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Christine Becker

Kulturbezogenes Lernen in asynchroner computervermittelter Kommunikation

Eine empirische Untersuchung von Online-Diskussionen im universitären Landeskundeunterricht

Narr Francke Attempto Verlag Tübingen

Inhalt

Fußnoten

1 Einleitung

Die Adjektive ,landeskundlich‘ und ,kulturbezogen‘ werden in dieser Arbeit synonym verwendet, vgl. Kapitel 2.2.1.

2.1 Fremdsprachenlernen mit digitalen Medien

Siehe zur Auseinandersetzung mit dem Begriff des Mediums im Kontext des Fremdsprachenunterrichts: Rösler 2010b, 1199f. Er stellt fest, dass dieser nicht „aus einer linguistischen, medienwissenschaftlichen, semiotischen oder kommunikationswissenschaftlichen Perspektive abgeleitet werden“ könne: „Ein fremdsprachendidaktisches Medienverständnis hat als Ausgangspunkt die Idee von Medien als Mittlern, die dafür sorgen, dass Wissen und Fertigkeiten erworben werden. […] Medien sind sowohl Transporteure von Informationen als auch Vehikel der Kommunikation.“

Die Begrifflichkeiten im Bereich Lernen mit digitalen Medien sind alles andere als einheitlich und nicht klar einzugrenzen. Siehe zu einem Überblick: Rösler 2010a, Kapitel 1. Im Folgenden wird E-Learning in einem umfassenden Sinne als das Lernen und Lehren mit digitalem Material oder unter Verwendung digitaler Kommunikationskanäle verstanden (vgl. Rösler 2010a, 8).

Rösler zählt noch die Kooperation hinzu, wobei diese m.E. in die Kategorie Kommunikation fällt, da Letztere eine Voraussetzung für Kooperation ist, so dass hier zunächst davon abgesehen werden kann.

Zu einer (nicht mehr ganz aktuellen) kritischen Zwischenbilanz von Deutsch als Fremdsprache mit digitalen Medien siehe Rösler 2008.

Siehe zum sogenannten mobilen Lernen (auch M-Learning) mit mobilen Endgeräten u.a. Falk 2015, zum Fremdsprachenlernen mit Apps Biebighäuser 2015.

Die zu Beginn stattfindende „Hotpotatisierung der digitalen Übungswelt“, die einen „Rückschritt hinter die Vielfalt bereits vorhandener Übungsformate“ bedeutete, wird anschaulich beschrieben in Rösler 2010b, 1206.

Eine ausführliche Beschreibung der App Duolingo findet sich in Falk/Götz 2016.

Im Deutschen auch CvK = computervermittelte Kommunikation.

Diese differenzieren die eingangs erwähnten Verwendungsformen von digitalen Medien im Fremdsprachenunterricht nach Rösler 2010a, 9.

Für eine Diskussion des Begriffs der Authentizität im Fremdsprachenunterricht siehe van Lier 1996, 123147. Siehe auch Lamy/Goodfellow 2010, 118, Biebighäuser/Zibelius/Schmidt 2012, 20, sowie Rösler 2012b, auch wenn dort ‚Authentizität‘ nicht genannt wird.

Zu „Chancen und Risiken der Arbeit mit authentischen Materialien“ siehe auch Rösler 2010b, 1207f.

Der Begriff des interkulturellen Lernens wird in Kapitel 2.2.1 problematisiert.

2.1.1 Blended Learning

Im angloamerikanischen Raum auch: Distributed Learning, Integrated Learning, Flexible Learning, Hybrid Teaching (vgl. Reinmann 2005, 103). Reinmann weist darauf hin, dass „hybrides Lernen das am häufigsten anzutreffende Synonym für Blended Learning im deutschen Sprachraum“ ist (ebd.).

Beschrieben wird außerdem Szenario 4, bei dem es sich um hauptsächlich virtuell stattfindenden Unterricht in einem virtuellen Klassenzimmer oder einer virtuellen Welt wie Second Life handelt (vgl. Rösler/Würffel 2010a, 7).

Es liegen in diesem Sinne auch Versuche vor, Blended Learning über Prozentangaben zu definieren. Nach Allen, Seaman und Garrett (2007, 5) ist ein Szenario dann als Blended Learning zu bezeichnen, wenn 30 bis 79 % eines Kurses online erfolgen. Der Versuch, Blended Learning über genaue Prozentangaben zu definieren, wird hier jedoch nicht als zielführend betrachtet.

Die Begriffe Szenario und Modell werden teilweise synonym gebraucht. In der vorliegenden Arbeit wird jedoch von der folgenden Unterscheidung ausgegangen: Szenarien sind Beschreibungen möglicher Durchführungen, Modelle hingegen sind theoretische Beschreibungen, die als Muster gelten können. Szenarien zeigen also auf, was in der Praxis vorhanden ist und dort häufig anzutreffen ist.

Würffel weist darauf hin, dass das Modell nicht in allen Bereichen zu Ende gedacht ist. Ein umfassendes Modell des Blended Learning sei ein Desiderat (2014, 150).

Es ist daher auch problematisch, wenn in Forschungsüberblicken zu computervermittelter Kommunikation nicht durchgängig zwischen den beiden Modi unterschieden wird (vgl. z.B. Nguyen 2008, Abrams 2003, 157f).

2.1.2 Computervermittelte Kommunikation im Fremdsprachenunterricht

Nguyen 2008 unterscheidet in seiner Darstellung nicht deutlich zwischen dem asynchronen und dem synchronen Modus.

Dass dies nicht so leicht zu trennen ist, wird z.B. bei Chaträumen deutlich, in denen Nachrichten auch dann gesendet werden können, wenn gerade kein Chatpartner online ist.

Dies ist z.B. in der App WhatsApp möglich, mit der sowohl Audio- als auch Textnachrichten geschickt werden können.

