Die Blutdruckmedikamente – ein Überblick

Die Auswahl ist groß: Die Medikamente setzen an unterschiedlichen Stellen im Körper an. Alle haben ihre Vor- und Nachteile.

Die Medikamente greifen an den Organen an, die für die Regulation des Blutdrucks verantwortlich sind: Niere, Herz, Blutgefäße oder Gehirn. Egal über welchen Mechanismus sie wirken: Die meisten Mittel haben letztlich den Effekt, dass sich die Blutgefäße erweitern. Dadurch sinkt der Widerstand, gegen den das Herz das Blut in die Adern pumpen muss – und der Blutdruck sinkt.

Die Basismedikamente

Für den Bluthochdruck stehen in erster Linie fünf Substanzklassen zur Verfügung, die sich in vielen großen Studien als wirksam und verträglich bewährt haben. Das sind die sogenannten Basismedikamente:

Die Reservemittel

Daneben gibt es Mittel, für die die Studienlage nicht so gut aussieht. Sie haben sich aber – meistens in Kombination mit anderen Mitteln (siehe Seite 40) – für bestimmte Fälle durchaus bewährt:

Um eine Zulassung beantragen zu können, müssen die Hersteller ein Präparat über mehrere Jahre geprüft haben. Erst nach Labor- und Tierversuchen wird an Menschen getestet. Und das in drei Phasen: an gesunden Freiwilligen, an einer kleinen Gruppe von Patienten mit der Krankheit und in einer dritten Phase – wenn sich erhoffte Wirkungen und Verträglichkeit bestätigt haben – an einer größeren Gruppe von Patienten, auch um die Dosierung zu überprüfen. Solche Studien erfolgen meist im Vergleich zu einem Scheinmedikament, selten zu gängigen Wirkstoffen.

Alle diese Mittel sind für die Anwendung bei erhöhtem Blutdruck zugelassen. Für sie ist gleichermaßen nachgewiesen, dass sie den Blutdruck senken. Warum wird dann zwischen Basis- und Reservemedikamenten unterschieden? Warum bewertet die Stiftung Warentest manche Mittel als „geeignet“ und manche nur als „mit Einschränkung geeignet“ oder „wenig geeignet“?

Das liegt daran, dass die unabhängigen Experten der Stiftung Warentest den Nutzen der Mittel strenger und über einen längeren Zeitraum hinweg prüfen als die Zulassungsbehörden.

Sie hinterfragen zum Beispiel, inwiefern die Mittel die Lebensqualität verbessern, wenig Nebenwirkungen haben und die Belastung durch die Krankheit und die Häufigkeit von Todesfällen senken.

Der langfristige Nutzen entscheidet

Ein gutes Medikament senkt nicht nur den Blutdruck. Es muss auch beweisen, dass es die schwerwiegenden Folgen des Bluthochdrucks verhindern kann und auf Dauer verträglich ist.

Jedes Medikament, das neu auf den Markt kommt, muss von der Zulassungsbehörde geprüft werden. Dafür reichen die Pharmafirmen, die das Präparat über mehrere Jahre und in verschiedenen Phasen (siehe Infokasten auf Seite 41) untersucht haben, ihre Unterlagen bei der zuständigen Behörde ein. Das ist vor allem die Europäische Arzneimittelbehörde EMA, seltener das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Deutschland. Kommen die Experten zu dem Schluss, dass in den klinischen Studien sowohl Wirksamkeit als auch Verträglichkeit ausreichend nachgewiesen sind, geben sie für das Präparat grünes Licht.

Begrenztes Wissen bei der Zulassung

In den Zulassungsstudien (siehe Seite 41) werden insgesamt nur wenige Hundert bis wenige Tausend Patienten untersucht. Das ist für statistische Schlussfolgerungen relativ mager. Die Teilnehmenden werden zudem sorgfältig ausgewählt – Kinder, Frauen, ältere Menschen bleiben auch aus Sicherheits- oder Praktikabilitätsgründen außen vor oder sind nur in geringer Anzahl vertreten. Außerdem dauern die Studien oft nur wenige Monate. So lässt sich nicht herausfinden, ob bei längerer Anwendung Probleme entstehen. Und ob mit dem Medikament Folgeerkrankungen seltener auftreten und das Sterberisiko gesenkt werden kann. Erst nach der Zulassung bewährt sich ein Medikament in der breiten Anwendung..

