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W. A. Hary

TEUFELSJÄGER 013: McArthur lässt das Sterben nicht

„Sein grausiger Tod – und die Verschwörung der Untoten!“


Nähere Angaben zum Herausgeber und Autor siehe WIKIPEDIA unter Wilfried A. Hary: http://de.wikipedia.org/wiki/Wilfried_A._Hary


BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Hinweis:

 

Diese Serie erschien bei Kelter im Jahr 2002 in 20 Bänden und dreht sich rund um Teufelsjäger Mark Tate. Nach Band 21 wird sie hier nahtlos fortgesetzt! Jeder Band ist jederzeit nachbestellbar, sowohl gedruckt als auch als eBook.

 

TEUFELJÄGER 013

McArthur lässt das Sterben nicht

von W. A. Hary:

Sein grausiger Tod – und die Verschwörung der Untoten!“


Ich konnte es noch nicht ahnen, aber das schreckliche Drama von Bredhouse (siehe vorangegangener Band 12) war nur der Auftakt für ein groß angelegtes Komplott des Bösen, um mich ein für allemal zu vernichten. Die nächste Falle wartete bereits auf mich, und sie ist die Steigerung im schlimmsten Sinne des Wortes…


Impressum

Alleinige Urheberrechte an der Serie: Wilfried A. Hary

Copyright Realisierung und Folgekonzept aller Erscheinungsformen (einschließlich eBook, Print und Hörbuch) by www.hary-production.de

ISSN 1614-3329

1


Im Jahre des Herrn 1977


Das Wetter war klar, und am Firmament funkelten unzählige Sterne. Die runde Scheibe des Vollmondes stand hoch am Himmel. Sie zeigte ein gutmütiges Gesicht, das silbernen Schein auf das Land ergoß. Für Liebespaare war eine solche Nacht romantisch, und wegen der nächtlichen Kühle hielten sie sich eng umschlungen.

Doch es gab auch Wesen, denen eine klare Vollmondnacht unerklärliche Kräfte verlieh. Das bewies sich gewöhnlich um Mitternacht, beim Anbruch der Dämonenstunde.

Schlimmes bahnte sich dann an.

In früheren Zeiten, als der Mensch dafür noch ein Gespür gehabt und sich zu schützen gewußt hatte, verrammelte er bei derartigem Geschehen Türen und Fenster. Er erschauerte bis ins Gebein, wenn plötzlich unheimliches Heulen beim Friedhof aufklang, und er hielt es nicht einfach nur für das Heulen eines Hundes, der den Mond anbetete.

Ja, es war heute nacht mal wieder soweit, wenn auch unbemerkt von den Menschen, die sich bis heute zu Ignoranten entwickelt hatten, bar jeglichen Gespürs für die Schrecken der Nacht.

Die Kirchturmglocke läutete zur dunkelsten Stunde, doch es blieb in der nahen Umgebung stumm, als schirme sie eine unsichtbare Mauer ab. Dafür pflanzten sich die Glockenschläge in der Entfernung fort, hallten wider von den Grabsteinen und erreichten die Häuser der Menschen, so auch die Kneipe und Herberge am Rande des Gottesackers.

Dort versuchte der drohende Ton vergebens durch die dicke Eingangstür zu dringen. Nur dumpf klang es durch die kleinen Fenster hinein, ohne daß jemand drinnen aufmerksam wurde, denn das Lärmen hier war lauter.

Und doch hatte vor allem das hier ebenfalls ungehörte Heulen auf dem Friedhof einen beklemmenden Wechsel zur Folge.

Während der Mond lange Schatten auf den Friedhof warf, mischte sich in den Schauerton ein Sausen des aufkommenden Windes, der geisterhafte Nebelfetzen über die Gräber trieb. Unberechenbar war er, kam stoßweise und kalt wie der Atem eines Untoten. Bäume schüttelten ihre dürren Äste, die Knochenfingern ähnlich in den Himmel ragten. Schwarz wirkten sie vor dem hellen Sternenfirmament, hoben sich ab wie Scherenschnitte.

Abermals drang der Klagelaut herüber, diesmal eindringlicher als zuvor.

Und bewegte sich nicht etwas zwischen den Grabreihen - drüben, wo sich die ältesten Gräber und Grüfte befanden?

Büsche kauerten am Boden, gleich sprungbereiten Dämonen. Sie erschauerten unter der Kälte des Windes, der sich plötzlich drehte und die Blätter von den Wegen fegte. Einen irren Reigen tanzten sie.

Nein, was sich da hinten bewegte, konnte unmöglich ein Busch sein. Auch ein Baum war es nicht

Ein Schatten, schwarz wie die Nacht, bewegte sich. Mehr konnte man nicht erkennen. Oder glühten da nicht zwei Punkte in Augenhöhe?