Der Myers-Brigg-Typenindikator stellt ein vor allem im Personalwesen verwendetes Instrument dar, um die von C.G. Jung entwickelten psychologischen Typen zu erfassen. In der psychologischen Wissenschaft wird die Verlässlichkeit des Tests in Frage gestellt (vgl. Hunsley/Lee/Wood 2003).

Kelm beschreibt dies anschaulich: „From a pedagogical standpoint, one of the greatest advantages of CACD [Computer-Assisted Class-Discussion, hier synchron, Anm. CB] is the increased participation from all members of a class. […] CACDs are great equalizers. Every language class has a few students who are perhaps more shy than others or more self-conscious about the mistakes they make in front of others. There are times, despite the fact that their grammar is correct, when some students become frustrated with the pressure of keeping up with the pace of everyone else’s oral comments. […] [T]hese students can read comments at their own pace, type their responses at their leisure, and wait to send messages only when they are completely satisfied with what they have written. […] [O]n the other hand, every language class has a few students who are willing to answer each and every question. However, during an INTERCHANGE session [d.h. einer hier beschriebenen Computer-Assisted Class-Discussion, Anm. CB] it is nearly impossible for them to dominate the discussion. If their comments are too long, nobody will read them“ (Kelm 1992, 443f).

Asynchrone computervermittelte Kommunikation im Fremdsprachenunterricht

„This involves FL learners using the target language to enter into contact with individuals or groups in the ,real world‘ without the contact being previously organized by the teacher“ (Dooly/O’Dowd 2012, 19). Vorteile bestehen hauptsächlich für fortgeschrittene Lerner: „[I]t is more authentic and more advantageous to engage learners in interaction in real L2 discussion forums“ (ebd.).

Allgemeindidaktisches Potenzial

Anzunehmen ist, dass die kritische Grenze vom Kontext abhängig ist.

Tatsächlich können technische Unerfahrenheit und Schwierigkeiten sowie auch der „cognitive overload“ (Sweller 2005, 26f) den Lernerfolg hemmen.

Dies ist allerdings nicht unproblematisch, da zum einen die Quantität der Beiträge nichts über ihre inhaltliche Qualität aussagt und zum anderen vorausgesetzt wird, dass Noten objektiv den Kenntnisstand beschreiben.

Potenzial für das Fremdsprachenlernen

Verändert hat sich, zumindest theoretisch, die Ausrichtung an muttersprachlichen Kompetenzen, die lange Zeit den Fremdsprachenunterricht prägte: „[L]earners of additional languages, second and beyond, have typically been judged by strict native speaker norms and have invariably been found lacking“ (Todeva/Cenoz 2009, 3). Cook 1992 zeigt stattdessen auf, welche „multicompetences“ fortgeschrittene Fremdsprachenlerner im Vergleich mit einsprachigen Sprechern haben, und auch Block (2003, 3448) kritisierte die sogenannte „monolingual bias“, die im Bereich der Fremdsprachendidaktik vorherrschte bzw. vorherrscht. Auch Konzepte wie „intercultural communicative competence“ (Byram 1997) und „symbolic competence“ (Kramsch 2006) gehen von den besonderen Fähigkeiten und Kenntnissen der Fremdsprachenlerner aus.

Auch: Telecollaboration 2.0, virtuelle Klassenpartnerschaften, E-Mail-Austausch, E-Tandem etc.

Dooly und O’Dowd schreiben die Popularität u.a. folgenden drei Faktoren zu: (1) Verbesserter und günstiger Zugang zu Internet und PCs, (2) neues Verständnis für die Wichtigkeit von kulturellen Aspekten im FSU, die von Byram (1997) und Kramsch (1993) initiiert wurden und sich seit der Jahrtausendwende auch in Curricula niederschlagen, (3) Einsicht in die Bedeutung des Soziokulturellen für das Fremdsprachenlernen, das durch sinnvolle und kommunikative Aufgaben gefördert unterstützt werden kann (Dooly/O’Dowd 2012, 1316).

Für eine Problematisierung des nicht einheitlich verwendeten Begriffs siehe Kapitel 2.2.1.

Vereinzelt finden sich Arbeiten zum Potenzial von digitalen Medien für den Landeskundeunterricht, wobei diese folgende Aspekte nennen: Zugang zu authentischen Materialien (Distribution) und Möglichkeit zur interkulturellen Telekollaboration (Kommunikation) (vgl. z.B. Dannerer/Keim 2007, Reising-Schapler 2003, Halm-Karadeniz 2001).

Dass sich der Ansatz großer Popularität erfreut, bedeutet aber nicht, dass der Einsatz einfach und stets von Erfolg gekrönt ist. O’Dowd und Ritter stellen fest: „It is by now well established that telecollaborative exchanges frequently end in ‚failed communication‘ and do not automatically bring about successful negotiation of meaning between the learners“ (O’Dowd/Ritter 2006, 623).

Es lässt sich feststellen, dass Zielsetzungen von Fremdsprachenunterricht (und auch das Forschungsverständnis in der Fremdsprachendidaktik, vgl. Tröhler 2012) stark von vorherrschenden ideologischen und politischen Ansichten geprägt sind; Lamy und Goodfellow (2010) stellen beispielsweise fest: „[I]nterculturalism is [im Kontext von interkultureller Telekollaboration, CB] understood as anti-racism, social equity and citizenship education. These are social claims that currently drive the intercultural education policies and not trans-national harmony, for which purpose intercultural education was first promoted by the Council of Europe in the 1970s in order to support peace amongst the countries of a continent still traumatized by war. But in the pacified Europe of the 1990s, new intercultural policies appeared on the agendas of European educational institutions […]. The Europeans’ continuing interculturalist ideologies in the last decades of the 20th century were shaped by the resulting reconfigurations of their communities, rather than by concerns about cross-border friendship, although the latter is what remained the main focus of culture teaching in the ,foreign-language‘ teaching world.“ Meines Erachtens ist es fraglich, ob der Fremdsprachenunterricht all die hochgesteckten Ziele, vgl. beispielsweise Byrams Modell der Interkulturellen Kommunikativen Kompetenz (1997) oder Seitz’ Konzept des globalen Lernens (2002), tatsächlich erreichen kann.

