche dieses Landes auf dem Weltmarkt ist auch die Beschäftigung im Exportsektor eher rückläufig.

Der Konsumboom speist sich bis heute (2018) nicht so sehr aus regulären Lohneinkommen, sondern primär aus den Finanzblasen an den Aktien- und Immobilienmärkten. Die Differenzgewinne aus den fiktiven Wertsteigerungen der entsprechenden Eigentumstitel können beliehen werden und haben sich durch ihre breite Streuung millionenfach in einer Kreditkarten- und Hypotheken-Verschuldung beispiellosen Ausmaßes niedergeschlagen. Als Sicherheit dafür dienten eben die gestiegenen Preise zuerst der Aktien, dann der Immobilien. Der Zustrom von überschüssigem Geldkapital aus aller Welt in den vermeintlich „sicheren“ Dollar-Hafen wird so nicht nur in die Finanzierung des verschuldeten Rüstungskonsums, sondern auch des verschuldeten Privatkonsums umgeleitet. Diese wunderbare Geldmaschine ist es, die das US-Konsumwunder gespeist hat und es weiter bis heute tut.

Pazifischer Defizitkreislauf und Weltkonjunktur

Die realökonomische Schwäche der USA auf den Weltmärkten zeigte sich in einem stetig wachsenden Handelsbilanzdefizit:

1987 -> 150 Mrd. $ * 1999 -> 200 Mrd. $

2001 -> 400 Mrd. $ * 2005 -> 600 Mrd. $

2007 -> 800 Mrd. $ * 2008 -> 882 Mrd. $

2009 -> 549 Mrd. $ * 2010 -> 690 Mrd. $

2011 -> 783 Mrd. $ * 2012 -> 790 Mrd. $

2013 -> 749 Mrd. $ * 2014 -> 792 Mrd. $

2015 -> 812 Mrd. $ * 2016 -> 796 Mrd. $

Relativ gesehen wurden in der vom Rüstungskomplex und von Dienstleistungen geprägten Binnenökonomie der letzten Weltmacht immer weniger industrielle Waren produziert; in einigen Bereichen war der Rückgang sogar absolut. Der erhebliche Teil der US-Bürger, der sich über lang anhaltende Preissteigerungen