Sie verschwanden wieder, nachdem sie sich kurz in Richtung Herberge gewendet hatten.

War es ein Trugbild, oder war es Wirklichkeit?



*



Auf einmal heulte es scheußlich von allen Seiten gleichzeitig, und das Heulen war so durchdringend, daß es nicht einmal mehr in der Herberge überhört werden konnte.

James »Jim« Latimore, der alte bärtige Haudegen, stand an der Theke, wie es einem rechten Engländer in seinem Pub geziemte - und er fühlte sich auch als rechter Engländer.

Lauschend hob er den Kopf.

Bert Haynes, der spindeldürre Haynes, hielt sich neben ihm an der Theke fest. Seine Stimme klang noch piepsiger als sonst, als er etwas sagte.

Latimore ignorierte es. Er konzentrierte sich auf das schaurige Heulen. Eisig rieselte es ihm über den Rücken.

»He, Jim, wo bist - bist du - mit deinen Gedanken?« fistelte Bert Haynes.

Er sah aus, als wäre er hochgradig magenkrank, war es aber ganz sicher nicht, denn jeder wußte, daß er einen ordentlichen Stiefel vertragen konnte. Bei der Menge, die er im Moment an Alkohol im Blut kreisen hatte, wäre ein Kranker längst hinter der Herberge gelandet - allerdings sechs Fuß unter der Grasnarbe.

»Halt doch mal den Rand«, herrschte ihn Latimore an, und als es Haynes, sein Saufkumpan, nicht aufgeben wollte, weiterzureden, packte er ihn im Genick, daß der arme Kerl befürchten mußte, sein letztes Stündlein hätte geschlagen.

Latimores mächtiger Brustkorb hob und senkte sich unter tiefen Atemzügen. Die Augen waren seltsam geweitet. Man konnte Angst bekommen, wenn man ihn so sah. Dabei war er gerade in dieser Sekunde völlig ungefährlich, denn James Latimore fürchtete sich wie nie zuvor in seinem Leben.

Verdammt, dachte er erschüttert, wieso achtet niemand darauf außer mir?

Unter Aufbietung aller Willenskraft gelang es ihm, den Kopf zu drehen.

Haynes bewegte sich hilflos wie ein Käfer auf dem Rücken, doch aus dem eisernen Griff kam er nicht frei. Latimore war es gar nicht bewußt, daß er seinen schmächtigen Freund im Genick festhielt. Seine schreckgeweiteten Augen richteten sich auf das Fenster.

Draußen war es dunkel. Normalerweise hätte Latimore nichts erkennen können, und doch schien sich die Scheibe in ein surrealistisches Gemälde verwandelt zu haben, in dem jede Einzelheit überdeutlich auszumachen war.

Das Bild besaß Leben. Es war so schauerlich, daß Latimore vermeinte, direkt ins Jenseits zu schauen, und er vermochte es nicht, sich der Anziehungskraft zu entziehen.

Wie in Trance bewegte er sich auf das Fenster zu.

Haynes schleppte er unbewußt mit. Der Arme strampelte und röchelte. Auf halbem Wege gelang es Haynes endlich, sich zu befreien. Japsend blieb er am Boden liegen.

Der Pub war recht gut besucht. Er war der einzige im Dorf und diente auch als Herberge für Fremde, die alle Schaltjahre einmal das Örtchen mit ihrem Besuch beehrten.

Hier traf sich normalerweise alles, was sich im Dorf wichtig genug vorkam oder einfach einmal entspannen wollte.

»Verrückt geworden«, keuchte Haynes mit seiner Fistelstimme. »Total aus dem Häuschen - übergeschnappt!«

Jetzt erst wurden ein paar Gäste auf ihn aufmerksam. Sie lachten. Und dann sahen sie Latimore, und das Lachen blieb ihnen in der Kehle stecken.

Im Nu kehrte Stille ein im Lokal.

Sogar der Wirt, der eben mit einem speckigen Lappen über die Theke gewischt hatte, erstarrte in der Bewegung. Alle blickten sie Latimore an.

Nunmehr konnte das schaurige Heulen ungehindert hereindringen. Da war keine Mauer aus Gesprächsfetzen und Grölen aus rauhen Männerkehlen mehr, das es übertönte.

Den Männern war, als hätte ihnen einer eiskaltes Wasser über die Köpfe gegossen.

»Die toten Seelen erwachen«, murmelte jemand tonlos.

Obwohl er diese Worte mehr zu sich selbst gesprochen hatte, gab es nur einen, der sie nicht verstanden hatte: Latimore!

Er hatte das Fenster erreicht.

In kreisrund geöffneten Augen und auf starren Gesichtszügen irrlichterte es gespenstisch. Dieses Leuchten kam von draußen.

Latimore sah es als einziger. Sein Geist war wie gelähmt.