image

STUTTGARTER BIBELSTUDIEN 241

Begründet von Herbert Haag, Norbert Lohfink und Wilhelm Pesch Fortgeführt von Rudolf Kilian, Hans-Josef Klauck, Helmut Merklein und Erich Zenger
Herausgegeben von Christoph Dohmen und Michael Theobald

Alkier/Rydryck

Paulus – Das Kapital eines
Reisenden

Die Apostelgeschichte
als soziohistorische Quelle

image

© Verlag Katholisches Bibelwerk GmbH, Stuttgart 2017

Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: Finken & Bumiller

Satz: SatzWeise GmbH, Trier

Druck: Sowa Sp. z.o.o., Warschau
Printed in Poland

www.bibelwerk.de

ISBN 978-3-460-03414-3
eISBN 978-3-460-51047-0

Vorwort

Die neutestamentliche Apostelgeschichte ist eigentlich kein Buch mit sieben Siegeln. Als Teil des lukanischen Doppelwerkes mit seinen auktorialen Proömien in Lk 1,1–4 und Apg 1,1–3 lässt die Apostelgeschichte vielmehr ein ebenso klares historiographisches wie theologisches Profil erkennen. Leserinnen und Leser werden auf diese Weise nicht ideologisch manipuliert, sondern in eine offengelegte Textpragmatik einbezogen, die zu einer eigenständigen Positionierung zugleich anleitet und herausfordert.

Trotz dieser textlich klaren Profilierung ist die lukanische Apostelgeschichte bis in die Gegenwart ein bevorzugter Gegenstand nicht nur der exegetischen Diskussion, sondern vielmehr der literarischen, historischen und theologischen Kritik. In Frage standen und stehen zum Teil bis heute der literarische Stil, der historiographische Wert und die theologische Position der Apostelgeschichte.

Im Kontext der gegenwärtigen Diskussion geht der vorliegende Band auf einen Studientag an der Goethe-Universität Frankfurt zurück, der das interdisziplinäre Gespräch von Theologen und Althistorikern zum Ziel hatte und sich insbesondere sozialhistorischen Fragestellungen widmete. Die hier vorgelegte Publikation im Anschluss an den genannten Studientag erscheint im Kontext des vom LOEWE-Programm des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst geförderten Forschungsschwerpunkts „Religiöse Positionierung: Modalitäten und Konstellationen in jüdischen, christlichen und islamischen Kontexten“ an der Goethe-Universität Frankfurt und der Justus-Liebig-Universität Gießen.

In den vergangenen Jahrzehnten der Forschungsgeschichte haben sich die Urteile über die stilistische und theologische Qualität der Apostelgeschichte gegenüber älteren Urteilsfindungen deutlich zum Positiven verschoben. Auch der historiographische Anspruch des lukanischen Werkes wird heute kaum mehr bestritten. Lediglich der historische Quellenwert des Dargestellten ist auch in der gegenwärtigen Forschung Gegenstand intensiver und kontroverser Debatten. Dabei scheint es oft so, als stünden Theologen der Apostelgeschichte als historischer Quelle distanzierter und skeptischer gegenüber als Althistoriker, die sich quellenkritisch mit demselben Text befassen. Die hier versammelten Beiträge stellen demgegenüber für die Bewertung der Apostelgeschichte die unhintergehbare Notwendigkeit eines diskursiven Austausches von theologischen und althistorischen Perspektiven heraus.

So zeichnet der eröffnende Beitrag des Theologen Stefan Alkier anhand zentraler exegetischer Positionen die forschungsgeschichtlichen Veränderungen und Entwicklungslinien in der Bewertung des Quellenwertes der Apostelgeschichte nach.

Der anschließende Beitrag des Althistorikers Alexander Weiß legt die sozialhistorische Neubewertung der Apostelgeschichte am Beispiel der im Text dargestellten ordo-Angehörigen dar und plausibilisiert damit Aspekte der lukanischen Darstellung.

Der Beitrag des Theologen Michael Rydryck fokussiert im Kontext sozialhistorischer Fragestellungen die Person des Paulus und fragt nach dessen sozialhermeneutischer Verortung innerhalb eines Gesellschaftsmodells der frühen Kaiserzeit.

Die Althistorikerin Dorothea Rohde fragt korrelativ dazu nach den dezidiert ökonomischen Aspekten in der Darstellung des Paulus und zeichnet diese in das wirtschaftsgeschichtliche Profil der frühkaiserzeitlichen Gesellschaft ein.

Einer vergleichbaren Fragestellung geht der abschließende Beitrag des Althistorikers Ulrich Huttner nach, indem er nach der Mobilität des Paulus im Sozial- und Bedeutungsgefüge kaiserzeitlicher Reiseaktivitäten fragt.