Forschung zu Telekollaboration ist dabei oft qualitativ ausgerichtet und fokussiert auf diskursive Strategien, die Beziehungen zwischen Partnern und Gründe für missglückte Kommunikation sowie kontextuelle Einflussfaktoren (vgl. Möllering/Levy 2012, 241f).

2.1.3 Aufgaben für CMC-Szenarien

Neben Lernaufgaben kann zudem noch zwischen Diagnose- und Prüfungsaufgaben unterschieden werden (Thünemann 2013, 143). Die Verwendung des Aufgabenbegriffs ist nicht einheitlich (siehe z.B. Van den Branden 2006), an dieser Stelle kann nur auf die Unterscheidung zur Übung hingewiesen werden, unter der eine (meist geschlossene) formorientierte Aktivität verstanden werden kann.

Vgl. Fußnote 10.

Nicht alle Gütekriterien werden hier referiert. Da die untersuchte asynchrone Online-Diskussion auf einer geschlossenen Lernplattform stattfindet, ist das Kriterium der thematischen und inhaltlichen Angemessenheit von Aufgaben und Lerneräußerungen aufgrund der Öffentlichkeit des Internets (vgl. Biebighäuser/Zibelius/Schmidt 2012, 47) beispielsweise hier nicht relevant.

Siehe zur lebensweltlichen Relevanz im untersuchten Setting und der Problematisierung des Begriffs Kapitel 5.8.3.

2.1.4 Rolle der Lehrenden in CMC-Szenarien

In der Unterrichtspraxis ist es jedoch üblich, dass Lehrende zwischen verschiedenen Rollen wechseln, d.h. dass es beispielsweise Unterrichtsphasen gibt, in denen die lehrerzentrierte Wissensvermittlung im Mittelpunkt steht, die z.B. von kooperativen Arbeitsformen abgelöst werden, in denen dem Lehrer/der Lehrerin die Rolle des facilitators zukommt.

Nur am Rande wurde bislang in der Forschung beachtet, welche Rolle der Raum auf die Lehrerrolle hat, was aber im Hinblick auf die unterschiedlichen Räume, in denen Online- und Präsenzlehren stattfindet, relevant ist. Breidenstein weist in einer an raumsoziologische Überlegungen anknüpfenden ethnographischen Studie darauf hin, dass das Handeln von Lernern und Lehrenden im Präsenzunterricht spezifischen räumlichen Bedingungen unterliegt. Sein Fokus liegt zwar auf dem Lernerverhalten, doch es wird deutlich, wie die Lehrenden Macht ausüben können durch die Konstruktion von vor allem visuellen und akustischen Räumen. Er zeigt z.B., dass allein die Stimme der Lehrerin/des Lehrers die akustische Hoheit über den allgemeinen Raum besitzt (vgl. Breidenstein 2004, 98) und so Macht erhält. Dies wirft die Frage auf, wie in virtuellen Räumen die Lehrerrolle konstituiert wird.

Wright stellt dahingehend fest: „Whichever way we look at the teacher/learner relationship, we have to admit that, because of the relative positions and statues, power plays a large part in the relationship. Indeed, some would go so far as to say that it is the most important factor“ (Wright 1987, 16). Die Einsicht, dass das Verhältnis asymmetrisch ist, hat für die vorliegende Arbeit in verschiedener Hinsicht Bedeutung, und zwar zunächst im Rahmen der Forschungsmethodik (vgl. vor allem Kapitel 4.2.2: Lehrende als forschende Subjekte) und im Kapitel zu den forschungsethischen Überlegungen (Kapitel 4.3.4). Darüber hinaus beeinflusst das asymmetrische Machtverhältnis, welche Auswirkungen Lehrerkommentare in den Online-Diskussionen auf das weitere Verhalten der Studienteilnehmer/-innen haben (vgl. Kapitel 5.9: Lehrerrolle) und welchen Status Lehrerkommentare in kulturbezogenen Aushandlungsprozessen erhalten.

Eine umfassende Modellierung mediendidaktischer Kompetenzen von Fremdsprachenlehrern und Fremdsprachenlehrerinnen ist bislang ein Desiderat (vgl. Würffel 2010, 149). Die Überlegungen von Rösler und Würffel beruhen auf „nicht systematisch erhobenen Erfahrungen im Bereich der Online-Tutorierung“ (Rösler/Würffel 2010b, 36).

Zu anderen Bedeutungen des Begriffs „Online-Tutor“ siehe Rösler/Würffel 2010b, 3335.

2.2.1 Landeskunde: Geschichte, Begriffe und Probleme

Siehe dazu u.a. Doyé 1996, Kramsch 1998. Bei Doyé heißt es beispielsweise: „The very nature of language forbids the separation of language from culture. If language is considered as a system of signs, and signs are characterized by the fact that they are units of form and meaning, it is impossible to learn a language by simply acquiring the forms without their content. And as the content of a language is always culture-bound, any reasonable foreign-language teaching cannot but include the study of a culture from which the language stems“ (Doyé 1996, 105).

Siehe dazu auch Koreik/Pietzuch 2010, 1443. In der Forschungsliteratur wird mitunter eine weitere Kategorie, Landeskunde als Teil der Lehrerausbildung, hinzugefügt, wobei diese m.E. durchaus dem Fremdsprachenunterricht zugeordnet werden kann.

Rüger etwa konstatiert im Hinblick auf die Landeskundevermittlung am Deutschstudiengang der Nationaluniversität Kolumbiens: „Landeskundevermittlung ist äußerst subjektiv geprägt. Die Inhalte […] hängen vor allem von den jeweiligen persönlichen Erlebnissen und Vorlieben des Lehrenden ab“ (Rüger 2010, 82).

LEA = langues étrangères appliquées, dt. angewandte Fremdsprachen.

