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Mohnblumenfeld

HIGHLIGHTS | GEHEIMTIPPS | WOHLFÜHLADRESSEN

»Hier ist es wundervoll, kein Telefon, keine Verpflichtung,
absolute Ruhe. Ich liege am Gestade wie ein Krokodil,
lasse mich in der Sonne braten, sehe nie eine Zeitung und
pfeife auf die sogenannte Welt.«

Albert Einstein (Brief aus Ahrenshoop an Max Born)

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Fischerboot am Strand von Ahlbeck auf der Insel Usedom

INHALT

Das sollten Sie sich nicht entgehen lassen

Willkommen an der Ostseeküste

MECKLENBURGER BUCHT

  1 Wismars historische Altstadt

  2 Wismars Nikolaikirche

  3 Wismars Alter Hafen

  4 Klützer Winkel

  5 Boltenhagen

  6 Insel Poel

  7 Am Salzhaff

  8 Kühlungsborn

  9 Bad Doberan

10 Heiligendamm

LANDESHAUPTSTADT SCHWERIN

11 Schwerins Altstadt

12 Schweriner Schloss

13 Schwerins Staatliches Museum

14 Pfaffenteich und Schelfstadt

15 Schweriner See

ROSTOCK UND WARNEMÜNDE

16 Rostock

17 Rostocks Kröpeliner Straße

18 Rostocks Hafencity

19 Warnemünde

20 Graal-Müritz

FISCHLAND-DARSS-ZINGST

21 Der Ostseeküstenradweg

22 Fischland

23 Ahrenshoop

24 Küstenwanderung

25 Vorpommersche Boddenlandschaft

26 Prerow

27 Zingst

28 Deutsches Bernsteinmuseum

29 Freilichtmuseum Klockenhagen

STRALSUND

30 Stralsunds Altstadt

31 Stralsunds Kirchen

32 Deutsches Meeresmuseum

RÜGEN UND HIDDENSEE

33 Seebad Binz

34 Prora

35 Seebad Sellin

36 Halbinsel Mönchgut

37 Jagdschloss Granitz

38 Putbus

39 Nationalpark Jasmund

40 Wandern an der Kreideküste

41 Kap Arkona

42 Insel Hiddensee

OSTVORPOMMERN

43 Greifswalds Altstadt

44 Greifswald – auf Caspar David Friedrichs Spuren

45 Usedoms Kaiserbäder

46 Usedom – Koserow

47 Usedom – Peenemünde

48 Usedomer Schweiz

49 Otto-Lilienthal-Museum

50 Ueckermünde

REISEINFOS

Die Ostseeküste von A bis Z

Kalender

Kleiner Sprachführer

Register

Impressum

MEHR WISSEN

Backsteingotik – auf den Spuren eines Baustils

Sanddorn – die Power-Beere

Der Strandkorb – Wahrzeichen deutscher Strandkultur

MEHR ERLEBEN

Günstig unterwegs an der Ostsee

Świnoujście – ein Blick über die Grenze

Die Ostseeküste für Kinder und Familien

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Windflüchter in Ahrenshoop

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Traditioneller Rohrdachkaten in Ahrenshoop

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Bauernland am Salzhaff

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Giebelhäuser am Markt in Greifswald

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In der Robbenstation von Warnemünde

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Am Darßer Ort hat die Natur noch die Regie in der Hand.

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Am Markt in Ueckermünde

DAS SOLLTEN SIE SICH NICHT ENTGEHEN LASSEN

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Barockes Flair im Schweriner Schloss

image Weltkulturerbe Wismar (S. 28)

Die Hansestadt kann mit einem der stimmungsvollsten Stadtbilder Deutschlands aufwarten. Monumentale Sakralbauten und rund 300 historische Bürgerhäuser stehen unter dem Schutz der UNESCO. Zu den schönsten gehören Nikolaikirche, Schabbellhaus und der traditionsreiche Alte Schwede am großzügig konzipierten Marktplatz.

image Märchenschloss Schwerin (S. 76)

Das Neuschwanstein Ostdeutschlands glänzt nicht nur durch seine verspielte Architektur, auch die reizvolle Insellage ist sehr schön. Die Prunkräume in der Beletage stehen Besuchern offen, die Bürogebäude in den Seitentrakten sind den Abgeordneten des Schweriner Landtags vorbehalten. Unbedingt empfehlenswert ist ein Bummel durch den Burg- und Schlossgarten.

image Alter Strom in Warnemünde (S. 108)

Im Seebad an der Warnowmündung feierte 1882 der erste Strandkorb seine Premiere. Heute wird die Mole am Alten Strom von Tagesausflüglern und Kreuzfahrern überflutet. Alle wollen den Leuchtturm und den Teepott sehen und sich an einem Kutter mit einer großen Portion heißem Backfisch eindecken.

image Künstlerdorf Ahrenshoop (S. 130)

Spuren der Künstlerkolonie findet man im Kunstkaten und der Bunten Stube, Rohrdachidyll in den Ortsteilen Niehagen und Althagen. Für Spaziergänger ist der aussichtsreiche Hochuferweg nach Wustrow ein Muss.

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Rügens berühmte Kreideküste

image Darßer Ort (S. 140)

Der Leuchtturm in der Kernzone des Nationalparks Vorpommersche Boddenlandschaft erlaubt ein imposantes Panorama auf die zu Füßen liegende vom Meer geschaffene Anlandungszone. Reizvoll ist auch der Naturlehrpfad durch das angeschwemmte Neuland. Los geht es vom Darßer Ort.

image Weltkulturerbe Stralsund (S. 158)

Die Altstadt atmet an allen Ecken Geschichte und vergangenen Glanz aus der Blütezeit der Hanse. Schlichtweg umwerfend ist die Schmuckfassade des spätgotischen Rathauses. Seit der Deutschen Einheit erfuhr der Stadtkern eine gründliche Auffrischung und präsentiert sich an manchen Stellen fast so authentisch wie im ausgehenden Mittelalter.

image Meeresmuseum Ozeaneum (S. 170)

Die postmoderne Architektur des Meeresmuseums setzt neben den Speicherbauten auf der Hafeninsel einen markanten Kontrast zum historischen Stralsund. Eine didaktisch hervorragend aufbereitete Ausstellung macht mit der Meeresfauna der Ost- und Nordsee bekannt.

image Kreidefelsen auf Rügen (S. 214)

Die durch ein Gemälde von Caspar David Friedrich berühmt gewordenen Kreidefelsen sind das landschaftliche Aushängeschild der Ostseeküste. Am Königsstuhl informiert ein modernes Nationalparkzentrum über das sensible Ökosystem. Im Hinterland der Kreideküste liegt ein prächtiger Buchenwald – seit 2011 Weltnaturerbe der UNESCO.