Unser Dank gilt neben den Autoren allen Teilnehmern des Studientages, deren Fragen und Perspektiven die Entstehung dieses Bandes angestoßen und dessen Beiträge bereichert haben. Darüber hinaus danken wir Frau Sarah Jordan und Herrn Andreas Pflock für die Durchsicht der Beiträge, sowie Michael Theobald für die Aufnahme des Bandes in die Reihe der Stuttgarter Bibelstudien.

Stefan Alkier und Michael Rydryck, Frankfurt am Main

Inhaltsverzeichnis

Forschungsgeschichtliche Bemerkungen zur Frage nach dem historischen Quellenwert der Apostelgeschichte des Lukas

Stefan Alkier

Sozialgeschichtliche Aspekte der Apostelgeschichte

Alexander Weiß

Das Kapital des Paulus.
Ein Beitrag zur sozialhistorischen Plausibilität der Apostelgeschichte

Michael Rydryck

Von Stadt zu Stadt.
Paulos als wandernder Handwerker und die ökonomisch motivierte Mobilität in der frühen Kaiserzeit

Dorothea Rohde

Unterwegs im Mäandertal.
Überlegungen zur Mobilität des Paulus

Ulrich Huttner

Autorenverzeichnis

Register

Forschungsgeschichtliche Bemerkungen zur Frage nach dem historischen Quellenwert der Apostelgeschichte des Lukas

Stefan Alkier

„Das Wichtigste bleibt in dieser Hinsicht immer, dass der Paulus der Apostelgeschichte offenbar ein ganz anderer ist, als der Paulus der paulinischen Briefe selbst.“

(Ferdinand Christian Baur, Paulus, der Apostel Jesu Christi. Sein Leben und Wirken, seine Briefe und seine Lehre. Ein Beitrag zu einer Kritischen Geschichte des Urchristentums, Erster Theil, 2. Aufl. nach dem Tode des Verfassers besorgt durch Eduard Zeller, Leipzig 1866, 14)

Dass sich der explizite Autor1 des lukanischen Doppelwerks mit seinen Proömien in Lk 1,1–4 und Apg 1,1–3 als Historiker im Sinne antiker griechischer und römischer Geschichtsschreibung zu erkennen gibt, dürfte wohl außer Frage stehen.2 Was er ausführlicher im Proömium seines Evangeliums schreibt, wird man ohne größere methodische Probleme auch für die Apostelgeschichte zur Geltung bringen können. Er habe vor Abfassung seines Werkes alles sorgfältig geprüft (Lk 1,3), was kaum etwas anderes heißen kann, als dass er beansprucht, zumindest einige der Augenzeugen – bzw. deren Nachfahren –, die er in 1,2 anführt, und auch einige der Schauplätze der im Evangelium und dann auch in der Apostelgeschichte genannten Orte und Regionen, wohl in der spätestens seit Herodot bezeugten Manier antiker Historiker,3 besucht zu haben, um sich ein eigenes, zuverlässiges Bild der erzählten Ereignisse bilden zu können.

Ob der reale Autor mit Blick auf einige der in der Apostelgeschichte erzählten Ereignisse selbst Augenzeuge war, hängt nicht zuletzt von der Datierung und der damit verbundenen Verfasserfrage ab. Keine der vorgeschlagenen Datierungen hat so starke Argumente ins Feld führen können, dass sie die alternativen Datierungen hätte falsifizieren können. So bleibt die Datierung beider lukanischen Bücher eine auf Indizienbeweisen beruhende, hypothetische Angelegenheit, die auf den jeweiligen Voraussetzungen, methodischen Überlegungen und Interpretationen des so genannten lukanischen Doppelwerks beruht, keineswegs aber mit „Fakten“ argumentieren kann. Das gilt für die Frühdatierung vor dem Brand Roms (64 n. Chr.)4, für die Spätdatierung weit in das 2. Jh. n. Chr.,5 aber auch gleichermaßen für die im deutschen Sprachraum übliche Datierung auf das ausgehende 1. Jh. n. Chr., zumeist mit der hemdsärmeligen Schätzung „80–90 n. Chr.“6.

Dass aber antike Historiker aufs Ganze betrachtet anders als heutige Historiker weniger Zeit am Schreibtisch verbrachten und die Arbeit vieler von ihnen hohe Anteile empirischer, ethnographischer und teils auch ethnologischer Feldforschung aufwies, kann wohl als gesichertes Ergebnis der Erforschung antiker Historiographie gelten.7 Schon diese Mobilität des Historikers setzt einiges finanzielles und auch soziales Kapital auf der Seite des realen Autors der kanonischen Apostelgeschichte voraus, denn, wie die Beiträge des vorliegenden Bandes mit Blick auf die Mobilität in der Antike im Allgemeinen und bzgl. des Paulus im Besonderen zu Bewusstsein bringen: Reisen war in der Antike teuer und fast nur finanziell gut gestellten Personen möglich. Und es förderte das soziale Prestige.8 Antike Historiker gehörten wohl schon deshalb in aller Regel zur Elite wie einst Herodot oder Thukydides und dann auch wie die römischen, durchweg senatorischen Geschichtsschreiber wie Tacitus oder Sueton, oder sie wurden von Königen oder Cäsaren bezahlt, wie etwa Nikolaos von Damaskos9 zunächst am Hofe des Königs Herodes, oder der jüdische Geschichtsschreiber Flavius Josephus, der Günstling des Kaisers Vespasian.