Die stärkere wissenschaftliche Fundierung der Landeskunde zeigt sich etwa in der Tatsache, dass in Deutschland seit 2005 Professuren im Bereich Landeskunde/Kulturstudien – Deutsch als Fremdsprache eingerichtet wurden, siehe Koreik 2011.

Buttjes stellte zu den Entwicklungen im Fremdsprachen- und Landeskundeunterricht fest: „Unabhängig von […] zeitbedingten Wandlungen gewinnt die Landeskunde immer dann an Bedeutung, wenn der Fremdsprachenunterricht Legitimationskrisen und Reformphasen durchläuft (Buttjes 1989, zitiert in Koreik 2009). Siehe Koreik 2009 zur weiteren Verzahnung von gesellschaftlichen Veränderungen, wissenschaftlichen Fokusverschiebungen und sich wandelnden Zielvorstellungen im Landeskundeunterricht.

Zu betonen ist an dieser Stelle außerdem, dass es sich zunächst nur um Ansätze handelt, deren Umsetzung in der Praxis nicht so ausschließlich stattfindet, wie es die Theorie suggeriert und dass die Kombination von verschiedenen Linien alltägliches Geschäft ist bzw. dass neue Entwicklungen nicht gleich bzw. unbedingt im Unterricht umgesetzt werden.

Zur Geschichte des Landeskundeunterrichts siehe z.B. Pauldrach 1992, Koreik/Pietzuch 2010. Eine Übersicht vor allem über die frühe Geschichte des Landeskundeunterrichts, d.h. ab den 1880er Jahren, findet sich bei Koreik 1995, 510, Lüsebrink 2007, 61, und Christ 2010, 19f.

Einen in diesem Sinne aussagekräftigen Titel trägt das 1968 erschienene schwedische Landeskundelehrwerk So ist es heute (Wohlgemuth-Berglund 1968).

Zu Recht wurde dieser Vorwurf von Bredella 2010 zurückgewiesen.

2.2.2 Kulturwissenschaftlich orientierte Landeskunde

Zur Geschichte und zu Konzepten der Kulturwissenschaften in den Fremdsprachenwissenschaften in Deutschland siehe z.B. Küster 2005, Schumann 2005a und vor allem Altmayer/Koreik 2010a.

Eine sehr ausführliche Zusammenfassung der Wissenschaftsgeschichte der Landeskunde findet sich in Fornoff 2016, 1443.

So schreiben Altmayer und Koreik 2010: „Während nämlich auf theoretischer Ebene der Konstruktcharakter von Nationalkulturen meist gesehen und die Notwendigkeit zu stärkerer Differenzierung eingeräumt wird, setzen eher anwendungsorientierte Positionen gleichwohl und nicht selten wider besseres Wissen doch die vereinfachenden kulturkontrastiven Kategorien des Interkulturalitätscharakters als selbstverständliche Annahmen voraus; und andererseits bieten kulturtheoretisch differenzierte Positionen auch selten konkrete Ansatzpunkte für forschungs- und unterrichtspraktische Umsetzung“ (Altmayer/Koreik 2010a, 1380.). Küster problematisiert ähnlich, indem er fragt, „ob die Offenheit bzw. Verflüssigung des Kulturbegriffs, die in postmoderner kulturwissenschaftlicher Forschung und in ihrer Rezeption wahrzunehmen ist, noch anwendbar ist auf sprachdidaktische Zusammenhänge“ (Küster 2005, 59). Die Probleme, die die Komplexität des Kulturbegriffs für die Fremdsprachendidaktik bedeutet, werden aber auch schon früher thematisiert, siehe z.B. Hu 1995, 21f.

Seit 2016 liegt das von Altmayer herausgegebene Lehrwerk Mitreden – Diskursive Landeskunde Deutsch als Fremd- und Zweitsprache vor, das Didaktisierungen ab A2 enthält.

Übersichten über den Kulturbegriff im Bereich Deutsch als Fremd- und Zweitsprache finden sich bei Altmayer 1997 und 2010, Küster 2005 oder auch Bärenfänger 2008.

Zum einen haben beispielsweise Lerner oft Vorstellungen von relativ gleichförmigen Kulturen, was sich auch in ihrem Interesse an der Zielkultur ausdrückt: „Das Interesse an Land und Leute scheint ein wichtiger Motivationsfaktor zu sein, um eine fremde Sprache überhaupt zu lernen […]. Dabei ist die Vermittlung von Alltagskultur […] nach Meinung der Lernenden das meistgefragte Thema. […] In der Unterrichtspraxis im nichtzielsprachigen Ausland kommt man als Lehrende in der Regel eben nicht umhin, eine gewisse Trennung zwischen der eigenen und fremden Kultur zu machen. Denn im Fremdsprachenunterricht ergeben sich immer wieder Vergleiche, etwa worin die Unterschiede zwischen den Schulsystemen in der Ausgangs- und Zielkultur(en) bestehen“ (Maijala 2008, 3f). Des Weiteren stellt die Annahme, dass es keine mehr oder weniger homogenen Kulturen gibt, die Legitimität von z.B. Deutsch-/Germanistikstudiengängen in nichtdeutschsprachigen Ländern in Frage, deren Aufgabe es oftmals ist, Experten für den deutschsprachigen Raum auszubilden.

Kulturbegriff

Altmayer weist selbst auf die Situationsgebundenheit hin: „[D]ie didaktischen und methodischen Entscheidungen des Landeskundeunterrichts ergeben sich ja nicht aus den Inhalten der kulturwissenschaftlichen Forschung selbst, sondern erst aus den Lernvoraussetzungen und Lerninteressen der konkreten Lerner und den jeweiligen konkreten Unterrichtsbedingungen“ (Altmayer 2004, 460).

Interkulturelles und/oder transkulturelles Lernen?

Vgl. exemplarisch Altmayer 1997, Altmayer 2008, Hansen 2000, Zeuner 2010, Bärenfänger 2008.

