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In Erinnerung an meinen

Stiefvater Heinz

und seine Unterstützung.

* * *

Ich wünsche meinen Lesern

viel Spaß mit dem

vierten Band aus der Reihe

Dana.

 

Der Autor

 

 

 

 

 

Thomas L. Hunter

 

 

 

 

 

D a n a

 

und das Tagebuch einer

fantastischen Reise

 

 

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© 2018 Thomas L. Hunter

https://thomas-l-hunter.de

Nachweise:

https://www.facebook.com/azraelscoverwelten/

 

 

 

Umschlaggestaltung: Azrael ap Cwanderay

Korrektorat: Malte Eppert

Friederun Baudach - Jäger

Britta Rose

 

 

 

 

Verlag: Hunter Verlag

Printed in Germany

 

ISBN-13: 978-3-947086-19-1

 

 

 

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Inhaltsverzeichnis

Ende des elften Jahrhunderts 7

Kapitel  1 Ein Umzug mit Folgen 11

Kapitel  2 alles nur Legende 21

Kapitel  3 Geralds Vermächtnis 37

Kapitel  4 Ein verwegener Plan 53

Kapitel  5 Gomek allein im Palast 68

Kapitel  6 Rewinas Geheimnis 81

Kapitel  7 Terra incognita! 96

Kapitel  8 Höhlen, Tunnel … rätselhafte Wesen 105

Kapitel  9 Oreichalkos, die Stadt aus Gold! 116

Kapitel 10 Der letzte seines Standes 129

Kapitel 11 Im Land der Leuras 150

Kapitel 12 In den Gefilden der Kleinlinge 172

Kapitel 13 Die Insel Rack 188

Kapitel 14 Familienzusammenführung 210

Kapitel 15 Gefährliche Pfade 226

Kapitel 16 Der Hades 238

Kapitel 17 Tartarus! Das Klubhaus der Dämonen 253

Kapitel 18 Asgard 267

Kapitel 19 Die „Zugereisten“ 288

Kapitel 20 Im Kristallturm 298

Kapitel 21 Was die Zukunft bringt? 309

 

Glossar 319

Weitere Bücher des Autors 325

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ende des elften Jahrhunderts

Es war ein trüber Herbsttag. Tief hingen die Wolken über Burg Falkenhorst. Es sah nach Regen aus. Auf der Plattform einer der Burgtürme stand ein junger Mann und warf einen schwermütigen Blick über die Landschaft. Seine Blicke wanderten weit über das Tal hinaus, in dem das Dorf Falkenstein lag, hinunter bis in die weiten Ebenen. Das alles gehörte seinem Altvorderen, dem Herrn über all diese Ländereien, dem Fürsten von Falkenhorst. Gerald war der erstgeborene Sohn dieses Geschlechts und sollte bald seinen Vater als Clanoberhaupt ablösen. Dem jungen Adeligen war gar nicht wohl dabei. Lieber hätte er gesehen, dass sein jüngerer Bruder dies übernahm. Er musste eine Entscheidung treffen. Bald würde er volljährig sein und in den Ritterstand erhoben werden. Danach gab es kein Zurück mehr.

Da gab es aber noch das andere Problem: Der Kaiser würde bald zur Heerschau rufen. Irgendwo im Abendland hatte sich eine andere Religion ausgebreitet und als Reaktion darauf und auf Drängen des Papstes wollte das Oberhaupt der christlichen Welt den Fürstenhäusern einen Heiligen Krieg aufzwingen. Das wollte Gerald nun gar nicht. Für ihn war es in Ordnung, wenn andere Völker andere Religionen ausübten. Er wollte sich da nicht mit hineinziehen lassen. Sein Vater, mittlerweile weit über siebzig Jahre alt und eine imposante Erscheinung mit einem wettergegerbten Gesicht, war da ganz anderer Meinung.

In Gedanken versunken vernahm er schwere Schritte hinter sich. Sein alter Herr hatte ihn gesucht und hier oben auf der Plattform aufgestöbert. Langsam und selbstsicher ging der Fürst auf seinen Stammhalter zu und stellte sich wortlos neben ihn. Alles, was man von hier aus sehen konnte, hatte er mit Mut, Stärke und dem unerschütterlichen Glauben an sich und die Seinen erschaffen. Seine Triumphe hatte ihn weit über sein Fürstentum hinaus bekannt gemacht. Nun standen beide schweigend nebeneinander und betrachteten die Landschaft.

Gerald nahm seinen ganzen Mut zusammen. Ungestüm wandte er sich seinem alten Herrn zu. »Vater …«, begann er mit fester Stimme, »… ich möchte nicht …!«

Mit einer Geste, die keinen Widerspruch duldete, unterbrach ihn der Fürst. »Mein Sohn, in ein paar Tagen wirst du volljährig sein und in den Ritterstand erhoben. Danach wird dies alles«, er wies mit einem Arm in die Ferne, »künftig dir gehören!«

»Ja, aber ich …«, versuchte es Gerald aufs Neue.

Der herrische Blick seines Vaters ließ ihn stocken. »Du wirst bald in den Krieg ziehen. Meine Armee, meine Soldaten, alle Kämpfer werden dann dir unterstehen und dir bis ans Ende der Welt folgen.«

Gerald nahm einen erneuten Anlauf. »Vater, wir beide verfolgen nicht die gleichen Ziele. Krieg ist nicht meine Intention. Warum übergibst du die Aufgabe nicht an meinen jüngeren Bruder? Er ist viel besser für den Krieg gerüstet und würde dir mit Freuden zu Diensten sein. Er wäre die bessere Wahl.«

Schweigend hatte der Fürst zugehört. Nachdenklich schüttelte er den Kopf. »Du bist der Älteste, es ist deine Aufgabe.«

»Ich bin die falsche Wahl!« Wütend wandte sich der junge Mann von seinem Vater ab, ballte die Fäuste und drückte sie auf die Burgzinne, bis sie schmerzten.

Eine solche Respektlosigkeit konnte der Fürst nicht dulden. »Es ist alles gesagt«, knurrte er verärgert, verließ wutschnaubend den Turm und ließ einen aufgebrachten jungen Mann zurück.

Enttäuscht lehnte sich Gerald an die Zinne. Er hatte sich von dem Gespräch mehr erhofft. Nun musste er doch auf seinen Plan zurückgreifen, um aus dieser unerfreulichen Zwickmühle zu entkommen.

Fernab in den Tiefen des Gebirges gab es ein Volk, dass man Zwerge nannte. Sie waren hoch angesehen und weithin als gute Handwerker bekannt. Selbst sein sonst so eigensinniger Vater trieb Handel mit ihnen. Über die Zeit hatte Gerald sich mit diesen friedliebenden Leuten angefreundet, ganz speziell mit einem einzelnen Zwerg. Dieser galt selbst bei seinem eigenen Volk als Außenseiter, da er ständig auf Reisen ging, um irgendwo irgendetwas zu erforschen und zu entdecken.

Manchmal, wenn sie zusammensaßen und sich über ihre Zukunft Gedanken machten, hatte der Zwerg ihn eingeladen, ihn zu begleiten. Bis vor kurzem kam dies für Gerald nicht infrage, aber nun …? In den letzten Tagen hatte er einiges, was er für eine Reise benötigte, zur Seite geschafft, für den Fall, dass er seinen Vater nicht umstimmen konnte. Dieser war nun eingetreten.