In nahezu allen bedeutenden und weniger bedeutenden historischen Werken der Antike finden sich tendenziöse Züge, erfundene Reden, Wundergeschichten10 und realhistorische wie geographische Irrtümer. Aber kaum einem Autor unter diesen Historikern wurde so vehement die historische Zuverlässigkeit abgesprochen, wie dem Verfasser der Apostelgeschichte. Sicher, historische Kritik der Quellen ist notwendig, um ein möglichst plausibles Bild der Vergangenheit zu erarbeiten. Dazu gehört es, Widersprüche, Ungereimtheiten, Unmögliches im Text wahrzunehmen und zu bewerten. Dass aber ausgerechnet von – vor allem deutschsprachigen, protestantischen – Exegeten und Kirchenhistorikern der Quellenwert der lukanischen Apostelgeschichte viel geringer eingeschätzt wurde als von vielen Althistorikern11, bedarf schon einer Nachfrage an die wissenschaftsgeschichtlichen Konstellationen für diese auch heute noch wirksame Skepsis gegenüber dem neutestamentlichen Historiker, der die kanonisierte Apostelgeschichte schrieb.

Eine solche Nachfrage verdiente eine ausführliche monographische Bearbeitung als forschungsgeschichtliche Selbstaufklärung der vorschnellen Urteile und scheinbaren Gewissheiten historisch-kritischer Positionen. Die folgenden Ausführungen wollen hingegen lediglich drei Diskurse in Erinnerung rufen, die man in einer solchen Monographie auf keinen Fall übergehen dürfte: Die radikale Destruktion des lange Zeit in Geltung stehenden harmonistischen Geschichtsbildes, das man der Apostelgeschichte entnehmen zu können meinte, durch Johann Salomo Semler (1725–1791) im 18. Jahrhundert, der Vorwurf der Geschichtsfälschung durch die Apostelgeschichte mit Blick auf ihre katholisierenden Differenzen zu den paulinischen Briefen im 19. Jahrhundert durch Ferdinand Christian Baur (1792–1860) und derselbe Vorwurf, nun aber verbunden mit der Infragestellung ihrer Kanonizität, im Zuge der von Ernst Käsemann (1906–1998) ausgelösten Debatte um einen vermeintlichen neutestamentlichen Frühkatholizismus.

Dass diese drei forschungsgeschichtlichen Schnappschüsse nicht nur ganz gewichtige andere Positionen wie etwa Adolf von Harnack12 oder Otto Bauerfeind13 außer Acht lassen, sondern auch auf deutschsprachige Diskurse des 18., 19. und 20. Jahrhunderts beschränkt bleiben, macht nur umso deutlicher, dass hier kein ausführlicher Blick auf die Erforschung der Apostelgeschichte geboten wird, sondern allein wirkmächtige Teilaspekte schlaglichtartig in Erinnerung gerufen werden sollen, die zur massiven Skepsis gegenüber der Apostelgeschichte als historischer Quelle nachhaltig beigetragen haben. Die gründliche, monographische Aufarbeitung der Prädispositionen dieser Debatten wäre aber nicht nur eine theologiegeschichtlich interessante Arbeit, sondern auch ein Lehrstück über die Installation und nachhaltige Wirkung theologischer und geschichtsphilosophischer Positionen im allzu selbstsicheren Gewand historisch-kritischer Gewissheiten.

1.Harmonie oder Diversität: Die radikale Destruktion des Geschichtsbildes der Apostelgeschichte durch Johann Salomo Semlers historisch-kritischen Neuansatz exegetischer und patristischer Forschung im Zeichen der Polyphonie des Christentums