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Rundumsicht im Tunnel des Ozeaneums von Stralsund

image Insel Hiddensee (S. 224)

»Dat söte Länneken« nannte der Nobelpreisträger Gerhart Hauptmann seine Wahlheimat. Gesehen haben muss man in dem »süßen Ländchen« den Leuchtturm auf dem Dornbusch. Wer Ruhe sucht, sollte in der Nebensaison auf die autofreie Insel kommen.

image Usedoms Kaiserbäder: Heringsdorf, Ahlbeck und Bansin (S. 242)

Mit dem Zusammenschluss zu den Kaiserbädern avancierten Heringsdorf, Ahlbeck und Bansin zum größten Seebad an der Ostseeküste. Die wie Finger weit ins Meer ragenden Landungsbrücken erlauben ein fulminantes Panorama auf die Silhouette der wilhelminischen Bädervillen. Es bietet sich außerdem ein Abstecher ins polnische Swinemünde an.

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Verlockend: der Sandstrand auf Usedom

WILLKOMMEN an der Ostseeküste

Ankommen, loslassen. Im Promenadencafé den Wellen zuschauen, wie sie am feinen Sandstrand auslaufen, kreischenden Möwen über einem Fischkutter zusehen oder im Herbst den Kranichzug beobachten. Wenn dann noch aus dem Hinterland das lang gezogene Signalhorn einer Schmalspurbahn ertönt, weiß man, dass die schönsten Tage des Jahres bereits voll im Gange sind.

Kilometerlange Strände, die zu Badespaß, Burgenbauen, Spaziergängen und Muschelsuchen einladen, sind an der Ostsee nur eine Facette unter vielen. Zur Küste gehört auch viel Kultur. In den Weltkulturerbestätten Stralsund und Wismar künden monumentale Backsteinkathedralen und stolze Rathäuser von der Blütezeit der Hanse. Und mit Musikfestivals, Hafenfesten und maritimen Großereignissen wie der Hanse Sail wird auch ein Stück Lebensart der Küstenbewohner erfahrbar.

Naturraum Ostsee

Die Ostsee ist lediglich durch eine relativ schmale Öffnung mit der Nordsee und damit den Weltmeeren verbunden. Sie ist damit ziemlich abgeschlossen. Als Folge davon ist der Gezeitenwechsel nur recht schwach ausgeprägt und das Wasser deutlich weniger salzhaltig. Eine Besonderheit sind Bodden, flache, maximal zehn bis 15 Meter tiefe Gewässer, die durch vorgelagerte Nehrungen oder Halbinseln vom offenen Meer abgeschirmt werden. Prägend für diese Boddenküsten sind breite Schilfgürtel und Salzwiesen, auf denen sich eine hoch spezialisierte Flora angesiedelt hat. Synonym zum Begriff Bodden wird mancherorts auch von einem Haff gesprochen. Das größte davon ist das Stettiner Haff an der Grenze zu Polen. Mit ihren zahllosen kleinen Buchten und vorspringenden Landzungen sind die Bodden- und Haffküsten um ein Vielfaches länger als die Ostseeküste selbst.

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Zwei Nationalparks und ein Biosphärenreservat bieten viel unberührte Natur.

Sandhaken und Kliffe

Wenn man so will, ist der Küstensaum der Ostsee ständig in Arbeit. An dem einen Strand trägt die Strömung Sand und Lockerungsmaterial ab und landet dieses an anderer Stelle zu neuen Sandhaken an. Ein Beispiel, wie sich die Landschaft in einer relativ überschaubaren Zeitperiode dramatisch veränderte, gibt die Halbinsel Darß. 1848 stand der Leuchtturm am Darßer Ort noch fast am Wasser, heute hat sich davor eine Anlandungszone von fast einem Kilometer gebildet.

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Ein Leben für die Seefahrt

Und jedes Jahr kommen ein paar Meter Neuland dazu. Auch die berühmten Steilwände an Rügens Kreideküste sind nicht für die Ewigkeit gebaut. Kreideabbrüche kommen auf Rügen vor, seit es die Insel gibt. Langsam holt sich dort das Meer sein vor Jahrmillionen verlorenes Terrain zurück.

Nationalparks und Biosphärenreservat

Ein großer Teil der Ostseeküste steht unter strengem Naturschutz. Kurz vor der deutschen Einheit erklärte die DDR-Regierung als eine ihrer letzten Amtshandlungen zwei Regionen zu Nationalparks. Zwischen Fischland-Darß-Zingst und der Insel Rügen erstreckt sich der Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft. Er umfasst einen mit Windwatten, Sandhaken, Dünen und Stränden vielfältig strukturierten Naturraum. Die zugehörigen Boddengewässer sind das bedeutendste Vogelschutzgebiet Mitteleuropas. Rund 160 Arten brüten im Parkgelände, etliche davon, wie der Austernfischer und die Zwergseeschwalbe, stehen auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten. Ein ornithologisches Highlight ist der Kranichflug. Im Herbst legen Zehntausende der Großvögel auf ihrem Weg in die südlichen Winterquartiere einen mehrwöchigen Zwischenstopp an den Ufern der Boddengewässer ein. Mit dem Nationalpark Jasmund entstand an der Kreideküste von Rügen ein zweites Schutzgebiet. Alte Buchenwälder reichen bis an die aktive Kliffküste heran, sie wurden 2011 von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt. Ebenfalls unter dem Schutz der UNESCO steht das Biosphärenreservat Südost-Rügen, zu dem mit dem Mönchgut eine der anmutigsten Naturlandschaften an der Ostsee gehört.

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Der Weststrand bei Vitte auf Hiddensee

Strandlandschaften

Keine Frage, die weiten Sandstrände sind das große Kapital der Ferienregion. Als Badewanne der Berliner hat sich Usedom schon vor mehr als 100 Jahren einen Namen gemacht, die Außenküste der vorpommerschen Insel wartet mit einem 42 km langen durchgehenden Sandstrand auf. Mehr Strand gibt es in Deutschland nirgends. Auch die Seebäder auf Rügen, Fischland-Darß-Zingst und der mecklenburgischen Ostseeküste laden mit pulverfeinen hellen Stränden zu Badespaß und Wassersport ein. Die Wasserqualität gilt überall als gut bis sehr gut, vielerorts weht an den Stränden die Blaue Flagge. Das Gütesiegel bürgt nicht nur für sauberes Wasser. Um es zu erhalten, müssen die Badeorte auch bestimmte Sicherheitsstandards und Umweltanforderungen erfüllen.

Erster Badebetrieb im 19. Jahrhundert

Urlaub am Meer war ursprünglich kein Vergnügen. Die ersten Badegäste kamen auf ärztliches Anraten an die Ostsee. Man badete zunächst nicht im offenen Meer, sondern in eigens gebauten Badeanstalten. Das in großen Kübeln herangeschaffte Ostseewasser füllte dort Wannen und Becken.

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Die Ostseeküste ist eines der wichtigsten Vogelschutzgebiete Mitteleuropas.