»Ich kann nicht mehr zurück … ich werde es tun!«, murmelte er. »Ich werde mit dem Zwerg reisen. Vater kann seinen Krieg allein führen, ich erforsche lieber die Welt! Ein Notizbuch, das benötige ich noch. Ich werde meine Abenteuer für die Nachwelt festhalten … ja genau, das werde ich!«

Noch vor Anbruch des Tages, vor Sonnenaufgang, schlich er sich davon – nicht, dass ihn doch noch jemand aufhalten würde. Auf einem Hügel blieb er noch einmal stehen. Die Sonne erhob sich langsam über dem Bergkamm. Nachdenklich blickte er zurück auf das Dorf und sein Zuhause, Falkenhorst … seinen Geburtsort. Er setzte sich auf einen Stein, zückte sein Notizbuch und schrieb seinen ersten Satz, seinen ersten Gedanken, in gestochen scharfer Handschrift hinein:

»Das Abenteuer beginnt!«

Sorgfältig verstaute er seine Schreibutensilien. Schweren Herzens erhob er sich, ohne noch einmal einen Blick zurückzuwerfen, und machte sich auf den Weg. Er konnte nicht ahnen, dass er sein Zuhause für lange Zeit nicht mehr wiedersehen würde.

Kapitel 1

Ein Umzug mit Folgen

Dana, eine junge, fünfzehnjährige Magierin, glaubte, ein Déjà-vu zu erleben. Sie lag noch im Halbschlaf in ihrer Schlafnische und verspürte einen leichten Druck auf ihrer Brust, gefolgt von rhythmischen Schlägen kleiner Fäuste. Zusätzlich drang das zarte Stimmchen eines kleinen Wesens an ihr Ohr. »Aufstehen! Wir haben noch was vor!«

Lachend öffnete Dana ihre Augen und sagte: »Würdest du jetzt noch anfangen zu singen, ich hätte geschworen, dass wir diese Situation schon erlebt haben.«

»Wieso singen?« Shari, Danas kleine Fee, hielt mit ihren Aktivitäten inne und sah ihre große Freundin irritiert an.

Lachend schubste Dana das kleine Wesen von der Brust und kletterte umständlich aus der Schlafnische. In der kleinen Küche werkelte schon Tala, ihre Ziehmutter, um für die Langschläferin das Frühstück auf den Tisch zu bekommen. Dana benötigte nach den letzten anstrengenden Monaten anscheinend diese Ruhe. Die Erschaffung des Portales und die Reisen durch die Zeit sowie die in die Zukunft hatten die junge Magierin mehr mitgenommen, als sie zugeben wollte. Sie drückte Tala einen dicken Kuss auf die Wange und wollte sich schon an den Tisch setzen, doch ihre Mutter scheuchte sie mit gespielt ernsthafter Miene ins Bad: »Erst waschen und anziehen! Sonst gibt es kein Frühstück!«

»Aber ich …!«, protestierte Dana.

Doch Tala unterbrach sie. »Papperlapapp, nix aber! Richtig, wie es sich gehört!« Ihre Mutter hielt nichts von Danas magischer Reinigung. Sie liebte es eher klassisch, nämlich mit Wasser. Ein fröhliches Liedchen summend, wandte sie sich wieder ihrer Küchenarbeit zu und rührte weiter in ihren Töpfen und Pfannen.

Etwas verstimmt trottete Dana ins Badezimmer und machte sich daran, sich frisch zu machen. »Immer diese Kleinigkeiten!« Sie blickte Shari, die ihr vom Rand des Waschtisches neugierig dabei zusah, nachdenklich an: »So etwas sagt uns keiner, wenn wir beide unterwegs sind! Oder?«

Die kleine Fee hob den Daumen und zeigte damit ihre Zustimmung. Dana beeilte sich und saß nach ein paar Minuten wieder am Tisch. Es sah schon merkwürdig aus, wie Tala das Ergebnis der Reinigung begutachtete. Dana, mittlerweile fast zwei Köpfe größer, ließ von ihr kontrollieren, ob sie auch ja alle Stellen getroffen hatte. »Ach, bitte! Ich bin doch kein Kind mehr!«, maulte sie.

»Anscheinend doch!«, konterte ihre Ziehmutter. »Sonst müsste ich das ja nicht tun!« Sie griff nach Danas Kopf und drehte ihn, so weit sie konnte, um auch wirklich jede Stelle in Augenschein zu nehmen. Für sie war Dana ungeachtet dessen, was sie bis jetzt geleistet hatte, immer noch ihre kleine Tochter.

»Muss das wirklich sein?« Nur widerwillig ließ Dana diese Prozedur über sich ergehen. »Ich bin schließlich fast sechzehn!«

»Und du vergisst allzu oft die Morgenpflege!« Ein Lächeln huschte über Talas Gesicht, als sie von Dana abließ. »Alles in Ordnung! Es geht doch! Immer muss ich es zweimal sagen. Nun gibt es Essen!«

Die Zwergin füllte gerade die Teller, als die Haustür aufgestoßen wurde und Gomek hereingestürzt kam. Er war Danas bester Freund, früher sogar der einzige. Die anderen Zwergenkinder hatten damals die beiden gemieden, da sie … anders waren, vor allem größer. Doch heute, nach ihren vielen Abenteuern und seinem Aufstieg zum Kronprinzen, waren sie die Helden der Jugend – sehr zum Verdruss von Dana. Ihr gefiel diese Verehrung gar nicht.

»Hallo! Bin ich zu spät? Bekomme ich auch noch was ab?«, begrüßte Gomek freudestrahlend die Anwesenden.

Bevor jemand darauf antworten konnte, verließ Shari mit einem Freudenschrei ihren kleinen Tisch und flog mit den Worten »Mein liebster Frumpel ist da!« auf den Zwerg zu, um ihn zu begrüßen. Es hatte auch schon andere Zeiten gegeben, da hatten sich die beiden wie Elf und Kobold verhalten. Aber das war lange vorbei. Sie klammerte sich umgehend an seinen Hals, dass dem armen Kerl fast die Luft wegblieb.

Dana schüttelte missbilligend den Kopf. Nicht, dass die kleine Fee Gomek bedrängte, das machte sie fast bei jedem so. Nein, es war dieses Wort, das sie irgendwann, irgendwo aufgeschnappt hatte. Als Shari es das erste Mal benutzt hatte, hatte Dana sie entgeistert gefragt, was diese Wortkreation denn zu bedeuten habe. Da hatte ihre Freundin lachend geantwortet: »Frumpel! So nenne ich meine Freunde und Kumpels!«, und sie mit dieser Antwort stehen gelassen. Seit jenem Tage benutzte Shari dieses Wort bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit. Zum Glück hatte sie es vermieden, den König so zu titulieren. »Obwohl … vielleicht hätte er auch gar nichts gesagt. Schließlich hat die kleine Fee bei dem Monarchen einen mächtig großen Stein im Brett«, dachte sich Dana.

Währenddessen hatte Tala ein weiteres Frühstück auf den Tisch gestellt. Mit Schwung nahm Gomek am Tisch Platz und begann sofort mit dem Essen.

