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Ein herzliches Dankeschön geht an die CARAVANSERAI in München für die tollen Stoffe.

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Christian Verlag

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Produktmanagement: Annemarie Heinel

Bildnachweis: Alle Fotos stammen von Tina Engel, außer: Ulli Müller: 7; Andreas Franzkowiak, Halstenbek (Lizenz: CC-BY-SA-3.0) 15 o. l.; Martin Feuerstein, Wigel 11 u. l.; Shutterstock (www.shutterstock.com): Anton Ivanov 12; EE SPACE 46/47; Ekaterina Pokrovsky 13 o., 21; EV-DA 172/173; G. Ribiere 11 u. r.; javarman 10; paichoom 15 o. r.; Pete Niesen 13 u.; Rachaya Yodsuwan 22/23; Radar_Mark 20; rodrigobark 15 u.; Simon Says 14; Sylvia Kania 11 o.; Transia Design 128/129; Yoko-Design 8/9

Alle Angaben dieses Werkes wurden vom Autor sorgfältig recherchiert und auf den neuesten Stand gebracht sowie vom Verlag geprüft. Für die Richtigkeit der Angaben kann jedoch keine Haftung übernommen werden. Sollte dieses Werk Links auf Webseiten Dritter enthalten, so machen wir uns die Inhalte nicht zu eigen und übernehmen für die Inhalte keine Haftung.

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2017 Christian Verlag GmbH, München.

Printed in Slovenia by Florjancic

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ISBN 978-3-95961-007-0
eISBN 978-3-95961-297-5

Tajine
international

100 Rezepte aus dem Lehmtopf –
inspiriert aus aller Welt

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Inhalt

Tajine – Genuss aus Tausendundeiner Nacht

Grundwissen

Tajine – Kochtopf mit Charakter

Marokko – Heimat der Tajine

Der Lehmtopf – unverzichtbares Geschirr auf der ganzen Welt

Kochen mit der Tajine

Zutaten und Garzeiten

FAQs – häufig gestellte Fragen

Aromen und Gewürze

Basics & Beilagen

Europa

Nordafrika & Orient

Die ganze Welt

Register

Dank

Vorwort

Tajine – Genuss aus Tausendundeiner Nacht

Für mich ist es wie Magie: Sobald in der Tajine etwas gart und mir der Duft in die Nase steigt, läuft in meinem Kopf ein Film ab – eine Zeitreise ganz weit zurück in die Vergangenheit beginnt. Und plötzlich ist alles wie von einem weichen, warmen Schleier überzogen. Fast ist es wie eine Erinnerung an die Kindheit, ein Gefühl von Liebe, das sich einstellt. Dieser Kochtopf, erschaffen aus Mutter Natur, weckt in uns allen ursprüngliche Gefühle, weshalb er viel mehr als nur ein einfaches Kochutensil ist.

Über Handelsrouten aus Japan und China gelangte dieser Topf aus Lehmerde in der Antike – vor mehr als 5000 Jahren – nach Nordafrika. Es waren die Araber, die ihn mit nach Persien, zu den Griechen und Ägyptern bis ins alte Rom brachten und schließlich bis nach Marokko. Von dort fand diese Art des Kochens und die Tajine selbst irgendwann auch den Weg zu uns und in unsere Küchen.

Doch die Ursprünge gehen noch weiter zurück: Seit Jahrtausenden ist diese besondere Art zu kochen in der traditionellen chinesischen Medizin zu Hause. Auch in der Bibel und im alten indischen Sanskrit finden sich Überlieferungen eines Kochgeschirrs dieser Art wieder.

Tajineein Topf wie ein Mensch

Warum ist dieser Kochtopf so weit verbreitet? Und wieso weckt er selbst bei uns Mitteleuropäern ein Gefühl von Heimat?

Ein marokkanischer Koch hat das Geheimnis einmal so erklärt: »Das Material, aus dem die Tajine besteht, ist dasselbe, aus dem der Mensch einmal geschaffen wurde: Lehm.« Deshalb hat jeder Mensch einen ganz persönlichen Bezug zur Tajine und die Aromen, die in der Tajine entstehen, sind sofort vertraut. Wahrscheinlich sogar viel vertrauter als Gerichte, die in Glas-, Emaille-, Porzellanoder Metalltöpfen gekocht und serviert werden.

Wie heißt es so schön? Aller guten Dinge sind drei. Deshalb habe ich mich noch einmal hingesetzt und die besten Rezepte aus aller Herren Länder zusammengetragen und sie in der Tajine zubereitet. So wird mit Sicherheit jeder sein Lieblingsgericht in diesem Buch finden und sein persönliches Heimatgefühl erleben.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Freude beim Ausprobieren und Nachkochen!

