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Nachts im Zoo

 

von Justin C. Skylark

 

 

 

Impressum

© dead soft verlag, Mettingen 2018

http://www.deadsoft.de

 

© the author

 

Cover: Irene Repp

http://www.daylinart.webnode.com

Bildrechte:

© Sergey Nivens – shutterstock.com

© Andrey Yurlov – shutterstock.com

 

1. Neuauflage

ISBN 978-3-96089-255-7

ISBN 978-3-96089-256-4 (epub)

 

 

Ohne Abschied, ohne ein Wort,

bist du gegangen, viel zu früh.

 

Doch die wahren Helden sterben jung –

und sollten nie vergessen werden.

 

- Für Thomas -

 

I.

Bevor der Sonnenaufgang einen neuen Arbeitstag ankündigte, wurde Josh wach. Er streckte die Hand nach dem Wecker aus und unterbrach die Weckfunktion.

Alles war wie jeden Tag. Alles wie ferngesteuert. Er stand auf, marschierte durch den Flur, blickte im Nebenzimmer auf die Silhouette im Bett und flüsterte:

„Kevin? Bist du schon wach?“

Wie jeden Morgen ertönte ein leises Stöhnen, sodass Josh seufzte und ins Bad trat, um dort das Wasser in eine Waschschüssel zu füllen.

Er fuhr sich über das Gesicht. Er konnte Kevin nicht schlafen lassen. Nicht heute und auch an keinem anderen Morgen. Diese eine Stunde, vor Dienstbeginn, war die einzige, die sie in Ruhe miteinander verbringen konnten. Das war beiden bewusst.

 

Draußen dämmerte es. Der Schrei eines Pfaus trieb ein Lächeln auf Joshs Gesicht. Für die Tiere aufzustehen, lohnte es sich – und für Kevin irgendwie auch.

„Und jetzt Augen auf, junger Mann!“, tönte Josh eindringlich, nachdem er die Schüssel mit Wasser abgestellt und die Nachttischlampe angeschaltet hatte. „Du kannst nachher pennen.“

„Dass du so grausam sein musst“, erwiderte Kevin.

Die Bettdecke hatte er bis zum Hals hochgezogen. Seine Augen hatte er geschlossen, sodass sich seine dichten Wimpern von der hellen Haut kontrastreich abzeichneten.

„Beeil dich, ich bin spät dran!“

Josh ließ den nassen Lappen auf Kevins Gesicht fallen. Ein Gesicht, das ihm ähnelte. Josh empfand es als eine unheimliche Begebenheit, doch er konnte sie nicht ändern. Sie waren Brüder und ihre Gene gespiegelt, quasi geklont.

Josh sah zu, wie Kevin sich mit dem Lappen über die Wangen fuhr. Sein Bruder war schmaler, blasser. Ein kleiner Unterschied zwischen ihnen.

„Lass dir doch einen Bart stehen“, schlug Josh zum wiederholten Male vor. „Du würdest deinem Namen Ehre machen und aussehen wie Kevin Kuranyi.“

„Sehr witzig!“

Kevin schmiss den Lappen gezielt in die Waschschüssel. Ein paar Spritzer fanden ihren Weg über den Rand.

„Ich bin echt spät dran“, stellte Josh fest. Im nächsten Moment übernahm er die Aktionen. Mit einem Handgriff hatte er die Decke von Kevins Körper gezerrt.

„Hey!“ Kevin protestierte.

„Ausziehen!“, forderte Josh. In seiner Hand lag der nasse Lappen bedrohlich und zu neuen Schandtaten bereit.

„Du bist unmöglich!“, fauchte Kevin. Mit einiger Mühe zog er sein T-Shirt aus. Dabei hob er den Oberkörper wenige Zentimeter von der Matratze. Sofort kam er ins Schwitzen und seine Atmung beschleunigte sich.

Kaum war seine Brust freigelegt, fuhr Josh mit dem Lappen darüber, schnell und ungestüm, fast herzlos.

„Creme?“

„Heute nicht.“ Kevin sah zur Seite an die Wand. Eincremen würde mehr Zeit in Anspruch nehmen, und das hektische Vorgehen seines Bruders drückte die Stimmung.

„Hör auf, wenn die Zeit nicht reicht“, sagte er.

„Kommt nicht in Frage“, zischte Josh. „Will keinen Dreckspatz als Bruder.“

Schnell zog er die Hose von Kevins Beinen. Der Lappen wanderte tiefer. Kevin schloss die Augen. „Hast du Zeit, um …“

„Nein!“ Josh konterte sofort. Er wusste, worauf Kevin hinauswollte, und ab und zu erfüllte er ihm diesen Wunsch, obwohl der Gedanke daran abstoßend war. Irgendwann hatte das zwischen ihnen angefangen, und es schien, als wollte es nicht wieder aufhören.

Vielleicht, wenn sich der Zustand änderte. Würde er sich ändern? Vielleicht enden? Mit größter Wahrscheinlichkeit nicht, hatten die Ärzte gesagt.