Einzelheiten der Darstellung der lukanischen Apostelgeschichte wurden schon in der Alten Kirche diskutiert. Aufs Ganze gesehen aber setzt erst mit dem Begründer der historisch-kritischen Exegese, Johann Salomo Semler, eine grundlegende Skepsis mit Blick auf die Darstellung der apostolischen Zeit ein. Semler verabschiedete nämlich die Idealisierung der „christlichen Gemeinen zu den Zeiten der Apostel“ grundlegend und stellte sich damit gegen das Bild der Harmonie, wie es die Apostelgeschichte des Lukas in den ersten Kapiteln zu zeichnen scheint und von da aus auf eine idealisierte goldene Ursprungszeit der Christenheit ausgeweitet wurde. Gegen dieses sich auf die Apostelgeschichte berufende Idealbild gerichtet schreibt Semler: „Es ist falsch, […] daß folglich die christlichen Gemeinen zu den Zeiten der Apostel und apostolischen Lehrer, algemeiner rechtschaffen, untadelhaft, oder dem angenommenen Lehrbegrif durchgängiger gemässer gewesen. Selbst die obgleich kurzen Nachrichten des neuen Testaments, die ältesten übrigen christlichen, und so gar heidnische Schriften und Denkmale, zeigen uns einen sehr gemischten Zustand der damaligen Kirchenglieder an.“14 Kurz zuvor hatte noch der bis ins 19. Jahrhundert viel gelesene und einflussreiche Gottfried Arnold im Zuge seiner kirchenkritischen Verfallstheorie in zwei umfangreichen Monographien die Einheit der Urgemeinde als leuchtendes Vorbild beschrieben, das jedoch schon sehr bald ins Wanken geraten sei.15 Semler zufolge aber gab es diese harmonische Einheit von Christusanhängern zu keinem Zeitpunkt in der Geschichte; ja sogar schon die „Lehrart Jesu“ selbst habe auf die Zuhörer Rücksicht genommen und verschiedene Ausprägungen christlichen Glaubens und Lebens generiert.16

Der Einfluss der historischen Kritik Semlers auf die Exegese des 19. und – in vermittelter Art und Weise – auch auf die des 20. und 21. Jahrhunderts kann wohl kaum überschätzt werden. Nicht erst Ferdinand Christian Baur, der bedeutendste Neutestamentler und Kirchenhistoriker des 19. Jahrhunderts verstand die Geschichte des anfänglichen Christentums als Differenzgeschichte, die nach einem Ausgleich von „Petrinismus“ und „Paulinismus“ bzw. von „Judenchristentum“ und „Heidenchristentum“ strebte. Semler hatte lange vor Baur dieses antagonistische Bild entworfen und nachhaltig in das Bewusstsein insbesondere protestantischer Theologen eingeschrieben. Davon zeugt schon die bewundernde und detaillierte Würdigung, die ihm einer seiner erfolgreichsten und wirksamsten Schüler, nämlich Johann Gottfried Eichhorn, nach Semlers Tod zuteilwerden ließ.

Weil die Prägnanz des Referats von Eichhorn kaum zu überbieten ist, gehe ich den bequemen Weg einer Zitatencollage:

„Nach seinen Aueßerungen sind die Schriften des N.T. von localer und temporeller Bestimmung, und weder für alle Zeiten und Völker, noch unentbehrliche Quellen des Christenthums. Sie waren eigentlich und zunächst nicht der ganzen christlichen Kirche bis ans Ende der Welt sondern nur den Zeitgenossen der Apostel; nicht allen Christen jener Zeit, sondern nur einzelnen Gemeinen und Gegenden; nicht zu einem ganz allgemeinen Zweck, sondern nur zur Abhelfung gewisser Ort und Zeitbedürfnisse mit beständiger Rücksicht auf damalige Lage, Meynungen und Streitigkeiten abgefaßt, und enthielten vieles, was schon damals anderen Gemeinen und Gegenden unbrauchbar und unverständlich wäre: und wie vielmehr müssen sie das uns und unseren Zeiten seyn!“17 „Das Neue Testament sah nun Semler für eine Sammlung von Schriften an, ursprünglich bestimmt für die beiden christlichen Partheyen; die Evangelien für die jüdisch-christliche; die Paulinischen Briefe für die gnostisch-christliche, die catholischen Briefe zur Vereinigung von beyden.“18 „Alle die vier noch vorhandenen Evangelien gehen (wie Johannes von dem seinigen ausdrücklich sagt) darauf aus, mittelst der äußeren Geschichte Jesus zu beweisen, daß er der erwartete Meßias sey […] Es waren Evangelien für Juden […] keine Evangelien für Heiden-Christen.“19

Mit seiner historisch-kritischen Rekonstruktion der Geschichte des Christentums im 1. und 2. Jh. wendet sich Semler entschieden gegen die Darstellung der Apostelgeschichte, der zufolge es einen mehr oder weniger kontinuierlichen Weg von der harmonischen Einheit in Jersusalem bis hin nach Rom gegeben habe. Erst mit dem Sammeln verschiedener Schriften im Verlauf des 2. Jh.s beginnt nach Semler der konfliktreich bleibende Zusammenschluss verschiedener Gemeinden zu größeren, aber stets regional begrenzten Gemeindeverbänden, die damit aber ihre innere Diversität keineswegs verlieren.

Semler versucht, mit der Rekonstruktion der Kanongeschichte die Entstehung der katholischen Kirche nachzuzeichnen, die er als intolerante Machtgeschichte darstellt, die auf die Beschneidung der angemessenen Diversität und Polyphonie legitimer Ausprägungen christlicher Religion zielte. Dabei entdeckt er das apologetische Interesse nicht nur des Papias, sondern sämtlicher Nachrichten über die Verfasser der Evangelien,20 die letztlich deren Widersprüche glätten und harmonisieren wollten.

