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Helmut Brandstätter

KURZ & KICKL

IHR SPIEL MIT
MACHT UND ANGST

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Für meine Frau,
die mich inspiriert und herausfordert

INHALT

Vorwort Vizekanzler a.D. Erhard Busek

1. Kurz und die Sollbruchstelle Kickl

2. Sebastian Kurz – der Kontrollor

3. Herbert Kickl: Der FPÖ-Mastermind seit Haiders Zeiten

4. Die FPÖ der Burschenschafter und Rechtsextremen

5. Der Wahlkampf 2017 – ein Durchmarsch für Kurz

6. Kurz, Strache und Kickl – so sehen sie die Medien

7. Die Regierung Kurz/Strache – das Regierungsprogramm

8. Der BVT-Skandal – Kickls schleichender Putsch?

9. „Einzelfälle“ – das Innerste der FPÖ

10. Hauptsache gegen Ausländer – die neue Sozialpolitik

11. Das große Umfärben

12. Knickse und andere Fehltritte in der Außenpolitik

13. Das Ende der Landesverteidigung

14. Der Bruch

15. Große Themen für Österreichs Zukunft

16. Ausblick: Ist der Weg zum autoritären Staat gestoppt

Der Ari-Rath-Ehrenpreis

In diesem Land wird
niemand lächerlich

Als der die Wahrheit sagt.
Völlig wehrlos

Zieht er den grinsend flachen
Hohn auf sich

Nichts macht in diesem
Land ehrlos
.

Karl Kraus

Vorwort

Die Regierung Kurz
und das bürgerliche Lager

Von Erhard Busek

Was ist eine Wende?

Das Leben ist von Veränderungen begleitet. Wenn die Veränderungen, die uns bewegen, etwas dichter werden, spricht man sehr gerne von einer Wende! Man weiß zwar meistens nicht, wohin sich die Dinge wenden; manchmal wird auch die Schreibung verwechselt, nämlich „Wende“ und „Wände“. Das sind aber jene Wände, die man am liebsten hochgehen möchte, weil die Dinge so unsinnig sind, die passieren.

Für mich als älterer Jahrgang ist die Versuchung manchmal groß, die genannten Wände hochzugehen, weil ich entweder manches nicht mehr verstehe oder aus meiner Erfahrung weiß, dass die Dinge in Wirklichkeit nicht gut sind – für das Land, das politische Geschehen, die Österreicher und schließlich die Europäer! Dabei kann nicht geleugnet werden, dass wir uns in einer Phase massiver Veränderung befinden. Zustände, die lange Zeit ziemlich ähnlich waren, Strategien, die ebenso lange Zeit sich als richtig erwiesen haben, und politische Gestaltungen, die ebenso eine Verlässlichkeit hatten, verabschieden sich. Das ist an sich in Ordnung, denn schließlich leben die Entwicklungen davon, dass man sich mit ihnen auseinandersetzt, darauf reagiert oder so agiert, dass eben ein weiteres Leben gesichert ist.

Von Karl Kraus stammt der Satz, dass „Österreich eine Versuchsstation für Weltuntergänge“ sei! Mich hat immer getröstet, dass bislang eben dieser Weltuntergang nicht eingetroffen ist und besagter kritischer Autor auch eine publikumswirksame Tendenz zur Übertreibung hatte. Ich bin auch immer noch nicht der Meinung, dass wir „Doomsday“ vor uns haben, wenngleich den Christen die Vorstellung vom Ende der Welt begleitet, das aber mit Sicherheit anders aussieht, als es sämtliche Katastrophenfilme Hollywoods und Umgebung voraussagen.

Wir sollten nüchtern bleiben: Bestimmte Situationen verabschieden sich und verlieren ihre Wirklichkeit. Um an irgendeinem Eck anzufangen, muss man darauf verweisen, dass die Dritte Republik schon sehr oft angesagt wurde. Persönlich glaube ich, dass sich die Zweite Republik mit einem gewissen Wandel in einzelnen Bestandteilen bis jetzt ganz anständig gehalten hat. Stabilitätsfaktoren waren nicht nur die wirtschaftliche und soziale Entwicklung, sondern auch die politischen Institutionen. Ich bin mit dem Dualismus der beiden großen Parteien aufgewachsen, habe in diesem System gelebt, meinen Beitrag zum Erhalt, aber auch zur Veränderung geleistet und muss rückblickend im Großen und Ganzen sehr zufrieden sein. Diese beruhigende Einstellung kann ich langsam nicht mehr aufrechterhalten, denn manches von dem, was unsere Stabilität ausgemacht hat, hat sich verabschiedet.