Um Langzeitnutzen und -risiken beurteilen zu können, begutachten die unabhängigen Experten der Stiftung Warentest nach festen Kriterien ausgewählte, qualitativ hochwertige Studien – vor allem solche, die nicht vom Hersteller stammen. Sie prüfen dabei nicht nur, ob das Mittel beispielsweise die Blutdruck- oder Blutfettwerte zuverlässig senkt. Das ist für den Patienten zwar auch von Bedeutung, entscheidender für sein Leben ist aber, ob er in zehn oder zwanzig Jahren einen Herzinfarkt oder Schlaganfall oder eine andere Folgeerkrankung erleiden wird (siehe Seite 43). Dass medizinische Werte allein wenig aussagen, das haben die Wissenschaftler vor allem aus einer Studie gelernt, die Ende der 80er Jahre Medikamente gegen Herzrhythmusstörungen testete. Alle geprüften Mittel normalisierten zwar erfolgreich den Herzrhythmus, wie sich im Elektrokardiogramm (EKG) zeigte. Doch in der Gruppe der Studienteilnehmer, die eines der drei Mittel einnahmen, starben doppelt so viele an einem plötzlichen Herztod als bei denjenigen, die nur ein Scheinmedikament (Placebo) bekommen haben. Das EKG-Bild allein hat also nicht ausgereicht, um den Nutzen für den Patienten zu belegen.

Neben dem realen Nutzen interessieren Sie als Patient genauso die realen Risiken: Wie sehr fühle ich mich durch mögliche Nebenwirkungen (siehe Seite 49) in meiner Lebensqualität beeinträchtigt? Auf der Grundlage qualitativ hochwertiger Studien wägen die Gutachter der Stiftung Warentest die Risiken gegen den Nutzen der Medikamente sorgfältig ab. Erst wenn der langfristige Nutzen (Folgeerkrankungen werden verhindert) und die langfristige Verträglichkeit (auch später auftretende oder seltene, schwere Nebenwirkungen werden berücksichtigt) nachgewiesen ist, lautet das Urteil der Stiftung Warentest: „Geeignet“!

  1. Wie groß eine Studie angelegt und wie lange eine Studie dauern muss, um Zusammenhänge zwischen medizinischen Werten und Lebensstil mit späteren Erkrankungen herstellen zu können, zeigt die Framingham-Studie. Sie ist die berühmteste und längste Herzstudie der Welt. Sie läuft seit 1948 bis heute, über 15 000 Frauen und Männer der Kleinstadt Framingham 30 Kilometer westlich von Boston haben sich bisher befragen und untersuchen lassen. Erst nach den ersten zehn Jahren, nachdem aus statistischer Sicht genügend Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten haben, konnten die Herzforscher belegen: Das sind meistens keine unvermeidbaren Schicksalsschläge, die aus heiterem Himmel kommen. Vielmehr sind Bluthochdruck, erhöhte Cholesterinwerte, fettreiche Ernährung, Rauchen, Bewegungsmangel und Übergewicht dafür mitverantwortlich. Das war 1960, und der Begriff „Risikofaktor“ war geboren.

Vor Folgeerkrankungen schützen

Eine Hypertonie ist deshalb so gefährlich, weil der hohe Druck die Gefäße schädigt und das Herz stark belastet. Die Gefäße am Herzen, im Gehirn und an den Nieren reagieren besonders empfindlich, wenn man ihnen zu viel Druck macht. Die Blutgefäße können verkalken, verstopfen oder platzen. Doch die Arterienverkalkung kann nicht nur innere Organe, sondern auch die Durchblutung in den Beinen oder in der Netzhaut des Auges beeinträchtigen.

Zudem schädigt der Blutdruck direkt das Herz, es kann sich eine Herzschwäche oder Vorhofflimmern entwickeln. So können Blutdruckmedikamente nicht nur vor Herzinfarkt oder Schlaganfall, sondern auch noch vor vielen anderen Folgeerkrankungen schützen.