»Und da sagt Mutter immer, ich soll mir an ihm …«, platzte es aus Dana heraus.

»Was sagst du?«, unterbrach Gomek sie mit vollem Mund.

»Oh, nichts! Ich sagte, wir haben heute noch einiges vor!« Danas Wangen liefen vor Verlegenheit rosa an. Zum Glück kam gerade Tala wieder an den Tisch, um noch einmal nachzufüllen, und fragte: »Und was habt ihr heute vor?« Ein bisschen Neid klang aus ihrer Stimme, was man von ihr sonst gar nicht kannte. Natürlich wusste sie, dass heute der große Umzug von Gomek und seinen Eltern in den Palast auf der Tagesordnung stand. Sie hätte natürlich lieber Dana als Kronprinzessin gesehen, doch wusste sie auch, dass nur ein Zwerg König werden konnte … und Dana hätte es sowieso abgelehnt.

»Die Umbauten im Palast sind fertig!«, erwiderte Gomek zwischen zwei Bissen. »Damit meine ich die Wohnung meiner Eltern auf der Seite hinter den Räumlichkeiten der Minister«, er schluckte ein weiteres Mal, »und mein Zimmer im Königsquartier.«

»Ah! Dann habt ihr heute einiges zu tun. Wer hilft denn noch dabei?«

Wortlos zeigte der junge Zwerg auf Dana und Shari.

»Das weiß ich doch!«, entgegnete Tala lächelnd. »Toben und deine Eltern natürlich auch, aber wer sonst noch?«

Gomek zuckte nur mit den Schultern und sah Dana verlegen an. »Ses vielleicht?«, nuschelte er mit vollem Mund, während er die letzten Reste seines Frühstücks verdrücke.

Dana schüttelte verneinend den Kopf. »Er wird nicht kommen können. Ich habe ihn gebeten, in der Dämonenwelt Nachforschungen zu betreiben, um herauszufinden, warum das in dieser Zukunft passiert ist.«

Gomek legte grübelnd die Stirn in Falten. »Glaubst du, dass die Dämonen etwas mit der Zerstörung zu tun haben?«

»Keine Ahnung«, brummte Dana. »Aber schließlich haben sie so etwas schon mal geschafft!«

Dana erinnerte sich an die Geschichte, die Erogat ihr erzählt hatte: vom großen Krieg, Licht gegen Schatten, den damals die Dämonen zunächst für sich entschieden hatten, bis mit Hilfe der Magier das Blatt gewendet werden konnte, obwohl diese eigentlich Pazifisten waren.

Nach dem Frühstück machten sie sich auf den Weg zu Gomeks Wohnhöhle, wo sie sich mit seinen Eltern und Toben treffen wollten. Sie hatten es zum Glück nicht weit, da er quasi bei ihr um die Ecke wohnte. Die Begrüßung durch Toben fiel sparsam aus, da die anderen bereits mit dem Ausräumen angefangen hatten. »Na, ihr beiden – Verzeihung, ihr drei?« Er knuffte die kleine Fee sachte. »Kommt ihr auch schon?« Dana murmelte eine Entschuldigung und machte sich umgehend mit ihren Freunden an die Arbeit.

Sie räumten den ganzen Vormittag die Wohnung aus, die vollgestopft von Erinnerungen der Jahrhunderte war. Und während die drei die Sachen auf einen Handkarren luden, brachte die andere Gruppe um Toben schon einen gefüllten zur Regierungspyramide und entlud ihn dort. Schließlich befand sich die neue Wohnung im Palast.

Auch die Sachen von Gomeks Urgroßvater, der vor ewigen Zeiten verschwunden war, lagerten noch in der alten Behausung in einer Ecke. Diese wanderten ebenfalls auf den Handkarren. Um die Mittagszeit hatten sie die Wohnung fast leergeräumt, bis auf eine eisenbeschlagene Kiste, die Dana plötzlich magisch anzog. Wie hypnotisiert steuerte sie darauf zu, als Gomek neben ihr auftauchte und meinte: »Was machst du denn noch hier?« Er beobachtet sie dabei, wie sie schweigend, ohne auf ihn zu reagieren, die Kiste öffnete. Ihr Inhalt bestand aus einer Menge alter Bücher, die sie nun einzeln herausholte und sofort zu lesen begann. Fasziniert betrachtete Gomek sie dabei eine Zeitlang, bis er beunruhigt nach ihrer Schulter griff und sie vorsichtig schüttelte. Erschrocken sah sie ihn an: »Was hast du gesagt?«

Erstaunt blickte er zurück. »Ich? Gesagt? Das war vor gut einer halben Stunde!«

»Das kann nicht sein! Ich habe doch gerade erst …« Sie betrachtete erst das Buch in ihrer Hand und anschließend den Inhalt der Truhe. Irritiert schüttelte sie den Kopf und flüsterte: »Das kann nicht sein!« Dann gab sie sich einen Ruck und sah Gomek fragend an. »Weißt du, was dieses hier alles ist?«

»Äh … nein! Oder … doch! Bestimmt Sachen von meinem Uropa«, brummte er.

»Richtig!«, entgegnete Dana fröhlich. »Tagebücher, passender: Reisetagebücher, deines Urgroßvaters. Ich habe ein bisschen in ihnen gelesen. Wo der überall gewesen ist! Fantastisch! Da kommen wir noch nicht ran!«

Gomek schmunzelte. »Ist doch klar! Schließlich war er um vieles älter als wir. Außerdem kennst du doch schon eins davon!«

Dana sah ihn irritiert an.

»Unsere erste Reise zu den Höhlen? … Das Reisetagebuch!«, erklärte er ihr.

Dana überlegte kurz und nickte schließlich. »Stimmt! Damals hattest du ein Buch deines Urgroßvaters mit.« Sie wandte sich wieder der Truhe zu. »Aber hier stimmt etwas nicht! Da fehlen anscheinend einige, oder zumindest eins seiner Bücher!« Sie begann die Nummern der Bücher aufzuzählen: »1,2,3, … 8, … Da ist eins nicht da! Siehst du? 10, 11, … 15 und so weiter! Genau hier fehlt ein Buch!« Sie zeigte auf eine Lücke zwischen den Büchern. »Das neunte!«

»Glaubst du nicht, dass es das ist, was wir früher schon einmal benutzt haben?«, versuchte Gomek einer Erklärung.

Dana schüttelte den Kopf. »Das ist hier!« Sie tippte auf eines der andern Bücher. Schließlich begann sie unruhig die Kiste auszuräumen. Wie in Trance nahm sie Buch um Buch heraus, bis der gesamte Inhalt vor ihr auf dem Boden lag. »Siehst du … nichts!« Ihre Stimme klang verzweifelt.

