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Robert Rauh

Fontanes
Ruppiner Land

Neue Wanderungen durch
die Mark Brandenburg

 

 

 

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Für Ele

 

 

 

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

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© edition q im be.bra verlag GmbH, 2019

KulturBrauerei Haus 2

Schönhauser Allee 37, 10435 Berlin

post@bebraverlag.de

Umschlag: hawemannundmosch, Berlin

ISBN 978-3-86124-723-4

ISBN 978-3-8393-2139-3 (E-Book)

 

 

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BRIEF AN DEN WANDERER

Sehr geehrter Herr Fontane,

darf ich fragen, wo Sie sind? In Neuruppin herrscht helle Aufregung, nachdem eine besorgte Bürgerin der Polizei gemeldet hat, dass die Bank, auf der Sie seit über hundert Jahren sitzen, verwaist ist. Sie scheinen wie vom Erdboden verschluckt. Nun wird nach Ihnen gefahndet. Mit der steckbrieflichen Formulierung »Älterer Herr mit Hut, Spazierstock und Notizbuch« wird man Sie sicher schnell ausfindig machen.

Inzwischen werden im Stundentakt offizielle Statements veröffentlicht. Aus dem Kulturamt Neuruppin heißt es, die Würdigung Ihres literarischen Schaffens für die Region und die Welt wäre kein Geburtstagsfeuerwerk, sondern nachhaltig. Die Fontane-Gesellschaft will eine Schnupper-Mitgliedschaft für junge Erwachsene einführen. Das muss aber erst durch alle Gremien. Und das Neuruppiner Museum hat – etwas hölzern – angekündigt, das Konzept zur Präsentation Ihrer Person in der Dauerausstellung zu überdenken. Außerdem veröffentlichte der Tourismusverband Ruppiner Seenland eine Presseerklärung, wonach es sich bei der Stornierung von Reisen in die Fontanestadt um Einzelfälle handeln würde. Neuruppin sieht ohne Sie ziemlich leer aus.

Während die fontane.200-Koordinatoren stadtgerecht im Quadrat springen, geistern erste fontastische Gerüchte durch die sozialen Netzwerke. Das sind blatt- und bleistiftlose Dienste für Informationsaustausch und Beziehungsaufbau. So wird beispielsweise gemutmaßt, Sie seien entführt worden – von peniblen Fontane-Fans, die der Meinung sind, dass Sie eigentlich in die Hauptstadt gehören. Schließlich haben Sie die meiste Zeit Ihres Lebens in Berlin verbracht. Als Beweis soll Ihre stur zur Seite gerichtete Kopfhaltung dienen, wenn Sie auf Ihrer Bank sitzen. Ihr Blick gehe aus Neuruppin hinaus.

Böse Zungen meinen sogar, Sie hätten Ihren angestammten Platz verlassen, um den Feierlichkeiten anlässlich Ihres 200. Geburtstags zu entkommen. Weil Sie noch mehr gelbe Flyer und Reden als zur alljährlichen Ehrung am 30. Dezember befürchten. Aber es gibt auch wohlmeinende Stimmen. Eine begeisterte Verehrerin behauptet, Sie seien wieder auf Wanderschaft. Sie würden statt eines Gentzschen Fuhrwerks nun einen privaten Fahrdienst in Anspruch nehmen, der mit Ihnen – als Gegenleistung – Werbung machen darf. Clever eingefädelt. Sollten Sie tatsächlich wieder unterwegs sein in Brandenburg, träfe sich das gut.

 

Denn, verehrter Theodor Fontane,

auch ich wollte Ihnen ein Angebot unterbreiten. Was halten Sie von einer Ruppin-Reise 2.0? Zur Vorbereitung würde ich Ihnen das Internet erklären. Briefe und Bibliotheken gibt es zwar noch, sie gelten aber als antiquiert. Inzwischen verfügen wir über neue Recherche- und Kommunikationsmittel, deren Zeitersparnis Sie umgehend zu schätzen lernen werden. Als Erstes könnten wir die von Ihnen beschriebenen Orte aufsuchen, in denen Sie seinerzeit gar nicht waren. Zum Beispiel Gottberg. Den Fontane-Forschern in den Universitäten und den Fontane-Freunden vor Ort würden Sie einen unschätzbaren Dienst erweisen, wenn Sie hierzu Notizen anfertigen und entsprechende Beschreibungen in den Kapiteln ergänzen könnten. Zur Orientierung würde ich Ihre entzifferten Notizbuchseiten herunterladen, also elektronische Abschriften besorgen. Zeichnen müssen Sie nicht mehr; selbst das übernimmt blitzschnell eine kleine Maschine. Sie müssten auch keine Informanten mehr erfinden, wie »Tante Helene« in Ganzer, weil es in jedem Flecken Menschen gibt, die sich für die Geschichte ihrer Heimat interessieren und diese sogar in Chroniken festhalten. Wir sollten auch in Orte reisen, die bisher nicht auf Ihren märkischen Reiserouten lagen. Denn es gibt inzwischen Berufene, die versuchen, Land und Leute so zu beschreiben, wie Sie es täten. Hotels und Restaurants könnten dann wieder ihre Schilder entfernen, aus deren Inschriften die pure Verzweiflung spricht: »Hier war Fontane … nie!«

 

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Darf ich fragen, wo Sie sind? Neuruppiner Fontane-Denkmal ohne Fontane

 

Lieber Theodor,

wenn wir beide ins Ruppiner Land aufbrechen sollten, wirst du Klosterruinen begegnen, in denen Konzerte veranstaltet werden. Du wirst inmitten alter Dorfkirchen, deren Türme dank bürgerschaftlichen Engagements wieder auferstanden sind, restaurierte Kanzeln und Kelche finden. Du wirst sanierte Herrenhäuser betreten, die noch immer als Schlösser bezeichnet werden und in denen das einfache Volk Kunst und Kulinarik genießen darf. Du wirst alte Kirchhöfe und ehemalige Gutshöfe überschreiten, von denen die Menschen nichts mehr wissen, und statt der Nachschlagebuchs- und Allerweltsgeschichten werden Sagen und Legenden zu dir sprechen. Das Beste aber, dem du begegnen wirst, werden die Menschen sein, vorausgesetzt, dass du dich noch immer darauf verstehst, das rechte Wort für den »gemeinen Mann« – und gewöhne dich lieber gleich daran – auch für die »gute Frau« zu finden.

Wie damals wird dich das Geplauder mit dem Zauber des Natürlichen und Lebendigen umspinnen. Klerus und Adel werden wir dagegen kaum begegnen. Ein Pfarramt betreut heute mehrere Kirchen. Und im Ruppiner Land habe ich nur in Karwe einen echten Adligen angetroffen. Er wohnt in einem ehemaligen Pferdestall, kann kochen und plant eine Ausstellung über dich. Kurzum: Du wirst die neuen Wanderungen in deine alte, ehrwürdige Mark nicht bereuen.