Als erstes deutsches Seebad eröffnete 1793 Heiligendamm den Badebetrieb, 1797 folgten Norderney an der Nordsee und 1803 Boltenhagen an der mecklenburgischen Ostseeküste. Die Badeanstalten und später auch die Strandabschnitte waren zunächst streng nach Geschlechtern getrennt. Die Frauen trugen mit Rüschen besetzte knielange Badekostüme, die Männer meist ebenfalls bis an den Hals reichende geringelte Badeanzüge. Bis noch vor gut 100 Jahren waren Badekarren groß in Mode. Sie dienten als Umkleidekabine und wurden dann von berittenen Pferden ins Meer gezogen. Die flach abfallenden Ostseestrände kamen dieser Art von Badevergnügen entgegen. Im tiefen Wasser ließ man sich dann diskret ins Wasser gleiten, auf keinen Fall durfte dabei das andere Geschlecht zugegen sein. Ein am Wagen angebrachtes dickes Tau diente Nichtschwimmern als Halteleine, schwimmen konnten zu jener Zeit nur wenige Menschen. Für viele wurde so das Bad in der Ostsee zum echten Abenteuer. Sobald man »abgebadet« hatte, gab man mit einem Sonnenschirm ein Zeichen und ließ sich wieder an den Strand zurückziehen. 1902 ging Heringsdorf als eines der ersten Ostseebäder zum Familienbad über, in dem fortan alle Familienmitglieder gemeinsam an dem Badespaß teilnehmen konnten. Der Badekarren war damit Geschichte.

Verspielte Bäderarchitektur

Neben den aus heutiger Sicht skurrilen Badesitten brachte die Bäderzeit an der Ostsee auch eine außergewöhnliche Architektur hervor. Wer genügend Kleingeld hatte, sprich der Adel und das wohlhabende Bürgertum, ließ sich am Strand eine mondäne Sommervilla errichten. Einem bestimmten Stil war man dabei nicht verpflichtet. Mit Anleihen aus Antike, Renaissance, Barock und Neoklassizismus entstand ein bunter Architekturcocktail, der die heutigen Badegäste in nostalgisches Schwärmen versetzt. Die Fassaden zieren Holzbalkone und Erker, manche Eingangstüren verbergen sich unter antiken Säulenvorhallen. Logierhäuser und Hotels stehen wie Paläste an der Seefront und strotzen nur so von Turmaufbauten, hölzernen Loggien und ornamentalem Zierrat.

In dem halben Jahrhundert DDR-Geschichte verrottete vieles davon, doch mit neuem Schwung und frischem Geld begann nach der Wende ein aufwendiger Sanierungsprozess, der mittlerweile fast abgeschlossen ist. Ob auf Usedom, Rügen oder in Kühlungsborn und Boltenhagen: Überall präsentieren sich die Seebäder im alten Glanz – Kaiser Wilhelm hätte sicherlich seine Freude daran.

Kunst und Kultur an der See

Für Maler und Literaten war die Ostseeküste schon immer eine Quelle der Inspiration. Viele nutzten die Sommerfrische in den Seebädern regelmäßig, um aufzutanken, manche blieben für immer. Fasziniert vom ewigen Spiel der Wellen, von langen Spaziergängen am Strand, auf Kliffen und entlang der ruhigen Boddenufer fanden die Künstler dort, was sie zu Höchstform auflaufen ließ. Sie nutzten das besondere Licht, kombiniert mit dem Spiel der Wolken, das die Küsten und das flache Hinterland immer wieder neu in Szene setzt.

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In Ahrenshoop gibt es noch viele dieser Rohrdachkaten.

Im ausgehenden 19. Jahrhundert entstand in Ahrenshoop um den Landschaftsmaler Paul Müller-Kaempff eine Künstlerkolonie, deren Wirken bis heute in dem Ferienort auf dem Darß spürbar ist. Motive gab es mehr als genug, seine »Malweiber« brachten Windflüchter, Weißkopfmöwen und Sanddornsträucher auf die Leinwand. Auf Usedom richtete sich Otto Niemeyer-Holstein ein Atelier in einem ausrangierten Berliner S-Bahn-Waggon ein. Lyonel Feininger fuhr auf dem Fahrrad durch die Usedomer Schweiz und hielt Dörfer und Kirchen auf seinem Skizzenblock fest, das Künstlerpaar Marianne von Werefkin und Alexej Jawlensky malten im Sommer 1911 in Prerow. Und manch großer Maler ist gar ein Kind der Ostsee, allen voran der in Greifswald geborene Caspar David Friedrich und der Wolgaster Philipp Otto Runge, die beide der deutschen Romantik ein Gesicht gaben.

Malweiber gab es auch auf Hiddensee, doch Rügens kleine Schwesterinsel wird vor allem mit dem Namen Gerhart Hauptmann in Verbindung gebracht. Sein Haus in Kloster wurde zum Treff von Literaten, Künstlern und Filmstars – Thomas Mann, Carl Zuckmayer, Gustav Gründgens, die dänische Stummfilmdiva Asta Nielsen und auch Albert Einstein –, sie alle konnten sich dem Zauber Hiddensees nicht entziehen.

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Am Türschmuck verraten die Küstenbewohner ihre Liebe zum Detail.

Festivals und Volkstheater

Auch heute hat die Ostseeküste kulturell mehr zu bieten als vielfach angenommen. Um die Sommergäste auch abseits vom Strandkorb zu unterhalten, wurden vor allem nach der Wende etliche hochkarätige Events auf die Beine gestellt. Einen Namen machten sich die 1990 gegründeten Festspiele Mecklenburg-Vorpommern. Die Spielorte der sommerlichen Klassikreihe sind über das ganze Bundesland verteilt, zu den Stars, die in den letzten Jahren vor großem Publikum auftraten, gehören unter anderem Anne-Sophie Mutter, Hilary Hahn und der Dirigent Kent Nagano. Auf Usedom begrenzt ist das Usedomer Musikfestival, das – ebenfalls immer hervorragend besetzt – im Spätsommer die Kirchen, Schlösser und Konzertsäle der Insel mit Klang erfüllt. Jedes Jahr wird schwerpunktmäßig die Musiktradition eines Landes aus dem Ostseeraum vorgestellt. 2014 war Polen an der Reihe, Einblicke in seine Musiktradition zu geben.

Vornehmlich an Opernfreunde richten sich die Schweriner Schlossfestspiele. Auf dem Alten Garten werden Werke von Bizet bis Verdi aufgeführt, für eine zauberhafte Kulisse sorgt natürlich das Schloss. Theater wird an der Ostsee auch gespielt. An erster Stelle müssen dabei die Störtebeker-Festspiele auf Rügen genannt werden, die mit rund 150 Mitwirkenden eines der größten und mit mehr als 300 000 Besuchern pro Saison auch eines der erfolgreichsten Freilichttheater Deutschlands sind. Im Schatten von Störtebeker werden in Zinnowitz die Vineta-Festspiele aufgeführt, dort dreht sich alles um den Untergang der sagenhaften Ostseestadt Vineta.