Auch Hansen vertritt die Ansicht, dass jedes Individuum Teil verschiedener Kollektive ist und darüber seine individuelle Identität konstruiere (vgl. Hansen 2000, 157). So sollten die Zustände in der globalisierten Welt und den nachweislich bestehenden Grenzen zwischen Gruppen besser berücksichtigt werden. Die Kollektive seien auf komplexe Weise miteinander verschachtelt, könnten sich ergänzen, aber auch widersprechen. Ein Individuum kann somit z.B. den Kollektiven ‚junge Frau, geboren in den 80er Jahren‘, ‚Biologin‘, ‚Deutsche‘, ‚Volleyballerin‘ angehören, wobei z.B. die Zugehörigkeit zu einer gewissen Generation eine größere Bedeutung für die Identität hat als ‚Deutsche‘.

Wobei Roche noch 2005 feststellt: „Der konzeptuelle Unterschied zwischen inter- und transkulturell ist bisher nicht so stark herausgearbeitet worden, dass man zwei verschiedenen Ansätzen sprechen könnte“ (Roche 2005, 236, Hervorhebung im Original).

Rösler thematisiert berechtigterweise die Frage, wie im Anfängerunterricht damit umzugehen ist, dass einige Fremdsprachenlerner „den Kontakt mit der neuen Sprache mit sehr elementaren stereotypen Vorstellungen vom zielsprachlichen Raum beginnen“: „Wenn bei Deutsch als Fremdsprache zu Lernbeginn Österreich und die Schweiz als separate deutschsprachige Entitäten nicht oder nur über die Alpen und Heidi – in der japanischen Zeichentrickfassung – bekannt sind und zum Wissen über den deutschsprachigen Raum Automarken und Hitler und ansonsten relativ wenig gehören […], dann hat der Fremdsprachenunterricht im Anfängerbereich nicht die Wahl, ob er sich mit diesem ‚Vorwissen‘ beschäftigen soll oder nicht, er muss, wenn er erfolgreich sein will, auf dieses Vorwissen reagieren“ (Rösler 2013, 156).

Kulturelle Deutungsmuster und Schlüsselthemen

Altmayer spricht dabei von der „Teilhabe an deutschsprachigen Diskursen“ (2006, 54), der Begriff der Diskursfähigkeit (vgl. Hallet 2008) findet sich erst im Lehrwerk Mitreden (Altmayer 2016).

Das Lehr- und Lernziel von kulturellem Lernen ist die Möglichkeit zur Teilhabe an der fremdsprachlichen Lebenswelt, siehe dazu auch Groenewold 2005, der von einem partizipatorischem Landeskundeunterricht spricht. Im Kontrast dazu steht das Lehr- und Lernziel von interkulturellem Lernen, das nach Zeuner folgende Komponenten beinhaltet: „die Fähigkeit, eigenkulturelle Konzepte zu reaktivieren, die Fähigkeit zur Vermittlung zwischen eigener und fremder Kultur, die Fähigkeit, bei Missverständnissen kommunikativ vermitteln zu können und die Fähigkeit zur Perspektivübernahme“ (2010, 1474).

Zu den universellen Daseinserfahrungen zählt Neuner beispielsweise „Grundlegende Existenzerfahrung (Geburt; Tod; Da-Sein in der Welt)“, „Soziale Identität: der private Bereich“, „Arbeit (Unterhaltssicherung), Erziehung (Wertorientierung in einer Gemeinschaft)“, „Versorgung (Nahrung; Kleidung; etc.)“ (Neuner 1989, 361f).

Der Literatur kommt auch eine zentrale Rolle für kulturelles Lernen (im Sinne Altmayers) zu, vgl. z.B. Altmayer/Dobstadt/Riedner/Schier 2014.

Hille schlägt dabei folgende Schlüsselbegriffe vor: Bürgertum, Eigentum, Sicherheit, Persönlichkeit, Kulturelles Gedächtnis, Texte und Körper, Einheit, Migration, Pop (Hille 2009, 14).

Neu ist an diesem Lehrwerk vor allem, dass es die Lernenden unter anderem auffordert, nach einer Rekonstruktion von gegensätzlichen Deutungsmustern in den bereitgestellten Materialien, neue Deutungen unter Berücksichtigung eigenkultureller Prägung zu produzieren. Auf diese Weise soll eine inszenierte, d.h. didaktisch initiierte Teilhabe an deutschsprachigen Diskursen stattfinden. Inwieweit es Lehrkräften gelingt, dieses in der Einleitung ausführlich beschriebene anspruchsvolle Konzept umzusetzen, bleibt abzuwarten.

So wurde das aus der Objektiven Hermeneutik stammende Verfahren der Sequenzanalyse weiterentwickelt, um kulturelle Sinnbildungsprozesse nachzuzeichnen (vgl. Altmayer/Scharl 2010).

Vorliegende Arbeiten, die aber nur Momentaufnahmen von Deutungen bzw. Sinnzuschreibungen liefern (z.B. Altmayer/Scharl 2010, Kaluza 2010), können übereinstimmend feststellen, dass dies „hochgradig komplexe und zudem höchst individuelle Prozesse“ (Altmayer/Scharl 2010, 58) sind.

Erinnerungsorte

Badstübner-Kizik 2015 präsentiert Auswahlkriterien für Erinnerungsorte im DaF-Unterricht, anhand derer „geeignete“ Erinnerungsorte für die Unterrichtspraxis ausgewählt werden können.

In seiner Arbeit zu französischen Erinnerungsorten entwarf Nora im Zuge der Nouvelle histoire eine Mentalitätsgeschichte der Franzosen, die Etienne François und Hagen Schulze auf deutsche Verhältnisse übertrugen: Da ‚die deutsche Identität‘ jedoch weniger klar umrissen sei als die französische, ‚die deutsche Geschichte‘ von Grenzverschiebungen und Brüchen gekennzeichnet, ließe sich das Konzept lediglich sinngemäß auf Deutschland übertragen. Zudem „sollte aber Deutschland nicht in sich geschlossen abgebildet werden, sondern wir (d.h. die Autoren François und Schulze, Anm. CB) denken uns Deutschland zu seinen Nachbarn und nach Europa offen“ (François/Schulze 2009, 11). Auch für die Schweiz, für Österreich und die DDR gibt es Publikationen, die dem Konzept folgen, siehe Kreis 2010, Sachslehner 2009, Sachslehner 2010, Sabrow 2009.