Plötzlich tat er ihm leid. Als Josh die schlaffen Beine seines Bruders griff, sie wusch und sie ihm wie Gummistangen durch die Finger glitten, tat er ihm einfach nur leid.

„Morgen steh ich früher auf, dann haben wir mehr Zeit, okay?“

Josh setzte ein Lächeln auf. Kevin erwiderte es zuversichtlich.

 

Als er schließlich um 7 Uhr am Frühstückstisch saß und den heißen Kaffee genoss, war die Sonne aufgegangen. Im Sommer war die frühe Uhrzeit zu ertragen. Aber er wollte sich nicht vorstellen, wie schwer ihm alles im Winter fiel.

Tierpfleger – das war kein Traumberuf, wie er im Fernsehen dargestellt wurde. Der Job war Schwerstarbeit, und die begann früh am Morgen und endete erst, wenn die letzten Zoobesucher gegangen und alle Tiere versorgt waren.

Josh schielte durch das Fenster. Sein Kollege Thomas fuhr auf den Hinterhof. Dort gab es Parkplätze für die Angestellten. Hier waren ebenfalls, in einem separaten Gebäude, die Zooverwaltung untergebracht und das Büro von Joshs Onkel Bernd, dem Zoodirektor.

 

Mit dem Toast in der Hand ging Josh nach draußen, um mit Thomas eine Zigarette zu rauchen. Das war ein Vorteil: Denn als Tierpfleger war man stets an der frischen Luft, musste sich keine Gedanken machen um Rauchverbot und Luftverpestung.

Das Einzige, was unangenehm in die Nase stieg, war der Tiermist. Doch auch daran gewöhnte man sich.

Josh schmunzelte, als er daran dachte, dass er es mit den Fäkalien der Bären gut getroffen hatte. Die kamen nämlich weniger gehäuft vor, als die im Elefantenrevier.

Das Zusammenschaufeln und Wegkarren der Haufen überließ man meist den Auszubildenden. So konnte man vorab ihre Kräfte messen und feststellen, ob sie der harten Arbeit gewachsen waren.

Derzeit hatte der Zoo drei Auszubildende zu verzeichnen: Lasse, Benjamin und Carola. Vor allem bei Benjamin fragte sich Josh ständig, wie der die Ausbildung durchhalten wollte. Er war unheimlich schmächtig, doch erledigte er die Arbeiten zuverlässig.

 

Der Zoo war unterteilt in mehrere „Reviere“, wie die Angestellten es untereinander betitelten. Es gab den Bereich für die Vögel, mit Volieren und Teichen, Anlagen für Haus- und Nutztiere, den Meerwasserbereich für Pinguine, Biber und Robben, das Areal für Antilopen- und Hirscharten, Giraffen, Zebras, und Lamas. Es existierte ein extra Gebäude, das „Aquarium“, für Fische, Reptilien, Amphibien und Insekten, ebenso ein Streichelzoo und ein Spielplatz für die Kinder; ein Affen-, Elefanten-, Raubtier- und Flusspferdhaus mit den dazugehörigen Freianlagen. Es gab Areale für Flamingos, Ameisenbären, Stelzvögel, Nashörner, Nagetiere, Kängurus und das Bärenrevier, in dem Josh zu finden war.

Am Morgen fand eine Frühbesprechung statt. In der diskutierten sie über aktuelle Angelegenheiten. Danach ging es an die Arbeit.

Nachdem Thomas die Bären inspiziert hatte, und feststellte, dass sie die Nacht gut überstanden hatten, wurden sie auf die Freianlagen gelassen. Es gab Anlagen für die Braunbären, die sich ihr Revier mit den weißen Mähnenwölfen teilten, für Kragen- und Malaienbären, sowie für die Eisbären. Überall gab es Felsen, Steine, Wurzeln und Wassergräben. Nur die Nasenbären blieben nachts draußen.

Josh setzte Kaffee auf. Anschließend säuberte er mit Benjamin die Innenkäfige. Nach kurzer Zeit waren die Tierpfleger durchgeschwitzt. Dann war es Zeit für eine Zigaretten- und Kaffeepause.

Es war jeden Tag dasselbe. Auch als Josh sich in die Futterkammer zurückzog und das Essen für die Eisbären bereitete, schwang er das Beil, um die Fleischbrocken zu zerteilen, wie gewohnt.

Kraftlos durfte er in diesem Job nicht sein – niemals.

 

Das Wetter war gut. Am späten Vormittag tummelten sich viele Besucher vor den Anlagen.

Josh fuhr sich über das verstaubte Gesicht. Wenn es trocken war, brannten der Sand in den Augen und die Sonne auf der Haut. Zwischen den Besuchern sah er eine Hand, die ihm aufgeregt zuwinkte. Es war Kevin, der in seinem Rollstuhl vor der Braunbärenanlage stand. Josh winkte zurück, wie jeden Mittag.

„Dein Essen hab ich in den Pausenraum gelegt!“, rief Kevin, seine Augen leuchteten.