Zunächst einmal sind es die Dimensionen der Politik: Hat es bisher genügt, auf die Alpenrepublik zu blicken und zu sehen, wie wir mit den Nachbarn zurechtkommen, manche strukturelle Veränderungen in der Wirtschaft schaffen und bestimmte Arten der Herausforderung bewältigen, so muss man heute sagen, dass das längst nicht mehr gilt. Die Wirklichkeit der Globalisierung hat uns voll erfasst, wenngleich sie – das ist der erste große Fehler – auch nicht begriffen wird. Wir kreisen im nationalstaatlichen Denken herum, das womöglich noch durch eine gewisse lokale Dimension verschlimmert wird, beschäftigen uns irgendwie mit Europa, ohne die Gesamtdimension dieser Chance zu begreifen und kapieren nicht, dass eben dieser geliebte Kontinent mit seinen ungeheuren Leistungen bei der Bevölkerung nur mehr 7 Prozent der Weltpopulation stellt, noch 22 Prozent der wirtschaftlichen Leistungskraft und wir zu allem Schrecken 50 Prozent der Wohltaten dieser Welt konsumieren. Das wird uns langsam durch die ökologischen Fragen bewusst, wenngleich auch nicht verstanden! Instrumentarien in diese Richtung haben wir keine entwickelt, einzig und allein ist es das Gefühl der Unsicherheit, das uns beherrscht.

Hier setzt die Politik an: Populismus und Wiederentdeckung des Nationalstaates (mit den schrecklichen Ausrufen „America first“, „Prima L´Italia“, etc.) zeigen die Primitivität der Reaktion. An sich entspricht es der Natur der Menschen, denn wenn wir uns bedroht fühlen, versuchen wir uns zunächst einmal selbst zu schützen und möglichst Einflüsse von außen zu meiden. Der wunderschöne Wiener Sager: „Jeder denkt an sich, nur ich denk an mich.“ ist die eindrucksvollste Beschreibung dieses Zustandes. Das kennzeichnet heute die europäische Politik, wobei die Ausgestaltung national sehr verschieden ist. Jene Nachbarn, die dem Sowjetimperium angehört haben, versuchen als Begründung für ihre Haltung ihre Vergangenheit in eben diesem Imperium anzuführen, verbunden mit der Tatsache, dass sie dadurch noch nicht unser Niveau erreicht haben. Das ist verständlich, aber nicht hilfreich! Wesentlicher aber ist, dass die Vordergründigkeit unseres Denkens zunimmt, wobei der schon zitierte Nationalstaat in Wirklichkeit deutlich signalisiert, dass er zur Lösung der Probleme nicht in der Lage ist. Es gibt aber keine Bemühung, etwa Europa als weitere Dimension gestaltend einzuführen – im Gegenteil, es muss weniger Europa geben, wobei die geistige Verwirrung auch hier deutlich sichtbar wird.

Man nimmt Anleihen bei der katholischen Soziallehre etwa durch den Begriff der „Subsidiarität“, der an sich richtig ist, aber hier falsche Anwendung findet. Wann immer man sich durch irgendwelche Maßnahmen auf europäischer Ebene oder gar weiter oben belastet fühlt, schreit man, dass das wieder Sache des Nationalstaates sein muss. Das kann in einigen Fällen berechtigt sein. Das aber, was die Politik nicht leistet, ist zu untersuchen. Welche politische Aufgabe kann auf welcher Ebene in welcher Dimension am besten geleistet werden? Ein Katalog der Zuständigkeiten für Gemeinden, Bezirke, Regionen, Länder und den Nationalstaat bzw. Europa wäre zweckmäßig statt die Dinge selbst zu lösen. Es sind aber nur Argumente, die zu Konflikten führen und bislang keine Ergebnisse gezeitigt haben. Noch tragischer ist die Tatsache, dass der zweite Teil dieses Begriffes, nämlich die „Solidarität“, total vernachlässigt wird. Subsidiarität kann nur funktionieren, wenn es die Solidarität gibt.

Es gibt ein primitives Beispiel dafür: den Finanzausgleich. Dieser führt in Österreich in brauchbarer Weise dazu, dass die verschiedenen Aufgaben im Ausgleich der Zahlungen bewältigt werden können, wobei interessanterweise in Österreich niemand verlangt, dass die Steuerhoheit auf Landes- oder gar Gemeindeebene kommt, weil es jedem natürlich angenehmer ist, wenn andere die Steuern einheben und man sie selber verteilen kann. Alle Versuche in unserem Land, eine Länderoder gar Gemeindesteuerhoheit einzuführen, sind bislang an der Erkenntnis der betreffenden politischen Verantwortlichen gescheitert, dass es besser ist, wenn andere das unangenehme Werk der Steuererhebung leisten. Umso weniger gelingt es, festzulegen, was wirklich auf europäischer Ebene gemacht werden soll, dass dazu etwa Europasteuern möglich wären und man die Verwaltungseinheiten auch entsprechend gestalten muss. Das deutlichste Beispiel ist das Scheitern jeglicher Art von Transaktionssteuern, auch die Idee einer Europasteuer ist bislang gescheitert, wobei im Kontrastprogramm festzustellen ist, dass Konzerne längst eine Größe erreicht haben, die auf globaler Ebene und erst recht in Europa von entscheidender Bedeutung sind. Hier und da schreit man auf und plakatiert den Kampf gegen die Konzerne, wenn man an Amazon, Google etc. denkt. Einen vernünftigen Vorschlag hat es aber dafür noch nie gegeben. Im Kontrast dazu steht die Klage über die Steuerschlupflöcher, die aber von den Regierungen sehr gerne eingeräumt werden, weil sie sich dadurch einen lokalen Vorteil erwirtschaften oder erhoffen.