Mit dem radikalen Misstrauen in die biographischen Nachrichten der altkirchlichen Traditionen über die vier Evangelisten fällt aber auch die Selbstverständlichkeit, Matthäus gegenüber Markus und Lukas als das älteste Evangelium zu begreifen. Semler bietet mit seiner historischen Kritik an Papias die historiographische Voraussetzung der Hypothese der Markuspriorität, die er allerdings selbst nicht vertritt. Ihm ist nur wichtig, dass die Evangelisten unabhängig voneinander an verschiedenen Orten zu unterschiedlichen Zeiten an das jeweils lokale Publikum schreiben. Seine Vorliebe gilt aber eindeutig dem Johannesevangelium, das er auch früher datiert21 als die drei anderen kanonischen Evangelien, die aber unabhängig von Johannes mit der Hilfe ihnen vorliegender Fragmente ihre Evangelien zusammenstellten. Jedenfalls bilden nach Semler die Evangelien keine Harmonie, sondern eine Polyphonie lokaler Stimmen mit einer jeweils begrenzten Reichweite.

Das Alte wie das Neue Testament werden in Semlers revolutionärem Kanonverständnis nicht mehr als göttlich gegeben, sondern als historisch gewachsen aufgefasst. Den einzelnen Schriften des Neuen Testaments werden christliche Gruppen zugeordnet. Wie durch die ganze Kirchengeschichte bis hinein in seine Gegenwart sieht Semler auch schon im 1. Jahrhundert eine engere und eine offenere Auffassung der „christlichen Religion“ miteinander streiten. Auch wenn es immer wieder Versuche zu einem Ausgleich gab und gibt, so bleibt nach Semler dieser Antagonismus als Strukturprinzip des Christentums unauflösbar und legitim.

Semler arbeitet nämlich gerade nicht mehr wie vor ihm Gottfried Arnold mit einem Verfallsmodell, aber ebenso wenig wie nach ihm Ferdinand Christian Baur mit einem Fortschrittsmodell. Vielmehr behalten die von Semler konstatierten grundlegenden Haltungen ihr jeweiliges Recht bis in Semlers Gegenwart hinein. Semler suchte als Antwort auf die Konfessionskriege gerade keine Synthese, sondern die tolerante Akzeptanz der jeweils anders Denkenden und Glaubenden. Die historische Kritik Semlers dient dem Aufweis der theologischen Sachgemäßheit der Polyphonie christlicher Stimmen. Die Einsicht in die Diversität und Differenz des Frühchristentums erhält bei ihm einen normativen Anspruch, mit dem er sich für die Konfessionsfreiheit und Toleranz gegenüber jeder Auslegung christlichen Glaubens einsetzt, soweit die öffentliche Ordnung damit nicht gefährdet wird.

Die wesensgemäße Zukunft des Christentums liegt nach Semler darin, den freien, von Diversität und Differenz geprägten Ursprung des Christentums als sein Konkretisierungsprinzip zu begreifen und der Freiheit der Privatreligion als individuelle Konkretisierung unter Wahrung der politischen Ordnung voll und ganz freien Lauf zu lassen. Das Wort Gottes als Offenbarung ewiger Wahrheit kann Semler zufolge nicht an eine Ausdrucksform gebunden werden, sei es auch die der Heiligen Schrift oder der altkirchlichen Bekenntnisse. Das Wort Gottes kann nicht in der Gestalt von Buchstaben fixiert werden, es zielt vielmehr in seinen verschiedenen Ausformungen auf das individuelle Gewissen: Jesu „[…] einziger Hauptzwek war, die Menschen zu überzeugen, daß Gott ohne Anwendung der Seelenkräfte, ohne innere Ergebenheit gegen ihn und seine kentlichen Absichten, mit noch so vielen eignen äusserlichen Handlungen und noch so ernsthafter Genauigkeit darin, gar nicht gehörig verehret und geliebet heissen könne.“22

Semlers Argumente, die er in zahlreichen Schriften und Detailstudien wortreich aber wenig systematisch publiziert hatte, wirkten so überzeugend, dass sich das polyphone und hoch diverse Bild der Christusanhänger und ihrer lokal bestimmten Gruppierungen im 1. Jahrhundert weitgehend durchsetzte.

Unter dem Eindruck von Semlers historisch-kritischen Forschungen und Differenzierungen veröffentlichte Lessing 1774–1778 die Reimarusfragmente. Lessing erarbeitete auf der Basis der polyphonen Fragmententheorie Semlers auch seine eigene These vom „Evangelium der Nazarener“23 als hebräisch abgefasstem Urevangelium. Steht Semlers historischkritische Arbeit für die Akzeptanz radikaler Diversität und Polyphonie des Christentums auch schon der ersten Jahrhunderte, so bringen die Reimarus-Fragmente eine ganz neue Dimension und polemische Schärfe in die Debatte um die Heilige Schrift ein: den Vorwurf des Betrugs und der Lüge. Erst dadurch wird Vielfalt zum Problem und die Hermeneutik des Verdachts zur Signatur historisch-kritischer Hermeneutik.