Josh nickte verhalten. Er mochte es nicht, wenn er lauthals Gespräche von den Anlagen aus führen musste. Keinen Besucher gingen seine Privatangelegenheiten etwas an. Aber er wollte seinen Bruder nicht enttäuschen. Der freute sich immer, wenn er das Mittagessen vorbeibringen konnte.

Nachdem Josh die Freianlage inspiziert und den Wassergraben von überschüssigen Algen und Dreck befreit hatte, gelangte er durch die Höhle im Felsen zurück zu den Innenkäfigen. Er ließ die Bären ins Freie und kehrte in den Pausenraum ein. Zuerst wusch er sich dort die Hände.

Thomas und Benni saßen am Tisch und studierten eifrig die Bild-Zeitung – vielmehr das Pin-up-Girl auf der ersten Seite.

„Das ist Silikon“, fachsimpelte Thomas. Er war ein muskulöser Typ mit Vollbart, braungebrannter Haut und einem altmodischen Vokuhila-Haarschnitt. Doch die weiblichen Zoobesucher mochten ihn. Er war ein Naturbursche. „Daran ist nichts echt.“

„Mir gefällt es trotzdem“, sagte Benni, der schmal gewachsene Azubi, der sich trotz seiner körperlichen Defizite gut in ihr Team einfügte. Seine Wangen leuchteten.

„Na, schon so heftige Diskussionen in der Mittagspause?“

Josh setzte sich zu ihnen und fragte sich innerlich, warum die Bild-Zeitung keine nackten Männer auf der Titelseite präsentierte.

Hungrig griff er zu seiner Brotdose, die ihm Kevin gepackt hatte. Es gab Schwarzbrot mit Käse, das hielt lange satt. Zwischen die Brotscheiben hatte Kevin Salatblätter gelegt.

In der Dose befand sich ebenfalls eine Banane. Josh legte sie gedankenlos auf den Tisch, da prustete Benni los.

„Was ist das denn? Ha, ha!“

Er deutete auf die Banane, auf der mit dunkler Schrift I love you gemalt war. Josh geriet augenblicklich in eine verfängliche Lage.

„Keine Ahnung, wie das da draufkommt!“

Er nahm die Banane in die Hand, begutachtete sie, als würde sie einen Hinweis auf den talentierten Zeichner geben, dabei wusste er, wer ihm die Botschaft geschrieben hatte.

„Das war sicher Carola“, meldete sich Thomas zu Wort. Er zwinkerte Josh zu. „Die hat ein Auge auf dich geworfen.“

„So ein Quatsch!“ Josh winkte ab.

„Na, dein Bruder wird dir wohl kaum dein Obst so liebevoll beschrieben haben, oder?“

Benni lachte abermals. Josh verzog keine Miene bei dem Gedanken daran.

 

Josh betrachtete sich im Spiegel, nachdem er die schwarzen, kinnlangen Haare mit Haargel nach hinten frisiert hatte. Er hatte breite Schultern, ansonsten war er schmal gewachsen. Er war nicht eingebildet, aber mit Sicherheit eitel.

Seine gebräunte, glatte Haut, verlieh seinem Anblick zu jeder Tageszeit etwas Frisches, auch wenn es spät war, wie jetzt.

Auf leisen Sohlen schlich er sich aus dem Zimmer.

„Gehst du wieder raus?“

Josh verharrte einen Moment. Sollte er so tun, als hätte er die Frage überhört? Zögernd drehte er sich um und sah in das Zimmer, in dem die Nachttischlampe angeschaltet war.

„Du weißt, ich sehe abends gern nach dem Rechten. Nur eine kurze Runde.“

Er wusste, wie lächerlich das klang. Würde man jeden Weg des Zoos abgehen, wäre man mehr als drei Stunden unterwegs. Aber er wollte Kevin nicht auf die Nase binden, was er eigentlich vorhatte.

„Und wozu bezahlt der Zoo den Nachtwächter? Musst du doch nicht auch noch raus – so spät am Abend.“

Josh biss sich auf die Zunge. Ungern log er seinen Bruder an, aber es ging nicht anders.

„Es dauert nicht lange. – Schlaf gut!“

Er drehte sich und ging. In diesem Moment war er froh, dass Kevin nicht laufen und ihm nicht folgen konnte.

 

Mit dem Rad fuhr er durch den Zoo, der von wenigen Laternen beleuchtet war. Die meisten Tiere befanden sich in den Innengehegen. Nur die Wölfe sah er durch die Büsche auf ihrer Anlage umherlaufen, hier und da vernahm er ein paar Flügelschläge der Greifvögel in den Volieren.

Angst durfte man nachts im Zoo nicht haben, denn still war es dort nie.