Sachte ergriff Gomek ihre Hände und zog sie vom Boden hoch. »Aber das macht doch nichts! Es sind doch nur die alten Bücher meines Urgroßvaters. Toben weiß bestimmt mehr darüber! Wenn wir mit dem Umzug fertig sind, kannst du ihn danach fragen.«

Dana schüttelte ihre Benommenheit ab und begann alles wieder einzupacken. »Du hast wahrscheinlich recht. Nur … was war eigentlich mit mir los?«, brummte sie und schloss mit Schwung den Deckel der Truhe. Anschließend transportierte sie diese mit Gomeks Hilfe vor die Tür. »Natürlich!«, stieß sie verärgert hervor. »Die anderen sind schon wieder vorausgegangen!«

»Was dachtest du denn? Sitzt hier über eine Stunde, schmökerst in den alten Schwarten von meinem Urgroßvater und glaubst, dass die anderen auf dich warten! Das kann doch nicht dein Ernst sein!«, knurrte Gomek verdrießlich. »Komm, fass mit an. Vielleicht holen wir die anderen noch ein.«

Dana griff schweigend nach einer freien Stelle des Zugbügels, und während es sich Shari auf dem Handwagen bequem machte, zogen die beiden den Wagen in Richtung Pyramide. Nach einer Weile wolle Gomek wissen: »Warum ziehen wir eigentlich diesen Karren, wo du doch mit Magie …«

Dana unterbrach ihn mit gespielt ernster Miene: »Magie ist nicht zu meinem Vergnügen da! Sie sollte nur mit Bedacht eingesetzt werden.«

Gomek sah sie mit großen Augen an. »Wirklich?«

Dana begann zu lachen. »Ach was! Das ist Erogats Spruch! Er sagte es oft während meiner Ausbildung. Der einzige Grund ist: Ich finde es gut, etwas mit den Händen zu machen.«

Sie setzten sich wieder in Bewegung und erreichten etwas später die Regierungspyramide. Dort angekommen, brachten sie die letzten Teile nach oben in die neue Wohnung von Gomeks Eltern. Leider konnte sich Dana das Zimmer, das man für ihren Freund zusätzlich beim König in den Felsen hineingearbeitet hatte, nicht ansehen.

»Schade, nicht wahr? Aber der Monarch ruht gerade«, entschuldigte sich Gomek grinsend. »Die Aussicht vom Balkon über das weite Land hätte dir bestimmt gefallen. Ich glaube, die Wohnung meiner alten Herrschaft hat auch einen!«

Die drei machten sich auf den Weg, das neue Refugium von Gomeks Eltern zu inspizieren. Sie passierten den Thronsaal und betraten den Gang, der zum Büro des Premierministers führte. Früher endete dieser Gang an einer Wand, doch mittlerweile hatten die Zwerge eine Tür hinein- und dahinter die gesamte Wohnung aus dem Felsen gehauen. Sie war nicht besonders groß, besaß aber zwei Balkone. Von einem blickte man hinunter auf den großen Platz. Dana sah hinunter auf die wunderschönen Mosaike, die eine Hochzeit von Zwergen darstellten. Ihr Blick verharrte auf dem Ehrenmal von Gomek, Shari und sich selbst. Sie mochte es nicht besonders. Damals hatte sie diese Ehrung nur widerwillig akzeptiert. Schließlich hatte sie nur helfen wollen und es nicht für Ruhm und Ehre getan. Langsam schlenderte sie durch die Räume auf die andere Seite der Wohnung, bis sie den anderen Balkon erreichte. Schweigend betrat sie ihn und genoss den Anblick, der sich ihr darbot.

Dort stand sie geistesabwesend und blickte verträumt auf die bunte Landschaft vor sich, als Toben neben ihr erschien und sie aus ihren Träumen riss. »Geht’s dir gut?« Er hatte sie eine ganze Weile beobachtet, wie sie da schweigend und unbeweglich gestanden hatte.

»Wer? Mir … Natürlich! Aber ich habe …« Unvermittelt packte sie den Zwerg mit beiden Händen an den Schultern und drückte ihn sanft in einen Stuhl, der in einer Ecke des Balkons stand. »Was weißt du über das verschollene Tagebuch von Nargot?«, bedrängte sie ihn übergangslos.

Irritiert sah der Überrumpelte sie an. Vollkommen überrascht stotterte er: »Nichts … nicht viel! Alles nur Gerüchte und das, was mir mein Vater damals erzählt hat.«

»Und …?«, forschte Dana weiter.

Während Toben weitersprach, befreite er sich sachte aus ihrem Griff. »Und?! … Nur so viel, dass der Vater unseres jetzigen Königs Nargot dieses Buch weggenommen und ihm gleichzeitig verboten hatte, jemals darüber zu sprechen.« Er sah sich verschwörerisch nach allen Seiten um, als wenn er glaubte, jemand könne ihn belauschen. Er winkte Dana wieder näher an sich heran und flüsterte ihr ins Ohr: »Nargot sprach einmal davon, dass er in jungen Jahren auf seinen Reisen eine geheimnisvolle Stadt entdeckt habe, irgendwo tief im Erdinneren! Damals, lange vor meiner Zeit, hatte er jedem davon berichtet und so die jugendlichen Zwerge dazu gebracht, auch diese Stadt zu suchen. Schließlich wurde er vor den König zitiert. Mein Urahn erhielt ein Verbot, jemals wieder darüber zu sprechen. Damit nicht genug, sie nahmen ihm auch noch das Tagebuch weg. Ich glaube, das hat er nie verwunden. Als ich noch ein junger Zwerg war, verschwand er endgültig aus unserem Leben und aus der Zwergengemeinschaft. Niemand hat seit diesem Tage jemals wieder etwas von ihm gehört oder gesehen.«

Dana wandte sich von ihm ab und sah nachdenklich in die Ferne. Plötzlich drehte sie sich wieder Toben zu. Der hob abwehrend die Arme. Lächelnd drückte sie diese herunter. »Entschuldigung! Ich bin etwas durch den Wind. Aber glaubst du, dass dieses Buch noch existiert?«

Erleichtert, dass Dana sich wieder normal benahm, entgegnete Toben zaghaft: »Keine Ahnung. Man munkelt, dass es zerstört wurde … aber daran glaube ich nicht. Wir Zwerge zerstören nicht einfach unüberlegt etwas!«

»Außer es geschehen Naturgewalten!«, meinte Dana lachend und spielte damit auf die abgebrannte Bibliothek an.

»Warum interessierst du dich eigentlich dafür?«, wollte Toben wissen. »Es ist schon so lange her und ich weiß nicht einmal, ob das wirklich alles geschehen ist.«

Dana kratzte sich nachdenklich am Kopf: »Ich habe keine Ahnung! Ich habe nur das Gefühl, das es für mich äußerst wichtig ist. Mehr kann ich dazu auch noch nicht sagen. Man wird sehen.«

Sie wurden unterbrochen, Gomek erschien auf dem Balkon. »Was macht ihr hier? Die anderen suchen bereits nach euch. Das Essen ist fertig.«

Während sie sich aufmachten und zum Essen gingen, gab Dana Gomek einen kurzen Überblick über das Gespräch mit Toben. Er wollte natürlich auch etwas dazu sagen, doch Dana ließ es nicht zu. »Später, wenn wir allein sind!« Sie spürte genau, da kam etwas Rätselhaftes auf sie zu.

Kapitel 2

Alles nur Legenden?

Es war schon später Nachmittag, als die drei Freunde das Regierungsgebäude verließen. Dana und ihre Fee wollten nach Hause und Gomek noch einmal in die alte Wohnhöhle gehen, um zu prüfen, ob sie dort nichts übersehen hatten. Ins Gespräch vertieft hatten sie gerade die Mitte des großen Platzes erreicht, als Shari mit einem Freudenschrei Danas Schulter verließ und zum Rand des Platzes flog.