Ihr Jochen Walter

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Tajine – Kochtopf mit Charakter

Klassisch mag die Tajine der nordafrikanischen Küche zugeordnet werden, doch ist es eine wahre Freude, Aromen und Gewürze aller Küchen dieser Welt mit einfließen zu lassen. Packen Sie Ihre Koffer und gehen Sie mit mir auf kulinarische Entdeckungsreise mit der Tajine. Sie ist unkompliziert in der Anwendung, das Essen gesund, erdig und abwechslungsreich.

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Die Tajine (auch Tagine) ist ein Kochgefäß aus gebranntem Lehm, das traditionell in Nordafrika zum Garen von Speisen auf Feuerstellen verwendet wird. Die Variationsmöglichkeiten sind grenzenlos – sowohl Hauptgerichte als auch Beilagen und Süßspeisen werden darin zubereitet. Bekannte Arten sind Gemüse und Fleisch in Olivenöl oder auch die süßen Varianten mit Pflaumen, Datteln, Sesam oder Mandeln. Und da Topf und Gericht untrennbar zusammengehören, tragen beide denselben Namen.

Tajines gibt es in ihrer Ursprungsform schon seit Tausenden von Jahren. In den westlichen Ländern des Maghreb – Algerien, Tunesien und Marokko – ist die Tajine auf dem Land noch heute der Alltagskochtopf. Fast jede Familie stellt ihre Töpfe sogar noch selbst her. Traditionell fertigt jede Frau ihre eigene Tajine für ihren Haushalt. Werden die Töpfe jedoch für den Handel hergestellt, übernehmen Männer diese Arbeit. Alte und junge Töpfer arbeiten in diesen Regionen meist im großen Familienverbund zusammen. So wird dieses Handwerk von Generation zu Generation weitergegeben.

Ein Kochtopf, hergestellt aus Mutter Natur

Für die Herstellung wird reine Lehmerde verwendet. Gebrannt wird bei niedriger Temperatur, das macht die Tajine im Gegensatz zu industriell hergestelltem Tongeschirr elastischer. Jede Tajine ist ein Einzelstück – leichte Abweichungen in Form und Farbe zeugen davon, dass Tajines in Handarbeit entstanden sind.

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Die Tajines unterscheiden sich von Region zu Region. Der konische, spitz zulaufende Deckel ist charakteristisch für arabische Tajines, während gewölbte Deckel vor allem bei den marokkanischen Berbern zu finden sind.

Lehmerde ist ein weiches, mildes Material – anders als Metall mit seinen harten, hitzigen Eigenschaften. Als ein guter Wärmespeicher sorgt Lehm für eine gleichmäßige Hitzeverteilung. Hitze und Aroma können innerhalb der Tajine optimal zirkulieren, was sie perfekt für das schonende Dampfgaren macht. Nährstoffe und der Eigengeschmack der Zutaten bleiben intensiv erhalten, Gemüse und Co. bleiben knackig.

Da die Tajine ihre Wärme an die Zutaten abgibt, überträgt sie in gewisser Weise auch ihren Charakter. Eine etwas mystischere Sichtweise würde Metall mit Mars und seiner auf die schnelle Tat und auch auf die schnelle Befriedigung gerichteten Dynamik assoziieren. Lehmerde hingegen würde mit Venus und ihrem auf Harmonie und Genuss gerichteten Lebensgefühl verbunden. Wenn Sie also eines Ihrer gewohnten Gerichte in der Tajine zubereiten, rechnen Sie mit einem neuen Geschmack – und vielleicht sogar mit einem ganz neuen Esserlebnis.

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Naturbelassene oder glasierte Tajines?

Seit einigen Jahren werden neben der naturbelassenen Tajine auch viele Tajines mit Glasuren angeboten. Sie werden als modern angesehen, haben verschiedene trendige Farben. Jedoch weiß man nie genau, welche Stoffe in womöglich künstlichen Beschichtungen enthalten sind. Außerdem sind glasierte Tajines empfindlich, die Oberfläche zerkratzt, teilweise löst sich eine Glasur auch langsam ab. Vom einzigartigen Lehmaroma, das sich in den originalen, naturbelassenen Töpfen ganz sanft über alle Speisen legt und uns das Gefühl von Wärme und Geborgenheit aus Mutter Natur auf den Gaumen zaubert, bekommt man in den veränderten Tajine-Interpretationen leider nicht mehr viel mit.

Marokko – Heimat der Tajine

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Marokko ist ein Land großer Vielfalt und krasser Gegensätze. Klimatisch, landschaftlich, sprachlich, kulturell und sozial liegen Welten zwischen zum Beispiel den modernen Zentren von Casablanca und Rabat, den Winterski-Gebieten im Mittleren Atlas und dem marokkanischen Süden. Überall in den ländlichen Regionen ist das Leben der Menschen vorwiegend noch sehr traditionell und von der Landwirtschaft geprägt.