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Ladegastorgel im Dom von Schwerin

Tourismus in der DDR

Der Zweite Weltkrieg und ein halbes Jahrhundert DDR an der Ostseeküste hinterließen tiefe Spuren. Das DDR-System erlaubte keine großen Sprünge ins Ausland, schon gar nicht ins westliche. So blieb außer Reisen in die sozialistischen Bruderländer nur der Urlaub im eigenen Land. Die Ostseeküste wurde zum Lieblingsplatz des staatlich geförderten Massentourismus. Doch wer an die See durfte, entschieden die Betriebe und der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB), dessen Feriendienst eigene große Ferienheime an der Küste unterhielt. An den »volkseigenen Stränden« wurden aus noblen Gründerzeitvillen Ferienheime für Stahlarbeiter aus Eisenhüttenstadt und Kumpels aus den Bergwerken in Thüringen. Hotels und Pensionen als Feriendomizil waren eher die Ausnahme, in der Aktion Rose wurden 1953 die meisten privaten Hoteliers enteignet. In Prerow und anderswo entstanden riesige staatlich betriebene Zeltplätze für mehrere Tausend Camper.

Tourismus heute

In den ersten Jahren nach der Wende brach der Tourismus zunächst massiv ein. Die heruntergewirtschaftete Infrastruktur war nicht mehr wettbewerbsfähig und verlangte nach einschneidenden Maßnahmen. Die Treuhand hatte alle Hände voll zu tun, um für die abgewirtschafteten Hotels und Ferienheime neue Investoren zu finden. Kaum waren die ersten Betriebe saniert, setzte eine Art Goldgräberstimmung ein. Binnen eines Jahrzehnts avancierte die Ostseeküste zum liebsten Sommerziel der Deutschen. Die Anzahl der Gästebetten hat sich in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt. In den Seebädern wurde nicht nur Altes saniert, sondern auch kräftig Neues gebaut. Mancherorts zu viel, wie Kritiker und Umweltschützer einwenden. Ein Stück ab von der ersten Reihe am Wasser stehen im stillen Hinterland dem Gast zudem stilvolle Gutshöfe und Schlösser offen. Von einigen angestaubten privaten Ferienwohnungen abgesehen ist das Unterkunftsgewerbe in Mecklenburg-Vorpommern heute das modernste in ganz Deutschland. Seebrücken und kilometerlange Seepromenaden laden zum Flanieren ein, jene auf Usedom ist mittlerweile bis ins polnische Swinemünde ausgebaut.

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Spuren aus der Vergangenheit: eine slawische Wallanlage am Kap Arkona

Alle vier Jahreszeiten

Der Frühling beginnt an der Küste etwas später als im Binnenland. Die Vorsaison gehört vor allem Radlern, Wanderern und Strandläufern, die noch nicht unbedingt ins Wasser springen müssen. Anfang Mai sorgen blühende Rapsfelder in der welligen Endmoränenlandschaft für gelbe Farbtupfer, in den Buchenwäldern strecken sich Frühblüher dem Licht entgegen. Die Badesaison beginnt nicht vor Anfang Juli. Doch dann dauert es nicht mehr lange, bis so manches der großen Seebäder am Rande der Kapazitätsgrenzen steht, viel los ist vor allem auf den Inseln Usedom und Rügen. Doch an der 340 km langen Außenküste wird sich immer ein Plätzchen finden, notfalls kann man an die ruhigeren Boddengewässer ausweichen.

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Die Ahlbecker Seebrücke

Im Herbst, wenn die Tage kühler und kürzer werden, kehrt dann schlagartig Ruhe ein. Die Strandkörbe verschwinden im Depot. Es ist die Zeit für Strandgänger, Muschel- und Bernsteinsucher sowie all jene, die es ruhig haben wollen. Es ist aber auch die Zeit für Gäste, die das Besondere lieben und reife Sanddornbeeren kosten oder den Kranichzug erleben wollen. Im Winter gönnt sich die Ostseeküste eine kleine Auszeit. Etliche Hotels und Fischlokale haben dann geschlossen. Doch so mancher Gast lässt sich dennoch nicht von einem Winterspaziergang am dann vereinsamten Strand abhalten. Auf den Seebrücken wird das neue Jahr mit einem Silvesterfeuerwerk begrüßt. Das Anbaden am Neujahrstag hat sich mancherorts zum Spektakel entwickelt, wenn sich unerschrockene Badegäste im traditionellen Badekostüm mutig ins vier Grad Celsius kalte Wasser stürzen. Damit die Ostsee zufriert, muss es schon ziemlich kalt sein. Doch wenn dann mal die Wasserstraße zwischen Rügen und Hiddensee von einem halben Meter dicken Eispanzer überzogen ist, hat die Ostsee ihr Wintermärchen. Letztmalig geschehen im Februar 2011, als sich Tausende von Menschen zu Fuß auf die sechs Kilometer lange Strecke zwischen den beiden Inseln machten. Die Ostsee ist also auch im Winter ein Erlebnis!

Kuren und Wohlgefühl

Ein Kuraufenthalt, Gesundheit und sich wohlfühlen spielen in den See- und Heilbädern an der Ostsee traditionell eine große Rolle. Mit Erfolg hat sich Mecklenburg-Vorpommern jüngst zu einem Gesundheitsland in Deutschland profiliert. Eine ambulante Badekur kann etwa das ganze Spektrum an Prävention und Therapie einbeziehen. Den Mittelpunkt dabei nimmt meist die Thalassotherapie ein, also Bäder, Trinkkuren und Inhalationen mit Meerwasser. Daneben stehen Meeresprodukte wie Schlick und Algen hoch im Kurs. Und Wellness gab es an der Ostsee bereits schon lange bevor es das passende Wort dazu gab. Als lokales Wundermittel für zarte Haut wird etwa die Rügener Heilkreide gepriesen. Es gibt heute ja kaum noch ein Spa, das nicht noch zusätzlich Gesundes aus Fernost anbietet, angefangen bei Ayurveda über Qigong bis zu einer klassischen Thai-Massage. Doch an der Ostsee kommt man auch gut ohne die nicht ganz billigen Wellnessangebote zurecht. Für viele Gäste ist ein Strandspaziergang in dem milden Reizklima die beste Naturmedizin. Vor allem für Allergiker und Menschen mit Hauterkrankungen bieten die frische Ostseeluft und das Meerwasser oft schnelle Linderung.