Für eine große Zahl der Basismedikamente liegen gute Belege vor, dass sie vor all diesen Folgeerkrankungen schützen. Studien zeigen, dass das Risiko um ungefähr 20 bis 30 Prozent des ursprünglichen Wertes sinkt.

Der Nutzen von Medikamenten ist besonders deutlich nachgewiesen worden, wenn das Ausgangsrisiko hoch ist.

  Arznei-Check

Bekommen Sie einen der neuen Fettsenker Praluent oder Repatha? Dann werden Sie feststellen, dass im Beipackzettel ein schwarzes Dreieck zu finden ist. Das schwarze Dreieck zeigt an, dass dieses Mittel noch strenger überwacht wird als andere neue Arzneimittel, die auf dem Markt sind. Sie sollten beobachtete Nebenwirkungen Ihrer Ärztin, Ihrem Arzt mitteilen, damit sie oder er das den Behörden melden kann.

Nicht jedes Medikament passt für jeden

Welches Medikament für Sie am besten geeignet ist, hängt von der Höhe Ihres Blutdrucks ab, von Ihrem Alter, Ihren Begleiterkrankungen und der individuellen Verträglichkeit. Jedes Bluthochdruckmittel hat seine eigenen Vor- und Nachteile. Auch eine solche Differenzierung nehmen die Experten der Stiftung Warentest vor. Diuretika sind zum Beispiel besonders von Vorteil, wenn Sie neben dem Bluthochdruck auch an einer Herzschwäche leiden. Kalziumantagonisten dagegen können eine unbehandelte Herzschwäche verschlimmern, sind aber die Nummer eins unter allen Hochdruckmitteln, was die Verhinderung von Schlaganfällen angeht. Sie sind deshalb zum Beispiel besonders bei Arteriosklerose und metabolischem Syndrom angezeigt.

Dabei kann sich das Urteil der Stiftung Warentest mit zunehmenden Erkenntnissen auch ändern. Schließlich beobachten die Experten der Stiftung die Literatur und die Veröffentlichungen für die jeweiligen Medikamente über viele Jahre hinweg, es kommen immer wieder neue Studien hinzu. Die Bewertungen spiegeln den aktuellen Kenntnisstand und die Entwicklung internationaler Leitlinien und Empfehlungen wider. So galten zum Beispiel Betablocker bis zum Jahr 2007 als uneingeschränkt geeignet bei hohem Blutdruck. Doch Forschungen haben auch Nachteile der Betablocker gezeigt: Bei älteren Patienten (über 60 Jahre), die keine Begleiterkrankungen haben, verhindern sie weniger gut einen Schlaganfall, Herzinfarkt oder Nierenfunktionsstörungen. Deshalb gelten sie in diesen Fällen als „mit Einschränkung geeignet“. Leiden ältere Hypertoniker dagegen unter einer koronaren Herzkrankheit oder unter einer Herzschwäche, lautet das Urteil wiederum „geeignet“. Auch für jüngere Menschen empfehlen die Experten Betablocker – vor allem, wenn das Herz in Ruhe sehr schnell schlägt (mehr als 100 Schläge pro Minute, Tachykardie, Herzrasen, genannt).

Auch die Reservemittel gilt es differenzierter zu betrachten: Zwar ist für sie weniger gut belegt, dass sie das Risiko für Folgeerkrankungen reduzieren. Außerdem sind sie als alleiniges Mittel meist nicht so gut verträglich wie die Basismedikamente. Doch für bestimmte Patientengruppen oder in bestimmten Kombinationen (siehe Seite 61) haben sie durchaus ihre Berechtigung. Gelten Alpha-1-Rezeptoren-Blocker allgemein als alleiniges Mittel als „wenig geeignet“, kommen sie für Männer mit hohem Blutdruck und vergrößerter Prostata durchaus infrage, weil sie die Beschwerden beim Wasserlassen positiv beeinflussen können.