Vielleicht reagierte Semler24 gerade deswegen so scharf auf Reimarus, weil er wesentliche Punkte mit ihm teilte, diese aber völlig anders bewertete. Semler und Reimarus treffen sich in der Überzeugung, die kanonischen Evangelien seien im Geiste jüdischer Messianologie abgefasst. Sie treffen sich auch in der Wahrnehmung nicht harmonisierbarer Differenzen. Während Semler dies aber mit der Unterscheidung von „Wort Gottes“ und „Heiliger Schrift“ als zu begrüßende Diversität und Polyphonie begreift, stehen die Ausführungen von Reimarus im Zeichen seiner Betrugshypothese. Es mag sein, dass eine Motivation Lessings zur Herausgabe der Reimarusfragmente der Konflikt zwischen den verwandten Positionen von Semler und Reimarus war, und er die Dringlichkeit nach öffentlicher Klärung dieses Disputs zweier kluger Köpfe verspürte.

Dass er damit aber die Frage nach der Entstehung der Evangelien zu einem Politikum machte, förderte die Ausarbeitung diverser Hypothesenbildungen enorm. Erst jetzt wurde deutlich, wie bedrohlich das von nahezu allen theologisch Gebildeten akzeptierte25 Ergebnis eines desharmonisierten Geschichtsbildes Semlers war, indem es das bislang breit akzeptierte Geschichtsbild der Apostelgeschichte in prinzipieller Weise Lügen strafte: Am Anfang des Christentums steht keine Harmonie und keine lineare Entwicklung, sondern radikale Diversität und Polyphonie26. Die kanonischen Schriften sind nicht das eine Wort Gottes, sondern menschlicher Ausdruck der vielfältigen Gottesverehrung in der Nachfolge Jesu Christi. Nicht einmal die Evangelien sind harmonisierbar. Der Kanon ist Semler zufolge nicht verbal inspiriert, sondern ein höchst überflüssiges Machtinstrument der katholischen Kirche auf ihrem Weg zur römischen Staatsreligion. Das Geschichtsbild der Harmonie der Urgemeinde, das sich auf die Apostelgeschichte beruft, ist Semler zufolge bestenfalls fromme Fiktion.

2.Paulus oder „Lukas“: Die historische Kritik Ferdinand Christians Baurs an der „Tendenz“ der kanonischen Apostelgeschichte

Semler war freilich keineswegs der einzige kritische Erforscher der Anfänge des Christentums und seiner literarischen Zeugnisse. Vor und neben ihm widmeten sich aufgeklärte Philosophen und Historiker wie Voltaire (1694–1778), David Hume (1711–1776) oder Edward Gibbon (1737–1794) der Entstehungsgeschichte des Christentums im Rahmen einer als rein natürlich deklarierten Profangeschichtsschreibung, womit eine Absetzung von theologisch oder besser noch kirchlich geprägter Geschichtsschreibung angezeigt wurde.27 Allein die Tatsache, dass die Geschichte des Christentums in seinen Anfängen im Rahmen einer Profangeschichte wie etwa in Gibbons 1776–1787 erschienenem und bereits 1788 auf Deutsch publiziertem Opus „Decline and Fall of the Roman Empire“28 untersucht wurde, kann als dogmen- und kirchenkritische Provokation verstanden werden. Bei allen philosophischen Unterschieden trafen sich die aufgeklärten Profanhistoriker in der Überzeugung, dass die von ihnen vertretenen Werte nicht am Beginn einer Entwicklung zu finden seien, sondern an deren Ende. Diese philosophische Überzeugung führte zur Idee der Entwicklungsgeschichte, die den Anfang einer Entwicklung gerade deswegen unvoreingenommener untersuchen konnte, weil sie die vereinheitlichte Wahrheit nicht am Anfang, sondern am Ende einer Entwicklung erwartete und somit eine große Offenheit zur Wahrnehmung von Unterschieden und Widersprüchen an den Tag legen konnte. Die natürliche Geschichtsauffassung aufgeklärter Historiker hinterlässt daher ebenso wie Semlers tolerantes Eintreten für Diversität und Polyphonie dem 19. Jahrhundert das schwere Erbe der aufgelösten und bestrittenen Einheit des anfänglichen Christentums und seines Kanons, ohne über einen Zusammenhang der verschiedenen christlichen Gruppen, Individuen und Schriften auch nur nachdenken zu wollen.29

Semler muss als derjenige Theologe gelten, der radikal mit seiner historischen Kritik nachhaltig das Geschichtsbild destruierte, das sich mehr oder weniger zu Recht auf die Apostelgeschichte des Lukas berief und das von der harmonischen Einheit und der kontinuierlich verlaufenden Ausbreitung des anfänglichen Christentums ausging. Damit stellte er sich nicht nur gegen das harmonistische Bild, wie es Gottfried Arnold noch gezeichnet hatte, sondern sprach auch in dieser Hinsicht der Apostelgeschichte des Lukas die historische Zuverlässigkeit ab. Es dauerte in der Folge gut 90 Jahre, bis die Apg monographisch hinsichtlich ihrer historischen Darstellungsprobleme analysiert wurde.