Diese Frage gilt nicht nur in der materiellen Dimension, sondern auch in ganz anderen Bereichen. Wir würden längst einen europäischen Rahmen für das Bildungssystem brauchen, aber die Europäische Verfassung führte dazu, dass Bildungsfragen, wie auch die Kultur, weiter Sache des Nationalstaates bleiben. Einem geschickten EU-Kommissar ist es vor langer Zeit gelungen, das Erasmus-Programm in der EU durchzusetzen. Die Zuständigkeit dafür ist an der Wirtschaftskompetenz befestigt, nicht aber an Bildung oder sogar Wissenschaft und Forschung. Hier betrügen sich die Europäische Union und deren Mitgliedstaaten selber, weil sie an diesem Beispiel sichtbar machen könnten, wie wirksam solche Orientierungen an den wirklichen Punkten sind.

Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Was ich aber damit sagen will, ist, dass österreichische Regierungen das bisher kaum erkannt haben. Nun haben wir aber eine entsprechende „Wende“ mit Sebastian Kurz und dem Eintritt der FPÖ in der Regierung gehabt. Interessant ist aber, dass sich kaum etwas von diesen Überlegungen im Regierungsprogramm findet, tiefergehende Diskussionen sind mir auch nicht bekannt. Die eigentliche Wende wurde im Sicherheitssystem mit der Schließung der Balkanroute und einer Reihe von neuen Verwaltungseinheiten herbeigeführt, die mit Sicherheit mehr Bürokratie bringen, wobei auch überlegenswerte Fragen angeschnitten wurden, wie etwa die Gestaltung der Sozialversicherung und manche Umgestaltungen von Föderalismus und überbordenden Strukturen.

Es muss einmal deutlich gesagt werden, dass viele diese Maßnahmen offensichtlich dazu gedient haben, dem neuen Regierungspartner Freiheitliche Partei zu helfen, an Bedeutung zu gewinnen. Das ist an sich nicht unverständlich, denn das hat noch jede in die Regierung eintretende Partei versucht. Beunruhigender aber ist, dass dies an kritischen Punkten der Verfasstheit Österreichs eintritt. Der Griff nach dem Sicherheitsapparat, der mit dem Namen „Kickl“ verbunden ist, ist ein Grund zu einer solchen Beunruhigung. Ich bewundere allein schon von der Optik her die Zunahme von Polizeifahrzeugen, das Entstehen von neuen Polizei-, ja auch Justizeinheiten, die den Eindruck erwecken, dass wir in einem unendlich unsicheren Land leben. Natürlich gibt es Kriminalität, Übergriffe, mangelnde Ordnung, aber immer noch sind die Zustände hier in Österreich zufriedenstellend. Das Beunruhigende ist vielleicht, dass sich manchmal im Schatten der Parteien Mafiatrukturen herausbilden. Wobei auch einmal ebenso deutlich gesagt werden muss, dass die Medien der Herausforderung, diese Dinge kritisch zu begleiten, vornehm gesagt, zumindest nicht gewachsen sind. Wenn nicht jemand mit dem „Ibiza-Video“ ein Geschäft hätte machen wollen, wäre noch niemand draufgekommen, welche Ungeheuerlichkeit hier passiert ist. Wahrscheinlich noch ungeheuerlicher ist die Begründung dieser Situation, die offensichtlich um einiges zurück im Bestreben gelegen ist, dass Politiker Waffen kaufen wollten oder auf eine sonstige eigenartige Weise Geld einnehmen sollten. Dass es irrsinnig lange dauert, bis man auf diese Ursachen und die Täter kommt, spricht nicht für die Transparenz der Republik.

Ich zähle nicht zu jenen, die das Umfärben von Verwaltungen „kritisieren“, denn das hat noch jede Regierung gemacht. Das wirklich Beunruhigende ist die Zunahme der Bürokratie, deren deutlichstes Zeichen die Generalsekretäre und die großen Ministerbüros sind. Auch die Schaffung neuer Einheiten mit manchmal befremdlichen Titeln (z.B. „Ausreisezentrum“) spricht eine deutliche Sprache! Dahinter steht aber eine Auffassung von Politik und Gesetzgebung, die Kickl und Co. sehr deutlich vertreten haben, wobei mich in einer Diskussion mit dem ehemaligen Innenminister sehr beeindruckt hat, was er zur Rolle der Angst sagte. Meine Ansicht war, dass die Politik die Aufgabe habe, den Menschen Angst zu nehmen. Seine Antwort war sehr klar: Die Politik muss Angst machen, sonst kann sie nichts verändern! Veränderung in welche Richtung?