»Was ist denn mit Shari los?« Gomek unterbrach das Gespräch mit seiner Freundin und sah der kleinen Fee verwundert hinterher.

»Keine Ahnung …?« Auch Dana sah ihr nach. »Oh, ich verstehe. Besuch ist eingetroffen!«, murmelte sie überrascht.

Mittlerweile hatte Shari das Ende des Platzes erreicht und begrüßte dort freudig eine andere Fee, die sie von der Menschenwelt her kannte. Sie brachte das kleine Geschöpf zu Dana, die es nun auch erkannte. Es war eine der Feen, denen sie bereits auf Schloss Falkenhorst begegnet war. Erschöpft sank das kleine Wesen in Danas Arme. Der Flug hierher hatte das arme Ding völlig ausgelaugt.

»Wir bringen sie am besten zu uns nach Hause!«, schlug Dana vor, während sie sanft das kleine Köpfchen des Geschöpfes streichelte.

Sie beeilten sich und erreichten kurz darauf Danas Zuhause. Die Wohnküche war verwaist und Tala nicht zu sehen. Die drei scharten sich um den Küchentisch und setzten die kleine Besucherin auf Sharis Tisch, da selbst der Stuhl von Danas kleiner Freundin für die Besucherfee zu groß war.

Nachdem sich die Kleine etwas erholt hatte, begann sie mit ihrer Erläuterung, warum sie den weiten Weg auf sich genommen hatte, um Dana zu treffen. »Letztendlich geht es unserem alten Schlossherren nicht gut. Er möchte dich noch einmal sehen und etwas mit dir besprechen. Es ist sehr wichtig! Kommst du nach Schloss Falkenhorst? Bitte!«, beendete die kleine Fee ihre Schilderung und sah Dana beschwörend aus großen Augen an.

Dana konnte nicht anders und lachte fröhlich auf. »Aber natürlich komme ich!« Sie sah Gomek fragend an. »Und? Kommst du auch mit?«

»Klar!«, antwortete er. »Wann brechen wir auf?«

Sie waren noch tief ins Gespräch vertieft, als Tala schweigend die Küche betrat und die Freunde bei ihrer Unterhaltung beobachtete. Verwirrt lauschte sie, wie sie sich angeregt mit Sharis Tisch unterhielten. Nun doch etwas beunruhigt, räusperte sie sich und machte auf sich aufmerksam. Erschrocken fuhr Dana herum und stieß hervor: »Ach, du bist es nur! Hast du uns aber erschreckt!«

Tala trat an den Küchentisch heran und betrachtete Sharis kleinen Esstisch nachdenklich. »Was gibt es denn hier so Interessantes, dass ihr euch mit einem Tisch unterhaltet?«

»Mit einem … Tisch?!« Dana sah sie verblüfft an und begann schließlich zu lachen. »Aber nicht doch!« Sie schnappte lachend nach Luft.

Tala sah sie böse an. Sie glaube mittlerweile, die drei würden ihr einen Streich spielen. Als Dana von Shari die Nachricht erhielt, was Tala gerade durch den Kopf ging, wurde sie sofort wieder ernst und wiederholte: »Aber nicht doch!«, sprang dann auf und nahm ihre Mutter in den Arm. »Wir spielen dir keinen Streich! Wir haben Besuch aus der Menschenwelt bekommen!« Sie zog Tala zu einem Stuhl und drängte sie sanft dazu, sich zu setzen. Schließlich deutete sie auf den kleinen Tisch. »Vor dir siehst du eine Fee von Schloss Falkenhorst.«

Tala sah erst den Tisch und danach ihre Tochter entgeistert an. »Ich sehe nichts! Obwohl ich gerne mal eine andere Fee gesehen hätte. Außer Shari kenne ich noch keine.«

Dana schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Stimmt ja! Du kannst … schließlich haben wir keinen Frosch … hatte ich vergessen!« Sie sah den verwirrten Blick ihrer Mutter und brach ihre Erläuterung ab, um ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter zu legen. »Das bekommen wir vielleicht auch anders hin.«

Nun begann Dana leise „auf den Tisch einzureden“, bis sie die kleine Fee überzeugt hatte, dass ihre Mutter keine Bedrohung sei. Schließlich wurde das kleine Ding sichtbar, erhob sich und flog auf Tala zu, um sie zu begrüßen. Die Zwergin zitterte leicht vor Aufregung, als sich das winzige Wesen in ihre Hand setzte und sie die Fee sogar anfassen konnte.

»Ist die niedlich! Und so klein …«, flüsterte sie, um die Fee nicht zu erschrecken. »Ich glaube, keiner der anderen Zwerge hat jemals eine Fee oder einen Elfen gesehen!«, überlegte sie laut, während sie das kleine Geschöpf betrachtete.

Gomek erhob umgehend Einspruch dagegen: »Einen gibt es bestimmt: meinen Urgroßvater!«

»Aber natürlich, wie konnte ich ihn nur vergessen!«, meinte Tala lachend. »Er war schließlich überall immer der Erste!«

Das klang jetzt mehr ironisch. Zum Glück ging Gomek nicht näher darauf ein. Er wollte lieber von Dana wissen, wann sie zum Schloss aufbrechen würden. Doch hier unterbrach Tala energisch: »Heute wird nirgends mehr hin aufgebrochen! Es ist fast Mitternacht! Ihr könnt morgen früh losziehen!«

»Fast Mitternacht? Wie die Zeit vergeht!«, erwiderte Dana fröhlich. »Aber Mutter hat recht! Wir brechen morgen früh auf. Und du?« Sie sah die kleine Schlossfee fragend an. »Kommst du morgen auch mit uns? Oder möchtest du …«

»Ich mache mich gleich auf und fliege schon voraus!«, unterbrach die kleine Fee Dana freundlich. »Der alte Herr erwartet mich bestimmt voller Ungeduld … vor allem aber wartet er auf Nachricht von dir, ob du vorbeikommst!« Sie verabschiedete sich von den Anwesenden und flog anschließend allein davon.

»Schade!«, fand Shari. »Es hätte bestimmt Spaß gemacht, mit ihr zu reisen.«

Dana stimmte ihr zu, reckte sich und begann zu gähnen. Tala entging das nicht. Sie klatschte in die Hände und scheuchte die müden Freunde hoch: »So, ihr Lieben! Ende der Sitzung! Wir müssen alle früh raus!«

»Du hast wie immer recht«, knurrte Gomek verschlafen und trottete zur Tür. »Wir sehen uns dann morgen früh!« Kraftlos winkte er ihnen zum Abschied zu, bevor er die Tür von außen ins Schloss zog. Dana bekam davon kaum noch etwas mit. Sie schleppte sich in ihre Schlafnische und fiel in einen unruhigen Schlaf. Sie träumte von gefährlichen Abenteuern auf der Festung und wie sie die Gartenfeen vor dem Angriff eines Riesenrettichs beschützte.

 

Am nächsten Morgen wachte Dana ziemlich verstört auf. Auch Shari war nicht besser gelaunt. Durch ihre Verbindung hatte die kleine Fee das Gleiche geträumt wie sie.

»War das nicht ein merkwürdiger Traum?«, wollte Dana von ihrer kleinen Freundin wissen, während sie sich ankleidete.