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Das ehemalige Kurhaus in Binz, heute eines der mondänsten Grand Hotels an der Ostsee

Das Erbe der Hanse

Kaum hatte das DDR-System das Zeitliche gesegnet, besannen sich die Hafenstädte an der Ostsee wieder auf ihre ruhmreiche Vergangenheit und schmückten sich mit dem Beinamen Hansestadt, allen voran Rostock, Stralsund, Wismar und Greifswald. Das urbane Gesicht dieser Städte wird bis heute weitgehend von der Hanse geprägt. Der Städtebund war ein Interessenverband von Kaufleuten, die durch gemeinsames Handeln ihre handelspolitischen Ziele durchzusetzen wussten. Um 1259 schlossen sich Lübeck, Wismar und Rostock zunächst zu einem Dreierbund gegen vagabundierende Piraten zusammen. Sie alle hatten zuvor etliche Schiffe an Seeräuber verloren. In der Blütezeit der Hanse zählten etwa 200 Städte zu dem Bund, von Flandern über die Nord- und Ostsee bis zum Finnischen Meerbusen. Überall an der Küste stellten die Kaufleute ihren Wohlstand mit prachtvollen Giebelfassaden ihrer Häuser zur Schau. Von den erwirtschafteten Überschüssen ließen sie monumentale Sakralbauten und repräsentative Rathäuser bauen. In die Zeit der Hanse fielen auch die Universitätsgründungen von Rostock und Greifswald. Es waren die ersten in ganz Norddeutschland.

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Hier wird der Kabeljau schön in Szene gesetzt.

Mecklenburger Küche

Die Küche an der Ostseeküste gibt sich betont bodenständig. Sie lebt von dem, was die See, das Hinterland und die Wälder vor der Haustür hergeben und hat dennoch so manche Spezialität hervorgebracht. Wie es sich für einen Küstenstrich gehört, steht natürlich Fisch im Vordergrund.

Jahrhundertelang war der Hering der Brotfisch der Küstenanrainer. Saison für das »Silber der Ostsee« ist das Frühjahr, wenn den Fischern ganze Schwärme ins Netz gehen. Überall angeboten wird Zander aus den Boddengewässern, aus den mecklenburgischen Binnengewässern rund um die Müritz kommen Süßwasserfische wie Hecht und Maränen. Jenseits von Fisch wird deftige Landküche geboten. Landestypische Gerichte sind etwa Mecklenburger Rippenbraten und hausgemachtes Sauerfleisch. Zu beidem werden in der Regel Bratkartoffeln mit Speck gereicht. Die Portionen fallen meist ziemlich opulent aus, doch fasten kann man schließlich wieder zu Hause.

Steckbrief Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommern

Lage: Im Westen grenzt die Ostseeküste von Mecklenburg-Vorpommern an Schleswig-Holstein, im Osten an Polen.

Küstenlänge: Ostseeküste 340 km, Boddenküste circa 1370 km

Inseln: Die größten der Küste vorgelagerten Inseln sind Rügen (926 km2), Usedom (445 km2), Poel (36 km2) und Hiddensee (19 km2).

Flagge des Bundeslands:

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Geografie: An den Außenküsten wechseln sich von Dünen gesäumte feinsandige Strände mit Steilküsten ab. Durch Landzungen und Halbinseln konnten sich vom offenen Meer abgetrennte große Bodden bilden. Ihr Wasser weist einen deutlich geringeren Salzgehalt auf als die Ostsee. Das Hinterland wird von Weiden und Wäldern eingenommen.

Bevölkerung: In Mecklenburg-Vorpommern leben etwa 1,6 Mio. Menschen, der größte Teil davon entlang der Ostseeküste. Mit einer Bevölkerungsdichte von 69 Einwohnern pro km2 ist das Ostseeland das am dünnsten besiedelte Bundesland. Die größten Städte sind Rostock (202 000), Schwerin (91 000), Stralsund (57 000) und Greifswald (55 000).

Wirtschaft: Die Arbeitslosenquote liegt mit 10 % deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Ein wesentlicher Grund dafür ist die nur schwach entwickelte Industrie. Fischfang und Landwirtschaft sind traditionell wichtige Branchen. Überdurchschnittlich hoch ist die vom ökologischen Landbau bewirtschaftete Nutzfläche. In der grünen Energie- und Umwelttechnik nimmt Mecklenburg-Vorpommern eine Spitzenposition ein. Etwa die Hälfte des Strombedarfs wird mit Wind-, Bio-, Wasser- und Sonnenenergie gewonnen.

Tourismus: Mit jährlich knapp 7 Mio. Gästen ist Mecklenburg-Vorpommern die beliebteste Sommerurlaubsregion Deutschlands, der weitaus größte Teil davon wählt die Ostseeküste als Ferienziel. Warnemünde ist Deutschlands größter Kreuzfahrthafen. An der Küste ist Campingurlaub sehr populär. Im Hinterland der Küste stehen restaurierte Gutshäuser und Schlösser im Dienste des Tourismus.

Politik und Verwaltung: Das Land Mecklenburg-Vorpommern entstand aus dem ehemaligen Freistaat Mecklenburg und dem westlichen Teil Pommerns. Nach der Kreisgebietsreform von 2011 setzt es sich aus sechs Landkreisen und den kreisfreien Städten Rostock und Schwerin zusammen. Landeshauptstadt ist Schwerin. Seit 2006 wird das Land von einer Großen Koalition regiert.

Religion: Der größte Teil der Bevölkerung in Mecklenburg-Vorpommern gehört keiner Konfession an. Etwa 18 % der Einwohner bekennen sich zur evangelischen Kirche, 3 % sind Katholiken.

Geschichte im Überblick

Ab 600 dringen slawische Stämme in den durch die Völkerwanderung fast unbesiedelten Ostseeraum ein und legen erste von Wallburgen geschützte Siedlungen an.

995 wird das Land Mecklenburg (Mikilenburg) erstmals in einer Urkunde erwähnt.

Ab 1259 schließen sich an der Nord- und Ostseeküste Kaufleute zusammen, um gemeinsam gegen das Piratentum vorzugehen. Aus dem Bund entsteht die Städtehanse, die in ihrer Blütezeit im 14. Jahrhundert zu einem einflussreichen politischen Machtfaktor aufsteigt.

1419 wird die Universität Rostock gegründet, sie ist die erste in ganz Norddeutschland.

1534 wird in Vorpommern die Reformation eingeführt. 15 Jahre darauf bekennt sich auch Mecklenburg zum lutherischen Glauben.

1618–1648 leiden Mecklenburg und Vorpommern unter den Kampfhandlungen des Dreißigjährigen Krieges. Die kaiserlichen Truppen unter Oberbefehlshaber Wallenstein belagern zwei Jahre lang erfolglos die Stadt Stralsund, die sich 1630 dem schwedischen Königreich anschließt. Im Westfälischen Frieden werden Wismar, die Insel Poel und ganz Vorpommern einschließlich der Insel Rügen den Schweden zugesprochen.

1793 gründet der mecklenburgische Herzog Friedrich Franz I. in Heiligendamm das erste deutsche Seebad.

1815 fallen nach den Napoleonischen Kriegen die schwedischen Besitzungen in Vorpommern an Preußen.

1876 verbindet eine Bahnlinie Berlin mit Usedom und bringt fortan Tausende von Sommerfrischlern auf die Insel.

1936 beginnt die nationalsozialistische Organisation »Kraft durch Freude« mit dem Bau des Seebades Prora. Die Planung sieht vor, ein Ferienbad für 20 000 Menschen zu schaffen. Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs werden die Arbeiten eingestellt.