Nach der kurzen Runde fuhr er zurück und hielt am zweiten Eingang des Zoos. Dort stellte er sein Rad ab. Er öffnete das stählerne Eingangstor und trat nach draußen auf den breiten Gehweg. Wenige Menschen waren unterwegs. Der Bahnhof, gegenüber, war beleuchtet. Ab und zu fuhr ein Taxi vorbei, selten ein Bus. Wer um diese Uhrzeit hierher kam, suchte das bestimmte Erlebnis. Das wusste Josh auszunutzen. Zielstrebig lief er an dem Zaun, der rings um den Zoo in die Höhe ragte, entlang und wartete an einer weniger beleuchteten Stelle. Hinter ihm begann der öffentliche Park mit vielen Bäumen und Büschen. Hier fand man immer ein stilles Plätzchen, um ungestört zu sein.

Und es dauerte nicht lange, bis sich ein Mann zu ihm gesellte. Sie hatten sich hier verabredet, nicht zum ersten Mal. Ein Nicken reichte zur Begrüßung, und schon machten sie sich auf den Weg ins Grüne.

Sie waren nicht die Einzigen, die sich hier heimlich vergnügten. Ab und zu drang ein Flüstern aus den Gebüschen, ein Tuscheln oder Lachen. Doch das störte sie nicht. Wie immer kamen sie schnell zur Sache.

Josh forderte zuerst das Geld ein.

„Ab heute 10 Euro mehr.“ Er hielt dem Mann die offene Hand entgegen.

„Wieso das?“, fragte der. Dietmar hieß er, Familienvater, zum Glück gepflegt und diskret. Er zückte sein Portemonnaie.

„Alles wird teurer“, erklärte Josh. „Auch das Tierfutter.“

„Ach so.“

Dietmar zeigte Verständnis. Er steckte Josh einen weiteren Zehner zu, danach öffnete er seine Hose.

Josh reichte ihm ein Kondom. Er drehte sich dem Baum zu, an dem er Halt fand. Er kannte Dietmar inzwischen. Schon einige Male hatte er sich ihm hingegeben, und es war nicht einmal so übel gewesen. Insofern war Josh entspannt. Mit dem Gedanken an das Geld machte die Sache noch mehr Spaß.

 

Es war Wochenende. Josh hatte Spätschicht. Er durfte länger schlafen. Kevin wollte er am Abend in die Badewanne setzen. Das war angenehmer als das tägliche Waschen im Bett.

Die Sonne schien abermals, als Josh nach draußen trat. Im Zoo herrschte reger Verkehr, und auch sein Onkel Bernd saß, trotz des Wochenendes, in den Büroräumen. Josh konnte ihn durch die Fenster des Verwaltungsgebäudes erkennen.

Eltern hatten Kevin und Josh keine mehr. Sie starben bei einem Verkehrsunfall vor einigen Jahren. Ihr Onkel Bernd und dessen Frau Klara hatten die Brüder sofort bei sich aufgenommen. Schnell fanden sie gefallen an den Tieren und an dem Leben nah am Zoo. Bernd und Klara besaßen auch ein Gäste-Haus, außerhalb der Stadt, doch meistens fanden sich alle in dem kleineren Anwesen am Zoo zusammen.

Sowohl Josh, als auch Kevin, hatten die Lehre zum Tierpfleger absolviert. Eine Weile hatten sie zusammen im Zoo gearbeitet, bis der Unfall passierte. Er riss sie beide für Wochen aus ihrem gewohnten Leben.

Im Krankenhaus, da fing es an. Josh versorgte seinen Bruder so gut es ging. Als feststand, dass Kevin nie mehr würde laufen können, beharrte Josh darauf, seinen Bruder zu pflegen.

Seitdem verband sie ein unsichtbarer Pakt, ein Bündnis, ohne das keiner von ihnen klarzukommen schien.

 

Bei der Nachmittagsfütterung ging Josh der Andrang der Besucher auf die Nerven. Oder lag es daran, dass er aufgrund seiner nächtlichen Aktionen übermüdet war? Eigentlich war es schön, dass die Sonne schien und die Menschen ihren Weg in den Zoo fanden.

Jeder Cent zählte. Die Unterhaltskosten für die Tiere stiegen von Jahr zu Jahr, damit auch die Eintrittspreise, was ein Sinken der Besucherzahlen mit sich brachte.

Obwohl der Zoo Zuschüsse von der Stadt erhielt, waren Spenden gern gesehen.

Josh kniff die Augen zusammen. Die Sonne brannte in seinen Augen, doch untersagte er es sich, eine Sonnenbrille zu tragen. Wie würde das aussehen zu der grünen Arbeitskleidung?

Das Gehege der Kragenbären hatte er inzwischen gesäubert. Er ließ die Tiere zurück ins Freie. Bevor Josh sich durch den Eingang im Felsen ins Innere des Bärenreviers begab, drehte er sich noch einmal um. Er sah Besucher, die ihre Digitalkameras in die Höhe hielten, Kinder, die schrien, genervte Mütter, die ihre Kinderwagen durch die Enge schoben und den jungen Mann im Rollstuhl.

Reflexartig hob Josh den Arm. Er grüßte seinen Bruder, wie gewohnt, ansonsten wäre der beleidigt gewesen. Doch dann stutzte er, und senkte die Hand wieder. Es war nicht Kevin, dem er gewinkt hatte. Er sah es erst, als eine Wolke kurz die grelle Sonne bedeckte.