Erst der Berner Theologieprofessor Mathias Schneckenburger interpretierte als „Zweck der Apostelgeschichte“30 die Verteidigung der Apostelwürde des Paulus. Obwohl seine gründliche Analyse zahlreiche historische Probleme in der Darstellung der Apostelgeschichte offenlegt, verteidigt er dennoch ihre grundsätzliche historische Glaubwürdigkeit gegen die Auflösung ins Mythische, wie Schneckenburger sie bei David Friedrich Strauß am Werk sah.31

Noch im Erscheinungsjahr der Arbeit von Schneckenburger, also 1841, erschien die Rezension dazu, die der wohl bedeutendste historisch-kritische Exeget und Kirchenhistoriker des 19. Jahrhunderts verfasst hatte: Ferdinand Christian Baur stimmte den Analysen Schneckenburgers weitgehend zu, bemängelte aber, dass er nicht den einzig möglichen Schluss aus seinen trefflichen Beobachtungen zur Textur der Apostelgeschichte gezogen habe, dass nämlich ihre Tendenz des Ausgleichs zwischen Petrus und Paulus zu einer Verfälschung der historischen Wirklichkeit geführt habe, so dass die historische Glaubwürdigkeit der historischen Darstellung der Apg insgesamt zu hinterfragen sei.

In seinem epochalen Paulusbuch tritt Baur dann auch konsequent dafür ein, im Konflikt grundsätzlich den als authentisch erwiesenen Paulusbriefen zu folgen: „Zwischen der Apostelgeschichte und den paulinischen Briefen, soweit sie sich ihrem geschichtlichen Inhalte nach mit der Apostelgeschichte vergleichen lassen, findet im Allgemeinen ein ähnliches Verhältnis statt, wie zwischen dem johanneischen Evangelium und den synoptischen. Die Vergleichung dieser beiden Quellen muss zu der Überzeugung führen, dass bei der grossen Differenz der beiderseitigen Darstellungen die geschichtliche Wahrheit nur entweder auf der einen oder der andern Seite sein kann; auf welcher der beiden Seiten aber sie anzunehmen ist, kann nur durch den unbestreitbaren geschichtlichen Kanon entschieden werden, dass diejenige Darstellung den grössern Anspruch auf geschichtliche Wahrheit zu machen hat, die als die unbefangenere erscheint, und nirgends das Interesse verräth, ihren geschichtlichen Stoff einem besondern subjectiven Zwecke unterzuordnen. Für die Geschichte der apostolischen Zeit haben ohnedies die paulinischen Briefe den Vorzug einer authentischen Quelle vor allen andern neutestamentlichen Schriften voraus; schon aus diesem Grunde muss die Apostelgeschichte gegen sie zurückstehen, aber es kommt sodann noch das weitere Moment hinzu, dass derselbe Kanon, welcher für das Verhältnis der synoptischen Evangelien zu dem johanneischen als bestimmend angesehen werden muß, auch auf die Apostelgeschichte seine Anwendung findet. […] dass ich in ihr keine rein objective, sondern nur eine durch ein subjectives Interesse alterirte Darstellung erkennen kann“.32

Baur belässt es aber nicht bei dieser Kritik, sondern wirft der Apostelgeschichte mit Blick auf die Darstellung des Paulus vor, „[…] dass der Paulus der Apostelgeschichte offenbar ein ganz anderer ist, als der Paulus der paulinischen Briefe selbst.“33 Und im Anschluss an die bereits erwähnte Monographie Schneckenbergers führt Baur aus: „Den beiden Haupttheilen, in welche die Schrift zerfällt (Kap. 1–12 und 13 – fin.), liegt die durch das ganze sich hindurchziehende Idee einer Parallellisierung der beiden Apostel Petrus und Paulus zu Grunde. In dieser Idee hat die Schrift ihre Einheit, ihre Haupttendenz ist, die Differenz zwischen Paulus und Petrus als eine unwesentliche und unanstössige darzustellen. Für diesen Zweck muss im zweiten Theile Paulus soviel möglich wie Petrus erscheinen, und ebenso im ersten Theil Petrus soviel möglich wie Paulus. Beide sollen also einander so nahe als möglich gerückt werden, damit der Eine für den Andern gleichsam einstehe, was von dem unläugbar paulinischen Verfasser der Apostelgeschichte nur im Interesse des Paulus geschehen sein kann.“34