Was im Übrigen in Altmayer 2004 auch schon am Rande geschieht.

Siehe z.B. Schmidt/Schmidt 2007a, 2007b, Fornoff 2009, Biebighäuser 2010, Jung 2005, Clemens 2009, Esselborn 2008, Koreik/Roche 2014, Badstübner-Kizik/Hille 2015, Badstübner-Kizik 2015. Einen ähnlichen unterrichtspraktischen Ansatz vertreten Jung, Oebel und Kremer, die die Didaktisierung von Straßennamen beschreiben; ausgehend von der Annahme, dass Straßennamen „in ihrer Summe […] das Gedächtnisbuch der Stadt dar[stellen]“ (Jung 2000, 610) sollen die Lernenden in der Auseinandersetzung mit den Straßennamen einer Stadt herangeführt werden an das, was die Bewohner der Stadt erinnern, vgl. Jung 2000, Oebel 2006, Kremer 2012.

Fornoff bezeichnet das Konzept der Erinnerungsorte dementsprechend als „Schlüssel, mit dem kulturelle Selbstentwürfe sprachlich, ethnisch oder national definierter Kollektive als Reflexe gemeinsamer historischer Erinnerungen rekonstruiert und somit jene impliziten lebensweltlichen Wissensbestände aufgedeckt werden können, die als intersubjektive Voraussetzungen sprachlich-kommunikativer Handlungen seit jeher im Fokus landeskundlichen Erkenntnisinteresses stehen“ (Fornoff 2009, 500).

Politische Mythen

Gleichzeitig speist sich das nationale Selbstbewusstsein aus politischen Mythen (vgl. Münkler 2011, 15).

Geschichtliche Themen

Koreik stellt fest, dass die in den ABCD-Thesen formulierte Zielvorstellung sehr ehrgeizig sei, vor allem die Forderung, durch geschichtliche Themen eine Vorstellung über die Zukunft zu erhalten. Für den Sprachunterricht biete diese allenfalls Gesprächsanlässe, die zu Spekulationen einlüden (vgl. Koreik 2012, 3).

Die Bedeutung des kollektiven Gedächtnisses formulierte Koreik schon 1995: „Für die Fragestellung, was in der inhaltlichen Vermittlung der Landeskunde im Fach Deutsch als Fremdsprache alles relevant ist – insbesondere wenn es um die Geschichte geht –, sind selbstredend die Fragen nach Existenz, Funktionsweise, dem Erinnerten selbst und möglichen Auswirkungen eines ‚kollektiven Gedächtnisses‘ und einer damit möglicherweise im Zusammenhang stehenden ‚kulturellen Identität‘ von allergrößter Bedeutung“ (Koreik 1995, 64).

2.3 Integrierter Fremdsprachen-Sachfach-Unterricht

Auch: bilingualer oder immersiver Unterricht; für eine Auseinandersetzung mit den verschiedenen Begriffen siehe Schlemminger 2013.

CLILiG steht für Content and Language Integrated Learning in German (vgl. Haataja/Wicke 2016).

Im entsprechenden Artikel (Haataja 2010) des internationalen Handbuches Deutsch als Fremd- und Zweitsprache (Krumm et al. 2010) wird z.B. gar nicht auf die Situation an Universitäten und Hochschulen eingegangen.

Rösler beschreibt die zwei Positionen, die sich in der Debatte um die Sprachenwahl im Fachunterricht finden lassen, wie folgt: „There are two positions with maximum opposition in the debate about the choice of language in contents seminars. One is based on the assumption that a foreign language, like any other academic subject at university level, must represent maximum intellectual challenge, which means that seminars on linguistics, literature or cultural studies/area studies have to take place in the ‚first‘ language of the lecturer and students […]. Many lecturers have an academic tradition of analysing texts through their first language and therefore feel that it is consistent to speak about a foreign language text in the language common to teacher and students. […] The other position claims that the subject is the foreign language itself, and only when lectures and seminars on linguistics, literature etc. are carried out in that language can the students be assured of the best possible education in terms of contents and language“ (Rösler 2010c, 12).

Für eine praxisnahe Beschreibung der Integration von kulturellem und sprachlichem Lernen im Rahmen von universitärem fächerübergreifendem DaF-Unterricht siehe Maijala 2017.

Allgemeine Ziele von Hochschulausbildungen sind auch relevant für die Frage, was universitärer Landeskundeunterricht leisten sollte. Einen (heuristischen) Hinweis in dieser äußerst komplexen Frage liefert z.B. das schwedische Hochschulgesetz § 8: „Utbildning på grundnivå ska utveckla studenternas förmåga att göra självständiga och kritiska bedömningar, förmåga att självständigt urskilja, formulera och lösa problem, och beredskap att möta förändringar i arbetslivet. Inom det område som utbildningen avser ska studenterna, utöver kunskaper och färdigheter, utveckla förmåga att söka och värdera kunskap på vetenskaplig nivå, följa kunskapsutvecklingen, och utbyta kunskaper även med personer utan specialkunskaper inom området“./Die Ausbildung auf B.A.-Niveau soll die Fähigkeit der Studierenden entwickeln, selbständig und kritisch zu beurteilen, selbständig Probleme zu entdecken, zu formulieren und zu lösen, so wie die Bereitschaft, Veränderungen im Arbeitsleben entgegenzutreten. In dem Gebiet, das die Ausbildung betrifft, sollen die Studierenden, neben dem Erwerb von Wissen und Fertigkeiten, die Fähigkeit entwickeln, Wissen auf wissenschaftlichem Niveau zu recherchieren und zu bewerten, der Wissensentwicklung zu folgen und Wissen auszutauschen mit Personen, die auf diesem Gebiet kein Spezialwissen besitzen. (Übers. CB).