Das alles ließe sich noch beliebig fortsetzen, ist aber nicht meine Absicht. Mich bewegt vielmehr die Tatsache, dass bislang Herr und Frau Österreicher nicht besonders darüber beunruhigt sind, was hier geschieht. Richtig ist, dass ich viele besorgte Bürger treffe, die mich auf der Straße anreden, bei Veranstaltungen Fragen stellen etc., die sich über diese Dinge selber nicht freuen, wobei auch die Sprachwahl hier eine Rolle spielt. Das berühmte Wort aus der Bibel „Deine Sprache verrät Dich“, das die Soldaten im Hofe der jüdischen Religionsbehörde Petrus entgegenhalten, gilt auch in hohem Ausmaß für unsere Zeit. Das ist keine Erfindung der Regierung, das ist keine Kommunikationsstrategie oder wie immer man es bezeichnen möchte, sondern ein Ergebnis der Werbebranche, die inzwischen allen eingehämmert hat, dass die Botschaften kurz und einheitlich sein müssen. Die Reduktion auf Plakattexte, um es vereinfacht zu sagen, ist ein schreckliches Ergebnis dieser Entwicklung.

Hören und zuhören sind die großen Fähigkeiten des Menschen, aber wir nehmen uns nicht mehr die Zeit dafür und haben auch gar nicht vorgesehen, dass man auf jemanden oder etwas hören sollte. Dabei leben wir in einem Kommunikationszeitalter, wo es von entscheidender Bedeutung ist, dass man im Umgang mit „Social Media“ auch diesen Markt beherrscht. Es darf aber die Frage gestellt werden, ob „Social Media“ überhaupt zur Kommunikation bestimmt sind? Es geht hier vielmehr darum, den Markt zu beherrschen, als einen richtigen Inhalt zu bieten. Offensichtlich gibt es zu wenig Stimmen, die auch versuchen, eben diese Inhalte zu suchen und zu untersuchen, zu differenzieren und zu gestalten. Ich bin mit dem Wort „Der Glaube kommt vom Hören“ aufgewachsen. Heute habe ich Zweifel, ob man überhaupt noch hören will, ja zuhören kann, weil wir uns gar nicht mehr die Zeit dazu nehmen. Dass dazu auch geistige Funktionen wie etwa die Unterscheidung der Geister notwendig sind, ist stark verlorengegangen. Dieses kritische Wort muss auch der Journalismus akzeptieren. Sehr vieles von dem, was den politischen Parteien im Allgemeinen und der Regierung im Besonderen angelastet wurde, ist ein Ergebnis der Mediensituation, die sich ebenso in einem radikalen Ausmaß verändert. Allein schon die Vielgestaltigkeit der Fernsehlandschaft, die wiederum nicht die Bedeutung hat, wie man allgemein vermutet, ist ein Zeichen dafür. Wir wissen aber in Wirklichkeit noch nicht, wie sich „Social Media“ wirklich auswirken, weil der Umgang mit ihnen, die Entwicklungen entsprechender Regelungen und dergleichen mehr noch weit davon entfernt sind, praktikabel zu sein.

Beunruhigend ist allein schon die Verrohung der Sprache, die hier stattfindet, wobei offensichtlich bei den geliebten österreichischen Teilnehmern das Unterste zuoberst kommt. Darüber müsste nachgedacht werden, wieso das geschieht, denn wenn solche Aggressionen vorhanden sind, die auf diese Weise sich ihren Bann schaffen, ist noch mehr zu befürchten. Mit dem Gesetz allein wird man das nicht lösen können, wahrscheinlich braucht es eine andere Form des Gespräches, des aufeinander Zugehens.

Wer soll das machen? Wir reden von der Vielgestaltigkeit der „Civil Society“, wobei ich mir nicht ganz sicher bin, dass sie schon „civil“ ist – im Sinne, dass es eine wirklich bürgerliche Gesellschaft ist. Hier verstehe ich das Bürgertum nicht im Sinne des „Bourgeoisie“, sondern des „cives“ wie uns die Römer bereits den Bürgerbegriff übermittelt haben, also jeder Einzelne ist davon betroffen! Dieser Bürgersinn wird Schritt um Schritt schmäler, weil er eigentlich gar nicht geschätzt ist. Das müsste insbesondere politische Gruppen beunruhigen, die des Öfteren das „Bürgerliche“ für sich in Anspruch genommen haben. In aller Deutlichkeit muss gesagt werden: Das bedeutet nicht Trägheit, Sattheit, Zufriedenheit oder gar die Vertretung eines Prestiges, sondern die Anteilnahme an der Gesellschaft im wirklichen Sinn.