Und trotzdem hob der Mann im Rollstuhl die Hand und grüßte lächelnd zurück.

 

Thomas und Benni spielten im Hinterhof des Bärenreviers Tischtennis. Josh entschloss sich, ebenfalls eine Pause einzulegen.

„War Kevin schon hier?“, fragte er.

Thomas, der den Tischtennisball in die Büsche geschlagen hatte, schüttelte den Kopf.

„Nein. Aber ich habe ihn vorhin bei deiner Tante am Kiosk gesehen.“ Er bückte sich, um nach dem Ball zu suchen.

„Bringst du uns Getränke mit, wenn du zum Kiosk gehst?“, fragte Benni sofort. Josh nickte. Der fleißige Azubi hatte sich auf jeden Fall eine Stärkung verdient – und Thomas sowieso.

 

Auf seinem Weg kam er an dem Zoo-Restaurant vorbei, einer Gaststätte mit überteuerten Preisen. Doch die Besucher saßen dort dicht gedrängt auf den Terrassenmöbeln, trugen Tabletts mit Getränken, Schnitzeln und Pommes mit sich.

Vor ihm, auf dem Gehweg, sah er wieder den Rollstuhlfahrer, der just in dem Moment, in dem Josh ihn erkannte, seine Jacke verlor, die zuvor locker auf der Rückenlehne gehangen hatte.

„Hey, du hast was fallen lassen!“, rief Josh.

Der Rollstuhlfahrer wandte sich erschrocken um. Er bemerkte das Malheur und verdrehte die Augen.

„Ach, ich hätte sie bei dem Wetter zu Hause lassen sollen. Ist schon das dritte Mal, dass ich sie verliere.“

Er nahm die Jacke, die Josh aufgehoben hatte, dankbar entgegen. Sein Gesicht erhellte sich. Offensichtlich erkannte er sein Gegenüber wieder.

„Sind hier alle Tierpfleger so entgegenkommend?“, fragte er.

Josh schmunzelte. „Ich hoffe.“

Er musterte den Mann im Rollstuhl. Er hatte hellbraune Haare, nicht so schwarze, wie Kevin, und sie waren kürzer geschnitten. Sein Gesicht war weicher, seine Nase gerader und seine Lippen vollmundiger.

„Du musst entschuldigen“, fuhr Josh fort, „vorhin … da dachte ich, du wärst mein Bruder. Der ist nämlich auch … gelähmt.“

Der Mann im Rollstuhl lachte.

„Kein Problem. Ich fand es sehr nett.“ Er sah Josh tief in die Augen. „Ich bin allerdings nicht gelähmt.“ Demonstrativ hob er seine Beine an. An dem linken Fuß saß ein Gips.

„Hab mir das Fersenbein beim Sport gebrochen.“

„Ach so“, entwich es Josh erleichtert. „Hübsche Männer haben es auch nicht verdient, ernsthaft gehbehindert zu sein.“ Er zwinkerte dem Rollstuhlfahrer zu. Der sah verlegen auf die Erde. War ihm das Kompliment unangenehm?

„Ich muss weiter“, sagte und und deutete auf eine ältere Frau, die auf sie zusteuerte. „Bin mit meiner Mutter hier. Ich hatte letztens Geburtstag. Meine Familie meinte, ein Jahresticket für den Zoo wäre das Richtige, um mir bei dem Heilungsprozess zu helfen.“

„Hoffe, die Heilung dauert nicht so lange an“, scherzte Josh. Nun lachten sie beide.

 

Am Kiosk angekommen, sah er tatsächlich Kevin. Der stand mit seinem Rollstuhl vor dem Holzhäuschen und winkte ihm hektisch zu. Manchmal war er wie ein Kleinkind, dachte Josh, aber er sagte nichts. Zur Begrüßung gab er ihm einen Kuss auf die Wange. Seine Tante verkaufte am Kiosk Poster, Postkarten, Zooführer, sowie T-Shirts und DVDs vom Zoo. Und in ihrem Kühlschrank hatte sie stets ein paar Getränke deponiert; für besonders heiße Tage.

„Hast du Cola für die drei Bärenbrüder?“, fragte Josh.

„Klar!“, erwiderte sie und stellte kurzerhand drei Dosen Pepsi auf den Tresen, ebenso eine Tüte Haribo. „Hier, nimm die auch mit. Thomas und Benni naschen doch so gerne.“

„Okay, danke!“

Schmunzelnd steckte Josh die Lakritz in seine grüne Arbeitshose, die aus praktischen Gründen mehrere Seitentaschen an den Beinen besaß.

„Ist sicher wieder anstrengend bei der Wärme, oder?“, fragte Kevin nach. Josh nickte.

„Ich hab dann den Wasserschlauch genommen und den Elefanten eine ordentliche Dusche verpasst. Das war toll, herrlich!“ Kevin geriet ins Schwärmen. Das tat er immer, wenn er von der Vergangenheit erzählte, und an seine eigene Arbeit als Tierpfleger dachte.