Gefordert wird dies auch in dem Bericht der Modern Language Association zu Foreign Languages and Higher Education: New Structures for a Changed World (2007). URL: https://www.mla.org/Resources/Research/Surveys-Reports-and-Other-Documents/Teaching-Enrollments-and-Programs/Foreign-Languages-and-Higher-Education-New-Structures-for-a-Changed-World (abgerufen am 30.11.2017).

Siehe Fußnote 29.

Es sollte im Zuge der Diskussion deutlich geworden sein, dass der Begriff L1 problematisch ist. Fandrych verwendet vermutlich aus diesem Grund den Begriff der Ausgangssprache.

Fandrych formuliert das Modell der aufgeklärten Zweisprachigkeit auf der Folie von Butzkamms „Aufgeklärter Einsprachigkeit“ (1978), einem Plädoyer gegen den ausschließlichen Gebrauch der Fremdsprache. Das Modell der aufgeklärten Zweisprachigkeit fokussiert den „systematischen Aufbau einer bilingualen Sprachbewusstheit“ (Fandrych 2007, 289).

Zu einem konkreten Beispiel, wie mithilfe eines Wikis das Verständnis eines wissenschaftlichen Textes kooperativ gesichert werden kann, siehe Becker 2016a.

2.4 Epistemisches Schreiben

Portmann-Tselikas definiert Textkompetenz wie folgt und fokussiert dabei auf das mitteilungsbezogene Schreiben: „Textkompetenz ermöglicht es, Texte selbständig zu lesen, das Gelesene mit den eigenen Kenntnissen in Beziehung zu setzen und die dabei gewonnenen Informationen und Erkenntnisse für das weitere Denken, Sprachen und Handeln zu nutzen. Textkompetenz schließt die Fähigkeit ein, Texte für andere herzustellen und damit Gedanken, Wertungen und Absichten verständlich und adäquat mitzuteilen“ (2005, 1f). Schmölzer-Eibinger hingegen nennt epistemisches Schreiben als primäres Mittel zur Förderung von Textkompetenz (2010, 1135).

3.1 Das Fach Deutsch an der Universität Stockholm

Ylönen bemerkt im Hinblick auf die Situation von Germanistik-Studiengängen in nichtdeutschsprachigen Ländern: „Konnte man früher davon ausgehen, dass ein Studium der Germanistik oder des Deutschen als Fremdsprache sich auf fachliche Inhalte konzentriert, muss Deutschunterricht heute dem eigentlichen Fachstudium vorgeschaltet sein und es begleiten. Die Grenzen zwischen universitärem Deutschunterricht für Nichtphilologen und einem Studium der Germanistik oder des Deutschen als Fremdsprache scheinen damit außerhalb des deutschsprachigen Raumes zumindest teilweise zu verschwimmen“ (Ylönen 2015, 1). Diese Situationsbeschreibung trifft auch auf das Germanistik-Studium an der Universität Stockholm zu.

Für ein B.A.-Abschluss im Fach Deutsch müssen 90 ECTS ergänzt werden durch weitere 90 ECTS in einem oder mehreren Fächern.

3.1.1 Sprachliche Voraussetzungen der Studierenden

Bezeichnung zum Zeitpunkt der Datenerhebung. Jetzt: Tyska 3.

Diese sprachlichen Zugangsvoraussetzungen sind hochschulübergreifend vorgegeben und werden von vielen germanistischen Abteilungen im Lande als zu niedrig angesehen, was vor allem an den stetig sinkenden Vorkenntnissen der Schüler/-innen liegt. Aus diesem Grund wird zukünftigen Studierenden, die „nur“ Stufe 3 abgeschlossen haben, bei der Studienberatung empfohlen, Teilzeit zu studieren.

3.2.1 Lehr- und Lernziele

http://www.hum.su.se/polopoly_fs/1.51018.1320921079!/Riktlinjer_mall_kursplaner_7juni.pdf [28.05.2017].

Die Übersetzungen stammen aus Grub/Platen 2013, 154.

Die Romanistin Inger Enkvist bezeichnet diese Vorgaben treffenderweise als „politisch-pädagogischen-bürokratischen Knock-out-Sieg über den Universitätslehrer“: „Bestimmte Wörter müssen verwendet werden. Man darf nicht sagen, dass die Studenten gewisse Dinge können, stattdessen müssen verschiedene „Lernziele“ als beobachtbare Verhaltensweisen formuliert werden, um diese auf eine bestimmte Weise auswerten zu können, sonst wird der Kursplan nicht verabschiedet und der Kurs darf somit nicht gegeben werden“ (Übersetzung CB). http://www.svd.se/moralisk-forvirring-pa-universiteten [12.06.2017].

https://sisu.it.su.se/pdf_creator/7461/29010 [12.06.2017].

Dies wiederum widerspricht dem Ziel der Kurspläne, die Lernziele für die Studierenden transparent zu machen.

Sprachliche Fehler werden jedoch nicht bewertet.

Folgende Antwortmöglichkeiten waren dabei vorgegeben: „Aus Interesse“ (25), „Ergänzung zu meinem Studium“ (5), „Ich brauche Deutsch für den Beruf“ (6), „Teil meiner Ausbildung“ (2) und „Sonstiges“ (7).

Gardner/Lambert erläutern diese als „reflecting a sincere and personal interest in the people and culture“ (1972, 132).

Dabei gaben 16 an, sie planten einen Aufenthalt in Deutschland, während jeweils nur eine Person einige Zeit in Österreich bzw. der Schweiz verbringen wollte. Dazu passt, dass der Hauptteil des Unterrichts von Deutschland handeln solle (25 Befragte). Begründet wurde diese offen gestellte Frage entweder mit der Größe Deutschlands oder persönlichen Interessen.