Wenn es heute radikalere Gruppen gibt, dann vor allem auch deswegen, weil sich darin Menschen wiederfinden, die das Gefühl haben, an den Rand gedrängt worden zu sein, „Marginalisierung“ sagt man heute dazu! Auch hier gibt es eine Aufgabe der Politik, nämlich der politischen Parteien, aber auch aller politischen Bewegungen, die es zum Glück in Österreich reichhaltig gibt. Diese Gesichtspunkte finde ich eigentlich kaum in Programmen, höchstens in einigen Überschriften, aber wohl kaum in Maßnahmen. Das verlangt natürlich auch bestimmte Grundhaltungen. Hier muss man ganz positiv bemerken, dass bei den vielen Diskussionen, die ich in jeder Woche irgendwo in Österreich und auch außerhalb durchführe, die Nachfrage nach Wertvorstellungen existiert – ich möchte es gerne „Bindungen“ nennen, weil damit das lateinische Wort „religare“ auftaucht, also in einem offenen und weiteren Sinn Religion. Von Religion wird aber heute herzlich wenig gewusst.

Beim Abschied des Evangelischen Bischofs von Österreich, Dr. Michael Bünker, habe ich mit Interesse gehört, dass der gegenwärtige Bundespräsident Van der Bellen vor kurzem in die Evangelische Kirche eingetreten ist. Es gibt also offensichtlich eine gewisse Bewegung in diese Richtung, weil zeitweise auch die Eintritte in die Konfessionen die Austritte überwiegen. Es geht mir nicht darum, eine Religionsgesellschaft zu erzeugen, aber Bindungen zu erhoffen, denn diese sind mit Sicherheit ein Halt in dieser bewegten Zeit. Dafür darf auch eingetreten werden, vor allem auch für die Politik. Es geht nicht darum, etwa eine christliche oder sonstige Gesetzgebung zu verankern, wenngleich die Reflexion von Grundsätzen sicher eine Rolle spielen könnte. Vielmehr geht es darum, das auch in entsprechender Weise zu vertreten. Ich glaube, dass heute der Bezug zu diesen Gesichtspunkten relativ schmal geworden ist.

Ich registriere mit Sorge, dass Repräsentanten dieses Staats eigentlich gar nicht mehr richtig in der Lage sind, solche Haltungen zu beschreiben. Dabei geht es nicht um die Erfüllung der „Christenpflichten“, sondern Haltung als Orientierung in der Gesellschaft. Wir diskutieren die Dinge nur oberflächlich, etwa wenn der Karfreitag seine Rolle als Feiertag für die Protestanten infolge eines EU-Gerichtshofbeschlusses verliert. Vielleicht darf darüber nachgedacht werden, was ein Feiertag eigentlich bedeutet. Es ist ein Geschenk, dass man auch etwas feiern kann, nicht nur in Bezug auf eine Konfession, sondern generell. Gibt es noch eine Reflexion darüber, was der Sonntag in einem Ablauf einer Woche bedeutet?

Genug der Predigt! Es braucht vielmehr eine grundsätzlichere Haltung und ein Gespräch darüber. Ganz sicher nicht den Konflikt in Richtung von mehr Konflikten, sondern in Form von Angeboten, die uns eigentlich das Leben erleichtern, wenn wir eben Bindungen haben!

Die Situation ist günstig, wenngleich ich mit Sorge registrieren muss, dass etwa die Kirchen, die zuallererst interessiert sein müssten, diesen Zustand viel zu wenig nutzen. Positiv allerdings möchte ich vermerken, dass die Nachfrage nach Bindungen, nach Wertvorstellungen in den politischen Diskussionen, die ich führe, beim Publikum sehr stark vertreten ist. Vielleicht gibt es hier eine Mangelerscheinung, die nicht nur von den Repräsentanten der Konfessionen, sondern vor allem auch von der Politik viel zu wenig wahrgenommen wird. Es ist zu wenig, auf die Bedeutung der Menschenrechte zu verweisen, denn diese sind ja schließlich eine Grundlage unseres Zusammenlebens und als Orientierung notwendig, aber zu wenig! Ich habe auch Zweifel, ob der absehbare Ethikunterricht das abdecken wird, denn wir wissen genau, dass wir heute zu wenig Lehrer haben, ja uns auch eigentlich gar nicht darüber im Klaren sind, welche Ethik unterrichtet werden soll. Ich habe in einer Schule festgestellt, dass man dort als Ethik das Fach „Verkehrserziehung“ versteht, die sicher notwendig ist, aber wirklich in den unteren Rängen ethischer Vorstellungen vorkommt, nämlich im Respekt gegenüber den anderen, die sich auch auf einer Straße in irgendeiner Form bewegen.

Noch einmal: Wir gehen nicht auf einen Weltuntergang zu, wenn wir begreifen, dass wir selbst alle Möglichkeiten haben. Da ist allerdings die Form, wie darauf hingewiesen wird, manchmal etwas eigenartig. Ich habe sehr früh ökologische Gesichtspunkte in der Politik vertreten. Mich beunruhigt aber die gegenwärtige Masche, mit der das betrieben wird. Ich habe allen Respekt vor einem schwedischen Mädchen, weniger Respekt vor einem ehemaligen Österreicher, der ein erfolgreicher Hollywoodschauspieler geworden ist, weil er zu seinen ökologischen Auftritten mit dem Privatjet kommt, was sicher nicht besonders ökologisch ist. Meine Sorge ist, dass hier eine Masche verfolgt wird. Die eigentliche ökologische Frage ist aber das Maßhalten, sich selber Grenzen setzen, dann wird die Belastung unserer Welt, die uns anvertraut ist, sinken. Vielleicht ist der Gedanke notwendig, dass „Weniger ist mehr“ auch eine politische Kategorie sein könnte. Diese Überlegungen spielen allerdings keine Rolle, wenngleich sie in einzelnen Punkten wie etwa „weniger Auto, weniger Mobilität, weniger Konsum“ manchmal auftauchen.