„Ich würde dir gerne helfen“, sagte er und griff seinem Bruder an die Hüfte. Eine mitfühlende Geste.

„Ich weiß“, erwiderte Josh. Und er erinnerte sich an früher:

 

II.

Es lag über drei Jahre zurück, dass Josh in Kevins Zimmer lugte, in dem der Fernseher lief. Es war dunkel draußen. Josh hätte schlafen müssen, doch diese eine Internetseite hatte ihn zutiefst beschäftigt, und jetzt wedelte er mit einer gebrannten DVD in der Luft herum.

„Du glaubst nicht, was ich im Netz gefunden habe“, sagte er und grinste neckisch. Kevins Neugier war geweckt.

„Was denn?“ Sein Bruder versuchte, sich aufzurichten, fiel allerdings schnell zurück in die Kissen. Der Unfall war noch nicht lange her, und abends, nach einem langen Tag im Rollstuhl, fühlte sich Kevin erschöpft.

„Twin boys having sex“, verkündete Josh mit gedämpfter Stimme. Er schloss die Tür hinter sich und kam näher. „Ein Privatporno, gar nicht so übel.“

Er legte die DVD in den Player. Kurz darauf blitzten zwei Männer über den Bildschirm. Sie sprachen englisch, nicht viel, was bei ihren Handlungen auch nicht von Nöten war.

„Hey, die sehen uns ja ähnlich“, stellte Kevin fest und kicherte.

„Nicht wahr?“ Josh setzte sich zu ihm auf’s Bett. „Habe ich auch gedacht.“ Er sah auf das Paar, das sich innig küsste. „Meinst du, das sind wirklich Brüder?“

Kevin zögerte einen kurzen Moment. „Wenn ja … Wäre echt krass, oder?“

„Mmh.“ Mehr kam nicht aus Josh heraus.

Still sahen sie zum Bildschirm, auf dem die Männer allmählich zur Sache kamen.

„Oh Mann“, stöhnte Kevin. Er sah zur verschlossenen Tür. Niemand würde stören. Bernd und Klara schliefen im Erdgeschoss, und kamen selten so spät in Kevins Zimmer. „Da krieg ich echt nen Steifen.“

Josh drehte sofort seinen Kopf, sah ihn an. „Echt? Das funktioniert noch bei dir?“

Kevin nickte. „Klar, ansonsten hätte ich mir wohl schon die Kugel gegeben.“

Wieder sah er auf das Paar im Film. Mit einer Hand glitt er unter die Bettdecke und streichelte sich. Dass Josh neben ihm saß, störte ihn nicht, im Gegenteil. Es erregte ihn auf eine merkwürdige Art.

„Also Sex mit dem eigenen Bruder?“ Josh zog die Stirn kraus. „Weiß nicht, ob ich das könnte. Ein bisschen fummeln vielleicht, aber mehr?“

Er fixierte Kevin, der still geworden war.

„Was machst du?“, fragte Josh, als er Kevins Bewegungen entdeckte. Sofort zog er die Bettdecke bei Seite.

„Hab doch gesagt, dass es mich anmacht“, verteidigte sich Kevin postwendend. „Muss mich doch selbst anfassen, sonst macht es ja niemand.“ Er zog die Mundwinkel nach unten.

Sein Bruder lachte.

„Doch ich. Jeden morgen, wenn ich dich wasche. Schon vergessen?“ Er rückte näher, legte sich zu Kevin ins Bett.

„Sogar unsere Schwänze sehen gleich aus“, sagte er. Jetzt kicherten sie beide.

„Zeig doch mal“, forderte Kevin. Es kam spontan. Und ebenso unüberlegt, öffnete Josh seine Hose. Ihr Verhalten war ungewöhnlich und das erregte ihn.

Fasziniert betrachtete Kevin den Penis seines Bruders. Er hatte aufgehört, sich zu streicheln. Stattdessen legte er seine warme Hand auf Joshs Wange.

„Eigentlich ist doch auch nichts dabei. Man müsste sich nur vorstellen, sein eigenes Spiegelbild vor sich zu haben, oder?“ Er blinzelte nervös. War er zu weit gegangen? Zu seiner Erleichterung deutete Josh ein Nicken an.

„Ich glaube auch, sich gegenseitig einen wichsen ist nicht schlimm …“ Er sah auf Kevins Geschlecht und umschloss es mit einer Hand. Die Hemmschwelle war überwunden. Prüfend sahen sie sich an, bevor sie sich gegenseitig berührten. Schließlich küssten sie sich. Vorsichtig, zitternd und verlangend …

 

Am nächsten Morgen erwachte Josh, weil der Wecker im Nebenzimmer piepte. Zudem rief seine Tante aus dem Erdgeschoss: „Josh? Hörst du den Wecker nicht?“

„Doch, doch!“ Er lag neben Kevin im Bett. Meine Güte, was war am Abend zuvor bloß in sie gefahren?

Er schnellte hoch, lief in sein Zimmer und stellte den Wecker aus. Er dachte an den Porno. Ohne den wären sie sicher nicht auf diese absurde Idee gekommen …

„Josh?“ Diesmal war es Kevins Stimme, die ertönte.