An den fruchtbaren milden Küstenstreifen am Mittelmeer und Atlantik gedeihen sonnengereifte Früchte und Gemüse in Hülle und Fülle. Neben der Landwirtschaft und Fischerei profitiert Marokko von einigen Bodenschätzen (wie Phosphat) und vom Tourismus.

Eine Küche von Weltformat

In Marokko ist die Küche eine Schatztruhe voller Überraschungen. Frische feine Gewürze, unerwartete Geschmackskombinationen und die Liebe zum Detail führen zu unwiderstehlichen Genüssen. Zu Recht werden die kulinarischen Spezialitäten Marokkos mit denen der französischen und asiatischen Küche zu den besten der Welt gezählt.

Um eine große Küchenkultur zu entwickeln, muss eine Nation vier wichtige Voraussetzungen erfüllen: Die erste Grundlage ist ein reiches Land mit einer Fülle an hervorragenden Zutaten. Zweitens benötigt eine Küche vielfältige kulturelle Einflüsse, die sie interessanter und komplexer machen. Drittens muss die Nation eine große Zivilisation entwickelt haben – denn nur eine große Kultur kann auch eine große Küche hervorbringen. Und viertens muss es ein Palastleben gegeben haben, wo die besten Köche des Landes angespornt und inspiriert wurden. Alle diese Voraussetzungen werden in Marokko mehr als erfüllt.

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Marokko ist auch ein Land, in dem das friedliche Nebeneinander von Berbern, Arabern, Schwarzafrikanern, Muslimen, Juden und Christen funktioniert. Seit 2011 haben laut Verfassung außerdem Frauen und Männer die gleichen Rechte.

»Bismillah« – »im Namen Gottes« – sagt man in Marokko und anderen muslimischen Ländern anstelle von »guten Appetit« und dankt damit vor Beginn der Mahlzeit Gott/Allah für das Essen. Diese Danksagung spricht man auch aus, wenn man allein speist oder bei anderen Gelegenheiten, in denen einem etwas Gutes widerfährt. Man wünscht sich also nicht nur gegenseitig einen guten Appetit, sondern zeigt gemeinsam Gott seine Ehrerbietung.

Das Handwerk der Tajine-Töpferei

Inmitten dieses sehr modernen Marokkos werden aber auch viele ländliche Traditionen aufrechterhalten. So halten die Berber beispielsweise bis heute an dem Kunsthandwerk der Tajine-Töpferei fest. Es gibt drei verschiedene Hochburgen der Tajine-Herstellung: das Rif-Gebirge im Norden des Landes, der Mittlere und der Hohe Atlas und ganz im Süden der Antiatlas. In all diesen Regionen kommen Lehmerde und Ton in den verschiedensten Körnungen vor, die Grundvoraussetzung für die Herstellung der Tajine. Und deswegen haben sich in diesen Regionen Berber-Stämme niedergelassen, die neben der Landwirtschaft vor allem von der Tajine-Töpferei leben.

Aus diesen ländlichen Regionen finden die Tajines ihren Weg bis in die quirligen Städte. Wenn man beispielsweise über die bezaubernden Souks oder Basare flaniert, wird man überwältigt von einer Farbenpracht und unübertrefflichen Auswahl der verschiedensten Gewürze und Heilkräuter. Und überall dazwischen finden sich Tajines zum Kauf oder auch Gerichte aus der Tajine zum direkten Verzehr. Souks liegen in der Medina, dem Innenstadtkern, und sind umgeben von kunstvollen Bauten und dicken Altstadtmauern. Es sind Labyrinthe von weit verzweigten, engen, meist überdachten Gassen abseits vom Autoverkehr. Die Anordnung der Souks ist kein spontanes Werk. Die unterschiedlichen Handwerkerzünfte haben in den Gassen und Quartieren ihren bestimmten Platz und ergeben somit ein harmonisches Ganzes.

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Der Lehmtopf – unverzichtbares Geschirr auf der ganzen Welt

Schon seit Jahrtausenden und bis heute verwenden weltweit viele Kulturen große Töpfe aus gebranntem Lehm beziehungsweise Ton für Eintöpfe, Suppen und Schmorgerichte.

Nur einige Beispiele: In der Türkei wird ein Topf dieser Art Güvec genannt. Wie bei der Tajine stammt der Name vom Schmortopf selbst, doch heute heißt auch das Gericht so – meist ein Schmorgericht aus Gemüse, Fleisch und Reis.