 

Lieber Theo,

solltest du mein Reiseangebot annehmen, muss dir bewusst sein, dass es schwer sein wird, anschließend einen Verlag für eine neue, völlig überarbeitete Auflage der Wanderungen durch die Mark Brandenburg zu finden. Für die Suche ist ohnehin ein Agent vonnöten. Aber vielleicht hast du dich längst über den heutigen Kulturbetrieb informiert – und wirst Blogger. Die Fontane-Welt entdeckt dich sowieso gerade als modernen Autor. Die Domain »Theo2punkt0.de« ist noch nicht vergeben.

Nach Neuruppin zurückzukehren würde sich inzwischen auch lohnen. Die Stadt stellt dir ein Smartphone und Kopfhörer zur Verfügung. Vielleicht legt sie zum 200. noch etwas drauf: lebenslanges freies Surfen im Netz oder einen Gutschein für die Fontane-Buchhandlung. Ich habe auch munkeln gehört, du sollst Ehrenbürger werden. Wie Wiese, der dich in Bronze verewigt hat.

Ich würde mich freuen, von dir zu hören, und verbleibe mit gut gelaunten Grüßen aus Berlin

 

Robert Rauh

 

 

 

 

 

Am Ruppiner See

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Und gleich das erste Kapitel, das ich schrieb,
ergibt denn auch bis diese Stunde, wie lediglich
touristenhaft ich meine Sache damals auffasste.

Theodor Fontane im Schlusswort zu den Wanderungen,
Band 4, Spreeland, 1881

WUSTRAU

Am Anfang steht Wustrau. Mit dem märkischen Kleinod beginnt Theodor Fontane seine berühmten Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Wustrau überlebte fast unverändert alle Überarbeitungen des ersten Bandes, der zu Fontanes Lebzeiten in fünf Auflagen erschien. Das Dorf eignete sich idealtypisch für den Anspruch des Autors, seinen Landsleuten zu zeigen, dass es in ihrer Nähe auch nicht übel sei und dass es in Mark Brandenburg auch historische Städte, alte Schlösser, schöne Seen, landschaftliche Eigentümlichkeiten und Schritt für Schritt tüchtige Kerle gäbe.[1] In Wustrau bildeten die historische Kirche, das alte Schloss, der Ruppiner See und der tüchtige Husaren-General Zieten das erzählerische Potpourri, mit dem der Vorreiter des märkischen Fremdenverkehrs seine Leser nach Brandenburg locken wollte.

150 Jahre später sind die Zutaten für einen erfolgversprechenden Tourismus nahezu identisch. Wustrau hat etwas zu bieten, wovon andere Orte im Ruppiner Land nur träumen können: sechs Lokale, zwei Museen und ein Schloss. Und alles gelegen an einem romantischen See. Mit einer Länge von 14 Kilometern ist der Ruppiner See, der fast die Form eines halben Mondes hat, zugleich der längste in Brandenburg. Am Nordufer liegt die Fontane-Hauptstadt Neuruppin, am Südufer das Zieten-Dorf Wustrau.

Erst die Preußen, nun ein Bayer
Das Zieten-Schloss

Wustrau über das Wasser zu erreichen – wie einst Fontane, der in einem Boot über den See gefahren kam – ist zurzeit nicht möglich. Zumindest mit dem Ausflugsdampfer. Das Schiff, das aus Neuruppin über den Ruppiner See geschippert kommt, dreht an der Südspitze einfach wieder um.[2] Der Grund ist ein handfester Streit, der Züge einer Provinzposse trägt. Seit 2017 ist die Dampferanlegestelle im kleinen Wustrauer Hafen von einem Privatmann gesperrt. Im Kern geht es um die Frage, wem der Bootsanleger gehört. Eine Einigung scheint nicht in Sicht.

Fontane war mehrmals in Wustrau. Sogar einmal mehr, als in der Forschung bisher bekannt gewesen ist. Im Juli 1859 kam er zusammen mit seinem Freund Bernhard von Lepel, um Anfang Dezember einen Aufsatz über den Ort in einem Journal zu publizieren.[3] Ein zweites Mal besuchte er Wustrau gemeinsam mit dem Verleger Wilhelm Hertz und dem Verlagbuchshändler Adolf Enslin während seiner Ruppin-Reise im Frühjahr 1861, bevor der erste Wanderungen-Band 1862 mit dem unveränderten Wustrau-Beitrag erstmals erschien. Und Fontane reiste ein drittes Mal nach Wustrau, wie jetzt die Edition seiner Notizbücher ergab. Zur Recherche für die zweite Auflage des Bandes, der nun den Titel Die Grafschaft Ruppin erhielt, fuhr er im Herbst 1864 erneut ins Ruppiner Land und machte auch in Wustrau Station.[4]

Fontane und sein Lieblingsheld

Fontane interessierte sich für Zieten und sein Schloss, die in seinem Wustrau-Kapitel die Hauptrolle spielen. Vom legendären Husaren-General war Fontane zeitlebens fasziniert. Über dem väterlichen Sofa hing ein nach dem bekannten Bilde des Malers Cunningham gefertigter großer Kupferstich mit dem Titel »Friedrich der Große, von Potsdamer Manövern nach Sanssouci zurückkehrend, begleitet von seinen Generälen«. Wie oft habe ich vor diesem Bilde gestanden, erinnerte sich Fontane später, und dem alten Zieten unter seiner Husarenmütze ins Auge gesehen, vielleicht meinen Lieblingshelden in ihm vorausahnend.[5] Später widmete er ihm Verse wie das Gedicht Der alte Zieten von 1847:

 

Joachim Hans von Zieten,

Husaren-General,

Dem Feind die Stirne bieten,

Er that’s wohl hundert Mal

Sie haben’s All’ erfahren,

Wie er die Pelze wusch,

Mit seinen Leibhusaren

Der Zieten aus dem Busch. […]

 

Nicht nur der Dichter war Fan des Generals. Populär geworden war der in Wustrau geborene Hans Joachim von Zieten (1699–1786) während des Zweiten Schlesischen Krieges, als er 1745 durch einen beherzten Überraschungsangriff aus dem Unterholz den Preußen zum Sieg über die Österreicher verhalf. Fortan galt er im Volksmund als »Zieten aus dem Busch«, der unfreiwillig unzählige Anekdoten lieferte. So erzählte man sich, dass der alte Zieten an der königlichen Tafel ungestört einnicken durfte, falls sich die Gespräche beim Nachtisch in die Länge zogen. »Lasst ihn ruhig schlafen!«, befand Friedrich. »Er hat oft genug für uns gewacht.« Derartige Geschichten beschönigen die nicht immer ungetrübte Beziehung zwischen König und Offizier. Nach dem Frieden von Dresden 1745 fühlte sich Zieten nicht ausreichend gefördert und Friedrich wiederum kritisierte die lasche Disziplin in der Husarentruppe. Zieten zog sich grollend nach Wustrau zurück und reichte seinen Abschied ein, dem aber nicht stattgegeben wurde. Denn Friedrich wusste um Zietens Qualitäten – und dessen Ruf in der Bevölkerung. Kurz vor Beginn des Siebenjährigen Krieges 1756 suchte der König ihn persönlich auf – mit einem Angebot, das der alte Haudegen nicht ausschlagen konnte.