1942 wird in der Heeresversuchsanstalt Peenemünde unter der Leitung von Wernher von Braun die erste Rakete ins All abgeschossen. Zugleich werden mit Sprengköpfen ausgestattete Flugkörper zur Serienreife entwickelt, die im letzten Kriegsjahr vornehmlich auf englische Ziele abgefeuert werden und rund 8000 Zivilisten das Leben kosten.

1945 bombardieren die Alliierten Städteziele an der Ostseeküste, besonders stark betroffen sind Rostock, Stralsund und das Seebad Swinemünde.

1949 gründet sich auf dem Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone die Deutsche Demokratische Republik (DDR).

1953 werden in der Aktion Rose vor allem in den Seebädern an der Ostseeküste Hunderte von Pensionen und Hotels verstaatlicht und fortan von dem gewerkschaftlichen Feriendienst mit Feriengästen gefüllt.

1961 wird die Mauer gebaut. Um Fluchtversuche zu unterbinden, patrouillieren DDR-Küstenboote vor den Stränden, der Ausflugsverkehr auf dem Wasser kommt vielerorts zum Erliegen. Trotzdem versuchten bis 1989 mehr als 4000 DDR-Bürger die Flucht über die Ostsee.

1990 werden im wiedervereinigten Deutschland Mecklenburg und Vorpommern zum neuen Bundesland Mecklenburg-Vorpommern zusammengelegt. Im Rennen um die Landeshauptstadt erhält Schwerin den Vorzug vor Rostock. Wenige Wochen vor der Wiedervereinigung werden unter der letzten DDR-Regierung der Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft und der Nationalpark Jasmund festgeschrieben.

1991 wird in den Seebädern mit der Sanierung der Bäderarchitektur begonnen. Binnen weniger Jahre avanciert die Ostseeküste zu einer der modernsten und beliebtesten Ferienregionen Deutschlands.

2002 werden die Altstädte von Wismar und Stralsund Weltkulturerbe der UNESCO.

2005 eröffnet Bundeskanzlerin Angela Merkel nach dreizehnjähriger Bauzeit die Ostseeautobahn (A 20). Sie verläuft im Hinterland der Küste von Lübeck über Rostock und Greifswald bis zum Autobahndreieck Uckermark nahe der polnischen Grenze.

2007 tagt in Heiligendamm der Weltwirtschaftsgipfel der G8-Staaten. In Rostock kommt es am Rande des Treffens zu Ausschreitungen zwischen demonstrierenden Globalisierungsgegnern und der Polizei.

2009 zieht die Bundesgartenschau in Schwerin fast zwei Millionen Besucher an.

2010 wird das zwei Jahre zuvor in Stralsund eröffnete Ozeaneum zum Europäischen Museum des Jahres gewählt.

2014 wird an der Heringsdorfer Seebrücke zum Saisonauftakt am 1. Mai der größte Strandkorb der Welt aufgestellt. Das von einer lokalen Korbfabrik angefertigte XXL-Modell bietet Platz für 91 Gäste.

2017 Seit 25 Jahren werden auf der Freilichtbühne von Ralswiek auf Rügen von Ende Juni bis Anfang September die Störtebeker-Festspiele aufgeführt. Mit bis zu 400 000 Zuschauern pro Saison ist die Produktion eines der erfolgreichsten Open-Air-Theater Deutschlands. Auch Usedom feiert ein Jubiläum: 25 Jahre Musikfestival, das jährlich im September und Oktober abgehalten wird.

MECKLENBURGER BUCHT

1Wismars historische Altstadt

2Wismars Nikolaikirche

3Wismars Alter Hafen

4Klützer Winkel

5Boltenhagen

6Insel Poel

7Am Salzhaff

8Kühlungsborn

9Bad Doberan

10Heiligendamm

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Stolze Giebelhäuser in Wismars Krämerstraße, überragt von der monumentalen Nikolaikirche

1 Wismars historische Altstadt

Weltkulturerbe der UNESCO

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Ehre, wem Ehre gebührt. Eine Ernennung zum Weltkulturerbe der UNESCO ist das größte Lob, mit dem eine Stadt ausgezeichnet werden kann. Die Altstadt von Wismar steht mit ihren gotischen Sakralbauten und historischen Giebelhäusern rund um den Marktplatz seit 2002 auf der UNESCO-Liste. In ihrer Geschlossenheit ist Wismar im Ostseeraum einzigartig, ein Stadtbummel wird zur Reise durch eine andere Zeit.

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Der Alte Hafen von Wismar

Egal, ob man sich vom Land oder Wasser der alten Hansestadt (44 000 Einwohner) nähert: Stolz künden weithin sichtbar Backsteintürme von der durch den Seehandel zu Wohlstand gekommenen Stadt. Der geschlossene Kern mit rund 300 historischen Stadthäusern gab für die UNESCO den Ausschlag, die Hansestadt Wismar zusammen mit Stralsund in die Weltkulturerbeliste aufzunehmen. Trotz nicht unerheblicher Schäden aus dem Zweiten Weltkrieg konnte die fast kreisrunde Altstadt ihren ursprünglichen Grundriss weitgehend beibehalten. Formschöne Giebelhäuser, kopfsteingepflasterte Plätze und ehrwürdige Sakralarchitektur vermitteln ein idealtypisches Bild mittelalterlicher Stadtkultur aus der Blütezeit der Hanse.

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Sitzgelegenheit vor dem Café Alte Löwenapotheke

GUT ZU WISSEN

STÄDTEBAULICHER BRUCH

Der Gotische Winkel Wismars ist der älteste Teil der Stadt. Er wurde im Zweiten Weltkrieg fast völlig zerstört und hat sich davon bis heute noch nicht gänzlich erholt. Rund um den Turm der ehemals raumgreifenden Marienkirche gibt es ein städtebauliches Vakuum. Zwar wurde ein Ideenwettbewerb ausgeschrieben, wie der Marienkirchplatz am besten gestaltet werden kann, passiert ist bislang jedoch nichts. Bleibt nur zu hoffen, dass es nicht auf einen Parkplatz hinauslaufen wird.

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Wasserkunst am Markt

Wasserkunst am Markt

Angesichts des prachtvoll herausgeputzten baulichen Ensembles weiß man gar nicht, wohin man zuerst schauen soll. Auf dem mit gut hundert mal hundert Metern außerordentlich großzügig konzipierten Platz sticht zunächst die Wasserkunst ins Auge. Der von einer Kupferhaube überdachte zwölfeckige Renaissancepavillon diente bis 1897 als zentraler Wasserverteiler. Er wurde von einer sechs Kilometer außerhalb gelegenen Quelle gespeist, deren Wasser in Holzrohren in die Altstadt floss. Rund 220 Häuser versorgten sich aus mehreren Schöpfstellen mit Brauchwasser. Zu allen vier Seiten rahmen reich verzierte Giebelhäuser den quadratischen Platz ein.

Einfach gut!