Das brasilianische Nationalgericht Feijoada, ein Bohneneintopf, wird traditionell in einer sogenannten Panela de Barro, einem großen Lehmkochtopf, im Lagerfeuer gekocht.

In China, Thailand und anderen Ländern Ostasiens wird noch heute gern der berühmte Feuertopf verwendet, ein Keramiktopf, der wie eine Art Fonduetopf auf Feuer eingesetzt wird. Darin werden Hühnchen, Fisch oder Meeresfrüchte und Gemüse in heißer Gemüsebrühe direkt am Tisch gegart.

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Ein typisch indonesisches Gericht sind herzhafte und süße Pancakes, die in einem naturbelassenen Wajan zubereitet werden.

Allseits bekannt ist auch der Tandoori aus Indien, eher ein Ofen als ein Topf. In dem Ofen aus Ton werden die berühmten Naan- und Chapati-Brote gebacken, außerdem werden Fleischspieße darin gegart. Auch hier hat das Gericht den Namen des Geschirrs übernommen; wer kennt nicht Tandoori Chicken?

Am Mittelmeer sind Auflaufformen aus Keramik beliebt; sie werden vornehmlich in Balkanregionen, aber beispielsweise auch in Italien bis heute immer noch sehr gern im Alltag verwendet.

Selbst unser Römertopf ist ein typischer Schmortopf aus Ton. Im Grunde war er eine industrielle deutsche Erfindung aus den 1960er-Jahren, die aber bereits Ende der 1980er-Jahre wieder aus der Mode kam. Sein Ursprung liegt jedoch viel weiter zurück – der Name lässt es vermuten: Schon die Römer bevorzugten es, ihre Gerichte im eigenen Saft in Töpfen aus Ton statt aus Eisen zu garen.

Die Geschichte des Kochtopfes

Kochtöpfe, wie wir sie kennen, gibt es tatsächlich seit mindestens 12 000 Jahren. Über Handelsrouten der Antike aus Japan und China gelangten Keramiktöpfe mit den Arabern in den Vorderen Orient. Bei Ausgrabungen in Gegenden um Palästina, in Ägypten und auch Griechenland haben Archäologen Suppentöpfe und Gebrauchsgegenstände aus gebrannter Erde aus Zeiten zwischen 5000 bis etwa 9000 vor Christus gefunden. Doch sogar in einem Tal von Mexiko hat man Kochtöpfe aus Stein entdeckt, die ungefähr aus der Zeit 7000 vor Christus stammen. Die Bronzezeit, in der sozusagen auf Metall umgestellt wurde (Kochtöpfe, wie wir sie heute nutzen, gab es damals natürlich noch nicht), begann um 2000 vor Christus.

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Es scheint erwiesen, dass die ersten Menschen, die eine Art Topf benutzten, in Japan und China lebten. Noch lange bevor Porzellan und Glasuren mit aufwendigen Verzierungen aus diesen Gegenden den Weg in die westliche Welt fanden, entstand hier die ursprüngliche Idee, aus einem Klumpen feuchten Lehms ein Körbchen zu formen und dieses Gefäß im Feuer als eine Art Kochtopf hart zu brennen.

Die Entwicklung und der Einsatz von Kochtöpfen kennzeichnen den Schritt vom bloßen Erhitzen von Lebensmitteln (oder zu dieser Zeit besser gesagt: vom Erhitzen der Beute) zur echten Kochkunst. Speisen direkt im Feuer zu grillen ist eine schwierige Art des Kochens. Dass es nicht einfach ist, den richtigen Zeitpunkt zwischen »noch roh« und »schon verbrannt« abzupassen, weiß jeder, der mal ein einfaches Würstchen direkt über dem Lagerfeuer gegrillt hat.

In einem Topf mit Wasser zu kochen oder in einer Pfanne zu braten, ist dagegen eine indirektere Methode und viel einfacher. Bereits die ursprünglichste und primitivste Form des Topfes – sei es nur ein in einen Tonmantel gehülltes Stück der Beute in der Glut – ermöglichte es den Menschen, eine sehr viel größere Auswahl an Lebensmitteln essbar zu machen. Viele Pflanzen, die giftig oder zumindest schwer verdaulich waren, konnten mit Wasser weichgekocht und somit verzehrbar gemacht werden.

Doch auch ohne Feuer wurde in Kochtöpfen gegart. Das kam zuerst in Regionen mit brodelnden Tümpeln und Quellen auf: In Neuseeland, Island und Japan wurden Flachskörbe, gefüllt mit Wurzelgemüse und Fleisch, so lange ins Wasser gehalten, bis dieses gar war. Noch heute backt man in Island ein Brot, indem man den Teig in eine Backdose gibt und diese für einen Tag im Boden in der Nähe einer heißen Quelle vergräbt.