    Checkliste  

Was die Bewertungen bedeuten

(Siehe Bewertungen ab Seite 98 und www.test.de/medikamente/methodik/)

Neu ist nicht unbedingt besser

Oft stehen ältere, bewährte Medikamente in der Bewertung der Stiftung Warentest vor neueren Medikamenten. Ein Beispiel ist der Renin-Inhibitor Aliskiren, ein Wirkstoff, der als erster Vertreter einer neuen Medikamentengruppe 2007 zugelassen wurde. Zwar senkt das Medikament den Blutdruck ähnlich gut wie die Basismedikamente. Doch fehlen bisher Untersuchungen, die belegen, dass es Folgeerkrankungen ebenso gut wie diese verhindern kann und auf Dauer gut vertragen wird. Deshalb sollte es erst gegeben werden, wenn die als „geeignet“ bewerteten älteren und besser untersuchten Medikamente nicht passen.

Wie wirksam und sicher Aliskiren wirklich ist, muss noch weiter beobachtet und erforscht werden. Denn unerwünschte Wirkungen fallen oft erst dann auf, wenn ein Mittel bereits länger auf dem Markt ist. Eine Analyse zeigt, dass in den USA bei jedem dritten neuen Medikament im Nachhinein Verträglichkeitsprobleme auftreten. In Deutschland ist die Situation ähnlich. Auch deshalb ist eine unabhängige Institution wie die Stiftung Warentest wichtig: Die Arzneimittelexperten der Stiftung bewerten für die Datenbank „Medikamente im Test“ (www.medikamente-im-test.de) die wichtigsten Arzneimittel und berücksichtigen dabei auch Sicherheitsmeldungen aus anderen Ländern. So kann es sein, dass unerwünschte Wirkungen eines Medikamentes früher in den Informationen der Stiftung Warentest stehen als im Beipackzettel. Oft dauert es einige Jahre, bis nach der Zulassung beobachtete Nebenwirkungen Eingang in den Beipackzettel finden.

Damit neue Nebenwirkungen erkannt und aufgenommen werden, ist auch die aktive Mitarbeit von Ärzten und Patienten notwendig. Ärzte sind angehalten, neu aufgetretene unerwünschte Wirkungen den Behörden zu melden. Das können sie aber nur, wenn die Patienten es ihnen auch mitteilen. Auch das ist also ein Grund, mit Ihrem Arzt immer offen über beobachtete Nebenwirkungen (siehe Seite 49) zu sprechen.

Me-too-Präparate

Dass „neu und teuer“ nicht unbedingt gleichbedeutend mit „besser“ ist, zeigt auch das Beispiel Olmesartan. Das Medikament gehört, wie am Namen erkennbar, zu den Sartanen. Es wirkt nicht besser als andere Vorläufer-Sartane, es gibt aber Hinweise darauf, dass es schlechter vertragen wird. Außerdem fehlen bisher ausreichende Belege dafür, dass Olmesartan Schlaganfall und Herzinfarkt verhindern und die Sterberate senken kann. Deshalb erhält es die Einschätzung „mit Einschränkung geeignet“.

Olmesartan ist ein sogenanntes Me-too-Präparat, auch Analogpräparat genannt. Me-too-Präparate (engl. „Ich auch!“) sind neu eingeführte Präparate, die eine ähnliche Struktur und damit eine vergleichbare Wirkung haben wie früher eingeführte Wirkstoffe der gleichen Substanzklasse. Der neue Wirkstoff weicht chemisch kaum von den bekannten Wirkstoffen ab. Trotzdem können Hersteller das Medikament als neues Arzneimittel patentieren lassen. Kritiker bezeichnen solche Präparate deshalb auch als Scheininnovationen, weil sie nicht besser wirken, aber teurer sind als die früher eingeführten Wirkstoffe, deren Patentschutz oft schon abgelaufen ist und die schon als kostengünstige Generika verfügbar sind.

Nebenwirkungen minimieren

Eine gute Wirkung ist nicht zum Nulltarif zu haben. Doch mit richtiger Dosierung und passendem Medikament können die unerwünschten Wirkungen in Grenzen gehalten werden.