»Und wie!«, knurrte Shari und schüttelte sich verstört. »Das hättest du dir auch verkneifen können … obwohl, der Kampf gegen den Rettich, der war echt gut!«, grinste sie nun wieder fröhlich.

»Hoffentlich treffen wir nicht wirklich auf so ein Ding!«, erwiderte Dana gespielt ernst, worauf beide in johlendes Gelächter ausbrachen. Sie hörten erst auf, als Gomek sich von der Wohnküche her bemerkbar machte. »Was gibt es denn so zu lachen?« Er war schon recht früh aufgestanden und saß bereits hungrig am Tisch. Wenn es um Essen ging, war er stets der Erste! Dana setzte sich zu ihm und erzählte ihrem Freund von dem Traum, den sie letzte Nacht gehabt hatte. Doch statt darüber zu lachen, zog er nachdenklich eine Augenbraue hoch. »Ich habe auch von dem Schloss geträumt!«, flüsterte er ihr zu.

Dana sah ihn ungläubig an. »Und? Hat dich eine Tomate angegriffen?«, prustete sie los.

Er warf ihr einen strafenden Blick zu: »Bei deiner Geschichte hab ich doch auch nicht gelacht!«, knurrte er ärgerlich. »Und: nein! Ich habe von einem Brunnen geträumt, der ein Geheimnis in sich birgt.«

Nach dem Frühstück und der obligatorischen Abschiedszeremonie von Tala machten sich die drei auf den Weg. Gomek war so aufgeregt, dass er Dana ständig mit Fragen löcherte. Zum Beispiel wollte er wissen, was es außerhalb der Höhlen für Besonderheiten gebe und was ihnen auf ihrem Weg für Gefahren begegnen könnten. Es hatte ihn schon etwas gestört, dass er sein Schwert nicht mitnehmen durfte. Doch Dana hatte darauf bestanden und ihn davon abgehalten. »Außerhalb des Berges und in diesem Jahrhundert ist es nicht mehr zeitgemäß, mit einem Schwert durch die Gegend zu ziehen! Damit fällt man zu sehr auf!« Also hatte er sich murrend von seiner Waffe getrennt und sie im Palast zurückgelassen. Während sie dem Pfad durch das Gebirge folgten, versuchte Dana, seine Fragen, so gut sie eben konnte, zu beantworten und ihm zusätzlich noch so viel wie möglich von der Menschenwelt zu berichten. Sie endete schließlich mit dem Satz: »Und vor allem verhalte dich unauffällig!«

Gomek zog verlegen eine Augenbraue in die Höhe. »Na toll! Und wie macht man das?«, feixte er und stellte sich steif wie ein Brett vor sie hin. »So etwa?!«

Dana schüttelte irritiert ihren Kopf. »So bestimmt nicht! Mach einfach alles so wie ich, dann sollte eigentlich nichts schiefgehen!«, erwiderte sie lachend.

Gut gelaunt folgten sie dem Weg weiter, den Ses damals schon mit Dana gegangen war. Es war bereits später Abend und die Dunkelheit war über sie hereingebrochen, als sie schließlich eine kärglich aussehende Hütte erreichten.

»Wo sind wir hier? Ist das die Hütte der Zw...« Gomek deutete auf das kleine Gebäude, als er von Dana unterbrochen wurde.

»Hast du das vergessen? Ich hab dir doch von ihnen erzählt … den Zwergen, die außerhalb der Höhlen lebten!« Ohne eine Antwort abzuwarten, stieß sie die Tür auf und betrat den Wohnraum. »Ein bisschen Licht wäre jetzt angebracht, um …«, murmelte sie, als der Raum auch schon in milchigweißem Licht erstrahlte. Sie wollte sich gerade bei ihrer kleinen Fee bedanken, als diese oben an der Treppe zum Schlafraum erschien. »Aber wer …?!« Verwundert drehte sie sich um und sah Gomek fragend an. Dieser freute sich wie ein Schneekönig, dass er seine Freundin mit der Lichtkugel über ihren Häuptern überrascht hatte. Während er die Arme sinken ließ, flüsterte er ihr voller Stolz zu: »Ich habe ordentlich geübt! Und Licht machen liegt mir besonders!«

Dana war sprachlos, bis ihr endlich die passenden Worte einfielen und sie ihm beim Sprechen begeistert auf die Schulter klopfte. »Das hast du wirklich gut gemacht! Hut ab! Weiter so, dann wirst du noch so gut wie Shari!«

Gomek reckte sich zu seiner vollen Größe auf. »Meinst du wirklich?!«

»Bestimmt! Immer nur weiter üben!«, erwiderte sie und schlenderte in Richtung des Kamins.

Wie zuvor mit Ses untersuchten die drei die Hütte erneut vom Erdgeschoss bis zum Dachboden, doch ohne Erfolg. Hier gab es nichts Neues mehr zu entdecken. »Die Hütte hat ja nicht einmal einen Keller«, wunderte sich der Zwerg, nachdem sie sich entmutigt am Tisch niedergelassen hatten.

»Ja, schade«, brummte Dana, »Ich dachte, du würdest vielleicht noch etwas zutage bringen. Schließlich sollen diese Zwerge eine Mine besessen haben.«

»Eine Mine?!«, erwiderte Gomek erstaunt. »Wie kommst du darauf?«

Nun berichtete Dana ihm von einem Buch, das sie in einer der Bibliotheken der Menschen gefunden hatte. »Und diese Zwerge sollen Edelsteine zutage gefördert haben«, schloss sie gedankenvoll.

»Und was ist mit dem Mädchen, von dem du sprachst?«, wollte er wissen.

Sie zuckte verlegen mit den Schultern. »Da stand, glaube ich, dass sie einen Prinzen gefunden hatte und glücklich bis ans … jedenfalls gab es ein glückliches Ende.«

Sie unterhielten sich noch eine Zeitlang, bis Danas Blick auf Shari fiel. Die kleine Fee hatte es sich zwischenzeitlich gemütlich gemacht und schlummerte tief und fest. Dana stieß Gomek an und deutete auf Shari. »Das sollten wir jetzt auch machen!«, flüsterte sie und gähnte herzhaft. Er stimmte ihr zu und schlief übergangslos ein.

 

Am nächsten Morgen erwachte Dana aus einem unruhigen Schlaf und sah sich verstört um. Sie brauchte einige Zeit, bis sie sich wieder zurechtfand. »Ah ja! Wir sind in der Hüt...« Dana brach mitten im Satz ab: Gomek, der eigentlich neben ihr auf dem Boden liegen sollte, war verschwunden. Da es nicht seine Art war, sich einfach ohne Abmeldung zu verdrücken, sprang sie hektisch auf und rief nach ihm. Nachdem sie keine Antwort erhielt, stürmte sie nach draußen und wäre beinahe über ihn gestolpert. Gomek lag vor ihr auf dem Boden und wand sich vor Schmerzen.

»Was ist los mit dir?!«, rief sie vor Schreck. »Wie kann ich dir helfen?« Voller Panik kniete sie sich neben ihn und drehte ihren Freund langsam auf den Rücken, um ihn vernünftig untersuchen zu können. Irritiert sah sie einem knallroten Apfel hinterher, der ihm langsam aus der Hand rollte.