CAFÉ ALTE LÖWENAPOTHEKE

Wer vom Markt die Krämerstraße hinunterläuft, kann das 1645 erbaute Haus in der Bademutterstraße nicht verfehlen. Der namensgebende Löwe liegt über dem Portal des stolzen Giebelhauses. Eine Apotheke gab es darin nachweislich seit 1659. Sie durchlebte alle Wirren der Geschichte, bis sich vor einigen Jahren ein Szenecafé darin einrichtete. Es gibt Ökoprodukte aus der Region, Frühstück ab 9.00 Uhr morgens, mittags eine Tagessuppe mit frischem Landbrot aus der Bistroküche. Und natürlich Trinkschokoladen, Tees und Wiener Kaffeespezialitäten, etwa den mit einem Spritzer Orangenlikör aromatisierten Grafencafé. Dazu gönnt man sich ein Stück von der opulenten Himbeerschichttorte. Draußen stehen die Tische leider nah an der Straße.

Alte Löwenapotheke Bademutterstr. 2, Tel. 03841/25 25 38, www.alte-loewenapotheke.de

Geheimtipp

WISMARER HERINGSTAGE

Mit dem kulinarischen Event wird dem »Brotfisch« der Ostsee gehuldigt, der über Jahrhunderte das Hauptnahrungsmittel der Küstenbewohner war. Der Hering wurde eingesalzen und von den Wismarer Kaufleuten in viele europäische Länder exportiert. Die Festivitäten beginnen Mitte März im Alten Hafen mit der Anlandung des frisch gefangenen Herings, der auf alte Heringskarren verladen von den Köchen der Wismarer Gastronomiebetriebe in einem von Blasmusik begleiteten Umzug zum Marktplatz transportiert wird. Dort wandert das »Silber des Meeres« als Brathering sogleich in die Pfanne und darf verkostet werden. In den folgenden zwei Wochen kann man in den an der Aktion teilnehmenden Restaurants typische Heringsgerichte genießen. Den Abschluss der Heringstage bilden ein maritimer Fischmarkt und ein Anglerwettbewerb.

Wismarer Heringstage. www.heringstage-wismar.de

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Der Alte Schwede an der Ostseite, 1380 erbaut, ist nicht nur einer der ältesten gotischen Bauten, mit seinem von Pfeilern gegliederten Staffelgiebel ist er zugleich eines der schönsten.

Der Gastraum des im Erdgeschoss untergebrachten Traditionslokals weiß durch rustikale Eichenausstattung und Sichtmauerwerk zu gefallen. Rechts neben dem Alten Schweden steht das Reuterhaus, in dem sich einst die Hinstorff’sche Hof- und Verlagsbuchhandlung befand. In das nach dem mecklenburgischen Mundartdichter Fritz Reuter benannte spätbarocke Haus zog nach kompletter Rekonstruktion ein nobles Stadthotel ein.

Gotischer Winkel

Der Name für das älteste Quartier der Stadt ist relativ neu. Erst seit etwa 25 Jahren wird es Gotischer Winkel genannt. Als Mittelpunkt fungiert der 81 m hohe Turm der Marienkirche. Er diente früher den Seefahrern als nautische Orientierung für die Einfahrt in den Alten Hafen. In den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs zerstörten alliierte Luftangriffe die zugehörige dreischiffige Basilika. Bis 1960 mahnten die Ruinen an die Katastrophe. Trotz Protesten aus der Bevölkerung wurde das Kirchenschiff letztendlich gesprengt. Seither reckt sich der verwaiste Turm allein in den Himmel. Wieder aufgebaut wurde dagegen das spätgotische Archidiakonat in der Sargmacherstraße. Der von glasierten Ziegeln reich gegliederte Staffelgiebel ist ein Kleinod der norddeutschen Backsteingotik. Im ein paar Schritte von St. Marien entfernten Fürstenhof residierten einst die mecklenburgischen Herzöge. Das als Hochzeitspalast erbaute Schloss demonstriert beispielhaft den Übergang von der Gotik zur Renaissance. Während der Westflügel von 1513 noch im spätgotischen Stil gehalten ist, zeigt sich das 1554 erbaute und mit reichlich Terrakottaschmuck verzierte Neue Haus bereits im Stil eines oberitalienischen Renaissancepalazzos.

Stadtrundgang

image Marktplatz – Der Mittelpunkt der Altstadt ist mit der Wasserkunst, dem Kommandantenhaus, dem Alten Schweden und weiteren historischen Bauten einer der schönsten Marktplätze Norddeutschlands. Mit seinen 10 000 m2 gehört er auch zu den größten in Deutschland.

image Alter Schwede – An dem gotischen Giebelhaus (1380) erinnert neben dem Namen ein Schwedenkopf im Portalbogen an die Schwedenzeit. Seit 1878 befindet sich darin eine Gaststätte.

image Rathaus – Der klassizistische Bau (1819) steht anstelle eines gotischen Vorgängers, der ein paar Jahre zuvor an Altersschwäche einstürzte. Im unversehrt gebliebenen Rathauskeller mit schönem Kreuzrippengewölbe informiert eine Ausstellung über die Stadtgeschichte.

image Turm von St. Marien – Eine Besteigung ist im Rahmen einer Führung möglich, April–Sept. tgl. 10–16 Uhr zu jeder vollen Stunde, im Winter 11–15 Uhr.

image Archidiakonat – Hinter der aufwendigen Zierfassade des Eckhauses (um 1450) am Marienkirchhof wohnte einst der Stellvertreter des Bischofs.

image Fürstenhof – Die frühere Sommerresidenz der mecklenburgischen Herzöge ist heute Sitz des Amtsgerichts.

image Georgenkirche – Die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Kirche wurde nach der Wende wieder aufgebaut und steht seit 2010 als Konzertkirche offen.

image Zeughaus – Das Waffenarsenal und Munitionslager wurde 1701 von den Schweden erbaut. Heute beherbergt es die Stadtbibliothek.

image Nikolaikirche – Die auf das 14. Jahrhundert zurückgehende Backsteinkirche glänzt mit herausragenden Kunstschätzen.

image Schabbellhaus – Im ehemaligen Wohnhaus (1571) des Bürgermeisters Heinrich Schabbell hat das Stadtgeschichtliche Museum Platz gefunden (zurzeit wegen Sanierung geschlossen).

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Brückenhaus über der Grube

Schweden lässt grüßen …

Wie fast überall in Europa riss der Dreißigjährige Krieg tiefe Wunden. Nach diesem fiel Wismar 1648 an Schweden. Die Skandinavier bestimmten fortan für mehr als 150 Jahre die Geschicke der Stadt, bis sie Wismar 1803 für 100 Jahre an das Herzogtum Mecklenburg verpfändeten. Das Pfand wurde nicht mehr eingelöst, so kam Wismar 1903 wieder zu Mecklenburg. Während ihrer Herrschaft bauten die Schweden Wismar zu einem Brückenkopf auf dem Kontinent aus. Aus dieser Zeit stammt beispielsweise das Zeughaus in der Ulmenstraße, das barocke Provianthaus gegenüber vom Alten Wasserturm und das Kommandantenhaus, das mit seinem prächtigen Doppelgiebel und dem schwedischen Königswappen über dem Hauptportal den Marktplatz ziert.