Vielleicht wäre es ein interessantes Thema, wenn man in Zukunft die Frage stellt, was wir wirklich für das Leben brauchen? Wir haben heute zweifellos mehr als wir brauchen, wobei es natürlich auch Teile unserer Gesellschaft gibt, für die das nicht gilt, weil sie zu wenig haben. Das wird dann als „Minderheitenschutz“ bezeichnet, was schon sehr deutlich zeigt, dass es ein bewältigbares Problem darstellt. Es wäre also jeder politischen Gruppierung zu empfehlen, darüber zu reden und in einen Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern einzutreten, was wir wirklich für ein auskömmliches Leben brauchen. Es ist genug da, dass wir unser Auskommen haben können. Es hängt aber nicht so sehr primär von der Verteilung ab, sondern von der Einstellung, was wir uns selber für dieses Leben genehmigen und abverlangen. Das beim letzten Wahlkampf aufgetauchte Plakat, dass sich jeder nehmen soll, was ihm zusteht, ist genau die gegenteilige Strategie und eigentlich schrecklich! Das aber haben wenige festgestellt.

Damit wären wir bei der eigentlichen Wende, die wir dringend brauchen, nämlich eine andere Betrachtungsweise, was zum Leben selber notwendig ist. Die Politik kann hier nicht auf Substitute hoffen, die es statt ihr machen. Sie selbst hat die Aufgabe, das zu klären. Dass andere Gruppen in der Gesellschaft in eine ähnliche Richtung gehen, dass es Forschung und Wissenschaft braucht, um die Dinge zu erklären und den Wandel zu instrumentieren, ist außer Frage. Es ist aber nicht notwendig, diese Dinge hysterisch durchzuführen, sondern in einer gewissen ruhigen Gelassenheit, die mit Nachdenken und daraus resultierenden Konsequenzen verbunden ist. Dieser unserer Zeit empfehle ich mehr Nachdenklichkeit samt den Schlussfolgerungen daraus, denn schließlich geht es um unser Leben und um unsere Zukunft. Diese aber ist nicht zu plakatieren, sondern zu bewältigen.

1. Kurz und die Sollbruchstelle Kickl

Es begann mit heiligen Schwüren und endete mit düsteren Drohungen: Am 18. Dezember 2017 wurden Sebastian Kurz und sein Kabinett von Bundespräsident Alexander van der Bellen angelobt. Sofort war von einem „neuen Stil“ der Zusammenarbeit die Rede, der vor allem darin bestehen sollte, dass die beiden Parteien nicht öffentlich streiten würden. Nach dem Auftauchen des Ibiza-Videos wurde nicht nur schnell gestritten, sondern auch gedroht. Der entlassene Innenminister Herbert Kickl analysierte seinen bisherigen Partner Sebastian Kurz in der Nationalratssitzung vom 27. Mai 2019, zehn Tage nach Bekanntwerden des Ibiza-Videos, als Mann, dem es nur darum ginge, seinen Machtbereich auszuweiten. Und dann: „Ich habe mit russischen Oligarchen vielleicht weniger zu tun als andere, die hier auf diesen Regierungsbänken sitzen.“ Kickl weiter: „Ich gehe davon aus, dass wir in den kommenden Wochen und kommenden Monaten vielleicht Dinge erfahren werden, vielleicht auch ein Sittenbild zum Vorschein kommen wird in den Zusammenhängen, wo ich Ihnen nur sagen kann, dass vielleicht das, was wir auf den Bändern von Ibiza sehen, Dinge, die unter Alkoholeinfluss gesprochen wurden, gegen die Wirklichkeit, die nüchtern ist, verblassen könnten.“

Etwas kompliziert in der Satzkonstruktion, aber sehr klar in der Aussage droht hier Kickl mit Enthüllungen, gegen die Straches geplanter Verkauf von österreichischen Interessen an eine vermeintliche russische Oligarchennichte harmlos sein soll. Plötzlich agiert Kickl gegenüber seinem ehemaligen Partner mit Methoden, die er auch sonst gerne anwendet: Er verbreitet Angst.