Zieten wurde zum Generalleutnant befördert, erhielt das Kommando über einige Bataillone und zog für seinen König wieder in den Krieg. Bei Abwesenheit des Monarchen übernahm er während der Kampfhandlungen mehrmals den Oberbefehl des preußischen Heeres. Aber schon vor dem Krieg kam Friedrich seinem alten Getreuen entgegen und zeigte sich als großzügiger Gönner, indem er ihm Geld sowie Eichenholz und Kalksteine für die Errichtung des neuen barocken Herrenhauses zur Verfügung stellte. Zieten nannte das 1747 bis 1750 errichtete Gebäude sein »Prachtschloss«. Bis heute ist das Zieten-Schloss die Attraktion im Dorf.

Krone und Kesselhaken

Fontane betrat das Haus siebzig Jahre nach Zietens Tod. Während das eigentliche Dorf Wustrau etwas zurückgezogen vom See liegt, breitet sich zwischen Dorf und See der Park aus, dessen Baumgruppen von dem Dache des etwas hoch gelegenen Herrenhauses überragt werden. Dieses letztere gleicht auf ein Haar den adligen Wohnhäusern, wie sie während der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts in märkischen Städten und Dörfern gebaut wurden. Allerdings habe es den anderen Herrensitzen eine reizende Lage voraus. Die Vorderfront gestattet landeinwärts einen Blick auf Dorf, Kirche und Kirchhof, die Hinterfront hat die Aussicht auf den See – über den Fontane in den Wanderungen nach Wustrau kam. Nachdem das Boot an einer Wasserbrücke angelegt hatte und Fontane ans Ufer gesprungen war, führte ihn ein kurzer Weg, an Parkgrün und blühenden Linden vorbei, zum Eingang des Hauses.

Wie das Gebäude von außen aussah, erfahren wir nicht. Heute leuchtet der zweigeschossige, elfachsige Putzbau nach einer grundlegenden Fassadenrenovierung im Jahr 2016 in zartem Ocker, die Schmuckelemente sind in Weiß gehalten. Eine zweiläufige geschwungene Freitreppe mit Eisengeländer führt zu einem Eingangsportal, das von zwei etwas zu groß geratenen gusseisernen Laternen flankiert wird. Stilgerecht empfängt mich vor der roten rundbogigen Eingangstür der Schlossherr, mit dem ich verabredet bin.[6] Stefan Tratz ist Direktor der Deutschen Richterakademie, die in Deutschland zwei Standorte hat: in Trier und hier in Wustrau.

Der 44-jährige Tratz wirkt wie ein Jurist aus dem Bilderbuch. Zu seinem blauen Anzug trägt er – passend zum Schlossanstrich – ein weißes Hemd und eine rosafarbene Krawatte. Hinter seiner randlosen Brille funkeln blitzgescheite Augen und aus seinem Mund sind nur wohlbedachte Formulierungen zu hören. Lächelnd reicht er mir die Hand und fragt höflich, ob ich gut hergekommen sei. Die Frage ist nicht rhetorisch gemeint. Seit dem Vormittag wird in den Medien das von Norden heranziehende Orkantief Xavier angekündigt. In Berlin wurden vorsorglich einige Schulen geschlossen. In Wustrau herrscht Ruhe vor dem Sturm. Es ist etwas windig, aber die Sonne scheint. Über den Dingen stehend, einigen wir uns auf das, was ich am Vormittag von einem Kollegen gehört habe: »Erst kommt die Sturmwarnung, dann ein laues Lüftchen.« So ist der Smalltalk übers Wetter schnell beendet und Tratz kann auf erste Details des Schlosses hinweisen.

 

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Hier tagen die Richter: Schloss Wustrau, 2018

 

Er bittet mich, an das Eisengeländer der Freitreppe heranzutreten, und richtet unseren Blick mit einer kurzen Handbewegung nach oben. Über dem Eingangsportal befindet sich ein Balkon mit einem filigranen Eisengitter, in dem kreisförmig eingerahmt die in sich umschlungenen Buchstaben »ZS« zu erkennen sind. Sie verweisen auf Albert Julius Graf von Zieten-Schwerin, der zwischen 1863 und 1886 eine Reihe von Umbauarbeiten vornehmen ließ, wozu das am Außenbau verwendete neobarocke Dekor gehört. Über dem Balkonfenster befindet sich eine Balustrade mit seitlich thronenden Vasen und einer zentralen Wappenkartusche mit goldener Krone in der Mitte. Das Wappen ist vierfach unterteilt und zeigt in den jeweils diagonal gegenüberliegenden Feldern einen Kesselhaken und eine gerahmte Raute mit Streifen. Krone und Kesselhaken verweisen auf das Wappen der Grafen von Zieten-Wustrau, die Raute auf das Stammwappen der Schwerins. Herausgeputzte Relikte einer vergangenen Epoche.

Ein Bayer im Zieten-Schloss

Der Direktor bittet ins Schloss. Und betont, dass immer mittwochs eine Führung angeboten werde – für jedermann. Der Flur ist durch eine Glaswand in zwei Teile geteilt, von denen der eine, der mit Bildern und Stichen behängt ist (darunter der bekannte Kupferstich Chodowieckis: Zieten sitzend vor seinem König), als Empfangshalle dient. Der andere Teil, berichtet Fontane, ist Treppenhaus. Heute kommt der Eingangsbereich ohne Zieten-Bilder aus. Gleich links steht eine überdimensionale Holzbank aus dem ehemaligen Reichsgericht in Leipzig. Fontane eilte gleich die Treppe hinauf, Tratz bleibt im Erdgeschoss und geht mit mir linkerhand durch die beiden hintereinanderliegenden Speisesäle, in einen Raum, der sich vor dem berühmten Pavillon befindet. Auf einem Tisch sind Tassen und Prospekte der Richterakademie drapiert. Es duftet nach Kaffee.

Er habe hier im Vorraum und nicht im Pavillon eindecken lassen, weil es dort im Oktober schon etwas kühl sei. Gern würde er die alten, undichten Fenster erneuern lassen, was jedoch mit dem Denkmalschutz abgestimmt werden müsse, erklärt Tratz. Zum spürbaren Beweis führt er mich in den zugigen Wintergarten, der mit Ausblick auf See und Park die architektonische Perle des Schlosses ist. Der 1869 hinzugefügte eingeschossige oktogonale Pavillon befindet sich auf der nordwestlichen Seite und dient als Bindeglied zwischen Haupt- und Seitenflügel, den Zieten-Schwerin im gleichen Jahr anbauen ließ.[7] Der Pavillon sei auch deshalb historisch, so Tratz, weil hier 1990 der juristische Teil des Einigungsvertrags zwischen der Bundesrepublik und der DDR ausgehandelt wurde.

Plötzlich pfeift es bedrohlich durch die Fensterritzen. Was an Xavier liegt, der, über den Ruppiner See kommend, langsam an Fahrt aufnimmt. Im Park tanzen die bunten Blätter, auf dem See setzt Wellengang ein. Wir ignorieren das Getöse und ziehen uns in den sicheren Vorraum zurück. Stefan Tratz schenkt Kaffee ein.