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Historisches Ensemble am Markt, rechts der Staffelgiebel des Alten Schweden

Im August wird mit dem Schwedenfest an die Zugehörigkeit zum schwedischen Königreich gedacht und die Rückgabe an Mecklenburg gefeiert. Der Marktplatz verwandelt sich dabei in ein historisches Heerlager. Viele Skandinavier kommen dann mal schnell zum Mitfeiern rüber, zu Gast sind auch militärhistorische Vereine aus Schweden. Auch die Gastronomie hat sich auf die Gäste aus dem hohen Norden eingestellt. Brathering und Rippenbraten gibt es für die Mecklenburger, mit Schwedentorte, Schwedenhappen und Schwedenteller kommt man dem Geschmack der schwedischen Gäste entgegen.

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Renaissanceportal im Fürstenhof

Infos und Adressen

INFORMATION

Tourist-Information. Lübsche Straße 23a, Tel. 03841/194 33, www.wismar-tourist.de

ESSEN UND TRINKEN

Alter Schwede. Ein Hort Mecklenburger Küche, Deftiges wie Rippenbraten und gefüllte Ente ließ sich schon Königin Sylvia von Schweden munden. Am Markt 22, Tel. 03841/28 35 52, www.alter-schwede-wismar.de

Schwedenwache. Das mit viel Holz und Bleiglasfenstern ausgestattete Traditionslokal am Marktplatz hält zu regionalen und internationalen Spezialitäten auch eine gute Weinauswahl bereit. Am Markt 9, Tel. 03841/227 33 70, www.restaurant-cafe-schwedenwache.de

Café Glücklich. Sehr beliebtes Frühstückscafé mit netter Atmosphäre, auch die Kuchen sind lecker. Schweinsbrücke 7, Tel. 03841/796 93 77.

ÜBERNACHTEN

Alter Speicher. Viersterne-Altstadtquartier in schmuckem Giebelhaus. Unterschiedliche Zimmergrößen, hauseigene Garage. Bohrstr. 12 und 12a, Tel. 03841/21 17 46, www.hotel-alter-speicher.de

Chez Fasan. Preisgünstige einfache Pension in der Altstadt mit Parkmöglichkeit im Hinterhof. Bademutterstr. 20a, Tel. 03841/21 34 25, www.unterkunft-pension-wismar.de

Seehotel am Neuklostersee. Das gut geführte Haus bietet einen gelungenen Mix aus Tradition und Moderne. Seestr. 1, Nakenstorf, Tel. 038422/45 70, www.seehotel-neuklostersee.de (außerhalb der Karte)

SEHENSWÜRDIGKEITEN

PhanTechnikum. Seit Herbst 2012 präsentiert das neue Technikmuseum u. a. Oldtimer und Kleinflugzeuge. Geöffnet Di–So 10–17 Uhr, Juli und August bis 18 Uhr. Zum Festplatz 3, Tel. 03841/25 78 11, www.phantechnikum.de

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Historische Gaststätte: der Alte Schwede am Markt

Welt-Erbe-Haus. Seit 2014 informiert diese Ausstellung über die Geschichte der Stadt. Geöffnet: täglich 9–17 Uhr, März–Okt. bis 16 Uhr. Lübsche Straße 23a, Tel. 3841/22 52 91 01, www.wismar.de/Tourismus-Welterbe/UNESCO-Welterbe

EINKAUFEN

Bernsteinschmuck. Seit 1903 wird mittlerweile in vierter Generation Gold-, Silber- und Bernsteinschmuck hergestellt. Hinter dem Rathaus 4, Tel. 03841/28 35 08, www.bernsteinfischer.de

2 Wismars Nikolaikirche

Monumentale Backsteingotik

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Die nördliche Altstadt von Wismar wird von St. Nikolai dominiert. Die dreischiffige Basilika gilt als spätgotisches Paradebeispiel norddeutscher Backsteinbaukunst. Wie durch ein Wunder überstand sie nahezu unbeschadet den Zweiten Weltkrieg. Im Langhaus fanden etliche gerettete mittelalterliche Kunstschätze aus den zerstörten Nachbarkirchen der Hansestadt einen neuen Standort.

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Monumentale Backsteingotik: die Südfassade von St. Nikolai

Was das Alter angeht, ist die Nikolaikirche nur die Nummer zwei unter Wismars Kirchen. Als Vorbild für den um 1380 begonnenen Sakralbau diente die ältere Marienkirche. An dem monumentalen Bauwerk wurde mehr als 100 Jahre gewerkelt. Bemerkenswert ist, dass trotz der langen Bauzeit am ursprünglichen Bauplan ohne Änderungen festgehalten wurde. Das Langschiff mit seinen imposant in die Höhe greifenden Pfeilern bringt es auf eine Höhe von 37 m. In Deutschland sind nur die Schiffe vom Kölner Dom, Ulmer Münster und der Lübecker Marienkirche höher. Der Turm wurde ursprünglich von einem Dachreiter abgeschlossen. Im Dezember 1703 brachte ein Jahrhundertsturm den Turm jedoch zum Einsturz. Er schlug durch das Dach des Mittelschiffs und zerstörte dabei bedeutende Ausstattungsstücke. Seither trägt der wieder neu aufgebaute Turm anstelle des ursprünglichen Helms nun ein einfaches Satteldach. Ein herausragendes Detail der Basilika ist der Schaugiebel der 1439 errichteten südlichen Vorhalle. Kunstvolle Zierfriese aus glasierten Ziegeln zeigen Fabelwesen und Marienfiguren, darüber besticht eine einem Sonnenrad nachempfundene Maßwerkblendrose.

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Ein Meisterwerk: die Orgel des sächsischen Orgelbauers Mende in St. Nikolai

Mittelalterliche Kunstschätze

Durch den Turmeinsturz im Jahr 1703 ging ein großer Teil der Ausstattung verloren. Von den ursprünglich 41 Altären blieb einzig der Schifferaltar erhalten, so benannt nach der Schifferbruderschaft, die ihn um 1500 in Auftrag gab. Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden etliche aus den zerstörten Nachbarkirchen gerettete Kunstschätze in der Nikolaikirche einen neuen Standort. Der Hochaltar aus St. Georgen beeindruckt durch seine schiere Größe: Mit zehn Metern Breite und vier Metern Höhe ist er eines der imposantesten sakralen Kunstwerke an der Ostseeküste. Im Zentrum des monumentalen Flügelaltars wird die Marienkrönung dargestellt. Die Krönungsszene wird von 40 Heiligenfiguren eingefasst, jede davon steht unter einem Baldachin. Wie in der damaligen Zeit nicht unüblich, ließ sich der wohlhabende Stifter persönlich darstellen – und zwar mit einem gefüllten Geldbeutel unter dem Hauptbild.

Krämeraltar und Taufkessel