„Ich komme gleich!“, erwiderte Josh. Er war durcheinander. Was war zu tun? Zu sagen?

Als er seinen Bruder im Bett wusch, war das Schweigen zwischen ihnen größer denn je, bis sich Kevin äußerte:

„Bereust du es?“

Josh schüttelte den Kopf. „Nein, eigentlich nicht“, antwortete er, obwohl es nicht ganz der Wahrheit entsprach. „War nur etwas strange, oder?“

Kevin nickte übereinstimmend. Josh entspannte, atmete erleichtert durch. „Zwillinge sind schon etwas verrückt“, stellte er fest, nachdem die Arbeit erledigt war. Kevin lag gewaschen, eingecremt und angezogen vor ihm. Zum Abschied gab er seinem Bruder einen Kuss auf die Wange.

„Wir sehen uns später, okay?“

Kevin nickte. Und es war etwas in seinen Augen, das Josh seit dem Unfall nicht mehr gesehen hatte. Seine Augen glänzten, sie lachten förmlich. Es war wieder Leben in ihnen. Sie strahlten zufrieden und ebenso leidenschaftlich. Diese Tatsache durfte Josh nicht zerstören, unter keinen Umständen …

 

III.

Er wartete, bis es dunkel war, und verließ spät am Abend das Haus. Er war kein Beziehungstyp, er liebte die Abenteuer, die Aufregung, die wechselnden Partner und die Freiheit.

Letztere hatte sein Bruder Kevin ihm ein wenig geraubt. Wehren tat er sich dagegen nicht. Vielleicht wollte er es auch gar nicht.

Sie waren Brüder, und seit sie denken konnten, hatten sie alles zusammen getan und das meiste auch zusammen erlebt.

Trotzdem hörte Josh nicht auf, seinen Gelüsten nachzugehen. Er konnte es nicht lassen. Und da nebenbei Geld heraussprang, kam es ihm gelegen.

Er fuhr mit dem Rad eine Runde durch den Zoo. Er wusste, dass der Nachwächter zwei Mal in der Nacht seine Rundgänge machte, doch vier Augen sahen mehr als zwei, das war Joshs Devise. Der Zoo und die Tiere waren ihm ans Herz gewachsen und ebenso die Verantwortung dafür. Vielleicht würde er eines Tages den Posten seines Onkels übernehmen und Zoodirektor werden?

Er stutzte. Durch die Bäume der Braunbäranlage konnte er auf den Innenhof des Bärenreviers sehen, und in einem der Gebäude brannte Licht. Josh stieg vom Rad. Von Neugier angetrieben, sah er nach, wer da so spät sein Unwesen trieb. Oder hatte jemand schlichtweg vergessen, das Licht zu löschen?

Aus dem Pausenraum der Bärenpfleger kamen Stimmen aus dem Fernseher. Josh staunte. Auf einem Stuhl am Tisch saß Thomas, sein Kollege, bei einer Flasche Bier. Der Aschenbecher vor ihm war mit Zigarettenstummeln gefüllt, die blaue Schachtel Gauloises lag griffbereit daneben.

„Was machst du denn noch hier?“, erkundigte sich Josh.

Thomas verzog das Gesicht. „Ich bin ausgezogen bei Gaby.“

Josh wusste, was das bedeutete. Der Beziehungskrach, der seit längerem zwischen Thomas und seiner Freundin herrschte, hatte überhandgenommen.

„Ach herrje!“ Er setzte sich. „Das ist ja ätzend. Tut mir leid.“

Thomas zuckte mit den Schultern. Er trug seine Arbeitskleidung, bestehend aus einem grünen Muskelshirt und einer grünen Hose. In der Ecke standen zwei Kartons. Darin lagen Bücher, CDs, Zeitschriften sowie Lebensmittel. Auf der Liege, die ihnen zur Verfügung stand, wenn einer der Tierpfleger nachts Wache schieben musste, zum Beispiel bei Tiergeburten oder ernsthaften Erkrankungen der Schützlinge, lag ein Schlafsack und eine Decke, darauf eine Akustikgitarre. Thomas hatte sich hier häuslich eingerichtet.

„Eine andere Möglichkeit sehe ich zur Zeit nicht“, erklärte er und grinste spöttisch. „Na ja, so habe ich es wenigstens morgens nicht weit zur Arbeit.“

Jetzt lachten sie beide, bis Thomas die Stirn runzelte.

„Und du? Kannst du nicht schlafen?“

„Ich hab noch eine Verabredung“, sagte Josh. Er stand auf, besann sich darauf, dass er nicht herumtrödeln wollte. „Bis morgen!“ Er klopfte auf den Tisch. Draußen schwang er sich auf sein Rad und fuhr zum hinteren Eingang des Zoos.

 

Er war bedacht darauf, seine Dates an verschiedenen Orten zu treffen. Mal verabredete er sich im Park oder am Bahnhof, meist allerdings vor dem Zoo. Hier fühlte er sich sicher. Wurde die Lage brenzlig, konnte er sich schnell in Sicherheit begeben.