Halten wir kurz inne: Herbert Kickl war 17 Monate lang als Bundesminister für Inneres Chef von 30.000 Polizisten und vielen Behörden, die für die innere Sicherheit der Republik Österreich zuständig sind. Kaum entlassen, und zwar ganz ordnungsgemäß nach der österreichischen Bundesverfassung, droht der Mann, der auf diese Verfassung angelobt war, mit einem „Sittenbild“, das er offenlegen werde. Der Mann, der über geheime Informationen über Österreich und viele seiner Staatsbürger, vielleicht auch über Geheimnisse von anderen EU-Staaten, Bescheid wusste, stellt negative Konsequenzen für seine Heimat in den Raum. Jene Heimat, die er stets vorgab schützen zu wollen, wenn auch mit fragwürdigen Entscheidungen und geschmacklosen Reimen. Und noch etwas: Nach dem ersten Schock und einem für den Ibiza-Skandal erstaunlich guten Wahlergebnis für die FPÖ bei den EU-Wahlen am 26. Mai 2019 spricht der neue FPÖ-Chef Norbert Hofer schon von der Fortsetzung des angeblich „erfolgreichen Weges“.

In Wirklichkeit war diese Regierung der Beginn des Weges in eine autoritäre Republik. Herbert Kickl hatte die Strategie geplant und dabei Sebastian Kurz den Führersitz und damit den Anschein der Macht überlassen, solange dieser als Kanzler der Planung und den Aktionen Kickls folgte. Noch im Wahlkampf hatte Kurz für den Bundeskanzler die „Richtlinienkompetenz“ nach deutschem Vorbild verlangt, die lag aber in Sicherheitsfragen de facto bald beim Innenminister.

Das Ende dieser Kooperation war dann abrupt, aber es musste kommen, denn Sebastian Kurz merkte, dass er an Macht verlor und Herbert Kickl immer mehr das Geschehen dominieren wollte. Wie das ablief, soll hier beschrieben und analysiert werden.

Herbert Kickl ist die Konstante der FPÖ seit Jörg Haider, er steckt hinter den Kampagnen und den bösen Sprüchen, für die zunächst Haider und dann Strache Applaus bekamen. Zwar war nach der Spaltung vom BZÖ im Jahr 2005 Heinz-Christian Strache FPÖ-Chef, und nach dessen peinlichem Abgang Norbert Hofer – aber Kickl bestimmte stets das Auftreten der FPÖ.

Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder war es der größte Fehler von Sebastian Kurz, den Kärntner mit der stets aggressiven Rhetorik als Innenminister zu akzeptieren, denn der langjährige FPÖ-Generalsekretär war von Anfang an die Sollbruchstelle der türkis-blauen Koalition. Oder es war eine überaus raffinierte Strategie von Kurz. Denn er wusste, dass er an der Person Kickl die Koalition jederzeit beenden könnte – und immer höhere Beliebtheitswerte haben würde als der ehemalige Philosophiestudent ohne Abschluss. Diese Variante klingt originell, ist aber weniger wahrscheinlich. Aus FPÖ-Quellen ist nämlich bekannt, dass Heinz-Christian Strache zunächst selbst Innenminister werden wollte, dann aber darauf verzichtete, als er sah, wie groß die Arbeitsbelastung und vor allem auch das Gefahrenpotenzial dieses Amtes ist. Als die FPÖ dann Kickl vorschlug, glaubte Kurz nicht mehr zurück zu können, das Innenministerium war bereits der FPÖ zugesagt. Der ÖVP-Chef war in Eile, er wollte noch vor Weihnachten 2017 seine Regierung präsentieren. Dabei ließ er sich sogar die Rücknahme des Rauchverbots in Lokalen abringen, obwohl die ÖVP-Abgeordneten genau das zuvor mit der SPÖ beschlossen hatte. Für eine Auseinandersetzung mit der FPÖ um das Innenministerium hatte Sebastian Kurz keine Nerven mehr. Und Herbert Kickl hatte einen Plan, wie er das Land verändern würde, auch durch die Verbreitung von Angst.

Machtwille und Mediendominanz

Wie hat sich Österreich in diesen eineinhalb Jahren vom Antritt der Regierung am 18. Dezember 2017 bis zum Misstrauensvotum gegen Kurz und sein gesamtes Team am 27. Mai 2019 verändert? Und wer hatte welchen Anteil? Sicher ist: Sebastian Kurz wollte die Macht um jeden Preis, und er verstand es geschickt, damit zu hantieren, wenn auch ohne klare gesellschaftspolitische Überzeugung, was er denn mit der Macht anfangen soll. Herbert Kickl hingegen hatte eine Vision, und für diese brauchte er einen höchst effizienten Apparat. Umso besser, wenn dieser zum Großteil aus bewaffneten Einheiten im Bereich des Innenministeriums bestehen konnte. Die kurze Amtszeit von Türkis-Blau ließ eine grundsätzliche Veränderung der Republik Österreich nicht zu, aber die Ansätze sind zu erkennen, und sie deuten in Richtung eines autoritären Staates, der durch Erzeugung von Angst errichtet werden sollte. Der frühere Vizekanzler Erhard Busek hat ja in seinem Vorwort eine Diskussion mit Kickl beschrieben, wo dieser argumentierte, die Politik müsse den Menschen Angst machen, wenn sie etwas verändern wolle. Kickl machte Angst, und Kurz schaute lange zu, weil er sich im Besitz der Macht so wohlfühlte.