Dieser Verfasser ist Baur zufolge aber ein anderer als der des Lukasevangeliums. Baur übernahm von Semler die Idee einer antagonistischen Differenz in den Anfängen des Christentums, aber er bewertet diese nicht nur anders, sondern interpretiert sie entwicklungsgeschichtlich. Für Semler waren die Evangelien judenchristlich, Paulus heidenchristlich und die katholischen Briefe ein Ausgleichsversuch, der aber die beiden anderen keineswegs verdrängte oder „aufhob“. Baur hingegen begreift den Katholizismus entwicklungsgeschichtlich als Synthese aus der Spannung von These – das Judenchristentum mit seinem Ausgangspunkt bei Jesus von Nazareth – und Antithese – die paulinische „heidenchristliche“ Theologie. Alles also, was als Synthese interpretiert werden konnte, musste jünger sein als die vorausgehenden Entwicklungsstadien. Da Baur zudem ein Vertreter der Griesbachhypothese35 war, derzufolge das Markusevangelium eine rezeptionsorientiert motivierte gekürzte Neufassung der ihm vorliegenden Evangelien des Matthäus und Lukas war, musste die Apostelgeschichte deutlich später datiert werden als das Lukasevangelium. So begreift Baur die Apostelgeschichte als eine wie das Markusevangelium auf Ausgleich bedachte katholisierende Schrift des 2. Jahrhunderts n. Chr.36

Baur geht mit seiner historischen Kritik der Apostelgeschichte soweit, dass er der Forschung empfiehlt, den Verfasser der Apg „nicht für zu aufrichtig und gewissenhaft“ zu halten, „um, sobald es in seinem Interesse lag, sich auch noch in ein schroffes Verhältnis zur wahren Geschichte zu setzen.“37 Und so zieht er das Fazit: „Je sichtbarer also seiner Darstellung ein bestimmtes apologetisches Interesse zu Grunde liegt, desto zweifelhafter muss uns auch werden, ob wir bei ihm überall nur eine rein historische Relation vor uns haben, und es kann nicht blos die Möglichkeit, sondern sogar die Wahrscheinlichkeit nicht geläugnet werden, dass er in Manchem, nicht blos negativ durch Verschweigen von Thatsachen und Umständen, die wesentlich zur Sache selbst gehören, sondern auch positiv die wirkliche Geschichte alterirt habe.“38 Damit war der Ruf der Apostelgeschichte als historischer Quelle nachhaltig beschädigt: Die Apostelgeschichte stamme nicht von Lukas, sie gehöre vielmehr als eine katholisierende Schrift in das 2. Jh. n. Chr. und ihr Verfasser mache aufgrund seines unaufrichtigen Charakters nicht davor halt, die Geschichte aktiv und wissentlich zu verfälschen.

So sehr Baur als Tendenz der Apg den Ausgleich zwischen Petrinismus und Paulinismus ins Feld führt, und so sehr er ihren Verfasser eines fragwürdigen Charakters bezichtigt, der seinem „Interesse sogar die geschichtliche Wahrheit aufzuopfern“39 bereit war, so wenig schüttet er aber das Kind mit dem Bade aus. Er spricht der Apg ihre historische Plausibilität gerade deswegen nicht ab, weil ihre Absicht nur gelingen kann, wenn sie historisch plausibel argumentiert – mit Baurs eigenen Worten ausgedrückt: „Überhaupt darf man sich das apologetische Interesse nicht so ausschliessend gegen das historische denken, dass nicht, sobald nur dem ersten Genüge geschah, auch das letztere mit demselben sich hätte vereinigen können, da ja der apologetische Zweck nur auf der gegebenen geschichtlichen Grundlage ausgeführt werden konnte.“40

Die Apostelgeschichte fällt für Baur daher nicht als historische Quelle aus. Sie kann dort, wo sie nicht im Widerspruch zu den Paulusbriefen steht, durchaus auch nach sorgfältiger historisch-kritischer Analyse Aufschluss über den einen oder anderen Aspekt der erzählten Ereignisse geben. Vor allem aber ist sie selbst als Zeugnis der Synthese von Petrinismus und Paulinismus im 2. Jh. n. Chr. historisch zu interpretieren: „Die Motive einer solchen Darstellungsweise können nur in Verhältnissen aufgesucht werden, welche um eines allgemeinen Interesses willen eine solche Concession von Seiten eines Pauliners nothwendig machten, in Verhältnissen, wie sie in der Zeit stattfanden, als in Folge aller jener Bestrebungen, zu welchen wir schon in den Briefen des Apostels selbst die judenchristlichen Gegner desselben die ernstlichen Anstalten machen sehen, der Paulinismus so sehr zurückgedrängt war, dass er nur auf dem Wege einer alles Harte und Schroffe seiner Antithese gegen Gesetz und Judentum mildernden Nachgiebigkeit sich erhalten und zu