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Titelseite

INHALT

Prolog

Flucht von der Insel

Heimliches Training

Entführt!

Kaltes Blut

Luftangriff

Tödliche Mission

 

 

 

 

 

 

Mit besonderem Dank an Michael Ford

Für Arthur Leonard Chadwick

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PROLOG

Direktor Rex blickte aus dem bogen-förmigen Fenster seines Arbeitszimmers. Draußen konnte er die Türme und Zinnen der Schule der Helden im glänzenden Mondschein erkennen. In den Schlafsälen schlummerten die Schüler völlig erschöpft von den vorangegangenen Kämpfen. Aber Direktor Rex fand keinen Schlaf.

Ein Verräter befand sich mitten unter ihnen.

Jedes Mal, wenn er die Augen schloss, erschienen die Worte wie von selbst in seinem Kopf.

Die Nachricht war auf die Schlafsaaltür im Nordflügel gekritzelt worden. Der Auserwählte war ohne Frage Jack, der neueste Schüler. Er war Teil einer alten Prophezeiung.

Die Finsternis wird sich ausbreiten und das Licht besiegen, bis der Auserwählte sich dem Kampf anschließen wird …

Wer auch immer die Nachricht an die Tür geschrieben hatte, er oder sie diente General Gore, dem Herrscher der Unterwelt Noxx. Und dieser würde vor nichts zurückschrecken, bis er die Welt der Menschen mithilfe seiner bösartigen Kreaturen unterworfen hatte. Wie sollte Direktor Rex auch nur an Schlaf denken, solange der Spion nicht gefunden war?

Vielleicht würden ihm seine Kräfte dabei helfen?

Der Direktor hob die Hände. Als junger Mann war es ihm leichtgefallen, Zukunftsvisionen heraufzubeschwören, aber jetzt war er schon fast sechzig Jahre alt. Heute fiel es ihm sehr viel schwerer. Die Visionen waren nicht mehr so klar wie früher und verblassten, kaum dass sie erschienen waren.

Die Luft zwischen seinen Händen flimmerte. Ein Bild formte sich.

Rauch und Feuer. Ruinen alter Fabriken. Ketten, jede Menge Schrott und zerstörte Maschinen. Die Erde war schwarz und karg, durchzogen von Lavaströmen.

„Die Unterwelt Noxx“, murmelte Rex.

Er spürte eine einzelne Schweißperle an seiner Schläfe hinabkullern, aber er hielt weiterhin die Hände ausgestreckt vor sich.

Der Rauch verzog sich. In der flirrenden Hitze erkannte Direktor Rex eine riesige Gestalt mit Umhang, die von Kopf bis Fuß in einer schwarzen Rüstung steckte. Der Direktor wusste sofort, wer das war.

In der Vision hob Gore die Hand und bat jemanden zu sich. Aber wer war das?

Eine kleine Gestalt im Trainingsanzug, der ihn als Schüler der Schule der Helden auswies, stolperte auf Gore zu. Rex kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können, aber der Junge befand sich im Schatten. Vor General Gore blieb die Gestalt stehen, dann fiel sie auf ein Knie.

„Du wurdest auserwählt“, sagte Gore triumphierend. „Von mir auserwählt.“

„Jack?“, murmelte der Direktor.

Das Bild löste sich auf. Mit einem Stöhnen ließ der Direktor die Hände fallen und sank erschöpft in einen Sessel.

Was er gesehen hatte, ergab keinen Sinn. Warum sollte der Auserwählte sich mit ihrem Erzfeind verbünden?

Eine Sirene riss den Direktor aus seinen Gedanken.

„Die Waffenkammer, Direktor“, sagte eine körperlose Stimme. Sie gehörte Eagle. So hieß das Orakel in seinem Ohr, das ihm in jeder Situation mit seinem Rat zur Seite stand. „Ein Sicherheitsverstoß.“

Rex stand schwankend auf, nahm den schimmernden Handschuh von seinem Schreibtisch und stülpte ihn über seine Hand. Der Plasma-Handschuh war die einzige Waffe, die er stets bei sich trug. Er rannte zur Tür und fuhr mit dem Fahrstuhl sechs Stockwerke nach unten zur Waffenkammer.

Als er in den unterirdischen Korridor trat, erschien neben ihm eine Gestalt wie aus dem Nichts. Sein Herz setzte einen Schlag aus, dann erkannte er Miss Steel, die sich an seine Seite teleportiert hatte. Die Lehrerin mit den roten Haaren hielt ihre Laser-Lanze vor sich, einen zwei Meter langen Stab, dessen Spitze im Dunkeln glühte und summte. Sorgenfalten durchzogen ihr Gesicht, während sie die geschlossene Tür der Waffenkammer betrachtete.

„Bereit?“, fragte sie.

Direktor Rex nickte. Er hob die Hand mit dem Handschuh auf Brusthöhe, bereit zu feuern. Mit der anderen Hand berührte er den Scanner neben der Tür, die daraufhin lautlos aufglitt.

Miss Steel stürmte mit gezückter Lanze in den Raum und blieb abrupt stehen.

„Es ist niemand hier“, sagte sie.

Direktor Rex betrachtete die Waffensammlung: Energie-Kanonen, Elektroschilde, Armbrüste, Plasma-Schwerter … Alles schien unberührt zu sein.

Dann bemerkte er eine Schranktür, die nur leicht angelehnt war. Sein Herz machte einen erschrockenen Hüpfer.

„Die Schatten-Ampullen“, sagte er und eilte zum Schrank.

Als Rex die Türen weit öffnete, sah er fünf Ampullen aus dickem grünem Glas.

Es müssten sechs sein.

„Nein!“, rief Miss Steel außer sich.

Direktor Rex nickte. „Leider ja. Der Spion aus Noxx hat den Schatten gestohlen.“

Vor Tausenden von Jahren, beim letzten Angriff der Noxxianer, war es den Einsatzkräften gelungen, einige Schatten zu fangen. Eigentlich sollten Versuche mit ihnen gemacht werden – aber das war viel zu gefährlich. Jeder, der mit den Schatten in Berührung kam, wurde auf die böse Seite gezogen. Und so beschloss man, die Schatten sicher aufzubewahren.

Der Feind in ihrer Mitte besaß nun eine schreckliche Waffe.

Miss Steel machte ein entsetztes Gesicht. „Der Spion kann mit dem gestohlenen Schatten Menschen in Noxxianer verwandeln!“

Der Direktor dachte an die unschuldigen Schüler, die im Stockwerk über ihnen friedlich schliefen. Jeder hatte einzigartige Fähigkeiten und Kräfte, die sie zusammen zu einer hervorragenden Kampftruppe machten. Aber bis der Verräter gefunden war, war die Schule der Helden kein sicherer Ort mehr – vor allem nicht für Jack.

„Ich fürchte, es gibt nur eine Lösung“, sagte Rex. „Wir müssen die Insel der Tapferkeit verlassen.“

FLUCHT VON DER INSEL

Was hat das alles zu bedeuten?“, fragte Ruby und band ihre schwarzen Locken zu einem Pferdeschwanz zusammen. Jack und sie liefen gerade auf den Schulhof. Danny ging einige Schritte hinter ihnen. In seinem Rucksack steckte die Armbrust, die er nach dem Kampf mit Zarnik behalten hatte.

Jack zuckte mit den Schultern. „Ich hab keine Ahnung“, erwiderte er. „Jeder Tag bringt hier eine neue Überraschung mit sich. Kaum zu glauben, dass ich erst seit zwei Wochen hier bin.“