Nachdem Josh den Zoo durchquert hatte, kam er am Tor zum Stehen. Vor dem Gitter, das den Eingang versperrte, stand ein Mann.

„Hey, du bist Joshua?“, fragte der sofort und drängte sich dicht an das Gitter. Josh nickte. Er betrachtete sein Date gründlich. Das war ein kräftiger, junger Mann mit kahl rasiertem Kopf. Er war in Leder gekleidet.

„Ich bin Tom.“

„Tom of Finland?“, scherzte Josh. Sie lachten. Das Eis war gebrochen.

Josh zückte den Schlüssel und öffnete das Gittertor. Toms Augen wurden groß.

„Gehen wir rein?“

Er kam näher und stierte in die Dunkelheit des Zoos. Josh stutzte. Das hatte noch niemand gefragt. Tiere? Das interessierte die wenigsten Männer, die nachts ihren Gelüsten nachgingen.

Er überlegte. Warum eigentlich nicht?

„Worauf hättest du denn Bock?“, entgegnete Josh. Ihm war klar, dass das Elefantenhaus nicht in Frage käme. Dort begann der Nachtwächter seine erste Tour. Und zu den Bären konnten sie nicht, denn dann hätte Thomas etwas mitbekommen.

Aber Tom äußerte ein anderes Interesse.

„Löwen wären geil oder Tiger. Auf jeden Fall Raubtiere.“

Josh schmunzelte. War klar, dass sich ein Ledertyp für die gefährlichen Tiere entschied. Und das ging in Ordnung. Zudem lag das Raubtierhaus gegenüber von ihnen. Ihr Weg war nicht weit.

Josh sah sich gründlich um, bevor er die Tür aufschloss und sie eintraten. Sofort drang ihnen der strenge Geruch der Großkatzen in die Nase. Josh machte kein Licht. Der Gang war durch kleine LEDs erleuchtet. Tom staunte.

„Ich war lange nicht mehr im Zoo“, gestand er. Vor dem Gehege des Pandabären blieb er stehen. „Wahnsinn.“

Der schwarz-weiß gefleckte Bär schlief und ließ sich durch ihre Anwesenheit nicht stören. Die beste Gelegenheit, um zuerst die Geschäfte abzuwickeln. Josh deutete auf die Dokumentationstafeln an der Wand, die über die Lebensweisen und bedrohten Lebensräume der Pandabären Auskunft gaben. Darunter stand ein Behältnis, in Form eines Bären, mit einem Geldschlitz für Spenden.

„Der Große Panda steht kurz vor dem Aussterben“, erklärte Josh, er deutete auf den Sammelbehälter. „Der Bambus kostet einiges. Der Zoo braucht täglich mindestens 12 Kilo davon.“

Tom hörte gebannt zu, dann sah er wieder auf den Panda. Ohne Worte griff er in seine Jackentasche, zog ein Portemonnaie hervor und steckte ein paar Scheine in den Spendenbehälter.

Josh lächelte zufrieden. Er winkte Tom hinter sich her. An den kleineren Raubtieren, wie den Rost- und Sandkatzen, Mungos und Jaguarundis, marschierten sie vorbei. Ihre Gehege besaßen keine Gitter, sondern Scheiben, durch die man ohne Probleme hindurchsehen konnte.

Am Ende des Raubtierhauses kamen die großen Tiere: Leoparden, darunter ein Panther, Löwen, Tiger. Tom staunte abermals. Eine Weile standen sie dort, um die Tiere zu betrachten, die sie wachsam musterten. Der nächtliche Besuch machte sie nervös. Und als eine Löwin sich plötzlich erhob, ans Gitter sprang und ein mörderisches Gebrüll von sich gab, zuckte sogar Josh zusammen.

„Heftig!“ Tom war begeistert.

„Ja, ihr Gebrüll geht durch Mark und Bein. – Mir läuft es auch jedes Mal kalt den Rücken runter“, gestand Josh.

„Aber, ist doch geil, oder?“, fragte Tom.

Sie sahen sich an. Der Zeitpunkt war gekommen, um den Zoobesuch aufzulockern. Gezielt kam Josh näher. Tom gefiel ihm. Er war jung und gutaussehend. Er war muskulös, sicher dominant.

Josh küsste nicht jeden. Besonders bei älteren Männern verkniff er sich ein ausgiebiges Zungenspiel.

Bei Tom war das anders. Sie näherten sich und fingen an, zu knutschen. Ihre Jacken fielen zu Boden. Das schummrige Licht und das Schnaufen der Raubkatzen, heizte sie an.

Wie erwartet übernahm Tom die Führung. Es dauerte nicht lange, und Josh wurde von ihm gegen die Absperrung gedrückt, die die Besucher von den Käfigen abhielt. Tom hatte ein Kondom dabei. Josh musste sich um nichts kümmern. Er schloss die Augen und genoss, wie Tom in ihn eindrang und ihn hart rannahm.