»Oha!«, murmelt Dana. »Die Legende der Menschen stimmt ja tatsächlich! Hier wurden die Äpfel vergiftet!« Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, begann sie Gomek zu heilen. Dazu fuhr sie ihm mit ihren Händen über seine Magengegend. Je länger sie diese Bewegung ausführte, desto besser ging es ihrem Freund, bis er schließlich aufhörte zu stöhnen. Als sie die Gesundheit ihres Freundes wiederhergestellt hatte, war auch sie wieder ein Stück weit beruhigt und hielt ihm schlussendlich eine freundschaftliche Standpauke: »Das ist noch eine Lektion, die du nun schmerzlich gelernt hast: nicht überall alles zu essen! Es könnte ungenießbar sein!« Zu guter Letzt erklärte sie ihm, dass es vermutlich die Äpfel gewesen seien, die er gegessen habe. »Das wurde gestern Abend in meiner Geschichte anscheinend nicht erwähnt: Hier um diese Hütte herum wurden die Äpfel vergiftet!«, endete sie.

Gomek betrachtete sie nachdenklich und setzte sich auf: »Hab ich doch gar nicht!«, brummte er schließlich. »Ich habe wilde Beeren gesammelt und diese gegessen! Vielleicht etwas zu viele?!«

Verdutzt sah Dana ihn an. Dann lächelte sie und zog ihn vollends vom Boden hoch. »Na schön, du Vielfraß! Wir müssen weiter!«

Schließlich war auch Gomek so weit und sie marschierten los. Es war noch ein weiter Weg bis zur Festung Falkenhorst.

 

Ein paar Tage später erreichten sie die kläglichen Überreste der einstmals stolzen Feste. Gomek blieb vor der eingefallenen Zugbrücke stehen. »Da sollen wir rüber?! Und in dieses Gemäuer willst du mich schleppen? Da bleibe ich lieber hier draußen! Ist bestimmt sicherer!«, knurrte er verstimmt.

Ohne ein Wort zu verlieren, vollführte Dana eine Bewegung mit der Hand und die Zugbrücke war wiederhergestellt.

»Blödbommel!«, feixte Shari. Und Dana setzte lachend fort: »Ich habe bei meinem letzten Besuch einiges erneuert und diese Reparaturen anschließend getarnt. Du kannst jetzt unbesorgt hinüberschreiten!« Sie deutete mit einer ausladenden Geste auf den Übergang.

»Und warum das alles?!«, fragte Gomek verwirrt.

»Damit Wanderer oder die Bewohner des nahen Dorfes nichts davon mitbekommen!«, erläuterte sie grinsend. »Und? Kommst du nun?«

»Äh … ja«, brummte er, »und warum hast du es mir nicht gleich gesagt?!«

»Vergessen!«, lautete ihre spitzbübische Antwort. Sie schob ihn ohne ein weiteres Wort über die Brücke in Richtung Burghof.

Dana hatte seinerzeit ganze Arbeit geleistet. Das Gemäuer machte nach außen hin einen kläglichen Eindruck. Dieser änderte sich auch nicht, als sie den Burghof betraten, in dem sie bereits erwartet wurden. Die kleine Gartenfee begrüßte sie erfreut und führte die Gäste in das einzige komplett erhaltene Gebäude, den Wohnkomplex des Schlossherren. Erst hier zeigte sich, wie sorgfältig Dana alles repariert hatte: Keinerlei Risse durchzogen mehr die Wände, das Dach war dicht und in der Lage, seiner Bestimmung nachzukommen und den Regen abzuhalten. Auch sonst war alles wieder in bester Ordnung.

Während die Gäste sich im Raum umsahen, steuerte die kleine Gartenfee ein uraltes, edles Liegesofa an, auf dem Dana den alten Schlossherren schlafend erblickte. Es schien ihm nicht gutzugehen. Sein Atem war flach und wurde von rasselnden Geräuschen unterbrochen. Die Fee setzte sich auf das Kissen des Alten und zupfte ihm sachte am Haar. Nach mehrmaliger Wiederholung dieser Prozedur öffnete der alte Schlossherr schließlich müde die Augen und brummte: »Was möchtest du denn, meine Liebe, ich war gerade …« Er brach ab, als er seinen Besuch erblickte, der unschlüssig in der Mitte des Raumes verharrte, öffnete dann vollends die Augen und wollte sich aus der Liegeposition hochstemmen. Jedoch sackte er erfolglos wieder zurück und wurde von einem mächtigen Hustenanfall geschüttelt.

Dana eilte umgehend zu ihm und legte ihre Hände auf seine Brust. Anschließend schloss sie ihre Augen und sprach einige für die Umstehenden unverständliche Worte. Diese Prozedur wiederholte sie einige Male, bis es dem Schlossherren wieder besserging. Langsam richtete er sich auf und sah die junge Magierin dankbar an.

»Vielen Dank, Dana, dass du mir geholfen hast!«, sagte er und tippte sich mit dem Zeigefinger an die Brust. »Mir geht es schon wieder viel besser!« Dana winkte ab und wollte etwas erwidern, doch der Alte fuhr fort: »Wer ist denn das … und sah dein Begleiter nicht anders aus?«, brachte er hervor, während er auf den Zwerg deutete.

Jetzt, wo sie zu Worte kam, erklärte Dana dem Schlossherren, dass dies ein anderer Freund von ihr sei und er vom Volk der Zwerge war. »Gomek, so heißt er, ist seit geraumer Zeit der Thronfolger unseres Königs!«, schloss sie ihre Erklärung.

Verblüfft sah der Alte den neuen Besucher an und meinte: »Ist er nicht ein bisschen großgewachsen für einen Zwerg?!«

»Nur für die, die mich nicht kennen!«, brummte Gomek und machte sich daran, mit einer der Feen Wasser aufzusetzen, denn der alte Herr hatte ihnen Tee angeboten. Unterdessen sah der Schlossherr Dana verlegen an: »Habe ich ihn beleidigt? Das wollte ich nicht!«

»Das geht auch wieder vorbei!«, erwiderte Dana lachend. Nachdem Gomek jedem eine Tasse Tee gereicht hatte, sah sie den Alten nachdenklich an und fragte: »Du hast uns doch nicht nur zum Tee hierher bestellt, oder? Bestimmt benötigst du meine Hilfe … also, womit kann ich dienen?«

Der Alte räusperte sich verlegen. Bevor er anfing, schickte er seine Gartenfee los, um die anderen Feen zu holen. »Das, was ich dir zu sagen habe, betrifft nicht nur dich, sondern auch meine kleinen Freunde. Also warten wir noch etwas.«

Es dauerte eine geraume Zeit, bis sich gut ein Dutzend der kleinen Wesen um sie geschart hatte. »So«, begann nun der Alte, »jetzt sind alle hier.« Man sah ihm an, dass er nach den richtigen Worten suchte. Endlich wandte er sich Dana zu: »Wie du weißt, leben wir Menschen nicht sehr lange.« Schweigend sah er in die Runde, bevor er weitererzählte: »Ich bin jetzt in einem Alter, wo ich jeden Tag abberufen werden kann. Ich habe keine Nachkommen und niemanden, der dieses alles hier«, er machte eine weit ausladende Geste mit dem Arm, »erben könnte.«