Andreas Mölzer, der wegen rassistischer Äußerungen von seinem Mandat als EU-Abgeordneter zurücktreten musste, hat die FPÖ in einem TV-Interview einmal als „revolutionäre Partei“ bezeichnet. Er hat dann ein wenig geschmunzelt, als wäre es ihm peinlich, so offen seine Gedanken auszusprechen. Aber niemand durfte überrascht sein, als Kickl etwa an der Menschenrechtskonvention zweifelte, die in Österreich im Verfassungsrang steht, oder im ORF-Report formulierte: „Das Recht muss der Politik folgen und nicht die Politik dem Recht.“ Die ÖVP wiederum hat sich immer als bürgerliche und vor allem staatstragende Partei verstanden. Warum die ehemals starken Landeshauptleute und Chefs der Bünde Sebastian Kurz völlig willenlos die Partei übergaben und auch später nur intern murrten, wenn wieder einmal ein sogenannter „Einzelfall“ den Charakter des Partners FPÖ offenlegte, bedarf noch einer genaueren Analyse. Jedenfalls zogen sie sich auf ihre geografischen oder inhaltlichen Bereiche zurück und wollten bestenfalls peu à peu wahrhaben, wie sich Österreich veränderte.

So unterschiedlich Kurz und Kickl im Auftreten sind, so sehr ähneln sie einander im Umgang mit den Medien, vor allem, was das Ziel betrifft: nämlich Einfluss zu haben, und zwar mit vielen denkbaren Methoden, wenn es sein muss auch mit der Verbreitung von Angst.

Der Unterschied lag in der Vorgangsweise. Kurz und seine Gefolgschaft machten es meistens geschickter, der Kanzler setzte lieber Mitarbeiter für Interventionen ein, griff aber auch selbst oft zum Telefon, mit einer Mischung aus Interesse an Redakteuren, deutlichen Wünschen an diese und Druck auf Eigentümer. Kickl agierte mit seinem Medienerlass vor allem gerichtet gegen KURIER, Standard und Falter, der immerhin zu einer kurzfristigen Solidarität unter Journalisten führte. Aber er wollte auch, dass seine Macht in der Regierung bekannt ist. Ein wenig Angst verbreiten, das passte ihm auch. Im ORF kursierte der Spruch: „Wenn du was werden willst, musst du zum Kickl gehen, nicht zu Strache.“ So etwas gefiel dem Politiker, der sich oft zu wenig anerkannt fühlte.

Der Versuch, aus der Republik Österreich einen Staat mit starken autoritären Tendenzen zu machen, ist vorerst gescheitert. Vorerst. In dem Strache-Video geht es, soweit es bekannt ist, um den Zugriff auf Medien und auf Wirtschaftsunternehmen zum Zwecke des Machterhalts, um illegale Parteispenden und um den von der FPÖ erwünschten größeren Einfluss Russlands. Dieser ist bei der FPÖ wie bei den anderen rechten bis rechtsextremen Parteien in Europa durchgehend zu beobachten, was durchaus bemerkenswert und nicht zu unterschätzen ist.

Das besonnene Vorgehen von Bundespräsident Alexander van der Bellen hat unser Land kurzfristig beruhigt, Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein und ihr Team kluger und erfahrener Expertinnen und Experten gibt den Menschen ein wenig Vertrauen in die Staatsgeschäfte zurück. Die neue Bundeskanzlerin zitierte bei ihrem ersten Auftreten im Nationalrat den römischen Politiker und Autor Marcus Tullius Cicero: „Nichts hält das Gemeinwesen besser zusammen als die Verlässlichkeit.“ Und Bierlein weiter: „Für Verlässlichkeit stehen wir, und um Vertrauen werben wir.“

Vertrauen, Parteispenden und wieder ein Wahlkampf

Der Vertrauensindex der Politiker, den die Austria Presse Agentur (APA) regelmäßig erstellt, zeigte schon Mitte Juni: Es tut sich etwas im Land. Die neue Bundeskanzlerin Bierlein kam im Vergleich zum April auf sehr hohe 40 Prozent, gleich gefolgt von Bundespräsident Alexander van der Bellen, während der frühere Bundeskanzler Kurz einen Rückgang um 16 Punkte auf 11 hinnehmen musste. Aber auch SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner verlor, sogar um 17 Punkte, und kam nur auf minus 17. Die FPÖ-Politiker sind in dieser Befragung alle abgestürzt, am tiefsten natürlich Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus. Bei Beate Meinl-Reisinger und Werner Kogler zeigte die Kurve hingegen nach oben, bei der Neos-Chefin um acht Punkte, beim Grünen um sechs. (Hinweis: Die Punktezahl ergibt sich aus dem Saldo zwischen „Ich habe Vertrauen zu diesem Politiker“ und „Ich habe kein Vertrauen zu diesem Politiker “.)