Vielen Patienten fällt es schwer, zu akzeptieren, dass sie nun regelmäßig, womöglich lebenslang Medikamente gegen Bluthochdruck einnehmen müssen. Sie fühlen sich vielleicht zum chronisch Kranken abgestempelt. Viele Menschen möchten nicht jeden Tag „Chemie“ schlucken und haben Angst vor Nebenwirkungen. Die Ängste sind einerseits berechtigt, weil wirksame Medikamente nicht frei sind von unerwünschten Wirkungen. Andererseits lässt sich zumindest für die meisten Vertreter der Basismedikamente sagen: Viele gute Studien und jahrelange bis jahrzehntelange Erfahrung haben gezeigt, dass sie sowohl wirksam als auch verträglich sind. Böse Überraschungen sind glücklicherweise nur sehr selten zu erwarten.

Beginn einer Therapie

Insbesondere zu Beginn der Therapie kann es sein, dass Sie sich zunächst schlapp und müde fühlen. Oder Ihnen ist öfters schwindelig. Das liegt daran, dass Ihr Körper sich erst an den niedrigeren Blutdruck gewöhnen muss. Ihr Gehirn empfindet den gesenkten Druck erst mal als zu gering. Schließlich lief der Kreislauf schon seit längerer Zeit, möglicherweise über Jahre auf „Hochtouren“. Bis sich der Körper auf die Blutdrucksenkung eingestellt hat, kann es eine Weile dauern. Aus diesen Gründen beginnt Ihr Arzt eventuell auch erst mit einer sehr niedrigen Dosis, um sie dann langsam, über Wochen und Monate, zu steigern, bis der Blutdruck das normale Niveau erreicht hat. Wenn die Beschwerden zu stark sind, könnte es sein, dass der Blutdruck etwas zu schnell abgesenkt worden ist. Dann hilft es, mit einer niedrigeren Dosis fortzufahren und langsamer einzuschleichen.

Es ist also gerade am Anfang wichtig, nicht voreilig den Schluss zu ziehen, dass man das Medikament nicht verträgt. Lassen Sie sich vor allem nicht dazu verleiten, das Medikament eigenmächtig zu reduzieren oder ganz abzusetzen. Das kann gefährlich werden, weil der Blutdruck dann womöglich in die Höhe schießt (siehe Seite 92). Halten Sie immer Rücksprache mit Ihrem Arzt. Wenn Sie ihm verheimlichen, dass Sie sich nicht an die Empfehlungen halten, kommt er womöglich zu dem Schluss, dass das Medikament nicht genügend wirkt und erhöht die Dosis. Das würde Ihre Beschwerden verstärken und Sie nehmen das Medikament erst recht nicht ein. So kommen Sie jedenfalls nicht weiter. Eine offene, vertrauensvolle Kommunikation mit der Ärztin, dem Arzt (siehe Seite 78) ist Basis einer jeden Therapie.

Geduld ist angesagt. Voraussichtlich wird es Ihnen nach wenigen Wochen wieder so gut gehen wie vorher. Wenn Sie einen sehr hohen Blutdruck hatten, fühlen Sie sich nach einiger Zeit der Medikamenteneinnahme wahrscheinlich sogar belastbarer als vorher, weil Symptome wie Atemnot oder Kopfschmerzen durch die Behandlung weggefallen sind.

Frauen und ältere Menschen reagieren empfindlicher auf Medikamente. Vorsicht bei der Dosierung ist deshalb angesagt, damit sich Nebenwirkungen nicht so stark bemerkbar machen.

Wenn die Beschwerden anhalten

Wenn sich die Symptome auch nach einigen Wochen nicht gegeben haben, sollten Sie mit Ihrem Arzt sprechen. Denn eine Blutdrucktherapie, die auf Dauer Beschwerden verursacht, ist keine gute Therapie! Schließlich gibt es mehrere Möglichkeiten, um die Probleme zu beheben: Die Dosis kann reduziert werden, Sie können auf ein anderes Medikament umschwenken oder eine Kombination mehrerer Medikamente (siehe Seite 61) ausprobieren. Dann verschwinden die Symptome in der Regel.