Bevor Tratz Direktor wurde, bildete er am Landgericht Würzburg Rechtsreferendare aus. Dann klingelte irgendwann das Telefon und er erhielt das Angebot, die Richterakademie zu übernehmen. Er habe nicht lange überlegt. Wer ihn angerufen hat, möchte Tratz nicht verraten. Nur so viel: der Anruf sei »hochrangig« gewesen. Dabei lächelt er verschmitzt. Der Direktorenposten ist auf vier Jahre befristet, »damit jedes Bundesland an die Reihe kommt«. Vor ihm übte das Amt ein Jurist aus Baden-Württemberg aus, davor einer aus Brandenburg. Nun der Bayer Tratz. Was wohl der alte Zieten brummeln würde, wenn er erführe, dass ein bayerischer Jurist hier Schlossherr ist?

 

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Zieten nannte es sein »Prachtschloss«: Schloss Wustrau mit Pavillon, Postkarte, um 1890

 

Tratz kannte Wustrau, weil er hier schon früher an mehreren Tagungen teilgenommen hatte. Die beiden Akademie-Stätten Trier und Wustrau schulen im Jahr 5.000 Juristen, in Wustrau haben jeweils hundert Personen Platz. Die Auslastung liege bei über 90 Prozent und die Teilnehmer bescheinigten Ort und Tagungen eine »hohe Zufriedenheit«, berichtet Tratz stolz. Die Hälfte der Schulungen seien noch immer »rein juristisch«, das Angebot habe sich in den vergangenen Jahren jedoch verändert: durch Weiterbildungen in Rhetorik oder Stressbewältigung zum Beispiel. Zudem würden Tagungen zu historischen Themen angeboten, beispielsweise zur Stellung der Justiz in der NS-Zeit. Das habe »großen Anklang gefunden«. Weil eine Windböe die Tür zum Speisesaal mit einem lauten Knall ins Schloss fallen lässt, hält Tratz inne.

Kulisse für Kunst und Historie

Ich nutze die Pause und frage nach Heinrich Himmler. In den letzten Kriegsmonaten soll der SS-Chef im Wustrauer Schloss seinen Befehlsstand untergebracht haben. Tratz verweist mich an die Lokalhistoriker. Einer von ihnen, Uwe Seidler, der umtriebige Vorsitzende des Heimatvereins, kennt die Geschichte, die man inzwischen überall nachlesen kann, auch nur vom Hörensagen: »Ureinwohner, die ich befragt habe, sagen, die Älteren hätten davon gesprochen.« Ein Beleg war nicht aufzutreiben. Tratz referiert nur das, was auch auf der Infotafel vor dem Schloss zu lesen ist. Mitte der 1930er-Jahre nutzte die »Reichsgruppe Industrie«, der Wirtschaftsverband der deutschen Industrie in der NS-Zeit, das Gebäude als Tagungsstätte. Später auch die SS.

Als Hans Ulrich von Oertzen, ein Verwandter derer von Zieten-Schwerin, das Schloss 1937 erwarb, wurde der Pachtvertrag offenbar nicht aufgelöst. Nach Kriegsende wurde von Oertzen enteignet, das Schloss geplündert und als Notunterkunft, später als landwirtschaftliche Berufsschule mit Lehrlingswohnheim und ab 1947 als Zentralschule genutzt. 1977 übernahm das Ministerium für Justiz das Schlossgelände, das bis zum Ende der DDR als Weiterbildungsstätte für Juristen diente. Die Wiedervereinigung 1990 war also hinsichtlich der Nutzungsgeschichte keine Zäsur: Die Deutsche Richterakademie zog ein, ließ das Schloss sanieren und eröffnete 1993 in Wustrau ihre zweite Dependence.[8]

Die Akademie sieht sich im Zieten-Dorf gut integriert. Wenn sie das Haus für die Bevölkerung öffnet, werden mit regelmäßigen Vernissagen regionaler Künstler und einem kostenlosen Büfett gleich mehrere Sinne bedient. Die Juristen fühlen sich aber auch der Historie des Ortes verpflichtet. So bildete das Schloss die perfekte Kulisse für die öffentliche Rehabilitierung von Friedrich Graf von Zieten (1765–1854), der Jahrhunderte im Schatten seines legendären Vaters stand und vom Wanderer Fontane bösartig porträtiert wurde. Er ließ am Sohn des alten Zieten aus zweiter Ehe kaum ein gutes Haar. Der Landrat war eine wenig erfreuliche Erscheinung: kleinlich, geizig, unschön in fast jeder Beziehung. Ihm fehlte jeder ästhetische Sinn. Selber eine Kuriosität, brachte er es über die Kuriositätenkrämerei nie hinaus. Sein Witz und Humor verstiegen sich nur bis zur Lust an der Mystifikation. Den Altertumsforschern einen Streich zu spielen, war ihm ein besonderer Genuss. Er ließ von eigens engagierten Steinmetzen große Feldsteine konkav ausarbeiten, um seine Wustrauer Feldmark mit Hilfe dieser Steine zu einem heidnischen Begräbnisplatz avancieren zu lassen. Im Übrigen wäre Friedrich von Zieten unfähig, zu dem Ruhme seines Hauses auch nur ein Kleinstes hinzuzufügen.

Prompt beschwerten sich die Erben. Aber: Fontanes Charakteristik blieb in den Wanderungen. Wie die Anekdoten. Die bekannteste wird bis heute bei Führungen am Grab des Landrats erzählt: Als König Friedrich Wilhelm IV. im Jahre 1844 Wustrau besuchte, führte ihn der Graf auch an die Linde, um ihm daselbst das eben fertig gewordene Grab zu zeigen. Der König wies auf eine Stelle des Riesenfeldsteins und sagte: »Zieten, der Stein hat einen Fehler!«, worauf der alte Herr erwiderte: »Der drunter liegen wird, hat noch mehr.« Umgehend weiß Fontane zu relativieren: Diese Antwort ist so ziemlich das Beste, was vom letzten Wustrauer Zieten auf die Nachwelt gekommen ist.

Zum 250. Geburtstag im Jahr 2015 wurde Friedrich von Zieten in Wustrau mit einem Festakt gewürdigt. Schließlich hat der Zieten-Sohn nicht nur die Schulden seines Vaters abbezahlt und Wustrau in ein Mustergut verwandelt, sondern engagierte sich als Landrat des Kreises Ruppin auch für die Region; er ließ Straßen anlegen und Entwässerungsgräben ausheben. Zur Landschaftsverschönerung wurden Bäume an Wegen und Straßen gepflanzt.[9] Daher sprach der Akademiedirektor in seiner Ansprache anlässlich des Festakts von einer »vielschichtigen und teils umstrittenen Persönlichkeit«.