Wieder legte er eine Pause ein, da es ihm schwerfiel, darüber zu sprechen. Er streichelte nachdenklich den Kopf einer seiner Gartenfeen. »Diese kleinen Wesen benötigen Schutz! Sobald ich nicht mehr bin, würden Geschäftemacher kommen und …«

Dana unterbrach ihn sanft: »Woher weißt du das denn so genau?«

»Es waren bereits Fremde hier, die mir diese Festung abkaufen wollten!«, zischte der Schlossherr und lachte grimmig. »Ein Hotel wollten sie hier bauen! Touristen sollen diese schöne Bergwelt erklimmen und was weiß ich noch alles!« Er begann wieder schwer zu atmen, so dass Dana Angst bekam, er würde wieder einen Anfall bekommen. Zum Glück war dem nicht so. Langsam beruhigte er sich wieder und sprach weiter: »Und hier kommst du ins Spiel!« Er griff nach einem Zettel, der vor ihm lag, und las davon ab. »Ich, Horazio von Falkenhorst, vererbe dir, Dana, all meine Besitztümer inklusive meiner Gartenfeen. – Wobei ich dir natürlich meine kleinen Freunde nicht vererben kann«, fügte er lächelnd hinzu. »Du sollst dich nur um sie kümmern! Schließlich ist dies hier auch ihr Zuhause!«

Nach dieser Offenbarung trat eine greifbare Stille ein, bis Dana sie schließlich durchbrach. »Aber«, begann sie, »das kann ich nicht annehmen! Was soll ich mit einem Erbe in der Menschenwelt?! Hier ist nicht mein Zuhause!«

Der Alte sah sie an. »Du sollst hier ja nicht unbedingt einziehen!«, entgegnete er schmunzelnd. »Nur es vor den Menschen und Spekulanten schützen!«

Nun verstand Dana, was der Alte von ihr wollte. Plötzlich aber sah sie ihn verblüfft an und stieß hervor: »Du heißt Horazio?! Ich dachte, du hättest deinen Namen vergessen?! Als ich dich damals …«

Er unterbrach sie: »Ich hatte vor Wochen – oder doch Monaten – nach unserem Familienanwalt geschickt. Dieser hat auf meinen Wunsch ein Testament aufgesetzt, in dem du als Universalerbe genannt wirst. Er hat in alten Archiven gestöbert und einiges herausgefunden, unter anderem meinen Vornamen. Vielleicht kannte er ihn aber auch noch.« Horazio zuckte nachdenklich mit den Schultern. Anschließend lächelte er Dana an und wollte wissen: »Und? Nimmst du das Erbe an? Kann ich in Frieden gehen, in der Gewissheit, dass es meinen kleinen Feen immer gutgehen wird?«

Ohne zu zögern, bejahte Dana. »Selbstverständlich! Ich werde mich um alles kümmern! Aber so, wie es jetzt um dich bestellt ist, wird es bestimmt noch lange dauern!«

Horazio wiegelte ab. »Wer weiß … Aber das ist noch nicht alles! Ich habe dir damals etwas versprochen. Weißt du es noch?«

Dana überlegte. »Ja richtig, es ging um ein Tagebuch oder so etwas.«

Ein Lächeln huschte über das Gesicht des Schlossherren. »Stimmt! Geh doch bitte mal in die hintere Ecke dieses Zimmers.« Er lotste sie durch den Raum, bis Dana vor einer großen, mit Eisen beschlagenen Truhe stand. »Öffne sie!«, forderte er sie auf. »Da wirst du eine Lederhaut finden, in die ein Buch, die Chronik unserer Familie, eingebunden ist.«

Nach einigem Suchen fand Dana die Haut, nahm das Buch heraus und trug es zurück zum Tisch. Horazio schob es ihr hin. »Lies es! Da findest du etwas sehr Interessantes drin! Eine vor langer Zeit eingetragene Passage … na, du wirst es schon finden.«

Dana begann schweigend, sich durch die alte Familienchronik zu arbeiten. Sie beschrieb viele Ereignisse, die sich im Laufe der Jahrhunderte in und um die Feste herum ereignet hatten, über die Vorfahren von Horazio bis hin zu der Zeit von Gerald von Falkenhorst, der seinerzeit losgezogen war, um mit einem Zwerg Abenteuer zu erleben, anstatt sein Erbe anzutreten. Aufgrund dieses Ereignisses war der Kreuzzug für das Fürstentum Falkenhorst ausgefallen. Der Fürst war zu alt und der Zweitgeborene zu jung gewesen. Dies hatte der alte Herr nie überwunden. Bis zu seinem Tod hatte er nie wieder über seinen Erstgeborenen gesprochen.

Doch dann kam eine Passage, die Dana aufhorchen ließ. Aufgeregt überflog sie diesen Teil:

 

Der alternde Gerald kam nach dem Ableben des Vaters noch einmal zurück. Er brachte von seiner Reise ein Tagebuch mit, in dem er seine Reiseerlebnisse festgehalten hatte. Jedoch waren diese für seine Zeit ketzerisch und ein gefährliches Gedankengut. Bei Bekanntwerden des Inhaltes hätte er um sein und das Leben der Seinen fürchten müssen, so dass er sich dazu entschloss, dieses Memorial irgendwo im Schloss zu verstecken.

 

Der Rest der Aufzeichnungen war für die junge Magierin belanglos. Dana klappte die Chronik gedankenversunken zu. Sie hatte erneut diese seltsame Empfindung, welche sie in Gomeks Zuhause beschlichen hatte, als sie dort die Bücherkiste gefunden hatte – dieses befremdliche Gefühl, das ihr sagte, dass diese Information über das Vorhandensein eines weiteren Tagebuches für sie wichtig sei.

Schließlich wandte sich Dana voller Hoffnung an Horazio: »Dieses Buch … diese Reisebeschreibung! Wo kann ich sie finden?«

Der Alte zuckte mit den Schultern: »Keine Ahnung! Seit Jahrhunderten versuchen die Erben von Schloss Falkenhorst, dieses Buch zu finden. Leider ohne Erfolg. Vielleicht schaffst du ja das, wobei wir versagt haben.«

»Hat er es so gut versteckt? Auch vor seinen Nachfahren? Warum nur?!«, wunderte sich Dana.

Der alte Mann sah sie betrübt an. »Sie fanden tief im Inneren der Erde wundersame Orte und Gegenden, von dem sie niemandem berichten konnten und durften. Ihr müsst das verstehen! In der damaligen Zeit war es nicht gut, von einer fantastischen Welt im Erdinneren zu berichten. Deshalb versteckte mein Ur-Ur- … na, eben dieser Urahn, das Buch, da es ihm bestimmt niemand geglaubt hätte. Vielleicht sogar noch schlimmer, er hätte von den eigenen Leuten als Besessener oder Fantast bestraft werden können. Er wollte sich und die Seinen vor Übergriffen schützen.«

»Und woher weißt du dann …?«, fragte sie aufgeregt weiter.

»Schhhht! Leise!«, unterbrach er sie. »Von Erzählungen und Mundpropaganda. Geschichten, die von meinen Vorfahren über Generationen hinweg weitergetragen und -geflüstert wurden«, raunte er ihr verschwörerisch zu, als wenn ihn jetzt noch jemand belauschen würde, um hinter das Geheimnis zu kommen.