Sehr häufig verursachen ACE-Hemmer zum Beispiel einen unangenehmen Reizhusten, auch nachts. Wenn Sie das als sehr störend empfinden, kann man beispielsweise auf ein Medikament aus der Gruppe der Sartane ausweichen, die einen ähnlichen Wirkmechanismus wie ACE-Hemmer haben. Es kann sein, dass Betablocker Albträume verursachen. Eventuell hilft es schon, wenn der Arzt einen anderen Betablocker verschreibt. Kopfschmerzen, Magen-Darm-­Beschwerden, Müdigkeit, Schwindel – diese Beschwerden kommen bei fast allen Antihypertonika gelegentlich bis häufig vor. Das kann subjektiv sehr störend sein, auch wenn diese Symptome eher als harmlos einzustufen sind. Nur Sie selber können beurteilen, ob Sie sich damit einrichten können oder nicht.

  Checkliste 

Den Blutdruck richtig einstellen

Quelle: Deutsche Herzstiftung, „Bluthochdruck: Was tun?“, S. 36

Wie jemand welche Symptome empfindet, ist eine höchst individuelle Angelegenheit. Sie haben alles Recht der Welt, zu beschließen: Mit diesen Symptomen komme ich auf Dauer nicht klar. Wenn es sich um leichtere Beschwerden handelt, sollten Sie diese immer in Relation zu dem gesundheitlichen Nutzen des Medikaments setzen: Eine Senkung des Blutdrucks schützt Ihre Organe und bewahrt Sie womöglich vor einer lebensgefährlichen Erkrankung. Wenn allerdings deutliche Beschwerden plötzlich auftauchen oder sich verstärken, wenn Sie die Symptome als bedrohlich empfinden, suchen Sie sofort einen Arzt auf oder rufen Sie den Notarzt (Tel. 112).

Bei der Wahrnehmung der Beschwerden sollte man auch eines nicht außer Acht lassen: Wenn ein Symptom auftaucht, nachdem man ein neues Medikament eingenommen hat, ist die Versuchung groß, einen Zusammenhang herzustellen. Es kann sich aber um bloßen Zufall handeln, dass die Kopfschmerzen oder Magen-Darm-Beschwerden ausgerechnet zu dem Zeitpunkt auftreten. Womöglich haben die Symptome ganz andere Ursachen und hören nach einiger Zeit wieder auf.

Kinder, Frauen, Ältere

Bluthochdruck ist nicht nur Männersache. Bei Frauen, aber auch bei Kindern und älteren Menschen, sind einige Besonderheiten zu beachten.

Was haben Kinder, Frauen und Senioren gemeinsam? Es sind Patientengruppen, die in klinischen Studien mit Medikamenten oft unterrepräsentiert sind. Denn Kinder möchte man nicht unnötigen Risiken aussetzen. Auch bei Frauen ist Vorsicht geboten, weil bei einer potenziellen Schwangerschaft das Ungeborene durch Medikamententests gefährdet werden könnte. Ältere oder hochbetagte Menschen haben oft viele Begleiterkrankungen, was meistens ein Ausschlusskriterium für die Teilnahme an Studien bedeutet. So sind viele Arzneien für diese genannten Patientengruppen nicht so gut geprüft. Umso vorsichtiger sollten sie dosiert werden, manchmal kommt nur ein bestimmtes Medikament infrage.

Gefahr für Frauen oft unterschätzt

Frauen wiegen sich oft in falscher Sicherheit: Herzinfarkt, Schlaganfall, Bluthochdruck – ist doch alles Männersache! Es stimmt tatsächlich, dass die weiblichen Geschlechtshormone, die Östrogene, vor Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen. Doch nur bis etwa zum 50. Lebensjahr, also bis zu dem Zeitpunkt, wo die Wechseljahre einsetzen. Ab dann sinkt der Östrogenspiegel und im Gegenzug steigt der Spiegel des auch bei Frauen gebildeten männlichen Hormons Testosteron. Diese hormonelle Umstellung wirkt sich ungünstig auf den Blutdruck aus. Mehr als die Hälfte der Frauen entwickeln im Laufe der Wechseljahre eine Hypertonie. Sind in jüngeren Jahren deutlich weniger Frauen als Männer betroffen, gleichen sich später die Anteile von betroffenen Männern und Frauen an.

Insgesamt verschiebt sich das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen (siehe Seite 22