Stefan Tratz nutzt die Möglichkeit, auf ein weiteres Jubiläum hinzuweisen. Im Frühsommer 2018 werde das Jubiläum »25 Jahre Richterakademie in Wustrau« mit einem Festakt begangen, zu dem er mich später einladen wird.[10] Dann wird in dem Raum, in dem wir gerade sitzen, eine riesige Geburtstagstorte im dezenten Ocker, passend zur Schlossfassade, angeschnitten. Bei seiner Begrüßung wird Tratz sagen, dass er es für »einen Glücksfall« halte, dass das Gebäude Sitz der Richterakademie geworden sei. Was wörtlich wiederholt wird von Ute Behnicke, Bürgermeisterin der Gemeinde Fehrbellin, die trotz Pumps gerade so ans Mikrofon reicht. Die Bürgermeisterin wird auch Probleme ansprechen, die es noch zu lösen gebe: eine »bessere Vertaktung mit der Bahn« und die Digitalisierung des Landkreises. Im Publikum wird laut gelacht.

Fontane im Keller

Eine Mitarbeiterin betritt den Raum und entschuldigt sich höflich für die Störung. Weil der Strom aufgrund des Sturms ausgefallen sei, würde man das Abendbrot für die Tagungsteilnehmer vorziehen wollen. Kerzen seien genug vorhanden. Es könnte romantisch werden, wenn Xavier nicht weiter wüten würde. Er pfeift inzwischen so gewaltig um die Ecken, dass im Haus nahezu jedes Türschloss scheppert. Tratz stimmt der Abendbrot-Verschiebung zu und bietet mir einen kleinen Rundgang an, bevor der Sturm draußen alles verdunkelt hat.

Wir gelangen zurück in die Eingangshalle und steigen die eichene, altmodisch-bequeme Treppe hinauf – die sich heute mit ihrem rotbraunen Anstrich mutig in das wie Marmor anmutende Dekor der Wände fügen muss. Im Obergeschoss, schreibt Fontane, seien die kleineren Zimmer durchaus schmucklos, nur über den Türen befinden sich Ölbilder, Kopien nach niederländischen Meistern. Das ist alles. Heute ist mehr. An den Wänden hängen Bilder zeitgenössischer regionaler Künstler, die hier regelmäßig ausstellen. Dafür kann der große Saal, der zur Parkseite liegt und zu Fontanes Zeiten die eigentliche Sehenswürdigkeit des Hauses war, mit der heutigen Ausstattung nicht mithalten. Alles erinnert hier an den Helden, der diese Stätte berühmt gemacht hat. Eine Kolossalvase zeigt auf ihrer Rückseite die Abbildung des auf dem Wilhelmsplatze stehenden Zietendenkmals, an den Wänden entlang aber gruppieren sich Porträts und Skulpturen der allermannigfachsten Art. Jetzt bestimmt nüchterne Funktionalität den Raum, der vorrangig für Vorträge genutzt wird. An der Stirnseite befinden sich Rednerpult, Medienschrank und Whiteboard. Grau gemustert sind Gardinen und Teppich, auf dem mindestens fünfzig blaue Stühle aufgereiht sind. Auch hier kein Zieten-Bild. Im Dorf aber ist der General präsent. Ein Nachguss des Berliner Schadow-Denkmals, dessen Abbildung Fontane auf der Vase entdeckte, steht im Pfarrgarten; es wurde 1999 vom Gründer des Brandenburg-Preußen-Museums Ehrhardt Bödecker gestiftet.

Wir steigen weiter ins zweite Obergeschoss. Dessen Innenausstattung stammt noch aus DDR-Zeiten. Die Richterakademie möchte es sanieren und reagiert damit auf die steigende Nachfrage an Fortbildungen, erklärt Tratz. Auf insgesamt 340 Quadratmetern sollen Büros sowie Konferenz- und Seminarräume entstehen. Von einem Raum wird man auf den Ruppiner See schauen können. Rund eine Million Euro haben Bund und Länder zur Verfügung gestellt, im Jahr 2019 soll alles fertig sein. Dann endet auch Tratz Amtszeit, in die bereits die Sanierung der Außenfassade fällt. Er dürfte wohl als Bau-Direktor in die moderne Schlossgeschichte eingehen.

Stefan Tratz wirft noch einen Blick in das bereits entkernte Dachgeschoss und lächelt wieder – als könne ihn nichts aus der Ruhe bringen. Auch Xavier nicht. Er schlägt vor, in den Keller zu steigen. Weil der auf der Seeseite nur von außen zu erreichen ist, müssen wir das Schloss verlassen. Mutig schreitet der Direktor voran. Der Wind bläst uns kräftig ins Gesicht. Im Park liegen herabgestürzte Äste und der aufgewühlte Ruppiner See hat die Boote am Ufer verschluckt.

Wir steigen die Treppe hinab und schalten die Handys an, um etwas Licht ins Dunkel zu bringen. Im Keller könne man sich abends ungezwungen zum Bier oder Wein treffen. Er diene als Ort »kollegialen Netzwerks«; vor allem junge Richter sollen sich hier zusammenfinden, um »später auf dem kurzen Dienstweg in den Austausch zu treten«. Wir leuchten in den Raum, der von braunem Restaurantmobiliar geprägt ist. Es sei »kein Kellergewölbe im historischen Gewand«, erklärt Tratz, als er mein enttäuschtes Gesicht sieht. Aber der Direktor hält einen Joker parat. Er richtet die Handylampe auf einen Mauerbogen, der als Raumteiler dient. Deutlich lesbar steht dort in schwarzer Schrift: »Fontane Gewölbe«. Verschmitzt lächelt er wieder.

Ingelore, Anne, Viola und eine Gräfin
Frauenpower in Wustrau

»Schreiben Sie auch über Gräfin Constance?«

»Constance?«

Fragend schaue ich in die erwartungsvollen Gesichter von zwei Frauen, mit denen ich am Wustrauer Hafen gerade ins Gespräch gekommen bin. Die Damen um die sechzig sind früher mittwochs mit dem Schiff von Neuruppin nach Wustrau über den Ruppiner See geschippert, um es sich im Café Constance gutgehen zu lassen. Weil der Steg gesperrt ist, müssen sie nun von einem Bekannten mit dem Auto gefahren werden – der Ausflug ist nur noch halb so schön.

Die beiden Frauen wollen wissen, ob ich Journalist sei. Zwangsläufig landen wir bei Fontane.

»Constance?«, wiederhole ich und frage sicherheitshalber nach: »Hat Fontane sie denn erwähnt?«

»Eben nicht«, sagt die eine. »Der hat in den Wanderungen nur über Männer geschrieben«, ergänzt die andere.

»Das stimmt so nicht«, entgegne ich und erinnere an die Gräfin La Roche-Aymon aus Köpernitz, der Fontane als Prinzessin Goldhaar ein Kapitel widmet.