3.2.2 Technische Medienkompetenz

Vgl. Findahl 2012. Auf die Bedeutung des Internets in Unterrichtszusammenhängen wird in der Studie nicht eingegangen.

Gründungsmythen

Im Vergleich zu den anderen Gründungsmythen verlangt die Frage, warum es sich bei 1968 bzw. der 68er-Bewegung um einen Gründungsmythos handelt, eigentlich eine komplexe Antwort (vgl. Rohrwasser 2008, Münkler 2011, 458), die aber für den vorliegenden Unterrichtszusammenhang didaktisch reduziert werden muss.

Für eine genauere Darstellung, inwiefern die 68er-Begwegung den Beginn einer Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit darstellt, siehe Wernecke (2009).

3.2.4 Integration von Fremdsprachen- und Fachunterricht

Obwohl die Datenbeispiele in Kapitel 5 und 6 zeigen werden, dass einige Studienteilnehmer und -teilnehmerinnen durchaus in der Lage sind, anspruchsvolle, fachspezifische Sprache zu produzieren.

Beispielsweise „Das Hermannsdenkmal im Teutoburger Wald“. Online: https://www.derweg.org/deutschland/besuchen/sehenswuerdigkeiten9/ [12.06.2017].

Dies zeigt sich z.B. auch darin, dass an der Germanistischen Abteilung der Universität Stockholm ein Lesefertigkeitskurs für Wissenschaftler/-innen und Doktorand/-innen, die keine Deutschkenntnisse besitzen, angeboten wird. Das Ziel ist es, „to give researchers and postgraduate students in other fields than German the necessary skills for reading and understanding academic writing as well as advanced factual prose“ (Landén 2008, 18).

3.2.5 Blended Learning und asynchrone computervermittelte Kommunikation

In der Regel liegen zwischen zwei Präsenztreffen ein oder zwei, manchmal allerdings auch drei Wochen.

Der folgenden Beschreibung des Blended-Learning-Szenarios liegt Kirchhoffers Modell zugrunde (vgl. Kirchhoff 2008, Kapitel 2.1.1).

Der Arbeitsaufwand einer Online-Phase richtet sich nach dem durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitsaufwand für einen 3 ECTS-Punkte umfassenden Kurs.

https://www.sakaiproject.org/ [12.06.2017].

4.2 Forschungsverständnis

Für eine Auflistung der wichtigsten Faktorenkomplexe, die das Lehren und Lernen von Fremdsprachen beeinflussen, siehe Caspari 2016, 12.

Dies ist beispielsweise bei der Analyse der Lehrerrolle der Fall, wenn durch die quantitative Analyse der Kategorien Lob und Korrektur eine Aussage über die Lehrerrolle getroffen wird (vgl. Kapitel 5.9).

4.2.1 Gütekriterien qualitativer Forschung

Steinke 2004 nennt darüber hinaus weitere Kernkriterien zur Beurteilung von qualitativer Forschung, von denen auf die Kriterien Relevanz und Limitation in Kapitel 4.2.4 eingegangen wird.

4.2.2 Lehrende als forschende Subjekte

An dieser Stelle sollen außerdem meine fachlich-theoretischen Kenntnisse zum Zeitpunkt der Gestaltung des hier untersuchten Unterrichts beschrieben werden: Als Lehrende habe ich den gesamten Unterricht geplant und geleitet, d.h. die inhaltliche Ausrichtung des Unterrichts festgelegt, Entscheidungen über die Unterrichtsmethodik getroffen und das Blended-Learning-Szenario gestaltet. Während die inhaltliche Orientierung an kulturwissenschaftlich inspirierten Ansätzen ein Prozess war, der sich über mehrere Semester streckte, war die Umgestaltung des Landeskunde-Seminars als Blended-Learning-Kurs ein Projekt, das von einem Semester auf das nächste stattfand (Sommersemester 2013). Meine theoretischen Kenntnisse im Hinblick auf die Didaktik der Landeskunde entstammten einigen Artikel, vor allem Altmayer 2006 und Schumann 2008. Einen Einblick in die Lernform Blended Learning hatte ich in einem dreiwöchigen Fortbildungsseminar des Goethe-Instituts erhalten und sie daraufhin in einem Seminar an der Universität Stockholm implementiert. Schließlich war ich zu einem späteren Zeitpunkt als Seminarleiterin im gleichen Fortbildungsseminar tätig. Meine praktischen Erfahrungen mit Blended Learning waren zu Beginn des Forschungsprojekts vorhanden, theoretisches Wissen hingegen weniger. Zu dem Zeitpunkt, als das in der vorliegenden Arbeit untersuchte Seminar geplant wurde, war ich also weder Novizin noch Experte.

Als Aktionsforschung wird die Erforschung von Unterricht durch Lehrende bezeichnet, wobei das Ziel immer eine Verbesserung des Unterrichts ist und der Forschungsprozess somit eine zirkuläre Struktur hat: In der Unterrichtspraxis wird ein Problem identifiziert, Maßnahmen werden ergriffen, wissenschaftlich dokumentiert und ausgewertet. Dies führt zu einer neuen „Aktion“ in der Praxis, die wiederum wissenschaftlich dokumentiert und ausgewertet wird (vgl. Altrichter/Posch 2007, 16).

Zudem ist die Reaktivität des Forschers auf das Untersuchungsfeld a) ein bekanntes Phänomen und b) zumindest in den Anfängen von Wissenschaften auch Ziel von Forschung (vgl. Altrichter 1990, 159161), zu b) auch Liedman 1997, 1541.

Für eine Beschreibung der Aufgabenstellung, die nicht funktionierte und daher geändert wurde, siehe Kapitel 6.1.

Swedberg weist auf den Unterschied zwischen theoretisieren und Theorie hin: „The expression ‚to theorize‘ roughly means what you do to produce a theory. While theorizing is primarily a process, theory is the end product“ (Swedberg 2012, 2).

1975Anything goes!201211