Die beiden lassen sich nicht beeindrucken. »Die hat er nur beschrieben, weil sie so schönes Haar hatte«, sagt die eine. »Ihr Fontane war ein Männermensch. Die Frauen tauchen bei ihm nicht als autonome Wesen auf, sondern nur im Kontext ihrer Männer«, ergänzt die andere. Ich versuche den Disput zu versachlichen und trete prompt ins Fettnäpfchen. »Mit welchem Zieten war Constance denn verheiratet?«

»Da haben wirs wieder!«, stößt die eine empört hervor. Und die andere ruft verzweifelt über den Ruppiner See: »Warum schreibt die Die Neuen Wanderungen keine Frau?«

Das Café der Gräfin

Zehn Minuten später sind Edith und Brigitte fast versöhnt – mit Fontane und mir. Sie haben mich ins Café Constance entführt und ich habe ihnen einen Eisbecher spendiert. Während die Damen über die Notwendigkeit von Schlagsahne fabulieren, informiere ich mich an einer Schautafel über eine Frau, die sich in Wustrau als Wohltäterin einen Namen machte und die Fontane – obwohl sie eine Zeitgenossin war – tatsächlich nicht erwähnte. Der Chronist ist jedoch entschuldigt. Bei seinen ersten beiden Wustrau-Besuchen 1859 und im Frühjahr 1861 konnte er sie noch nicht antreffen, denn die in Kurland (Lettland) geborene Gräfin Constance Baronesse von Derschau (1838–1914) zog erst nach ihrer Hochzeit mit Albert Julius von Zieten-Schwerin (1835–1922) im Juni 1861 ins Schloss Wustrau.

Drei Jahre zuvor war Albert, damals noch ein von Schwerin (ohne Zieten), das Gut am Ruppiner See zugefallen, nachdem sein älterer Bruder verstorben war. Daraufhin wurde er 1859 in den preußischen Grafenstand erhoben – mit Namen- und Wappenvereinigung »Zieten-Schwerin«, was auch Fontane kurz erwähnt. Die kreisförmig eingerahmten und in sich verschlungenen Buchstaben »ZS« befinden sich, wie beschrieben, über dem Eingangsportal des Schlosses. Familiengeschichtlich gesehen, war Albert schon von Geburt an ein halber Zieten. Seine Mutter, Caroline Albertine, geborene von Zieten, war die Nichte und Erbin des kinderlosen Landrats Friedrich von Zieten, der 1854 verstorben war. Albert war also ein Urenkel des legendären Husaren-Generals. Er selbst brachte es bis zum Leutnant und ging später in die Politik, war von 1878 bis 1918 Mitglied des preußischen Herrenhauses. Dass Fontane auch Albert in seinem Wustrau-Kapitel nur kurz erwähnt, ist für meine beiden Constance-Fans nur ein schwacher Trost. Den tüchtigen Kerlen wurde nicht nur bei Fontane mehr Anerkennung gezollt. »Albert wurde 1908 für sein politisches, karitatives und kirchliches Engagement im Beisein des Kronprinzen mit der Ehrenbürgerschaft der Stadt Neuruppin geehrt«, sagt die eine. »Constance nicht«, ergänzt die andere. Diese Ungleichbehandlung setzt sich in der Gegenwart fort. »Albert hat einen Wikipedia-Eintrag«, sagt die eine. »Constance nicht«, die andere.

Auf der Infotafel im Café Constance ist ein Foto zu sehen, dessen Bildkomposition den beiden Damen eigentlich zusagen müsste. Es zeigt das Ehepaar Zieten-Schwerin bei seiner Goldenen Hochzeit im Jahr 1911. Albert, rechts etwas im Hintergrund, blickt freundlich und zufriedenen zu seiner Frau. Constance vorne links wendet ihren Kopf zum Fotografen und schaut mit ernstem Blick selbstbewusst in die Kamera. Ihr schwarzes Kleid mit weißem Kragen und der kleine schwarze Hut, unter dem sie ihr graues Haar nach hinten gekämmt hat, verleihen ihr Strenge und Würde zugleich. Wäre Albert nicht auf dem Foto, würde Constance auch als gestrenge Mutter Oberin im Kloster Lindow durchgehen. Wie Bilder täuschen können. Die Gräfin war eine liebevolle Mutter, die sich nicht nur um ihre acht (!) eigenen Kinder sorgte, sondern auch um die Kinder im Dorf. Sie gründete 1878 den ersten Kindergarten in Wustrau. Im Winter sorgte sie für Förderunterricht der Schifferkinder und im Sommer finanzierte sie den Ärmsten den jährlichen Dampferausflug in die Ruppiner Schweiz. Als Vorsitzende des Vaterländischen Frauenvereins rief sie 1901 die Weihnachtsbasare ins Leben und eröffnete drei Jahre später in der Neuruppiner Mädchenschule Kurse, in denen gelernt wurde, wie Frau kocht und den Haushalt führt. Obwohl das doch alten Rollenbildern entspricht, haben meine beiden Constance-Damen damit kein Problem – sie sind der Meinung, dass junge Mädchen heute »kaum noch richtig kochen können«.

Zu ihrem siebzigsten Geburtstag im Jahr 1908 bekam die Gräfin von ihrem Gatten das neu errichtete Constance-Haus geschenkt. Es existiert noch und befindet sich am Hohen Ende, der Prachtstraße Wustraus, die parallel zum Ruppiner See verläuft und aus dem Ort hinaus weiter nach Buskow führt. Das Constance-Haus stand ungeachtet ständischer Schranken allen offen – und beherbergte zur kostenlosen Nutzung Bühne, Bibliothek und Billardraum. Es herrschte striktes Alkoholverbot. Auf dem Hof befanden sich Spielgeräte für die Kinder und eine Kegelbahn.

Heute ist im ehemaligen Theatersaal das Café Constance untergebracht. Den Gastraum prägen eine hohe Decke, dunkelbraunes Mobiliar und ein langer, schlicht gestalteter Tresen, der von zu groß geratenen Kugellampen dominiert wird. Dahinter hängt ein überdimensionaler Spiegel, der den Raum optisch unnötig in die Breite zieht. An den Wänden Bilder regionaler Künstler, neben dem großen, rundbogigen Fenster zur Straße steht ein Flügel und über dem Kamin an der Stirnseite hängt unübersehbar ein riesiges Ölgemälde, das die Namensgeberin mit zwei ihrer Kinder zeigt. Obwohl in diesem Raum einiges zu groß geraten ist, strahlt er Gemütlichkeit aus, in der man sich gern verwöhnen lässt. Und wenn man Glück hat, wird Kaffee und selbst gebackener Kuchen mit hauseigenen Sammelgedecken von der Chefin Ingelore Radke persönlich kredenzt. Ihr erfrischendes Lachen und die Heidelbeer-Joghurt-Torte sind einmalig.

Radke erzählt, dass das Haus nach dem Tod des Grafen ein Mühlenbesitzer kaufte; der Theatersaal wurde Kornspeicher. Ab Mitte der 1950er Jahre übernahm die Gemeinde den linken Flügel des Hauses; der Saal wurde Turnhalle der Schule. Bevor sie das Café 1998 eröffnete, stand der Raum bereits zwanzig Jahre leer und verfiel. Das ist nun auch schon wieder zwanzig Jahre her. Auch sonst sieht sich die Café-Chefin ihrer Gräfin verpflichtet, engagiert sich im Gemeindekirchenrat, organisiert die »Wustrauer Sommermusiken« mit und ist Mitglied des »Arbeitskreises naturnaher Spielplatz«. Als die Wustrauer Eltern 2014 für das Kinderparadies erstmals in der Presse warben, fiel eines sofort auf: Für den Fotografen posierten nur Frauen. Sieben auf einen Streich.

Annes Wege

Zu den engagierten Frauen in Wustrau zählt auch Anne-Karin Glase, die in der Straße Am Wald wohnt. Als ich vor einigen Wochen Kontakt mit ihr aufgenommen hatte, schlug sie mir gleich eine gemeinsame Wanderung vor: »Das kommt Ihnen doch entgegen, oder?« Eigentlich wollte ich ein Gespräch und reagierte zunächst zurückhaltend. Am Ende war ich erfreut. Gleich zu Beginn meiner Neuen Wanderungen würde ich wirklich wandern.

Anne-Karin Glase hat keine Zeit zu verlieren. Als die zierliche Frau mit dunklem Kurzhaarschnitt und großer schwarzer Brille die Tür öffnet, ist sie schon marschbereit.[11] Sie sagt, sie hätte den ganzen Nachmittag Zeit und erst abends wieder einen Termin: Ausstellungseröffnung von Günter Rieger im Zieten-Schloss. Das ist auch mein Abendprogramm. Für Frau Glase ist damit alles geklärt. Schnell drückt sie mir noch den lokalen Wanderführer des Heimat- und Kulturvereins in die Hand[12] und gibt dann mit einer knappen Handbewegung das Zeichen zum Aufbruch. Zum Glück sind wir in der Mark unterwegs. Auf Alpenkämmen würde die schmale Person weggefegt werden. Wenn Mann sich da mal nicht täuscht. Auch diese Wustrauerin, der ihre 64 Jahre nicht anzusehen sind, scheint ein Energiebündel zu sein. Während ich noch Notizblatt und Stift aus meiner Tasche krame, schreitet sie forsch voran.

Frau Glase scheint ständig in Bewegung. Für Wustrau und für Europa. Zehn Jahre saß die gebürtige Neuruppinerin im Europäischen Parlament. Wobei »sitzen« natürlich die falsche Vokabel ist. Jedenfalls für Anne-Karin Glase, die nach zwei Stunden straffer Wanderung und Gesprächsführung keineswegs erschöpft sein wird. Ihr Ziel ist Altfriesack, aber nicht auf der kurzen Strecke über die Hauptstraße, die um die Südspitze des Ruppiner Sees führt, sondern querfeldein. »Wege, die nicht mal Fontane kannte«, verspricht sie.

Über die Flatower Straße laufen wir aus Wustrau hinaus und überqueren den Rhin. Die schmucklose Betonbrücke verbindet Wustrau mit dem Luch. Würde man der Straße, die hier zu einem gepflasterten Weg wird, weiter folgen, landete man in Zietenhorst. Frau Glase biegt mit mir jedoch links ab und führt mich in das »Lüttje Luch«, ein kleines Sumpfgebiet im Wald zwischen Wustrau und Altfriesack. Xavier hat auch hier seine Spuren hinterlassen, überall sehen wir umgestürzte Bäume. Ältere am Boden liegende Stämme hat sich die Natur bereits zurückgeholt und mit einem Moosteppich versehen. Das Luch durchziehen kleine Gräben, deren Wasseroberfläche an einigen Stellen nicht vom Waldboden zu unterscheiden ist. Amazonien in der Mark.

Als wir das »Lüttje Luch« verlassen, erwartet uns wieder das gewohnte Landschaftsbild: Wiesen, Felder und Wälder. Nirgends ist ein Mensch zu sehen. Anne-Karin Glase hält inne, hebt den Zeigefinger und fragt: »Ist diese Ruhe nicht himmlisch?« Ich nutze den Moment, um mir ein paar Stichworte zu notieren, und verweise auf das Zirpen der Grillen, die offenbar für ein abendliches Sommerkonzert proben. »Ruhe ist für mich mehr als Stille«, betont Frau Glase und setzt sich wieder in Bewegung. Ich könnte sie mir auch als Yogalehrerin vorstellen.

Viel Ruhe war Glase im Leben nicht beschieden. Die gelernte Kinderkrankenschwester gehörte in der DDR zu den Mutigen. Sie formuliert etwas zurückhaltender: Ihr Mann und sie hätten sich »zu weit aus dem Fenster gelehnt«. Die Glases engagierten sich in der kirchlichen Friedens- und Umweltbewegung, waren Teil eines Ehepaar-Kreises, in dem »über alles offen und ehrlich gesprochen wurde«, und trugen – als Zeichen des Protestes – den verbotenen Aufnäher »Schwerter zu Pflugscharen« am Jackenärmel. Ihr Mann hielt Vorträge zum Thema »Umwelt in der DDR«. Allein der Titel war für den SED-Staat eine Provokation.

Mutig waren die Glases vor allem deshalb, »weil wir die Kinder da mit reingezogen haben«. Denn die Stasi nutzte deren Naivität aus. Ihre Wohnung in Fehrbellin, wo die Familie seit 1987 wohnte, befand sich in einem alten Haus; über den Flur führte eine Treppe in das obere Stockwerk, wo sich die Zimmer der beiden Söhne befanden. Eines Tages sei der große, elf Jahre alt, diese Treppe heruntergekommen und habe gefragt, wo der Besuch sei. Bei den Eltern war niemand. Der Besuch, ein fremder Mann, hatte den Jungen in ein Gespräch verwickelt und ausgefragt: Wer besucht die Eltern? Über was wird gesprochen? »Wir haben unsere Kinder zur Ehrlichkeit erzogen«, sagt Glase und bleibt stehen. »Wenn der Mann sagte, er sei Besuch, dann hat mein Junge ihm das geglaubt.«

Ich frage, ob sie jemals verhaftet worden sei. Nein, sie hätten Glück gehabt – »und einen Schutzengel«. Das sagt Glase, obwohl sie berufliche Nachteile hatte. Nach der Geburt ihres zweiten Kindes gelang es ihr erst nach mehreren Jahren, wieder ins Arbeitsleben einzusteigen. Sie bewarb sich auf freie Stellen im Gesundheitswesen und wurde ohne Begründung abgelehnt. Die Glases befanden sich ständig im Zwiespalt: sich anpassen oder weiter rebellieren? Sie entschieden sich für Letzteres. »Wir haben uns gefragt: Wenn wir aufgeben, wer soll es dann machen?« Sie bleibt wieder stehen und ergänzt: »Und wir haben uns gesagt: Dann werden wir nie frei sein.«

Inzwischen sind wir am Bützsee angekommen, wo Jugendliche in kleinen Zelten campieren. Offenbar haben sie hier die Nacht durchgemacht. Im See, der als Kühlschrank diente, stehen zwei Getränkekästen mit leeren Bierflaschen. Völlig verschlafen fragt uns einer nach der Uhrzeit; sein Handy habe kein Akku mehr. Als er »17 Uhr« hört, lässt er sich zurück auf die Luftmatratze fallen. Frei sein kann auch anstrengend sein.

Alles auf Fisch

Nördlich des Bützsees liegt unser Ziel. Wir verlassen Wald und Wiesen und erreichen Altfriesack. Amtsrechtlich sind wir noch immer in Wustrau, denn Altfriesack, ein altes Fischerdorf zwischen Ruppiner und Bützsee, bildet gemeinsam mit Wustrau einen Ortsteil der Gemeinde Fehrbellin. Frau Glase möchte mir noch die berühmte Zugbrücke zeigen, die um 1787 nach holländischem Vorbild errichtet wurde und den Rhinkanal überspannt. Fontane hätte sie überqueren müssen, wenn er von Wustrau nach Karwe gefahren wäre. Aber er ließ sich ja über den Ruppiner See rudern. 1927 wurde die Holzbrücke durch eine genietete Eisenkonstruktion ersetzt. Noch immer ist das technische Denkmal in Betrieb, genauso wie die Schleuse dahinter. Erst 2017 wurde die fünf Meter lange und 7,5 Tonnen schwere Klappe erneuert.

 

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Fontane hat sie nicht erwähnt: Die historische Zugbrücke in Altfriesack, 2018

 

Vor der Brücke und in schönem Kontrast zu ihr erhebt sich ein modernes Holzkunstwerk von Jens Mielke: ein Baum aus Fischen mit traurigen Gesichtern. Nur der Karpfen auf der Baumspitze scheint enthusiastisch wie ein Hirsch Richtung Ortskern zu röhren. Eine kleine Platte bietet Fantasielosen eine Interpretationshilfe: »Mit dieser Statue ›Des Fischers Traum wird an die jahrhundertlange Altfriesacker Fischerei erinnert. Von ehemals 12 Höfen im Fischerdorf besitzen heute noch 7 ein uneingeschränktes Fischereirecht mit einem Kahn und ohne Zugnetz!«

Zeit für Fisch. In Altfriesack hat man die Qual der Wahl – zwischen dem Gasthaus Alte Fischerhütte oder der Fischerei Fischerhütte Pfefferkorn. Der Fisch ist überall frisch. Frau Glase entscheidet sich für die Pfefferkorns, die auch einen hauseigenen Teich unterhalten, aus denen Besucher sich ihren Fisch selbst angeln können. Viola und Guido Pfefferkorn übernahmen Fischerei und Gaststätte 2001 von ihren Eltern, die wiederum zehn Jahre zuvor die 1959 gegründete Fischereigenossenschaft übernommen hatten. »Gelernt« haben die Geschwister etwas anderes: Viola ist eigentlich Elektronik-Facharbeiterin und Guido Elektromonteur. Nun setzen sie alles auf Fisch. Im rustikal eingerichteten Gastraum stapelt sich in einer beleuchteten Vitrine jede Menge fish to go: von Aal bis Zander. Ich bestelle Garnelen und Frau Glase zwei große Radler. Platz nehmen wir draußen auf einer Bank neben der überdachten Terrasse, die in den Fischteich ragt. Weil wir die einzigen Gäste sind, bringt Viola Pfefferkorn die Getränke persönlich ans Wasser – und ein Buch, in dem nicht nur sie und ihr Bruder, sondern auch Anne-Karin Glase porträtiert werden.[13]

Frau Glase hält den Zeitpunkt für gekommen, mir feierlich das Du anzubieten. Und fragt mich, nachdem wir angestoßen haben, ob wir später nicht gemeinsam zur Vernissage ins Schloss gehen wollen.

»In Wanderklamotten?«

»Warum nicht?«, fragt Anne zurück. »Dann schaffen wir es noch zum Obelisken. Und Günter Rieger wird uns das verzeihen.«

»Und der Direktor?«

»Auch der«, meint Anne. »Ich werde Herrn Tratz erklären, dass wir gerade aus der Landschaft kommen, die Günter Rieger in seinen Bildern präsentiert.«

Klingt plausibel. Bevor ich weitere Fragen stellen kann, erinnert Anne an die Ruhe. Ich verzichte darauf, auf das ohrenbetäubende Vogelgezwitscher hinzuweisen, sondern lehne mich zurück, blinzle in die Abendsonne und konstatiere: »Ist wie im Urlaub.«

»Und wir sind hier zu Hause.«

Bis Amerika

Dass die Glases ihr Zuhause in Wustrau gefunden haben, verdanken sie einem Zufall. Anne hat immer von einem eigenen Haus mit großer Wiese geträumt. Daran war zu DDR-Zeiten nicht zu denken. Aber dann kam die Wende und katapultierte sie in die Politik – und letztendlich ins Zieten-Dorf. Zunächst war sie Abgeordnete der ersten und letzten frei gewählten Volkskammer der DDR – für die CDU, der sie seit 1986 angehört. Ihr politischer Werdegang zeigt, dass Opposition und Blockpartei in der DDR kein Widerspruch sein mussten. In der Volkskammer übernahm sie den Ausschuss für Entwicklungshilfe. Dann ging es schnell bergauf: Glase wurde stellvertretende Landesvorsitzende der Frauen-Union Brandenburg, wurde in den Bundesvorstand der Frauen-Union und schließlich in den CDU-Bundesvorstand gewählt. Gleich mit der Wiedervereinigung erhielt sie 1991 das Angebot, als »Beobachter« ins Europäische Parlament nach Brüssel zu gehen. Ein kompletter Neustart. Sie arbeitete sich ein in Abläufe, Gesetzeslagen und Protokollfragen. Und wurde zur Pendlerin zwischen Brandenburg und Brüssel.

1992 wurde sie von Landwirten eingeladen, die sich im Haus der Café-Besitzerin Ingelore Radke in Wustrau trafen. Es ging um EU-Fördermittel. Am Ende fragte einer: »Was können wir nun für Sie tun?« Anne erzählte von ihrem Wunsch. Und Radke berichtete von Gemeindeland, das gerade für die Bebauung zur Verfügung gestellt würde. Draußen, Am Wald. Noch am gleichen Abend suchte Glase das Gebiet auf und leuchtete mit einer Taschenlampe in ihre Zukunft. Zwei Jahre später kam die Familie mit Umzugskartons und bezog ihr eigenes Haus – mit einer großen Wiese. Nutzen konnte Anne Glase es zunächst nur wenig, denn im gleichen Jahr zog sie als Abgeordnete ins Europaparlament ein. Und behielt ihr Mandat zehn Jahre. In Brüssel engagierte sie sich unter anderem auf einem Gebiet, das man(n) der zierlichen Frau nun weiß Gott nicht zuordnen würde.

Irgendwann war sie in den 1990er Jahren mit Munitionssuchern in einem ehemaligen »Russengelände« unterwegs. In Brandenburg gibt es derer nicht wenige. Die Konversion, also die Umwandlung von einer militärischen in eine zivile Nutzung, hält Anne Glase für ein dringendes Gegenwartsproblem – und bleibt damit einem alten Motto treu: Schwerter zu Pflugscharen. Konkret geht es um die Beseitigung von Kampfmitteln aus zwei Weltkriegen und der Stationierung alliierter Truppen während des Kalten Krieges sowie um die Sanierung von kontaminiertem Erdreich und Wasser. Bis 2006 war Glase Vorsitzende des Kompetenzzentrums für Konversion und Kampfmittelräumung.